Stephan Herbert Fuchs
 

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30.01.2024

Biologin, Therapeutin, Künstlerin / Abenteuer Amerika: Sabine Hone zeigte ihre Werke schon in US-Bundesstaat Delaware

Kulmbach. „Kunst, das ist mein Leben.“ Das sagt Sabine Hone, Malerin aus Kulmbach. In den Vereinigten Staaten hat sie schon ausgestellt, aber auch auf der Plassenburg. Sie hat ein freies Studium der Malerei und Graphik mit dem Diplom abgeschlossen, schafft aber auch „Kunst fürs Kinderzimmer“. Viele Jahre lang war sie als Biologin tätig, dann als Familientherapeutin mit eigener Praxis, bis sie endlich ihrer Leidenschaft nachgab und sich ganz der Malerei widmen konnte.

Geboren wurde Sabine Hone, die vielen auch noch unter ihrem früheren Nachnamen Kage bekannt ist, im oberpfälzischen Weiden. Doch schon bald zog es die Eltern aus beruflichen Gründen in das nordrhein-westfälische Solingen. Später studierte sie Biologie in Bayreuth und war dort am Lehrstuhl für Tierökologie tätig. Über 30 Jahre lang hatte sie als systemische Therapeutin ihre eigene Praxis betrieben, zunächst in Bayreuth, dann in Kulmbach.

„Ich habe schon immer meist an den Wochenenden ein wenig gemalt“, erinnert sie sich. Der Wunsch nach mehr Kreativität schlummerte in ihr, bis sie im Jahr 2016 Ernst machte und ein freies Studium am IBKK Institut in Bochum aufnahm. Nach sechs Semestern schloss sie mit einem Diplom und hängte sogar noch eine einjährige Meisterklasse bei dem chinesischen Maler Qi Yang dran. „Ich wollte die Grundlagen lernen, um wirklich alle künstlerischen Möglichkeiten ausschöpfen zu können“, sagt Sabine Hone, die in den verschiedensten Techniken arbeitet, bevorzugt Acrylmalerei, aber auch Aquarelle, Öl oder „Mixed Media“, also mit unterschiedlichen Medien oder Techniken.

Weit hat sie es gebracht in dieser kurzen Zeit. Erst im Sommer dieses Jahres nahm sie an der renommierten Art Show in Rehoboth Beach im US Bundesstaat Delaware teil. Mit vier Bildern hatte sie sich beworben und wurde auf Anhieb als einziger Deutsche Teilnehmerin unter 120 Kunstschaffenden ausgewählt. Es ist die größte Kunstausstellung an der Ostküste mit vielen tausenden Besuchern, sogar das US-amerikanische Fernsehen berichtete über Sabine Hone und in den Zeitungen vor Ort war sie auch präsent. „Für mich war es ein Abenteuer“, sagt die Künstlerin und sie ist noch immer so begeistert davon, dass sie schon die Bewerbung für das kommende Jahr plant.

Für Sabine Hone bedeutet Malen auch Freiheit. Fast jeden Tag arbeitet sie in ihrem Atelier hoch über den Dächern Kulmbachs, die Plassenburg immer im Blick. Zweimal hat sie sich dort schon am Kunstsymposium beteiligt. Außerdem waren ihre Werker in der Galerie von Marion Kotyba zu sehen, bei den Jahresausstellungen der Kunstvereine Kulmbach und Kronach, im Kesselhaus, aber auch in Nordrhein-Westfalen, etwa im Galeriehaus in Bochum oder im Kunst- und Galeriehaus Wattenscheid.

Als Vorbild nennt sie den deutschen Maler Emil Schumacher, aber auch viele Namen aus der örtlichen Kunstszene schätzt Sabine Hone sehr. Was immer wieder auffällt, ist ihre Vielseitigkeit. „Ich spiele auf dem ganzen Klavier, nicht nur auf den schwarzen Tasten“, sagt sie, wobei in ihrem Atelier tatsächlich ein Klavier steht. Was sie damit aber meint ist, dass sie gerne experimentiert und sich nicht unbedingt nach dem Geschmack des Publikums richtet. Was nicht heißen soll, dass sie nicht auch Auftragsarbeiten annimmt. Angeregt durch ihre Enkel macht sie seit Neuestem auch „Kunst fürs Kinderzimmer“, ganz nach individuellen Wünschen und gerne unterstützt sie auch (junge) Menschen dabei, kreativ zu werden.

„Nicht die Abbildung der Wirklichkeit ist das Ziel der Kunst, sondern die Erschaffung einer eigenen Welt“
Dieses Zitat des kolumbianischen Malers und Bildhauers Fernando Botero (1932 – 2023) ist so eine Art Credo für Sabine Hone.

Bild: Ein Hort der Kreativität: die Malerin Sabine Hone in ihrem Atelier in Kulmbach.

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18.12.2023

Mit den Franken zu den Pyramiden / Beatles, Bierzelt und Beerdigung: Als Allroundmusiker ist Wolfgang „Timmi“ Diehm eine echte Institution

Kulmbach. Wolfgang „Timmi“ Diehm hat in den verschiedensten Formationen die unterschiedlichsten Instrumente gespielt, war mit seinem Fachgeschäft weithin bekannt, ist Klavierstimmer, Musikpädagoge und Gitarrendoktor und hat über Jahre das mit einem Staatspreis ausgezeichnete Projekt „Sucht und Präventionsprojekt Oberfranken“ wesentlich mitgestaltet und dabei viele tausend Schüler in ganz Nordbayern und darüber hinaus erreicht. Seinen Musikladen an der Schauer-Kreuzung hat er verlagert, das rote Haus mit dem charakteristischen Klaviergürtel wurde mittlerweile sogar abgerissen. Doch wer glaubt, dass der 68-Jährige damit auch kürzertritt, der täuscht sich gewaltig.

In der Blaich, genauer gesagt in Unterpurbach, betreibt Wolfgang Diehm mittlerweile seine Musikschule mit Werkstatt und Verkauf. Hier hat er drei bestens ausgestatteter Unterrichtsräume eingerichtet, hat eine Werkstatt und bietet den kompletten Service an. Doch auch mit den Auftritten ist noch lange nicht Schluss. Waren es früher Bierzelte, sind es heute Hochzeiten und Trauerfeiern, die er meist zusammen mit der Querflötistin und Sängerin Tanja Schaller stimmungsvoll ausgestaltet. Nach wie vor gilt er als gefragter Trompeter, Flügelhornist und Gitarrist bei der Stadtkapelle Kulmbach, im Sinfonischem Blasorchester Kasendorf, beim Musikverein Weiher und bei der Old Beertown Jazzband. In Kasendorf und Weiher sogar als Ausbilder im Fach Trompete.

Angefangen hat alles in Kulmbach, wo Wolfgang Diehm vor 68 Jahren geborgen wurde. Er ist Technischer Zeichner und Heizungsbauer war zuletzt als Sachbearbeiter für Großprojekte in Berlin, Stuttgart und Köln tätig. Die Musik war aber schon immer stärker. Schon als Schüler hatte er mit der „Golden Four“ seine erste Band. Daneben spielte er die Trompete im Posaunenchor und machte Kirchenmusik bei Kantor Wolfgang Brödel.

In den 1970er und 1980er Jahren sollten dann beinahe unzählige Auftritte in den Bands der Nordbayerischen Musikszene folgen. Die Hauptformation war seine eigene: „Timmis Band“. Mit ihr trat er auf Bällen, Tanzveranstaltungen, und Open Airs auf und bediente alle musikalischen Gattungen, von Country bis Rock. Daneben war Wolfgang Diehm bei der Altfränkischen Blasmusik und den legendären Bierstadtmusikanten „Die Franken“ aktiv. „Ganze Bierzeltvölker gerieten ins Wanken“, erinnert er sich. Manchmal sei es ihm vorgekommen, als wohne er im Zelt. Er sagt aber auch, dass das Ganze damals knochenharte Arbeit war. Der Erfolg gab ihm recht. Gerne erinnert sich Wolfgang Diehm an die Auftritte mit der Altfränkischen Blasmusik beim Oktoberfest in Palm Beach oder an ein Engagement mit den „Franken“ in Sichtweite der Pyramiden im Kleopatra Ballroom in Kairo

Zumal er 1985 auch noch das Kulmbacher Musikfachgeschäft Bratfisch am Kressenstein übernahm. Hintergrund war unter anderem auch seine Begeisterung für die Technik. „Nicht nur die Musik selbst, auch die ganze Technik, die dahintersteht, ist meine Welt“., so Wolfgang Diehm. Zwei Jahre eröffnete er seine Musikschule. Schulungen und Fortbildungen waren an der Tagesordnung, mit Instrumentenbauern fast aller namhaften Firmen stand er in engem Kontakt, sogar Gesangsunterricht nahm er bei der klassischen Sopranistin Anneliese Meyer-Adam in Bayreuth. Im Jahr 2000 zogen Fachgeschäft und Musikschule an die Schauer-Kreuzung, ehe 2016 der erneute Umzug in die Blaich erfolgte.

Einen besonderen Platz in der Karriere von Wolfgang Diehm nimmt das Projekt „Sucht- und Drogenprävention Oberfranken“ ein. Zusammen mit Vorstand und Moderator Dieter Breivogel von der Max-Hundt-Schule und seinem Bandkollegen Peter Brendel komponierte, produzierte und wirkte er zwischen 2011 und 2017 bei unzähligen Liveveranstaltungen vor Schülern aus ganz Nordbayern und sogar weit darüber hinaus mit, in denen die Suchtproblematik in einer Mischung aus Rockkonzert, Quiz und Information unterhaltsam aufgegriffen wurde. „Den Hauptsong Keine Macht den Drogen haben heute noch viele im Ohr“, sagt er. Viele hätten auch noch die CD im Schrank und 2016 gab es vom Bayerischen Gesundheitsministerium einen Staatspreis dafür. An die Dankesschreiben vieler Eltern erinnert er sich heute noch lebhaft.

„Ich freue mich, meine Erfahrungen und mein Musikwissen an Schüler weitergeben zu können“, sagt Wolfgang Diehm heute. Dabei lege er großen Wert darauf, dass beim Musizieren nicht nur Noten abgespielt werden, sondern hauptsächlich Musik gemacht wird. Und zwar hochemotional, wie bei den Trauerfeiern, die er immer wieder auch mit Tanja Schaller ausgestaltet. Da werden längst nicht mehr nur Marienlieder gespielt, sondern auch Andreas Gabaliers „Amoi seg’ ma uns wieder“ oder Frank Sinatras „Fly me to the moon“. Da werden Emotionen geweckt, weiß Wolfgang Diehm.

Bilder: Wolfgang Diehm als Trompetensolist beim Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach.

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11.12.2023

Typisch Thurnauer: Töpferin in 6. Generation / Eva Potzel setzt auf traditionell überlieferte Verfahren

Thurnau. „Ich habe wirklich einen schönen Beruf.“ Aus voller Überzeugung sagt das Eva Potzel von der Traditionstöpferei Renner aus Thurnau. Man glaubt es ihr sofort, wenn man sie in ihrer Werkstatt besucht. Denn für die 43-Jährige ist der Beruf der Töpferin zugleich auch Berufung. Was anderes sei praktisch nie in Frage gekommen. Der Berufswunsch habe bereits im zarten Alter von drei Jahren festgestanden.

Was die Töpferei Renner von anderen Töpfereien abhebt, ist ihre lange Tradition. Eva Potzel ist bereits in 6. Generation tätig. Erst 2018 hatte sie von ihrem im zurückliegenden Jahr verstorbenen Vater Fritz Sommer übernommen. Doch in der jetzigen Werkstatt hat schon ihr Ur-Ur-Opa die Scheibe gedreht.

Eva Potzel hat sich deshalb auch auf alte traditionelle Formen konzentriert. Überwiegend ist es Gebrauchskeramik, das da aus der Werkstatt kommt: Tassen, Teller, Schüsseln, Brottöpfe, und so weiter. Alles nach den überlieferten alten Formen, alles von Hand, jedes Teil ein Unikat und vor allem: nicht nur zum anschauen, sondern auch zum benutzren. Dabei kommen beispielsweise alte Spritztechniken zum Einsatz, ein absolutes „Alleinstellungsmerkmal“, wie Eva Potzel erläutert. Ansonsten erfolgt die Bemalung mit dem Malhorn, eine Tonbüchse mit Gänsefederkiel, bei Kleinstsachen oder Schriften kommt auch schon mal ein Gummiball zum Einsatz. Ein weiteres Dekorationsverfahren sei das Ritzen, zum Teil würden die Gegenstände aber auch ohne Dekoration glasiert. Charakteristisch sei dabei vor allem die honiggelbe Glasur, die natürlich dem Lebensmittelgesetz entspricht, so dass man das Geschirr bedenkenlos verwenden kann.

Den Beruf hat Eva Potzel im elterlichen Betrieb erlernt. Nach der Gesellenprüfung 1999 entschied sie sich bewusst gegen die Meisterprüfung. „Ausbilden wollte ich sowieso nicht“, sagt sie. Wenn sie es auch noch so sehr schätzt, ihre Kreativität ausleben zu können, für reine Kunstobjekte bleibt kaum Zeit. Deko-Elemente wie Windlichter oder Duftlämpchen findet man immer wieder. Aber auch die alten Nikolausformen von 1800 sind etwas sehr Kunstvolles.

Genauso historisch wie der Betrieb ist auch das Gebäude der Töpferei Renner im Eckersdorfer Weg. Die Grundfesten gehen bis weit in das Mittelalter zurück. Seit 1884 gibt es dort die Töpferei Renner, doch auch schon zuvor waren Töpferbetriebe dort ansässig.

Natürlich könnten die Geschäfte immer besser gehen, doch Eva Potzel will sich nicht beschweren.- Im Gegenteil: Gerade bei jungen Leuten stellt sie wieder ein Umdenken fest. Man denkt wieder nachhaltiger und konzentriert sich wieder auf das Natürliche. Es muss ja nicht immer das Billig-Porzellan von Ikea sein, so würden viele derzeit denken und dann gerne auch mal ein paar Euro mehr ausgeben für die handgetöpferte Ware aus Thurnau als für Billigprodukte aus China.

Ansonsten vertreibt sie ihre Produkte ganz klassisch auf Märkten, bevorzugt den kleinen, aber feinen Kunsthandwerkermärkten, auch bei der Kirchweih in Thurnau, bei den Apfelmärkten im Landkreis Bamberg oder beim Blaicher Weihnachtsmarkt. Was nicht heißen soll, dass die Töpferei Renner nicht auf dem berühmten Keramikmarkt in Dießen am Ammersee vertreten ist: „Seit dem Jahr 2000 sind wir dort schon dabei“.

Kaum ein Problem sei für sie die Corona-Zeit gewesen. „Unsere Stammkundschaft hat uns prima unterstützt“, sagt sie. Die Bestellungen seien eben telefonisch oder per Internet erfolgt. Obwohl sie gar keinen Internet-Shop betreibt. Neuigkeiten werden trotzdem gerne per WhatsApp verbreitet und auch auf Instagram ist die Töpferei Renner zu finden.

Bild: Eva Potzel zeigt einige ihrer typischen Produkte im Ausstellungsraum der Thurnauer Töpferei Renner.

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04.12.2023

Geschirr und Gartenkeramik aus dem alten Schulhaus / Das Töpferehepaar Julia Naether und Gerhard Trommler

Peesten. Zukunft und ein spannendes Aufgabenfeld, das verspricht Gerhard Trommler allen Jugendlichen, die sich für den Beruf des Töpfers interessieren. Der 66-Jährige betreibt zusammen mit seiner Frau Julia Naether die Töpferei Peesten im Alten Schulhaus, direkt neben der berühmten Tanzlinde. Die Töpferei sei interessant, lebendig, vielseitig, aber auch fordernd, sagt er und spricht von einem ganz individuellen Kultursegment, das neben der industriellen Fertigung durchaus seine Berechtigung hat.

Die alte Frage, ob die Töpferei Kunst oder Handwerk ist, beantwortet Gerhard Trommler so: „Es ist ein gestaltendes Handwerk“. Und Julia Naether ergänzt: „Der Schwerpunkt liegt schon im Handwerk, aber Handwerk ist doch Kunst“. Die Grenzen sind also fließend. Das ist auch gut so. In ihrer großzügigen Werkstatt fertigen Julia Naether und Gerhard Trommler hauptsächlich Geschirr und Gartenkeramik. Julia mag es eher schlichter, Gerhard liegt mehr an der Dekoration.

Das Geschäft mit den kunstvollen Kachelöfen lässt er so nach und nach auslaufen. Mindestens 150 hat er in seiner Karriere wohl realisiert. 2006 wurde er sogar für den von ihm entwickelten individuell gestaltbaren Gestellofen von der Handwerkskammer für Oberfranken ausgezeichnet. Doch nicht nur die Arbeit wird immer beschwerlicher, auch die Bürokratie nimmt immer mehr zu.

Gerhard Trommler ist ausgebildeter Fernmeldetechniker. Über seinen Zivildienst im Kinderhaus der Bruderschaft Salem in Stadtsteinach war er mit der Töpferei in Berührung gekommen. Dort habe es auch eine Keramikwerkstatt gegeben, erinnert er sich. Irgendwann stand fest: das ist es. Nach einer ersten eigenen Werkstatt in Ziegenburg bei Marktschorgast eröffnete er 1988 in Peesten. 1993 machte er sogar den Meister.

Julia Naether hatte das Licht der Welt in Leipzig erblickt, war im sächsischen Freiberg aufgewachsen und studierte zunächst in Berlin, ehe sie mit der Töpferei in Berührung kam. Sie absolvierte eine Lehre in der Nähe von Chemnitz und machte sich schon relativ früh in Freiberg selbständig. Zusammen kam das Paar bei einem Seminar in Thurnau, bei dem es um den dortigen Brennofen ging.

In dem 1895 erbauten alten Schulhaus ist inzwischen nicht nur die Werkstatt, sondern auch ein schmucker Ausstellungs- und Verkaufsraum entstanden. Seit 1996 gibt es auch einen großzügigen Anbau. Gebrannt wird unter anderem auch in einem Holzofen, der bei der Kollegin Andrea Labuhn in Pleofen bei Eckersdorf im Nachbarlandkreis Bayreuth steht. Mehrere Lehrlinge wurden hier schon ausgebildet. Eine Wandergesellin aus Delmenhorst kommt regelmäßig für drei bis fünf Wochen am Stück vorbei und dreht Auftragsarbeiten.

Die Vermarktung der Waren erfolgt vor allem über den eigenen Laden in Freiberg. Gerne lassen Julia Naether und Gerhard Trommler auch Kollegen aus dem Kulmbacher Land daran teilhaben und nehmen deren Produkte ins Sortiment. Zweites Standbein sind die Töpfermärkte: Natürlich sind die beiden auf dem Weihnachtstöpfermarkt in Thurnau vertreten, ebenso in Dießen am Ammersee, einem der größten Märkte dieser Art in Deutschland, auch Dresden gehört noch zum festen Programm. In Glanzzeiten seien sie auf bis zu 30 Märkten pro Jahr vertreten gewesen, sogar auf dem Christkindlesmarkt in Bayreuth, sagt Gerhard Trommler. Doch auch das sei mit der Zeit ganz schön beschwerlich geworden. Eine eher untergeordnete Rolle spiele dagegen die Vermarktung über das Internet. Noch vor wenigen Jahren habe man immer wieder auch regelmäßige Hausausstellungen zusammen mit Bildhauern und Malern in den Peestener Räumen veranstaltet.

Gut überstanden hätten beide die Corona-Zeit, auch wenn es keine Märkte gab und der Laden geschlossen bleiben musste. Einiges sei über Bestellungen weiter gegangen, ansonsten habe man eben auf Vorrat produziert.

Die Zukunft der Töpferei sehen beide optimistisch. „Wir haben viele junge Kunden“, sind sie sich einig. Deshalb liegt ihnen auch viel an der Nachwuchsgewinnung, auch wenn diese durch die Einführung eines Mindestlehrlingslohns nicht gerade einfacher geworden sei.

Bild: Julia Naether und Gerhard Trommler in ihrer Werkstatt in Peesten.

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27.11.2023

Webber, Vocalisto und die „Spatzen“ / Musische Akzente für Kulmbach: Barbara und Hubertus Baumann prägen das musikalische Leben am MGF

Kulmbach. „In jedem Kind steckt ein kleiner Künstler.“ Dieses Zitat von Carl Orff ist so etwas wie das Credo der Musikabteilung am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium. Zwei, die dahinter stehen sind Barbara und Hubertus Baumann. Schulmusiker mit Leib und Seele. Sie „brennen“ für die Musik und für ihre Schüler. Das Ehepaar hat das musikalische Leben der Stadt in den zurückliegenden Jahren entscheidend mitgeprägt.

Barbara Baumann (58) stammt aus Marktoberndorf im Allgäu. Als Schülerin lernte sie erst einmal Blockflöte, dann Geige und schon mit zehn fand sie zu „ihrem Instrument“, dem Cello. Als Gaststudentin am Augsburger Konservatorium brachte sie es schnell zur Meisterschaft und entschloss sich daraufhin zum Studium der Schulmusik in München. Als Mitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft der Schulorchester ist Barbara Baumann unter anderem für die Fortbildung von Kollegen aus ganz Bayern zuständig. „Ich bin der Orchestermensch hier“, sagt sie als Leiterin der verschiedensten Ensembles.

Hubertus Baumann (60) ist gebürtiger Regensburger. Seine Familie war im Kunsthandel aktiv, die Mutter leitete einen kleinen Chor und spielte die Orgel in der Kirche. Schon in der Grundschule besuchte er eine der damals weit verbreiteten Orff-Klassen. Dort wurde auch seine stimmliche Begabung erkannt. So wurde er an das Musikgymnasium der weltberühmten Regensburger Domspatzen empfohlen. „Ein Riesenglückstreffer“, wie er heute sagt. Bei der späteren Domkapellmeisterin von Seoul lernte er das Klavierspiel, unter Papst-Bruder Georg Ratzinger sang er im Chor und unter so berühmten Dirigenten wie Kurt Eichhorn trat er beispielsweise mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Münchner Herkulessaal auf. Doch nicht nur dort. Tourneen führten ihn in alle Herren Länder, eine Skandinavien-Tour mit Auftritten in Oslo und Kopenhagen ist ihm noch lebhaft in Erinnerung. „Das war für uns Kinder eine Wucht.“ Zu hören ist er bis heute auf einer Aufnahme des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach unter Hans-Georg Schneidt, wo Hubertus Baumann das Knabensopransolo singen durfte.

Die „Spatzen“ waren nicht das einzige prominente Ensemble, in dem Hubertus Baumann mitwirkte. Während seiner Bundeswehrt-Zeit kam er zu dem bekannten, aber leider inzwischen aufgelösten Heeresmusikkorps IV in Regensburg. Schließlich war sein zweites Instrument die Querflöte. Danach hatte auch er sich zum Studium der Schulmusik in München entschlossen.

In München hatten sich Barbara und Hubertus Baumann kennen- und lieben gelernt. Zusammen leisteten sie ihre Seminarausbildung in Passau ab, ehe sie 1991 nach Kulmbach versetzt wurden. Das war damals die einzige Stadt, in der zwei Schulmusiker gleichzeitig gesucht wurden, Barbara ging zunächst ans Caspar-Vischer-Gymnasium, Hubertus gleich an das MGF, wo er heute Fachbereichsleiter Musik ist. „Hier konnten wir etwas säen, was mit der zeit schön aufgegangen ist“, beschreibt Hubertus Baumann die Situation. Wirklich weg wollten sie eigentlich nie. „Die Schule war gut, die Schüler waren gut, wir hatten alle Möglichkeiten, deshalb sind wir hiergeblieben“, sind sich die beiden einig. Mittlerweile sind Barbara und Hubertus Baumann seit 32 Jahren als Musikerzieher in Kulmbach tätig.

Jeden Tag gebe es ganz viele Alltagshighlights, sagt Hubertus Baumann. Meist fänden sie im geschützten Raum des Klassenzimmers statt. Doch manchmal da treten das MGF und seine Musikabteilung mit spektakulären Projekten auch an die Öffentlichkeit. 2001 etwa, mit einer vielbeachteten Aufführung von Andrew Lloyd Webbers Musical „Joseph“, dirigiert von Barbara Baumann. Die Aufführung hatte über 100 Mitwirkende, die Dr.-Stammberger-Halle war fünf Mal ausverkauft und wurde mit dem Kulturpreis des Landkreises Kulmbach ausgezeichnet. Sogar der Starkomponist höchstpersönlich erhielt davon Kenntnis und sandte handschriftlich seine besten Wünsche.

Weitere Höhepunkte waren 2010 eine Open-Air-Aufführung der Carmina Burana im Schönen Hof der Plassenburg, ebenfalls dirigiert von Barbara Baumann, mit MGF-Chor und -Orchester sowie einem „Bürgerchor“, in dem sich unter anderem viele ehemalige Schüler zusammengefunden hatten. Noch vielen lebhaft in Erinnerung dürfte die Aufführung der komischen Operette „Die Piraten von Penzance“ des britischen Duos Arthur Gilbert und William Sullivan mit dem Berliner Profi-Regisseur und Choreographen Peter Zeug durch das damalige P-Seminar sein.

Am MGF gibt es unter anderem ein Orchester und ein Vororchester, ein Vokalensemble und den Oberstufenchor. Von den rund 650 Schülern besuchen 124 den musischen Zweig. „Jeder vierte MGF-Schüler ist Mitglied eines Ensembles“, sagt Hubertus Baumann, wobei die aktiven Musiker und Sänger nicht unbedingt auch den musischen Zweig besuchen müssen. Für die instrumentale Ausbildung sind aktuell 18 Lehrerinnen und Lehrer im Einsatz.

Dabei beschränkt sich das musikalische Leben des Ehepaars Baumann längst nicht nur auf die Schule. Bekannt geworden ist Hubertus Baumann auch als Gründer des Vokalensembles Vocalisto, das unter anderem eine vielbeachtete Weihnachts-CD zusammen mit einem Bürgerchor in der Schlosskapelle der Plassenburg aufgenommen hatte. Freundschaftlich verbunden sind die Baumanns auch mit der Chorgemeinschaft Untergermering-Pfaffenhofen. Dort wirken beide seit Jahren beim Weihnachtskonzert mit.

Das Adventskonzert des MGF findet diesmal am 20. Dezember um 19 Uhr in der St.-Petri-Kirche statt. Das Adventskonzert von Vocalisto steht am 2. Dezember in der Kirche Unsere liebe Frau und am 3. Dezember in der Christuskirche von Burgkunstadt auf dem Programm.

Bild: Barbara und Hubertus Baumann haben in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht nur das musikalische Leben am MGF, sondern in der gesamten Stadt entscheidend mitgeprägt.

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20.11.2023

Theatermacherin mit Herzblut / Eigentlich wollte sie Schauspielerin werden: Tatjana Lengel auf den Brettern, die die Welt bedeuten

Marktschorgast. Theater lebt aus der Leidenschaft. „Du musst das mit Herzblut machen“, sagt Tatjana Lengel. Die 49-Jährige ist nicht nur Initiatorin, Gründerin, Vorsitzende und eine der eifrigsten Aktiven der heutigen Dorfbühne Marktschorgast, sie stand auch schon viele Jahre lang auf der Naturbühne in Trebgast. Hauptberuflich ist sie im Vertriebsaußendienst im Zahntechnikbereich tätig. Ihr Herz aber schlägt für die Bretter, die bekanntlich die Welt bedeuten.

Kein Wunder, wollte sie doch tatsächlich Schauspielerin werden. Das redeten ihr die Eltern erfolgreich aus. Doch als sie eine Mitschülerin der Wirtschaftsschule in Bayreuth mal nach Trebgast mitnahm, war es um sie geschehen. An ihre erste Rolle auf der Naturbühne erinnert sie sich noch ganz genau, das war im „Sommernachtstraum von William Shakespeare. Zehn Jahre lang hatte sie zahlreiche Rollen in Trebgast übernommen, unter anderem in der „Feuerzangenbowle“ oder in dem nicht ganz so einfachen „Vaterschaftsprozess“. Auch im Märchen war sie hin und wieder zu erleben.

Bis sie, ihr Mann Thomas und einige Mitstreiter schließlich im Mai 1999 auf die Idee kamen, eine eigene Theatergruppe in Marktschorgast zu gründen, die „Schorchätzä Theaterstub´n“, damals noch unter dem Dach des örtlichen Sportvereins, des ASV Marktschorgast. Von da an ging alles Schlag auf Schlag: In nur vier Monaten wurde die Bühne renoviert, das erste Theaterstück „Eine fast sündige Nacht“ ausgewählt und ein intensives Probenpensum bewältigt. Die erste eigene Premiere fand dann am 22. Oktober 1999 statt und war ein voller Erfolg.

Seitdem gibt es fast jedes Jahr eine neue Produktion, die Corona-Zeit natürlich ausgenommen. Tatjana Lengel kommt auf 20 Produktionen, sie wirkte in fast allen Stücken mit. Selbst im ersten Corona-Jahr 2020 gab es noch eine Premiere von Marc Camolettis Komödienknaller „Boing, Boing“, die zweite Aufführung fand dann schon unter verschärften Corona-Bedingungen statt, alle anderen mussten ersatzlos gestrichen werden.

2008 hatte sich die „Theaterstub´n“ selbstständig gemacht und trug fortan den Namen Dorfbühne Marktschorgast. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Spielzeit von Herbst auf Winter zu verlegen. Höhepunkte seien unter anderem die Aufführung von „Charley´s Tante“ von Brandon Thomas unter der Regie von Jürgen Peter gewesen, oder zum 20-Jährigen „Der Brandner Kasper“ von Kurt Wilhelm. Neue Wege war die Dorfbühne mit dem Krimi-Dinner „Mörderische Auslese“ im zurückliegenden Jahr im Sportheim gegangen. „Wir wollten einfach was machen, damit die Leute wieder lachen können“, so Tatjana Lengel.

„Wir spielen nur Boulevardkomödien“, alles andere sollen andere machen“, sagt Tatjana Lengel. Mittlerweile lädt die Dorfbühne mit ihren rund 20 Aktiven zwischen 23 und 82 auf und hinter der Bühne auch Regisseure von außerhalb ein. Georg Mädl etwa, der im Frühjahr die neue Produktion „Ladysitter“ von Bernd Spehling inszenieren wird.

Lampenfieber, ja auch das kennt Tatjana Lengel. Aber das sei ganz normal. „Sobald ich in meinem Element bin, ist das weg“, sagt sie. Patzer gab es freilich schon, doch dann müsse man halt improvisieren. Etwa dann, wenn sie beim falschen Stichwort viel zu früh auf die Bühne kommt, was schon mal passieren könne. Stimmbildung, den richtigen Ton treffen, das alles habe sie sich schon während ihrer zeit auf der Naturbühne angeeignet. Trotzdem helfe auch der eine oder andere Workshop immer mal weiter, wenn es darum geht, sich zu verbessern.

„Eigentlich sind wir fast immer ausverkauft“, sagt Tatjana Lengel. Die Turnhalle hat immerhin 120 Plätze und die nächste Produktion steht sieben Mal auf dem Programm. Interessant sei dabei auch, dass geschätzt nur etwa 30 Prozent der Besucher aus Marktschorgast kommen.

Das neue Stück „Ladysitter“ von Bernd Spehling hat am 5. April 2024 im ASV-Sportheim Premiere. Weitere Aufführungen gibt es am 6., 12., 13., 19., 20. und am 27. April. Beginn ist jeweils um 20 Uhr.

Bilder: Tatjana Lengel, einmal auf der Bühne und einmal privat. Fotos: privat

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13.11.2023

Kunstfotograf und „freischaffender Kulturdienstleister“ / Von Manila bis Moskau: Manfred Ströhlein (83) führte den Foto-Amateur-Club Mainleus/Kulmbach bundesweit an die Spitze

Kulmbach. Zufälle haben sein Leben bestimmt: Manfred Ströhlein ist Kunstfotograf, Organisator von Ausstellungen, Sportler, ehemaliger Steuerberater, Integrationshelfer, Sprachpate und vieles mehr. Man könnte ihm stundenlang zuhören, wenn er von seinem Leben und den vielen Begegnungen mit interessanten Persönlichkeiten erzählt.

„Man weiß nie, was hinter der nächsten Kurve kommt“, sagt er. Das gilt aber nicht nur für sein berufliches Leben, auch für sein kulturelles Engagement. Da ist in erster Linie der Foto-Amateur-Club (FAC) Mainleus/Kulmbach zu nennen. „Was der FC Bayern München beim Fußball, ist der FAC Mainleus in der Fotografie“, so Manfred Ströhlein. Er muss es wissen, der heute 83-Jährige ist nicht nur eingefleischter Bayern-Fan, er war auch fast 40 Jahre lang von 1976 bis 2015 Vorsitzender des FAC. Beim FC Bayern München, auch das ist bemerkenswert, trägt er die Mitgliedsnummer 732, von weltweit über 300000 Mitgliedern. Manfred Ströhlein war den Bayern schon 1976 beigetreten.

1951 kam Manfred Ströhlein auf die Oberrealschule. Von dem Geld, das er von seiner Mutter damals bekam, kaufte er sich eine erste eigene Kamera. Kaum zu glauben, wie schnell er es zur Meisterschaft brachte. Irgendwann wurde er dann auch Mitglied des erst 1953 gegründeten FAC Mainleus. Die Glanzzeit des Vereins ist mit seiner Amtszeit identisch. Preise, Jurytätigkeiten und Ausstellungen führten ihn praktisch um die ganze Welt. Manfred Ströhlein berichtet von Ausstellungen in Russland, vom gemeinsamen Fotografieren in Moslau, von Preisen in Manila und Buenos Aires und von Jury-Einsätzen in Istanbul. Manfred Ströhlein hat es sogar geschafft, Thomas Gottschalk als Mitglied zu gewinnen, nicht als irgendein Mitglied, sondern als 100. Mitglied. Vielleicht ist er es jetzt nicht mehr, sagt er. Aber damals habe das groß in allen Zeitungen gestanden. Auch heute, viele Jahre nach seinem Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen habe der FAC Mainleus noch immer einen guten Namen in der Szene.

„Es war eine spannende Zeit“, sagt er, vor allem wenn er an den Fall des Eisernen Vorhangs denkt. Die Städtepartnerschaft Kulmbach – Saalfeld sei von ihm aktiv miterarbeitet worden. Zusammen mit den Wanderfreunden aus Katschenreuth seien er und der Fotoclub die ersten gewesen, die von Franken aus die Grenze nach Thüringen überschritten hätten und dort mit Blasmusik empfangen wurden. Den Ausdruck „Wessis“ habe es damals noch gar nicht gegeben: „Wir waren die Bundis“, also die „Bundesrepublikaner“. Völlig andere Welten lernte Manfred Ströhlein beim Blick auf die Motive der Thüringer Fotoamateure kennen. Während der FAC Mainleus schon mal eine „Nackte Frau vor einem Rosenbusch ablichtete, kamen die Thüringer mit den Bildern von heroisch dreinblickenden Stahlarbeitern vor Kampfflugzeugen daher.

Heute hat Manfred Ströhlein die Kamera praktisch aus der Hand gelegt. „Ich knipse nur noch“, sagt er bescheiden. Zuletzt beim Melkendorfer Schulfest. Überhaupt sieht er die Zukunft der Fotografie eher düster, obwohl doch eigentlich jeder ein Smartphone mit Kamerafunktion besitzt. „Das Digitale hat die künstlerische Fotografie kaputt gemacht“, sagt Manfred Ströhlein. Obwohl ganz kaputt gehe die Fotografie dann doch nicht, „es ist halt anders“. Wenn es analog klick gemacht habe, sei das Kunstwerk vollendet gewesen. Heute sei derjenige, der auf den Auslöser drückt lange nicht mehr der Künstler. Da stehe noch der Computer dazwischen. KI steht bei ihm auch nicht für „Künstliche Intelligenz“, sondern für „Keine Intelligenz“. Auch das soziale Miteinander und das gesellschaftliche Erlebnis bleibe auf der Strecke, sagt er und denkt an gemeinsame Fotowanderungen, die ihm lebhaft in Erinnerung geblieben sind.

So ganz hat Manfred Ströhlein die Fotografie aber dann doch nicht ad acta gelegt. Auf seiner Visitenkarte steht mittlerweile „freischaffender Kulturdienstleister“. Damit verbindet er hauptsächlich die Organisation und Durchführungen von Kunstausstellungen, meist Fotoausstellungen. Gerade hat er die 161. Ausstellung abgehängt, 71 Ausstellungen davon fanden bei Ingeborg Düreth im Café Schoberth in der Spitalgasse statt. Früher hatte Manfred Ströhlein in der Nachbarschaft ein Büro und so kam man eines Tages auf die Idee, „Kunst im Café“ anzubieten.

Eigentlich hätte Manfred Ströhlein Schneider werden sollen. Auch der Vater war Schneidermeister. Nach sechs Jahren Oberrealschule hatte der gebürtige Kauerndorfer eine Lehre als Landhandelskaufmann abgeschlossen, arbeitete bei der Allianz-Versicherung in Nürnberg, bei einem Bauunternehmen als Buchhalter bis er über einen Bekannten in ein Steuerbüro kam. Dann bildete er sich intensiv weiter, besuchte unter anderem eine private Wirtschaftsakademie, wurde zunächst Steuerbevollmächtigter und durfte nach entsprechenden Prüfungen schließlich als Steuerberater, Rechtsbeistand, Konkursverwalter und Testamentsvollstrecker tätig werden. Daneben war Manfred Ströhlein auch als Schachspieler, Radrennfahrer und Fußballer erfolgreich. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und war in den zurückliegenden Jahren und ist es noch immer, als Betreuer von afghanischen und syrischen Flüchtlingen tätig.

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06.11.2023

Geschirr, Gartenkeramik und lustige Gesichter / Von Thüringen ins Kulmbacher Land: Heike Flaschka betreibt mit ihrem Mann in Motschenbach die Töpferei Drehwurm  

Motschenbach. Sie hat noch in der ehemaligen DDR gelernt und gearbeitet. Noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs kam die Töpferin Heike Flaschka nach Bayern und landete irgendwann im Kulmbacher Land. In Motschenbach, Gemeinde Mainleus betreibt sie zusammen mit ihrem Mann die Töpferei „Drehwurm“. Meist sind die beiden aber auf Töpfermärkten in ganz Deutschland anzutreffen.

Kunst kommt von Können, das ist klar. Heike Flaschka sieht sich eher als Handwerkerin, auch wenn Kunst, Können und Handwerk nah beieinander liegen. Das hat vielleicht auch mit ihrer Lebensgeschichte zu tun. Sie hatte den Beruf im Töpferhof Römhild nahe Meiningen gelernt, die damals größte Handtöpferei Europas mit weit über 100 Beschäftigten. „ich wollte immer etwas künstlerisches machen“, sagt Heike Flaschka. Im Römhild ging es damals allerdings eher darum, im Akkord zu drehen, die Erzeugnisse gingen von der DDR aus in die ganze Welt.

Wirklich künstlerisch wurde es für Heike Flaschka dann in Hildburghausen, wo sie einige Jahre in einer kleinen Töpferei arbeitete. 1989, noch vor dem Fall der Mauer kam sie dann über Ungarn nach Bayern. Deggendorf, Bayreuth, Kronach, das waren hier die Stationen. Die heute 60-jährige arbeitete in der Töpferei von Edith Memmel in Burgstall und in der Töpferei Trommler in Peesten, ehe sie vor genau 18 Jahren, mittlerweile in Motschenbach angekommen, den Schritt in die Selbstständigkeit wagte.

Hier fertigt sie zusammen mit dem Ehemann Geschirr, Gartenkeramik, Lichtobjekte, Weihnachtsartikel, Vasen mit lustigen Gesichtern, ganz praktische Sachen wie Wachsverbrenner und auch immer wieder Kunstobjekte. Es gibt einen Online-Shop und einen kleinen Ausstellungsraum vor Ort-. Im Wesentlichen sind es aber di Töpfermärkte, auf denen Heike Flaschka meist Woche für Woche zu finden ist. „Wir haben ganz klein angefangen“, sagt sie und meint damit ihre Präsenz auf den Märkten in der näheren Umgebung. Doch nach und nach wurde der Radius größer. Erfurt, Naumburg, Weimar, Gera, mittlerweile geht es bis nach Mecklenburg-Vorpommern, nach Usedom oder Rügen.

Meist zwei Mal pro Jahr gibt es auch eine große Ausstellung in der Töpferei in Motschenbach, mit Musik, Kaffee und Kuchen. Klar, dass Heike Flaschka längst ihr Stammpublikum hat. Auch auf ihre Teilnahme am Thurnauer Weihnachtstöpfermarkt, heuer vom 8. bis zum 10. Dezember, möchte sie nicht mehr verzichten.

Heike Flaschkas Bilanz nach Corona fällt so schlecht gar nicht aus. „Es war schon ein Einschnitt“ sagt sie, „aber im positiven Sinne. Auch wenn viele Märkte ausgefallen sind, glaubt Heike Flaschka fest daran, dass die Wertschätzung für Keramik wieder gestiegen ist. In der Töpferei habe sie zusammen mit ihrem Mann so weitergearbeitet, als wenn nichts gewesen wäre. „Wir haben viel gelernt dadurch.“ Überhaupt komme die Inspiration auch oft von den Kunden und noch immer tauscht sie sich rege mit Kollegen aus. Um den Horizont zu erweitern, ist sie sich auch mal für einen Kurs bei Kollegen nicht zu schade. Selbst veranstaltet sie aber keine Kurse mehr. Das sei auf Dauer zu kräftezehrend gewesen.

Wichtig ist für Heike Flaschka die Vielfalt, und, dass ein Objekt auch „lebt“. Das sei bei Billigware aus China natürlich nicht der Fall, manche Kunden müsse man halt erst aufklären. Doch das ist Heike Flaschka gelungen, sie kann sich auf ihre Stammkundschaft verlassen, auch wenn sie sich immer wieder über die viele Bürokratie ärgert. Etwa, wenn sie von der Gewerbeaufsicht wieder streng kontrolliert wird, welche Inhaltsstoffe in den Glasuren sind.

Bild: Heike Flaschka im Ausstellungsraum ihrer Töpferei „Drehwurm“ in Motschenbach bei Mainleus.

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23.10.2023

Thurnauer Urgestein / Töpferin Marianne Le Dieu: Zwischen Kunst und Handwerk

Thurnau. Auch wenn sie nur noch mit halber Kraft arbeitet, wie sie selbst sagt, Marianne Le Dieu und ihre „Töpferei am Museum“ sind in Thurnau eine feste Größe. „Ich bin das Urgestein hier“, stellt sie unmissverständlich fest. Zusammen mit ihrer langjährigen Mitarbeiterin Ulli Gieger fertigt sie in einer liebevoll umgebauten Werkstatt mitten im Ort seit fast 40 Jahren Steinzeug für den täglichen Gebrauch, Keramik aus dem Holzbrandofen, Gartenkunst und so manches wertvolle Unikat. Marianne Le Dieu gilt als Mitbegründerin des Töpfermarktes und stand auch schon mal auf der Theaterbühne.

Kunst oder Handwerk: das ist bei Töpfern meist die Frage. Marianne Le Dieu tendiert eher zur Kunst, aber auf jedem Fall zum Kunsthandwerk. Natürlich müsse man das Handwerk beherrschen, doch Ideen und Kreativität spielten schon auch eine große Rolle. In Japan beispielsweise seien Töpfer hoch angesehen und auch hochdotiert. Neben der Anfertigung von traditionellem Gebrauchsgeschirr habe bei Marianne Le Dieu immer wieder auch die Kunst im Vordergrund gestanden Etwa bei ihren Ausstellungen, denn auch die gab und gibt es.

Zuletzt zeigte Marianne Le Dieu ihre Werke 2019 beim Kunstfest in der Berliner Südwest-Passage, aber auch schon im Elsass, im Westerwald und in der Ausstellungshalle des Alten Schlosses im Bayreuth waren immer wieder Kunstwerke aus der „Töpferei im Museum“ zu sehen. Eine ganz besondere Arbeit ist in Bayreuth im öffentlichen Raum zu sehen: der Lebensbaum im Eingangsbereich des Klinikums nach einem Entwurf des Malers Peter Coler.

Angefangen hat alles im nahen Berndorf, wo die 71-Jährige zur Welt kam und auf einem Bauernhof aufwuchs. „Die Verbindung zur Erde war immer schon da und sie ist auch geblieben“, sagt Marianne Le Dieu. Zunächst hatte sie noch mit der Kirchenmalerei geliebäugelt, doch schon bald hatte sie das Material Ton nicht mehr losgelassen. Kleine Bauerntöpfereien seien damals noch überall zu finden gewesen, doch irgendwann kam sie in die damalige Thurnauer Töpferei Schnauder und schon stand ihr Berufswunsch fest.

Drei Jahre ging sie in der Töpferei Schnauder in die Lehre, schloss als Gesellin ab und arbeitete weitere sieben Jahre dort. Dann entschloss sie sich zur Weiterbildung, besuchte zwei Jahre lang die Meisterschule in Landshut und schloss auch dort erfolgreich ab. Die kleine Kellerwerkstatt in Berndorf wurde bald Geschichte und sie mietete zunächst und kaufte später die frühere ehemalige Werkstatt der Firma Schwender in unmittelbarer Nachbarschaft zur ortsbildprägenden Thurnauer Laurentius-Kirche und zum heutigen Töpfermuseum.

Die Selbstständigkeit sei schon ganz bewusst ihr Ziel gewesen, sagt sie. Mehrere Auszubildende hatte sie während dieser Zeit und immer wieder auch Töpferkurse für Kinder angeboten. Aber zunächst einmal investierte sie kräftig in die Räumlichkeiten, baute eine großzügige Werkstatt und einen schmucken Ausstellungsraum. Schnell sei es steil bergauf gegangen. Kaum zu glauben, dass Marianne Le Dieu einmal 18 Beschäftigte hatte. Das war zu der Zeit, als sie auch in der Bamberger Altstadt einen kleinen Laden besaß.

Ganz wichtig seien auch immer die Töpfermärkte gewesen. Ob in Mindelheim, Vaterstetten, Straubing oder im thüringischen Bürgel. Die „Töpferei am Museum“ war überall vertreten. Mittlerweile sei sie aber nur noch in Ahorn, im Coburger Land, und natürlich in Thurnau vertreten. Dort seien auch viele Kollegen dabei, die Marianne Le Dieu aber nicht als Konkurrenten sieht. „Unsere Konkurrenz sitzt bei IKEA und kommt aus China“, sagt sie. Chinesische Preise könne man hier nicht anbieten, dafür aber individuell gefertigte Ware „Made in Germany“.

Der Weihnachtstöpfermarkt im Innenhof des Schloss Thurnau ist ein eigenes Kapitel. Zusammen mit ihrem Ehemann hatte sie 1990 den Markt teilweise auch gegen Widerstände ins Leben gerufen. „Es war von Anfang an ein Erfolg“, erinnert sie sich. Zwölf Jahre lang trat sie mit ihrem Mann als Veranstalterin auf, ehe sie die Verantwortung weitergab, an Andrea und Jörg Labuhn aus Pleofen. Auch heuer wird es wieder einen Weihnachts-Töpfermarkt im Thurnauer Schloss geben, vom 8. bis zum 10 Dezember, täglich ab 11 Uhr. Erwartet werden 60 Aussteller aus dem In- und Ausland und an die 20.000 Besucher.

Eine weitere Episode im Leben von Marianne Le Dieu war die Mitwirkung bei einem Theaterprojekt, bei dem die Geschichte der Thurnauer Töpfer gezeigt wurde. „Der unzerbrechliche Krug“ hieß eines der Stücke, das im Umfeld des damaligen Seefestes aufgeführt wurde.

Bild: Marianne Le Dieu vor ihrer „Töpferei am Museum“ mitten in Thurnau.

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16.10.2023

Abstraktion als kreative Herausforderung/ Georg Köstner sieht sich als bildender Künstler wie als spätberufener Musiker

Kulmbach. Kreativität und Abstraktion: diese beiden Begriffe fallen immer wieder im Gespräch mit Georg Köstner. Für den bildenden Künstler, der in verschiedenen Techniken zuhause ist, gilt die Kreativität als durchgehendes Prinzip des Menschen. „Kreativität ist etwas grundlegend menschliches“, sagt er. Die Abstraktion ist ebenso eine Art Grundlage seines Schaffens, Doch das ist nur die eine Seite von Georg Köstner, der bis zu seiner Pensionierung vor zwei Jahren lange Zeit Kunsterzieher am Caspar-Vischer-Gymnasium war. Die andere Seite ist die des Musikers. „Ob bildende Kunst oder Jazz: die kreativen Prozesse sind dieselben“, so Georg Köstner.

„Ich war ein Spätberufener“, sagt er augenzwinkernd. Er meint damit, dass er erst im Alter von 40 Jahren damit begonnen hatte, Saxofon zu lernen. Genau wie in der bildenden Kunst hat es Georg Köstner auch in der Musik zur Meisterschaft gebracht. Er spielt in der T-Jazz-Bigband von Thomas Schimmel von er Musikschule, ist Mitglied der bayerischen Lehrer-Bigband, schreibt eigene Stücke, arrangiert und ist regelmäßig beim Jazzabend i der Kommunbräu zu erleben.

