Stephan Herbert Fuchs
 

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25.01.2024

Betrügerische Kreativität auf der Fahrschulbank / Immer mehr Fahrschüler fallen durch die theoretische Prüfung – Steigende Zahl an Betrugsversuchen

Kulmbach. Die Durchfallquote in der theoretischen Führerscheinprüfung ist bundesweit mittlerweile auf 45 Prozent gestiegen. „Das liegt an der sinkenden Leistungsbereitschaft vieler junger Leute“, sagt Ralf Merkel, Kreisvorsitzender des Bayerischen Fahrlehrerverbandes. Weil das so ist, versuchen immer mehr Prüflinge auf illegalem Weg die Prüfung zu meistern.

Der deutsche Fahrlehrerverband und der TÜV bestätigen einen erheblichen Anstieg an Betrugsversuchen. Laut Statistiken des TÜV ereigneten sich in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres in Deutschland über 2700 Betrugsfälle bei den Theorieprüfungen. Die Dunkelziffer ist vermutlich weitaus höher. Dabei nehmen die unterschiedlichen Betrugsmaschen an Dreistigkeit zu. Da gibt es „Stellvertreterprüfungen“, bei denen statt des Fahrschülers eine andere Person erscheint, da gibt es technische Hilfsmittel, wie Handys oder Kameras.

Auch hier in Kulmbach hatten wir schon einige Fälle, sagt Ralf Merkel. So sei entweder versucht worden, mit einem kleinen Mikrofon oder einer versteckten Kamera zu erscheinen. Ohrstöpsel seien mittlerweile so klein, dass man sie gar nicht mehr erkennen kann. Am anderen Ende der Leitung sitzt dann entweder ein Bruder oder ein Onkel, der sich auskennt, oder eine bezahlte Person, also ein Profi. „Da ist ein richtiger Geschäftszweig daraus geworden“, weiß der Kreisvorsitzende. Weniger hier vor Ort, aber in Großstädten komme es immer häufiger vor.

Das gleiche gilt für die „Stellvertreterprüfung“. Entweder der Zwillingsbruder oder ein Verwandter oder eben auch ein bezahlter Profi, der mit dem Ausweis des „echten“ Prüflings auftaucht. Das sei in ländlich strukturierten Gebieten wie in Oberfranken schon schwieriger, weil der Fahrlehrer manchmal mit zur Theorie-Prüfung erscheint oder man sich eben kennt. In Großstädten komme dies schon wesentlich häufiger vor, weil dort die Anonymität größer sei. „Bei uns läuft das ja dann doch eher familiär ab, man kennt sich eben.“

Der klassische „analoge“ Spickzettel spiele dagegen kaum mehr eine Rolle. Grund sei die große Zahl an Prüfungsfragen. Aber auch die Tatsache, dass sämtliche Prüfungen nur noch elektronisch an einem Tablet erfolgen.

Auch Harald Ködel von der gleichnamigen Fahrschule aus Kulmbach weiß von Betrugsversuchen zu berichten. „Wird man erwischt, dann fliegt man sofort raus.“ Die Prüfung gilt als nicht bestanden. So sei das auch schon hier in Kulmbach passiert, weiß Harald Ködel. Auch elektronische Medien haben seinen Worten zufolge hier vor Ort längst schon Einzug gehalten. Harald Ködel weiß von einem Fall, in dem ein Prüfling verkabelt und mit Mikrofon ausgestattet ertappt wurde und daraufhin die Flucht antrat. „Als er gemerkt hat, dass ihn der Prüfer im Visier hat, ist er abgehauen.“ Viele Prüflinge seien der deutschen Sprache nicht mächtig, oft werde dann versucht, auf anderen Wegen zum Erfolg zu kommen.

Was in Kulmbach noch Einzelfälle sind, scheint in den Nachbarstädten Bamberg oder Hof noch viel weiter verbreitet zu sein. Harald Ködel zufolge werden bei den Prüfungen mittlerweile ausgeklügelte technische Mittel eingesetzt, um potenziellen Betrügern auf die Spur zu kommen. Aus anderen Städten sei bereits berichtet worden, dass die Kriminalpolizei in Zivil vor Ort ist oder Handys geortet wurden. Es seien sogar schon Fälle bekannt geworden, in denen der Prüfling für die kriminelle „Hilfe“ bis zu 3000 Euro bezahlt hat. Eine Ursache ist es nach den Worten von Harald Ködel auch, dass die Zahl der Prüfungen stark zugenommen hat. „Gibt es mehr Prüfungen, wird halt auch mehr betrogen.“ Die Fahrlehrer, die in der Regel ja bei den theoretischen Prüfungen gar nicht anwesend sind, seien sogar angehalten, Prüflinge vor Betrügereien zu warnen. Harald Ködel erinnert auch daran, dass es mittlerweile 1197 Fragen gebe. Jedes halbe Jahr kämen 50 neue Fragen dazu und nur wenige fallen raus. Viele Fragen seien schwierig gestellt. Nicht zuletzt würden auch manche Eltern ihre Kinder in die Prüfung drängen, obwohl sie überhaupt noch nicht reif seien.

Betrugsversuche bei der Führerscheinprüfung sind kein Kavaliersdelikt, auch darauf weisen die Verantwortlichen ausdrücklich hin. Zunächst wird man mit einer Sperre belegt, später muss man noch einmal antreten, was mit erheblichen Kosten verbunden sei. „Bei den Konsequenzen ist es relativ einfach“, sagt Manfred Amschler, Sachgebietsleiter Verkehrswesen und Örtlicher Verkehrssicherheitsbeauftragter vom Landratsamt Kulmbach. Die Prüfung gelte bei einem Betrugsversuch als nicht bestanden und es könne eine Sperre für die Wiederholungsprüfung von bis zu neun Monaten festgesetzt werden.

Bild: Ralf Merkl, Kulmbacher Kreisvorsitzender des Bayerischen Fahrlehrerverbandes.

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14.11.2023

Auffangnetz, M-Plus-Zug und Einführungsklasse / Schulleiterin Ulrike Endres zum G8 und zum G9 am CVG

Kulmbach. Das Caspar-Vischer-Gymnasium (CVG) ist eine der Schulen des „Auffangnetzes“. Es war eine der etwa 50 Pilotschulen „Mittelstufe Plus“ in Bayern, von denen es auch sieben in Oberfranken gab. In diesen Pilotschulen konnten die Schülerinnen und Schüler die Mittelstufe Plus, also die Jahrgangsstufen 8, 9 und 10 in vier statt in drei Jahren durchlaufen. Dazu wurde der Unterrichtsstoff in den Kernfächern gedehnt und die restlichen Vorrückungsfächer bei gleichem G8-Lehrplan auf die vier Jahre aufgeteilt. Der Effekt war, dass es deutlich weniger Nachmittagsunterricht für die „Mittelstufe Plus“ gab.

„Die Kinder an unserer Schule im G8 hatten also die Wahl: die Mittelstufe ganz regulär in drei oder gedehnt auf vier Jahre zu durchlaufen“, so die CVG-Schulleiterin Ulrike Endres. Danach sei es mit der Oberstufe für alle „normal“ weitergegangen. Etwa 40 bis 45 Prozent eines Jahrgangs hätten sich am Ende der 7. Klasse für die „Mittelstufe Plus“ entschieden. Die anderen hätten die Mittelstufe normal durchlaufen.

Die Gründe, sich für den „Regelzug“ oder den „M-Plus-Zug“ zu entscheiden, waren nach Aussage von Ulrike Endres vielfältig, die Zufriedenheit mit der Wahlmöglichkeit und der jeweils getroffenen Wahl (drei oder vier Jahre) sehr groß. Der Modellversuch sei jetzt mit dem Aufwuchs des neuen neunjährigen Gymnasiums ausgelaufen. „Wir selbst als Schule haben uns damals ganz bewusst als Pilotschule MPlus beworben und haben diese Entscheidung nicht bereut, auch wenn der Planungsaufwand mit parallel laufenden Regelzugklassen und MPlus-Klassen immer ein Kraftakt war“ so die Schulleiterin.