Georg Köstner wurde 1957 in Stadtsteinach als Sohn des damaligen Landrates des dortigen Altlandkreises Hans Köstner geboren. In Bamberg besuchte er das Kaiser-Heinrich-Gymnasium. „Der Kunst-Leistungskurs sei eine Art „Erweckung“ gewesen. Gemalt habe er schon immer und so war schnell klar, dass mehr daraus werden soll als ein schönes Hobby. Nach der Bundeswehrzeit absolvierte er zunächst in München ein Studium der Kunstgeschichte, bereitete sich an einer freien Kunstschule auf die Akademie vor, die er dann in Nürnberg besuchte. Daraufhin folgte der Schritt hin zum Lehramt. Georg Köstner absolvierte sein Referendariat am Graf-Münster-Gymnasium in Bayreuth, ehe er ans CVG nach Kulmbach versetzt wurde. Hier unterrichtete er die Jahrgangsstufen 5 bis 13.

Parallel zu seiner beruflichen Laufbahn ruhte seine künstlerische Tätigkeit zu keinem Zeitpunkt. In aller Bescheidenheit sagt er aber auch: „Ich habe nie versucht, mich als professionellen Künstler zu etablieren.“ Die Bildhauerei sei sein Gebiet gewesen, so Georg Köstner. Bei einem Bildhauer in Bamberg machte er ein Praktikum. Schon frühzeitig stellte er immer wieder aus, entweder allein oder als Beteiligung an Gruppenausstellung, im Schloss Pommersfelden etwa, bei der renommierten Ausstellung des Bayreuther Kunstvereins in der Eremitage oder im Kabinett des Kunstmuseums. Seien die Anfänge noch figürlich realistisch gewesen, verschrieb er sich schon bald der Abstraktion, gern im Zusammenspiel mit geometrischen Formen.

Neben der Arbeit mit Ton, Holz oder Stahl gehört seine Liebe seit den 1990er Jahren dem Holzschnitt. „Ich bin eben ein Praktiker“, sagt Georg Köstner. Kein Mann der Farbe. Den Holzschnitt beschreibt er als archaische, mittelalterliche Praktik mit einer starken Verdichtung und Vereinfachung. Immerhin sei der Holzschnitt das erste Massenmedium gewesen. Vorbilder hat Georg Köstner eine ganze Menge: Die Bildhauer Marino Marini, Henry Moore oder Alf Lechner. Musikalisch sind es unter anderem Musiker John Coltrane oder Miles Davis.

Zwei Ausstellungen hat Georg Köstner bereits zusammen mit seinem Sohn Paul absolviert, der erfolgreich auf den Spuren des Vaters wandelt. Paul Köstner lebt in Berlin und hat dort an der Universität der Künste studiert. Er sieht sich im Gegensatz zum Vater als Maler und hat sich von Anfang an komplett der Abstraktion verschrieben. Für Paul Köstner ist es ein „Privileg, mit einem Künstler als Vater aufzuwachsen. Während der Vater allerdings eher der „Macher“ sei, sieht sich der Sohn mehr als Theoretiker. Zusammen zeigen Vater und Sohn noch bis Ende des Jahres ihre Werke in einer gemeinsamen Ausstellung im Foyer der Stadtwerke Kulmbach.

Bild: Hier, im Kelleratelier seines Kulmbacher Wohnhauses entstehen die Holzschnitte von Georg Köstner.

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09.10.2023

„Liebe auf dem ersten Schlag“ / Lorenz Beutners Steinkunst gibt es auch auf Facebook und Instagram

Kulmbach. Eine halbe Million Schläge hat Lorenz Beutner bestimm schon gemacht. Der 41-Jährige ist nicht nur Bildhauer, sondern auch Freigeist, Autodidakt, einer der breit aufgestellt ist und der sein Werk auch schon mal verschenkt.

Lorenz Beutner macht sich viele Gedanken, über seine Kunst, über seine Werke, über das Leben. Das liegt vielleicht auch mit daran, dass er einige Semester Psychologie studiert und vieles ausprobiert hat: Street Art in München oder progressiven Metal in verschiedenen Bands. In vielen Städten hat er schon gelebt, in Wiesbaden, Passau, München, Dresden und Köln. Aber in Kulmbach ist er angekommen.

Geboren im belgischen Leuven hatte es die Eltern berufsbedingt nach Kulmbach gezogen, als Lorenz fünf Jahre alt war. Die Jahre bis zum Abitur am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium bezeichnet er als seine prägenden Jahre. Dann begann Lorenz Beutner durch Deutschland zu ziehen und vieles auszuprobieren. „Den Kontakt zu Kulmbach habe ich aber nie ganz verloren“, sagt er.  „Kulmbach ist meine Heimat.“

Zur Bildhauerei kam er „eigentlich durch einen glücklichen Zufall“. Im familiären Umfeld war er auf einen Speckstein gestoßen und hatte einfach mal so begonnen, daran zu arbeiten. Schnell wurde sein Talent erkannt. Mit einfachem Sandstein, groben Bausandstein, der eigentlich gar nicht dafür gedacht ist, arbeitete er weiter und vervollkommnete seine Fertigkeiten so weit, dass er heute sogar Kurse veranstaltet. Das alles sei recht zufällig geschehen. „Ich habe mich immer treiben lassen.“ Dann aber sei es „Liebe auf dem ersten Schlag“ gewesen.

„Eigentlich ist es schon eine sehr brutale Arbeit“, sagt Lorenz Beutner, der auf tiefe Linien und harte Kontraste setzt und der immer auf der Suche nach dem Ideal ist. „Ich möchte nicht jedem gefallen.“ Auch das gehört zu seiner Grundeinstellung. Wenn er nicht wirklich in Sachen Öffentlichkeit so präsent ist, wie manch anderer, dann hat das einen Grund: „In praktischen Dingen tue ich mich manchmal schon etwas schwerer“, räumt er offen ein. Trotzdem waren seine Werke bereits mehrfach ausgestellt. Zuletzt im Gartenatelier von Carmen Kunert in Thurnau, auch schon im Badhaus in Kulmbach, in der Oberen Stadtgalerie des Kunstvereins oder bei der Ausstellung des Bundes Fränkischer Künstler auf der Plassenburg.

Lorenz Beutner sieht in seiner Bildhauerei viele Parallelen zum Leben. Jeder Schlag sei final, erst in der Summe entstehe ein großes Ganzes. Stets habe er ein abstraktes Ziel vor Augen, Konkretes ergebe sich erst während der Arbeit. Diese Arbeit hat er im Laufe der Jahre allerdings schon professionalisiert. Nahe am Rehberg hat er sich eine komplette Werkstatt eingerichtet. Dort gibt es auch einen kleinen privaten Skulpturengarten, wo er auch seine Kurse veranstaltet. Dort entstehen auch die großen Sandstein-Skulpturen, die Arbeiten aus Speckstein wie Ketten, Ringe, Herzen, Colliers und immer wieder auch mal Schnitzarbeiten, denn Lorenz Beutner arbeitet auch mit Holz. Ein Taschenmesser hat er immer dabei, das gehört zur Grundausstattung.

Bei seinen Werken ist ihm eines ganz wichtig: auch der Betrachter soll die Deutungshoheit haben, nicht nur er als Künstler. Gerne hat er es, wenn der Betrachter die ausgestellten Werke auch anfassen kann. Das gehört für ihn dazu, ist freilich nicht immer möglich. Trotzdem: „Die komplette Aussage eines Werkes kommt erst mit der Berührung.“

Sein „absoluter Liebling“ ist eines seiner jüngsten Werke. Es trägt den Titel: „Labiles Wertesystem“. Auch hier nutzt er fließende Formen, die an Blätter oder Äste erinnern. IN dem Werk stecke aber auch viel Unterbewusstes und Emotionales. Gleichwohl hat Lorenz Beutner nie nur abstrakt gearbeitet, sondern durchaus auch mal konkret. Ob Wappen, Zwerg oder Vogeltränke, auch das kann Lorenz Beutner. Doch er bleibt dabei: „Das Ideal wäre etwas zu hauen, als sei e gewachsen.“

Online zeigt Lorenz Beutner seine Werke auf Facebook und Instagram. Fast alles, was dort zu sehen ist, steht noch zum Verkauf. Und wenn er mal nicht als Bildhauer tätig ist, dann gehört seine Aufmerksamkeit seiner Familie und seinem Garten.

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25.09.2023

„Die Bühne ist unsere Heimat“ / Heike Schoberth-Wesser leitet die Theatergruppe des TSV Harsdorf

Harsdorf. „Unsere Kunst besteht darin, die Leute zum Lachen zu bringen.“ So ähnlich hat das wohl auch schon Charlie Chaplin formuliert. Heike Schoberth-Wesser tickt ähnlich. Seit ihrem neunten Lebensjahr steht die 43-Jährige schon auf den Brettern, die ja angeblich die Welt bedeuten. Ihre Bühne ist das Gemeindezentrum „Zur Tanne“ in der Hauptstraße in Harsdorf, ihr Verein der TSV, der seit 1983 eine eigene Theatergruppe hat.

„Einfach mal einen Abend lang lachen“, was könnte es Besseres geben in diesen Zeiten. Heike Schoberth-Wesser als Leiterin der Theatergruppe und ihre Mitstreiter Heidi Dörfler, die auch inszeniert, Ehemann Dirk Wesser und die vielen anderen, sie alle sorgen dafür, dass die Harsdorfer alle Jahre etwas zu Lachen haben. Insgesamt sind es bis zu 40 Aktive, die jedes Jahr auf der Bühne stehen oder hinter der Bühne werkeln, sei es in der Technik, im Kartenvorverkauf oder wo auch immer.

Heuer steht die Komödie „Ehepaar Fuchs schult um“ des Autors Bernd Kietzke auf dem Programm. Premiere ist wie (fast) in jedem Jahr immer der Samstag vor dem dritten Advent, also am 16. Dezember um 20 Uhr. Weitere zehn Aufführungen stehen zwischen dem 5. und dem 27. Januar auf dem Spielplan. Wenn Heike Schoberth-Wesser daran denkt, hat sie schon jetzt ein wenig Lampenfieber. „Das kriegt man nie weg“, sagt sie. Doch wenn es dann erst einmal losgeht, dann sei das Theaterspielen schon so etwas wie eine Sucht.

Als sie neun Jahre jung war, sei sie gefragt worden, ob sie nicht mal in der Kindergruppe mitmachen möchte. „Schon damals waren Leute dabei, mit denen auch heute noch auf der Bühne stehe“, sagt sie. Noch immer gibt es eine Kindergruppe, die heuer zur Jahresabschlussfeier des TSV Harsdorf am 2. Dezember und einen Tag später zur Feier des Fördervereins Kinder & Jugend Harsdorf das nachdenkliche Märchen „Kohlen-Peter“ frei nach „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff aufführen wird. Und auch heute noch generiert die Spielschar der Erwachsenen den Nachwuchs aus der Kindergruppe.

Die Proben für den Dreiakter der Erwachsenen haben gerade begonnen. Den Text haben alle drauf, auch Heike Schoberth-Wesser, die im normalen Leben als Bilanzbuchhalterin in einem Bayreuther Steuerbüro tätig ist. Am Verein schätzt sie besonders die flache Hierarchie, etwa wenn es darum geht, eine passende Komödie, und nur die spielt man beim TSV, auszusuchen. „Jeder darf seinen Senf dazu geben.“ Was sie noch schätzt: die Fußballer des TSV kommen ins Theater und die Schauspieler kommen auf den Fußballplatz.

Eine Aufführung ragt alljährlich ganz besonders heraus: eine Sonderaufführung für Menschen mit Behinderungen. „Man merkt schnell, dieses Publikum ist das dankbarste“, sagt sie. Dankbar ist sie auch der Gemeinde, die extra einen Aufzug einbauen ließ, damit der Theaterbesuch auch barrierefrei möglich wird. Früher haben wir die Leute mit ihren Rollstühlen einzeln hochgetragen, erinnert sie sich.

Seit 1989 hat Heike Schoberth-Wesser bin jedem Stück mitgewirkt. Gerne verkörpert sie resolute Charaktere, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Die einzigen Unterbrechungen waren die beiden Corona-Jahre 2020 und 2021. „Wir haben trotzdem zu proben begonnen und sogar Plakate aufgehängt, auch wenn es dann doch nichts wurde.“ Aber vielleicht ist das ja auch das Erfolgsgeheimnis der Theatergruppe des TSV Harsdorf. Alle sind bei der Stange geblieben, im Gegensatz zu manchem Gesangverein, der sich mangels Aktiver gezwungenermaßen auflösen musste.

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18.09.2023

Kunst und Kuchenformen / Töpferehepaar aus Trebgast: Natascha und Wolfgang Knapp

Trebgast. Es ist ein aussterbender Beruf. Davon ist Natascha Knapp überzeugt. Die 61-Jährige betreibt zusammen mit ihrem Mann Wolfgang die Töpferei Knapp in Trebgast. Wer von Lindau in den Ort kommt, kann das schmucke Haus, das Werkstatt, Laden, Ausstellungsraum und Wohnhaus der Familie beherbergt kaum übersehen. Ganz verschwinden wird die Töpferkunst allerdings nicht, denn jedes getöpferte Stück ist auch ein handgefertigtes Unikat und das wüssten dann doch wieder viele zu schätzen.

Mit der Kunst ist das allerdings so eine Sache. Natascha Knapp sieht sich eher als Handwerkerin, denn als Künstlerin. Sie hat eine Töpferlehre absolviert und anschließend die Meisterprüfung gemacht. Ehemann Wolfgang (70) hat die Fachschule für Keramik in Landshut besucht und später, 1982, ebenfalls die Meisterprüfung absolviert. Zusammen haben sie fast ein Dutzend Lehrlinge ausgebildet.

Ganz stimmt das mit dem Handwerk allerdings nicht. Denn Natascha Knapp hat schon immer auch figürlich gearbeitet, meist fehlte bloß die Zeit dazu. In Trebgast hat sie gleich mehrfach künstlerisch ihre Spuren hinterlassen. Beim Theaterweg beispielsweise, zu dem sie fünf herausragende Skulpturen beigesteuert hat, oder beim Kunst- und Seeweg, dessen Maskottchen „die Badende“ ist, eine Tonskulptur, die, so wie der gesamte Weg vom Bahnhof zum Badesee, auf die Verbindung von Kunst und Freizeit hinweisen soll.

Seit 1991 gibt es die Töpferei Knapp in Trebgast. Schwerpunkt ist die Herstellung von Steinzeug-Geschirr, das allen Anforderungen entspricht, das durch seine handwerkliche Kunst aber dennoch einzigartig bleibt. Natascha Knapp hatte nach dem Abitur im schwäbischen Sigmaringen eigentlich Kunst studieren wollen. Weil die Eltern damals noch ein Wörtchen mitzureden hatten, wurde aber erst einmal eine Ausbildung zur Keramikerin daraus, und zwar in Hohenschwangau, dem Ort im Allgäu, der für seine Königsschlösser weltberühmt ist.

Alles habe sie dort gelernt, sogar die Baukeramik, Malereien und Dekore und auch das klassische Drehen, das man gemeinhin mit dem Töpfern verbindet. Auch Natascha Knapp musste nach Landshut, denn dort befindet sich noch heute die einzige Berufsschule für angehende Keramiker in Bayern. Was folgte war das, was man als Wanderjahre bezeichnen könnte. Ein Jahr arbeiten in Brüssel, ein Jahr im Westfälischen, drei Jahre in Prien am Chiemsee. Dort lernte sie auf einem Töpfermarkt ihren späteren Mann Wolfgang kennen. Der hatte zu dieser Zeit bereits eine Werkstatt mit Atelier in Bayreuth, und zwar in der „Kämmereigasse neuneinhalb“. Nicht nur Insider wissen, dass an dieser Stelle und unter diesem Namen später eine weithin beachtete Kulturinitiative entstand. 

Zusammen machten sich die beiden auf die Suche nach einem Anwesen, das unter einem Dach Werkstatt. Laden und Wohnraum bot, und so landete die Familie Knapp in Trebgast. Wolfgang Knapp hatte zu dieser Zeit schon eine erste Werkstatt nahe Selb betrieben und war danach zwei Jahre lang im Fichtelgebirgsmuseum Wunsiedel tätig, ehe er 1985 die Töpferei im Bayreuther Gassenviertel eröffnet hatte.

In Trebgast angekommen konzentrierten sich Natascha und Wolfgang Knapp auf Tee-, Kaffee- und Speiseservices, auf Back- und Kuchenformen und auf Gartenkeramik, also Pflanzgefäße, Vogelbäder, Tiere und Figuren. 80 Prozent der Produktion wurde über Fachmärkte verkauft, auf Märkten von Schwerin bis an die Schweizer Grenze. Eine Sonderstellung nimmt dabei der Töpfermarkt in Dießen am Ammersee ein, ein „Ereignis in der Keramikszene“, wie Wolfgang Knapp berichtet. Auch heuer sei man wieder dort gewesen, obwohl das Ehepaar künftig schon ein wenig kürzertreten möchte. „Es ist halt auch eine körperlich schwere Arbeit“, sagt Wolfgang Knapp. Zumal er und seine Frau die Tonmischungen vor Ort nach eigenen Rezepten herstellen. Das Modellieren von Figuren soll aber auf jeden Fall weitergehen, ist sich Natascha Knapp sicher. Die Zeit dazu will sie sich schon nehmen.

Ein aussterbender Beruf sei es trotz allem, sagt Natascha Knapp. Das hänge auch mit der Konkurrenz zusammen, die in diesem Fall in Fernost sitzt und in Baumärkten billig zu haben ist. Über die Berufskollegen vor Ort haben die Knapps dagegen nur Positives zu berichten. „Da ist die Solidarität groß“, sagt Wolfgang Knapp. Man bestelle sogar gemeinsam den Ton und helfe sich gegenseitig aus. Während sie an der Landshuter Berufsschule damals um einen Platz kämpfen mussten und in der Klasse 30 und mehr Schüler saßen, seien es beim aktuellen Jahrgang höchstens fünf oder sechs angehende Keramiker. Ob sie eines Tages auch davon leben können, sei nicht unbedingt sicher. Zu viel habe sich in den zurückliegenden Jahren verändert.

Fotos: „Auch eine körperlich schwere Arbeit“: Natascha und Wolfgang Knapp in ihrer Werkstatt in Trebgast.

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11.09.2023

Ein Berliner in Thurnau: Skulpturen aus alten Sandsteinen / Der Bildhauer Michael Sauer hat entscheidenden Anteil am Zustandekommen des Europa-Symposiums

Thurnau/Berlin. So richtig als Künstler sehe er sich gar nicht, meint Michael Sauer ganz bescheiden. Er habe halt irgendwann alte Sandsteine gesammelt und angefangen, „zu klopfen“. Nun, das mag vielleicht seine bescheidene Sicht der Dinge sein, Tatsache ist aber auch, dass es der 79-Jährige als Bildhauer zu echter Meisterschaft gebracht hat. Wer es nicht glaubt, sollte sich seinen Skulpturengarten am Oberen Markt in Thurnau ansehen. In einer kleinen Freilichtausstellung ist dort ganzjährig ein Ausschnitt seines Schaffens zu sehen. Michael Sauer war es auch, der entscheidenden Anteil am Zustandekommen des Europa-Symposiums Thurnau hatte, das vor wenigen Wochen zum mittlerweile 14. Mal bildende Künstler aus Tschechien und Deutschland zu einer Woche gemeinsames Arbeiten zusammengeführt hat.

Dabei ist Michael Sauer eigentlich gar kein Thurnauer. Der Zufall habe ihn hierhergebracht. Geboren in Wien, aufgewachsen im Allgäu, als Optiker und Hör-Akustiker in München, Westfalen und Hamburg tätig, verschlug es ihn irgendwann nach Berlin. Hier sei er beruflich sehr erfolgreich gewesen, habe mehrere Filialen betrieben, nach dem Fall der Mauer auch im Ostteil der Stadt. Irgendwann packten ihn und seine Ehefrau aber dann doch wieder die Sehnsucht nach dem Süden Deutschlands. Sie machten sich auf die Suche nach einer Bleibe und landeten, wie der Zufall es will, in Thurnau. 1983 habe man das damals total heruntergekommene Häuschen am Oberen Markt als Zweitwohnsitz erworben und hergerichtet. Lange fehlte es an der zeit, so dass das Ehepaar zumindest Weihnachten und Ostern im Kulmbacher Land verbrachte.

Mittlerweile kommt Michael Sauer aber wieder öfter nach Thurnau. Das hat zwei Gründe: Zum einen verkaufte er bereits 1995 alle seine Hörakustik-Filialen und setzte sich 1998 nach drei weiteren Jahren beratender Tätigkeit zur Ruhe. Zweiter Grund ist das Europa Symposium, zu dessen Gründungsmitgliedern er zählt. Stets ist er auch aktiv dabei und so konnten ihn Zaungäste vor wenigen Tagen mit Hammer und Meisel wieder an einem großen Sandsteinblock erleben.

Nun, so ganz Autodidakt ist Michael Sauer dann doch nicht. Schon als Kind habe er gerne figürlich gearbeitet und zum Beispiel Krippenfiguren geschnitzt. In Oberfranken angekommen belegte er dann aus reinem Interesse einen Kurs auf der Giechburg bei dem Bildhauer Albrecht Volk aus Hallstadt.

Mindestens eine großformatige Figur habe er seitdem jedes Jahr geschaffen, meist aber deutlich mehr. Michael Sauer arbeitet ausschließlich mit den für die hiesige Region so typischem Sandstein und stets gegenständlich. Abstraktes ist nicht so sein Ding. Manchmal arbeitet er nach einer fotografischen Vorlage, manchmal entscheidet er aber auch ganz spontan, wenn der „Rohling“ vor ihm liegt, was daraus werden soll. Einige seiner Skulpturen stehen in Berlin bei Freunden und Bekannten im Garten. Doch eigentlich will er gar nicht verkaufen, „aus Prinzip“, wie er sagt.

Der Bildhauer Albrecht Volk sei auch so eine Art „Schlüsselperson“ für das Symposium in Thurnau gewesen. Michael Sauer gehörte schon zu den Gründungsmitgliedern. In seinem Anwesen am Oberen Markt war man das erste Mal zusammengekommen. Ohne Michael Sauer auch kein Symposium, denn er ist es, der für die Bildhauer sein Gelände zur Verfügung stellt. Trotzdem sei er stets etwas im Hintergrund geblieben. So ganz stimmt das freilich nicht, denn heuer war er besonders fleißig und hat als aktiver Teilnehmer gleich mehrere Skulpturen geschaffen.

Was der kulturbeflissene Michael Sauer an Berlin so schätzt, das ist die Möglichkeit, jeden Abend ins Konzert, in die Oper oder ins Theater zu gehen. Das sei schon damals der Grund gewesen, warum er sich für Berlin entschieden habe. Seitdem er als Kind Albert Lortzings Oper „Der Waffenschmied“ in Wiesbaden gesehen habe, sei er von Musik und Theater geradezu infiziert. Beinahe unzählige Male habe er in der Philharmonie in Berlin Konzerte mit Herbert von Karajan besucht, die Deutsche Oper und die Lindenoper seien ihm besonders ans Herz gewachsen.

Bilder: Michael Sauer hat auch heuer wieder aktiv am Europa-Symposium in Thurnau teilgenommen und einige Werke beigesteuert.

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04.09.2023

Blasmusik, Bierfest und Beerdigung / Der Mediziner Rainer Gill widmet sich im Unruhestand der Musik und der Geschichte

Neuenmarkt. Er spielt Akkordeon und Klarinette, musiziert mit der Dorfmusik Rugendorf auf der Kulmbacher Bierwoche, gestaltet Trauerfeiern zusammen mit dem Posaunenchor Neuenmarkt musikalisch aus, führt durch das Ködnitzer Dorfschulmuseum und hat aus reiner Liebhaberei heraus schon mehrere Bücher zu geschichtlichen Themen verfasst: Rainer Gill aus Neuenmarkt ist ein echter Tausendsassa. Im Hauptberuf war der heute 75-Jährige Mediziner, mit eigener internistischer Praxis in Hof. Jetzt im Ruhestand widmet er sich all seinen vielfältigen kulturelle Interessen.

Im Schulhaus von Lipperts, heute ein Ortsteil der Gemeinde Leupoldsgrün im Landkreis Hof, hat Rainer Gill im April 1948 das Licht der Welt erblickt. 1964 zog die Familie nach Hof, wo er das Gymnasium besuchte und sich anschließend zu einem Medizinstudium entschloss. „Bei Medizinstudenten war die Bundeswehrzeit verkürzt“, erinnert er sich. Nach dem Studium war Rainer Gill zunächst am Krankenhaus in Hof tätig, dann wirkte er als Oberarzt am Krankenhaus in Selb, bis er schließlich in Hof eine eigene internistische Praxis mit Schwerpunkt Gefäßmedizin eröffnete. Bis 2012 führte er die Praxis und war dabei unter anderem auch für die Ausbildung der Arzthelferinnen an der Berufsschule tätig.

2012 übersiedelte Rainer Gill dann aus privaten Gründen nach Neuenmarkt und aus seinem Ruhestand wurde ein echter Unruhestand. Akkordeon hatte er ja schon immer gespielt, unter anderem in einem eigenen Spielkreis unter der Leitung von Erwin Lipsky. Jetzt spielt er allerdings nur noch für sich, denn im Alter von 65 Jahren trat die Klarinette in sein Leben. Er nahm Unterricht und musste zugeben: „Das ist ja schwieriger als gedacht“. Trotzdem brachte er es schnell zur Meisterschaft, trat mit dem Vororchester der Kulmbacher Musikschule auf, wurde Mitglied der Dorfmusik Rugendorf und des Posaunenchors Neuenmarkt. Sogar die entsprechenden Prüfungen beim Nordbayerischen Musikbund legte er erfolgreiche ab,

Letzteres ist schon etwas Besonderes, denn in Posaunenchören wird normalerweise nur mit Blechbläsern musiziert, also mit Hörnern, Trompeten und Posaunen. Klarinetten sind da eher verpönt, aber in Neuenmarkt und auch in Rugendorf haben die Posaunenchöre ein Herz für Klarinettisten. Eine Stunde übe er täglich, sagt Rainer Gill. Aber nur Klarinette, das Akkordeon kommt schon auch regelmäßig zum Einsatz. Mit der Dorfmusik Rugendorfer war er heuer sogar beim Bierfestwochenmontag im Kulmbacher Bierstadel aufgetreten. „Ich hab so 60 Stücke drauf“, sagt er ganz bescheiden und räumt ein, dass sein Herz an der böhmischen Blasmusik hängt.

Beim Wirtshaussingen, das er mit Musikerkollegen immer wieder mal mitmachte, fing Rainer Gill eines Tages an, Geschichten in Hofer Mundart vorzutragen. Geschichten, beispielsweise vom „Gerch“, dem Hofer Spaziergänger alias Gert Böhm. „Das ist sehr gut angekommen“, sagt er. So gut, dass er sich selbst witzige Geschichten einfallen ließ und sie veröffentlichte. „Manchmoll is ganz gut, wenn m aka Händi dabei hot“, heißt eine seiner Kurzgeschichten.

Nun könnte man glauben, der Mann ist beschäftigt. Doch weit gefehlt. Irgendwann begann er, rein hobbymäßig, mit dem Schreiben. Sein erstes Buch war noch ein medizinisches Fachbuch, doch schon bald widmete er sich seiner eigentlichen Passion: der Geschichte. Der Dorfschule zu Lipperts, die von 1807 bis 1970 existierte, hatte er sein erstes Buch gewidmet. „Das war ja schließlich mein Geburtshaus“, sagt er. Dann tauchte er tief in die Industriegeschichte seines Heimatortes ein und veröffentlichte ein Kompendium über „Die Geschichte der oberfränkischen Genossenschaftsweberei Lipperts“. 101 Jahre hatte die Weberei existiert, dann war es mit der Textilindustrie in Oberfranken bekanntlich vorbei.

Weitere Bücher, alle im print-on-demand-Verfahren herausgegeben, zu den unterschiedlichsten Themen sollten folgen. Über den „Leipoldsnickl von Stengwaldhaus“ beispielsweise, eine Chronik über die eigene Familie, die bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht, und zuletzt eine fast 600 Seiten starke Chronik seines Heimatortes Lipperts.

Damit ist die Neugierde von Rainer Gill allerdings noch nicht gestillt. Seit einem Jahr arbeitet er an einer Chronik der Neuenmarkter Kirche, die 2026 ihr 100-jähriges Bestehen feiern kann. Einen Führer durch das Ködnitzer Dorfschulmuseum hat er bereits zusammen mit Günter Wild veröffentlicht. Regelmäßig veranstaltet er dort Führungen und er ist auch 2. Vorsitzender des Trägervereins. „Ich bin da zwar nicht vom Fach, aber zumindest so halb dann doch, ich bin ja schließlich der Sohn eines Lehrers“, meint Rainer Gill. Und nicht zu vergessen, in einem solchen Schulhaus hatte er selbst vor 75 Jahren das Licht der Welt erblickt.

Bild: Viel zu selten findet Rainer Gill Zeit, um in seinem wunderschönen Garten in Neuenmarkt zu entspannen.

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31.08.2023

„Kultur ist lebensrelevant“ / Ingo Dannhorn: Weltweit gefragter Pianist und Veranstalter des Wilhelm-Kempff-Festivals in Thurnau

Kulmbach. Auftritte in den berühmtesten Musikzentren und Konzertsälen der Welt, die Zusammenarbeit mit den größten Musikern der Zeit, Preisträger bei allen möglichen Wettbewerben, dazu bedeutende Lehrtätigkeiten und international beachtete Initiativen: der Pianist Ingo Dannhorn gehört zu den großen deutschen Interpreten der Gegenwart. Wenn er auch seit September 2021 eine Professur für Klavier an der Staatlichen Musikhochschule Trossingen inne hat, so ist er dennoch zumindest zu einem Teil in Kulmbach zuhause.

Ob es eine Wiederauflage des von ihm im Jahr 2017 gegründeten Wilhelm-Kempff-Klavier-Festivals in Thurnau geben wird, steht in den Sternen. Corona hatte damals vieles zunichte gemacht. In Thurnau wird die Initiative des Pianisten jedenfalls schmerzlich vermisst. Ingo Dannhorn wollte mit dem kleinen aber feinen Festival unter anderem an die legendären Hauskonzerte des weltberühmten Pianisten Wilhelm Kempff (1895 – 1991) erinnern, der in den Nachkriegsjahren zusammen mit rund 100 weiteren Flüchtlingen im Schloss von Thurnau untergekommen war und dort für die Menschen musiziert hatte.

2021 hat Ingo Dannhorn eine ordentliche Professur für das Hauptfach Klavier an der Staatlichen Musikhochschule Trossingen angetreten. Das bedeute aber nicht, dass er Kulmbach den Rücken kehren wird. Im Gegenteil: „Selbstverständlich bleibe ich Kulmbach auch weiterhin treu“, sagt er, auch wenn er immer ein halbes Jahr lang im rund 400 Kilometer entfernten Trossingen unterrichtet. Inhaltliche Schwerpunkte sieht Ingo Dannhorn darin, seinen Studenten sowohl die pianistische Exzellenzausbildung zum Konzertpianisten zu vermitteln, als auch, sie auf eine Berufswirklichkeit als Lehrer, Korrepetitor oder Liedbegleiter vorzubereiten.

Seit Oktober ist Ingo Dannhorn außerdem Direktor des International Office der Staatlichen Hochschule für Musik in Trossingen und sei März 2023 Prorektor (Vizepräsident) für Internationales und Frühförderung. Damit ist er nach nur drei Semestern in die Hochschulleitung berufen worden. Er sieht sich damit als eine Art „Außenminister“ der Hochschule. „Ich bin praktisch weltweit unterwegs, um die Hochschule international auf Spitzenniveau zu vernetzen.“ Die nächsten großen Dienstreisen gehen von Leuven in Belgien direkt nach Seoul und danach nach Tokio, Sydney und Melbourne.

„Ich habe schon immer gern unterrichtet“, sagt Ingo Dannhorn, der zeitweise auch eine Gastprofessur im südkoreanischen Seoul hatte. Die Arbeit mit Studenten aus aller Herren Länder empfindet er als „unglaublich bereichernd“. „Musik beginnt da, wo Worte aufhören, Musik geht direkt ins Herz“, so seine Philosophie.

Ziel seiner Arbeit soll es sein, den Studenten das Rüstzeug mitzugeben, damit sie künftige Herausforderungen selbst bewältigen können. „Am Ende müsse sich der Lehrer selbst überflüssig machen“, sagt er. Dabei will er die jungen Leute vor allem motivieren und für die Musik begeistern.

„Kultur ist nicht systemrelevant, Kultur ist lebensrelevant.“ Davon ist Ingo Dannhorn fest überzeugt. Gerade in Corona-Zeiten wollte er dieses „Urbedürfnis des Menschen“ auch zu den Menschen bringen. Er hatte deshalb ein Format entwickelt, in dem er für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen leichtere Klassik einspielte, das Ganze unterhaltsam moderierte und auf DVD oder ähnlichen Medien in die Einrichtungen brachte. Weil das Ganze rein ehrenamtlich geschah, wurde Ingo Dannhorn dafür mit einem Stipendium der Initiative „Neustart Kultur“ ausgezeichnet. Initiator war die Bundesregierung, Organisation und Durchführung lagen in den Händen des Deutschen Musikrates.

Ingo Dannhorn wurde 1974 in München geboren. Seinen ersten Klavierunterricht erhielt er im Alter von fünf Jahren. Nach seinem Studium unter anderem in Salzburg, München und Wien schloss er 2001 mit dem Meisterklassendiplom ab. Der Pianist konzertierte unter anderem im Wiener Musikvereinssaal, im Seoul Arts Center oder in der Eremitage in St. Petersburg. Ingo Dannhorn arbeitete mit dem Dirigenten Kurt Eichhorn zusammen, Dennis Russel Davies leitete sein Debüt in Wien, Kurt Masur verneigte sich vor seiner musikalischen Laudatio. Zahlreiche Liederabende und Kammermusikkonzerte unter anderem mit Francisco Araiza, Kieth Engen, Jose Cura, Christian Altenburger und Maxim Vengerov erweitern seine musikalische Vita. Er ist außerdem Preisträger unter anderem des renommierten Beethoven-Wettbewerbs in Wien, des Sydney International Piano Competition sowie der internationalen Klavierwettbewerbe in Salzburg und Wien.

Bild: Professor für Klavier an der Staatlichen Musikhochschule Trossingen und international gefragter Pianist: Ingo Dannhorn hat noch immer einen Bezug zu Kulmbach.

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21.08.2023

Krippenspiel und klassische Gitarre / Von Kiel nach Kasendorf: Katharina Hargens bereichert das Kulturleben mit Musik und Theater

Kasendorf. Musik und Theater, das sind ihre Leidenschaften: Katharina Hargens aus Kasendorf hat beides zum Beruf gemacht. Hauptamtlich ist sie als Musikschullehrerin tätig und unterrichtet unter anderem an der privaten School of Music in Kulmbach Gitarre, E-Gitarre und Ukulele. Daneben leitet sie die Theatergruppe des CVJM Kasendorf und hat mit so manchem von ihr selbst geschriebenen und inszenierten Stück mit biblischem Background für Furore gesorgt.

Hoch im Norden, in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel ist sie geboren. Weil es die Eltern schon früh ins Fränkische verschlagen hatte, ist Katharina Hargens in Kasendorf aufgewachsen und in Kulmbach am Caspar-Vischer-Gymnasium zur Schule gegangen.

Musik spielte schon immer eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Katharinas erstes Instrument war das Horn. Klavier und Geige sollten vorübergehend folgen, doch an der Gitarre blieb sie hängen. Trotzdem folgte erst einmal das Studium an der Universität Bayreuth, Hauptfach Theaterwissenschaften, Nebenfächer Musikwissenschaft und Germanistik. „Ich habe mich ganz bewusst für Bayreuth entschieden, denn ich bin in der Region sehr verhaftet“, sagt sie. Dafür sprechen unter anderem die frühe Mitwirkung im Musikverein Kasendorf und ihre damalige Tätigkeit als studentische Hilfskraft an Forschungsinstitut für Musiktheater in Thurnau.

Nachdem Katharina Hargens schon während des Studiums immer wieder privaten Gitarrenunterricht erteilt hatte, lag es nahe, die Musik zum Hauptberuf zu machen. Heute unterrichtet sie nicht nur an der privaten School of Music, die gerade in der Pestalozzistraße 7 in Kulmbach eine neue Heimat gefunden hat, sondern auch am Musikinstitut Stadtsteinach in der dortigen alten Schule und am „Musicus Redwitz“, in der Schule von Redwitz an der Rodach.

Um die 50 Schüler hat sie, von jung bis alt, wobei zunehmend auch Erwachsene die Gitarre als Instrument (wieder)entdecken. Eine Konkurrenz zur Städtischen Musikschule in Kulmbach sieht Katharina Hargens übrigens nicht. „Wir verstehen uns eher als Ergänzung“ sagt sie. Die School of Music mit ihren aktuell sieben Lehrern sei mehr auf das Moderne hin ausgerichtet und stelle Band-Instrumente in den Vordergrund. Das entspricht ganz ihrem privaten Musikgeschmack mit Folk, Jazz-Standards und natürlich den Beatles. Auch in verschiedenen Formationen ist Katharina Hargens anzutreffen: Da gibt es ein Jazz-Duo und ein Hochzeits-Duo, letzteres zusammen mit der Sopranistin Marion Schmid aus Kasendorf.

Die Musik ist aber nur der eine Teil im kulturellen Schaffen von Katharina Hargens. Der andere ist das Theater. Seit jeher kirchlich engagiert wurde 2018 auf ihre Initiative hin unter dem Dach des CVJM eine Theatergruppe gegründet, die sie seitdem mit großem Erfolg leitet. „Wir wollten einfach mal ein aufwändigeres Krippenspiel machen“, beschreibt sie die Anfänge. Mit ihrem Studium der Theaterwissenschaften sei sie nun mal die erste Ansprechpartnerin gewesen. Daraus ist mittlerweile so einiges an Projekten und Initiativen entstanden. Es gibt Theatergottesdienste, mehrere Open-Air-Aufführungen auf dem Festplatz und beim Rathaus. 50 bis 60 Mitwirkende, nicht nur Jugendliche, auch Erwachsene konnte sie zum Mitmachen animieren. Die Stücke heißen „Der gläubige Hauptmann“, „Hiob“ oder „Maria von Magdala“. Katharina Hargens spricht von ganz verschiedenen Stücken, mit biblischem Hintergrund und aktuellen Bezügen. Allen Stücken gemeinsam ist, dass sie von Katharina Hargens im Wesentlichen selbst verfasst wurden.

„Ich möchte keinen Druck erzeugen und den Leuten die Angst nehmen, jeder soll mitmachen können“, beschreibt sie ihre Philosophie. Was ihre Theatergruppe von anderen Laienspielgruppen im Landkreis abhebt, ist der christliche Hintergrund. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt sie. Neben der Kasendorfer Johanneskirche gastierte die Theatergruppe unter anderem auch schon in Bayreuth und an verschiedenen Orten im Kulmbacher Land.. Eine größere Freilichtaufführung ist erst wieder für 2026 geplant. Ganz fixiert ist sie allerdings nicht auf den kirchlichen Hintergrund. Da darf es schon ach mal Loriot sei.

Auch mit derartigen Aufführungen könnte sich Katharina Hargens vorstellen, das kulturelle Leben von Kasendorf weiter zu bereichern. „Ich würde gerne den Festplatz mehr für kulturelle Veranstaltungen nutzen“, sagte sie.

Bild: Katharina Hargens in ihrem neuen Unterrichtsraum der School of Music in Kulmbach.

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14.08.2023

Pinsel und Farbe statt Geige und Bogen / Ingrid Meyerhöfer malt Menschen, Landschaften und Abstraktes

Kulmbach / Baldham. „Figuren in ihrer natürlichen Bewegung einzufangen, gehört für mich zum Faszinierendsten in der Kunst.“ Das sagt die Malerin Ingrid Meyerhöfer. Seit Jahrzehnten lebt sie in Baldham in der Gemeinde Vaterstetten am Münchner Stadtrand. Geboren und aufgewachsen ist sie aber in Kulmbach. Hier hat sie ihre Werke schon in vielen Ausstellungen gezeigt, hier gibt sie regelmäßig Workshops. Aktuell sind Bilder von ihr in der Jahresausstellung des Bundes Fränkischer Künstler auf der Plassenburg zu sehen, vor wenigen Wochen hat sie im Rahmen der Sommerkunstwochen einen zweitägigen Workshop für Aquarell-Malerei im Burggut veranstaltet.

Ingrid Meyerhöfer malt mit Leidenschaft, und das schon fast ein ganzes Leben lang. Schon in der Schule, im damaligen Mädchen-Realgymnasium in Kulmbach schwankte sie zwischen Musik und Malerei hin- und her. Pinsel und Farben setzten sich letztlich durch, Geige und Bogen verschwanden im Keller. Trotzdem lernte sie noch in Kulmbach in der damaligen Spinnerei den Beruf der Industriekauffrau, den sie auch drei Jahre lang ausübte.

Ihre eigentliche Passion aber war die Malerei. „Die Aquarellmalerei war meine Technik von Anfang an, sagt Ingrid Meyerhöfer. Den Einstieg fand sie über Kurse an der Volkshochschule. Schon bald sollte eine Ausbildung in Malen und Zeichnen bei Reinhard Baumann und Karl Hell, der Besuch von Kunstakademien und Studienreisen ins In- und Ausland folgen.

„Wir haben wie Besessene gemalt“, sagt Ingrid Meyerhöfer, die mit drei Künstlerkolleginnen halb Europa durchquerte. Die Liste reicht von Dubrovnik über Amsterdam und Brügge bis nach Südfrankreich, und immer wieder Italien, die Toskana und der Gardasee, Rom, Venedig. Nun darf man nicht glauben, dass Ingrid Meyerhöfer und ihre Begleiterinnen dort Urlaub gemacht hätten. „Wir haben um 9 Uhr am Morgen begonnen und bis in die Abendstunden durchgehend gearbeitet.“

30 Jahre lang ging das so, die Ergebnisse ihres Schaffens bildeten nicht selten den Grundstock für die eine oder andere Einzel- oder Gemeinschaftsausstellung, etwa im Haus der Kunst in München, in verschiedenen Galerien in Oberbayern und sogar im schweizerischen Bern. In Kulmbach hatte Ingrid Meyerhöfer ihre Werke mehrfach in der Sparkasse, einmal im damaligen Hotel am Stadtpark und sogar schon im Klinikum, in der Galerie des Kunstvereins und immer wieder bei der Sommerausstellung des Bundes Fränkischer Künstler auf der Plassenburg gezeigt.

Ein weiteres Standbein in der Auseinandersetzung mit der Malerei ist für Ingrid Meyerhöfer ihre Dozententätigkeit. Viele Jahre lang hat sie in Grafing und Vaterstetten an den dortigen Volkshochschulen unterrichtet. Auf die Kurse bei den Kulmbacher Sommerkunstwochen freue sie sich schon aus Verbundenheit zur alten Heimat ganz besonders. „Das hat sich bewährt“, sagt sie, zumal Interessenten mit dem unterschiedlichsten Kenntnisstand kommen. Nicht selten würden manche bei Null beginnen. Zuhause in Baldham unterrichtet sie mittlerweile nur noch privat und im kleinen Kreis.

Vita:

Geboren in: Kulmbach.
Lebensmittelpunkt: seit 1973 Baldham bei München.
Ausbildung in Malen und Zeichnen: bei Reinhard Baumann und Karl Hell
Erlernter Beruf: Industriekauffrau
Tätigkeit: langjährige Dozentin für Aquarellmalerei an der VHS Grafing und VHS Vaterstetten sowie bei den Kulmbacher Sommerkunstwochen.
Mitgliedschaften: langjähriges Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft im Haus der Kunst sowie beim Bund Fränkischer Künstler und beim Kunstverein Kulmbach.
Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen: Bad Wiessee, Bern, Aying, Vaterstetten, München, Lechbruck, Ebersberg, Taufkirchen, Kulmbach, Neumarkt/Opf.

Foto: Stippvisite in der alten Heimat: Ingrid Meyerhöfer am Fenster des Saales im Burggut, wo sie im Rahmen der Sommerkunstwochen auch ihren Workshop zur Aquarell-Malerei veranstaltet.

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07.08.2023

Freiheitsliebend und mündiger Bürger: Von der hohen Kunst des Lebens / Roland Friedrich aus Wernstein

Wernstein. Berufswunsch „Lebenskünstler“: Welche Eltern würden da nicht erst einmal stutzig werden? Einer, der diesen Berufswunsch schon lange vor dem Abitur geäußert hat, ist Roland Friedrich, der seit über drei Jahrzehnten in Wernstein ein Zuhause gefunden hat. Und er hat es durchgezogen mit dem „Lebenskünstler“. Er ist es bis heute geblieben und kann, obwohl erst 63 Jahre jung, auf ein ungewöhnlich reiches Leben zurückblicken.

Nun ist Roland Friedrich aber kein Lebenskünstler, wie man ihn sich vielleicht vorstellt, mit Blume im Mund im Kornfeld sitzend die Wolken betrachtend. „Roldan“, so sein Künstlername, hat Philosophie und Bildende Kunst studiert, hat das Handwerk des Schreiners gelernt, war viele Jahre lang als Kunst- und Werklehrer tätig. Er ist Bildhauer, Fotograf, Kunstpädagoge, hat Bücher veröffentlicht, er besitzt ein Diplom im Kulturmanagement, war jahrzehntelang Gründungsvorstand eines privaten Musikinstituts und hat seine Holz-, Stein- und Bronzeskulpturen im In- und Ausland ausgestellt.

Aus großbürgerlichen Verhältnissen stammend wurde er 1960 in Frankfurt am Main geboren. Sein Vater Erich war im Verlagswesen tätig, ohne ihn hätte es keine „Frankfurter Rundschau“ gegeben, der Vater sei es auch gewesen, der die „Financial Times“ nach Deutschland geholt hatte-. Katholische Kirche, Fußball mit der Eintracht im Waldstadion und wilden 1960er Jahre bestimmten die Jugend von Roland Friedrich. Auch die Teilnahme an Demonstrationen und Hausbesetzungen hätten dazugehört. Anarchistische Bestrebungen, Schwarzer Block, brutale Straßenschlachten, das alles hatte er aktiv miterlebt.

Doch auch die Kunst hatte ihn schon früh in ihren Bann gezogen. Auf der Documenta erlebte er Joseph Beuys und über Erich Fromm, dem „Papst der Soziologie“ lernte er, dass Lebenskunst ein sehr hohes Gut sei und so wollte er „Lebenskünstler“ werden, im geistigen Sinne, freiheitsliebend und als mündiger Bürger.

Das wurde er auch, wenn auch über Umwege. Zunächst leistete er seinen Zivildienst ab, in einer psychiatrischen Einrichtung in Heidelberg. Dort kam er mit Hermann Hesses „Siddhartha“ in Berührung und mit der Kampfkunst des Tai Chi. Durchdrungen vom Wort und der Philosophie und auf der Suche nach Spiritualität begeisterte sich Roland Friedrich für den amerikanischen Tao-Lehrer Gia-Fu Feng und reiste prompt zu ihm in die Berge von Colorado, wo er fast ein Jahr lang Teil der daoistischen Gemeinschaft wurde. „Das war eine sehr prägende Zeit“, erinnert sich Roland Friedrich. „Eine Zeit, in der ich sehr stark zu mir selbst kommen durfte.“

Irgendwann sei seine „Ich-Werdung“ vollendet gewesen und Roland Friedrich ging zurück in seine Heimat. Er lernte den Beruf des Schreiners, übte ihn aber aus gesundheitlichen Gründen dann doch nicht aus. An der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt studierte er Philosophie, an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft im nordrhein-westfälischen Alfter Bildhauerei. Es folgte ein Praktikum an einer Waldorf-Schule bei Hannover als Lehrer für Werken und Kunst. Irgendwann habe er dann die Berufung gespürt, „in ein kleines Dorf in der Mitte Europas“ zu gehen.

Dieses Dorf war - es ist nicht schwer zu erraten – Wernstein im Kulmbacher Land. Bis 2005 war er dort als Waldorf-Lehrer tätig, ehe er sich als freischaffender Künstler selbständig machte. Sein Kunstbegriff unterscheidet sich von dem vieler anderer bildender Künstler dadurch, dass Roland Friedrich als Person am liebsten gar nicht in Erscheinung treten möchte. „Ich wollte nie bekannt werden“, sagt er. Viel lieber würde er unscheinbar bleiben. Das ist ihm aber dann doch nicht ganz gelungen, denn sein Buch „ERich“ mit seinen Fotografien und Texten, den Gedichten seines Vaters und vielen persönlichen Anmerkungen sorgte schon bald für Furore.

In seinem Atelier hoch über Wernstein wirkt er heute absolut ausgeglichen und blickt zufrieden in die weite Landschaft. Zuletzt war er im vergangenen Jahr mit seiner Ausstellung „Das Antlitz des Selbst“ im Himmelkroner Stiftskirchenmuseum und einem gleichnamigen Gedichtband an die Öffentlichkeit getreten. Bei den Kulmbacher Sommerkunstwochen bietet er Kurse im Holzschnitzen für Kinder und Jugendliche an. Nicht zuletzt ist er in der Region auch durch seine Publikation „Schau dich um“ bekannt geworden, in der er seit zehn Jahren „Inweltperspektiven und Lebensbilder“ rund um den „KulturLebensRaum“ am Patersberg veröffentlicht. 2020 ist sein Gedichtband „Das Antlitz des Selbst“ mit tiefsinnigen Gedichten und Texten über die Ehrfurcht vor dem Geist des Lebens erschienen.