Der letzte Jahrgang des G8, der Mittelstufe Plus am CVG, ist nach der 10. Klasse seit September in der Qualifikationsphase  im Jahrgang 11 und macht im Mai 2025 Abitur. In den Schulen ohne „Mittelstufe Plus“ gibt es 2025 kein Abitur. Ulrike Endres: „Es gibt dort eine Lücke zum neuen G9, weil der erste G9-Jahrgang ja ein Jahr länger in der Schule ist und erst 2026 Abitur macht.“ Dieser erste G9-Jahrgang sei ja parallel dazu auch am CVG in der Jahrgangsstufe 11. „Wir planen und arbeiten also gedoppelt: Wir führen die letzte G8-Oberstufe durch und parallel dazu den ersten G9-Jahrgang.“

Durch diesen letzten G8-Jahrgang ist das CVG Teil des so genannten Auffangnetzes. Für Schüler, die 2024 das Abitur nicht bestehen, wird also die Lücke geschlossen. Sie haben die Chance, am CVG in diesen Jahrgang einzusteigen und 2025 das Abitur zu machen. „Das gilt nicht nur für unsere Schülerinnen und Schüler, sondern auch für andere auch dem Landkreis und angrenzenden Landkreisen, die dann zu uns wechseln können.“

Die „Einführungsklasse“ ist ebenso ein Angebot des CVG seit 2013/14, das sehr erfolgreich läuft. Die Einführungsklasse hat aber nicht mit G8 oder G9 zu tun, sondern ist ein „Anschlussangebot“ für Schülerinnen und Schüler aus der Real- oder Wirtschaftsschule oder dem M-Zweig der Mittelschule. Nach dem erfolgreichen mittleren Bildungsabschluss können sie unter bestimmten Voraussetzungen ans Gymnasium wechseln. Die „Einführungsklasse“ ist dabei eine Art Gelenkklasse, der Unterricht und seine Inhalte sind dabei speziell auf diese Heranwachsenden ausgerichtet, schaut auf die Voraussetzungen und Vorkenntnisse, die sie mitbringen und vermittelt gezielt das Wissen und die Kompetenzen, die sie in der Kursphase der Oberstufe brauchen. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Einführungsklasse wechseln sie dann in die Kursphase. Im G8 war die Einführungsklasse in der Jahrgangsstufe 10 angesiedelt, da in der 11. Jahrgangsstufe die Oberstufenkursphase begann. Mit dem G9 ist die „Einführungsklasse“ in der Jahrgangsstufe 11 angesetzt, da die Profil- und Leistungsstufe in der Jahrgangsstufe 12 beginnt.

Das CVG hat derzeit etwa 860 Schülerinnen und Schüler,  2024 wollen 80 von ihnen ihr Abitur ablegen. Der Personalbedarf zu Beginn des Schuljahres war abgedeckt, allerdings ist es laut Schulleiterin Ulrike Endres mittlerweile kaum mehr möglich, bei unvorhersehbaren längerfristigen Ausfällen von Lehrkräften Ersatz zu finden; diese Lücken müssen durch das schuleigene Personal unter anderem mit Mehrarbeit aufgefangen werden.

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16.10.2023

AGUS: Den Menschen Mut machen / Jahrestreffen in Bad Alexandersbad: Schauspielerin Michaela May berichtete vom Suizid ihrer Geschwister

Bayreuth/Bad Alexandersbad. Etwa 9000 Menschen haben sich im zurückliegenden Jahr das Leben genommen. Eine Zahl, die so in etwa seit einigen Jahren relativ konstant ist. Ganz subjektiv rechnet Jörg Schmidt für die kommenden Jahre mit einem Anstieg. Der Stadtsteinacher ist seit 2017 Bundesgeschäftsführer von AGUS, der zentralen Selbsthilfeorganisation für Menschen, die einen nahestehenden Angehörigen durch Suizid verloren haben. Ihren Sitz hat die Geschäftsstelle in Bayreuth.

Ursachen sind nicht unbedingt die aktuellen Krisen, sondern vielmehr die Corona-Nachwirkungen. „Corona hat in vielen Fällen die normale Entwicklung junger Leute komplett ausgebremst“, sagt Jörg Schmidt. Aufgrund fehlender sozialer Kontakte habe sich manch Jugendlicher oder Heranwachsender eine Parallelwelt im Internet aufgebaut oder sei komplett abgerutscht und in die falschen Kreise geraten. „Besonders die Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind völlig überfüllt“, sagt der Erwachsenenpädagoge, der zuvor Leiter des Pilgerbüros in Marienweiher war und der den Chor „SANvoices“ leitet.

Diese Entwicklungen waren auch Thema beim AGUS-Jahrestreffen, das vor kurzem in Bad Alexandersbad stattfand. Prominenter Gast war die Schauspielerin Michaela May. Sie hatte anlässlich der Veröffentlichung ihrer Autobiographie im zurückliegenden Jahr erstmals darüber gesprochen, dass ihre drei Geschwister im Alter von 22, 28, beziehungsweise 34 Jahren jeweils infolge einer Depression durch Suizid gestorben sind. Darüber durfte zuhause nicht gesprochen werden, so die Schauspielerin. Ihre Lesung gab auch Einblicke in die Psychiatrie der 1970er Jahre, die damals noch völlig in den Kinderschuhen steckte. Suizid sei ein absolutes Tabuthema gewesen, die katholischen Eltern seien aus der Kirche regelrecht ausgestoßen worden. Für uns seien die Lesung und das Gespräch mit Michaela May eine gute Gelegenheit gewesen, um darauf hinzuweisen, dass Suizid jeden treffen kann, sagte Geschäftsführer Jörg Schmidt. „Michaela May hat versucht, den Menschen Mut zu machen.“

Ein weiterer Vortrag von Nathalie Oexle beschäftigte sich mit sozialen Reaktionen nach einem Suizid. Die Juniorprofessorin von der Universität Ulm hatte zu dem Thema intensive Forschungsarbeiten betrieben und war unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Hinterbliebene stärker stigmatisiert fühlen, weil sie sich ein Stückweit mitverantwortlich fühlen und weil das soziale Umfeld oft hilflos reagiert. „Hinterbliebene haben oft den Eindruck, dass man sie meidet“, so die Professorin, die selbst Betroffene ist und die ihre Mutter durch einen Suizid verloren hatte.

Nun darf man sich das AGUS-Jahrestreffen, an dem diesmal 180 Menschen aus ganz Deutschland teilgenommen hatten, nicht als düstere Trauerversammlung schwarz gekleideter Menschen vorstellen. Da gab es eine Alpaka-Wanderung, der Historiker Adrian Roßner erzählte von der Kultur des Fichtelgebirges, wer wollte, konnte an einem Workshop mit Klangschalen teilnehmen, und unter dem Titel „Young Survivors“ gab es auch altersspezifische Angebote für Kinder und Jugendliche, die einen nahe Verwandten durch Suizid verloren hatten. „Klar, da gab es auch emotionale Momente“, sagt Jörg Schmidt. Bei einem Gottesdienst mit Pfarrerin Andrea Schmolke aus Ahornberg wurde in der katholischen Kirche von Bad Alexandersbad der Verstorbenen gedacht.

AGUS verwendet ausschließlich die wertneutralen und beschreibenden Begriffe Suizid (aus dem Lateinischen) und Selbsttötung. Im Alltag wird oft von Selbstmord gesprochen. Mord ist der schwerste Straftatbestand, den das Strafgesetzbuch kennt, damit wird die Tötung eines anderen Menschen aus niedrigen Beweggründen bezeichnet. Die Bezeichnung Mord habe nicht im Entferntesten etwas mit der Situation eines verzweifelten Menschen zu tun, der sich das Leben nimmt. Suizidtrauernde seien keinesfalls Hinterbliebene eines Mörders. Auch die Bezeichnung „Freitod“ beschreibt nach Ansicht von AGUS nicht die Situation von Menschen, deren Entscheidung von Ausweglosigkeit geprägt ist.

Die Selbsthilfeorganisation AGUS wurde 1989 von der in Bayreuth lebenden und mittlerweile verstorbenen Emmy Meixner-Wülker gegründet. Seit 1995 ist die Selbsthilfeorganisation als gemeinnütziger Verein organisiert. Aktuell gibt es bundesweit 103 Gruppen. Der Verein hat über 1100 Mitglieder, meist betroffene Angehörige. In der Bundesgeschäftsstelle in Bayreuth sind neben Jörg Schmidt als Geschäftsführer drei weitere Personen tätig. Finanziert wird die Arbeit mit Mitteln des Selbsthilfeförderungsgesetzes sowie über Beiträge und Spenden. Staatliche Mittel bekommt AGUS nicht.

Bild: „Hinter dem Lächeln““, so heißt die Autobiographie der prominenten Schauspielerin Michaela May, die beim Jahrestreffen von AGUS über den Suizid ihrer Geschwister berichtete.

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09.10.2023

„Moonlight ist Highlight“: Musikinstrumente für die KITA Fölschnitz

Kulmbach. Mit 1500 Euro aus dem Erlös der Moonlight-Serenade im Juni dieses Jahres wird die KITA in Fölschnitz gefördert. Einen entsprechenden Scheck überreichte der Musiker und Organisator Conny Fischer Andreassohn am Montag an Lisa Eckart von den „Die KITA Kindertagesstätten“ im Diakonie-Verbund Kulmbach. Von dem Geld sollen Musikinstrumente angeschafft werden. Eine weitere Geldspende ging an die Museen im Mönchshof.