Vita:

Beruf und Berufung: Kunstpädagoge, Kunstfotograf, Bildender Künstler.
Studium: Philosophie und Bildende Kunst
Langjährige Tätigkeit: Kunst- und Werklehrer im Kulmbacher Land.
Sonstiges: Diplom in Kulturmanagement, über zwei Jahrzehnte Gründungsvorstand eines privaten Musikinstituts. Organisation der „Wernsteiner Solistenkonzerte“ und der „Europakonzerte“.
Einzelausstellungen im In- und Ausland, unter anderem in Kulmbach, Bayreuth, Kronach, Lichtenfels, Bamberg, Frankfurt am Main, Breslau und Prag.
Gemeinschaftsausstellungen mit dem Kunstverein Kulmbach, dem Bund Fränkischer Künstler, focus europa, mit der Graphiker–Loge und mit verschiedenen Künstlervereinigungen.

Foto: Roland Friedrich in seinem Atelier in Wernstein.

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02.08.2023

Mit Hilfe der Musik zurück ins Leben / Trompeter, Sänger und Signalhornbläser: Günther Eichhorn ließ sich auch von einem schweren Schicksalsschlag nicht vom Musizieren abbringen

Rothwind. 50 Jahre Posaunenchor und 40 Jahre Gesangverein. Günther Eichhorn aus Rothwind konnte schon so manches Jubiläum feiern. Im Dezember 2017 setzte das Schicksal all dem ein vorläufiges Ende, auch der über 30 Jahre langen, weit und breit einmaligen Tradition des Osterrufes mit dem Signalhorn. Der heute 62-Jährige hatte damals völlig überraschend einen Schlaganfall erlitten. Ein Schicksal, mit dem er ganz offen umgeht, von dem er sich aber auch nicht unterkriegen lässt. Vor allem mit den Mitteln der Musik kämpfte er sich wieder ins Leben zurück. Noch immer bläst er die Trompete, wenngleich er dank spezieller Perinet-Ventile mit der linken statt wie üblich mit der rechten Hand spielt. Auch im Gesangverein Rothwind/Fassoldshof ist er wieder an Bord, auch wenn er sich aufgrund einer Stimmbandlähmung schon ein wenig zurücknehmen muss.

Günther Eichhorn ist aber auch eine Art Naturtalent. Im Sommer 1972, mit gerade einmal zwölf Jahren, begann er Trompete zu spielen. Schon am Heiligen-Abend-Gottesdienst des gleichen Jahres trat er mit dem Posaunenchor in der Schwarzacher Kirche auf. Einen richtigen Lehrer hatte er nie, Vorbild war stets sein Vater. „Ich bin da einfach so reingewachsen“, sagt er. Schließlich war der inzwischen verstorbene Vater 45 Jahre lang Chorleiter und spielte insgesamt 65 Jahre lang bis zum Jahr 2004 die Trompete im Posaunenchor. Bis 2004 dann Günther Eichhorn die Leitung vom Vater übernahm.

Beinahe unzählige Jubiläen hat der Posaunenchor gespielt, an vielen Gottesdiensten mitgewirkt, Pfarrer eingeführt und verabschiedet, Geburtstage von Chormitgliedern musikalisch umrahmt. Ende 2017 war dann abrupt Schluss damit. Nach seinem Schlaganfall war Günther Eichhorn fasst 20 Monate lang auf verschiedenen Rehabilitationsmaßnahmen. Was für ein glücklicher Zufall, dass der Leiter der Arbeitstherapie in Augsburg, wo sich Günther Eichhorn zeitweise aufhalten musste, selbst in einem dortigen Posaunenchor und Musikverein aktiv war. Sofort wurde die Trompete aus Rothwind herbeigeschafft und schon bald musizierte man zusammen bei Sommerfesten und Weihnachtsfeiern in Augsburg.

1976 war Günther Eichhorn dann dem örtlichen Gesangverein Rothwind/Fassoldshof beigetreten. Über 40 Jahre lang, bis zu seinem Schlaganfall gab er auch dort den Ton an. Jetzt ist er wieder zu den Aktiven zurückgekehrt, wenngleich er sich aufgrund einer Stimmbandlähmung zurückhält. 32 Jahre lang war er Schriftführer, sechs Jahre lang 1. Vorsitzender und noch immer bestimmt er die Geschicke des Vereins als Beirat mit. Das Besondere des Zusammenschlusses ist die breite Altersspanne: „Unser jüngstes Mitglied ist 30 Jahre jung, unser ältester ist 90“. Nach der Corona-bedingten Pause gab es im März wieder einen langersehnten Sängerabend zusammen mit dem befreundeten Gesangverein Ludwigschorgast.

Günther Eichhorn steht aber auch für noch eine Besonderheit mit musikalischen Wurzeln: Immer am Ostermontag trifft sich die örtliche Feuerwehrt zu ihrer großen Übung., Sie beginnt mit einem, sozusagen live gespieltem Signalruf, für den seit über 30 Jahren Günther Eichhorn von verschiedenen Plätzen in und um Rothwind bläst. Das Horn, das er dazu benutzt, hat keine Ventile, so können, wie beim Jagdhorn auch, ausschließlich Signaltöne geblasen werden. Früher sei damit der Feueralarm geblasen worden, erklärt er. Heute ist es eine liebgewonnene Tradition, die weit und breit als einmalig gilt. Freilich war Günther Eichhorn auch selbst lange Jahre in der Feuerwehr aktiv, als Gruppenführer, als 2. Vorstand und noch immer als Mitglied.

Die kulturellen Aktivitäten sind nur ein Teil seines engagierten Lebens. 24 Jahre lang war Günther Eichhorn im Kirchenvorstand aktiv, er war Schriftführer im Kirchenvorstand, Leselektor und kümmerte sich sogar um den Friedhof. Er war Beisitzer in der örtlichen Jagdgenossenschaft, Vorstand in der Teilnehmergemeinschaft bei der Flurbereinigung Rothwind/Eichberg. Es gäbe schon noch mehr Ehrenämter aufzuzählen, so dass man gar nicht glauben mag, dass Günther Eichhorn bis zu seinem Schlaganfall auch einem richtigen Beruf nachging: Er war über 40 Jahre lang als Großhandelskaufmann bei der BayWa, Sparte Baustoffe beschäftigt, anfangs in Burgkunstadt, dann in Kulmbach, viele Jahre lang in Kronach und zuletzt in Bamberg und Coburg.

Foto: Auch im heimischen Wohnzimmer spielt Günther Eichhorn die Trompete.

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24.07.2023

Musiker durch und durch / Der neue Leiter des sinfonischen Blasorchesters Kasendorf Dominik Biedermann will auf keinen Fall ein One-Hit-Wonder sein

Hegnabrunn/Kasendorf. Wenn der Begriff Tausendsassa auf einen Künstler zutrifft, dann auf Dominik Biedermann. Der 33-Jährige spielt Posaune, Tenorhorn, Trompete, Tuba, Waldhorn, eben alles, was Blech ist, und ein Mundstück hat. Er leitete schon mehrere Musikvereine in verschiedenen Bundesländern, unterrichtete zahlreiche Schüler, spielt in verschiedenen Formationen und hat sogar schon zwei Theaterstücke geschrieben. Seit Oktober steht er an der Spitze des Sinfonischen Blasorchesters Kasendorf und sorgte mit einem fulminanten Mai-Musica-Konzert in Kulmbach vor wenigen Wochen für großes Aufsehen.

Doch das ist lange noch nicht alles. Dominik Biedermann hat auch das, was man einen „Brotberuf“ nennen könnte. Er ist gelernter Elektriker, ist als Teamleiter bei Diakoneo in Himmelkron für die Haustechnik verantwortlich und arbeitete in ähnlicher Funktion auch schon im Einkaufszentrum Fritz und bei Töpfer in Kulmbach.

Dominik Biedermann ist gebürtiger Kulmbacher und wuchs in Ludwigschorgast auf. „Irgendwann hat mich die Blasmusik auf der Kerwa in Ludwigschorgast so fasziniert, dass ich kurzerhand beschloss, ein Instrument zu lernen“, erinnert er sich. Da war er gerade mal acht Jahre alt. Für die Posaune seien die Arme zu kurz gewesen, da habe ihm Hermann Weiss, damals Schorgasttaler Blasmusik geraten, es doch einmal mit dem Tenorhorn zu versuchen. „Ich habe damals gar nicht gewusst, was ein Tenorhorn ist“, bekennt er heute freimütig.

Schnell sollte sich herausstellen, dass Dominik Biedermann das ist, was man als Naturtalent bezeichnen muss. Er spielte im Vororchester der Musikschule, war bei kirchlichen Anlässen mit dem Posaunenchor gefragt, gehörte schon bald dem Musikverein Ludwigschorgast und später dem Musikverein Marktleugast an. Schon damals verfasst er eigene Arrangements und wagte sich an Eigenkompositionen. „Ich habe beispielsweise das Weihnachtslied Jingle Bells für Blasensemble arrangiert, das kam bei einem Weihnachtskonzert in Marienweiher extrem gut an“, sagte er und freut sich noch heute, zumal er das Notenmaterial mit der Demoversion eine ganz simplen PC-Programms erstellt hatte.

Die Ausbildung zum Elektriker hatte er schon hinter sich und war als Haustechniker überaus gefragt. „Trotzdem war ich mit meinem Leben unzufrieden“, erinnert er sich. Dann wurde es ernst mit der Musik. Die Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen schloss er mit dem „staatlich geprüften Ensembleleiter“, an der Wiesbadener Musikakademie setzte er einen „Bachelor Tuba Classic“ drauf.

Stolz ist Dominik Biedermann heute darauf, dass er sein komplettes Studium selbst finanziert hat. Schon in seiner Zeit in Bad Königshofen leitete er die Blasorchester von Eyershausen, Pfarrweisach und Saal a der Saale. In Wiesbaden jobbte er im dortigen Kulturforum im Bereich Bühnenaufbau und auch im Raum Aschaffenburg, wohin er später aus privaten Gründen seinen Wohnsitz verlegte, übernahm er beispielsweise die Leitung des Großen Sinfonischen Blasorchesters Sailauf und machte sich als Musiklehrer „für tiefes Blech, von der Tuba bis zur Posaune“ einen Namen. Er selbst spielte in verschiedenen Ensembles bis hin zu Sinfonieorchestern bei den verschiedensten Events, etwa in der Frankfurter Paulskirche.

Bis Corona kam, dann war erst einmal alles zu Ende. „Ein bisschen habe ich noch über Skype unterrichtet, aber schließlich brach ich meine Zelte in Aschaffenburg ab und kehrte in die Heimat zurück.“ Daraufhin sollten mehrere Zufälle den weiteren Werdegang von Dominik Biedermann bestimmen. Zufällig ergab sich die Anstellung in Himmelkron, zufällig wurde die Stelle des Dirigenten in Kasendorf gerade frei, zufällig ergab sich die Gründung neuer Formationen, in denen er künftig auch in der Region immer wieder zu hören sein wird, etwa auf dem Altstadtfest in Kulmbach oder beim Straßenfest in Marktleugast. Da gibt es volkstümliches mit der Gruppe „Frankenbanda“, Country-Klänge mit „Rocking Seats“ und Stimmungsmusik mit den „Wiesenwichtels“.

Dominik Biedermann ist eben für jede Musikrichtung zu haben. Da wundert es schon gar nicht mehr, dass er Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach und Claude Debussy als seine Lieblingskomponisten nennt. „Ich bin eben Musiker durch und durch“, sagt er und, dass er seinen eigenen Stil hat, wurde schon beim Mai-Musica-Konzert in Kulmbach deutlich. Da stand Filmmusik auf dem Programm. „Dirigieren heißt, Verantwortung abzugeben“, sagt er. Man müsse auch mal die Leinen loslassen können. Auf keinen Fall will er zu technisch dirigieren. Sein Plan mit den Kasendorfern: „Ich möchte kontinuierlich auf dem erreichten Level weitermachen und auf keinen Fall ein One-Hit-Wonder sein“.

Zu Dominik Biedermann untrennbar dazu gehört auch sein Wirken als Autor von Theaterstücken., Mit zwei Werken ist er bereits groß herausgekommen. „Wie lange du schon Deutschland“ heißt eines der beiden Stücke, das im Dezember 2021 in Düsseldorf seine Uraufführung erlebte. Sein zweites Stück „Die lederne Hochzeit“ führte die Theatergruppe „Die Berchler“ in Kupferberg Anfang des Jahres mehrfach mit großem Erfolg auf.

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19.07.2023

Bayernhymne statt Bach / Richard Groß spielt seit 58 Jahren die Orgel der Mangersreuther Pfarrkirche

Kulmbach. „Ich bin eigentlich ein Dorforganist“. Das sagt Richard Groß in aller Bescheidenheit. Gut, die Kompositionen eines Johann Sebastian Bach sind nicht so sein Ding. Er improvisiert lieber und lässt auch schon mal die Bayernhymne in der Pfarrkirche Unsere Liebe Frau in Mangersreuth erklingen. Doch zu verstecken, braucht sich Richard Groß keinesfalls. Der heute 82-Jährige ist seit unglaublichen 58 Jahren als Organist in Mangersreuth tätig. Auf bis zu 50 Gottesdienste kommt er pro Jahr. Dazu kommen Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Und wenn ihm das Laufen auch ein wenig schwerer fällt, ans Aufhören denkt er noch lange nicht.

„Ein Sonntag ohne Orgelspiel ist für mich kein Sonntag“, sagt Richard Groß. Das Gesangbuch hat er von vorne bis hinten drauf, und wenn nötig, dann studiert er das eine oder andere Lied einfach auf seinem kleinen Harmonium im Keller seines Hauses ein. „Ich übe noch immer“, sagt er. Doch in der Regel ist das gar nicht notwendig, denn er ist auch ein wahrer Könner im „Vom-Blatt-spielen“.

Simon Lauterbach aus Weiher, der „Lehrer Lauterbach“, das war sein Vorgänger, der ihn damals überredet hat, als Organist in Mangersreuth tätig zu werden. So gab Richard Groß am 11. April 1965 im Alter von 24 Jahren bei der Konfirmation seinen Einstand an der Wolf-Orgel. „Mein Vater wollte, dass ich dich die Orgel spiele, dann habe ich es halt gemacht“, sagt er wieder ganz bescheiden. Dass daraus mehrere Jahrzehnte werden, konnte damals niemand ahnen.

Seinen ersten Orgelunterricht hatte Richard Groß schon mit zwölf Jahren erhalten. Zehn Pfarrer hat er mittlerweile in Mangersreuth erlebt. Als Aushilfe und auch bei Beerdigungen spielte er auch regelmäßig in den Kirchen von Gärtenroth, Melkendorf und Wilmersreuth und natürlich immer wieder im Gemeindesaal in der Herlas. Viel hat er erlebt und mitgemacht, etwa die ein Jahr lang dauernde Restaurierung der Johann-Wolf-Orgel aus dem Jahr 1884 mit ihren 15 Registern und zwei Manualen. Oder den bemerkenswerten Karfreitagsgottesdienst vor einigen Jahrzehnten. Am Abend zuvor hatte er lange gefeiert, so dass er während einer Meditation ein wenig eingenickt war. „Da musste mich doch tatsächlich die Mesnerin wecken“, erinnert er sich und lacht noch heute über den Lapsus. Er weiß sogar noch, wie das dann folgende Lied hieß: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“, die Nummer 82 aus dem Gesangbuch von Paul Gerhardt.

Dabei ist die Orgel nicht das einzige Instrument von Richard Groß. Auch auf der Violine ist er ein wahrer Könner. „Aber nur für den Hausgebrauch“, wiegelt er ab. Tatsächlich, bei Geburtstagen, bei Familienfeiern oder zur Kerwa packt er noch immer die Geige aus. Gerne erinnert er sich an ein Geburtstagsständchen, das er für Landrat Klaus Peter Söllner gespielt hat.

Freilich hat Richard Groß auch einen „richtigen“ Beruf erlernt und viele Jahre lang ausgeübt. In der Oberen Stadt erlernte er das Handwerk des Schusters, lange Jahre war in Burgkunstadt und Lichtenfels tätig, zuletzt sogar als Betriebsleiter. Damit war 1990 Schluss und Richard Groß wechselte zum Landkreis Kulmbach, zunächst in die Verwaltung der damaligen Tierkörperbeseitigung Leuchau, dann bis zur Pensionierung 2006 in die Kfz-Zulassung im Landratsamt.

Viel hat sich geändert in all den Jahren. Seien früher Sonntag für Sonntag regelmäßig so um die 150 Gottesdienstbesucher gezählt worden, habe diese Zahl mittlerweile ganz gewaltig abgenommen. Wie es weitergehen soll, dafür hat auch er kein Patentrezept. Privat hört Richard Groß keine Kirchenmusik. Dann schon eher Volksmusik, wie er sagt. „Kerwaliedla und Schlumperliedla“, das ist seins, räumt er unumwunden ein. Gerne darf es dann auch die Bayernhymne sein.

Bild: Seit 58 Jahren an der Orgel: Richard Groß übt zuhause im Keller auf seinem Harmonium für den sonntäglichen Gottesdienst.

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10.07.2023

Wer nicht losgeht kommt nicht an… / Die Bühnen- und Kostümbildnerin Ingrid Wachsmann ist in der Kunst zuhause

See / Neuenmarkt. Bunt, fröhlich und mit einem Augenzwinkern: das sind viele Arbeiten der Bühnen- und Kostümbildnerin, Malerin, Fotografin und Objektkünstlerin Ingrid Wachsmann. Seit einigen Jahren ist sie, die in Kanada geboren und in Wedel bei Hamburg groß wurde, im Neuenmarkter Gemeindeteil See zuhause.

In ihrem künstlerischen Schaffen ist Ingrid Wachsmann sehr breit aufgestellt. Genauso vielseitig ist aber auch ihr Lebenslauf. In Italiens Süden hat sie schon gelebt, in Mailand, in Luzern und Zürich, natürlich in Hamburg, bis sie schließlich ins Kulmbacher Land kam.

Die Mutter Dänin, der Vater Berliner, damals im „Summer of 69“ in Kanada unterwegs waren, als Ingrid das Licht der Welt erblickte. Danach ging es erst einmal nach Wedel und nach dem Abitur nach Süditalien. Dort hatte sie drei Monate lang in einem Hotel gearbeitet, um Italien und seine Sprache kennenzulernen. Zurück in Norddeutschland absolvierte sie eine Schneiderlehre ein Metier, dass sie schon lange inspirierte. Zuerst blieb sie noch in Hamburg und arbeitete in verschiedenen Sparten wie Modedesign, Theater und in der Werbebranche.

Danach ging es wieder nach Italien, zum Mailänder Modedesigner Romeo Gigli. Schließlich wandte sie sich wieder dem Theater zu und studierte Bühnenbild und Kunstgeschichte an Accademia di Belle Arti Brera Milano. Wo sie nach vier Jahren mit dem Diplom heutigen Master abschloss. Auch an der Mailänder Scala arbeitete sie während des Studiums, was ihr in bleibender Erinnerung geblieben ist.

Dann ging es weiter in die Schweiz. Am Theater Luzern assistierte die Künstlerin als bei dem Bühnenbildner für die Produktion „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach. Fünf Jahre blieb Ingrid Wachsmann in der Schweiz. In dieser Zeit arbeitete sie in den kreativen Abteilungen von Mode und Architektur.

Zurück in Hamburg erlernte sie die Kunst der japanischen Schnitttechnik, die die Künstlerin bis heute in Kunst und Kostüm anwendet. An der Hamburgischen Staatsoper gelang Ihr der Sprung in die Theaterwelt. Als Assistentin von Christian Schmidt betreute die Künstlerin die dortigen Opernproduktionen des „Ring des Nibelungen und 4 Jahre. Schon nach einem Jahr an der Oper bekam sie den Auftrag das Bühnenbild der dortigen Kinderoper mit Nicola Panzer zu gestalten, weitere Aufträge folgten.

2012 kam die Wende, Ingrid Wachsmann und Ralf Bühler, technischer Oberinspektor der Staatsoper Hamburg entschieden gemeinsam ihren Lebensmittelpunkt zu verlagern und zogen in die Genussregion Oberfranken. Beide arbeiteten bei den Bayreuther Festspielen, war Ihnen mehr Freiraum und Lebensqualität gab. Die Künstlerin bekam Aufträge für aufwendige Konzertkleider von den Weltstars Ricarda Merbeth und Camilla Nylund, welche sie auch nach der japanischen Schnittkunst entwarf. In letzter Zeit ist sie wieder vermehrt in Theater aktiv. In Rostock stattete sie die Oper „Elisir d‘amore“ von Gaetano Donizetti mit Bühne und Kostüm aus.

Die Ausstellung „…bunt ist die Welt…“ mit figürlichen Kompositionen, inszenierten Büsten und Fotografie von Ingrid Wachsmann ist noch bis 2. Juli in der Kleinen Galerie des Kulturvereins in Schwarzenbach an der Saale zu sehen. Mehrere Objekte von ihr gibt es auch noch bis 16. Juli in der aktuellen Mitgliederausstellung des Kunstvereins Kulmbach in der Oberen Stadtgalerie in Kulmbach zu sehen. Ebenso werden verschiedene Werke in der Jahresausstellung des Bundes Fränkischer Künstler vom 2. Juli bis 1. September auf der Plassenburg in Kulmbach zu sehen sein. Premiere der Uraufführung von Uwe Hoppes Wagner-Adaption „Lohengrin, sein Vater und der Gral“, für die Ingrid Wachsmann sämtliche Kostüme entworfen hat, ist am 15. Juli im Steingraeber-Hoftheater in Bayreuth.

Vita:
Geboren: 1969 in Kanada
Aufgewachsen: in Wedel bei Hamburg
Erlernter Beruf: Schneiderin
Studium: Bühnenbild und Kunstgeschichte an der Accademia di Belle Arti Brera Milano
Tätigkeitsfelder: Theater, Kunst
Theater: Theater Luzern, Hamburgische Staatsoper, Bayreuther Festspiele, Hochschule für Musik und Theater Rostock, Genf Schweiz

Bild: Ingrid Wachsmann in ihrem Atelier in See.

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03.07.2023

„Empfindsam, optimistisch, gründlich“: Die Cellistin Ulrike Maria Gossel unterrichtet an der Musikschule Kulmbach

Kulmbach/Küps. „Ich mach das alles wirklich sehr, sehr gerne.“ Ulrike Maria Gossel meint damit ihre Lehrtätigkeit an den Musikschulen von Coburg und Kulmbach, ihr Wirken als Orchestermusikerin, ihr Konzertieren mit den verschiedensten Ensembles, ihr Engagement um den etwas in Vergessenheit geratenen Komponisten Adolph Kurt Böhm, und, und, und. Selbstverständlich ist das alles nicht, denn ihre Familie betreibt das Traditionsunternehmen Lindner, das seit fast 100 Jahren in Küps Porzellan herstellt. Hier im Landkreis Kronach ist Ulrike Maria Gossel zuhause, hier ist sie aufgewachsen. In der Kunst und der Kultur ist die Familie aber seit jeher eng verwurzelt.

Ihre Mutter war die prominente österreichische Lyrikerin Ingeborg Pacher-Gossel (1937 - 2010), ihr Bruder Walter Gossel spielt Klarinette und organisiert das Orchesterprojekt Kronach Klassik. Vater Werner Gossel stattet Veröffentlichungen mit seinem Aquarellen aus und trat zuletzt als Rezitator in einem „Familienkonzert“ auf. Keine Frage, dass Ulrike schon früh einen künstlerischen Weg eingeschlagen hat.

Musikalische Früherziehung, Blockflöten-, Klavier– und Orgelunterricht, dazu einige Preise in Mal- und Zeichenwettbewerben, das alles kennzeichnete die Kindheit von Ulrike Maria Gossel, bis irgendwann das Cello in ihr Leben trat. „Relativ spät“, wie sie sagt. Im Kaspar-Zeuß-Gymnasium ging es mit dem Cellounterricht bei Franz Lederer los. Danach durfte sie im Schulorchester und im Jugendsymphonieorchester Oberfranken mitwirken. Nach dem Abitur besuchte sie erst einmal die Berufsfachschule für Musik in Kronach.

Dann wurde es richtig ernst im musikalischen Leben von Ulrike Maria Gossel. Sie schaffte die Aufnahme am altehrwürdigen Mozarteum Salzburg in die Celloklasse von Dankwart Gahl und Johanna Picker und schloss erst mit dem kleinen, dann mit dem großen Diplom im Konzertfach Violoncello als Magistra Artium ab. Dazwischen ermöglichte ihr ein Erasmus-Stipendium den Besuch der Kunsthochschule im niederländischen Enschede. Für den Richard-Wagner-Verband Wien war sie Stipendiatin bei den Bayreuther Festspielen, im „Attersee Institute Orchestra“ kam sie in den Genuss der Nachwuchsförderung der Wiener Philharmoniker.

Schon während ihrer Salzburger Zeit musizierte Ulrike Maria Gossel als „Substitutin“ beim Mozarteum-Orchester-Salzburg. Danach folgten zahlreiche Engagements in professionellen Orchestern, entweder als Aushilfe oder in Form von Zeitverträgen. Die Bad Reichenhaller Philharmoniker, das Orchester des Landestheaters Coburg, die Hofer Symphoniker oder die Württembergische Philharmonie Reutlingen, mit der sie sogar eine Japan-Tournee unternahm, mit all den Klangkörpern ist sie regelmäßig aufgetreten. Noch immer musiziert sie in den verschiedensten Orchestern. Gerade kommt sie von einem Konzertabend mit dem Philharmonischen Orchester des Theaters Plauen-Zwickau zurück. Auch mit den Thüringer Symphonikern Saalfeld-Rudolstadt ist sie derzeit öfter zu hören. Daneben musiziert sie in den verschiedensten Ensembles, bei Hochzeiten genauso wie bei Trauerfeiern, bei geistlichen Konzerten, wie bei Liederabenden.

Genauso wichtig wie das aktive Musizieren ist ihr die Lehrtätigkeit an den Musikschulen. Einmal pro Woche kommt sie derzeit an die Musikschule Kulmbach. Während der Corona-Zeit hätten ihr die Kulmbacher Schüler online die Treue gehalten. Vom Radiosender BR Klassik wurde sie 2019 sogar als eine der beliebtesten Musiklehrerinnen Bayerns ausgezeichnet. Sie habe einen unglaublichen Überblick und sei dabei doch sehr empfindsam, optimistisch und gründlich, so steht es auf der Urkunde. Da wundert es nicht, dass sogar schon Bundespreisträger im Wettbewerb „Jugend musiziert“ aus ihrer Cello-Klasse hervorgegangen sind. Auch für die Kleinsten engagiert sie sich pädagogisch: Ulrike Maria Gossel ist geprüfte Cellolehrerin nach der Suzuki-Methode.

Wenn sie nicht aktiv musiziert, dann widmet sich Ulrike Maria Gossel ganz besonders dem Komponisten Adolph Kurt Böhm (1926 – 2020). Er liebte neben seinem Instrument, dem Klavier, ganz besonders das Cello. Geboren wurde er im nahen Oberlangenstadt, Dem Engagement von Ulrike Maria Gossel ist es nicht nur zu verdanken, dass sein kompositorisches Schaffen von ihr selbst derzeit erfasst, katalogisiert und digitalisiert wird. Auf ihr Wirken ist es auch zurückzuführen, dass am Geburtshaus des in Oberbayern verstorbenen Komponisten mittlerweile eine Gedenktafel angebracht werden konnte. „Ich möchte einen scheinbar vergessenen Komponisten wieder ins öffentliche Bewusstsein rücken“, erklärt Ulrike Maria Gossel ihr Engagement, das seinen Ausdruck auch schon in einem Portraitkonzert im Kaisersaal von Kloster Banz fand.

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26.06.2023

Oktoberfest und ORF: Stimmung auf der Steirischen / Marcel Benker ist trotz junger Jahre bereits eine feste Größe in der volkstümlichen Musikszene

Himmelkron. TV-Auftritte, Interviews, Autogrammpost: In einem Alter, in dem andere noch mitten in der Findungsphase sind, ist er längst durchgestartet. Marcel Benker aus Himmelkron. Gerade hat er seinen 18. Geburtstag gefeiert, da ist er schon einer der Gefragten der Szene, und zwar der Volksmusikszene. Es gehört nicht viel dazu, ihm eine große Karriere zu prophezeien. Die Voraussetzungen dafür bringt er mit.

„Ich habe immer gesagt, ich zieh das durch“, meint Marcel Benker. Das gilt auch für seine Zeit auf der Realschule in Gefrees, wo er und seine Musik schon mal argwöhnisch betrachtet wurden. Mittlerweile aber überwiegt die Bewunderung. Klar, wer Erfolg hat, der ist gefragt. Die meisten seiner Arbeitskollegen finden es längst cool, wenn sie Marcel Benker im TV sehen oder im Radio hören.

Den 20. Juni 2021 wird Marcel Benker so schnell nicht vergessen. Das war der Tag seines ersten Fernsehauftritts, in der Show „Immer wieder sonntags“ mit Stefan Mross. Und zwar gleich live und vor einem Millionenpublikum. „Ich war schon sauaufgeregt“, gibt er unumwunden zu. Schließlich hatte er es in der Show mit vielen Größen des Showbusiness zu tun, mit Claudia Jung etwa, den Dorfrockern, Giovanni Zarella, Inka Bause oder Kristin Stark. Doch schnell stellte er fest: „Das ist mein Leben“. Der Titel damals hieß übrigens „Endlich wieder Sommer“ und es sei tatsächlich der heißeste Tag des Jahres gewesen.

Was danach folgte sei schier der Wahnsinn gewesen, erinnert sich Marcel Benker. Instagram, Facebook, WhatsApp, das alles hätten die Reaktionen „voll gesprengt“. Allein auf Facebook hat er mittlerweile 5000 Freunde, mehr geht gar nicht. Selbst die gute alte Autogrammpost kam noch und der Postbote hat seitdem gehörig zu tun, wenn er im Himmelkroner Ortsteil Ziegelhütte aufschlägt.

Angefangen hatte das alles mit der Liebe seines Vaters zur Volksmusik. Er habe das als Kind immer so mitbekommen und später halt auch ein Instrument spielen wollen. So ging es für den gebürtigen Weidener mit sechs Jahren zum Akkordeon-Unterricht. Nicht viel später sei die Steirische Harmonika, eine diatonisch, wechseltönige Instrument mit Knopf-Tastatur, dazugekommen. „Das sei gar keine so große Umstellung gewesen“, sagt er. So kam es schließlich zu einem ersten Auftritt beim Geburtstag der Großmutter.

Sein Lehrer auf der Steirischen, Markus Brand aus der Oberpfalz, konnte ihm schon bald nichts mehr beibringen. Ersten Auftritten im Freundeskreis folgten schon bald Kerwas, Feste und Musikantentreffen, auch im Zillertal, dem Mekka der volkstümlichen Musik. Dort knüpfte Marcel Benker Kontakte zu den in der Szene bekannten „Zellberg Buam“, zur Gruppe „Die Fetzig´ n aus dem Zillertal“ und zu deren Produzenten Daniel Gruber. Der wiederum hatte Kontakte zum Label Tyrolis und so kam eines zum anderen, bis Ende 2019 erste Verträge geschlossen wurden.

Seitdem folgten beinahe unzählige Auftritte in den verschiedensten Regionalsender, Live-Auftritte, auch in der Region, Radio-Interviews und so weiter. Im österreichischen Sender ORF Tirol war Marcel Bankern vier Wochen lang mit seinem Titel „Also Madl, hey“ auf Platz 1. Mittlerweile hat er unglaubliche 160 Titel im Programm, so um die zwölf Auftritte pro Monat, an manchen Wochenenden vier Live-Gigs am Stück.

Wer  nun glaubt, die Corona-Maßnahmen hätten die aufstrebende Karriere des Marcel Benker irgendetwas abhaben können, der irrt. „Ich konnte viel probieren, viel vorbereiten, ich hab einfach das Beste daraus gemacht“, sagt er. Dazu muss man wissen, dass Marcel Benker auch noch einem klassischen „Brotberuf“ nachgeht. Gerade schließt er das zweite Lehrjahr seiner Ausbildung zum Mechatroniker beim Filtersystemhersteller Mann und Hummel in Himmelkron ab. Noch finden die meisten Auftritte an den Wochenenden statt. Wie es nach der Lehre weitergeht werde die Zeit zeigen, noch will sich Marcel Benker nicht festlegen.

Hobbys hat Marcel Benker kaum. Er macht zwar ein wenig Sport, Badminton oder Tischtennis, doch eigentlich hat er ausschließlich Musik im Kopf. Marc Pircher, Andreas Gabalier oder Melissa Naschenweng, das sind seine Vorbilder und deren Musik hört er auch privat. Was er nicht mag, ist, sich als der klassische Alleinunterhalter zu präsentieren, dessen Musik so nebenbei gespielt wird. „Ich will entertainen, ich will performen“, sagt er. Sein Ziel sei es schon, „dass die Leute abgehen und so richtig Spaß haben“. Beispielsweise auf dem Oktoberfest in Nordrhein-Westfalen, wo er auch heuer wieder auftritt mit der Entertainerin Susal von den Isartaler Hexen.

Auch die Schattenseiten des Business hat er trotz seiner jungen Jahre schon kennengelernt. Während einer TV-Aufzeichnung war ihm doch tatsächlich eine Wespe in den Mund geflogen und hatte ihn in die Zunge gestochen. Der Auftritt musste trotz „Zugabe“-Rufen sofort abgebrochen werden und Marcel Benker verbrachte den Rest des Tages in der Notaufnahme des Klinikums.

Vita Marcel Benker:

Geboren in Weiden
Wohnhaft in Himmelkron
Beruf: Mechatroniker-Azubi beim Mann und Hummel
Instrumente: Akkordeon und Steirische Harmonika
Repertoire: traditionelle Volksmusik, volkstümlichen Musik, Schlager, Stimmungsmusik.
Motto: „jung - fetzig – boarisch“
Internet: www.marcel-benker.de

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12.06.2023

Von Bach bis Piazolla / Gerald Nienaber deckt mit der Gitarre die ganze Bandbreite der Musik ab - Bei ihm haben viele Kulmbacher das Gitarrenspiel gelernt

Kulmbach/Bayreuth. Von der Renaissance bis hin zu zeitgenössischer Musik, von Bach bis Punk: das musikalische Spektrum von Gerald Nienaber ist breit angelegt. Der 62-Jährige ist Gitarrist, Komponist, Pädagoge und hat wohl schon vielen hundert Musikschülern das Gitarrenspiel beigebracht. Sein jüngster Schüler war fünf, sein ältester ist 69 Jahre alt. Bei all seinen musikalischen Aktivitäten steht ein Gedanke im Zentrum: „Die Hauptsache ist, dass man mit Spaß bei der Sache ist“, so Gerald Nienaber, der seit 1989 ununterbrochen an der Musikschule Kulmbach unterrichtet.

Meist zwei Mal pro Woche fährt er von seinem zuhause am westlichen Bayreuther Stadtrand an die Musikschule nach Kulmbach. „Der Unterricht ist meine berufliche Basis“, sagt er. Breiten Raum nahm und nimmt auch der Unterricht am Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium in Bayreuth, an der Hochschule für Evangelische Kirchenmusik und an der Universität Bayreuth ein. Zahlreihe Privatschüler kommen dazu. „Der Bezug zu den jungen Leuten“, das ist das Schöne an dem Beruf“, so Gerald Nienaber. Der Unterricht soll dabei nichts starres sein: „Mit geht es schon darum, die Leute zu begeistern, Musik ist schließlich etwas für das ganze Leben.“

Bis zum Abschluss seines Studiums der Konzertgitarre an der Hochschule der Künste in Berlin war es ein weiter Weg für den in Rheine in Westfalen geborenen Künstler. Aus einem musikalischen Elternhaus stammend, lernte er erst einmal das Akkordeonspiel. In Oldenburg besuchte er die Schule und schon als Jugendlicher landete er in Bayreuth, wo der Vater beruflich tätig wurde.

Hier ging es auch mit der Gitarre los. „Ich wollte immer eine Gitarre haben“, erinnert er sich. Mit 14 bekam er sie und brachte sich das Wichtigste erst einmal selbst bei. Erst mit 16 Jahren bekam er dann auch professionellen Unterricht, und zwar bei Güner Münch, ein in der Bayreuther Musikszene noch immer klingender Name. Er war es auch, der Gerald Nienaber für die klassische Gitarre begeisterte. „Ich habe geübt, wie ein Verrückter“, erinnert sich Gerald Nienaber. Eine neue Welt habe sich für ihn aufgetan und schon bald sollten sich erste Erfolge einstellen. Drei Mal konnte er sich beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ ganz vorne platzieren, mit 17 erteilte er selbst schon Unterricht für Anfänger begann zu komponieren und probierte alles Mögliche aus: Blues, Folk, Jazz, er spielte in der Rockband „Diesel“, aber auch in einer Punk-Band.

Der berufliche Weg habe zu dieser Zeit aber noch immer nicht endgültig festgestanden. Es folgten einige Semester Lehramtsstudium in Bayreuth, doch die Gitarre war stärker. Pro forma bewarb er sich 1985 an der Hochschule der Künste in Berlin und bestand prompt die Aufnahmeprüfung. Drei Jahre später war er ausgebildeter Konzertpianist. “Mein Ziel war es, von der Musik leben zu können“ und tatsächlich sollte es nicht mehr lange dauern, bis er sich eine künstlerische Existenz aufgebaut hatte. Von 1988 bis 1992 hatte er einen Lehrauftrag an der Universität Regensburg, bald auch an der Universität Bayreuth, die Hochschule für evangelische Kirchenmusik und eben die Musikschule Kulmbach sollten folgen.

Viele Jahre lang war Gerald Nienaber auch solistisch oder in kammermusikalischer Besetzung unterwegs. Mit dem Flötisten Andreas Golembiowski interpretierte er alles Mögliche „von Bach bis Piazolla“, mit Michael Hasel dem Querflötisten der Berliner Philharmoniker trat er bundesweit auf. Er war Mitglied im „Petit Ensemble“ für Alte Musik, übertrug die „Bayreuther Hofmusik“, also die Musik am Hof der Bayreuther Markgräfin Wilhelmine, von Lautentabulaturen auf Gitarrennoten, und gab auch Solo-Recitals. Gerne erinnert er sich auch an die Konzertreihen „Bayreuther Gitarrenkonzerte“ und „ Bayreuther Hofmusiktage“, die er zwischen 1993 und 1997 initiiert und geleitet hat. Bei den Gitarrenkonzerten gastierten damals namhafte internationale Konzertgitarristen wie Manuel Barrueco, Hubert Käppel, Abel Carlevaro, Alexander Frauchi oder Carlo Domeniconi in Bayreuth. Bei den Hofmusiktagen wurde Musik der Bayreuther Hoflautenisten Adam Falckenhagen, Bernhard Joachim Hagen und Paul Charles Durant auf historischen Instrumenten aufgeführt.

Seit beinahe zwei Jahrzehnten sind die aktiven Konzerte bei Gerald Nienaber nun weniger geworden. Viel mehr liegt ihm am Unterrichten, aber auch an eigener Musik. Immer wieder hat er Eigenkompositionen veröffentlicht, eigene Lehrwerke geschrieben und pädagogisches Material für Schüler veröffentlicht. „Es war mir ein Grundbedürfnis, zu komponieren und zu arrangieren und auf diese Weise kreativ zu sein.“

Mit den Vorbildern ist es bei Gerald Nienaber so eine Sache. Da sind zum einen der australische Gitarrist John Williams und der Brite Julian Bream. Schon früh eiferte er aber auch „Mr. Slowhand“ Eric Clapton oder Carlos Santana nach. Einen breiten Ausschnitt seines Schaffens präsentiert Gerald Nienaber seit geraumer Zeit auf YouTube.

Vita Gerald Nienaber:

Studium: Konzertgitarre an der Hochschule der Künste Berlin.
Meisterkurse: bei Roberto Aussel, David Russel, Wolfgang Lendle und Manuel Barrueco.
Lehraufträge: Universität Regensburg (1988 - 1992), Universität Bayreuth und Hochschule für Evangelische Kirchenmusik Bayreuth.
Lehrer an der städtischen Musikschule Kulmbach und am Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium Bayreuth.
Auftritte als Konzertgitarrist (Solo- und Kammermusik)
Aktivitäten als E-Gitarrist im Rock- und Popbereich in verschiedenen Bands
Noten- und CD-Ausgaben mit eigenen Kompositionen

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23.05.2023

Tief in der Blasmusikszene verwurzelt / Andreas Hein ist der neue Dirigent des Musikvereins Thurnau

Thurnau. Er ist neu in Thurnau, aber er ist alles andere als ein Neuling. Ganz im Gegenteil: Andreas Hein ist tief in der Blasmusikszene verwurzelt. Schier endlos wirkt die Aufzählung der Formationen, in denen der 49-jährige schon musiziert hat. Ein Name klangvoller als der andere, von den Musikern aus der Region mit denen er immer wieder zusammenspielte. Dabei betont der Trompeter immer wieder ganz bescheiden: „Die Musik ist nur mein Hobby“.

Was die Blasmusik ausmacht, ist die Vielseitigkeit. Andreas Hein ist das beste Beispiel dafür. „Für jeden Zuhörer muss ein Stück dabei sein“, lautet sein Credo bei der Aufstellung eines Konzertprogramms. Ob Gustav Mahler oder Schlager, ob Berliner Philharmoniker oder Rock und Pop: Andreas Hein kann allem etwas abgewinnen. Natürlich auch den Komponisten und Arrangeuren, die meist nur Blasmusik-Insider kennen: der Niederländer Jacob de Haan, Johan de Meij oder der Österreicher Thomas Doss. Andreas Hein hatte sie alle schon m Pult liegen.

Geboren wurde er in Bayreuth, dort ist er auch aufgewachsen und hat das Graf-Münster-Gymnasium besucht. „Ich habe einfach Bock draufgehabt, Trompete zu lernen“, sagt er und so hatte er mit acht Jahren seinen ersten Unterricht, noch im alten Gebäude der Städtischen Musikschule an der Richard-Wagner-Straße. Bernd Hammer, Pankraz Schrenker, Nikolaus Richter, kaum ein Musiker in Bayreuth und Umgebung, der diese Namen nicht kennt. Bei ihnen durchlief Andreas Hein seine komplette Ausbildung und wurde schon früh mit einem Trompetenquartett Bundessieger bei Jugend musiziert.

Mit den Jahren wurde er zum gefragten Trompeter weit über die Region hinaus. Er spielte bei den Juramusikanten von Norbert Lodes, bei Christoph Krückl in der Bayreuther Schlosskirche, bei Georg Schäffner in der Basilika Gößweinstein, bei Bavarian Brass und sogar mit dem international bekannten Lukas-Consort im Markgräflichen Opernhaus. Andreas Hein gehörte aber auch der Funk-Band „Engine“ an und der Kulmbacher Big-Band-Formation „Swing Pink“, womit einmal mehr seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt wäre.

Doch das ist noch lange nicht alles. Zusammen mit dem Nordbayerischen Jugendblasorchester durfte er vor rund 20 Jahren das Bundesmusikfest in Friedrichshafen eröffnen. Mit dem Sinfonieorchester des deutsch-französischen Forums unter Nikolaus Richter absolvierte er eine Frankreich-Tournee und so ganz nebenbei gründete er das Jugendblasorchester Bad Berneck und das Ensemble Terzo Brass. Zuletzt leitete Andreas Hein in der Nachfolge von Klaus Hammer von 2016 bis 2022 das KSB-Werksorchester in Pegnitz.

Man könnte meinen, mit all diesen Aktivitäten wäre er komplett ausgelastet, dem ist aber nicht so: Tatsächlich leitet er hauptberuflich als Geschäftsführer ein IT-Unternehmen mit 15 Beschäftigten, das sich hauptsächlich um den Datenschutz größerer Unternehmen kümmert und das in Bad Berneck seinen Sitz hat. Er selbst lebt mittlerweile in Tröstau im Fichtelgebirge. Der Schritt nach Thurnau ist ihm dennoch nicht schwergefallen. Hier sei er absolut herzlich aufgenommen worden, als er eine neue Herausforderung suchte und im Januar als Nachfolger von Andreas Wiesner und Heimo Bierwirth zum ersten Mal am Pult stand.

Der „Kerwastanz“ vor wenigen Wochen in der Turnhalle der Schule war die erste große Veranstaltung mit der Andreas Hein und der Musikverein an die Öffentlichkeit getreten waren. Nun stecken die Musiker schon mitten in den Proben für das Schlosskonzert Ende Juli im Thurnauer Schlosshof.

Vita Andreas Hein:

Geboren in Bayreuth
Schule: Graf-Münster-Gymnasium Bayreuth
Beruf: Geschäftsführer eines IT-Unternehmens in Bad Berneck
Wohnort: Tröstau
Instrument: Trompete, Tuba

Bild: Der Trompeter Andreas Hein steht seit Jahresanfang als neuer Dirigent an der Spitze des Thurnauer Musikvereins.

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15.05.2023

Große Kunst unter den Augen Leonardos / Burgführer Nicki Lang ist Meister der Vedutenmalerei

Kulmbach. Vedutenmalerei ist ein ganz eigenes Kunstgenre.  Es handelt sich dabei um die möglichst wirklichkeitsgetreue Darstellung einer Landschaft oder eines Stadtbildes mit dem Ziel der Wiedererkennbarkeit. Einer, der diese Kunst meisterhaft beherrscht ist der Kulmbacher Nicki Lang. Ihn fasziniert diese Kunst von klein auf, obwohl die Vedutenmalerei eigentlich aus einer Zeit stammt, in der es noch keine Fotografie gab. „Man hat einfach versucht, so viel Information, wie möglich, in ein Bild zu packen“, sagt er und zeigt beispielhaft an der bulgarischen Stadtansicht, an der er gerade arbeitet, wie viel Kleinarbeit hinter einem einzigen Bild steckt.

Mütterlicherseits hat Nicki Lang bulgarische Wurzeln. Geboren wurde er im sächsischen Annaberg.  Im Alter von zwei Jahren kam der heute 32-Jährige vom Erzgebirge ins Kulmbacher Land, das ihn von nun an zur Heimat werden sollte. Wenn es um die geschichtlichen Hintergründe geht, macht ihm so schnell keiner was vor. Die Jahreszahlen rund um das markgräfliche Kulmbach sprudeln nur so aus ihm heraus. Kein Wunder, hauptberuflich ist Nicki Lang als Gästeführer auf der Plassenburg tätig.

Dabei ist er gelernter Glas- und Porzellanmaler. Bevor er seine Ausbildung in Zwiesel im Bayerischen Wald abgeschlossen hatte, besuchte er die Schule in Stadtsteinach. Danach zog es ihn wieder nach Kulmbach zurück. Vielen hundert Besuchern hat er mittlerweile die Geschichte der Plassenburg nahegebracht. „Da wächst man so rein“, sagt er und räumt ein, dass sein Interesse schon immer der Geschichte gegolten hat.

Gemalt und gezeichnet hat er aber auch schon von klein auf. Schon als Schüler ist er aufgefallen mit seinem besonderen Talent. Erste schulinterne Ausstellungen veranstaltete Nicki Lang noch in seiner Zwieseler Zeit. Zurück in Kulmbach zeigte er seine Werke erstmals öffentlich in der damaligen Galerie Ludwig. Er gehörte auch 2009 zu den Gründungsmitgliedern des Kunstvereins. Ausstellungen im Mönchshof, in Kronach oder im damaligen Dschungelparadies in Neuenmarkt sollten folgen. Zuletzt zeigte Nicki Lang seine Werke in der Annenkirche seiner Geburtsstadt Annaberg. Zwei Jahre lang hatte er eigens dafür gemalt. Als Lohn für diese Arbeit hängt nun eine Stadtansicht aus seiner Feder im dortigen Rathaus.

Nun muss man wissen, dass die Fertigstellung eines einzigen Bildes von Nicki Lang schon mal mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Er bevorzugt dazu Acrylfarben und malt auf Leinwänden. Weil er Schicht für Schicht aufträgt, ist er darauf angewiesen, dass die Farben relativ schnell trocknen. Als Atelier dient die heimische Küche, hier ist es hell genug, hier kann er ungestört Musik hören. Hier blickt ihm lediglich Leonardo da Vinci in Form einer Porzellanbüste über die Schulter. Zum Malen bevorzugt er klassische Musik, entweder Orgelmusik, gerne auch Wagner-Opern.

Über private Ankäufe freut sich Nicki Lang immer wieder. Seine Kulmbach-Serie von 2011 ist restlos weg. Er legt aber schon Wert darauf, alles erst einmal für sich zu malen und nicht auf kurzfristige Erfolge zu schielen. Wenn Nicki Lang auch mal Pinsel und Farben zur Seite legt, dann verreist er gerne. Natürlich gehört Italien, das Land der Künste zu seinen bevorzugten Zielen. Aber auch Städtereisen, etwa nach Dresden oder Berlin, gehören zu seinen Favoriten.

Vita Nicki Lang:

Geboren: 1990.
Geburtsort: Annaberg im Erzgebirge.
Gelernter Beruf: Glas- und Porzellanmaler.
Ausgeübter Beruf: Gästeführer bei der Schlösserverwaltung.
Hobbys: Reisen, Geschichte.

Bild: Nicki Lang arbeitet bevorzugt im „Atelier“ zuhause in seiner Küche. Hier entsteht gerade die typische Ansicht einer bulgarischen Stadt.

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08.05.2023

Konzertsänger, Klavierlehrer, Kirchenmusiker / Mit Wolfgang Wirsching hat die Musikschule einen prominenten Bariton in ihren Reihen

Thurnau. Über 200 Mal hat er den Papageno in Mozarts Zauberflöte gesungen, 17 Jahre lang war er erster Bariton  des Freien Landestheaters Bayerns, er arbeitete mit August Everding zusammen, stand mit Jonas Kaufmann auf der Bühne und wirkte bei den Bayreuther Richard-Wagner-Festspielen mit: der Bariton Wolfgang Wirsching. Nach vielen Jahren in München und Augsburg lebt der 53-Jährige wieder im Kulmbacher Land, wo er auch aufgewachsen ist. An der Musikschule erteilt er Gesangsunterricht, privat gibt er Klavierunterricht, unter Motto „Neue Kultur im Kulmbacher Land“ hat er jede Menge Projekte in der Planung.

Wolfgang Wirsching ist ein echter musikalischer Tausendsassa: er ist Sänger, Begleiter, Chorleiter, Kirchenmusiker, Gesangs- und Klavierlehrer, Musikpädagoge und, und, und. Er stand als Solist auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper in München, hat zahlreiche Einspielungen auf CD vorgelegt und leitet noch heute drei Chöre in Augsburg, Pfaffenhofen und in Redwitz im Nachbarlandkreis Lichtenfels.

Fast war dem gebürtigen Bamberger die Musik in die Wiege gelegt. Mit vier Jahren kam er an der Kulmbacher Musikschule bereits in den Genuss frühmusikalischer Erziehung. Mit sechs Jahren hatte er ersten Klavierunterricht und mit neun Jahren Gesangsunterricht bei Anneliese Meyer-Adam, der Mitbegründerin des Opernstudios Oberfranken. Klar, dass nach dem Abitur an Caspar-Vischer-Gymnasium in Kulmbach nur ein Gesangstudium in Frage kam.

156 Bewerbungen auf fünf Plätze, so erinnert sich Wolfgang Wirsching mit Schrecken an das Vorsingen in München. Da muss man schon verdammt gut sein, wenn man einen der fünf Plätze ergattern will. Wolfgang Wirsching war verdammt gut und studierte fortan an der Hochschule für Musik und Theater unter anderem bei Markus Goritzki. 1998 schloss er mit einem pädagogischen und mit einem künstlerischen Diplom ab.

Bis dorthin konnte er schon jede Menge Bühnenerfahrung sammeln. Etwa 1992 als einer der jüngsten Solisten, den die Bayerische Staatsoper je gesehen und gehört hatte, in der Oper „Ubu Rex“ des prominenten polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki, oder in der Oper „Helle Nächste“ von Moritz Eggert, oder in „Peter Pan“ von Wilfried Hiller.

Nun ist es freilich nicht so, dass Wolfgang Wirsching nur zeitgenössische Musik aufgeführt hat. Im Gegenteil: Im Freien Landestheater Bayern, ein hochprofessionelles Gastspieltheater, das unter anderem regelmäßig die Philharmonie im Gasteig, die Nürnberger Meistersingerhalle oder das Stuttgarter Kultur- und Kongresszentrum mit seinen Eigenproduktionen bespielt, war er der Notar Falke in der Fledermaus von Johann Strauss oder auch der „Schöne Sigismund“ im „Weißen Rössl“. Exakt 208 Mal sang er den Papageno in der „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Ein weiteres Betätigungsfeld war das Ensemble des renommierten Münchner Kultur- und Veranstaltungszentrums Pasinger Fabrik. Mindestens 350 Mal ist er dort aufgetreten, unter anderem als Dandini in Giacomo Rossinis „La Cenerentola“.

„Extrem wandlungsfähig muss man schon sein“, sagt Wolfgang Wirsching. Er war es stets und er ist es noch immer. Auch nach seiner familienbedingten Rückkehr 2019 in seine oberfränkische Heimat. Noch immer fährt er regelmäßig nach Augsburg, wo er seit zwölf Jahren den Ärzte- und Apothekerchor leitet, ebenso nach Pfaffenhofen, wo er an der Spitze der Liedertafel, ein großer bayerischer Traditionschor, steht, auch bei dem gemischten Chor „Routed 16-60“ in Redwitz gibt Wolfgang Wirsching als Leiter den Ton an. Nicht zu vergessen: Fünf Jahre lang war er Kantor und Chorleiter in Aichach, wo er viele der großen geistlichen Chorwerke zur Aufführung brachte.

Auch mit Bayreuth hat Wolfgang Wirsching eine besondere Verbindung: 1988 erhielt er eines der begehrten Stipendien des Richard-Wagner-Verbandes. Die Unterschrift von Wolfgang Wagner auf der Urkunde ist zwar schon etwas verblasst, doch die Erinnerung daran um so lebendiger, zumal er bis 1992 Mitglied des Sonderchores wurde und unter anderem beim „Fliegenden Holländer“ unter dem Dirigat von Giuseppe Sinnopoli mitsingen durfte.

Bei einem derartigen Engagement bleiben Ehrungen nicht aus. Eine ist ihm besonders in Erinnerung geblieben. Für seine Mitwirkung in der heute fast vergessenen Haydn-Oper „Orlando Paladino“ erhielt er 2004 den Theaterpreis des Münchner Merkur. Ein gerahmtes Foto zeigt ihn mit den drei weiteres Preisträgern: der Schauspielerin Sunnyi Melles, dem Kabarettisten Bruno Jonas und der weltberühmten Sopranistin Edita Gruberova. Mittlerweile liegt dem Bariton ganz besonders das Lied am Herzen. Von Schubert über die Romantiker bis hin zur Moderne reicht hier sein Repertoire.

Vita Wolfgang Wirsching:

1970 in Bamberg geboren.
1976 erste Klavier- und 1979 erste Gesangsstunden.
1981 erste Bühnenerfahrungen als Knabensopran in der Opernschule Bayreuth sowie am Landestheater in Coburg.
1988 bis 1991 Mitglied im Extra-Chor der Bayreuther Festspiele.
1992 Studium an der Hochschule für Musik und Theater in München.
1996 Lied- und Lehrexamen mit Auszeichnung.
1992 bis 2003 Mitglied im Extra-Chor der Bayerischen Staatsoper.
2001 ständiges Mitglied des „Freien Landestheater Bayern“.
2004 Publikumspreis des Münchner Merkurs.
2012 CD-Einspielung „Auf der Schattenseite des Biedermeier“ mit Kilian Sprau.

Bild: In Bamberg geboren, in Kulmbach aufgewachsen: der Bariton Wolfgang Wirsching. Foto: Harald Streit

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03.05.2023

Auf den Tango gekommen / Die Malerin Doris Bocka definiert Bekanntes gerne neu und auf ihre eigene Art

Kulmbach/Bindlach. Begeisterung und Leidenschaft, das ist es, was Dr. Doris Bocka antreibt. Gerade kommt sie vom Ausstellungsabbau im oberpfälzischen Kloster Speinshart und steckt schon wieder mitten in den Vorbereitungen für ihre große Einzelausstellung im Neuen Rathaus in Bayreuth. Parallel dazu absolviert die gebürtige Kulmbacherin gerade die Meisterklasse an der Akademie der bildenden Künste in Kolbermoor. Dort hat sie einen überaus prominenten Lehrmeister: Markus Lüpertz, Maler, Graphiker und Bildhauer und einer der bekanntesten deutschen Gegenwartskünstler.

„Malerei, das ist schon auch harte Arbeit“, sagt Doris Bocka, die seit dem Jahr 2015 freischaffend tätig ist. Acryl auf Leinwand und Pigment auf Papier, diese beiden komplett unterschiedlichen Vorgehensweisen sind ihre Techniken. Sie malt abstrakt, aber auch gegenständlich reduziert, aber stets frei und mit großem Interpretationsspielraum. Ihre Themenpalette ist breit, von der fränkischen Häuserlandschaft über den Akt bis hin zu Motiven aus Opern Richard Wagners. Auch ihn hat sie schon auf ihre eigene Art portraitiert.

Aufgewachsen ist Doris Bocka im Kulmbacher Land, und zwar in Kasendorf. In Kulmbach besuchte sie das Margraf-Georg-Friedrich-Gymnasium, in Bamberg und Bayreuth absolvierte sie anschließend ein Lehramtsstudium und unterrichtete an oberfränkischen und mittelfränkischen Schulen. In Bayreuth promovierte sie auch zum Dr. phil. und wurde an der Universität in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern tätig. Als einen Wendepunkt im Leben betrachtet Doris Bocka das Jahr 2008, das Jahr der Mathematik. Damals erarbeitete sie didaktische Materialien für den Einsatz in allen Schularten und brachte damit Mathematik und Kunst zusammen. Rund 160 Studenten hatte sie damals in jedem Semester betreut, gleichzeitig aber auch einen kreativen Schaffensprozess in sich angestoßen, ehe sie nach ihrem Ausscheiden von der Universität den Sprung zur freischaffenden Künstlerin wagte.

Das Thema Tango stand damals am Anfang. Nach einem Aufenthalt in Buenos Aires ließ sie die Musik und der Tanz nicht mehr los. „Tango argentino hat mich völlig überwältigt“, sagt sie. Sie nahm Unterricht, lernte Gleichgesinnte kennen, da lag es irgendwann nahe, das Thema künstlerisch in ihren Bildern zu bearbeiten.

Eine erst große Solo-Ausstellung gab es 2019 im Kulmbacher Badhaus, zuvor schon beteiligte sie sich an Gruppenausstellungen. Ihre große Einzelausstellung im Ökologisch-Botanischen-Garten musste 2020 Corona-bedingt noch am Tag nach der Vernissage geschlossen werden.

Dann trat Markus Lüpertz in ihr Leben. Der selbst nicht gern als Malerfürst bezeichnete Universalkünstler, der vor allem mit seinen Skulpturen immer wieder Aufsehen erregt, unterrichtet regelmäßig an der privaten Kunstakademie in Kolbermoor. Doris Bocka, die in Kolbermoor Fortbildungen und die freie Sommerakademie besuchte, bekam einen der begehrten Studienplätze für Zeichnung und Malerei bei Markus Lüpertz und absolvierte ein zweieinhalbjähriges Aufbaustudium. Er sei wohl der letzte, der die Malerei hochhält, sagt sie und beschreibt Lüpertz als Künstler, der vor allem eines vermitteln will: Ästhetik.

Besonders am Herzen liegt Doris Bocka der Austausch mit anderen Künstlern, gerne auch auf internationalem Parkett. Bei Symposien in Karlsbad etwa oder bei Workshops in Österreich. „Da entsteht eine unglaubliche Dynamik“, sagt sie, die in ihren Werken gerne Bekanntes auf ihre eigener Art neu definiert. „Ich arbeite jeden Tag“, sagt Doris Bocka und weiter: „Wenn ich mal gar nicht malen kann, dann streiche ich Rahmen an.“

Unter dem Titel „peinture“ präsentiert Doris Bocka ihre bisher  umfassendste Werkschau vom 3. bis zum 30. Mai in der Ausstellungshalle des Neuen Rathauses in Bayreuth.

Vita:

Geboren in Kulmbach.

Aufgewachsen in Kasendorf.

Wohnort: Bindlach.

Studium: Lehramt an den Universitäten Bamberg und Bayreuth.

Promotion: Dr. phil. an der Universität Bayreuth.

Aktuelles Studium: Meisterklasse Zeichnung und Malerei bei Prof. Markus Lüpertz an der AdbK Kolbermoor.

Mitgliedschaften: Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken e.V., Bund Fränkischer Künstler e.V., Kunstverein Kulmbach e.V.

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25.04.2023

Geprägt vom Element Erde / Die Keramik-Werkstatt auf dem Lande: Ina Liefländer hat sich nach vielen Weltreisen im Kulmbacher Land niedergelassen

Großenhül. Erde, Natur, Wald: Immer wieder fallen diese Stichwörter, wenn man mit Ina Liefländer spricht. Kein Wunder, dass die Arbeit mit dem Werkstoff Ton mittlerweile ihr Leben ausmacht. Seit drei Jahren lebt die Töpferin in Großenhül bei Wonsees. 2020 hat sie hier ihre Wurzeln geschlagen, nachdem sie zuvor fast die ganze Welt bereist hat. Ina Liefländer war in Australien, Neuseeland, Indien, hat zwei Jahre lang auf La Palma gelebt und in Schottland gearbeitet. Hier in Großenhül ist sie angekommen. Mitten im Dorf hat sie ihre Werkstatt ihren Ausstellungsraum und gibt Kurse.

Ina Liefländer wurde in München geboren. Weil die Eltern irgendwann nach Limmersdorf gezogen sind, ist sie im Kulmbacher Land aufgewachsen, besuchte die Realschule, später die Fachoberschule in Bayreuth und schloss im Ausbildungszweig Gestaltung ab. Schon immer habe sie frei mit Ton gearbeitet. „Das Element Erder ist mein Lebensthema“, sagt sie.

Zwei Semester lang hat Ina Liefländer danach die Akademie für bildende Künste in Stuttgart besucht, musste dann aber feststellen, dass der akademische Kunstbetrieb doch nicht so ihr Ding ist. Die Theorie habe sie nicht so sehr interessiert, ebenso wenig das rein Abstrakte. „Mir war es immer wichtig, mit den eigenen Händen etwas zu schaffen“, sagt Ina Liefländer. Sich dabei richtig schmutzig zu machen, das gehört für sie dazu.

„Ich vermisse die Schönheit in der Kunst, speziell in der Bildhauerei“, sagt Ina Liefländer. Als Zwischenschritt ließ sie sich zur Kosmetikerin ausbilden, ehe sie die Berufsfachschule für Keramik in Landshut besuchte und nach drei Jahren abschloss. Danach arbeitete sie erst einmal eine Zeitlang in Schottland. Auf der Hebrideninsel Isle of Skye und in Blackhills Pottery bei Holzbrenner John Christie arbeitete sie zum einen oft tagelang an der Scheibe, konnte sich zum anderen aber auch künstlerisch ausleben.

Nach ihrer Zeit später auf La Palma zog es Ina Liefländer wieder zurück in heimische Gefilde. Sie richtete sich das ehemalige Bürgermeisterhaus in Großenhül her, baute sich eine Werkstatt mit Drehscheibe und modernem Brennofen und stattete das ehemalige Trauungszimmer zu einer Art kleinen Laden aus.

Ein wenig bedauert sie es fast, dass sie so viel Gebrauchskeramik töpfert. Doch die Tassen, Teller, Töpfe, Schüsseln und Schalen tragen alle ihre eigene künstlerische Handschrift. Typische Gebrauchskeramik ist nicht so ihr Ding. Auffallend ist die Stempeltechnik, also eine Art Muster, auf allen ihren Arbeiten. Alles Objekte, die von Menschen für Menschen gemacht sind. Vielleicht nicht immer ganz so perfekt wie aus der Fabrik, doch dafür haben die Gegenstände ihr eigenes Leben. „Die Wertschätzung für handgemachte Dinge ist einfach verloren gegangen“, sagt sie. Dabei stellt sie aber doch fest, dass gerade jüngere Leute wieder Wert auf handwerklich produzierte Waren legen. Doch aufgrund der vielen Krisen in der Welt sitze das Geld einfach nicht mehr so locker. Dabei hat sie es längst aufgegeben, in betriebswirtschaftlichen Kategorien zu denken. „Töpfern braucht Zeit, aber die bezahlt keiner mehr.“

Ina Liefländer ist vor allem auf Töpfermärkten in ganz Bayern und auch darüber hinaus anzutreffen. In Thurnau, Hollfeld oder Creußen etwa, aber auch in Vaterstetten, Überlingen oder Halle. Manche Kontakte kommen über das Internet zustande, Stammkunden kommen aber auch direkt zu ihr nach Großenhül, wo sie einen kleinen, aber gut gefüllten Ausstellungsraum besitzt.

Einige ihrer künstlerischen Arbeiten hat sie gerade in der Galerie von Marion Kotyba ausgestellt. Freie Formen interessieren sie dabei ganz besonders, ebenso organische Themen, die sie sich aus der Natur abschaut. „Ich denke nicht so viel darüber nach“, sagt sie. Vielmehr lässt sich Ina Liefländer vom Material leiten. „Oft seien es ganz kleine Dinge, ein Stein, Samenstände, Flechten, eine Blüte oder ein Stück Holz, auch Tiere, der menschliche Körper und die Formgebung der 50er und 60er Jahre inspirieren mich.“ Ihre Vorbilder sind dabei die weltberühmten Bildhauer und Keramikkünstler Valentin Schlegel und Hans Arp oder die 2015 verstorbene Düsseldorfer Keramikerin und Keramikbildhauerin Beate Kuhn.

Ina Liefländer hat aber noch ein weiteres Standbein: Sie gibt Töpferkurse, entweder bei sich in der Werkstatt oder im Thurnauer Töpfermuseum. Ferienkurse, Abendkurse, Kinderkurse oder Workshops im Rahmen der Kulmbacher Sommerakademie, Ina Liefländer hat schon vielen Grundkenntnisse im Töpfern beigebracht. Am wichtigsten ist das das Gespür für Material, sagt Ina Liefländer. Schließlich sei Ton ein besonderer Werkstoff, der „mit sanfter Stärke“ behandelt werden muss.

Vita:

Alter: 38

Geboren in München.

Aufgewachsen in Limmersdorf.

Schulen: Realschule Kulmbach, Fachoberschule Bayreuth.

Weiterführende Schulen: Akademie der bildenden Künste Stuttgart. Berufsfachschule für Keramik Landshut.

Seit 2020 eigener Werkstatt und Atelier in Großenhül, Markt Wonsees.

Bild: Die Töpferin und Keramikkünstlerin Ina Liefländer arbeitet in Großenhül, wo sie seit drei Jahren eine Werkstatt und ein Atelier besitzt.

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17.04.2023

Auf den Spuren der Naturtöne / Mit dem Alphorn bis an die Nordsee: Siegbert Unger und die Patersberger Alphornbläser

Veitlahm. „Ich bin Franke und bleibe Franke“. Das sagt Siegbert Unger aus Veitlahm. Klar, dass ihm das fränkische Liedgut ganz besonders am Herzen liegt. Etwa, wenn er mit dem Gesangverein Veitlahm oder der Chorgemeinschaft Proß-Döllnitz auftritt. Doch Siegbert Unger hat noch viel mehr zu bieten: Er ist so etwas wie der Kopf der weit über das Kulmbacher Land hinaus bekannten Patersberger Alphornbläser, prägte fast 40 Jahre lang den Posaunenchor Veitlahm und war zehn Jahre Mitglied der Kulmbacher Kantorei.

So richtig in die Wiege gelegt war ihm die Musik nicht. Geboren 1946 in Schloss Steinenhausen, „dem schönsten Geburtsort, den es gibt“, wie er sagt, ist er in Proß aufgewachsen und hat im nahen Peesten die Schule besucht. Mit den Eltern zog er später nach Katschenreuth, ehe er 1961 in der damaligen Mainleuser Spinnerei den Beruf des Starkstromelektrikers erlernte. Obwohl er als Kind Akkordeon spielte, deutete da noch wenig auf seine musikalische Begabung hin

Auch nicht, als er vier Jahre lang bei der Bundeswehr in Mittenwald stationiert war und später als Fahrzeugbauer bei der Firma Hofmann in Wacholder tätig wurde. Weitere berufliche Stationen in der Heimstätte Fassoldshof und im Jugendhaus Weihermühle folgten, ehe er mit seiner Frau 1982 den Naturkostladen in Veitlahm eröffnete. Dort ist er längst zuhause, betreibt das Patersberg-Cafe und geht seinem Hobby dem Imkern nach. 

Manchmal packt er dort auch das Alphorn aus. Vor gut 15 Jahren ist er aus purem Zufall auf das Instrument gekommen. Das Alphorn ließ ihm nicht mehr los und so kaufte er einem ehemaligen Wernsteiner, der mittlerweile am Bodensee lebt, das Instrument ab. Er fand auch schnell jemand, der ihm die Grundbegriffe beibrachte, durch seine jahrzehntelanges Spiel auf der Tuba im Posaunenchor Veitlahm war ihm das Blasinstrument so fremd nicht. Siegbert Unger belegte Kurse beim prominenten Blasmusiker Berthold Schick, hatte schnell die richtigen Blas- und Atemtechniken drauf. Mit der Zeit lernte er weitere Mitstreiter kennen, die auch vom Alphorn-Fieber gepackt waren und schon bald waren die Patersberger Alphornbläser gegründet. In unterschiedlicher Stärke und Zusammensetzung ist die Formation seitdem unterwegs.

Mal auch prominent verstärkt durch die Regionalbischöfin Dorothea Greiner und deren Mann Gottfried. Viele Gottesdienste haben die Patersberger Alphornbläser seitdem mitgestaltet. Open-air-Berggottesdienste im Fichtelgebirge auf dem Rudolphstein, oder am 30. Juli wieder auf dem Waldstein. Besondere Gottesdienste in der Stadtkirche, im Umfeld der Rupertikapelle in Obernsees, die Christvesper in Schwarzach, die Hubertusmesse in Kulmbach, Festgottesdienste in Marienweiher, und, und, und. Auch auf dem Kreuzberg in der Rhön hat er schon musiziert, zusammen mit rund 160 weiteren Bläsern. Sogar im Urlaub hat Siegbert Unger sein Instrument dabei. „Auch an der Nordsee oder im Bayerischen Wald habe ich schon geblasen.“

Nun ist das Alphorn kein gewöhnliches Instrument. Einst war es ein Werkzeug der Hirten und diente dazu, die Kühe in den Stall zu rufen. Es ist ein Naturtoninstrument. Weder Grifflöcher noch Ventile oder Zusatzbögen am Blasrohr erleichtern dem Spieler die Beeinflussung der Töne. Durch unterschiedlich starke und rasche Lippenvibrationen, die sich mit Hilfe eines Mundstücks übertragen lassen, wird der Naturton erzeugt. Das F-Horn von Siegbert Unger ist übrigens stattliche 3,60 Meter lang.

Fast 30 Jahre, bevor Siegbert Unger das Alphorn entdeckte, hatte er seinen ersten Auftritt mit dem Veitlahmer Posaunenchor in der Kirche bei der Ordination eines Pfarrers. Auch die Tuba war für ihn eher so eine Zufallsentdeckung. Sein Lehrer war ein Bekannter.

Nicht missen möchte er die zehn Jahre, in denen er mit seinem stattlichen Bass die Kulmbacher Kantorei bereicherte. Dabei fing alles mit dem MGF-Chor und Carl Orffs Carmina Burana auf der Plassenburg an. Schon zuvor hatte er im Bayreuther Zamir-Chor gesungen und sogar Gesangsstunden genommen.

Vita Siegbert Unger:

Geboren: 21.10.1946

Geburtsort: Schloss Steinenhausen

Erlernter Beruf: Starkstromelektriker

Instrumente: Akkordeon, Tuba, Alphorn

Hobby: Imkern

Bild: Sogar auf dem Alphorn ist das Franken-Wappen zu sehen: Alphornbläser Siegbert Unger ist Franke durch und durch.

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11.04.2023

Von der Bierwoche bis Berlin: Blitzendes Blech in vielen Formationen / Ralf Holzmann kann auf ein halbes Jahrhundert Blasmusik zurückblicken

Rugendorf. Er ist seit 50 Jahren im „Blasmusikgeschäft“ und es macht ihm immer noch Spaß: Ralf Holzmann ist seit dem Jahr 2000 bei der Dorfmusik Rugendorf aktiv. Von 2004 bis 2014 war er Dirigent und seit 2020 ist er deren Vorstand. In den Jahren 2014 bis 2020 war er 1. Bürgermeister der Gemeinde mit ihren knapp 1000 Einwohnern.

Ralf Holzmann (59) war in ungewöhnlich vielen Formationen in Kulmbach Stadt und Land aktiv. Er zählte 1973 zu den Gründungsmitgliedern der Städtischen Jugendkapelle, schon mit 17 oder 18 Jahren war er zur Stadtkapelle gestoßen. Einen Einschnitt brachte die Bundeswehrzeit mit sich. Doch auch die nutzte er für die Musik. Zwei Jahre lang spielte er bei dem namhaften Gebirgsmusikkorps Garmisch-Partenkirchen unter der Leitung von Heinz Peter Paul mit und besuchte als Gaststudent die Münchner Musikhochschule.

Mit den legendären „Franken“ war er bei der ersten heimischen Band dabei, die auf der Kulmbacher Bierwoche aufspielte. Bei der Gründung der Old Beertown Jazzband war er ebenfalls dabei und genauso gehörte er zur Anfangsformation des Blechbläserquintetts Culma Brass. Ehe der gebürtige Kulmbacher nach Rugendorf zog, gehörte er noch sieben Jahre der Stadtkapelle als Vorstand an.

„Ich wollte mit der Musik weitermachen“, erinnert sich Ralf Holzmann. Deshalb besuchte er nach der Bundeswehrzeit die Berufsfachschule für Musik in Kronach. „Ich konnte ja bloß Blech“, sagt er. Deshalb habe er die Fächer Klavier und Dirigieren belegt und als Chor- und Orchesterleiter im Laienbereich seinen Abschluss gemacht.

Seine musikalische Laufbahn hatte Ralf Holzmann schon im Alter von fünf Jahren an der damaligen Sing- und Musikschule in Kulmbach mit Blockflöte und Gesang begonnen. Mit zehn Jahren lernte er das Spiel au der Posaune, später das Bariton. Das Tenorhorn brachte es sich danach selbst bei.

Klar, dass in Rugendorf sofort die Dorfmusik auf Ralf Holzmann aufmerksam wurde. Spielten doch sowohl der Schwager als auch der Schwiegervater in der Kapelle mit. Er betreute, koordinierte und leitete er zunächst die Jugendausbildung. 2004, im Jahr des 50. Bestehens der Dorfmusik übernahm er die Leitung. Dabei hat er so einiges erlebt. Ab 2007 gab es wieder regelmäßige Auftritte auf der Bierwoche, sogar den Fanclub-Umzug konnte die Dorfmusik mitmachen. Mehrfach durften die Rugendorfer das „Rudower Spinnefest“ im Berliner Bezirk Neukölln mitgestalten und sowohl in Kulmbachs österreichischer Partnerstadt Rust als auch im burgenländischen Zillingtal hat die Dorfmusik ihre Visitenkarten abgegeben. Heute leitet er sogar noch den Posaunenchor in Rugendorf.

Recht aktiv ist die Dorfmusik Rugendorf in der Region. Vor allem in der Hofer Ecke wollen viele Wiesenfeste, Zeltkerwas oder Umzüge nicht mehr auf die Blasmusik aus dem Kulmbacher Land verzichten. „Wir sind in den Monaten Juni und Juli ganz schön ausgebucht“, stellt Ralf Holzmann beim Blick in seinen Kalender fest. Egal ob Münchberg, Naila, Selbitz, Sparneck oder Weißdorf, die Dorfmusik Rugendorf ist seit vielen Jahren immer dabei.

Persönliche Favoriten hat Ralf Holzmann viele. „Musikalisch bin ich breit aufgestellt“ sagt er, will dabei aber nicht verhehlen, dass ihm die traditionelle böhmische Blasmusik ein Leben lang begleitet hat. Auch den großen Ernst Mosch hat er noch mehrfach live auf der Bühne erlebt.

Heute zählt das renommierte Ensemble rund 35 Aktive. Am 28. April steht in einem gemeinsamen Konzert mit der Jugendkapelle Kulmbach im Feststadel der Dorfschänke das erste Jahreskonzert seit drei Jahren auf dem Programm. Zu hören werden unter anderem Melodien von James Last sein, außerdem gibt es das Flügelhorn-Solo „My dream“ sowie böhmische Polkas, Walzer und Märsche, so, wie man es von der Dorfmusik Rugendorf gewöhnt ist. Die Dorfmusik Rugendorf wird auch am 21. Mai beim Tag der Blasmusik in Kulmbach mit einem Standkonzert vertreten sein.

Vita:

Geboren: 1963 in Kulmbach.

Berufsausbildung: Radio- und Fernsehtechniker, Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker mit Schwerpunkt Nachrichten- und Messtechnik.

Beruf: seit über 25 Jahren technischer Beamter beim Bayerischen Landesamt für Umwelt, Dienststelle Kulmbach im Referat Luftgütemessungen.

Instrumente: Posaune, Bariton, Tenorhorn

Bild: Da blitzt das Blech: Ralf Holzmann ist der Blasmusik seit fünf Jahrzehnten treu geblieben.

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03.04.2023

Sprache im Kontext zur Natur / Roland Schön setzt Glühwürmchen aufs Dach und bringt Rotkehlchen auf die Gartenschau

Altdrossenfeld. „Gluehwürmchen – Feuersalamander“: vor einigen Jahren waren diese beiden Worte in Bayreuth Stadtgespräch. Die Installation von Roland Schön war zunächst im Rahmen einer Kunstausstellung im Ehrenhof des Finanzamtes, dann auf dem Dach des Gebäudes an der Zentralen Omnibushaltestelle zu sehen. Längst haben die bunten Buchstaben ihren Platz auf dem Dach des ehemaligen Kolpinghauses, das mittlerweile vom Studentenwerk Oberfranken betrieben wird.

Ihr Urheber ist eigentlich Landschaftsmaler, so sagt es der 1964 in Neuhof bei Creußen geborene und in Altdrossenfeld wohnende Roland Schön ganz bescheiden. In Wirklichkeit ist er aber viel mehr. Roland Schön ist Objektkünstler, Maler, Fotograf, einer, der in den unterschiedlichsten Techniken arbeitet, mal Öl auf Leinwand, mal hinter Glas. Er benutzt gerne die Sprache, setzt sie und seine Bilder aber meist auch in den Kontext zur Natur.

Bis 1992 hat Roland Schön an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart Malerei studiert und mit dem Master of Arts abgeschlossen. Schon vorher war er mit einer Ausstellung in Bayreuth an die Öffentlichkeit getreten. „Ich hab erst mal für mich gearbeitet, einfach so drauflos, jung und wild“, sagt er. Heute stecken Geschichten hinter seinen Arbeiten. Die Idee zu „Glühwürmchen – Feuersalamander“ sei beispielsweise auf einem seiner zahlreichen Spaziergänge und Wanderungen entstanden. „Es sieht doch wunderbar aus, wenn im Wald die Glühwürmchen schwirren. Das zu vermitteln, darum geht es“, erklärt er. Und so sei er in ganz Oberfranken herumgefahren, habe ausgediente Leuchtschriften abmontiert und wieder neu zusammengesetzt. Ein ähnliches Projekt hat er 2012 auf der Landesgartenschau in Bamberg installiert. Viele Besucher erinnern sich wahrscheinlich noch heute an die große Schrift mit den beiden Wörtern: „Rotkehlchen - Schwarzwurzel“, die schon bald an einem anderen Ort in Bamberg installiert werden soll.

Eigenwillig, aufwändig und einfallsreich sind auch seine beiden Glashäuser, von denen eines im Garten der Villa Concordia in Bamberg steht. Das andere war schon auf den Landesgartenschauen in Marktredwitz und Bayreuth zu sehen und ist derzeit im Keller „eingemottet“. Das Haus besteht aus rund 150 Einzelteilen. In jedes Fenster sind Namen eingraviert, Namen von Sternen und Sternbildern. Entstanden ist ein „nächtlicher Sternenhimmel in sprachlicher Form“. Der Künstler spricht auch gerne von „Glashäusern als Konstruktion, um Wörter in den Raum zu setzen“.

Besuchern des Klinikums Hohe Warte in Bayreuth dürften auch die Marmorscheiben dort am Boden und an den Wänden des Foyers aufgefallen sein. Auch sie stammen von Roland Schön. Unter dem Motto „Materia Medica“ hat er auch dort Wortpaare aus der Anatomie und dem Umfeld der Heilpflanzen zusammengestellt. „Nasenhöhle – Hirschpflanze“ heißt es dort beispielsweise. Das Projekt entstand als Kunst am Bau, Roland Schön hatte mit seinem originellen Einfall die Ausschreibung gewonnen.

Natürlich hat auch ein kreativer Kopf wie Roland Schön Vorbilder: der französische Maler und Bildhauer Henri Matisse etwa oder der italienische Graphiker und Objektkünstler Alichiero Boetti. Roland Schön war bereits auf vielen Ausstellungen präsent, seine Werke sind auf öffentliche Sammlungen in ganz Europa verteilt. Ob Kunstforum Bozen oder Nationalmuseum in Amman, Jordanien, einzelne Projekte hat er auch im Deutschen Pavillon auf der Expo 2000 in Hannover oder im ungarischen Pecs realisiert. Aber auch in der Region ist er immer wieder zu sehen. In Bayreuth beim Kunstverein, in der Bamberger Villa Concordia, zuletzt im Badhaus in Kulmbach.

Das Projekt, an dem Roland Schön derzeit arbeitet trägt den Titel „Panorama“. Auf einem Großbildschirm“ laufen 150 Fotos als Diaschau ab, die er zum größten Teil auf seinen Wegen zwischen Bayreuth und Kulmbach aufgenommen hat, analog wohlgemerkt, also auf Film. Erst später wurden die Negative eingescannt. Die Bilder zeigen Szenen, wie sollte es anders sein, bei denen die Natur die Hauptrolle spielt. Zu jedem einzelnen Bild hat er seinen Gedanken in einem Satz festgehalten.

Was Roland Schön derzeit allerdings umtreibt, hat wenig mit Kunst und Kreativität zu tun. Im Gegenteil: schon bald müssen er und seine Frau das Haus mit dem großen Garten in Altdrossenfeld verlassen. Der Mieter hat ihnen gekündigt. Nun macht er sich auf die Suche nach einer neuen Bleibe, möglichst im Rotmaintal, in der er auch wieder sein Atelier einrichten kann.

Bilder:
1. Eigenwillig, aufwändig und einfallsreich: Roland Schön vor seinem Glashaus.
2.
 „Gluehwürmchen – Feuersalamander“: mit dieser Installation in Bayreuth wurde Roland Schön einem breiten Publikum bekannt. Mittlerweile wurde die Schrift auf dem Dach des Kolpinghauses angebracht.
Fotos: privat

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27.03.2023

Swing Pink im Pinguin und FooBirds in der Teufelshöhle / Thomas Schimmel bringt seit rund 40 Jahren den Kulmbachern das Klavierspiel bei

Kulmbach. „Es ist ein Beruf, den ich einfach liebe.“ Das sagt Thomas Schimmel (61), Lehrer für Klavier und Jazz-Stilistik an der Musikschule Kulmbach. Er spricht von einem absoluten Glücksfall, dass er die Liebe zum Unterrichten entdeckt hat. „Der Unterricht ist mir genauso wichtig, wie das Spielen.“ Für ihn ist es ein wahres Vergnügen, zu beobachten, wie sich Schüler so entwickeln.

Thomas Schimmel hatte schon so einige Schüler während seiner rund vier Jahrzehnte dauernden Lehrtätigkeit in Kulmbach. 40 sind es aktuell, jedes Alter ist dabei. Mit sieben Jahren geht es los, der älteste Schüler, den er je hatte, war 75. Vor dem siebten Lebensjahr zu beginnen habe keinen Sinn, sagt der erfahrene Musiker mit ernstem Unterton. Man lebe ja nicht mehr in der Zeit Mozarts, als es praktisch keine Medien im heutigen Sinne gegeben habe. Erst wenn das Kind so einigermaßen lesen kann, sei es auch reif für das Klavier.

Doch Thomas Schimmel ist eigentlich noch viel mehr als der erfahrene Klavierlehrer. Sein Herz hängt am Jazz und am Soul. So ist es kein Wunder, dass er Zeit seines Lebens immer wieder als Jazzmusiker aufgetreten, entsprechende Formationen gegründet und geleitet und dabei große Erfolge erzielt hat. Aktuell leitet der gebürtige Hollfelder die aus der ehemaligen MGF-Big-Band hervorgegangene Formationen T-Jazz, die Blue Jam Combo aus Bayreuth sowie die CVG-Schulband. „Da kommt einiges zusammen“, sagt Thomas Schimmel, schließlich will jede Gruppe mindestens zweimal im Jahr mit einem Konzert an die Öffentlichkeit.

Den Musikfreunden aus der Region dürfte der Pianist aber auch von den regelmäßigen Jazz-Sessions in der Kulmbacher Kommunbräu bekannt sein, und von den beiden ehemaligen Formationen Swing Pink und FooBirds. Die Jazz Sessions gibt es bereits seit 1994, zunächst noch im legendären Pinguin in der Oberen Stadt, dann im Kauernburger Schlössla, im Theater „Das Baumann“ und seit einiger Zeit wieder einmal pro Monat im Saal der Kommunbräu. Die erste große Formation, die Thomas Schimmel gründete waren 1989 Swing Pink. Vielen dürften noch die Auftritte im „Kuckucksei“ in Heinersreuth bei Bayreuth in Erinnerung sein. Auch bei der Einweihung des Airbus „Kulmbach“ im Juni 1991 auf dem Nürnberger Flughafen war Swing Pink dabei, genauso wie beim Jazz-Fest Dinkelsbühl oder bei den Jazz Festspielen in Bayreuth. Später kamen die FooBirds als Nachfolger hinzu. Mit ihnen wurde er sogar mit dem Kulturpreis der Kulmbacher Serviceclubs ausgezeichnet. Auftritte gab es nicht nur im Radio und im Fernsehen, sondern auch an ungewöhnlichen Orten, etwa auf der Landesgartenschau in Kronach oder in der Pottensteiner Teufelshöhle.

Sein Abitur hatte Thomas Schimmel nicht etwa an einem musischen, sondern an einem humanistischen Gymnasium, am Kaiser-Heinrich-Gymnasium in Bamberg, sein Studium an der heutigen Hochschule für Musik und Theater in Augsburg abgelegt. Hätte man damals schon Jazz studieren können, Thomas Schimmel hätte es gemacht. Nach dem Studium folgten erste Stationen als Musiklehrer in Forchheim, Strullendorf und Rottendorf, ehe er schließlich Mitte der 1980er Jahr in Kulmbach landete.

Schon immer habe er gerne improvisiert, mit Jazz, mit Rock und Pop geliebäugelt. Deshalb hatte er sich auch nach dem Studium noch intensiv mit der Harmonielehre befasst, unter anderem bei verschiedenen Fortbildungen in der Jazz-Hochburg Burghausen und in Marktoberndorf. Seine Begeisterung für den Jazz drückt sich auch in der durchaus kuriosen Tatsache aus, das so um das Jahr 2000 herum mehr junge Musiker aus Kulmbach als auch München im Landesjugendjazzorchester waren.

Noch immer ist Thomas Schimmel ein großer Fan der US-amerikanischen Soul und Funk Band Earth, Wind and Fire. Doch auch die kubanischen Pianisten gehören zu seinen Vorbildern, genauso wie der 2007 verstorbene kanadische Jazz-Pianist Oscar Peterson. In jüngster Zeit immer mehr auch das internationale Musiker-Quintett mit dem Namen Klazzbrothers, eine Mischung aus Klassik und Jazz. Trotz der großen Liebe zum Jazz, auch Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart stehen auf seiner Playlist. Von letzterem vor allem das Klavierkonzert A-Dur KV 488, das absolute Lieblingswerk des Pianisten.

Vita:

Alter: 61

Stammt aus Hollfeld im Landkreis Bayreuth

Schule: Kaiser-Heinrich-Gymnasium Bamberg

Studium: Musikhochschule Augsburg

Beruf: Lehrkraft für Klavier und Jazz-Stilistik an der Musikschule Kulmbach.

Berufung: Jazz und Soul.

Bild: Thomas Schimmel an seinem Arbeitsplatz in den Räumen der Kulmbacher Musikschule.

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20.03.2023

Die Kulturmanager des Oberlandes / Edina und Robert Thern sehen sich in der Vielfalt bestätigt

Elbersreuth. Ihr Schaffen gleicht einer Wundertüte aus der man immer neue Aktivitäten und Projekte hervorzaubern kann: Edina und Robert Thern aus Elbersreuth bei Presseck haben sich in ihrem Wirken der Kunst und Kultur in nahezu allen Facetten verschrieben. Sie sind auf den vielfältigsten Gebieten aktiv, sind schöpferisch tätig, organisieren, managen und bringen immer wieder Kultur ins Oberland.

Ganz klar war das alles von Anfang bei weitem nicht. Edina wurde in Oberstdorf im Allgäu geboren und wuchs in Hagen auf. Sie studierte Germanistik und Textilgestaltung und wanderte, zumindest für ein paar Jahre, in die USA aus. Schon vorher hatte sie in Deutschland, im Zug auf der Fahrt nach Köln ihren Robert kennengelernt, einen Amerikaner. Ihm folge sie 1977 nach Massachusetts, wo sie an der dortigen Universität ihr Studium abschloss, sich selbstständig machte und in einem Künstlerkollektiv mitwirkte.

Robert studierte dort Germanistik, ging zur US-Army und wurde ausgerechnet im Jahr der Grenzöffnung 1989 nach Deutschland versetzt. „Mit Sack und Pack sind wir nach Hof“, erinnert sich der heute 70-Jährige. Seine Erlebnisse dieser Zeit hat er in Vorträgen verarbeitet, mit denen er in der Region immer wieder auf ein staunendes Publikum trifft. Nach seinem Ausscheiden aus der Armee war er 18 Jahre lang als Exportkaufmann bei den Textilunternehmen Fraas in Wüstenselbitz und Bodenschatz in Presseck tätig. Außerdem unterrichtete er an der FOS in Hof Englisch.

Edinas Passion ist die Objektkunst oder besser tragbare Kunst, die sie immer wieder auf „Modenschauen“ von ihrer Tochter und deren Freundinnen präsentieren ließ. Da werden auch schon mal Plastikflaschen, Kaffeetüten oder Zeitungen verarbeitet. Was daraus entsteht sind dann Beispielsweise äußerst fantasievolle Kostüme, etwa für den Fränkischen Theatersommer. Für die Don-Quijote-Produktion 2001 steuerte Edina Thern Bühnenbild und Kostüme bei. Es gibt fast nichts, was Edina Thern nicht zu Objekten verarbeitet. Das können dann auch schon mal Orangenschalen sein oder einen gläsernen Trinkstiefel, den sie unter dem Motto „Sucht und Gesundheit“ mit Zigarettenstummeln auffüllt. Ausstellungen und Auftritte führten sie unter anderem immer wieder ins Textilmuseum Helmbrechts, ins Bürgerzentrum Münchberg, ins Bayreuther Rathaus und an viele andere Orte.

Vorbilder hat Edina Thern nicht. „Ich orientiere mich an der Natur“, sagt sie. Inspirieren lässt sie sich von allem. „Sogar der Müll inspiriert mich“, so die 69-jährige. Aber nachahmen, das sei nicht ihr Ding, sie suche vielmehr immer ihren eigenen Stil. Dann aber zeigt sie doch einen Bildband des erst kürzlich verstorbenen japanischen Modeschöpfers Issey Miyake, der für seinen technoiden Stil bekannt ist.

„Es gibt viele verschiedene Sachen, die ich gerne mache“, sagt Edina Thern und zeigt Collagen aus Fotografien, digital gestaltete Bilder, verweist auf ihre Aktionskunstprojekte beim Spinalto-Festival in der Alten Spinnerei Mainleus und stellt ihr jüngstes Projekt mit geflüchteten Frauen aus der Ukraine vor. In Kronach portraitiert sie die Frauen mit der Kamera und die in Kulmbach ansässige VHS-Lehrkraft Katrin Sandhoff schreibt deren Geschichten auf. Gezeigt werden soll das Ganze ab Ende April, Anfang Mai in der Synagoge in Kronach.

Doch auch Robert Thern ist alles andere als untätig. Er beschäftigt sich mit Ikonen und ist kirchlich weit über das normale Maß hinaus engagiert. Er ist Beauftragter für die katholische Erwachsenenbildung, Wortgottesdienstbeauftragter und organisiert einmal im Jahr die „Egerer Wallfahrt“ vom tschechischen Eger nach Marienweiher

Zusammen organisieren die beiden seit Jahren die Lange Kulturnacht, bei der sie Künstler aus den sechs Oberlandgemeinden einladen, bildende Künstler, Chöre, Schauspieler oder den Musikverein Marktleugast. Der Saal des TSV-Sportheims sei zuletzt brechend voll gewesen. Abgerundet wird die Kulturnacht am nächsten Vormittag immer mit einem ökumenischen Gottesdienst und einem Frühschoppen. In einer ähnlichen Richtung arbeitet auch ihr Verein „Kultur auf der Höhe. Sein Ziel ist es, Theaterproduktionen, gerne auch mal Komödien oder Boulevardstücke, nach Presseck zu bringen. „Wir finden es toll, dass diese Gegend so lebendig ist“, sind sich Edina und Robert einig.

Daneben sind Edina und Robert auch im Kulmbacher Literaturverein unter anderem mit Lesungen aktiv. In den regelmäßig erscheinenden Themenbüchern sind meist auch immer Beiträgen von beiden zu finden. Robert schreibt Kurzgeschichten, Edina Gedichte, die sie auch in Collagen verarbeitet. Ihre Texte steuerten beide auch zu der Reihe „Fünf Minuten Kultur am Telefon“ bei, die während der Corona-Zeit auf großen Anklang gestoßen ist. Organisiert vom Landratsamt und bekannt gemacht über das Internet konnten sich Interessierte melden und Edina und Robert lasen ihnen am Telefon etwas vor. Mal was eigenes, ein anderes Mal auch Texte zum Beispiel von Otto Knopf. „Es waren aber nie wirklich fünf Minuten“, sagt Robert, einmal seien es sogar zwei Stunden gewesen. Die Zuhörer hätten oft sehr bewegt reagiert, zumal Robert mit kraftvoller Stimme auch gerne mal ein Volkslief anstimmte. Mal amerikanisch („Red River Valley“), mal deutsch (Ich bete an die Macht der Liebe“).

Eine große Werkschau mit Objekten, Pastellzeichnungen, Schiefergebilden und Collagen von Edina Thern ist für das Frühjahr 2024 im Textilmuseum Helmbrechts geplant. Unter dem Motto „33 Phasen“ will sie dort ihre verschiedensten Kunstrichtungen präsentieren und Workshops zum künstlerischen Umgang mit recycelbare Materialien anbieten.

Bild: Von Kunst umgeben: Edina und Robert Thern auf ihrem gemütlichen Couch im Wohnzimmer ihre Hauses in Elbersreuth.

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13.03.2023

Strukturen im Verborgenen / Farbe, Fläche, Form: Die Malerin Cornelia Morsch widmet sich der Flora und Fauna

Kulmbach. „Was andere machen, brauch ich nicht zu machen.“ Cornelia Morsch, Zeichnerin und Malerin aus Kulmbach liebt es, sich Nischen zu widmen. Ast-, Wurzel-, Blatt- und Blütenstrukturen gehören dazu, die sie mit spitzem Zeichenstift akribisch ausarbeitet. Auch imaginäre Räume schafft Cornelia Morsch in ihren perspektivisch angelegten Arbeiten. In Kulmbach ist sie als zweite Vorsitzende des Kunstvereins und jüngst als Initiatorin der Artothek bekannt geworden. Daneben unterrichtet sie Kunsterziehung am Caspar-Vischer-Gymnasium und gibt Kurse an der Volkshochschule.

„Ich war schon immer naturwissenschaftlich interessiert“, sagt Cornelia Morsch. Wenn sie sich zu Beginn ihrer künstlerischen Tätigkeit zunächst auch der Portraitmalerei gewidmet hatte, so ging ihr Blick mit der Zeit immer mehr in Richtung Natur. Dabei sei es ihr aber nie um die botanische Zeichnung gegangen, sondern vielmehr um „Zeichen im Verborgenen“. So lautet auch der Titel ihre Ausstellung, die im März und April in der Piano Galerie Pöhlmann in Himmelkron stattfindet.

Cornelia Morsch wurde in Coburg geboren, ging in Bamberg zu Schule und schloss 1983 ihr Studium der freien Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg mit dem Titel Akademische Malerin. Parallel dazu legte sie das erste Staatsexamen für Kunsterziehung an Gymnasien ab. Seitdem ist sie als freie Malerin tätig, seit 24 Jahren gibt sie Kurse an der Volkshochschule und seit 1999 unterrichtet sie die 5. bis 10. Klasen am CVG. Ihr Motto lautet dabei: „Kunst soll Spaß machen.“ Zumindest im Unterricht, denn als Profi könne man mit seinen Arbeiten eigentlich nie zufrieden sein. Dennoch sei es absolut wichtig, Schülern beizubringen, Kunst wahrzunehmen und ein Bewusstsein für Kunst zu schaffen.

Eine wichtige Erfahrung war für Cornelia Morsch ein vierjähriger Auslandaufenthalt in Kopenhagen. Die dänische Stadt besitze die höchste Dichte an Galerien. Auch in Kopenhagen und Umgebung hatte sie ihre Werke in den verschiedensten Ausstellungen gezeigt. Dort arbeitete sie ebenfalls als Dozentin für Erwachsenenkurse. Aus familiären Gründen verschlug es sie dann 2005 doch wieder nach Oberfranken und so landete sie mit ihrer Familie in Kulmbach.