Seit Bestehen der weit über Franken hinaus bekannten Konzertreihe im Jahr 2008 seien bereits rund 27.000 Euro an soziale und kulturelle Einrichtungen der Region gespendet worden, sagte Conny Fischer Andreassohn bei einer Feierstunde zur Spendenübergabe in den Räumen der Sparkasse Kulmbach-Kronach. Er sprach von einem „wirklich großen Erfolg“ und einem „Superkonzert“ seiner „Old Beertown Jazzband“, die am 17. Juni im gemeinsamen Auftritt mit „Micha Winkler´s Hot Jazzband“ aus Dresden weder viele Menschen teilweise von weither nach Kulmbach gelockt habe.

„Es sei ja nicht gerade üblich, dass man in Franken dem Jazz frönt“, so der Musiker und Organisator. Die Moonlight-Serenaden hätte aber den Jazz mittlerweile salonfähig gemacht. Seit 2018 finden die Konzerte im Mönchshof statt, vorher waren unter anderem die Schlösser Wernstein und Thurnau, das Dampflokomotivmuseum Neuenmarkt und einmal auch das Lichtenfelser Stadtschloss Auftrittsorte. „Unser Ziel war es stets, den Menschen aus den Erlösen eine Freude zu bereiten“, sagte Conny Fischer Andreassohn.

Von einer großartigen Bereicherung für die KITA in Fölschnitz sprach Lisa Eckart, die als Qualitätsbeauftragte für alle Einrichtungen der „Die KITA Kindertagesstätten“ zuständig ist. Sie sei froh darüber, dass die musikalische Leidenschaft an die Jüngsten weitergegeben wird, so Bürgermeisterin Anita Sack aus Ködnitz. Man könne stolz sein auf das große Engagement von Conny Fischer Andreassohn und seinen Mitstreitern, aber auch auf das der Sponsoren, namentlich der Sparkasse, der VR-Bank und des Lions Clubs, sagte Landrat Klaus Peter Söllner. „Wir gehen davon aus, dass es im nächsten Jahr weiter geht“, so Sparkassen-Vorstand Harry Weiß. Genau das hatte Conny Fischer Andreassohn bislang aber offen gelassen.

Bild: Spendenübergabe Aus den Erlösen der Moonlight-Serenade (von links): Sparkassen-Vorstand Steffen Potstada, Bürgermeisterin Anita Sack, Margit Ruckdeschel, Peter Hofmann vom Lions-Club, Lisa Eckart von der Die KITA, Landrat Klaus Peter Söllner, Conny Fischer Andreassohn mit Enkel Erik, Gerhard Müller vom Lions Club, Helga Metzel vom Mönchshof, VR-Bank-Gebietsdirektor Gerhard Zettel und Sparkassenvorstand Harry Weiß.

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02.10.2023

In Heinersreuth ist das Ehrenamt zuhause / 25 Persönlichkeiten beim Ehrungsabend der Gemeinde ausgezeichnet

Altenplos. Sie alle haben mehr getan als ihre Pflicht, dafür wurden sie beim Ehrenabend der Gemeinde Heinersreuth mit Urkunden Medaillen und Präsenten ausgezeichnet: 25 Persönlichkeiten, die sich auf vielfältige Weise für die Allgemeinheit eingesetzt haben und die mit ihrem Engagement dazu beigetragen haben, die Gesellschaft ein wenig besser zu machen.

Nun scheint in Heinersreuth das Ehrenamt praktisch zuhause zu sein. So rege ist das gesellschaftliche Leben, so traditionell das Vereinsleben. Nach den Worten von Bürgermeisterin Simone Kirschner sind 3574 von 3841 Einwohnern Mitglied in einem Verein. Zugegeben, Mehrfachmitgliedschaften wurden dabei nicht herausgerechnet. Trotzdem, allein in diesem Jahr habe es zahlreiche runde Jubiläen gegeben, so die Bürgermeisterin. Die freiwilligen Feuerwehren Altenplos und Heinersreuth konnten ihr 150. Jubiläum feiern, die Landjugend ihr 100., ebenso der Obst- und Gartenbauverein und der Geflügelzuchtverein wurde 50.