Längst ist ihre bevorzugte Technik die Zeichnung, ob mit Kohle, Graphit, Farbstiften oder Tusche. Ganz am Anfang hatte sie auch mit Öl experimentiert, sogar plastische Arbeiten mit Metall waren anfangs mit dabei. Direkte Vorbilder hat Cornelia Morsch nicht. Zunächst seien es die Holländer, Hieronymus Bosch oder Pieter Bruegel gewesen, während des Studiums in Nürnberg habe natürlich auch die Auseinandersetzung mit Albrecht Dürer eine Rolle gespielt.

Zwischenzeitlich hat Cornelia Morsch ihre Arbeiten in Budapest, Bozen und sogar in Windkuk gezeigt. Ein europäisches Symposium führte sie im zurückliegenden Sommer ins österreichische Rust, wo sie zehn Tage lang arbeitete und ihre Ergebnisse in der dortigen Weingalerie präsentieren durfte. Die Ausstellung soll im Herbst dieses Jahres auch in Bayreuth gezeigt werden. Bayreuth verbindet mit dem österreichischen Burgenland eine Kulturpartnerschaft

Ein wichtiges Kapitel in der Vita von Cornelia Morsch ist die Gründung des Kulmbacher Kunstvereins am 3. Oktober 2009 zusammen mit damals 50 Mitstreitern. Eine echte Erfolgsstory, denn heute hat der Kunstverein rund 230 Mitglieder, davon an die 80 Aktive. Regelmäßige Ausstellungen, zunächst im Bäckerei- und Brauereimuseum, später in den Räumen in der Oberen Stadt und im Badhaus bereichern seitdem das kulturelle Leben Kulmbachs. Auch jetzt im März wieder, wenn sieben Künstler ihre Arbeiten in sieben verschiedene Techniken zu einem vorgegebenen Thema zeigen.

Jüngstes Kind der vielfältigen kulturellen Aktivitäten von Cornelia Morsch ist die Kulmbacher Artothek, eine von rund 200 derartigen Einrichtungen in Deutschland. Vereinfacht erklärt kann sich jeder ein Kunstwerk aussuchen und gegen eine entsprechende Gebühr für einen vereinbarten Zeitraum ausleihen. „Wir haben schon 13 Ausleihungen in der ersten Woche“, sagt Cornelia Morsch und sieht sich bestätigt, dass sie mit der Artothek auf dem richtigen Weg ist. Die Künstler stellen ihre Werke, die von einer unabhängigen Jury ausgesucht werden, dabei als Dauerleihgabe zur Verfügung.

Vita Cornelia Morsch:

Geboren in Coburg

Studium: Freie Malerei an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg und Staatsexamen für Kunsterziehung an Gymnasien

Auslandsaufenthalt: 2001 bis 2005 in Kopenhagen, Privatdozentin an der Sankt-Petri-Schule

Initiatorin der Gründung des 1. Kulmbacher Kunstvereins und ab 2009 Organisation von Ausstellungen

Preise (unter anderem): Preisträgerin der 40. Internationalen Hollfelder Kunstausstellung (2019), Kulturpreis der WGK Kulmbach (2013),

Bild: Die Malerin und Zeichnerin Cornelia Morsch in ihrem Atelier in Kulmbach.

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07.03.2023

Schmetterlinge und schräge Vögel / Orchideen in der Online-Galerie: Die Malerin Cordelia Maria Mertel hat die Natur zum Vorbild

Pechgraben. „Ich will einfach nur noch das malen, was mir gefällt.“ Das sagt Cordelia Maria Mertel. Die Malerin, die seit vielen Jahren in Pechgraben bei Neudrossenfeld lebt, ist nicht nur in ihrer Motivwahl ungewöhnlich breit aufgestellt, sondern auch was ihre Techniken angeht. „Es gibt viele, denen ich mit meinen Bildern eine Freude machen kann“, sagt sie, und weiter: „Das ist mir das Wichtigste“.

In Würzburg geboren und in Bayreuth aufgewachsen hat sie nach dem Abitur zunächst Völkerkunde, dann Kommunikationsdesign in Würzburg studiert und mit dem Diplom abgeschlossen. Ausgezeichnet mit dem Preis des Deutschen Kommunikationsverbandes BDW ist die Mutter zweier erwachsener Kinder seitdem freischaffend tätig. Lange Zeit gab sie Malkurse an verschiedenen Volkshochschulen, heute konzentriert sie sich auf Auftragsarbeiten. Gelegentlich zeigt sie ihre Bilder bei Ausstellungen in verschiedenen Galerien. Nachdem Cordelia Maria Mertel 2012 Richard Wagner und seine Werke in ihrer kräftigen Bildsprache umgesetzt und im Wagner-Jahr 2013 in einer Leipziger Galerie ausgestellt hat, widmete sie sich seitdem in großen Zyklen immer wieder Themen, die im weitesten Sinne mit der Natur in Verbindung stehen. „Mein größtes Vorbild ist die Natur“, sagt die vielfältig aufgestellte Künstlerin.

So entstanden beispielsweise ihre „Orchideen-Ideen“ mit lyrischen Texten, bei einer Ausstellung im nahen Heinersreuth zeigte sie „Schräge Vögel und anderes Getier“ und ein weiterer Zyklus trug den Namen „Falterfantasien“ mit Schmetterlingen als Symbol der Schönheit. Eine Zeitlang sei sie nur noch abstrakt unterwegs gewesen, im Augenblick zeichne sie mehr gegenständlich. Genauso bunt wie ihr Themenspektrum sind auch die Techniken, mit denen sie sich schon beschäftigt hat: Öl, Acryl, Buntstift, Kreide, Metall, Holz, Stein.

Immer wieder hat sie auch Auftragsarbeiten angenommen für öffentliche und private Kunden, die etwas Besonders suchen oder ein außergewöhnliches Geschenk. „Das war mit Corona aber erst einmal alles vorbei“, sagt sie und spricht vom „totalen Einbruch“. Keine Ausstellung, keine neuen Kunden, keiner durfte ins Atelier, auch das Hobby Gesang durfte sie nicht mehr ausüben: Nicht nur für bildende Künstler habe Corona einen echten Einschnitt bedeutet.

Allerdings hätten sich während dieser Zeit auch neue Dinge aufgetan. Sie hat seitdem eine Online-Galerie auf ihrem Instagram-Account erstellt. „Das war die einzige Möglichkeit Bilder zu zeigen“, sagt sie. Sie malt gerne bei Musik, wobei sie die Barockmusik liebt und sich gerne mit den Opern von Georg Friedrich Händel beschäftigt. „Ich höre gerne Countertenöre“, erzählt sie und schwärmt von dem Festival „Bayreuth Baroque“, das Anfang September wieder im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth stattfindet.

Bild: Cordelia Maria Mertel in ihrem Atelier in Pechgraben.

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27.02.2023

Kooperation statt Konkurrenz / Der musikalische Tausendsassa Valerij Efremov leitet drei Blaskapellen, spielt in mehreren Formationen und hat zahlreiche Schüler

Kulmbach. „Für mich steht die Musik an erster Stelle“, sagt Valerij Efremov. Der 55-Jährige hat sein Lebensziel erreicht: Musik zu Beruf zu machen und davon leben zu können. Als Staatlich geprüfter Ensembleleiter steht er an der Spitze von gleich drei großen Blaskapellen: dem Musikverein Kulmbach-Weiher, der Stadtkapelle Kupferberg und des Musikvereins Steinberg im Nachbarlandkreis Kronach. Um die 50 Schüler hat Valerij Efremov, die er in allen nur denkbaren Blechblasinstrumenten vom Tenorhorn bis zur Tuba, von der Posaune bis zum Waldhorn unterrichtet. Daneben ist er noch in einigen kleineren Formationen aktiv. Wenn es rockig wird, greift er auch gerne mal zum E-Bass.

Im Alter von sieben Jahren hatte der kleine Valerij begonnen, Musik zu machen. Das war noch in der ehemaligen Sowjetunion. Schnell war klar, das soll sein Beruf werden. Bis dahin war allerdings noch ein steiniger Weg zurückzulegen. Bei einem Militärorchester legte er seine Ausbildung ab und schloss mit einem Diplom als Orchesterleiter und einem weiteren Diplom in seinem Hauptinstrument der Tuba. Wie es der Zufall wollte, war er zur Zeit der Wende in Potsdam stationiert.

Deutschland sollte seine neue Heimat werden. Zunächst landete er in Fürth, dann in Lichtenfels, erst später kam er nach Kulmbach. Von der Musik zu leben, daran war zu dieser Zeit nicht zu denken. Also nahm er alle möglichen Hilfsarbeiterjobs zum Beispiel bei einer Dachdeckerfirma an. Doch die Musik war immer die große Liebe. Über die Caritas kam er in Burgkunstadt in Verbindung mit dem Posaunenchor, im Glockenturm der evangelischen Kirche, dort, wo es niemanden störte, übte er an den Abenden regelmäßig.

Schnell gelang es Valerij Efremov Kontakte zu knüpfen: zum Musikverein Altenkunstadt, zum Lichtenfelser Blechbläserquintett, zur „Big-O-Band“ Hof, die er als „Hofer Big Band“ sogar mitgründete. 2022 dann der erste Kontakt nach Kulmbach: Dirigent Thomas Besand lud ihn ein, an einer Probe der Stadtkapelle teilzunehmen. Immer wieder wirkte er seitdem bei der Kulmbacher Stadtkapelle mit, zwei Mal sogar als Solist bei den Neujahrskonzerten. Parallel dazu leitete er von 2006 bis 2009 den Musikverein Ludwigschorgast, 2019 übernahm er Kulmbach-Weiher, 2011 Kupferberg und 2019 Steinberg.

Notwendig war dazu allerdings noch ein Studium an der Berufsfachschule für Musik in Kronach. Sein sowjetischer Abschluss wurde hier nicht anerkannt und so musste er in Kronach den Abschluss als „Staatlich geprüften Ensembleleiter“ ablegen. „Erst dann durfte ich mich auch Berufsmusiker nennen“, sagt er.

Trotz Online-Unterrichts und zeitweisen Proben mit Abstand habe die Corona-Zeit schon so einige Probleme hinterlassen, beklagt Valerij Efremov. Nicht alle Musiker sind wieder zurückgekommen, so manche Formation habe sich in etwa halbiert und sei gar nicht mehr richtig spielfähig. „Dieses Problem ist noch nicht überall gelöst.“ Sein größter Wunsch ist deshalb auch, „dass sich alles wieder stabilisiert und besser wird“.

Auch wenn Valerij Efremov hauptsächlich in der traditionellen Blasmusik beheimatet ist, so gehört seine eigentliche Liebe dem Jazz. Der US-amerikanische Jazz-Trompeter Miles Davis ist denn auch einer seiner Lieblingsinterpreten, Louis Armstrong war ein frühes Vorbild. Klassisch hat Valerij Efremov eine enorme Bandbreite von Bach bis Tschaikowsky. Unvergesslich ist ihm sein Dirigat von Ravels Bolero beim gemeinsamen Konzert der Musikvereine Ludwigschorgast und Thurnau. Was er gerne noch machen würde: Orffs „Carmina Burana“, sagt er ganz spontan.

Einer seiner größten Wünsche in Sachen Musik ist es auch, dass die Musikvereine aus der Region mehr kooperieren, statt zu konkurrieren. Man helfe zwar einander aus, aber echte Kooperationen fänden viel zu wenig statt. Auch die Bemühungen um den Nachwuchs müssten dringend verstärkt werden, um das hohe Niveau der Blasmusik in der Region aufrechtzuerhalten.

Vita Valerij Efremov:

Geboren 1955 in der ehemaligen Sowjetunion.

Wohnhaft: seit 1991 in Oberfranken.

Dirigent: Musikverein Kulmbach-Weiher, Stadtkapelle Kupferberg, Musikvereins Steinberg

Hauptinstrument: Tuba

Bild: Valerij Efremov. Foto: privat

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20.02.2023

Der Mann in Sachen Posaunenchor / Hermann Weiß aus Neuenmarkt engagiert sich kirchlich, künstlerisch und gesellschaftlich in vorbildlicher Art und Weise

Neuenmarkt. „Mein ganzer Lebensweg ist eine Art Fügung“, sagt Hermann Weiß. Eine glückliche Fügung, möchte man hinzufügen. Alles aufzuzählen, was der 58-Jährige aus Neuenmarkt im kirchlichen und musischen Bereich so macht und gemacht hat, würde jeden Rahmen sprengen. Er ist nicht nur Leiter des Kulmbacher Bezirksposaunenchors, sondern unter anderem auch Prädikant, Mesner, Kirchenvorstand, Präside der Dekanatssynode, Mitglied der Schorgasttaler Blasmusik, des Blechbläserensembles QuintEssenz und Dozent im Nordbayerischen Musikbund. Er spielt das „Heavy Metal“: Posaune, Euphonium und F-Tuba unterrichtet auch diese Instrumente und lernt selbst aktuell das Spiel auf der Kirchenorgel.

Dabei hat der Tag des Vorruheständlers auch nur 24 Stunden. Doch die sind ausgefüllt mit jeder Menge Aktion. „Es gab Wochen, da hatte ich jeden Tag irgendeine Probe“, sagt er. Gestört hat ihn das kaum, denn es war eigentlich nie anders. Mit acht Jahren fing Hermann Weiß an, zunächst Trompete zu lernen, Mit dem Weihnachtslied „Es ist ein Ros´ entsprungen hatte er 1973 seinen ersten öffentlichen Auftritt. „So gesehen kann ich heuer mein 50-jähriges Bühnenjubiläum feiern“, sagt er augenzwinkernd. Bereits im Alter von zwölf Jahren gehörte er dem Bezirksposaunenchor an. „Ich bin so etwas, wie die graue Eminenz in Sachen Posaunenchor“, sagt er. Bekannt ist Hermann Weiß weit über Neuenmarkt hinaus, in Sachen Musik und in Sachen kirchliches Engagement.

Kein Wunder, wollte der kleine Hermann doch ursprünglich mal Pfarrer werden. Es ist eine dieser Fügungen, dass dies nicht geklappt hat. Denn Elektrotechnik war auch schon immer seins und so erlernte er nach dem Besuch der Carl-von-Linde-Realschule in Kulmbach erst einmal den Beruf des Fernmeldehandwerkers. Heute würde man Kommunikationselektroniker dazu sagen. „Ich bin ein Kind der Post“, sagt Hermann Weiß und zählt auf, was er in dem Bereich, den man damals als „graue Post“ bezeichnete, so alles gemacht hat. Unterbrochen von seiner Bundeswehrzeit war er unter anderem als Spleißer beim Baubezirk Bayreuth, in der Fernsprechentstörungsstelle und als Telefonanlagenbauer tätig. Später als aus dem Fernmeldedienst die Telekom wurde, arbeitete Hermann Weiß unter anderem im Auftragsmanagement für Geschäftskunden und verschiedenen anderen Positionen, zuletzt war er in Nürnberg tätig. In der Zeit der Grenzöffnung sorgte er für die Montage von Telefonanlagen in Sachsen und Brandenburg.

Neben dem Beruf spielte aber auch stets die Musik eine wichtige Rolle im Leben von Hermann Weiß. In der dritten Klasse begann er in Neuenmarkt Trompete zu lernen. Nur kurze Zeit später stieß er durch Zufall auf das, was er heute sein Hauptinstrument nennt, die Posaune. Von 1986 bis 2015 leitete er den Posaunenchor Neuenmarkt, von 2007 bis heute, von einer beruflich bedingten dreijährigen Unterbrechung abgesehen, den Bezirksposaunenchor.

Auch in der weltlichen Musik ist Hermann Weiß zuhause. In Kulmbach gehörte er dem ehemaligen CvL-Realschulorchester an, spielte er in der Städtischen Jugendkapelle, eine „echte Kaderschmiede und das nicht nur musikalisch“, wie er heute sagt. Hermann Weiß spielte in der Stadtkapelle Kulmbach mit, gehörte der Big Band „Swing Pink“ an, und ist seit 1999 Mitglied der Schorgasttaler Blasmusik,

Er besitzt die D-Prüfung als Posaunenchorleiter, besitzt das Goldene Leistungsabzeichen im Fach Baß-Posaune und hat die Prüfungen zum „Staatlich anerkannten Dirigenten für Blasorchester im Laienmusizieren“ erfolgreich absolviert.

Wenn es einmal nicht um Musik geht, dann hat Hermann Weiß auch noch Zeit für gesellschaftliches Engagement. Auf Landkreisebene gehört er dem Begleitausschuss von „Demokratie Leben“ und der Auswahlkommission für besondere Verdienste im ehrenamtlichen Bereich an.

Bild: Hermann Weiß in der Tracht des Musikvereins Ludwigschorgast.

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13.02.2023

Zeichner, Maler, Illustrator, Cartoonist und Rapper / Ein Kulmbacher in Bamberg: Andreas Woitzik (33) ist ein echtes Multitalent

Kulmbach/Bamberg. 600 Euro Strafe, weil er eine weiße Wand im öffentlichen Ram mit einem Graffiti „verschönert“ hatte. Andreas Woitzik muss noch heute schmunzeln über das, was ihm damals in Kulmbach passiert ist. Wie gut, dass der erste offizielle Auftrag als Graffiti-Künstler ebenfalls 600 Euro Honorar einbrachte. Gut, ein wirkliches Geschäft war das damals nicht. Doch es war eine Art Start in eine Welt des Zeichnens, der Illustration, der Malerei. Mittlerweile wird der heute 33-Jährige von Cafés, Bars und Firmen gebucht, um aus weißen Wänden echte Kunstwerke zu machen. Er illustriert Kinderbücher, gerne auch mal die Uni-Zeitung, hat den Skizzenblock voller Entwürfe und den Kopf voller Ideen.

„Ich habe schon immer gerne gezeichnet“, sagt Andreas Woitzik. Schon als Kind, damals in der Schule in Mainleus. Geboren und aufgewachsen ist er in Kulmbach, seit etwa zehn Jahren ist er in Bamberg zuhause. Dort hat er das Abitur nachgeholt, dort studiert er Kunst, Illustration und Kommunikationsdesign.

Schon im Alter von 16 Jahren durfte Andreas Woitzik Auftragsarbeiten durchführen. Mit 23 nahm er erstmals an einer Ausstellung teil. Bis Mitte Januar war eine 3er Reihe zum Thema „Wachstum“ im Kulmbacher Badhaus zu sehen. Schon mehrfach hat er im Bamberger Lichtspielkino, einem wichtigen Kulturort der Domstadt, ausgestellt.

Genauso vielfältig wie seine Tätigkeitsfelder sind die Techniken, in denen Andreas Woitzik arbeitet: Hauptsächlich sind es Aquarell- und Tuschezeichnungen, manchmal arbeitet er auch mit Acrylfarben. „Ich halte die Trennung von Zeichnen und Malerei für wenig sinnvoll und möchte sowohl den schnellen Schwung der Konturlinie als auch die farbige Flächigkeit in meinen Bildern verbinden. Und vor allem: Geschichten erzählen.“ Natürlich hat er auch Vorbilder. Andreas Woitzik nennt spontan den Berliner Maler mit dem Namen „Gris“ und die Hamburger Künstlerin Nicola Maier-Reimer. Deren Stil sein einfach „unfassbar genial“, schwärmt er.

Doch Andreas Woitzik ist nicht nur Zeichner, Illustrator, Cartoonist und Maler, er ist auch Rapper, und das recht erfolgreich. Seine Band, für die er die Texte schreibt und die Beats produziert, trägt den zugegeben etwas gewöhnungsbedürftigen Namen „B.I.B.S.N.“. „Wir machen lustigen Rap mit viel Wortwitz“, erklärt Andreas Woitzik. Auftritte gibt es längst nicht mehr nur in der Bamberger Region sondern auch schon mal in Bonn. In Würzburg hatte seine Formation sogar schon einen Freestyle-Contest gewonnen. Bald soll es ein neues Album geben.

Die zurückliegende Corona-Zeit sieht Andreas Woitzik mit gemischten Gefühlen. Musikalisch sei es „der totale Abbruch“ gewesen, schließlich hatte seine Band bis dahin mindestens zwölf Konzerte pro Jahr. Auf der anderen Seite hatte seine Kreativität aber massiv an Fahrt aufgenommen. „Alles, was ich längst im Kopf hatte, ist in den Skizzenbüchern gelandet.“ Und nicht nur dort: auch auf Instagram, Facebook und Youtube sind die Ergebnisse seines Schaffens zu Bewundern. Er habe vieles umsetzen können und regen Zuspruch dafür erfahren. Vor allem die heitere Seite seines Schaffens sei ihm wichtig gewesen: „Wo andere Pessimismus streuten, habe ich die Leute mit Humor gefüttert.“

Nach Kulmbach hat Andreeas Woitzik noch immer rege Verbindungen. Seine Eltern wohnen im Landkreis, einige Freunde besucht er regelmäßig. „Einmal pro Monat bin ich bestimmt in Kulmbach“, sagt er. Trotzdem: Bamberg ist sein Lebensmittelpunkt geworden „und wird es auch bleiben“. Hier sei die Lebensqualität schon extrem hoch.

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06.02.2023

Vom Gregorianischen Choral bis zum Blues / Der Name Conny Fischer Andreassohn ist untrennbar mit der Old Beertown Jazzband verbunden – Gründer der Carl-von-Linde Konzertband

Kulmbach. Ich kann mit Musik in all ihren Facetten etwas anfangen.“ Das sagt Konrad Fischer Andreassohn aus Fölschnitz. „In der Musik bin ich der Conny, so der 72-Jährige. Er war von 1973 bis 2014 als Musiklehrer an der Carl-von-Linde-Realschule tätig, gründete dort die Carl-von-Linde-Konzertband und feierte mit dieser Formation große Erfolge. Doch damit nicht genug. In den 1980er Jahren hatte er die Chöre aus Fölschnitz übernommen und zu Höchstleistungen gebracht und schon 1984 schlug die Geburtsstunde für die „Old Beertown Jazzband“, mit der er noch vor der Wende in der damaligen DDR aufgetreten war und die am 17. Juni 2023 ihr Abschiedskonzert im Mönchshof geben wird.

Conny Fischer Andreassohn stammt aus einer musikalischen Familie aus Friesen bei Kronach. Schon relativ früh sei ihm klar gewesen, dass die Musik in seinem Leben eine wichtige Rolle spielen soll. So studierte er am damaligen Konservatorium in Nürnberg Kontrabass, Klavier und Posaune. Nach weiteren Studienaufenthalten in Augsburg und Bayreuth und dem Technischen Zeichnen als zweites Studienfach strebte er die Schullaufbahn an. Schon im Herbst 1973 trat er seinen Dienst an der damaligen Staatlichen Realschule, der heutigen Carl-von-Linde-Realschule in Kulmbach an.

Conny Fischer Andreassohn erkannte schnell das musikalische Potenzial, das in dieser Schule steckte, und so stieß er verschiedene Ensembles und schließlich auch das Blasorchester, die Carl-von-Linde-Konzertband, an. Sie existierte bis zu seiner Pension 2014 und erhielt 1999 sogar den Kulturpreis des Landkreises Kulmbach.

„Wir haben uns in den 1970er Jahren schnell zu einem hörbaren Klangkörper entwickelt“, stellt er im Nachhinein fest. Unvergessen sind etwa Auftritte in der Villa Hammerschmidt in Bonn vor dem damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens oder in Kulmbachs Partnerstadt Rust vor dem österreichischen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger. Der Stamm des Orchesters sei mit 17, manchmal 18 Musikern aus Kasendorf gekommen. Zeitweise hätten viele Ehrenamtliche mitgewirkt, so dass zwei Generationen gleichzeitig im Orchester waren. Freilich sei die Arbeit mit der Konzertband weit über das schulische Engagement hinausgegangen. „Es war schon eine zeitaufwändige Geschichte“, sagt er. Und weiter: „Wir waren fast wie eine große Familie.“

Parallel dazu übernahm Conny Fischer Andreassohn in den 1980er Jahren den Gemischten Chor 1896 Fölschnitz, den er einige Jahre leitete. Als zweite Chorformation kam der Männerchor der Chorvereinigung Fölschnitz-Kauerndorf dazu. „Ich war schon immer breit aufgestellt, sagt er und freut sich, dass er für fast jede Musikrichtung zu haben ist, vom Gregorianischen Choral bis zum Blues.

Zusammen mit Bernd Meile kam Conny Fischer Andreassohn Anfang der 1980er Jahre auf den Trichter, einen Versuch in Richtung Jazz zu starten. Erst Proben fanden in der Musikschule statt und schon bald schlug die Geburtsstunde der Old Beertown Jazzband. Neben Bernd Meile gehörten auch der unvergessene Udo Koch, der frühere Kulturreferent Rupprecht Konrad und der Trompeter und väterliche Mentor Werner Beyerlein zur Stammbesetzung.

Zwei Daten sind Conny Fischer-Andreassohn unauslöschlich im Gedächtnis geblieben: der 9.Juli 1987 und der 6. November 1988. Zunächst gab es 1987 ein gemeinsames Konzert mit der Dresdner Semperhouse Jazzband mit Opernstar Gunter Emmerlich im damaligen Vereinshaus. Gut ein Jahr später startete ein aus heutiger Sicht historischer Sonderzug von Kulmbach in Richtung Dresden. Was heute Selbstverständlich kljngt, war vor dem Fall des Eisernen Vorhangs eine echte Sensation.

Die echte Freundschaft, die damals begonnen hatte, gipfelte 2015 in einer Einladung zum Dixieland-Festival nach Dresden, eines der größten Festivals dieser Art. Die Old Beertown Jazzband trat damals vor 2000 Leuten in der Prager Straße auf, für Conny Fischer Andreassohn ebenfalls ein unvergessliches Erlebnis.

Den nächsten Coup plant der umtriebige Musiker für den 17. Juni 2023. Dann will die Old Beertown Jazzband ihr Abschiedskonzert im Mönchshof geben. Es ist die 13. Moonlight-Serenade seit 2008 und dabei sein wird einmal mehr die Dresdner Formation, die mittlerweile „Micha Winkler´s Hot Jazzband“ heißt. Bisher habe man mit dem Wetter stets Glück gehabt, egal ob Anfangs in Wernstein oder später in Thurnau. Auch diesmal wird wieder der Lions-Club Kulmbach-Plassenburg und die Kulmbacher Brauerei mit im Boot sein.

Wer bei der Moonlight-Serenade mit Conny Fischers Andreassohns Old Beertown Jazzband und „Micha Winkler´s Hot Jazzband“ aus Dresden am 17. Juni im Kulmbacher Mönchshof dabei sein möchte, der muss sich beeilen, denn der Vorverkauf läuft bereits seit Weihnachten und viele Fans haben sich bereits mit Tickets eingedeckt.

Vita:

Geboren: 1950

Studium: Konservatorium Nürnberg

Instrumente: Kontrabass, Klavier, Posaune

Beruf: Lehrer für Musik und Technisches Zeichnen an der der Carl-von-Linde-Realschule

Formationen: Carl-von-Linde-Konzertband, Gemischter Chor 1896 Fölschnitz, Old Beertown Jazzband

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30.01.2023

„Das Auge hört mit“ / Er ist „Mister Barfly“: der Bandleader Karsten Friedrich interessiert sich für alle Musikrichtungen

Kulmbach. „Dezent aber präsent“: das ist das Motto der Band „Barfly“. Ob Tanzschule, Vernissage, Sommerfest in der Eremitage, Abschlussfeier, Geburtstag, Neujahrsempfang, Firmenevent oder Schulball. Es wird kaum jemand geben, der noch nichts von dieser außergewöhnlichen Formation gehört hat. Ihren Ursprung hat „Barfly“ in Kulmbach. Von hier kommt auch der Bandleader Karsten Friedrich (50), Schlagzeuger, Pianist, Sänger, Musiklehrer und vieles mehr

Seit 2003 gibt es „Barfly“, seitdem ist die Band europaweit unterwegs. „Wir haben 300 bis 400 Songs im Gepäck“, sagt Karsten Friedrich und spricht von einem nahezu unendlichen Repertoire. Auch wenn der Auftritt sechs Stunden dauert: „Wir spielen keinen einzigen Titel zwei Mal.“ Von Frank Sinatra bis AC/DC, von chilliger Dinner-Musik bis hin zu Standard- und Lateintänzen, von verträumten Pop-Songs bis hin zu jazzigen Klängen. Längst ist die Band nicht mehr nur deutschlandweit gefragt, es gab Auftritte in der Schweiz Österreich oder auf Mallorca. Karsten Friedrich gibt sich trotzdem bescheiden. Der wichtigste, interessanteste und schönste Auftritt, das sei stets der aktuelle, sagt er.

Angefangen hat das alles mit zehn Jahre, als Karsten Friedrich das Klavier entdeckte. Das Schlagzeug kam drei Jahre später dazu. Musikschule Kulmbach, Jugendkapelle Kulmbach, das waren die klassischen Stationen. Nach der Schule dann ein Studium an der Musikhochschule in Nürnberg mit dem Abschluss unter anderem als Diplom-Schlagzeuger und als Diplom-Pädagoge für Schlagzeug und Jazz.

Das Unterrichten ist ihm wichtig. An der Musikschule in Kulmbach, viele Jahre auch an der Musikschule in Bayreuth, zeitweise auch an der Hochschule für Evangelische Kirchenmusik in Bayreuth. In die klassische Ecke wollte er trotzdem nicht. „Ich war stets an allen Musikrichtungen interessiert, sagt er. Und genau diese Vielfalt, die ihm so am Herzen liegt, hat er in „Barfly“ gefunden. Aktiv Werbung hat die Band nie gemacht, alles lief über Mund-zu-Mund-Propaganda. Silvesterfeiern, Firmenfeiern, Frühschoppen bei Alexander Herrmann oder Auftritte in Tanzschulen sollten schon bald folgen.

Noch so eine Besonderheit der Band: „Wir gehen nie mit einer Setlist ins Programm.“ Stets versuchten er und seine Mitstreiter Peter Groß (Klarinette, Saxophon, Querflöte und Gesang), Paul Braun (Bass und Gesang) sowie Mike Müller (Schlagzeug) ganz individuell auf das Publikum einzugehen. „Wir lassen uns da nicht festlegen.“ Doch klanglich sei der „Barfly“-Sound trotzdem unverwechselbar. Selbst die Optik ist ihnen wichtig: „Wir treten stets im Anzug und mit dem weißen Flügel auf“, denn „das Auge hört schließlich mit“.

Auf 80 bis 100 Auftritte kommt „Barfly“ pro Jahr, wenn nicht gerade Corona ist. Doch auch diese Zeit haben Karsten Friedrich und seine Musiker kreativ genutzt. „Wir sind noch intensiver in die Musik eingetaucht.“ Das gelte aber nicht nur für die Musiker, auch das Publikum nehme die Musik inzwischen intensiver wahr. Selbst der Unterricht konnte fortgesetzt werden, nur eben online.

Wer „Barfly“ in einer ganz besonderen Konzertatmosphäre einmal live erleben möchte, der hat dazu am Sonntag, 11. Juni auf der Naturbühne Trebgast Gelegenheit. Dort geben „Barfly“ ein konzertantes Gastspiel zusammen mit der Prager Geigerin Monika Romanovska.

Vita Karsten Friedrich:

Instrumente: Klavier, Schlagzeug

Ausbildung: Hochschule für Musik in Nürnberg

Abschluss: Staatlich geprüfte Orchestermusikerreife, Diplompädagoge für Schlagzeug und Jazz.

Aktuelle Tätigkeiten: Schlagzeuger, Schlagzeuglehrer, Pianist, Sänger und Bandleader.

Bilder:
1.
 Karsten Friedrich in Action.
2.
 „Barfly“ mit (von links): Paul Braun, Karsten Friedrich, Peter Groß und Mike Müller.
3.
 „Barfly“ bei einem der zahlreichen Live-Auftritte mit (von links): Karsten Friedrich, Paul Braun, Peter Groß und Mike Müller.

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23.01.2023

Von plastischen Dingen zu praktischen Arbeiten / Preisgekrönte Keramik aus Berndorf: Julia Tittmann wandelt erfolgreich auf den Spuren ihres Vaters Claus Tittmann

Berndorf. Es ist selten, dass es Vater und Tochter im gleichen Metier zur Meisterschaft gebracht haben. Bei Familie Tittmann aus Berndorf ist der Fall eingetreten. Vater Claus und Tochter Julia haben sich weit über die Grenzen des Kulmbacher Landes hinaus einen Namen gemacht. Viele Werke von Claus Tittmann sind im öffentlichen Raum zu sehen, er ist unter anderem Träger des Bayerischen Staatspreises, des Oberfränkischen Designpreises und seit wenigen Wochen auch des Kulmbacher Kulturpreises. Tochter Julia hat einen Lehrauftrag für Kunsterziehung an den beiden Kulmbacher Gymnasien und gibt ihr Wissen und Können gerne an die junge Generation weiter.

In die Wiege gelegt war die Kunst Claus Tittmann aber keineswegs. Sein Vater hatte ein angesehenes und gefragtes Architektur- und Ingenieursbüro in Düsseldorf und war für viele Kunden aus dem Bereich der Großindustrie tätig. Claus hätte das Büro eigentlich weiterführen sollen, doch es kam alles ganz anders.

„Ich hatte schon immer eine Affinität zur Kunst“, erinnert sich Claus Tittmann heute. In Leipzig geboren, in der Altmark aufgewachsen, kam er durch die Verbundenheit des Vaters mit der Ireks-Gründerfamilie Ruckdeschel mit 14 Jahren nach Kulmbach und legte am Markgraf Georg-Friedrich-Gymnasium sein Abitur ab. Danach zog es ihn erst wieder einmal ins Rheinland. In Düsseldorf absolvierte er eine Maschinenbauerlehre, danach schloss er an der Akademie für angewandte Technik in München ein Studium zum Maschinebauingenieur ab. Als Bauleiter betreute er in der Folgezeit das eine oder andere Großprojekt. Die Erfahrungen aus all diesen Tätigkeiten kommen ihm heute bei seinen Metallarbeiten wieder zugute.

Doch nebenbei widmete sich Claus Tittmann schon damals der Kunst. Am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt, der heutigen Hochschule für bildende Künste, studierte er Graphische Techniken. Dann ging es zurück nach Kulmbach. Der Vater war inzwischen verstorben, das Büro in Düsseldorf abgewickelt, als er auf Vermittlung des Malers und Keramikers Günther Stüdemann die angesehene Staatliche Berufsfachschule für Keramik in Landshut besuchte und dort seinen Meister machte. Nach einem Praktikum in einer schlesischen Töpferei in Leutershausen und einen eindrucksvollen Japan-Reise stand für Claus Tittmann die berufliche Umorientierung zum Keramiker und Plastiker fest: „Das ist es, was ich machen möchte.“

In Berndorf fing er ganz klein an. Der erste Brennofen war noch in der Garage aufgebaut. 1975 gab es eine erste kleine Ausstellung in den Räumen der hiesigen Sparkasse. Erst 1980 kam eine richtige Werkstatt dazu, die seitdem immer wieder vergrößert und erweitert wurde. Im Jahr 2000 wurde schließlich die repräsentative Galerie im ehemaligen großen Scheunengebäude eröffnet. Aktuell gibt es dort zwei Mal pro Jahr eine größere Ausstellung. Eine Frankfurter Galeristin kümmert sich um das Werk von Claus Tittmann, an vielen nationalen und internationalen Ausstellungen ist er teilweise seit Jahrzehnten beteiligt.

Angefangen hatte er mit praktischen Dingen, wie er es nennt, also Gefäße, Tassen oder Schalen. Heute macht er in der Regel nur mehr plastische Arbeiten. Allerdings längst nicht mehr nur Keramik, sondern auch Arbeiten in Metall und Bronze. Dazu gehören etwa die Jean-Paul-Denkmäler an der Rollwenzelei in Bayreuth und im Jean-Paul-Gymnasium Hof, oder das Portrait Lucas Cranachs des Jüngeren in Kronach, eine Mensch-Tier-Plastik in der Cafeteria des MGF, ein Denkmal für Thurnaus italienische Partnerstadt Positano oder eine Bronzebüste für den Komponisten Carl Maria von Weber zum 200. Jahrestag der Uraufführung seiner Oper „Der Freischütz“.

Zwei Kinder hat das Ehepaar Claus und Brigitta Tittmann: Sohn Martin ist als Fotograf in Frankfurt tätig, Tochter Julia wandelt überaus erfolgreich auf den Spuren des Vaters und hat sich längst selbst einen Namen in der Szene gemacht. „Ich war immer mit beim Vater in der Werkstatt“, sagt sie. Nach ihrer Zeit als Au-Pair-Mädchen in England bewarb sie sich ebenfalls an der Staatlichen Berufsfachschule für Keramik in Landshut und schloss nach drei Jahren als Staatlich geprüfte Keramikerin ab. In der inzwischen umgebauten alten Werkstatt des Vaters konnte sie von nun an ihre eigenen Ideen und Pläne verwirklichen.

Als Seiteneinsteigerin unterrichtet sie in der fünften bis neunten Jahrgangsstufe Kunsterziehung an den beiden Kulmbacher Gymnasien, zweitweise hatte sie auch eine Lehrtätigkeit am Frankenwaldgymnasium in Kronach und im Jahr 2000 hatte sie sogar einen Kurs im US-amerikanischen Seattle gegeben. Der Schwerpunkt von Julia Tittmann liegt neben Gefäßen vor allem auf figürlichen Objekten. Vögel, Tiere, Zirkusreiter und Artisten haben es ihr angetan. Auch Julia Tittmann hat bereits im In- und Ausland ausgestellt, Arbeiten von ihr sind unter anderem im Grassi-Museum für angewandte Kunst in Leipzig, aber auch im Thurnauer Töpfermuseum zu sehen.

Bilder:
1.
 Vater Claus und Tochter Julia Tittmann in ihrer Galerie in Berndorf bei Thurnau.
2.
 Claus Tittmann ist erst vor wenigen Wochen mit dem Kulturpreis ausgezeichnet worden.
3.
 Julia Tittmann liebt figürliche Objekte und unterrichtet Kunsterziehung an den beiden Kulmbacher Gymnasien.

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16.01.2023

Zufälle bestimmten sein Leben / Mangersreuth, München, Las Vegas: Andi Häckel hat als Musiker alles erreicht

Kulmbach. „Was ich mache und wie ich lebe, ist für mich ein Traum.“ So klingt jemand, der mit sich im Reinen ist. Andi Häckel ist mit sich im Reinen. Doch nicht nur das, der 50-Jährige ist heute dort angekommen, wo er immer hinwollte. Seit bald 25 Jahren gehört er zur Stimmungs- und Schlagerband „Münchner Zwietracht“, ist mittlerweile sogar deren musikalischer Leiter. Zuvor war Andi Häckel als Profimusiker mit vielen namhaften Künstlern des nationalen und internationalen Musikgeschäfts auf Tour, im Fernsehen und auf den verschiedensten Alben präsent und gehörte viele Jahre dem „Schwarzwald-Express“ an.

Andi Häckel ist aber auch noch etwas anderes: leidenschaftlicher Kulmbacher. „Aus Mangersreuth bringt mich keiner weg.“ Das sagt einer, der schon fast die ganze Welt bereist hat. Ob in Brasilien, Mexiko, Spanien, Südkorea oder den USA: Andi Häckel stand mit der Münchner Zwietracht auf vielen Bühnen dieser Welt. „Für mich ist Musik mein Lebensinhalt“, sagt er und lehnt sich in seinem Tonstudio zuhause entspannt zurück. Andi Häckel verspricht, alles zu geben, „damit diese wunderbare Band noch viele Jahre bestehen kann“.

Die Musik war dem jungen Andi eigentlich schon in die Wiege gelegt worden. Der Vater war als Alleinunterhalter unterwegs, zusammen mit Mutter und Tante bildeten sie das Häckel-Trio. „Ich war immer mit dabei und wusste bald, dass ich Musiker werden will“, sagt Andi Häckel heute. Zunächst musizierte er mit dem Vater, dann nahm er Klavierunterricht und in einem Alter, in dem andere noch mit Modellautos spielen, gründete er seine erste Band.

So um die zwölf dürfte er gewesen sein, als er bei Tanz- und Faschingsveranstaltungen seines Trios am Schlagzeug saß. Die Eltern fuhren ihn damals zu den Auftritten und holten ihn wieder ab. Nach der Hauptschule besuchte Andi Häckel die Berufsfachschule für Musik in Kronach mit Schlagzeug und Percussion als Hauptfach, Klavier als Pflichtfach und Posaune als Wahlfach. Ganz nebenbei machte er dann auch noch die Mittlere Reife nach und schloss als „Musikalischer Leiter Laienmusik“ und als „Staatliche geprüfter Chorleiter“.

Danach folgte mit der „Hochschule des Saarlandes für Musik und Theater“ die Musikhochschule in Saarbrücken. Dort schloss er mit einem Diplom als Orchestermusiker und einem weiteren Diplom im Fach Musikerziehung. Mit 22 Jahren, wenn andere gerade anfangen, über ihren weiteren Lebensweg nachzudenken, war Andi Häckel fertig. Eine glückliche Fügung sollte von nun an der anderen folgen. In den Schoß gefallen ist ihm aber nichts. „Da habe ich mich hochgearbeitet und musste wirklich kämpfen.“

Zunächst schloss er sich den „Franken“ an, ein damals weit über die Region hinaus bekanntes und semiprofessionelles Ensemble um den unvergessenen Kulmbacher Udo Koch. Schon bald folgte für Andi Häckel der endgültige Schritt in Richtung Profimusiker. Als Keyboarder und Akkordeonist stieg er in eine Münchner Band ein, die prominente Künstler wie Patrick Lindner, Stefanie Hertel, die Klostertaler oder auch Ivan Rebroff auf ihren Tourneen begleitete. Schon bald stellte Andi Häckel fest: „Das ist meine Welt“. In einer Zeit, in der noch jeden Abend volkstümliche Schlagersendungen im TV liefen, produzierte Andi Häckel, Marianne und Michael oder Stefan Mross. Er war auf Tournee mit Karl Moik, Ramona Leiß und Steiners Theaterstadl, einmal durfte er sogar mit Robin Gibb, einem der Bee Gees, auftreten.

Über eine Plattenfirma kam er zum „Schwarzwald-Express“, eine Gruppe, die unter anderem besonders auf Oberkrainer-Klänge setzte. Bis 1999 war er deren musikalischer Leiter, managte die Band und ging auf Tourneen durch ganz Deutschland und die Nachbarländer. Nebenbei arrangierte er ganze Alben, etwa für Captain Cook und seine singenden Saxophone, ehe wieder einer dieser Zufälle, die sein Leben bestimmten, Realität wurde. Durch Zufall erfuhr er, dass die „Münchner Zwietracht“ einen Keyboarder sucht. „Seitdem hat mich die Zwietracht gefressen“, sagt er ohne Umschweife.

Dazu muss man wissen, dass Andi Häckel schon als Student von der Partyband schwärmte. „Ihr Auftritt bei Maisels Weissbierfest hat mich damals platt gemacht.“ Sogar einen gemeinsamen Auftritt von „Schwarzwald-Express“ und „Münchner Zwietracht“ gab es irgendwo im Ruhrgebiet.

Mit der 1991 gegründeten „populärsten Oktoberfestband der Welt“ hat Andi Häckel alles erlebt, was man als Musiker erleben kann: einen Auftritt in der Welthauptstadt des Showbusiness Las Vegas, TV-Sendungen, Tourneen und die Zusammenarbeit mit dem schillernden Modeschöpfer Rudolph Moshammer. Mit ihm nah die „Münchner Zwietracht im Jahr 2000 den Titels „Mooshamma“ auf, ein Song, der sich sogar unter die TOP 100 der Single-Charts platzierte. 2001 kam es, ebenfalls zusammen mit Rudolph Mooshammer, zur Teilnahme am deutschen Vorentscheid zum Grand Prix Eurovision de la Chanson mit dem Titel Teilt „Freud und Leid“. Nicht zu vergessen: 2019 trat die „Münchner Zwietracht“ zum ersten und bislang einzigen Mal bei der Kulmbacher Bierwoche auf.

Den großen Erfolg der „Münchner Zwietracht“ führt Andi Häckel hauptsächlich darauf zurück, dass es eine Generationenband ist, wie er sagt. Und damit, dass es keinen typischen Frontman gibt, mit der die Band steht und fällt. Die Corona-Zeit haben er und seine fünf Mitstreiter genutzt, „um nicht von der Bildfläche zu verschwinden“. Heuer feierte die Band ihr 30-jähriges Bestehen, im kommenden Jahr werden Andi Häckel und „Münchner Zwietracht“ dann wieder voll durchstarten

Wenn er mal nicht mit der „Münchner Zwietracht“ unterwegs ist, dann genießt Andi Häckel das Leben, wie er sagt. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder, ist leidenschaftlicher Fan des FC Bayern München und kennt sich als ausgebildeter Diplom-Bier-Sommelier bestens mit der heimischen Wirtshauskultur aus.

Bild: Andi Häckel in Aktion. (Foto: Ernst Huber)

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09.01.2023

Tabori, Thannreuther und Taxi, Taxi / Egal ob Kinderstück, Kriminalkömödie oder Klassiker: Schauspieler Georg Mädl ist an Vielseitigkeit kaum zu überbieten

Er ist Schauspieler durch und durch: Georg Mädl (42) aus Kulmbach. Ob Buschklopfer oder Schauhaufen, Troschenreuther Mundarttheater oder Dorfbühne Marktschorgast, Studiobühne Bayreuth oder Faust Festspiele. Sein Name taucht überall auf den Programmzetteln auf. Genauso vielfältig wie sein Wirkungsbereich sind seine Vorlieben: Klassiker, Kinderstück, Boulevard oder Problemstück, Georg Mädl ist in jedem Metier zuhause, egal ob als Schauspieler oder als Regisseur. „Ich bin auf nichts wirklich festgelegt“, sagt er von sich selbst. Eine Herausforderung sei das freilich schon, aber Georg Mädl hat ein Ziel vor Augen: „Ich möchte mein Publikum unterhalten, denn dafür ist es ja ins Theater gekommen“.

Begonnen hatte die Theaterbegeisterung schon sehr früh. Es gibt ein Foto, dass den kleinen Georg zeigt, wie er in dem Märchen Dornröschen einen Prinzen spielt, als fünfjähriger Knirps im Himmelkroner Kindergarten. An die Ausflüge zu den Kinderstücken auf der Naturbühne Trebgast oder auf der Luisenburg kann er sich noch gut erinnern, ebenso an die Aufführungen des Kasperltheaters in der Schule. Später, als die Familie nach Burghaig gezogen war und Georg Mädl das Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium besuchte, sollte erweitere Theater-Erfahrungen sammeln, als ihm seine Deutschlehrerin den Grundkurs Dramaturgie und Gestalten empfohlen hatte.

Noch vor der Jahrtausendwende, Georg Mädl leistete bei der Evangelischen Jugend gerade seinen Zivildienst ab, kam er in Kontakt mit den Buschklopfern. Eine Zusammenarbeit, die bis heute hält, längst ist deren zweiter Vorstand. Der Einakter „Die schlaue Witwe“ von August von Kotzebue war das erste Abendstück, bei dem Georg Mädl mitwirkte. Die Buschklopfer seien damals ja das einzige Theaterprojekt in Kulmbach gewesen, erinnert er sich sogar noch an seine allererste Probe. Geprobt wurde im damaligen Fotostudio des heutigen Schauspielkollegen Rüdiger Baumann, gespielt wurde in der damaligen Mangersreuther Dorfschänke.

Schnell wurde auch die Naturbühne Trebgast auf Georg Mädl aufmerksam und schon durfte er einen der Studenten aus Auerbachs Keller in Goethes „Urfaust“ spielen. „Keine große Rolle, aber eine sehr schöne Erfahrung.“ „Ich war dermaßen Feuer und Flamme, dass ich alles gespielt habe, was irgendwie möglich war“, beschreibt er seine Eindrücke aus damaliger Zeit und so ging es fortan Schlag auf Schlag.

Im Rahmen seines Zivildienstes machte er in den Kindergärten den Nikolaus, mit den Buschklopfern zog er als böser Feuerdrache Mondragur von Schulaufführung zu Schulaufführung. Georg Mädl wirkte in Wiliam Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ und im „Sommernachtstraum“ mit, sammelte Boulevard-Erfahrung in Ray Cooneys Komödie „Taxi, Taxi“ und absolvierte ganz nebenbei auch noch ein Studium der Theater- und Medienwissenschaften in Erlangen, wo er sich einem Experimentiertheater anschloss.

„Dort habe ich sehr viel gelernt“, sagt er heute. Er stellt aber auch fest: „Ich wollte praktische Arbeit leisten“. Sprich. Georg Mädl zog es immer mehr auf die Bühne. Nachdem es mit einer Schauspielschule nicht klappte, erlernte er trotzdem erst einmal einen Brotberuf und schloss als Fremdsprachenkorrespondent ab, um gleich darauf bei der Studiobühne in Bayreuth große Theaterluft zu schnuppern. Mehrfach wirkte er in Wagner-Adaptionen („Thannreuther“) von Uwe Hoppe im Steingraeber-Hoftheater mit, gab zur Adventszeit 50 Mal am Stück den Peter in „Peterchens Mondfahrt“ und spielte in dem grotesken Theaterstück „Mein Kampf“ von George Tabori sogar die Figur des Adolf Hitler.

In Kulmbach waren inzwischen der „Schauhaufen“ und „Das Baumann“ dazugekommen. Längst glänzte Georg Mädl auch mit ersten Regiearbeiten, ehe er mit dem Troschenreuther Mundarttheater sogar im Nürnberger Raum auftrat, bei den Faust-Festspielen in Pegnitz gastierte und mit der Studiobühne Bayreuth auch Freilichttheater in der Eremitage und im Felsentheater von Sanspareil spielte.

„Egal ob schwerer, oder leichter Stoff, ich will die Zuschauer bewegen“, sagt Georg Mädl. Sie sollen mitfiebern, sich freuen, oder auch mal Fragen stellen. Eine Lieblingsrolle hat er nicht. „Ich habe schon so viele Rollen gespielt.“ Auch so viel erlebt, könnte man hinzufügen. Beispielsweise als bei Richard Wagners Jugendwerk „Leubald“ das Knie versagte und er in der Folge den Puck im „Sommernachtstraum“ auf Krücken verkörpern musste.

Aktuell steht mit den Buschklopfern das Kinderstück an, ehe im Januar Ray Cooneys Kriminalkomödie „Außer Kontrolle“ ansteht, in der Georg Mädl wieder einmal Regie führt.

Vita: Georg Mädl

Alter: 42

Geboren in Himmelkron

Schule: Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium Kulmbach

Zivildienst: Evangelische Jugend Kulmbach

Studium: Theater- und Medienwissenschaften in Erlangen

Gelernter Beruf: Fremdsprachenkorrespondent

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02.01.2023

Bodenständiger Typ mit Leidenschaft für die Musik / Thomas Besand leitet die Stadtkapelle Kulmbach und den Musikverein Burgkunstadt

Kulmbach. „Musik zum Anfassen“ soll es sein, keine Musik, die nur für ein Fachpublikum interessant ist. Für Thomas Besand, dem langjährigen Dirigenten der Kulmbacher Stadtkapelle  war es von Anfang an wichtig, eine große Bandbreite anzubieten. So reichen die Programme der traditionellen Neujahrskonzerte vom Klassischen bis zum Modernen, von der Ouvertüre, dem Konzertwalzer und der Polka, über konzertante klangvolle Märsche bis hin zur Filmmusik oder zum Big-Band-Sound.

Seit 32 Jahren leitet Thomas Besand die Stadtkapelle Kulmbach. Das Neujahrskonzert 2023 ist das 30. Unter seiner Stabführung. Für den 57-Jährigen ist gerade dieses Konzert das große Highlight im Jahreslauf. Auch deshalb, weil es seit vielen Jahren nicht nur in Kulmbach, sondern auch in Naila und in der Partnerstadt Saalfeld stattfindet. Man kennt die Stadtkapelle unter Thomas Besand aber auch von der musikalischen Ausgestaltung der jährlichen Bierfesteröffnung oder von der Serenade auf dem Marktplatz. 1996 schaffte es das Blasorchester sogar in die ZDF-Sendung „Lustige Musikanten“, wenige Jahre später gab es einen denkwürdigen Auftritt mit dem renommierten Landespolizeiorchester Brandenburg im Schönen Hof der Plassenburg.

1965 im nordhessischen Eschwege geboren, kam Thomas Besand 1979 mit seiner Familie ins Kulmbacher Land. Beim legendären Leopold „Poldi“ Schott und bei Hans Fiedler durchlief er eine umfassende musikalische Ausbildung und war als Hornist schon bald ein gefragter Musiker in verschiedenen Ensembles. Über die Internationale Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken Haus Marteau war Thomas Besand mit dem damaligen künstlerischem Leiter Günther Weiß, dem Vizepräsidenten der Münchner Musikhochschule, in Kontakt gekommen. Er vertraute Thomas Besand schon bald die eigenständige Leitung von Satz- und Orchesterproben des oberfränkischen Jugendsinfonieorchesters an.

Mit 18 Jahren hatte es sich der der Stadtkapelle angeschlossen, als 1991 ein Nachfolger für den ausgeschiedenen Hans Fiedler gesucht wurde, übernahm er als junger Dirigent die Leitung. Durch purem Zufall wurde zur gleichen Zeit die Tradition der bis heute stets ausverkauften Neujahrskonzerte gegründet. „Eigentlich hätte es ein Herbstkonzert zum 140-jährigen Bestehen der Stadtkapelle werden sollen“, erinnert sich Thomas Besand. Aufgrund eines Unfalls musste das Konzert auf Anfang Januar verschoben werden. Ein Termin, der so bis heute Geltung hat.

Dabei ist die Stadtkapelle Kulmbach nicht das einzige Blasorchester, das Thomas Besand leitet. Seit 1996 steht er auch an der Spitze des Musikvereins Burgkunstadt. „Ich fühle mich beiden Orchester eng verbunden“, sagt er. Für beide sei er mit der gleichen Leidenschaft tätig.  Bei beiden Formationen ist er mittlerweile Ehrendirigent, eine Auszeichnung, die nur ganz selten während der aktiven Zeit vergeben wird.

Auch andere Auszeichnungen hat er immer wieder bekommen. 2016 erhielt er von der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände die Dirigentennadel in Gold mit Diamant. 2019 wurde er mit dem Kulturpreis des Kulmbacher Landkreises aufgezeichnet, und erst vor wenigen Monaten erhielt er mit der Stadtmedaille eine der höchsten Auszeichnungen die Kulmbach zu vergeben hat. Die größte Auszeichnung sind für ihn allerdings gut besuchte Konzerte mit einem interessierten Publikum

Für beide Blasorchester sei Corona schon ein Einschnitt gewesen, sagt der Dirigent. Corona habe schon einen personellen Neuaufbau erforderlich gemacht, der auch noch eine gewisse Zeit andauern wird. Das „Comeback-Konzert“ im Mai dieses Jahres auf der Naturbühne Trebgast und die Bierfestserenade im Juli auf dem Marktplatz hätten allerdings auch gezeigt, dass die musikalische Qualität nicht leidet. Sich selbst beschreibt Thomas Besand als „bodenständiger Typ“. Er werde unter allen Umständen weitermachen, wenn es seine Gesundheit und seine Kräfte zulassen.

Vita:

Geboren: 1965 in Eschwege

Gelernter Beruf: Industriekaufmann

Ausgeübter Beruf: Leiter des Bürgerbüros der Stadt Kulmbach

Instrument: Waldhorn

Bilder: Der Dirigent Thomas Besand leitete auch im Vorfeld der Bierwoche 2022 die Serenade mit der Stadtkapelle auf dem Kulmbacher Marktplatz.

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28.12.2022

Musik nach den bayerischen Reinheitsgebot / Blasmusik ist jung und weiblich: Daniel Richter leitet seit 14 Jahren en Musikverein Burghaig

Burghaig. Den „Böhmischen Traum“, den absoluten Mega-Hit der Blasmusik, spielt er gar nicht mehr. „Höchstens gegen eine Spende“, sagt Daniel Richter, der Dirigent des Musikvereins Burghaig, augenzwinkernd. Er macht damit auch deutlich, wofür Blasmusik steht. Für Gemeinschaft, Zusammengehörigkeit, Tradition und eben auch dafür, dass man nicht alles so bierernst nimmt. „Die Gemeinschaft ist mir wichtiger, als dass alles immer so hundertprozentig funktionieren muss“, so der 40-Jährige, der seit 2008 an der Spitze des Klangkörpers steht.

Früher in der Schule sei man schon etwas komisch angeschaut worden, wenn man erzählt hat, dass man Trompete spielt. Das habe sich aber total gewandelt. Zum viertägigen „Woodstock der Blasmusik“ im österreichischen Ort im Innkreis seien heuer 70000 Fans aus ganz Europa angereist, hauptsächlich jüngere Semester. Mitten drin: Daniel Richter und einige Mitstreiter aus dem Burghaiger Musikverein. Heute sei die Blasmusik eben gefragter denn je.

Das macht sich auch in der Zusammensetzung des Musikvereins bemerkbar. Mit seinen 40 Jahren gehört der Dirigent schon zu den Älteren. „Wir haben uns deutlich verjüngt“, sagt er. Auch wenn die Altersspanne von 14 bis 70 reicht, seien in den zurückliegenden Jahren vor Corona viele junge Musiker dazugekommen. Das liegt auch an den Bläserklassen, die der Musikverein pflegt und die das Ziel haben, Nachwuchs zu generieren. Und noch etwas fällt beim Musikverein auf: Blasmusik ist schon lange keine Männerdomäne mehr. In Burghaig ist die Hälfte der aktiven Mitglieder weiblich.

Daniel Richter hatte in der Grundschule begonnen, Trompete zu spielen. „Ich hab das nicht studiert oder so“, sagt er ganz bescheiden. Sein Lehrer war Harald Streit, der Leiter der Kulmbacher Musikschule. Mitglied des Musikvereins Burghaig war er zu diesem Zeitpunkt schon, die von Harald Streit geleitete Städtische Jugendkapelle kam schnell dazu. Im Jahr 2000 legte er das Goldabzeichen ab, als sein Vorgänger Peter Zeller als Dirigent überraschend aufhörte, sei er kurzerhand zum Nachfolger erkoren worden.

Höhepunkt im Jahreslauf des Musikvereins ist das alljährliche Frühjahrskonzert im März. 2008 leitete er es zum ersten Mal, 2019 Corona-bedingt zum vorerst letzten Mal. Die Proben für 2023 beginnen gerade in den Räumen des Musikvereins neben der Schule in Burghaig.

Weil die Geselligkeit beim Musikverein Burghaig nie zu kurz kommt, gibt es auch regelmäßig Ausflüge. In die burgenländische Partnerstadt Rust beispielsweise oder zur Partnerkapelle Böbing im Pfaffenwinkel. „Das waren immer sehr schöne Ausflüge, an die man sich gerne erinnert“, so Daniel Richter. Das war es auch, was in der Corona-Zeit am meisten gefehlt hat. Auch die Kerwas, das Maibaumaufstellen, die vielen Feste und nicht zuletzt die Bierwoche, alles sei plötzlich abgesagt gewesen. Umso glücklicher waren Daniel Richter und seine Musiker, dass die heuer wieder ihren Bierwochenauftritt hatten.

„Wir machen nun einmal 90 Prozent traditionelle Blasmusik“, sagt er, So, wie es eben auch auf den Kerwas in der Region verlangt wird. Beim nächsten Frühjahrskonzert wird es dann aber auch wieder Klassisch-Konzertantes geben, etwa von dem niederländischen Komponisten Jacob de Haan, den es ganz besonders schätzt.

Der Musikverein Burghaig ist für Daniel Richter längst nicht alles. Ab und zu macht er „Musik nach dem bayerischen Reinheitsgebot“ mit den „Kulmbocher Stollmusikanten“ oder mit der Hobbyformation „Scheinheilig fränggisch“. Darüber hinaus gehört er seit zehn Jahren der Stadtkapelle Kulmbach an, bei deren Neujahrskonzerten er auch schon Soloaufgaben übernommen hatte.

Privat geht der Musikgeschmack von Daniel Richter, der als Elektroningenieur beim Werkzeughersteller Kennametal in Mistelgau tätig ist, weit über die Blasmusik hinaus. Ska, Punk und Metal dürfen es auch ganz gerne mal sein. Nur eben nicht der „Böhmische Traum“, den gibt es noch immer „Höchstens gegen eine Spende“.

Vita.

Alter: 40

Geboren in Burghaig

Beruf: Elektroingenieur bei Kennametal in Mistelgau, Landkreis Bayreuth

Instrument: Trompete

Bild: Daniel Richter, hier im Proberaum in Burghaig, leitet den dortigen Musikverein.

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19.12.2022

Kunst zum Mitmachen / Jutta Lange: die Frau, die hinter den Sommerkunstwochen, dem „Café Clatsch und dem Kunsthandwerkermarkt steckt

Kulmbach. Sie sind längst ein fester Begriff, weit über Kulmbach hinaus: die Sommerkunstwochen, die seit mittlerweile 13 Jahren immer in den Monaten Juni bis August stattfinden. Die Frau, die hinter der Idee steckt, ist Jutta Lange. Unter dem Motto „Kunst zum Mitmachen“ bietet die frühere Redakteurin aus Kulmbach zusammen mit dem Kulturamt der Stadt Kurse und Workshops von Aquarell-Malerei über Buchbinden bis hin zum Zeichnen an. Die 72-Jährige hat sich aber auch auf anderen Gebieten der Kunst und der Kultur verschrieben. Sie hat den alljährlich stattfinden Kunsthandwerkermarkt erfunden und das „Café Clatsch“ ins Leben gerufen. Ihr Wissen gibt sie auch gerne bei Kulturreisen an Interessierte weiter.

Begonnen hatte alles mit einem Steinbildhauerkurs auf der Giechburg im Landkreis Bamberg. „Ein sehr schöner Workshop“, erinnert sich Jutta Lange. Weil der Kurs im darauffolgenden Jahr aus irgendwelchen Gründen dort nicht mehr stattfinden konnte, entschloss sie sich kurzerhand, etwas Ähnliches in Kulmbach zu veranstalten. Gesagt, getan und schon im darauffolgenden Jahr gab es einen solchen Kurs in der wunderschönen Atmosphäre des Langheimer Amtshofes. Mittlerweile finden die Workshops in der Oberen Schule statt.

Was so bescheiden begonnen hat, ist längst zu einer festen Einrichtung mit zuletzt 13 hochkarätigen Workshops für Erwachsene und sechs eigenen Jugendworkshops geworden. Zuletzt in Zusammenarbeit mit Focus Europa, dann mit dem Kunstverein und seit einigen Jahren mit der Stadt und deren Kulturamt. Von Anfang an habe sie alles selbst organisiert, Spendengelder für die kostenfreien Jugendworkshops akquiriert namhafte Referenten an Land gezogen und Teilnehmer aus ganz Bayern für Kulmbach interessiert.

An die 2000 Teilnehmer dürften es bestimmt schon gewesen sein, die seit Bestehen der Sommerkunstwochen nach Kulmbach gekommen sind. Selbst in den zurückliegenden Corona-Sommern habe es unter entsprechenden Bedingungen irgendwie geklappt und in diesem Jahr seien die Leute regelrecht gierig nach künstlerischer Betätigung gewesen. Als Renner bezeichnet Jutta Lange die Malkurse, vor allem die Aquarellmalerei. Aber auch alles, was mit Bildhauerei zu tun hat, sei sehr gefragt. Eine absolute Modeerscheinung sei die Kalligraphie, die gerade im Moment wieder stark im Kommen ist.

Die Sommerkunstwochen seien dermaßen erfolgreich gewesen, dass es heuer bereits zum zweiten Mal auch eine Winterkunstwoche gibt. In drei jeweils drei Tage dauernden Workshops zwischen dem 3. und dem 8. Januar im Oberhacken wird es um Töpfern, Kalligraphie und Buchbinden sowie um die Gestaltung von Portraits gehen. Wer teilnehmen möchte, sollte sich schon jetzt einen Platz sichern, auch der Erwerb eines Gutscheines ist möglich als außergewöhnliche weihnachtliche Geschenkidee sei denkbar, rührt Jutta Lange schon jetzt kräftig die Werbetrommel.

„Es macht einfach Spaß“, sagt Jutta Lange über ihr ehrenamtliches Engagement. Bescheiden spricht sie von einer ausfüllenden Freizeitbeschäftigung, wünscht sich allerdings auch, dass Kulmbach und die Kulmbacher ein wenig mehr Anteil an den Kunstwochen nehmen würden, und sei es nur als Zaungäste.

Menschen zusammenzubringen, das ist auch das Ziel ihrer Arbeit für das „Café Klatsch“, ein, zumindest vor Corona immer sehr gefragte Einrichtung, bei der um Kaffee, Kuchen und gute Gespräche geht. Da gab es Geschichten und Bilder aus dem alten Kulmbach, Vorträge zu aktuellen gesellschaftlichen Themen, praktische Tipps von Fachleuten, aber auch mal nur einen reinen Witzenachmittag. Jutta Lange und ein Team von sechs Mitstreiterinnen sorgen für Kaffee und Kuchen und so wurden die wunderschönen Räume des Burggutes wieder mit Leben erfüllt. Zumindest einmal pro Monat, an jedem dritten Mittwoch, findet das „Café Clatsch“ mittlerweile wieder statt.

Jutta Lange ist dabei genauso Urheberin, Organisatorin und Ideengeberin wie beim Kunsthandwerkermarkt, der in der Regel am ersten Adventswochenende (heuer am 26. und 27. November) ebenfalls in den Räumlichkeiten des Burggutes stattfindet. „Wir haben so viele interessante Kunsthandwerker in Oberfranken, von denen keiner etwas weiß“, sagt Jutta Lange. Sie alle einmal vorzustellen und ihre Produkte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, das ist das Ziel ihres Engagements für den Kunsthandwerkermarkt.

Wenn sie einmal nicht organisiert, Menschen zusammenbringt und sich um Kunst zum Mitmachen kümmert, dann begleitet sie im Auftrag eines Reiseveranstalters Kunstreisen etwa in die Hamburger Elbphilharmonie, ins Leipziger Gewandhaus, ins Salzburger Festspielhaus oder zu den Oberammergauer Passionsspielen.

Weitere Infos zu den Sommerkunstwochen gibt es im Internet unter www.kulmbacher-sommerkunstwochen.de .

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12.12.2022

Musikalischer Überflieger aus dem Kulmbacher Land / Lukas Alois Roth: Pendler zwischen Oberfranken und Dresden

Ludwigschorgast. Er ist erst 26 und gerade in der Endphase seines Studiums an der Dresdner Musikhochschule. Trotzdem hat er schon so viele Projekte und Aktionen gestartet, die bei anderen für ein ganzes Musikerleben reichen würden: Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast.

„Musik verbindet! Das Benefizprojekt Kulmbach e.V.“ hat ihn in der Region bekannt gemacht. Organisiert hat es Lukas Alois Roth als Vorstand und künstlerischer Leiter. Von der Corona-Zeit abgesehen hat er es Jahr für Jahr geschafft, einen Projektchor und eine Projektband auf die Beine zu stellen und mit Benefizkonzerten an die Öffentlichkeit zu treten. Rund 60000 Euro wurden seitdem eingespielt, fünf CDs aufgenommen. Die Einnahmen flossen dabei eins zu eins in wohltätige Zwecke, wie zum Beispiel an die Welthungerhilfe. Die Unkosten wurden durch Sponsoren abgedeckt.

Für das Chorprojekt zum Tag der deutschen Einheit 2020 hatte Lukas Alois Roth 35 Sängerinnen und Sänger aus Ost und West nach Kulmbach eingeladen und auf der Burgruine Nordeck ein professionelle Video produziert. Im Wettbewerb „Der ‚mit Abstand‘ beste Chor Bayerns“ wurde der Beitrag von BR-Klassik in der Kategorie Musikvideo mit dem ersten Platz ausgezeichnet.

Lukas Alois Roth macht aber noch viel mehr: In seiner Wahlheimat Dresden leitet er den Kammerchor ExSilentio, in Pillnitz bei Dresden ist er Chef des dortigen Kirchenchores und an der Musikhochschule ist er Assistent des Hochschulchores. Von der Stiftung Deutsche Wirtschaft hat er aufgrund seiner herausragenden Leistungen und seines großen Engagements ein Stipendium bekommen. „Als Künstler bin ich da zwischen vielen Betriebswirtschaftlern, Juristen und Medizinern ein richtiger Exot, kann aber toll von der Perspektive und Expertise meiner Mitstipendiaten profitieren.“

„Aus der Stille heraus“ sei der Chor „ExSilentio“ während der Pandemie mit seinen rund 25 Mitgliedern entstanden. Ziel ist es, gemeinsam, nachhaltig und auf hohem Niveau zu musizieren. Da gibt es schon auch mal eine Performance mit der Hochschule für Bildende Künste in Dresden oder bemerkenswerte Auftritte. Etwa den mit dem Bayreuther Zamirchor, einem weiteren Chor aus Israel und einem Orchester aus Italien in der Lateranbasilika in Rom im November 2021. „Wir haben uns als Chor intensiv mit den thematischen Zusammenhängen und Inhalten des Konzerts, das im Gedenken an die Novemberpogrome 1938 stattfand, auseinandergesetzt,“ erinnert sich Lukas Alois Roth. Mit der Aufführung des Chorwerks „Wir liegt die Stadt so wüst“ des ehemaligen Dresdner Kreuzkantors Rudolf Mauersberger sei auch die Botschaft verbunden gewesen, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, auch wenn es schmerzt.

Nach dem Abitur am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium in Kulmbach besuchte Lukas Alois Roth die Berufsfachschule für Musik in Kronach mit den Hauptfächern Gesang und Chorleitung und schloss dort mit Auszeichnung der Regierung von Oberfranken als Staatlich geprüfter Chor- und Ensembleleiter ab. Das sei praktisch der Türöffner dafür gewesen, Musik zum Beruf zu machen. Familiär vorbelastet war er da längst, der Großvater etwa war Organist und so durfte der kleine Lukas während der Gottesdienste oft mit auf der Orgelbank sitzen. „Gottesdienst, das war für mich auch immer ein musikalisches Erlebnis“, erinnert sich Lukas Alois Roth heute. Auch wenn er erst später lernen durfte, dass der Beruf des Organisten nicht mit organisieren zu tun hat.

Lukas Alois Roth kann organisieren. Noch am Gymnasium gelang es ihm, seine Mitschüler zu begeistern und ein Benefizkonzert in der Kulmbacher Hedwigskirche für Kinder in Afrika zu starten. „Das hat gut funktioniert“, sagt er. Auf Anhieb seien an die 2500 Euro zusammengekommen. Daraus wurde dann auch der Verein „Musik verbindet! Das Benefizprojekt Kulmbach“, der längst Mitstreiter aus ganz Deutschland anlockt und der im kommenden Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiern kann. Die Konzerte finden dabei in der Region statt, wobei er für Kulmbach ein dickes Lob übrig hat. „Ich schätze Kulmbach total, weil wir hier riesige Unterstützung erfahren“.

Über eine Mitschülerin kam er in Kontakt zur „Hochschule für Musik Carl Maria von Weber“ in Dresden. Ein Vorbereitungskurs lief gut, die Hochschule gefiel ihm. Wenn es auch mit der Fächerkombination Musik und Theologie nicht klappte, so wurden die Fächer Schulmusik, Musikpraxis und Dirigieren daraus. In voraussichtlich zwei Jahren wird er das alles abgeschlossen haben.

Was dann kommt, steht noch nicht so genau fest. Zunächst will er den Verein „Musik verbindet“ als kulturelle Plattform in der Region manifestieren. „Dresden ist mir wichtig, meine Heimat ist mir noch wichtiger“, sagt er und wünscht sich deshalb hier eine kulturelle Instanz für Menschen mit Ideen und Visionen. Beruflich sei für ihn eine Lehrtätigkeit „nicht die schlechteste Option“. Seinem Ziel, weiterhin mit Konzerten, Events und den verschiedensten Projekten an die Öffentlichkeit zu treten, stünde dies nicht entgegen.

Vita:

Geboren: 1996 in Kulmbach

Abitur am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium in Kulmbach

Schule: Berufsfachschule für Musik Oberfranken in Kronach

Studium Seit 2017 an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden

Konzertreisen: nach Italien, Frankreich, Israel, Irland, Polen, in die Schweiz und die Ukraine

Bild: Der ExSilentio-Kammerchor, den Lukas Alois Roth (Mitte) ins Leben gerufen hatte.

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05.12.2022

Theater als wichtiges Element des Kulturgefüges / Das Künstlerehepaar Anja Dechant-Sundby und Sigurd möchte in Trebgast eine Theaterlandschaft etablieren

Trebgast. Sie haben großes vor auf dem Wehelitzer Berg: das Theaterehepaar Anja Dechant-Sundby und Sigurd Sundby. Im Umgriff der Naturbühne Trebgast soll ein festes, ganzjährig bespielbares Theater mit einer Kapazität von 200 bis 250 Zuschauern entstehen. „Eine lebendige Spielstätte im Herzen Oberfrankens“, wie die beiden es formulieren. Da es die Zeit aber gerade schlecht meint mit der Kultur, soll als eine Art Übergangslösung, wie an vielen anderen Orten auch, zunächst ein Theaterzelt errichtet werden. Wenn alles klappt, könnte es schon in einem Jahr stehen.

„Kultur lebt in uns, auch wenn die Kultur stets ihre Daseinsberechtigung immer wieder neu unter Beweis stellen muss“, sagt Sigurd Sundby. „Das Theater ist ein wichtiges Element unseres Kulturgefüges“, ergänzt Ehefrau Anja. Beide sind Theaterprofis, die es aufgrund der Herkunft von Anja wieder nach Oberfranken verschlagen hatte.

Anja Dechant-Sundby stammt aus Weismain. In Burghausen hatte sie an der ehemaligen Athanor Akademie für Film und Theater in Burghausen (heute Passau) studiert. Im Studium lernte sie Sigurd kennen, der aus einer norwegischen Schauspielerfamilie stammt und der damals im schottischen Glasgow an der dortigen Akademie für Musik und Theater studiert hat. Rund eineinhalb Jahre lebten beide zusammen in Glasgow, wo Anja erste Regiearbeiten verwirklichte.

Nächste Station war Hamburg, wo Anja als Assistentin des prominenten Regisseurs und Produzenten Dieter Wedel tätig wurde. Unter anderem arbeitete sie an dem ZDF-Mehrteiler „Die Affäre Semmeling“ mit, während Sigurd Drehbücher für die bekannte Kinderserie Sesamstraße schrieb. „Ich wollte irgendwann wieder ans Theater zurück“, erklärt Anja die Rückkehr in die Heimat 2007. Hier übernahm sie mehrere Regiearbeiten an der Studiobühne Bayreuth und anderen Theatern in der Region, während ihr Mann ein Bauingenieursstudium absolvierte und auch einige Jahre in dem Beruf tätig wurde und bundesweit unterwegs war. Dann zog es aber auch ihn wieder ans Theater zurück und so war er hauptsächlich in Klassikern unter anderem an der Studiobühne Bayreuth zu erleben. 2020 übernahm Anja dann nicht nur die Geschäftsführung und die Künstlerische Leitung der Naturbühne Trebgast, sondern auch der Rosenbergfestspiele in Kronach.

Trebgast habe sich gerade in einem Prozess der Neuorientierung befunden, sagt sie. Die 1953 gegründete Bühne hatte damals fast 40000 Zuschauer in einer einzigen Saison. Das sei alles ehrenamtlich nicht mehr zu stemmen gewesen. Deshalb hatte sich der Vorstandsvorsitzende des Vereins, der frühere Trebgaster Bürgermeister Siegfried Küspert an sie gewandt, die damals schon mehrere Stücke, unter anderem „Pension Schöller“, oder auch „Das Dschungelbuch“ auf die Bühne gebracht hatte.

Nachdem die Idee einer festen kleinen Bühne in Kulmbach gescheitert war, ließen sie die Sundbys in Trebgast wieder aufleben. „Wir lieben Freilichttheater“, sagen beide. Trotzdem könne man mit einem Ganzjahresbetrieb ganz neue Dimensionen erschließen, sowohl künstlerisch, als auch strukturpolitisch. „Aus der Mitte Oberfrankens heraus wird die ländliche Region gestärkt und die Lebensqualität der Region gesteigert“, so heißt es in einer Imagebroschüre, die sie veröffentlicht haben.

Corona, der Krieg, Preisexplosionen vor allem bei der Energie haben dieses Vorhaben derzeit ein wenig ausgebremst, so dass sich beide als Zwischenstation den Aufbau eines Theaterzelts ausgedacht haben, um erste Schritte in Richtung Ganzjahresbetrieb und auch in Richtung Theaterpädagogik gehen zu können. „Wenn alles gut geht, könnte das Zelt schon im nächsten Sommer stehen“, zeigt sich Sigurd optimistisch.

Einen „wirklichen Stillstand“ hatte die Bühne durch Corona erfahren müssen. „Wir hatten sogar schon geprobt und jede Mange Karten verkauft“, erinnert sich Anja, ehe alles komplett dicht gemacht werden musste. 2022 sei dagegen eine einigermaßen normale Saison mit stattlichen 31000 Besuchern gewesen. Nur zwei Aufführungen mussten Corona-bedingt ausfallen. Zu verdanken sei die positive Bilanz in erster Linie dem unwahrscheinlich treuen Stammpublikum. „Ältere Menschen erzählen uns oft, dass sie schon als Kind bei uns im Zuschauerraum saßen“, sagt Anja.

Die Saison 2023 sieht nicht nur fünf Eigenproduktionen, sondern auch 19 Gastspiele vor. Echte Hochkaräter sind darunter, wie die Songwriterin Rebekka Bakken, der Musiker und Moderator Götz Alsmann oder die Kabarettistin Lizzy Aumeier.

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28.11.2022

Musikschule und Messingblech / Harald Streit: Mit der Jugendkapelle bis nach Schottland

Kulmbach. Harald Streit spricht von „wahren Glücksmomenten“, wenn er an den März dieses Jahres zurückdenkt. Nach langer Zeit der Stille in den Räumen der Städtischen Musikschule lief er durch die Gänge und hinter allen Türen erklangen nach der langen Corona-Pause wieder die Instrumente. „Da war es mir ganz egal, ob richtig oder falsch gespielt wird“, erinnert sich der 58-Jährigem, der seit September 2011 als Leiter an der Spitze der Musikschule steht.

Klar, Online-Unterricht fand statt und alle Musikschüler seien froh und dankbar gewesen, dass sie überhaupt spielen durften. Trotzdem, Präsenz-Unterricht sei eben durch nichts zu ersetzen. „Schließlich war ich monatelang ganz allein hier im Haus“, so Harald Streit. Erschreckend sei das gewesen. Derzeit erlebt der Musikpädagoge, der sich auch als Solist und Kammermusiker weit über die Region einen Namen gemacht hat, genau das Gegenteil. Eine Veranstaltung jagt die andere, einen Platz im Terminkalender des engagierten Musikers zu finden, ist gar nicht so einfach, schließlich hat auch sein Tag nur 24 Stunden.

Begonnen hat das alles bei Harald Streit als er zwölf Jahre jung war. In Hegnabrunn aufgewachsen trat er dem Musikverein im nahen Ludwigschorgast bei und lernte Trompete. Die Liebe zur Musik war geweckt. Harald Streit wollte mehr, er suchte sich selbst Profis in den Nachbarstädten Bamberg, Coburg und Hof, um sein Trompetenspiel fortzuentwickeln. In den Jahren 1984 bis 1986 besuchte er die Berufsfachschule für Musik in Kronach, anschließend ging es zum Musikstudium nach Würzburg.

Parallel dazu hatte Harald Streit schon seinen ersten Vertrag als Lehrer an der Kulmbacher Musikschule in der Tasche. 1984 war das, als er mit zwei Schülern startete. In den Folgejahren wurden es immer mehr. 1990 trat er dann eine Festanstellung an der Musikschule an, die Wilhelm-Meußdorfer-Straße 1 sollte künftig sein zweites Zuhause werden. Mit dem Ziel, den Nachwuchs auf die Jugendkapelle vorzubereiten, baute er das Vororchester auf und übernahm 1995 die Leitung der Städtischen Jugendkappelle. Als sein Vorgänger Walter Schleicher 2011 in Pension ging, fiel die Wahl auf Harald Streit als neuen Chef der Musikschule. Aktuell unterrichtet er um die 30 Schüler vorwiegend im Einzelunterricht in den Fächern Waldhorn, Euphonium, Tenorhorn. Tuba und natürlich auf der Trompete. Insgesamt sind an der Musikschule aktuell 17 Lehrkräfte tätig, die zusammen rund 120 Schüler in allen gängigen Instrumenten unterrichten.

Untrennbar verbunden ist der Name Harald Streit mit dem Blechbläserensemble Culma Brass. Es sei damals so eine Art Aufbruchsstimmung gewesen, erinnert er sich an das Gründungsjahr 1985. Die Formation, die zahlreiche Rundfunk- und Fernsehauftritte hatte und von der mehrere Einspielungen auf CD vorliegen, gibt es noch immer. „Allerdings haben wir vor rund zwei Jahren zum letzten Mal zusammen musiziert“, sagt er. Das war in Bayreuth beim Richtfest zum neuen Friedrichsforum. Gerne denkt er an die Sommerfeste im Studio Franken des Bayerischen Rundfunks in Nürnberg zurück oder an das große Weihnachtskonzert in der Basilika Gößweinstein mit dem Sänger Gunther Emmerlich, das live im Fernsehen zu sehen war. „In den Hoch-Zeiten hatten wir 50 bis 60 Auftritte im Jahr“, sagt er und wundert sich, wie er das alles unter einen Hut bringen konnte.

Noch viel gäbe es über Harald Streit zu berichten. Etwa seine Tourneen mit den fränkischen Komödianten Volker Heißmann und Martin Rassau sowie der Pavel-Sandorff-Big-Band, sein Musizieren mit den Hofer Symphonikern und dem Münchner Rundfunkorchester beim Schleswig-Holstein-Festival. Zehn Jahre lang leitete er den Musikverein Ludwigschorgast als Dirigent, aktiv ist er außerdem im Nordbayerischen Musikbund und bei der Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik. Harald Streit dürfte einer der wenigen sein, der den renommierten Kulturpreis des Landkreises gleich zwei Mal erhalten hat, einmal mit der Städtischen Jugendkapelle (1995), das andere Mal mit Culma Brass (1991). Später gab es dann auch noch Kulturpreise der Kulmbacher Serviceclubs und der Wählergemeinschaft Kulmbach obendrauf.

Als absolutes Highlight bezeichnet Harald Streit die Auftritte mit der Jugendkapelle im schottischen Kilmarnock, der Partnerstadt von Kulmbach. Aus Liebe zu Schottland habe er sogar begonnen, das Spiel mit dem Dudelsack zu erlernen. „Eine der schwersten Instrumente überhaupt“, sagt er und verweist auf die filigrane Fingertechnik, die so bei keinem anderen Blasinstrument notwendig ist. Selbst hatte er sogar professionellen Unterricht bei einem Dudelsack-Virtuosen in Nürnberg genommen. Derzeit steht die „Pipe“ allerdings nur im Schrank, zu sehr nehmen ihn seine anderen Aktivitäten in Beschlag. Wenn er dann doch mal einen Ausgleich sucht, dann greift er zur Kamera. Seine stimmungsvollen Kulmbach-Bilder sind auf seiner Facebook-Seite und auf Instagram zu bewundern. Bei Facebook ist er der „Heimatknipser“, bei Instagram „Mr.jpeg.ku.“.

Info: Das traditionelle Jahreskonzert der Städtischen Jugendkapelle Kulmbach findet am Sonntag, 11. Dezember (3. Advent) in der Sr.-Stammberger-Halle statt.

Foto: Die Trompete ist immer dabei: Harald Streit am Schreibtisch seines Büros in der Kulmbacher Musikschule.

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21.11.2022

Von der Blasmusik bis zum Fliegender Holländer / Bruckner, Mahler, Wagner: Der Trompeter Peter Weiß aus Veitlahm ist als Berufsmusiker weit über Oberfranken hinaus aktiv

Steuben-Parade New York mit dem Musikverein Marktleugast, Lohengrin am Staatstheater Nürnberg unter Stardirigentin Joanna Mallwitz und unzählige Auftritte mit der von ihm gegründeten Patersberg Combo: Peter Weiß (31) hat in seinem jungen Musikerleben schon vieles erreicht. In der Region ist er unter anderem als Dirigent des Sinfonischen Blasorchesters des Musikvereins Marktleugast bekannt.

Peter Weiß stammt aus einer Musikerfamilie in Veitlahm. Vater, Großvater, alle sind und waren irgendwie musikalisch tätig. Anfangs sei er so gar nicht begeistert gewesen, als ihm der Vater eine Trompete in die Hand gedrückt hat. Irgendwann habe er dann aber für sich das Instrument ausprobiert und blieb hängen. „Ich habe mir ganz viel selbst gelernt“, sagt er heute. Ein bisschen Talent sei wahrscheinlich schon dabei gewesen, fügt er bescheiden an.

Im Alter von 13 Jahren habe er dann das Zepter selbst in die Hand genommen und machte ernst. Irgendwann sei es dann schon cool gewesen, Gleichaltrige und Gleichgesinnte im Posaunenchor zu treffen und so gründete er in jungen Jahren kurzerhand die Patersberg Combo, eine Formation, die es noch heute gibt und die auch jetzt noch immer wieder Auftritte auf höchstem Level absolviert. Gleichzeitig war und ist er im Posaunenchor aktiv, den sein Vater leitet. Peter Weiß ist mittlerweile stellvertretender Dirigent des Zusammenschlusses mit seinen bis zu 40 Aktiven.

Unbewusst sei er immer mehr in die Musik „hineingerutscht“, so Peter Weiß, der nach dem Besuch der Wirtschaftsschule in Lichtenfels an die Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen wechselte. Dort schloss er nach zwei Jahren als Staatlich geprüfter Ensembleleiter, absolvierte die Aufnahmeprüfung der Musikhochschule in Nürnberg, wo er zunächst als Diplom-Musikpädagoge abgeschlossen hat und dann noch einen Master draufsetzte, was der „Konzertreife“ entspricht.

Seine Haupttätigkeit ist heute die des Musiklehrers an den Musikschulen von Nürnberg und Forchheim. Eigentlich habe er das Lehren schon im frühen Jugendalter für sich entdeckt. Bereits während des Studiums habe er einen Stamm von Schülern gehabt. Heute sind es rund 60 vom Grundschulalter bis zum Erwachsenen, die er Woche für Woche unterrichtet.

Daneben hilft er immer dort aus, wo man ihn gerade braucht. Das kann das Kulmbacher Kammerorchester sein, die Nürnberger Symphoniker, die Staatsphilharmonie Nürnberg, aber auch das Philharmonische Orchester Regensburg. In Nürnberg spielte er unter anderem in Richard Wagner „Lohengrin“ unter Joanna Mallwitz. Bei Symphonischen Konzerten sind es dann oft die Komponisten, deren Symphonien vor allem Bläser brauchen, mehr Bläser als im Orchester engagiert sind und so wundert es nicht, dass Anton Bruckner und Gustav Mahler ohnehin zu den bevorzugten Komponisten von Peter Weiß gehören.

Die beiden führt er mit dem Musikverein Marktleugast nicht unbedingt auf. „Aber Wagner Holländer-Ouvertüre haben wir schon gespielt“, sagt Peter Weiß, der das Sinfonische Blasorchester des Musikvereins genau vor zehn Jahren übernommen hatte. Schon ein Jahr später ging es auf die Fifth-Avenue nach New York zur Steuben-Parade, 2018 zum Münchner Oktoberfest. Fester Bestandteil des Musikvereins sind die Weihnachtskonzerte in der Basilika Marienweiher und das Jahreskonzert immer Ende März in der Marktleugaster Dreifachturnhalle. „Wir haben mittlerweile schon ein enormes Laienlevel erreicht“, sagt er und verweist darauf, dass auch während der Corona-Zeit der Kontakt zu seinen Musikern nie abgerissen sei. „Wir haben mit kleinen Workshops und viel Theorie einfach online weitergearbeitet“, so Peter Weiß.

Daneben tritt Peter Weiß immer wieder in Solokonzerten auf und ist Mitglied des Nürnberger Blechbläser Ensembles Lorenz Brass. Selbst ein Profi wie Peter Weiß übt noch täglich. Jeden Tag mindestens zwei Stunden, auch im Urlaub. Das gehöre einfach dazu, sagt er, der als Vorbilder natürlich den 2012 verstorbenen Weltklassetrompeter Maurice Andre, aber auch den österreichischen Trompeter Hans Gansch oder seinen Nürnberger Professor Christoph Braun nennt.

Wenn er sich ausnahmsweise einmal nicht mit Musik befasst, dann wird Peter Weiß gerne auch mal politisch tätig. Er ist nicht nur Ortssprecher von Veitlahm, sondern sitzt für die Freien Wähler auch im Gemeinderat von Mainleus.

Lebenslauf Peter Weiß

Geboren: 1988 in Bayreuth geboren.

Schulen: Wirtschaftsschule Lichtenfels, Berufsfachschule für Musik Bad Königshofen

Studium: Trompete Hochschule für Musik in Nürnberg bei Prof. Christoph Braun

Privatstudien: bei Bo Nilsson (Schweden), Prof. Hans Gansch, Lukas Beno (Gewandhausorchester Leipzig), Klaus Schuhwerk (Musikhochschulen Basel und Frankfurt) und bei Gabor Tarkövi (Berliner Philharmoniker).

Praktika: Bei den Nürnberger Symphoniker, im Theater Regensburg und als Gastsolist beim Philharmonischen Orchester Bad Reichenhall.

Haupttätigkeit: Pädagoge an den Musikschulen Forchheim und Nürnberg.

Weitere Tätigkeiten: Leiter des großen Blasorchesters des Musikvereins Marktleugast. Kammermusik in diversen Gruppierungen kammermusikalisch und regelmäßiger Gast im Staatstheater Nürnberg.

Bild: Der Trompeter Peter Weiß in der Pfarrkirche von Veitlahm.

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14.11.2022

Musik gibt Hoffnung, Zuversicht und Kraft / Von Barock bis zur Big Band: Mit der Musik hat Elke Höhn ihr Hobby zum Beruf gemacht

Kulmbach. Die Musik war ihr in die Wege gelegt, der Großvater Organist und Chorleiter, die Mutter eine bekannte Sängerin. So lag es für Elke Höhn auf der Hand, ihr Hobby zum Beruf zu machen, und einen Großteil ihres Lebens ebenfalls der Musik zu widmen. Elke Höhn ist Musikerin, Multiinstrumentalistin, Musiklehrerin und Sängerin, sie spielt mit zahlreichen Formationen und hat sich auch als Kirchenmusikerin mit der Ausgestaltung von Gottesdiensten einen Namen gemacht.

„Musik macht nicht nur Freude, sie vermittelt Hoffnung, Kraft und Zuversicht“, sagt die 56-jährige gebürtige Kulmbacherin, die heute in Burghaig zuhause ist. Schon früh habe sie gesungen und getanzt, mit sechs Jahre trat das Klavier als erstes Instrument in ihr Leben, es folgten Oboe, Saxophon, Gitarre und als „Hauptinstrument“ die Querflöte. Seit rund 25 Jahren gibt sie ihr Wissen in Sachen Querflöte an ihre Schüler weiter. Während Corona-Zeiten auch mal online, früher in der Musikschule Franz, mittlerweile in den Räumen der freien Waldorf-Schule in Wernstein.

„Musik ist die schönste Sache der Welt“, sagt Elke Höhn, die jeden Tag mindestens zwei Stunden Musik macht. Für sich, an Unterrichtstagen können es auch mal sechs Stunden sein. Dazu kommt ihr Engagement in den vielfältigsten Formationen. Stadtkapelle Kulmbach, Musikverein Burghaig, Damenorchester Cappuccino, Querflötenquartett Quattro Flauto, dazu als Gastmusikerin bei der Stadtkapelle Kupferberg, den Musikvereinen Weiher und Kasendorf, dem Kulmbacher Kammerorchester, und, und, und.

Klar, dass es Elke Höhn derzeit schon vermisst, auf der Bühne zu sein und Musik zu machen. Zumal sie auch in der Jugendarbeit überaus aktiv ist, sie teilweise sogar geleitet hat. Mittlerweile sei es schon schwierig geworden, Nachwuchs zu finden. Selbst der Probenbesuch habe nachgelassen. Nach der erzwungenen Corona-Auszeit habe gerade die Jugendarbeit sehr gelitten. Mancherorts könnten keine Bläserklassen mehr gebildet werden. Darüber hinaus sei es auch schwerer geworden, junge Leute zu motivieren. „Haben sie allerdings erst einmal den Weg zum Instrument gefunden, dann merken sie auch, was das für einen Spaß macht, besonders in der Gruppe.“

Elke Höhn wurde in Kulmbach geboren und hatte nach dem Besuch des Caspar-Vischer-Gymnasiums zunächst mal einen ganz und gar nicht musikalischen Beruf erlernt: Landwirtschaftlich-Technische Assistentin. „Ich wollte Biologie zum Beruf und die Musik zum Hobby machen.“, erinnert sie sich heute. Doch daraus wurde nichts. Die Musik war stärker. Schon im Schulchor war sie aktiv, trat bei Schulkonzerten auf und sang im Chor der Kreuzkirche. Obwohl sie in ihrem erlernten Beruf auch tätig wurde, war der Schritt zur Jugendkapelle und schließlich zur Stadtkapelle nicht mehr weit.

„Die Stadtkapelle wurde schnell zu einer Art zweiter Familie“, sagt sie, die sich musikalisch extrem breit aufgestellt sieht und der keine Musikrichtung wirklich fremd ist. Alles habe seine Berechtigung, und so gibt sie sich auch gerne mal dem Swing hin, und intoniert zusammen mit Thomas Besand, dem Dirigenten der Stadtkapelle, Songs von Frank Sinatra und anderen.

Lange hatte sie sich gesträubt, wieder selbst zu singen. Ein Unfall war es schließlich, der sie zwang, eine Zeitlang nur einhändig Klavier zu spielen. Also machte sie aus der Not eine Tugend, setzte ihre Stimme ein, eine schlanke Stimme, eine typische „Bach-Stimme“, wie sie selbst sagt. Doch Elke Höhn sang nicht einfach so drauf los, sondern nahm fortan viele Jahre lang Gesangsunterricht bei der berühmten Pädagogin Anneliese Meyer-Adam in Bayreuth.

Ein weiteres Betätigungsfeld von Elke Höhn ist die Kirchenmusik. Sie, die sich selbst als sehr gläubig beschreibt, sieht die Musik ohnehin als Geschenk, das von Gott kommt. Und so hat sie gerade während der Corona-Zeit verschiedene Programme ausgearbeitet, sei es vokal oder instrumental, im Chor oder solistisch. Vielleicht hat sie damit auch ein Stückweit dazu beitragen können, dass die Gottesdienste wieder besser besucht werden. Zu wünschen wäre es.

Trotz „Bach-Stimme“ hat sich Elke Höhn als Musikhörerin vor allem der romantischen Musik verschrieben. Richard Wagners Opern, aber auch Kompositionen des Norwegers Edvard Grieg, des französischen Impressionisten Gabriel Faure. Es darf aber auch die Musik des Barock sein, oder Big-Band-Musik, oder böhmische Blasmusik, eigentlich alles, was mit Musik zu tun hat.

Im Hause Höhn wird freilich auch weiterhin die Musik die alles dominierende Rolle spielen. Der Ehemann ist im Bereich der Unterhaltungsmusik aktiv und spielt Keyboard, Schlagzeug, Trompete und Gitarre und auch die beiden Kinder können mit Instrumenten gut umgehen. „Wir sind schon eine extrem musikalische Familie.“

Vita: Elke Höhn

Alter 56

Geboren in Kulmbach, verheiratet, zwei Kinder

Gelernter Beruf: Landwirtschaftlich Technische Assistentin

Instrumente: Querflöte, Oboe, Saxophon, Gitarre

Bild: Evergreens von Georges Gershwin bis Frank Sinatra: Elke Höhn als Sängerin beim Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach unter der Leitung des Dirigenten Thomas Besand.

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07.11.2022

Schauspieler, Regisseur und Theater-Urgestein / Jürgen Peter ist auf den Bühnen der Region zuhause

Hegnabrunn. Naturbühne Trebgast, Fränkischer Theatersommer, Theater in der Kneipe, Theater in der Kirche: Jürgen Peter ist seit vielen Jahrzehnten auf den Theaterbühnen der Region zuhause. „Mittlerweile nimmt die Retrospektive mehr Platz ein, als die Perspektive“, sagt der 72-Jährige, der im Neuenmarkter Ortsteil Hegnabrunn lebt.

In nahezu unzähligen Aufführungen war Jürgen Peter mit kurzen Unterbrechungen zwischen 1970 und 2012 auf der Naturbühne Trebgast zu erleben. Fritz Heublein, einer der Gründerväter der Naturbühne und Patenonkel seines Bruders, war es 1970, der ihn auf der Suche nach Mitspielern ansprach. Bis dahin habe er mit dem Theater nichts am Hut gehabt, nicht mal in der Schule, erinnert sich Jürgen Peter, der bis zu seiner Pensionierung als klassischer Volksschullehrer, zuletzt in Neuenmarkt, tätig war. Doch schon bald darauf hat er Blut geleckt und von nun an ging alles Schlag auf Schlag. Zunächst in Komödien, mit 27 seinen ersten „Jedermann“ und schon bald Goethes „Faust“.

Herausragende Produktionen habe es in der langen Zeit viele gegeben. Jürgen Peter denkt an den Riesenerfolg von Bertold Brechts „Herr Puntila und sein Knecht Matti“, an die Rolle des McMurphy in „Einer flog über das Kuckucksnest“, an seine Inszenierung der „Feuerzangenbowle“, an die vielen Märchenaufführungen, für die er eigene Fassungen geschrieben hat, und, und, und.

Im Jahr 2006 fand Jürgen Peter eine neue Herausforderung beim damaligen „Theatersommer Fränkische Schweiz“ (heute „Fränkischer Theatersommer“). Vom „Verkauften Großvater“ bis zum Sancho Panda in Don Quijote, er hatte alle Rollen drauf. „Die Sternstunde des Josef Bieder“ ist ihm da in besonderer Erinnerung. Das Ein-Mann-Stück hatte er tatsächlich einmal vor nur sieben Zuschauern auf der Burg Wiesentfels bei Hollfeld gespielt.