Simone Kirschner fand aber auch nachdenkliche Worte. Die Bereitschaft, sich zu engagieren sei zwar da, doch für viele Menschen sei es trotzdem nicht mehr selbstverständlich, einem Verein beizutreten. Genauso sei es früher eine Ehre gewesen, den Vorsitz zu übernehmen. Auch das habe sich geändert. Oft könne man froh sein, überhaupt noch jemand zu finden. „Trotzdem, das Ehrenamt ist und bleibt wichtig“, sagte die Bürgermeisterin. Alle ehrenamtlich Tätigen würden gebraucht, ihre Arbeit könne man nicht mit Geld aufwiegen. Gerade in der jetzigen Zeit sei es wichtig, dass Mitmenschlichkeit und Gemeinschaftsgeist noch immer fest in der Gesellschaft verwurzelt sind.

Als erste wurden Eleonore und Arnulf Schirmer ausgezeichnet. Der Mitbegründer der Heinersreuther Farbpalette hatte für jeden Bewohner und Beschäftigten des Seniorenwohnheims ein Bild angefertigt, seine Frau verfasste dazu ein Gedicht. UM di 80 Bilderwaren so zustande gekommen. Seit 40 Jahren gehört Klaus Hacker dem Mainchor Unterwaiz als aktiver Sänger an, 34 Jahre davon war er Mitglied der Vorstandschaft. Als „Altenploser Urgestein bezeichnete die Bürgermeisterin Ida Pöhner, die sowohl bei der SPD als auch beim VdK aktiv ist und die von 2007 bis 2022 den Seniorenclub Altenplos-Unterwaiz leitete.

Ebenfalls ein „Aushängeschild“ seit Jahrzehnten ist Gerhard Adler vom SC Altenplos. In dem Verein war er unter anderem Schülerleiter, Spielleiter, Beirat, Vorsitzender und bis zum Jahr 2000 sogar aktiver Torwart. Eine besondere Ehrung wurde Ulrike Moreth vom Landgasthof Moreth zuteil. Sie hatte die Wirtshaustüren am 30. Juni für immer geschlossen. Damit sei die Geschichte eines wichtigen Treffpunktes der Gemeinde zu Ende gegangen, sagte die Bürgermeisterin. Besonders hob Simone Kirschner hervor, dass nie eine Saalmiete oder ein Mindestumsatz verlangt worden sei.

Bei der Ehrung von Werner Kauper fiel noch einmal der Begriff „Urgestein“. Kauper hatte sich bis 2022 ganze 42 Jahre lang in der Kommunalpolitik engagiert. Unter anderem war er CSU-Fraktionsvorsitzender und rund 15 Jahre lang 2. Bürgermeister. Für ihren Einsatz zu Gunsten der Bayreuther Tafel wurden gleich zwei Persönlichkeiten geehrt: Monika Kohler und Peter Zilles. Beide sind seit rund 15 Jahren als aktive Helfer engagiert, Peter Zilles wurde später in den Vorstand gewählt und ist mittlerweile Vorsitzender der Tafeln von ganz Bayern.

Schließlich wurde Ute Ponfick ausgezeichnet, die seit zwölf Jahren dem Mesnerteam der Neudrossenfelder Kirche angehört und die vom Kirchgeld bis zum Erntedankschmuck für so ziemlich alles zuständig ist. Die letzte Einzelehrung ging an Birgit Kutzer von der Landjugend. Sie gehörte viele Jahre der Vorstandschaft am, leitet seit 30 Jahren die Volkstanzgruppe und hat sogar schon einen eigenen Tanz, den „Rotmaintaler“ erfunden.

In Abwesenheit wurden außerdem Harry Braunersreuther vom SC Altenplos, Andreas Hader von der Landjugend und Hermann Kugler ausgezeichnet, der mehrere Kunstaktionen gestartet hatte. Wegen einer Erkrankung konnte auch Erika Aliew nicht kommen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagiert und die bereits 14 Hilfskonvois mit Spenden in die Ukraine organisiert hatte.