Ein weiterer Meilenstein war dann vor exakt 20 Jahren die Gründung des TIK. Das Kürzel steht abwechselnd für „Theater in der Kneipe“ oder für „Theater in der Kirche“. Mehrere ehemalige Schauspielkollegen aus Trebgast hatten sich damals zusammengetan, einfach nur, um Theater zu spielen. Und zwar dort, wo man es am wenigsten erwarten würde, in der Kneipe und später auch in der Kirche. Mit dem Stück „Die Saupreiß´n“ von Fitzgerald Kusz fing alles an. Über 50 Mal brachte es die Truppe auf die Bühnen der Region, aber auch bis nach Weimar, Bremen oder ins Saarland.

Rund 200 Aufführungen verzeichnet das TIK mit zwölf Stücken verteilt auf die zurückliegenden 20 Jahre. Aktuell wird die Komödie „A Mordsg´schicht“ von Veronika Schütt und Olaf Köhler einstudiert, eine Geschichte von einem Gasthaus, das schließen muss. Schon 2020 sollte die Komödie aufgeführt werden, aufgrund der Corona-Beschränkungen musste es immer wieder verschoben werden. Das Besondere daran ist, bei den Aufführungen im Waldfreundehaus wird mitten im Publikum gespielt, dazu gibt es ein dreigängiges Menü. Das TIK kann aber auch ernst. In „Die Nacht von Flossenbürg“ geht es um die letzte Nacht des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer vor dessen Hinrichtung im Konzentrationslager. Keine leichte Kost. Die Inszenierung wurde bereits mit dem Wilhelm-Freiherr-von Pechmann-Preis der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ausgezeichnet.

Auch ein Ausflug ins Profigeschäft gab es für Jürgen Peter. 1983 übernahm er eine Gastrolle beim damaligen Städtebundtheater Hof. Angebote gab es mehrere, doch letztlich hatte er sich immer wieder für den Lehrerberuf und das Amateurtheater entschieden. Auch im Fernsehen war er schon zu sehen, als Herold auf der Plassenburg. Jürgen Peter war viele Jahre lang Vizepräsident des Bundes Deutscher Amateurtheater, 2016 bekam er den Kulturpreis des Kulmbacher Landkreises. Heute gibt er bundesweit regelmäßig Kurse in den Fächern rege und Dramaturgie. Auch ein Jürgen Peter hat „Vorbilder“, oder zumindest Schauspieler, deren Spiel er bewundert. Klaus Maria Brandauer gehört dazu, genauso wie Helmut Qualtinger („mein alter ego“) oder Otto Schenk. Als Lieblingsautoren nennt er neben William Shakespeare und Bertold Brecht.

Fast könnte man von einer Theaterdynastie sprechen, die aus Hegnabrunn stammt. Auch Jürgen Peters Ehefrau Inge spielte jahrelang in Trebgast Theater und inszenierte zusammen mit ihrem Mann. Beim TIK ist sie eine Art Mädchen für alles, kümmert sich um Kostüme und Requisiten und hilft, wo sie nur kann. In die Fußstapfen der Eltern sind auch die beiden Kinder Mona-Isabelle und Nicolas getreten. Mona besuchte die Theaterjugendakademie und spielte beim TIK unter anderem in der Uraufführung von Karlheinz Komms „Elisabeth von Thüringen“. Nicolas ist Mitglied der Audi-Jugendchorakademie Ingolstadt und trat bereits in Singapur, Taiwan. Montreal, im Vatikan und zuletzt zur Eröffnung der Elbphilharmonie in Hamburg auf.

Vita: Jürgen Peter

Geboren: 1950 in Buchau

Beruf: Lehrer i. R.

Berufung: Schauspieler und Regisseur

Wohnort: Hegnabrunn

Auszeichnung: Träger des Kulturpreises des Landkreises Kulmbach

Bild: Auch ein Cafe Peter gibt es, allerdings nur für private Feiern der Familie von Jürgen Peter und seiner Familie.

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07.11.2022

Lebendigkeit und Verfall: Bilder aus künstlichem Rost/ Künstler und Kunsterzieher: Andreas Schobert steht für Kunstunterricht der anderen Art

Kulmbach. „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ So lautet ein bekanntes Zitat des Aktionskünstlers Joseph Beuys (1921 – 1986), „Kunst ist die Gestaltung des sozialen Organismus“, ein anderes. Einer, der sich diese Sätze nicht nur auf die Fahnen geschrieben, sondern sie auch verinnerlicht hat, ist der Kulmbacher Andreas Schobert. Der 48-Jährige ist bildender Künstler und Kunsterzieher, hat ein eigenes Atelier in der Oberen Stadt und ist nicht zuletzt durch sein soziales Engagement bekannt geworden.

„Meine eigene Kunst trenne ich nicht von der Kunstpädagogik“, sagt Andreas Schobert. Hier, in den Räumen der Kunsterziehung am Caspar-Vischer-Gymnasium in Kulmbach spricht mehr der Pädagoge als der Kunsterzieher. Ihm gehe es darum, Kinder und Jugendliche auf die Gesellschaft vorzubereiten. Das genau ist sein Kunstverständnis und das war auch das Verständnis eines Joseph Beuys.

Gerade in der jetzigen Zeit, in der die Demokratie in einer Krise stecke, sei das wichtiger denn je. Die Gemeinschaft habe gelitten, die „Vereinzelung“ der Gesellschaft nehme zu. Was kann da Kunst bewirken? Lohnt es sich für den Einzelnen, sich zu engagieren? Fragen, auf die Andreas Schobert mit Hilfe der Kunst versucht, Antworten zu finden. Um da alle oder zumindest möglichst viele mitzunehmen, braucht es schon packende Inhalte. Andreas Schobert hat ein Rezept gefunden. Er wählt Themen aus, die einen Bezug zum Alltag der Kinder und Jugendlichen haben, zu deren Lebensumfeld oder auch zur Region.

So haben seine Schüler der 7. Klasse beispielsweise mitgeholfen, das ehemalige Kaufplatz-Areal umzugestalten, sie entwarfen Spielgeräte, machten sich Gedanken über die Aufteilung und gründeten sogar einen eigenen Verein mit dem Namen „Liebenswertes Kulmbach“. In einem anderen Projekt sollen die Schüler Denkmäler „zum Leben erwecken“. Unter der Leitung von Andreas Schobert werden Denkmäler, das können auch Brunnen oder alte Häuser sein, erforscht, Geschichten dazu recherchiert und ins Internet gestellt. Mit Hilfe eines QR-Codes am Denkmal soll es später möglich sein, diese Geschichten mit dem Smartphone abzurufen.

Das sind nur zwei Beispiele von vielen. Mit dem Kunstunterricht von einst, mit DIN-A-3-Block, Pelikan-Farbkasten und ein paar Pinseln als Gesamtausstattung hat das alles freilich nichts mehr zu tun. Kunstunterricht hebt sich ohnehin von anderen Fächern ab, sagt Andreas Schobert. Die einzelnen Projekte würden entweder an ihn herangetragen, oder er denkt sie sich in einer stillen Stunde aus.

Geboren wurde Andreas Schobert in Neustadt an der Aisch. Dort ist er aufgewachsen, dort ging er zur Schule und legte das Abitur ab, ehe er sich für ein Sonderpädagogik-Studium in Würzburg entschied. Ein Didaktik-Fach war Kunst und so wuchs er von der Sonderpädagogik immer mehr in die Kunst hinein, bis er schließlich einen Magisterabschluss in Kunstpädagogik machte und ein Jahr lang die Nürnberger Kunstakademie besuchte. Als Referendar war er am E.T.A.-Hoffmann-Theater in Bamberg tätig, ehe er 2005 als Kunsterzieher für die 5. bis 13. Jahrgangsstufe ans Caspar-Vischer-Gymnasium kam. Seitdem arbeitet er nicht nur in Kulmbach, sondern lebt auch hier.

Nach mehreren Jahren ausschließlich kunstpädagogischen Wirkens erfolgte bei Andreas Schobert 2012/2013 ein Neubeginn der eigenen bildnerischen Arbeit, einhergehend mit dem Bezug eines Ateliers in der Oberen Stadt. Seitdem steht das künstlerische Schaffen verbinden mit einer zunehmenden Ausstellungstätigkeit im Vordergrund. Seine Werke waren unter anderem bereits im sächsischen Freiberg, in der „homeless gallery 5“ und der „Färberei“ in München, in der Sparkassengalerie in Neustadt an der Aisch, sowie in Kulmbach auf der Plassenburg, im Badhaus, im Bäckerei- und Brauereimuseum sowie im Turbinenhaus zu sehen.

Seine Arbeiten zu beschreiben ist gar nicht so einfach. Zum einen arbeitet er ausschließlich abstrakt, zum anderen hat er sich mit künstlichem Rost ein, zugegeben recht eigenwilliges Material ausgesucht. Eisenhaltige Farbe wird dabei mit Hilfe eines chemischen Prozesses so bearbeitet, dass die Eisenpartikel in der Farbe rosten. Für Andreas Schobert ein interessanter Gegensatz: Zum einen ist Eisenoxid vom Rost her betrachtet ein Verfallsprodukt. Allerdings kommt Eisenoxid auch im Blut vor und steht dort für Leben. „Eisenoxid hat in seiner Ausstrahlung aber auch etwas Lebendige, mit vielen Nuancen.“ Genau das ist es, was den Künstler interessiert.

Als Musterbeispiel für ein herausragendes soziales Engagement war vor einigen Jahren viel über Andreas Schobert zu lesen Er hatte 2017 fast ein dreiviertel Jahr lang einen Teil seines Ateliers dem syrischen Schneider Rakan Ali zur Verfügung gestellt. Rakan Ali nutzt die Räume für sein „Start up“ als Werkstatt, als Begegnungsraum sowie zum gemeinsamen gestalterischen Arbeiten. Original syrische Stoffe wurden mit gerosteter Leinwand vernäht. Rakan Ali hat sich inzwischen selbstständig gemacht, was wohl ohne die Hilfe von Andreas Schobert niemals möglich gewesen wäre.

Vita:

Geboren: 1973

Geburtsort: Neustadt an der Aisch / Mitttelfranken

Beruf: Künstler und Kunsterzieher

Ausbildung: Freie Malerei bei Prof. Diet Sayler an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, Kunstpädagogik bei Prof. Rainer Goetz an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Referendariat: E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium Bamberg

Studienaufenthalte: Projekt Civitella d`Agliano / Italien

Gastdozent: Kunstpädagogik der PH Heidelberg

Mitgliedschaft: Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken e. V.

Bild: Künstler und Kunsterzieher: Andreas Schobert unterrichtet Kunsterziehung am Caspar-Vischer-Gymnasium und betreibt ein eigenes Atelier in der Oberen Stadt.

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24.10.2022

„Rampensau“ mit Goldener Schallplatte / Bierfest, Blödsinn und Blasmusik: Roland Jonak ist Profimusiker und Komödiant zugleich

Kulmbach. Preisfrage: Welcher Kulmbacher hat eine Goldene Schallplatte bekommen? Antwort: Roland Jonak, bekannt als eine Hälfte des Seltsamen Paares, als Vorsitzender der Stadtkapelle aber eben auch als langjähriger Schlagzeuger des Blasorchesters Winfried Stark und seine Original Steigerwälder. 1991 gab es die Auszeichnung für das Album „Überall wo Freiheit ist“. „Ich bin schon ein wenig stolz darauf“, gibt sich Roland Jonak bescheiden.

1989 bis 1994 war er bei Winfried Stark aktiv. Sechs Spielzeiten pro Jahr mit jeweils 170 bis 180 Auftritten. Viele Fernsehsendungen waren darunter, zahlreiche Auslandsauftritte, Tourneen mit prominenten Musikerkollegen wie Marianne und Michael, Patrick Lindner, den Kastelruther Spatzen und vielen mehr. „Es war eine schöne und aufregende Zeit, die ich nicht missen möchte“, sagt Roland Jonak, der heuer seinen 60. Geburtstag gefeiert hat. Ein bisschen Wehmut schwingt schon mit, wenn er davon erzählt, dass er schließlich aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste.

Die Bühne hat ihn aber trotzdem bis heute nicht losgelassen. Sei es mit seinen Auftritten beim Gaudibrettla, bei den Buschklopfern oder als legendäres Seltsames Paar zusammen mit Manfred Spindler. Für Blödsinn sei er schon immer zu haben gewesen, erinnert sich Roland Jonak. Klar, dass er bei den Steigerwäldern für das Showprogramm verantwortlich war. Er habe stets versucht, Heiterkeit und Spaß in die Sache zu bringen. „Mein Lebensziel ist es, dass die Leute auch mal den Alltag vergessen und herzhaft lachen können“, sagt er, der sich schon irgendwie als „Rampensau“ sieht.

Begonnen hat das alles mit neun Jahren, als ihn seine Eltern zum Kulmbacher Fanfarenzug mitnahmen und er dort die Landsknechttrommel schlagen durfte. Kurz darauf folgte die Jugendkapelle, später die Stadtkapelle, wo er mittlerweile als der dienstälteste Musiker gilt. Roland Jonak war schon immer für das Schlagwerk zuständig. „Alles, was mit Stecken zu tun hat“, wie er es ausdrückt.

Das schließt aber nicht aus, dass er auch einen bürgerlichen Beruf erlernt hat. Bei der damaligen Bäckerei Dietzel absolvierte er eine Bäckerlehre, ein Jahr lang arbeitete er bei der Bäckerei Stamm, dann rief der Bund. „Ich wollte Militärmusiker werden“, sagt Roland Jonak, Tatsächlich landete er als einer von ganz wenigen Wehrpflichtigen beim damaligen Heeresmusikkorps IX in Regensburg. Für vier Jahre verpflichtete er sich dort, ein Jahr davon besuchte er das Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr im nordwestfälischen Hilden, die zentrale militärmusikalische Ausbildungseinrichtung der deutschen Streitkräfte, die eng mit der Robert-Schumann-Hochschule für Musik in Düsseldorf zusammenarbeitet.

Als er nach den vier Jahren nach Kiel oder Hannover versetzt werden sollte, war die Heimatliebe stärker. Roland Jonak ging zurück nach Kulmbach, nutzte seine Kontakte in die Szene, beschloss, Profi zu werden und erlangte mit den verschiedensten Gruppen wie den „Franken“, der „Altfränkischen Blasmusik“ oder der Oktoberfestkapelle Schwarzfischer überregional Bekanntheit. Vom Hamburger Dom bis zum Cannstatter Wasen in Stuttgart, vom Münchner Oktoberfest bis zum Bayreuther Volksfest, überall war Roland Jonak zu erleben, bis er schließlich bei den Steigerwäldern landete. Das alles sei eine „superschöne Zeit“ gewesen. Keine Sekunde möchte er davon missen.

Heute hilft er gerne bei den Musikvereinen der Region aus. „Ich spiele überall, wo ich gebraucht werde. Seit zehn Jahren steht er an der Spitze der Stadtkapelle, mit der heuer nach der Corona-Pause endlich wieder einmal das Bierfest eröffnen durfte. „Es war wieder ein großer Moment.“ Wenn alles gut geht, soll es nach der Corona-Pause auch heuer wieder ein Neujahrskonzert geben.

Offen ist dagegen die Zukunft des Seltsamen Paares. Es wäre schade, wenn es so zu Ende gehen würde, sagt er und legt großen Wert darauf, dass es im Herzen noch lange nicht beendet ist. Problem ist noch immer die fehlende Planungssicherheit. Im März 2020 habe man viele ausverkaufte Veranstaltungen absagen müssen. Kaum jemand könne sich vorstellen, was da organisatorisch alles dranhängt. Auch das Kleinkunstbrettla hat er noch lange nicht aufgegeben, auch wenn die Bühne in Untersteinach so nicht mehr zur Verfügung steht.

Trotz der Einschnitte der zurückliegenden Jahre ist Roland Jonak mit sich und der Welt zufrieden. „Meine Träume habe ich alle erleben dürfen“, sagt er. Seine Zeit als Berufsmusiker gehört dazu, wie das Spielen auf der eigenen Bühne. Sein Herz schlägt auch weiterhin für die Böhmische Blasmusik. Die Legende Ernst Mosch durfte er während seiner Zeit bei den Steigerwäldern sogar persönlich kennenlernen.

Bild: „Schon ein wenig stolz darauf“: Roland Jonak mit der Goldenen Schallplatte, die er zusammen mit Winfried Stark und seinen Original Steigerwäldern bekommen hat.

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17.10.2022

Lehrerin, Leistungssportlerin, Landschaftsmalerin: Die Malerin Helga Hopfe ist nicht nur künstlerisch eine vielseitige Persönlichkeit

Schmeilsdorf. „Für mich muss ein Kunstwerk etwas Inneres widerspiegeln“, sagt Helga Hopfe. Die in Danndorf beheimatete Malerin, die im nahen Schmeilsdorf ein eigenes Atelier hat, ist in vielen Techniken und Stilen zuhause. Ihre Lieblingsfarbe ist rot, ihr Lieblingstier ist die Katze. Kein Wunder, dass der Betrachter auch vielen ihrer Bilder Katzen entdeckt. Doch bevor sich Helga Hopfe als Künstlerin einen Namen machte, wurde sie in ihrer Heimat als Sportlerin bekannt. Bei den Europameisterschaft 1961 brachte sie es im Doppelvierer der Ruderer immerhin zu einer Bronzemedaille.

Geboren wurde Helga Hopfe 1938 im vogtländischen Oelsnitz als sogenanntes Arbeiterkind. Eigentlich wollte sie mal Teppichzeichnerin werden, doch da kam der Sport dazwischen. So besuchte sie nach der erweiterten Oberschule, heute würde man Gymnasium dazu sagen, die „Deutsche Hochschule für Körperkultur“ in Leipzig mit Sport als Hauptfach sowie die Karl-Marx-Universität mit Pädagogik, Psychologie und eben mit Kunsterziehung.

Bevor sie in den 1960er Jahren in den Schuldienst ging, widmete sie sich dem Leistungssport und konnte im Rudern recht gute Erfolge vorweisen. Die Teilnahme an den Europameisterschaften 1960 in England, bei dem sie wegen eines Steuerfehlers einer Teamkollegin disqualifiziert wurde und die Europameisterschaft 1961 in Prag, bei der es die Bronzemedaille gab, sind ihr noch lebhaft in Erinnerung.

Nach dem Ende der sportlichen Karriere unterrichtete Helga Hopfe Sport im sächsischen Plauen, und eben auch Kunsterziehung. „Das war der eigentliche Anfang meiner Arbeit mit Farben“, sagt sie. In Plauen gehörte sie zu den Mitbegründern des dortigen Kunstvereins. „Ich bin keine Einzelgängerin, ich habe schon immer die Gemeinschaft gesucht“, so Helga Hoppe, die es nicht mag, „im eigenen Saft zu schmoren“.

Dann kam das Jahr 1989 und mit ihm die Wende. Sie habe geweint, als sie zum ersten Mal im Westen war und über den Rhein gefahren sei, um ihre Schwester zu besuchen. „Das war einfach etwas, was man nicht fassen konnte.“ Die erste Zeit sei „wie ein Rausch“ gewesen, sagt Helga Hopfe, die nie in einer Partei war und die deshalb auch zu DDR-Zeiten nie irgendwelche Vorteile genießen durfte.

In das Kulmbacher Land kam sie nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes, weil einer ihrer beiden Söhne hier als Physiotherapeut tätig war. „Ich habe sofort Anschluss zur hiesigen Kunstszene gesucht“, erinnert sich Helga Hopfe. Bei verschiedenen Vernissagen habe sie erste Kontakte geschlossen. Viele Jahre lang habe sie beispielsweise an den oberfränkischen Malertagen teilgenommen, noch heute gehört sie dem Beirat des Bundes fränkischer Künstler an. Viele Kurse hatte sie seitdem besucht, um immer wieder neue Impulse zu bekommen und neue Techniken kennenzulernen. Mittlerweile gibt sie auch selbst Kurse, jahrelang arbeitete sie in Schmeilsdorf mit behinderten Menschen.

Bekannt wurde Helga Hopfe im Kulmbacher Raum durch die vielen Einzel- und Gruppenausstellungen, etwa im Badhaus oder auf der Plassenburg. Bekannt ist sie aber auch in ihrer alten Heimat. So stellte sie unter anderem im Plauener Malzhaus oder im Rathaus von Oelsnitz und im dortigen Schloss Voigtsberg aus. Aber auch international trat sie immer wieder in Erscheinung, da finden sich Ausstellungen in spanischen Malaga, im französischen Mende und sogar in Litauen.

Ihre Vorbilder sind Caspar David Friedrich, die Impressionisten wie Claude Monet und Auguste Renoir und vor allem Pablo Picasso. Auch sie habe ganz realistisch angefangen und dann immer wieder einen Wandel vollzogen. In ihrer Motivwahl wird schnell deutlich, dass sie eine Vorliebe für Tunnels, Durchgänge und Wege hat. Immer ist auch eine Prise Humor dabei, etwa wenn sie einem ihrer Bilder den Titel „Bauer sucht Frau“ gibt. „Manchmal“, so sagt Helga Hopfe, „wäre es besser, wenn man den Bildern keinen Namen geben würde“. Das gelte vor allem für ihre gegenstandlosen Bilder. Helga Hopfe vermeidet dabei den Begriff abstrakt. In ihren Frühlingsbildern, die im Winter entstanden sind, wird die Sehnsucht nach der neuen Jahreszeit direkt spürbar. Und manchmal kann sie es gar nicht begründen, warum sie gerade das und dies gemalt hat, den kleinen blauen Elefanten etwa. Helga Hopfe ist mit vielen Techniken vertraut. Dazu gehören neben Aquarellen auch Radierungen, Holzrisse, Acrylmalerei, Mischtechniken, Aquatinten und Tuschearbeiten.

Vita Helga Hopfe:

Geboren: 1938 in Oelsnitz/Vogtland

Studium: Sport und Kunst an der „Deutschen Hochschule für Körperkultur“ und an der Karl-Marx-Universität in Leipzig.

Atelier: Im Haus Schmeilsdorf in der Gemeinde Mainleus.

Einzel- und Gruppenausstellungen in Kulmbach, Oelsnitz, Münchberg, Nürnberg, Schleiz, Plauen, Auerbach, Erlangen, Rehau, Neuenmarkt, Greiz, Pegau, Kronach, Dresden, Heilsbronn, Helmbrechts, Marktredwitz, Forchheim, Coburg, Neudrossenfeld, Selb, Bad Elster, Heroldsberg , Bayreuth sowie international in Italien, Litauen, Frankreich, Spanien und Serbien.

Bild: Helga Hopfe in ihrem Atelier in Schmeilsdorf.

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10.10.2022

Faszination Theater: „Großer und wichtiger Teil des Lebens“ / Carolin Wagner steht seit fast zehn Jahren an der Spitze der Buschklopfer

Kulmbach. „Ein bisschen fühlt es sich an, wie ein Neustart“, sagt Carolin Wagner, die seit März 2013 Vorsitzende an der „Buschklopfer“ ist. Die engagierte Theatergruppe hat in Untersteinach einen neuen Saal als neue Spielstätte, in den vergangenen Monaten sind neue Leute dazugekommen und alles zusammen bietet viele neue Möglichkeiten, um Theater zu spielen.

Eigentlich hatte die gelernte Hotelkauffrau und Fremdsprachenkorrespondentin gar nichts mit dem Theater zu tun. „Ich habe während meiner Schulzeit nie einen Theaterkurs besucht“, sagt sie. Trotzdem hat es sie irgendwann gepackt. Das war im Jahr 2004, als sie von den „Buschklopfern“ die damalige Produktion der US-amerikanischen Komödie „Arsen und Spitzenhäubchen“ sah. Sie sei so begeistert gewesen, dass sie noch am gleichen Abend angerufen und nach Möglichkeiten der Mitwirkung gefragt hatte. Und schon konnte Carolin Wagner zum ersten Mal Theaterluft schnuppern, wenn auch vorerst nur hinter der Bühne als Hilfskraft zum Umkleiden der Darsteller.

Doch bald schon durfte sie nach einigen kleineren Einsätze in verschiedenen Märchenproduktionen die Bretter betreten, die die Welt bedeuten. Das war in William Shakespeares „Sommernachtstraum“ im Ruinentheater von Sanspareil in der Regie des legendären Uwe Hoppe von der Bayreuther Studiobühne. Seitdem hatte sie in fast allen Produktionen mitgewirkt. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr das Skandalstück „Wenn der Hafer sticht“, in dem schon vor Jahren das Wirtshaussterben auf dem Land thematisiert wurde, und das damals wegen verschiedener Szenen als anstößig empfunden wurde. „Es war halt anders als die üblichen Boulevardstücke“, erinnert sie Carolin Wagner.

Spielstätte der „Buschklopfer“ war damals noch der Hupfer-Saal in Ködnitz. Nachdem der nicht mehr zur Verfügung stand, hatten die Verantwortlichen alle Säle der Region abgegrast, bis sie beim „Kleinkunstbrettla“ in Untersteinach landeten. Fast zehn Jahre lang mieteten sich die Buschklopfer dort jedes Jahr für rund drei Monate ein, um ihre Winterproduktionen einzustudieren und aufzuführen. Im Sommer spielte und spielt man im Hof des Amtsgerichtes, das alljährliche Weihnachtsmärchen wurde im ehrmaligen JUZ am Busbahnhof gegeben.

Das eigentliche Theaterspiel sieht Carolin Wagner noch immer mit gemischten Gefühlen. „Ich leide extrem unter Lampenfieber“, gibt sie zu. Für sie beginnt die Faszination Theater schon in der Probenzeit, dann, wenn sich das Ensemble zusammenfindet und eine neue Produktion entsteht. „Dann entsteht auch eine wirkliche Gemeinschaft“, sagt sie und gibt offen zu, dass das Theater ein ganz großer und wichtiger Teil ihres Lebens geworden ist. Gerne würde sie zum Beispiel noch einmal die Titania in einer Art „Sommernachtstraum reloadet“ spielen. Auch Stücke wie „Mord im Orient“ oder Shakespeares „Der widerspenstigen Zähmung“ würden sie reizen. Als ihre Lieblingsschauspielerinnen nennt sie Michelle Pfeiffer und Meryl Streep.

Künftig wird das ehemalige „Kleinkunstbrettla“ die Hauptspielstätte der „Buschklopfer“ werden, denn vor wenigen Wochen har der Verein den Saal übernommen. „Es war gar nicht so einfach, das zu stemmen“, so Carolin Wagner und Georg Mädl. Er ist nicht nur zweiter Vorsitzender des Vereins, auch privat bilden Carolin Wagner und Georg Mädl ein Team. Beide appellieren an die hiesige Wirtschaft, etwa durch Sponsoring das kulturelle Leben zu unterstützen. Mitglieder sind in dem Verein natürlich auch immer herzlich willkommen, egal ob aktiv oder passiv.

Mit der spritzig-frivolen Komödie „Job Suey“ sind die Buschklopfer bereits im März nach der Corona-bedingten Pause wieder voll durchgestartet. „Unsere Mitspieler sind alle bei der Stange geblieben“, freut sich Carolin Wagner. Die acht Aufführungen seien fast alle ausverkauft gewesen und die Besucher hätten „endlich wieder einmal unbeschwert lachen“ können.

Als Produktion für den Winter steht bereits die Kriminalkomödie „Außer Kontrolle“ von Ray Cooney auf dem Programm. Carolin Wagner verspricht das „totale Boulevard-Chaos“. Die Proben dazu starten bereits im Herbst, die Premiere ist für Anfang Januar geplant. Auch das Sommerstück, das dann wieder im Amtsgerichtshof gespielt wird steht bereits fest: Es wird das Stück „Unkraut“ des fränkischen Kultautors Fitzgerald Kusz sein.

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04.10.2022

Metzger und Musiker zugleich / Als „Frankenrebell“ ist Hansi Hümmer Garant für Frohsinn und gute Laune

Stadtsteinach. Von den Amigos bis zu den Ärzten, von den Oberkrainern bis zu „Layla“: Hansi Hümmer ist musikalisch vielseitig unterwegs. Doch nicht nur musikalisch: Einst war er der jüngste Metzgermeister Deutschlands, er führte viele Jahre lang einen weit über die Grenzen des Kulmbacher Landes bekannten Gasthof, machte sich als singender Wirt einen Namen und trat mehrfach als „Frankenrebell“ im Fernsehen auf.

Hansi Hümmer (67) ist das, was man einen klassischen Alleinunterhalter nennt. So ganz stimmt das „allein“ auch nicht, denn manchmal ist er auch im Duo unterwegs zum Beispiel mit seinem Sohn Sebastian (39) oder mit dem ehemaligen „Radspitz“-Gitarristen Peter Hienert.

Er ist Vollblutmusiker durch und durch. Kein Tag, an dem er keine Musik macht, und wenn es „nur“ zu Übungszwecken ist. Hansi Hümmer ist aber auch der klassische Entertainer: „Die Leute zum Lachen zu bringen, das ist doch was Schönes“, sagt er. Und da ist er auch schon bei seinem Lieblingsthema, dem Fasching. Hansi Hümmer, das ist schlichtweg der personifizierte Fasching. Über 20 Jahre lang stand er als Vorsitzender an der Spitze der Faschingsgesellschaft Stadtsteinach, mittlerweile ist er sogar Ehrenvorsitzender. Er organisiert, managt und moderiert den Stadtsteinacher Fasching, wenn nicht gerade Corona ist. Er ist Büttenredner, Texteschreiber und Liedinterpret in einer Person.

Dabei hat Hansi Hümmer auch noch einen „ordentlichen“ Beruf. Er ist Metzger. Mit 15 schloss er bereits seine Gesellenlehre ab, noch mit 18 machte er die Meisterprüfung. Dazwischen lag ein Jahr als Kellner im prominenten Parkhotel im schweizerischen Arosa. Seine Tätigkeit im elterlichen Gasthof erfuhr 1983 einen schmerzlichen Einschnitt, als der Vater plötzlich verstarb und Hansi Hümmer den Gasthof übernehmen musste.

Parallel dazu entwickelte sich auch eine bemerkenswerte musikalische Karriere. Als Kind von den Eltern „verdonnert“, Akkordeon zu lernen, brachte er sich schon bald selbst das Gitarrenspiel bei und gründete eine Band, die „Hugo-Schneckerich-Crew“, aus der später „Hugo Sixpack“ und schließlich die „Hugo-Schneckerich-Show“ wurde.

Was lag in den folgenden Jahren näher, als Gastronomie und Musik zu verbinden? Und so wurde Hansi Hümmer als „Singender Wirt vom Frankenwald“ schon bald überregional bekannt. „Wir hatten manchmal 25 Busse im Monat, die von überall her kamen“, erinnert er sich. Doch irgendwann Anfang der 2000er Jahre ging es mit dem Gasthof bergab. Stadtsteinach verlor mehr und mehr an Bedeutung, so dass auch die Feiern weniger wurden, der Markt war lange eine Baustelle, der Gasthof war nicht mehr attraktiv und so entschloss sich Hansi Hümmer erst einmal Schluss zu machen mit der Gastronomie

Als Alleinunterhalter hatte er sich da längst einen Namen gemacht und beinahe unzählige Hochzeiten, Polterabende Familienfeiern mit seiner Kunst bereichert. Auch eine CD mit vielen eigenen Lieder und Texten war bereits auf dem Markt. Bestimmt können sich noch viele an seinen Hit „Nix amore“ erinnern. Gleichzeitig stieg Hansi Hümmer auch wieder in die Gastronomie ein und eröffnete seinen Imbiss mit Partyservice in Stadtsteinach. Drei Festangestellte und zwei Aushilfen beschäftigt er hier, der Imbiss ist weithin bekannt für Sauerbraten, Burger, Steaks und Grillplatten.

Heute ist Hansi Hümmer vor allem auf Kerwas, Weinfesten und Sommerfesten aller Art anzutreffen. Dort spielt er am liebsten die Songs von den Beatles, den Stones, den Beach Boys. Es dürfen auch gerne mal die Ärzte oder die Toten Hosen sein. Wenn er auch technisch bestens ausgerüstet ist, so legt Hansi Hümmer doch großen Wert darauf, notfalls auch ohne Strom die Menschen bestens unterhalten zu können. „Wenn der Strom ausfällt, dann spiele ich einfach mit dem Schifferklavier weiter“, sagt er. Auch im Fernsehen war er schon sehen, bei Franken Helau und gleich zwei Mal im Finale der Show „Franken sucht den Supernarr“. Dort landete er beide Male unter jeweils 80 Bewerbungen unter den ersten zehn.

Wenn Hansi Hümmer mal keine Musik macht und auch nicht am Tresen seines Imbisses steht, dann ist er meist sportlich unterwegs. Tennis hat er bis in die Landesliga gespielt, er fährt Ski, Abfahrt und Alpin und schwebt auch schon mal als Drachenflieger über seine Heimat. Mit seinem Berner Sennenhund läuft er täglich von seinem Wohnort Untersteinach zum Imbiss nach Stadtsteinach. Am liebsten sieht er sich allerdings als Witzeerzähler, wobei er darauf Wert legt, dass seine Witze nie ordinär sind. „Höchstens leicht unter der Gürtellinie“, fügt er augenzwinkernd hinzu.

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26.09.2022

Kirchenmusik in Zeiten von Corona / Von Barock bis Rock: Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß ist vielfältig musikalisch unterwegs

Kulmbach. Ende 2019 wurde er mit einem Festgottesdienst in der Petri-Kirche als neuer Stadt- und Dekanatskantor in sein Amt eingeführt. Anfang 2020 war dann erst einmal Schluss. Corona hatte alle Pläne zunichte gemacht. Keine einfache Situation für Christian Reitenspieß (51), dem Stadt- und Dekanatskantor von Kulmbach.

Mit dem virtuosen Finale aus der Orgelsymphonie Nr. 1 in d-Moll des französischen Komponisten Alexandre Guilmant hatte er bei seiner Einführung eine überaus eindrucksvolle Visitenkarte an der großen Rieger-Orgel der Petri-Kirche abgegeben. Christian Reitenspieß hatte große Pläne. Eine Aufführung der fragmentarischen Markus-Passion von Johann Sebastian Bach war für den kommenden Karfreitag geplant. „Wir waren gerade in den Proben, als wir über den Dekanatsausschuss erfuhren, dass erst mal alles dicht ist“, erinnert sich der Kirchenmusiker.

Christian Reitenspieß ist nicht nur waschechter Franke, er kann auch auf jede Menge Erfahrung im Haupt- und Nebenamt verweisen. Geboren wurde er im mittelfränkischen Diespeck, bei Neustadt an der Aisch. Im nahen Markt Erlbach spielte er zum ersten Mal die Orgel. Schon vorher, im Alter von neun Jahren, begann er mit dem Klavierspiel, mit zehn Jahren folgte die Posaune, ehe er sich mit elf für die Orgel entschied. Noch etwas verbindet Reitenspieß mit Franken, in diesem Fall sogar Oberfranken: er hat in Bayreuth Kirchenmusik studiert und in Hof sein Berufspraktikum absolviert. Zuletzt war er 16 Jahre lang in Melsungen, südlich von Kassel, in Nordhessen und davor sechs Jahre lang im südhessischen Gelnhausen tätig.

Lieblingskomponisten hat Christian Reitenspieß keinen. An der Rieger-Orgel der Petrikirche lasse sich allerdings die Musik der französischen Romantik am besten spielen. Er besitze aber auch einen ausgeprägten Hang zu barocker und frühbarocker Orgelmusik. Eine Orgel sei aber keineswegs ein verstaubtes Instrument. Man könne sogar die Rockmusik der 50er und 60er Jahre darauf interpretieren. Rockmusik, oder auch Pop und Jazz hört er gerne auch mal privat. Neben Barock und Spätromantik liegt im Anton Bruckner sehr und wenn schon Oper dann eher Mozart als Wagner.

Mittlerweile fand mit dem Lobgesang von Felix Mendelssohn Bartholdy auch wieder ein richtig großes Konzert in der Petrikirche statt, nachdem es vorher mehrfach verschoben werden musste. „Die Anzahl der Chormitglieder ist während Corona um etwa ein Drittel geschrumpft, gleichzeitig ist die Motivation enorm gestiegen“, so Christian Reitenspieß. Ein Teil sei weggezogen, ein Teil habe aufgehört und von einem weiteren Teil habe er einfach nichts mehr gehört, bedauert er.

Dabei habe er stets versucht, per E-Mail Kontakt zu halten. Mit einem Stamm von Unentwegten habe er in den Gottesdiensten als Choralschola von der Empore gesungen, als das für die Gemeinde gar nicht mehr möglich war. Den Weihnachtsgottesdienst habe er mit dem Vokalensemble gestaltet. Zuspruch kam von allen Seiten. Die Gemeindeglieder bedankten sich, dass gesungen wurde, die Mitwirkenden dankten dafür, dass sie überhaupt singen durften. „Eine total verkehrte Welt“, wie Christian Reitenspieß im Nachhinein feststellt.

Zu seiner Arbeit gehören auch das Seniorensingen, zu dem sich mittlerweile regelmäßig rund 30 Menschen jeden Mittwochvormittag in der Spitalkirche treffen, ein Kinderchor, der im Mai sogar ein kleines Mini-Musical während des Gottesdienstes aufgeführt hatte, die Arbeit mit dem Ensemble „Tonarten“, die regelmäßige musikalische Ausgestaltung während der Gottesdienste und eine kleine Orgelreihe.

Große Pläne hat Christian Reitenspieß für die kommenden Monate. Nach den Sommerferien beginnen die Proben für John Rutters musicalhaft anmutendes „Requiem“, das im November zur Aufführung kommen soll. Für das kommende Jahr ist dann doch noch die fragmentarische Markus-Passion von Bach geplant.

Bilder:
1.
Die Kulmbacher Kantorei unter Christian Reitenspieß bei ihrem letzten großen Konzert in der St. Petri-Kirche.
2.
Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß.
3. Christian Reitenspieß bei seinem Amtsantritt am Spieltisch der Rieger-Orgel.

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19.09.2022

Bach, Brahms und Bierzelt: Rainer Streit beherrscht die gesamte Bandbreite der Musik

Ludwigschorgast. „Ich versuche immer das Beste daraus zu machen und das Beste zu geben“. Der Tubist Rainer Streit ist Profimusiker. Orchestermitglied der Hofer Symphoniker, Lehrer an deren Musikschule, Teil des Blechbläserquintetts Rekkenze Brass, aber auch Dirigent des Musikvereins Ludwigschorgast: Trotz seiner erst 54 Jahre kann er bereits auf ein langes, reichhaltiges und vielfältiges Musikleben zurückblicken.

Das sah zunächst ganz anders aus. Nach Realschule und Mittlerer Reife folgte zunächst eine Lehre zum Elektroinstallateur. Genau ein Monat lang hat der gebürtige Kulmbacher, der in Ludwigschorgast zuhause ist, in seinem Beruf als Geselle gearbeitet, dann kam die Musik dazwischen. Das heißt, eigentlich war die Musik schon immer da. Zunächst in Form einer Heimorgel, wie sie damals modern war, und schon bald in Form der Tuba. „Ich hab die Tuba einfach mal ausprobiert und bin hängen geblieben.“ 

„Die Franken“ waren eine der ersten Formationen, mit denen Rainer Streit öffentlich aufgetreten war, von Kronach bis Nürnberg, Abstecher führten bis nach Goslar. 1985 gehörte er zusammen mit seinem Bruder Harald, dem jetzigen Leiter der Kulmbacher Musikschule, zu den Gründern des noch immer existierenden Blechbläserquintetts Culma Brass, bis er sich 1987 zum Studium am Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg entschloss. Mit dem Hauptfach Tuba schloss er 1991 mit der Note sehr gut die „Staatliche Musikreifeprüfung“ ab, ein dreijähriges Aufbaustudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt schloss sich an, seitdem darf sich Rainer Streit Diplom-Musiker nennen. Nicht vergessen werden soll dabei das Jahr Wehrdienst, den Rainer Streit beim Gebirgsmusikkorps 8 in Garmisch-Partenkirchen ableistete.

In die Zeit der Musikstudien in Nürnberg und Frankfurt fallen auch Rainer Streits erste Orchestererfahrungen mit den Nürnberger Symphonikern, dem Rundfunk-Symphonieorchester Frankfurt (heute hr-Sinfonieorchester) und bald auch schon den Hofer Symphonikern. 1996 dann der Einstieg bei Rekkenze Brass, dem Blechbläserquintett der Hofer Symphoniker. Mit dieser Formation erlebte Rainer Streit auch einen der vielen Höhepunkte seines Musiklebens: eine USA-Tournee mit 38 Konzerten an 30 Orten innerhalb von 42 Tagen. Das war im Jahr 1998. Konzerte in den Metropolen Boston, Chicago und Boston sollten folgen.

„Jedes Konzert ist für sich ein Highlight“, sagt Rainer Streit bescheiden. Mit den Hofer Symphonikern gehören Auftritte bei den Schlossfestspielen in Regensburg mit Weltstars wie Elina Garanca, Jonas Kaufmann, Jose Carreras oder Lucis Aliberti unwillkürlich dazu. „Mit meiner musikalischen Bandbreite decke ich nahezu alles ab“, sagt Rainer Streit. Auftritte mit den „Franken“ bei der Bierwoche oder beim Volksfest in Nürnberg genauso, wie das Musizieren in der Oper, im Symphoniekonzert, bei Standkonzerten, in Altenheimen oder vor Schulklassen.

Seit dem Jahr 2010 ist Rainer Streit außerdem auch der Leiter des Musikvereins Ludwigschorgast. Wenn nicht gerade Corona ist, findet das traditionelle Jahreskonzert immer am Ostersonntag statt, für den Herbst ist immer ein böhmischer Abend geplant. Ort des Geschehens ist in beiden Fällen die Steinachtalhalle in Stadtsteinach.

Corona hatte allerdings dafür gesorgt, dass erst einmal lange gar nichts stattfand. Bei Rekkenze Brass gibt es mittlerweile drei neue Gesichter, die Planungen laufen derzeit wieder an. Die Hofer Symphoniker hatten zunächst mit einer Art musikalischen Adventskalender auf deren Facebook-Seite Kontakt zu allen Musikfreunden gehalten, um wenigstens ein Lebenszeichen zu geben. Schon bald gab es allerdings auch wieder Kurzkonzerte im Freien, gespielt und geprobt wurde in den Räumen der Hofer Freiheitshalle. „Wir hoffen, schon bald wieder im Theater spielen zu können“, so Rainer Streit. Dort hatten zunächst aufwändige Sanierungsmaßnahmen stattgefunden, ehe ein Wasserschaden den Betrieb lahm legte.

Gefragt nach seinen Lieblingskomponisten nennt Rainer Streit spontan Johannes Brahms und Peter Tschaikowsky. Was die Bläserformation angeht, gehöre unwillkürlich auch Johann Sebastian Bach dazu. Und in Sachen Böhmischer Blasmusik komme man an Ernst Mosch einfach nicht vorbei. Es sei schon erstaunlich, wie man dabei immer wieder „neue alte Nummern“ entdecken kann. „Bei Ernst Mosch gibt es eigentlich gar ein schlechtes Stück“.

Für die Zukunft hofft Rainer Streit, endlich wieder spielen zu können. „Auch dem Publikum ging das schon sehr ab“, so musste er es immer wieder feststellen. „Wir wollen den Leuten doch auch etwas bieten“, sagt er und freut sich, dass während der zurückliegenden zweieinhalb Jahre nahezu alle Musikerkollegen bei der Stange geblieben sind.

Bild: Sein Instrument ist die Tuba: der gebürtige Kulmbacher Rainer Streit lebt in Ludwigschorgast.
Foto: Fotostudio R. Schwarzenbach Hof

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12.09.2022

Ein Freigeist in Stanich / Wolfgang Martin hat die Kultur nach Stadtsteinach gebracht

Stadtsteinach. Theatermacher, Kulturschaffender, Freigeist: Das alles und noch viel mehr ist Wolfgang Martin. Dabei steht er eigentlich gar nicht so gerne im Vordergrund: „Wenn sie Persönlichkeit suchen, dann suchen sie bei mir vergebens“, sagt er und meint damit, dass er lieber im Hintergrund bleibt. Von dort allerdings zieht er die Fäden. Ob bei der „Gründung seiner Kulturinitiative mit dem eigenwilligen Namen „Die Wüste lebt“ (nach dem gleichnamigen Walt-Disney-Film), beim Umbau des Alten Rathauses zur Verwirklichung kultureller Projekte oder bei der Umgestaltung der ehemaligen Schule zum Theaterraum. Immer ist Wolfgang Martin der Motor, die treibende Kraft.

„Für mich ist alles Kultur“, sagt der heute 75-Jährige. Dabei deutet sein Lebensweg zunächst einmal gar nicht auf kulturelles Engagement hin: geboren in Frankfurt, Studium der Werkstoffwissenschaften in Berlin, Tätigkeiten bei Porzellanherstellern wie Rosenthal oder Winterling, später ein eigenes Ingenieurbüro, das sich als erstes im Kulmbacher Raum mit dem Thema Solar beschäftigte und Photovoltaikanlagen installierte. Daneben politisches Engagement als Leiter des oberfränkischen Regionalbüros der Grünen während der ersten Bundestagsperiode Anfang der 1980er Jahre, 15 Jahre lang Stadtrat in Stadtsteinach zuletzt für die „Bunte Liste“ und viele Jahre Vorsitzender des Bundes Naturschutz vor Ort. Nicht vergessen werden soll dabei seine Tätigkeit als Wissenschaftsjournalist. Mit dem prominenten Publizisten und Zukunftsforscher Robert Jungk (1913 – 1994) hatte er sogar ein Buch veröffentlicht.

Für einen „normalen“ Lebensweg würde das alles längst reichen, nicht aber für Wolfgang Martin. Ihm ging es schon immer darum, zeitgenössische Kultur erlebbar zu machen, und zwar dort, wo man es zunächst gar nicht vermuten möchte: auf dem flachen Land. So gründete er vor mittlerweile rund 25 Jahren die Kulturinitiative „Die Wüste lebt“. „Wir verstehen uns als kreativer Entwicklungs- und zeitgenössischer Kulturzusammenschluss in einer kleinen ländlichen Struktur“, beschreibt er das oberste Ziel des „multikulturellen Vereins, der immer wieder neue Wege geht“. 

Nach Stadtsteinach war er in den 1970er Jahre durch Zufall gekommen. Nach dem Studium ging es erst einmal ein halbes Jahr lang kreuz und quer durch Australien, irgendwann kam die Tätigkeit in der Porzellanbranche dazu, die damals in der Region stark verwurzelt war. Der Umstand, dass sein Frau eine Stelle als Krankenschwester suchte und im damaligen Stadtsteinacher Krankenhaus fand, ließ Wolfgang Martin dann endgültig hier ansässig werden.

Dreh- und Angelpunkt des Vereins war das Alte Rathaus. Dort gab es Theaterabend, Kabarett, Jazzkonzerte, Auftritte von Liedermachern, Lesungen, Filmvorführungen und vieles mehr. Legendär war und ist der 500 Jahre alte Gewölbekeller („Stanischer Keller“), aber auch im neugestalteten großen Garten zur Stadtmauer hin sowie an anderen Spielorten gab es immer wieder Veranstaltungsangebote. 1997 beispielsweise konnte Wolfgang Martin die bekannte Gruppe „Saitenwynd“ in die Steinachtalhalle holen, immer wieder gab es Theater in allen Variationen und zuletzt gastierte der Liedermacher Morgan Finlay in der Alten Schule.

 „Ich mach das alles für mich“, das sei stets seine Intention gewesen, sagt Wolfgang Martin. Viel Herzblut hatte er hineingesteckt und so ist es gelungen, einen Kreis gleichgesinnter um sich zu scharen. So kaufte er später die Alte Schule und führte dort das Frankenwaldtheater weiter. 60 Plätze gibt es im Theaterraum, einem ehemaligen Klassenzimmer im ersten Stock. Wolfgang Martin setzte dabei allerdings fast ausschließlich auf Gastspiele, zunächst von der ehemaligen Freien Bühne in Bayreuth, aber auch andere Formationen und immer wieder der Fränkische Theatersommer. Mit Sequenzen aus der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht gab es aber auch schon eine Eigenproduktion, in der Wolfgang Martin die Partie des Mackie Messer übernommen hatte.

Jüngstes Kind in der Ideenschmiede von Wolfgang Martin ist die Initiative „Campus Cactus“. Deren Ziel soll es sein, überregionale und internationale Workshops in den Bereichen Kunst und Kultur anzubieten. So fanden bereits deutsch-französische Comic-Wochen statt. Auf dem Plan für die Zukunft stehen Siebdruck-, Streetart und Theaterworkshops.

Sein Lebenswerk wird Bestand haben, davon ist auszugehen. Zwei seiner Kinder leben und arbeiten in Berlin, eine Tochter in München und eine weitere Tochter ist als Betriebsleiterin bei der Naturbühne Trebgast aktiv.

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05.09.2022

Menschen zum Lachen und zum Weinen bringen / Fränkisch im Focus: Rüdiger Baumann und sein Schauhaufen bereichern seit über 20 Jahren die Kulmbacher Kulturszene

Kulmbach. Dieser Mann ist Theater pur: Er schreibt, inszeniert, probt und spielt, leitet sein eigenes Theater, in dem er auch wohnt und (fast) alles, was er macht, hat irgendwie mit Theater zu tun. Dabei ist er eigentlich gelernter Fotograf und hatte bis zuletzt ein eigenes Studio. Doch irgendwann war die Lust am Spielen größer und mittlerweile hat Rüdiger Baumann in der Szene einen echten Namen als Theatermacher aus Kulmbach.