Eine besondere Projektehrung erfuhren die beiden Musikerinnen Anne Müller und Petra Füßmann. Die beiden hatten während der Corona-Zeit über 200 Bläserserenaden als Balkonkonzerte veranstaltet. Eine letzte Ehrung an diesem Abend erfuhren acht Männer der örtlichen Feuerwehren, die sich 2021 freiwillig für einen rund zehntätigen Einsatz bei der Flutkatastrophe im Ahrtal gemeldet hatten. Landrat Florian Wiedemann überreichte ihnen zusätzlich die rheinland-pfälzische Fluthelfermedaille und eine Urkunde von Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Bilder:
1.
 Diese Persönlichkeiten wurden beim Ehrungsabend der Gemeinde Heinersreuth ausgezeichnet. Mit im Bild: der 2. Bürgermeister Jürgen Weigel (links), 3. Bürgermeisterin Karin Vogel-Knopf (2. von rechts) und Bürgermeisterin Simone Kirschner (7. von rechts).
2.
 Der 2. Bürgermeister Jürgen Weigel (links), die 3. Bürgermeisterin Karin Vogel-Knopf (Mitte) und Bürgermeisterin Simone Kirschner (rechts) ehrten die beiden Musikerinnen Anne Müller und Petra Füßmann für über 200 Balkonkonzerte während der Corona-Zeit.
3.
 Diese Feuerwehrleute waren bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Einsatz und erhielten dafür beim Ehrungsabend in Heinersreuth unter anderem die Fluthelfermedaille der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin. Mit im Bild: 2. und 3 Bürgermeister Jürgen Weigel und Karin Vogel-Knopf (von links) sowie Bürgermeisterin Simone Kirschner und Landrat Florian Wiedemann (von rechts).

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25.07.2023

Bädersterben, Pandemie und die Angst vor dem Wasser / Immer weniger Kinder können schwimmen

Kulmbach. Lesen, schreiben, rechnen, schwimmen: Das gilt schon lange nicht mehr. Immer mehr Kinder und Jugendliche können nicht schwimmen. Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) hat vor kurzem eine Studie veröffentlicht, der zufolge sich der Anteil der Nichtschwimmer unter Grundschulkindern seit 2017 verdoppelt hat. Deshalb schlägt die DLRG auch Alarm: Schwimmen müsse man lernen wie Lesen und Schreiben. Wie sieht die Situation im Kulmbacher Land aus?

Uli Peschel, Jugendleiterin Kreis-Wasserwacht Kulmbach

Nach Ansicht von Uli Peschel, der Jugendleiterin der Kreis-Wasserwacht Kulmbach gibt es mehrere Gründe, dass so wenige Grundschüler schwimmen können. Zum einen würden sicher noch die Auswirkungen der Pandemie dazu beitragen. Aber bereits vor 2020 habe die Schwimmfähigkeit der Kinder und Jugendlichen abgenommen. Es seien immer mehr Bäder geschlossen worden, so dass es Schwimmkursanbietern nicht leicht gemacht wurde, Bäder zu finden, in denen Kurse angeboten wurden. „Im Landkreis Kulmbach haben wir im Winter ein einziges Hallenbad und mussten uns untereinander und mit den Stadtwerken sehr gut absprechen, wann wer mit wie viel Kindern ins Hallenbad kommt, damit auch noch für die Bevölkerung eine Möglichkeit bestand, ihre Runden im Wasser zu drehen.“

Uli Peschel sagt auch, dass die Schwimmkurse bei manchen Hallenbadbesuchern nicht immer auf Gegenliebe gestoßen seien. Im Sommer sei man in den Freibädern von Mainleus, Stadtsteinach, Himmelkron, Thurnau und in Kulmbach immer sehr vom Wetter abhängig, so dass die Zeit im Wasser für die Kinder teilweise sehr stark eingeschränkt ist. Oder aber es seien so viele Kinder im Freibad, dass es für die Ausbilder schwer wird, unsere Nichtschwimmer gut und qualitativ zu unterrichten.

„Wenn wir dann die Kinder nach einem Schwimmkurs mit oder ohne Seepferdchen entlassen haben, sind viele Eltern nicht mehr mit ihren Kindern selbst ins Schwimmbad oder an den See gegangen, um die Schwimmfähigkeit weiter zu trainieren“, so die Jugendleiterin. Zudem würden immer mehr Freizeitangebote für Kinder und Jugendlichen angeboten, die vielleicht auch reizvoller sind als schwimmen.