Dabei kommt er eigentlich aus Bayreuth. Über einen Umweg durch den Landkreis Coburg, wo seine Frau eine Zeit lang als Lehrerin tätig war, landete er in Kulmbach. Anfang der 1990er Jahre gründete er hier ein Fotostudio, im Jahr 2000 erwarb er den ehemaligen „Fränkischen Hof“ in der Ziegelhüttener Straße. Ältere Kulmbacher kennen das Gasthaus noch unter dem Namen der damaligen Wirtin: „Die Hanne“.

Aus dieser Ära stammen noch ein paar nützliche Einrichtungsgegenstände. Um diese herum hat sich allerdings einiges verändert. Zunächst wurde die Gaststätte zum Fotostudio umfunktioniert, dann zum Theater. Im ehemaligen Nebenzimmer ist jetzt die Bühne und im früheren Gastraum befindet sich die Zuschauertribüne, die Platz für gut 60 Personen bietet.

Theater hat er schon immer gespielt. „Was den Menschen ausmacht ist doch die Kultur“, sagt Rüdiger Baumann. Zunächst vor Freunden und Bekannten, dann folgten erste Auftritte zusammen mit den Buschklopfern. Die Wende, wie er es selbst bezeichnet, kam dann mit der „Franken-Revue“, ein von ihm selbst verfasstes Stück, das zwischenzeitlich bereits Kultstatus hat. Über 70mal wurde die „Franken-Revue“ schon aufgeführt, im kommenden Jahr ist eine Wiederaufnahme geplant.

Die Schauspieler, die Rüdiger Baumann um sich scharen konnte, nannten sich der „Schauhaufen“, ein Zusammenschluss, der seit 2006 als eingetragener Verein existiert und der regelmäßig „Das Baumann“, so lautet der Name des Theaters, bespielt. Daneben gibt es aber auch Gastspiele, etwa auf der Dorflinde in Peesten oder in einem Schafstall in Oberdornlach, um zwei besonders kuriose Spielorte zu nennen.

Irgendwann seien die Fotoaufträge immer weniger und das Theaterspiel immer mehr geworden, erinnert sich Rüdiger Baumann. Volksstücke im ursprünglichen Sinn, etwa von Johann Nestroy („Häuptling Abendwind“), Jean-Baptiste Moliere („Der Geizige“) oder von Gerhard Hauptmann („Der Biberpelz“) kamen dazu, immer aber in eigenen Bearbeitungen und meistens im fränkischen Dialekt. „Die Figuren wirken viel authentischer, wenn sie unsere Sprache sprechen“, sagt Rüdiger Baumann.

Zuletzt, das heißt vor Corona, waren es drei bis vier Eigenproduktionen pro Jahr. An ihnen und den Stücken des kommenden Jahres habe er nicht selten gleichzeitig gearbeitet. In dieser Hinsicht kam Corona gerade recht. Wenn auch von heute auf morgen alles weggebrochen war, so konnte Rüdiger Baumann endlich wieder einmal durchatmen und neue Kreativität entwickeln.

Schon im Sommer 2021 ging es mit Abstand und ganz wenigen Zuschauern weiter und derzeit startet er wieder voll durch. Beispielsweise hat er Molieres Stück „Der Bürger als Edelmann“, auf 30 Minuten Spielzeit „eingedampft“ und möchte es als mehrsprachiges Stück aufführen. Im Sommer wird an der Ziegelhüttener Straße Hinterhoftheater gespielt. Aktuell steht auch die Komödie „Der Kredit“ des katalanischen Autors Jordi Galcerana auf dem Programm.

„Es war schon immer mein Traum, Leute zum Lachen zu bringen, manchmal auch zu Tränen zu rühren“, sagt Rüdiger Baumann. Prominente Theaterleute und Schauspieler wie etwa Heinz Erhardt, Loriot oder auch Stan Laurel und Oliver Hardy („Dick und Doof“) hätten ihn da sehr geprägt. Er sagt aber auch ganz klar: „Wir machen Amateurtheater.“ Da gehe es nicht um nur um spielerische Qualitäten, sondern auch um Miteinander und um den Spaß an der Sache.

Wenn er nicht gerade mal wieder an einem Stück schreibt, etwas Neues probt oder selbst auf der Bühne steht, tritt Rüdiger Baumann als Moderator bei Seniorennachmittagen auf, veranstaltet Schultheater oder kümmert sich um die Theatergruppe der Werkstatt für Behinderte in Melkendorf. Auch zum Präsidenten des Rotary-Clubs Kulmbach wurde er kürzlich gewählt. Und wenn Rüdiger Baumann das Theater dann doch mal zusperrt, geht er mit seiner Frau campen, bevorzugt in die nähere Umgebung, ins Fichtelgebirge, in den Frankenwald oder ins Maintal.

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22.08.2022

Aus Männermangel zum Theater / Für Konrad Sauerteig von der Laienspielgruppe Neuenmarkt ist das Theaterspielen eine Herzensangelegenheit

Neuenmarkt. „Ich schau´ mir das halt mal an“, hatte Konrad Sauerteig vor gut zwölf Jahren gesagt. Dann besuchte er mal eine Probe, mal eine Aufführung der Laienspielgruppe Neuenmarkt. Irgendwie hat er But geleckt, schon bald darauf stand er selbst als Mitwirkender auf der Bühne des Gemeindesaals. Mittlerweile ist er nicht nur der Leiter der Gruppe, sondern auch Schauspieler, Regisseur, Organisator und Koordinator. Außerdem hat er bereits bei den Sommerspielen der Studiobühne Bayreuth mitgewirkt, war auf der Naturbühne in Trebgast zu sehen, spielte für den Brandenburger Kulturstadl in Bayreuth und in anderen Formationen.

Zugegeben: Konrad Sauerteig ist vorbelastet. Schon seine Brüder und seine Eltern wirkten in der Laienspielgruppe mit. Von klein auf schnupperte der heute 38-Jährige Theaterluft. Doch 2010 wurde es ernst. „Es herrschte Männermangel“, erinnert er sich. Tatsächlich wurden für die damaligen Produktionen junge Männer gesucht. Die Boulevardkomödie „Eine himmlische Beförderung“ von Wolfgang Bräutigam war das erste Stück, in dem er aktiv mitwirkte und eine Rolle übernahm.

Konrad Sauerteigs Leistung hat offensichtlich die Theatermacher in der Region überzeugt. Zunächst wurde er von den Faschingsfreunden engagiert, dann holte ihn Urgestein Jürgen Peter auf die Naturbühne in Trebgast und gleichzeitig spielte er für das ebenfalls in Neuenmarkt ansässige TIK, was so viel heißt, wie „Theater in der Kneipe“ oder wahlweise auch „Theater in der Kirche“. Gastspiele führten Konrad Sauerteig dabei sogar bis nach Ulm oder Bremen.

An sein zweites Hobby, den Fußball, war da eigentlich schon nicht mehr zu denken. Konrad Sauerteig hatte über 13 Jahre in Lanzendorf und zuletzt beim FC Neuenmarkt als Außenverteidiger gespielt. Doch auch sein Tag hat nur 24 Stunden und seine Woche sieben Tage, so dass er sich irgendwann entscheiden musste: Er tat dies für das Theater und gegen den Sport. 2017 folgte er einem Aufruf auf Facebook, in dem die Studiobühne Bayreuth noch jemanden für das Stück „In 80 Tagen um die Welt“ nach Jules Verne suchte. Konrad Sauerteig absolvierte das Casting mit Erfolg. „13 Schauspieler in 82 Rollen, das war schon der Wahnsinn“, erinnert er sich.

Zuletzt stand er in dem Zwei-Personen-Stück „Zwei wie Bonnie und Clyde“ zusammen mit der Schauspielerin Anja Demuth auf der Bühne des Brandenburger Kulturstadls. Dann kam der Lockdown. „Wir konnten nur an sieben Abenden spielen, dann war Schluss“, erinnert er sich. Nun möchte er das Stück als eine Art Gastspiel nach Neuenmarkt bringen und zwischen Anfang September und Anfang Oktober einige Male im Gemeindesaal aufführen. Der normale Spielbetrieb startet allerdings erst wieder im Dezember, mit welchem Stück, das soll noch nicht verraten werden.

„Mir hat es eigentlich nie Schwierigkeiten gemacht, vor Leuten zu sprechen“, sagt Konrad Sauerteig. Schon immer habe er gerne Präsentationen gehalten. „Das ist wohl eine Veranlagung“. Text lernen sei für ihn kein Problem, ob beim Gassi gehen mit dem Hund, oder direkt beim Proben auf der Bühne. „Natürlich bin ich nicht Mister perfekt“, sagt er augenzwinkernd. Stabil und textsicher sei er aber in der Regel schon. Und wenn mal nicht, na dann könne man ja auch improvisieren.

Besonders freut Konrad Sauerteig, dass alle Mistreiter nach der langen Corona-Pause bei der Stange geblieben sind. „Die waren alle sofort wieder dabei“, sagt er. Das sei bei weitem nicht selbstverständlich. Sie alle fiebern schon den Proben für das neue Stück entgegen, das wohl im Dezember Premiere haben wird. „Wir wollen alle Theater spielen und wenn es den Leuten gefällt, dann freut uns das“, so Konrad Sauerteig, der auch von einer großen Gemeinschaft spricht. „Die Harmonie in der Gruppe ist uns schon sehr wichtig.“

Überflüssig ist es, an dieser Stelle zu erwähnen, dass alle Beteiligten ehrenamtlich spielen. Mit den Einnahmen werden die Unkosten gedeckt, und alles, was übrig bleibt, geht eins zu eins in die Abschlussfahrt für alle Aktiven, etwa nach Hamburg oder Berlin in ein großes Musical. Eine Traumrolle hat Konrad Sauerteig auch: er würde gerne mal den „Pfeiffer mit drei f“ in der „Feuerzangenbowle“ spielen, eine Rolle, die Heinz Rühmann unsterblich gemacht hat.

Bild: Konrad Sauerteig privat, im elterlichen Garten in Neuenmarkt.

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15.08.2022

„Um die Früchte unserer Arbeit gebracht“ / Self-Made-Man der Kleinkunst: Manfred Spindler blickt in ungewisse Zukunft

Untersteinach. Das Kulmbacher Kleinkunst-Brettla ist Geschichte. Zumindest der Saal an der Hauptstraße von Untersteinach, der in den zurückliegenden rund zwölf Jahren Heimat und Spielstätte des Vereins war. Für den Vorsitzenden Manfred Spindler ein „sehr emotionaler Abschied“, wie er offen zugibt, aber auch ein Abschied auf Raten. „Wir haben hier viel Geld, Arbeit und Energie investiert“, sagt er. Schuld an allen sei Corona, die entsprechenden Maßnahmen hatten der segensreichen Kulturarbeit, die allen Beteiligten so viel Freude gemacht hat, ein abruptes Ende bereitet.

Wenn Manfred Spindler ein letzten Mal durch den Saal geht, dann denkt er auch an seine persönlichen Anfänge zurück, an seine nahezu zahllosen Auftritte zusammen mit Roland Jonak als „Seltsames Paar“, an seine Gastspiele als „Kulmbacher Stänkerer“, an das Gaudi-Brettla und eben an das Kleinkunst-Brettla, viele Jahre lang in Untersteinach.

Schon seine Lehrerin hatte es ihm prophezeit: eines Tages werde er im Fernsehen zu sehen sein. Das war er dann auch, in verschiedensten Konstellationen. Den Beginn seiner Bühnenkarriere datiert Manfred Spindler auf das Jahr 1987. Damals lernte er Roland Jonak kennen. Schnell stellte man fest, dass man auf der gleichen Wellenlänge ist und so brachte es eine Rosenmontagslaune mit sich, dass beide sich bei einer „Fahrt ins Blaue“ mit der Eisenbahn als altes Ehepaar verkleideten und die Gäste mit ihren Scherzen spontan unterhielten. Das war die Geburtsstunde des seltsamen Paars.

Schon vorher hatte der heute 55-Jährige Theater gespielt, eine kleine Rolle in der „Lokalbahn“ von Ludwig Thoma beim damals zusammengewürfelten „Theater Kulmbach“. Aus der „Schnapsidee“ mit dem alten Ehepaar wurde schnell mehr. 1989 der erste Auftritt in der Stadthalle, Engagements für die Kulmbacher Brauerei, das ehemalige Faßmann-Fleischmann-Fest und so weiter. „Mit lokalen Themen haben wir die Leute vor Ort auf den Arm genommen“, beschreibt Manfred Spindler die Idee, die hinter dem „Seltsamen Paar“ steckt.

Irgendwann lief das Ganze dann komplett aus dem Ruder. Das Reichelfest vor 3000 Zuschauern zusammen mit Schlagerstar Stefanie Hertel, Engagements beim Kölner Karneval und eine schier endlose Zahl an Geburtstagen , Hochzeiten, Weihnachtsfeiern, Firmengalas, Wahlkampfauftritten für Bernd Protzner, und, und, und. „Wir waren meistes bayernweit unterwegs“, sogar die Freiheitshalle Hof füllte das „Seltsame Paar“, deren Späße auch auf drei CD-Veröffentlichungen dokumentiert sind.

Parallel dazu lief das Gaudi-Brettla an, ein Vorläufer des Kleinkunst-Brettlas. Politische Satire, kabarettistische Einlagen und Show, das seien die zentralen Elemente des Gaudi-Brettlas gewesen. 1995 der erste Auftritt in der Kommunbräu, danach hatte sich auch das Gaudi-Brettla verselbständigt. „Wir waren damit nicht nur im Kulmbacher Land, sondern beispielsweise auch im Hofer Land unterwegs“, erinnert sich Manfred Spindler, der auch die Programme selbst geschrieben hat. 2008 war dann Schluss mit einer großen Gaudi-Brett-Gala vor zwei Mal 800 Leuten in der jeweils ausverkauften Stadthalle.

Ziel sei fortan „etwas festes“ gewesen, etwas, wo er nicht mehr selbst ständig auf der Bühne stehen sollte, sondern auch Gastspiele veranstalten konnte. Und so landete man in Untersteinach, nannte sich künftig Kleinkunst-Brettla und eröffnete den Saal mit der legendären Altneihauser Feierwehrkapell´n. 2019 fand hier auch der (bislang) letzte Auftritt des „Seltsamen Paars“ statt. „Dann hat uns Corona um die Früchte unserer Arbeit gebracht“, sagt Manfred Spindler.

„Wenn man auf der Bühne steht, dann muss man absolut überzeugt sein, von dem, was man macht, absolut authentisch, sonst nehmen einem die Leute das nicht ab, entweder 100 Prozent, oder gar nicht.“ Notwendig seien dazu vor allem zwei Dinge: Talent und Mut. Er selbst war da so einfach reingeschlittert. Einfach so, ohne Ausbildung, jedoch mit jeder Menge Enthusiasmus.

Und den will er sich auch beibehalten, auch wenn er derzeit noch nicht so recht weiß, wie es weitergeht. Das „Seltsame Paar“ wollen er und Roland Jonak auf jeden Fall nicht einfach so durch die Hintertür beenden. Man darf gespannt sein. Und das Kleinkunst-Brettla wird ebenfalls weitergehen. Wie, das steht noch in den Sternen. Vorstellbar wären zum Beispiel Gastspiele, warum nicht im angestammten Saal in Untersteinach, der künftig von der Theatergruppe der Buschklopfer übernommen wird.

Bild: Manfred Spindler in dem bereits ausgeräumten Saal, der dem Kleinkunst-Brettla zwölf Jahre lang als Heimat diente.

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08.08.2022

An der Orgel zieht er alle Register / Trotz Corona und Kirchenaustritten: Wolfgang Trottmann wirbt unermüdlich für die Kirchenmusik“

Kulmbach. Fünf Jahre wollte er in Kulmbach bleiben, mehr nicht. 37 Jahre sind es mittlerweile geworden. „Bereut habe ich es nie“, sagt Wolfgang Trottmann. Der 62-Jährige ist seit Oktober 1985 als Regionalkantor für das Dekanat Hof zuständig, zu dem im weitesten Sinne die Landkreise Hof und Kulmbach gehören.

Sein Dienstsitz ist die Kirche „Unsere Liebe Frau“, sein Arbeitsplatz die Orgelbank hoch über dem Kirchenschiff. Hier an der 1986 neu errichteten Eisenbarth-Orgel mit ihren 27 Registern und ihren 1544 Pfeifen, und manchmal auch in anderen Kirchen des Dekanats, begleitet er die Gottesdienste an den Wochenenden musikalisch. Wolfgang Trottmann hat aber natürlich noch viel mehr Aufgaben. Im Auftrag des Amtes für Kirchenmusik erteilt er unter anderem Unterricht für die D-Ausbildung vor Ort und für die C-Ausbildung in Bamberg und Nürnberg. Er führt Fortbildungen für Organisten durch, ist daran beteiligt, Notensätze zusammenzustellen und hat bis 2008 auch einen Chor geleitet.

Wolfgang Trottmann stammt aus Amberg. Ein wenig war ihm die Kirchenmusik schon in die Wiege gelegt, schließlich war sein Vater als Lehrer damals auch für den Orgeldienst zuständig. „Musik hat mich schon immer fasziniert“, sagt er. Wolfgang Trottmann meint damit zunächst die Musik in der Amberger Stadtpfarrkirche St. Martin. So sehr hat sie ihn geprägt, dass er selbst das Klavierspiel erlernte, dann das Spiel an der Orgel. Im Chor sang er sowieso schon und so stand einem Studium der Kirchenmusik nichts mehr im Wege. Zunächst am damaligen Konservatorium in Nürnberg, dann an der Hochschule für Katholische Kirchenmusik in Regensburg.

„Irgendwie war ich immer ein Träumer, nie der knallharte Realist“, so beschreibt sich Wolfgang Trottmann selbst. Und so sah er irgendwann ein, dass er sich eine Stelle suchen müsse. Kulmbach sei gerade frei gewesen und so landete er unterhalb der Plassenburg. Hier wurde er dann heimisch und wollte fortan nie wieder weg.

Strukturbedingt nehme die katholische Kirchenmusik nicht die Breite ein, wie die evangelische, sagt Wolfgang Trottmann. Damit sie aber auch weiterhin wahrgenommen wird und den ihr gebührenden Stellenwert einnimmt, engagiert sich der Regionalkantor unter anderem als 2. Vorsitzender im Bundesverband katholischer Kirchenmusiker und als Vorstandsmitglied im Verband katholischer Kirchenmusiker. Gerade kommt er vom Katholikentag in Stuttgart zurück, wo er wieder einmal Partei ergriffen hat, für die Sache der Musik. „Die Kirchenmusik darf nicht in Vergessenheit geraten“, sagt er und spielt damit auf die vielen Umstrukturierungen an, die derzeit nicht nur bei den Katholiken vorgenommen werden. Mittlerweile gibt es nur noch drei nebenberufliche und zehn weitere nebenamtliche Organisten in Kulmbach Stadt und Land. 

Ursache für die notwendigen Umstrukturierungen sind zum einen die vielen Kirchenaustritte und zum anderen die Folgen der Corona-Politik. „Zwei Jahre Corona hat uns nicht gerade nach vorne katapultiert“, sagte Wolfgang Trottmann. Im Gegenteil: Corona habe die Kirchenmusik total ausgebremst und die Chöre nahezu lahmgelegt. Nicht nur die Besucherzahlen in den Gottesdiensten seien seitdem zurückgegangen, auch die Zahl der Aktiven in den Chören habe abgenommen, besonders darunter gelitten hätten Kinder- und Jugendchöre.

Auch wenn bei den Gottesdiensten Einbrüche zu verzeichnen sind und der Unterricht meist ausgefallen ist, blickt Wolfgang Trottmann einigermaßen optimistisch in die Zukunft. Er habe die zurückliegende Zeit zum Üben genutzt und will auf jeden Fall künftig auch wieder Konzerte anbieten. Denkbar sei etwa eine Bläserserenade im Freien oder auch das eine oder andere Orgelkonzert.

Bilder:
1. Vom Spieltisch aus bedient Wolfgang Trottmann 27 Register mit 1544 Orgelpfeifen.
2. Die 1986 neu errichtete Eisenbarth-Orgel in der Katholischen Pfarrkirche Unsere Liebe Frau“. 

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01.08.2022

Zu vielseitig für Vorbilder / Thomas Eschenbacher rockt mit dem Sinfonischen Blasorchester des Musikvereins Kasendorf alljährlich den Marktplatz

Kasendorf. 1974 war es, da ist Thomas Eschenbacher im Alter von sechs Jahren der Jugendblaskapelle beigetreten. Heute, 48 Jahre später ist er noch immer dabei, beim Musikverein Kasendorf. Nicht mehr als Klarinettist, sondern als Dirigent des Sinfonischen Blasorchesters. Wenn nicht gerade Corona ist, dann rockt er regelmäßig zur Bierfestzeit den Marktplatz. Doch das ist noch lange nicht alles.

Sein Großvater war es, der Thomas Eschenbacher zur Blasmusik gebracht hat. Erst war es die B-Klarinette, dann die Es-Klarinette, die konnte der kleine Bub besser greifen. Viele Jahre später, es war 1996 hörte der damalige Dirigent Georg Reichel auf und Thomas Eschenbacher wurde gefragt, ob er nicht die Nachfolge antreten möchte. Er sagte zu und der Rest ist Geschichte.

Das Konzert „Mai Musica“ in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach gehörte zumindest bis vor Corona zum festen Bestandteil im Konzertkalender. „Sinfonie rockt den Markt“ und das Herbstkonzert sind die anderen festen Säulen bei den Kasendorfern.

„Mit einem festen Stamm von 50 Musikern kann ich derzeit rechnen“, sagt Thomas Eschenbacher und ist froh darüber, dass die zwei Jahre Corona nicht noch tiefere Wunden in das Blasorchester gerissen haben. Zuerst habe man noch in der Turnhalle, dann im Schulhof unter freiem Himmel geprobt, doch dann sei endgültig Schluss mit den wöchentlichen Proben gewesen. Freunde und Fans der Kasendorfer mussten sich derweil mit dem letzten Herbstkonzert aus dem Jahr 2019 begnügen, dass der Sender BR Heimat damals vollständig aufgezeichnet und inzwischen mehrfach gesendet hat.

Moderne sinfonische Stücke sind Thomas Eschenbacher ein großes Anliegen. Das gibt es Pink Floyds „Another brick in the wall“ genauso wie Bob Dylans „Knocking´ on heaven´s door“ oder ein Bon-Jovi-Medley. Sogar Titel von Michael Jackson, den man jetzt nicht gerade mit Blasmusik in Verbindung bringen würde, standen schon auf dem Programm.

Alles Titel, die auch privat zu den Favoriten des passionierten Golfers gehören. Ansonsten mag es der gelernte Elektromeister und –techniker, der bei dem Multimedia-Unternehmen TMT in Bayreuth für Vertrieb, Internet und Cloud-Services tätig ist, auch gerne mal jazzig. Und er steht auf die Musik von Richard Wagner. Er schwärmt von immer vom Castorf-Ring, den er komplett im Bayreuther Festspielhaus genießen durfte.

„Wir wollen gezielt ein junges Publikum ansprechen“, sagt Thomas Eschenbacher. Die Rechnung geht auf, denn selbst im Corona-Jahr 2021 sind zwei junge Musiker zur Formation gestoßen. „Top-Leute, auf Top-Niveau“, wie der Dirigent anmerkt. Die Altersspanne des Klangkörpers reicht von 15 bis 65 Jahren. „Wir sind halt nicht das klassische Blasorchester“, begründet der gebürtige Kasendorfer seine Absicht, den Musikfreunden immer etwas Besonderes zu bieten. Seine Erwartungen setzt er dabei ganz hoch an: „Ich möchte schon wieder ein Spitzenorchester werden.“ Schon vor einigen Jahren wurde das Sinfonische Blasorchester des Musikvereins bei einem Wertungsspiel anlässlich eines Landesmusikfestes in Weilheim zum zweitbesten deutschen Blasorchester gekürt.

Auftritte führten den Klangkörper nicht nur nach Berlin, sondern auch schon mal in die kroatische Hafenstadt Split, nach Südtirol oder ins ungarische Sopron zur dortigen Partnerkapelle. Wenn Thomas Eschenbacher mal nicht mit seinem Orchester unterwegs ist, engagiert er sich im Nordbayerischen Musikbund, unter anderem als Schriftführer und stellvertretender Kreisdirigent im Kreisverband Kulmbach. Das sei schon auch wichtig, denn seitdem der Musikbund für das gesamte Prüfungswesen zuständig ist, sei das Niveau der Blasorchester deutlich angestiegen.

Vorbilder hat Thomas Eschenbacher nicht. „Da bin ich zu vielseitig“. Er beneide aber jeden Dirigent, der ein Berufsorchester leitet, weil der immer eine vollbesetzte Truppe vor sich hat, merkt er augenzwinkernd an. Für die Zukunft wünscht er sich, dass es allen Musikvereinen wieder gelingen möge, wieder spielfähige Orchester auf die Beine zu stellen. Nur so werde es möglich sein. Die Orchester auf einem Niveau weiterzuführen, wie es vor Corona einmal war.

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25.07.2022

Tausendsassa aus dem Kulmbacher Land / Vorerst keine Auftritte geplant: Für seine Fans ist Philipp Simon Goletz derzeit nur im Netz präsent

Untersteinach. Andrea Berg, Tony Christie oder Chris Norman: Stars wie diese kennen die meisten vom Radio oder vom Fernsehen. Einer der sie und viele andere nicht nur persönlich kennt, sondern auch mit ihnen zusammen gearbeitet hat, ist Philipp Simon Goletz. Der sympathische Musiker, der sich unter anderem als „Frankensima“ oder als „Bayern-1-Barde“ bei einem großen Publikum einen Namen gemacht hat, muss zurzeit krankheitsbedingt kürzer treten. Aktuelle Auftritte sind deshalb nicht geplant.

Obwohl mittlerweile im Rentenalter angekommen, zieht sich der 67-Jährige aber nicht aufs Altenteil zurück. Ganz im Gegenteil: Für den Hofer Privatsender Extra-Radio stellt er eine wöchentliche Musiksendung ausschließlich mit deutschen Schlagern zusammen, die sich größter Beliebtheit erfreut. Und auf Social-Media-Kanälen wie You Tube, Instagram und Tic Toc greift er immer wieder in seine musikalische Schatzkiste und präsentiert eigene Heimatschlager, unterlegt mit Bildern aus dem Kulmbacher Land.

„Eigentlich ist das Reklame für Kulmbach“, sagt er, der so viele Lieder über die Region geschrieben hat. „Den starken Bezug zur Heimat habe ich halt einfach und wollte ihn auch nie aufgeben“, so Philipp Simon Goletz, der in Kulmbach geboren wurde, in Kauernburg aufwuchs und heute in Untersteinach lebt. Während des knappen Jahres, das er berufsbedingt mal im Badischen wohnte, habe er vor Heimweh schon mal Tränen in den Augen gehabt.

Wenn die Bezeichnung Tausendsassa auf einen Künstler zutrifft, dann auf Philipp Simon Goletz. Er ist Musiker, Autor, Kabarettist, Komiker, Volkssängers, Mundartschriftsteller und vieles mehr. Er hat als Alleinunterhalter auf Familienfesten gespielt und zusammen mit dem österreichischen Liedermacher Reinhard Fendrich bei einem Open-Air-Konzert in Schweinfurt vor 30000 Zuhörern „I am from Austria“ gesungen“, natürlich mit einem fränkischen Spezialtext. Er hat als „Frankensima“ (Sima steht für Simon) das Wirtshaussingen im Kulmbacher Land publik gemacht und unterhielt viele tausend Radiohörer zunächst als Comedian bei Antenne Bayern, dann als „Bayern-1-Barde“.

„Den Kontakt zur Basis wollte ich nie verlieren“, sagt Philipp Simon Goletz, der sich aus als Autor, Komponist und Texter für Kinderhörspiele wie die Lillebi-Serie einen Namen gemacht hat. Dabei sah alles zunächst nach einer ganz normalen Berufslaufbahn aus. Philipp Simon Goletz machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann und war auch mehrere Jahre in diesem Beruf tätig. Über Umwege als Musiklehrer und sogar als Journalist, machte er sich dann 1985 als Künstler mit eigenem Tonstudio und Musikverlag selbstständig.

Zwei große Erfolge hatte Philipp Simon Goletz gleich am Anfang seiner Karriere als Berufsmusiker: Er erzielte als Komponist, Texter und Produzent Spitzenplätze beim „Grand Prix der Volksmusik“ im Jahr 1988 und noch einmal 1989. Auch bei Wettbewerb „Lieder so schön wie der Norden“ wurde er 1990 zweiter Bundessieger. Für das Saxophonensemble von Captain Cook schrieb er mit „My blue memories“ das, was man einen Welthit nennt.

Vieles könnte man noch aufzählen. Schon Ende der 1970er Jahre galt Philipp Simon Goletz als erster fränkischer Gstanzl-Sänger, 1996 wurde er von SAT 1 zum „besten Alleinunterhalter Deutschlands“ gekürt. Für die Kulmbacher Brauerei war er als "Singender EKU-Postillion“ und „Bierkutscher" unterwegs, 1995 gab er im Auftrag des Deutschen Kegelbundes ein Konzeptalbum nur mit Liedern rund um den Kegelsport heraus, TV-Auftritte führten in um die Jahrtausendwende zu „Fastnacht in Franken“, mit seinem rund 1000 „Philigrammen“ war bundesweit gefragt und für die Basilika Marienweiher veranstaltete er das Benefizfestival „Klosterspitzen“.

Der Entertainer bedauert, dass dieser Open-Air-Event medienmäßig nicht so angenommen wurde, wie er es sich gewünscht hätte. Überhaupt habe es Franken, insbesondere Oberfranken nie so recht verstanden, sich die vielfältige Musiklandschaft touristisch nutzbar zu machen. „Da könnte man sich von den Österreichern vieles abschauen“, sagt Philipp Simon Goletz, der mit den Frankencasanovas die erste fränkische Schlagerband ins Leben rief. Sogar der legendäre Karl Moik habe den Titel „Bay´risch Kongo“ damals gespielt.

Die Corona-Politik sieht Philipp Simon Goletz kritisch. Viele seiner Kollegen hätten die Auswirkungen extrem schwer getroffen. „Es ist unverantwortlich, was da passiert ist“, sagt er. Viele Musikerkollegen versuchten nun verzweifelt, die Fragmente der Vergangenheit wieder zusammenzusetzen. Sein Respekt gebührt Kollegen wie Klaus Pfreundner und vielen anderen, die trotz Künstler-Repressalien unter anderem vor Seniorenheimen wenigstens für ein paar Minuten sonnige Spuren in die Gesichter der Bewohner zauberten. Er selbst verspricht: „Ich habe noch einige Schätze im Archiv, die es noch nicht geschafft haben, das Licht der Welt zu erblicken.“ Alle Freunde des „Frankensima“ dürfen gespannt sein.

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18.07.2022

Ein Theatermacher in Thurnau: Wolfgang Krebs feiert zehn Jahre Schlosstheater

Thurnau. „Wir lassen uns nicht unterkriegen von diesem Virus“, sagt Wolfgang Krebs. Der gebürtige Frankfurter kann heuer ein kleines Jubiläum feiern. Seit zehn Jahren gibt es das von ihm geleitete Schlosstheater Thurnau, für das er nicht nur als Intendant, sondern auch als Schauspieler und Regisseur tätig ist. Wenn er und seine Mitstreiter in den zurückliegenden zwei Jahren auch das Beste aus der Situation gemacht haben, so sagt er trotzdem: „Deses Hin und Her war schon ein emotionaler Stress.“

Über den Schauspielerkollegen Jan Burdinski und den Fränkischen Theatersommer war Wolfgang Krebs 2006 nach Oberfranken gekommen. Bekannt als Spezialist für die Commedia dell´arte holte ihn Burdinski, mit dem Auftrag, Carlo Goldonis Bühnenstück „Dieter zweier Herren“ zu inszenieren. Vorher war er zehn Jahre lang von 1989 bis 1999 in Italien tätig und arbeitete mit verschiedenen Theatercompagnien in Mailand, Turin, Ravenna und Verbania. Gastspiele führten ihn während dieser Zeit unter anderem in die Schweiz, nach Frankreich, Spanien, Belgien, Holland und nach Israel. Von 1998 bis 2007 war er Dozent an Schauspielschulen unter anderem in München und an der Akademie für darstellende Kunst in Regensburg.

„Ich wollte wieder auf die Bühne, ich wollte wieder spielen“, erinnert sich Wolfgang Krebs. Zunächst zog er in die Bamberger Ecke und gründete das „Theater auf Tournee“, ein Kinder- und Jugendtheater, mit dem er durch ganz Bayern zog und auch mit dem bekannten Kinderbuchautor Paul Maar („Das Sams“) zusammenarbeitete. Auf der Suche nach einem festen Standort für ein eigenes kleines Theater landete er dann eines Tages in Thurnau, einem Ort, „in dem Kunst groß geschrieben wird“, wie er anmerkt.

Zunächst eröffnete er im Torwärterhäuschen neben dem Rathaus ein kleines Theater mit 60 Plätzen, mittlerweile ist man in das zuletzt leer stehende Gebäude der Sparkasse eingezogen, das dem Markt Thurnau gehört. Von Oktober bis Ostern wird dort Theater gemacht, im Sommer zieht man in den unteren Schlosshof um.

Ideell und materiell unterstützt werden die Schlossfestspiele von einem eigens gegründeten Förderverein, der stolze 70 Mitglieder hat, darunter viele Aktive, die sich beispielswiese um die Bestuhlung oder den Ausschank kümmern. Die Schauspieler sind alle Profis, freischaffende Kollegen aktuell unter anderem aus München, Nürnberg oder Berlin.

Corona habe ihn und seine Arbeit schon sehr getroffen. „Es gab ja Zeiten, da kamen wöchentlich neue Auflagen“, sagt Wolfgang Krebs. Die Schlossfestspiele 2020 und 2021 seien komplett abgesagt, das bereits feststehende Herbstprogramm musste gecancelt werden. „Ein Riesenaufwand“, wie er sich erinnert. Alle geplanten zwölf Aufführungen waren nahezu ausverkauft. „Wir mussten alles einzeln rückabwickeln.“ Erst im zurückliegenden Herbst sei es dann ganz zaghaft wieder losgegangen, im Kutschensaal des Schloss, mit Abstand, Masken, Tests und allem, was so vorgeschrieben war.

Für die Schlossfestspiele jetzt im Sommer läuft alles auf Hochtouren. Gespielt wird die Komödie „Die Wunderübung“ von Daniel Glattauer. Regie führt die Münchner Schauspielerin Petra Wintersteller, neben ihr und Stephan Menzel-Gehrke wird Wolfgang Krebs auch selbst wieder auf der Bühne stehen. Auch das Herbstprogramm liegt bereits vor. „Wir hoffen und wir sind zuversichtlich, dass alles glatt geht.“

Auf sein Publikum kann er in jeden Fall zählen. „Sie haben uns stets unterstützt“, sagt Wolfgang Krebs. Immer wieder hätten ihn sehr positive E-Mails erreicht und es seien viele Kartengutscheine gekauft worden. Sogar Geldspenden gingen ein. Der Theatermacher spricht von einem echten Stammpublikum. Viele Menschen würden auch von Bamberg, Bayreuth oder aus der Oberpfalz anreisen. Die Werbung erfolge meist per Mund-zu-Mund-Propaganda.

Sein Lieblingsautor ist der 2020 verstorbene französische Regisseur, Autor und Dramatiker Éric Assous, dessen gesellschafts- und sozialkritischen Stücke er mehrfach gespielt und inszeniert hat, auch schon in Thurnau. Ansonsten ist er ein großer Fan des italienischen Komödiendichters Carlo Goldoni (1707 - 1793), dessen „Diener zweier Herren“ er sogar schon zwei Mal auf die Bühne gebracht hat. Überhaupt führt er am liebsten Regie: „Die Erarbeitung eines Stückes ist immer eine spannende und kreative Phase, die sehr viel Spaß macht.“

Wenn Wolfgang Krebs gerade einmal nicht auf der Bühne steht, dann erholt er sich entweder in seiner zweiten Heimat Sardinien, wo auch der älteste Sohn lebt, oder er tanzt mit seiner Frau Salsa. „Latino Music mag ich wirklich sehr“, schwärmt er.

Bilder: Wolfgang Krebs an einer seiner aktuellen Wirkungsstätten, im unteren Schlosshof in Thurnau.

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11.07.2022

Im Oberhacken ist die Farbe zurück / Malerin, Galeristin und Dozentin: Marion Kotyba arbeitet seit 2017 in ihrer eigenen Galerie

Kulmbach. Die lange Zeit des Lockdowns war für sie wenig farbig. „Das Leben hat gefehlt“, sagt Marion Kotyba, freischaffende Künstlerin, Galeristin und Dozentin aus Kulmbach. Auch die Interaktion mit den Kollegen habe sie schmerzlich vermisst. Doch Not macht erfinderisch. Das traditionelle Kunstsymposium auf der Plassenburg hatte sie trotz strengster Auflagen durchgezogen und im Internet hatte sie eine Galerie eröffnet.

„Wenn die Leute schon nicht zur Ausstellung kommen können, dann kommt eben die Ausstellung zu den Leuten“, lautete ihr Rezept. Was niemand geglaubt hätte: es ist durchaus möglich, Kunst auch online zu verkaufen. Sogar Hybrid-Ausstellungen habe sie veranstaltet. Doch jetzt ist in der Galerie am Oberhacken 3 das Leben wieder zurück. Die international renommierte Künstlerin Gabriele Schaffartzik präsentiert vom 8. Juli bis zum 2. September Werke aus ihrer Serie „terra incognita“. Zuvor waren unter dem Titel eindrucksvolle und teils farbenfrohe Bilder der Malerin Ingrid Gogela-Wondrejs zu sehen. Ein wenig stolz ist sie schon darauf, in ihrer Galerie Künstler nach Kulmbach zu bringen, die sonst wahrscheinlich nie in die Region gekommen wären.

2017 wurde die Galerie in unmittelbarer Nähe zum Rathaus eröffnet, in der Marion Kotyba meist an drei Tagen in der Woche auch selbst arbeitet und unterrichtet. Der Schwerpunkt ihrer Ausstellungen liegt auf zeitgenössischer Kunst aus den Bereichen Malerei, Grafik, Fotografie und Bildhauerei. Neben der Präsentation von etablierten Künstlern verfolgt sie mit ihrer Galerie auch das Ziel, junge Talente und Nachwuchskünstler zu entdecken und ihre Vielfalt zu zeigen.

„Alles, was kreativ war, hat mich schon immer mega-interessiert“, sagt die Malerin, die 1968 in Kulmbach geboren wurde. Da wundert es fast ein wenig, dass Marion Kotyba erst 2010 als freischaffende Künstlerin tätig wurde. Gelernt hatte sie den Beruf der Textilmaschinenführerin in der damaligen Kulmbacher Spinnerei. Danach schloss sie die Textilfachschule Münchberg als „staatlich geprüfte textiltechnische Assistentin“ ab. Später war sie bei dem Marktschorgaster Unternehmen Vitrulan, einem Hersteller für technische Textilien, tätig.

„Daher kommt auch das chemische Basiswissen“, erklärt Marion Kotyba, in deren Werk Themen wie Rost und Alterung als Stilmittel eine wichtige Rolle spielen. In dem Kontext interpretiert sie das Zusammenspiel von Farbe, Licht, Strukturen und technischer Umsetzung in künstlerischer Interpretationskraft immer wieder neu und spannend zugleich. „Kunst begleitet mich schon ein Leben lang“, sagt sie, die spontan den französischen Impressionisten Claude Monet und den britischen Romantiker William Turner als ihre Favoriten nennt. Vorbilder und Lehrmeister seien die Bayreuther Malerin Christel Gollner und ihre Mainleuser Kollegin Helga Hopfe.

Marion Kotyba malt hauptsächlich gegenstandslos, um auf einer abstrakten Darstellungsebene dem Betrachter genügend Freiraum für das Ausschweifen der eigenen Fantasie zu bieten. Derzeit arbeitet sie an einer Serie mit dem Titel „filo rosso“ („Der rote Faden“). „Da setzte ich mich gerade mit meinem eigenen roten Faden auseinander“, erklärt sie. Der Faden ihres Lebens und ihrer Kunst führte sie bereits zu Ausstellungen nach Frankreich, Italien, Malta oder Litauen. Sogar in Hongkong hat sie schon ausgestellt.

Bei ihren Malkursen ist es Marion Kotyba wichtig, dass die Schüler, egal ob Kinder, Jugendliche der Erwachsene, mit einem zufriedenen Ergebnis nach Hause gehen. Sie gibt sowohl Einzelmalkurse, als auch Workshops. In der Friedrich-Bauer-Schule in Stadtsteinach und der Max-Hundt-Schule in Kulmbach erteilt sie im Rahmen der gebundenen Ganztagsklassen projektbezogenen Kunstunterricht für die 5. bis 8. Jahrgangsstufen. „Wir machen da auch mal was Cooles oder Verrückten, was in den regulären Kunstunterricht nicht passt.“

Und als wäre das alles noch nicht genug, hilft sie als Beirätin des Bundes Fränkischer Künstler bei dessen traditioneller Jahresausstellung alljährlich im Sommer auf der Plassenburg kräftig mit. Das im Herbst stattfindende Symposium organisiert sie sogar maßgeblich und ist von der Einladung über das Versenden der Teilnahmebestätigungen bis hin zu Durchführung der Vernissage hinter den Kulissen für vieles zuständig.

Bild: „Filo Rosso“ heißt die Serie, an der die Kulmbacher Malerin Marion Kotyba in ihrem Atelier im Oberhacken gerade arbeitet.

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04.07.2022

„Meine Welt ist die Musik“ / Thomas Grünke leitet den Trebgaster St.-Johannes-Chor und das Kulmbacher Kammerorchester

Kulmbach. Corona hat schon seine Spuren hinterlassen, sagt Thomas Grünke. Der 55-Jährige, seit 1995 Organist an der St.-Johannes-Kirche in Trebgast, seit 1999 Leiter des St.-Johannes-Chors und seit 2013 Dirigent des Kulmbacher Kammerorchesters, sagt aber auch: „Ich bin glücklich, dass der Chor und das Kammerorchester Corona überhaupt überlebt haben.“

Für ein „richtiges Konzert“ reicht es momentan noch nicht, denn beide Ensembles sind personell empfindlich geschrumpft. „Das ist natürlich bitter“, so Thomas Grünke, der inständig hofft, wieder neue Sänger und Musiker gewinnen zu können. Die Ausgestaltung eines Gottesdienstes ist aber schon möglich, denn besetzt sind alle Stimmen schon noch. Die Organisation eines kompletten Konzertes steht dagegen in den Sternen. „Ich möchte realistisch planen und nicht kurzfristig wieder absagen müssen“, sagt der musikalische Leiter. Die Planungssicherheit, die man für ein Konzert braucht, sehe er momentan aber nicht. Auch nicht für das liebgewordene Weihnachtskonzert, das 2019 zuletzt stattfand.

Großen Wert legt er darauf, dass er auch während der Pandemie stets Kontakt zu den Chor- und Orchestermitgliedern gehalten hat. Wenn schon nicht mit Tönen, dann wenigstens mit Worten in Form von Rundmails. Entscheidend ist für Thomas Grünke aber schon die Kommunikation mit den Mitteln der Musik. „Musik ist meine Welt“, sagt er und denkt zurück an sein kirchenmusikalisch geprägtes Elternhaus, in dem jedes Familienmitglied mindestens ein Instrument gespielt hat. Bei Thomas Grünke war es die Geige, die er in der Musikschule seines westfälischen Heimatortes Lünen bei Dortmund zunächst erlernte. Später brachte er sich mehr oder weniger selbst das Klavierspiel bei.

Im Ruhrgebiet roch es nach Bergbau und Stahl, erinnert er sich und so lag es nahe, dass er nach dem Abitur den Beruf des Industriekaufmanns bei einem Bergbauzulieferbetrieb erlernte und auch ausübte. Doch mit dem Bergbau sollte es langsam zu Ende gehen. Erste Entlassungswellen hätten angestanden und da ergab es sich über bestehende familiäre Verbindungen zu Kulmbach, dass er zusammen mit seiner Frau 1995 vom Ruhrgebiet nach Oberfranken wechselte.

Die Musik spielte freilich schon in Westfalen eine große Rolle. Nicht nur bei den familiären Hauskonzerten, auch als Mitglied des Dortmunder Bach-Chors, als Organist und Leiter eines kleinen Kirchenchors in einer Randgemeinde von Lünen und als Leiter des Kirchenchors von Dortmund-Derne.

Beruflich fasste Thomas Grünke In Kulmbach bei der Diakonie Fuß, zunächst als Assistent der Geschäftsführung, dann als Personalverantwortlicher, eine Aufgabe, die er noch heute hauptamtlich bekleidet. Musikalisch stellte er zunächst Kontakte zum Chor der Kreuzkirche her, der Zufall führte ihn, der mittlerweile in Kasendorf wohnt, schon bald nach Trebgast, wo er 1995 die Organistenstelle und 1999 die Leitung des St.-Johannes-Chors übernahm. Beide Ämter übt er in Personalunion bis heute aus. Die Gründung eines Kinder- und Jugendchors geht dabei genauso auf sein Konto, wie der mittlerweile über 100 Mitglieder starke Förderkreis, den er 2004 ins Leben rief, um das finanzielle Risiko von der Kirchengemeinde zu nehmen.

Gleichzeitig spielte er im Kulmbacher Kammerorchester. Als 2013 Horst Degelmann die Leitung abgab, fiel die Wahl auf Thomas Grünke als neuen Dirigenten. Nach einer Probe und einem ersten Kennenlernen im September 2013 veranstaltete das Kammerorchester bereits im Dezember 2013 ein erstes Weihnachtskonzert. Die Tradition der Stadthallenkonzerte, der Junge-Solisten-Konzerte zusammen mit der Musikschule und der Weihnachtskonzerte konnten Thomas Grünke und seine Musiker bis 2019 lückenlos beibehalten.

Für Thomas Grünke stand schon immer der Text im Vordergrund. Getreu dem Zitat des italienischen Renaissance-Komponisten Claudio Monteverdi „Musik ist die Dienerin des Wortes“, sei es stets sein Ziel gewesen, den Text in den Vordergrund zu stellen. Gerade bei der Kirchenmusik sei dies besonders wichtig. „Es hängt einfach mit meinem Glauben zusammen, dass die Kirchenmusik immer meine Vorliebe bleiben wird.“ Authentizität stehe dabei immer im Vordergrund. Vorbilder im klassischen Sinn hat er nicht. „Natürlich gibt es Persönlichkeiten, die mich musikalisch und menschlich positiv beeinflusst und beeindruckt haben“, sagt er. Der Orgellehrer aus seiner Kindheit gehöre genauso dazu, wie der spätere Orgel- und Chorleitungslehrer.

Bild: Thomas Grünke leitete zuletzt im Dezember 2019 in der Johanneskirche von Burghaig beim traditionellen Weihnachtskonzert den Trebgaster St.-Johannes-Chor und das Kulmbacher Kammerorchester.

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01.07.2022

Ausdruck des menschlichen Daseins / Frankenpost startet neue Serie „Kulmbacher Kulturköpfe“

Kulmbach. Die Kunst hatte es nicht einfach in den beiden zurückliegenden Jahren. Wenn sie denn überhaupt stattfand. Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen, vieles wurde komplett abgesagt oder fand unter derart rigorosen Auflagen statt, dass auch dem letzten Kunstfreund die Lust vergangen ist. Online-Konzerte, Auftritte vor Altenheimen und Pflegeeinrichtungen, Internetgalerien und viele derartige, durchaus kreative Aktionen boten da nur einen schwachen Ersatz.

Keine Kultur im richtigen Leben heißt auch keine Kultur in den Medien. Das soll sich ändern. Die Frankenpost wird in den kommenden Wochen und Monaten eine Serie starten, bei der Kulturschaffende aus Kulmbach Stadt und Land portraitiert werden. Was machen sie aktuell? Wie haben sie die zwei hinter uns liegenden Jahre erlebt? Welche Pläne haben sie für die Zukunft? Diese und viele andere Fragen haben wir ihnen gestellt.

Erstaunt waren wir, wie vielfältig sich die Kultur im Kulmbacher Land präsentiert. Da gibt es hochkarätige Blasorchester, engagierte Theatergruppen, Chöre, Orchester, eine lebendige Kunstszene, viele einzelne Kulturschaffende, die weit über die Region hinaus wirken, und viele Menschen, die sich hinter den Kulissen darum kümmern. Sie alle waren nicht untätig. Sie haben geprobt, geplant, sich vorbereitet und sie alle wollen jetzt wieder voll durchstarten.

Eines ist klar: Kunst und Kultur sind für den Menschen existentiell. Kunst, in welcher Form auch immer, berührt die Herzen und vermag das auszudrücken, was durch bloße Worte nicht gesagt werden kann. Ganz unmittelbar berührt Kunst die Seele und bringt die Menschen in Resonanz. Kunst und Kultur spiegeln aber auch gesellschaftliche Debatten wider, bieten Reibungsflächen zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und weisen über das alltägliche Geschehen hinaus. Kurz: Kunst und Kultur sind Ausdruck des menschlichen Daseins. Deshalb wollen wir uns in unserer neuen Serie „Kulmbacher Kulturköpfe“ der Kultur vor Ort widmen, ihre Akteure vorstellen und damit, gerade in der jetzigen Zeit des Umbruchs und der Ungewissheit, auf die herausragende Bedeutung von Kunst und Kultur für die gesellschaftliche Entwicklung hinweisen.

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