Nicht wirklich förderlich gewesen für die Schwimmkünste von Kindern und Jugendlichen seien nach Ansicht von Uli Peschel die Corona-Jahre. Manche Kinder hätten mit ihren Eltern im häuslichen Gartenpool geübt und so das Schwimmen gelernt oder es sich von älteren Geschwistern abgeschaut. Andere hatten in dieser Zeit keinerlei Zugang zu irgendeinem Pool gehabt. Nachdem die Bäder wieder offen waren, habe es eine enorme Anfrage nach Plätzen gegeben. Die ersten Schwimmkurse haben wir mit Eltern gemeinsam abgehalten.

Spezielle Angebote für Flüchtlinge gebe es bei der Wasserwacht Kulmbach nicht. „Das würde für die Ausbilder, die bei uns in der Wasserwacht alle ehrenamtlich Schwimmkurse halten, zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen, da hier nicht nur das Schwimmen gelehrt werden muss, sondern auch teilweise eine große Sprachbarriere zu überbrücken wäre“, erläutert die Jugendleiterin.

Die Wasserwacht habe das Glück, eine große Anzahl an Ausbildern zu besitzen, die sich jährlich bereiterklärten viele Schwimmkurse zu halten. Dem gegenüber stehe aber eine ungeheure Zahl an Anfragen von Eltern, die für ihre Kinder, viele auch über das Grundschulalter hinaus, einen Anfängerschwimmkurs suchen. „Da wir nicht nur Quantität, sondern vor allem Qualität bieten wollen, ist die Anzahl der Schwimmkurskinder sehr von der Anzahl der Ausbilder abhängig.“ Da viele im Schichtdienst oder außerhalb von Kulmbach arbeiteten, werde es immer schwerer, genug Ausbilder und Ausbildungshelfer für die Kurse zu finden, um alle Anfragen erfüllen zu können. Somit haben alle Ortsgruppen bei uns eine lange Warteliste, wie auch die DLRG oder private Anbieter.

Tatjana Reif, Jugendvorsitzende DLRG Kulmbach

Das bestätigt Tatjana Reif, Jugendvorsitzende der DLRG Kulmbach sowie Ausbilderin für Schwimmen und Rettungsschwimmen. Die DLRG biete immer jeweils Anfang eines Jahres und im Herbst, nach der Öffnung Schwimmkurse an. „Wir haben uns auf das Hallenbad festgelegt, da wir leider vor einigen Jahren die Erfahrung machen mussten, dass es im Freibad für die Kinder meist zu kalt und auch zu wetterabhängig ist.“ Dennoch habe die DLRG so viele Anfragen erreicht, dass nicht jedem Kind ein Platz gegeben werden könne.

„Ich denke, dass dies schon stark auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist, da in dieser Zeit nur wenig, bis teilweise gar keine Schwimmausbildung in den Schulen und auch in den Vereinen stattfinden konnte“, begründet Tatjana Reif die Tatsache, dass so wenige Kinder schwimmen können. Es gebe also auch immer noch viel aufzuholen, was aber für die DLRG nur schwer aufzuarbeiten sei. „Wir arbeiten ausschließlich ehrenamtlich im Verein, so dass wir darauf angewiesen sind, dass ausreichend Ausbilder Zeit haben einen Schwimmkurs anzubieten.“

Aktuell gebe es bei der DLRG die Prämisse, dass bei der Vergabe der Schwimmkursplätze ein Mindestalter von sechs Jahren eingeführt wurde und dass die älteren Kinder bevorzugt einen Platz bekommen. Nur wenn noch Restplätze übrig seien, würden diese auch an Fünfjährige vergeben. Dies sei natürlich für manche Eltern ärgerlich, weil wir sie vertrösten müssen.

„Ich denke, dass es aber auch nicht nur an Corona liegt, dass viele Kinder nicht mehr schwimmen lernen, sondern auch daran, dass es viel zu viele Anfragen für zu wenig Schwimmkurse gibt und auch in vielen Schulen der Schwimmunterricht ausfällt“, so Tatjana Reif. Sei es aufgrund von Lehrermangel oder nicht ausreichend qualifiziertem Personal oder auch der Tatsache, dass viele Lehrer mit ihrer Klasse alleine den Schwimmunterricht durchführen müssten und somit eine enorme Verantwortung auf den Lehrern liegt und einige dann die Entscheidung treffen, dass sie den Schwimmunterricht alleine so nicht durchführen können, da sie zu viele „Nichtschwimmer“ in der Klasse haben.

Leider sei es auch bei der DLRG schon seit Jahren das Problem, dass es zu wenig Ehrenamtliche gebe, die sich im Bereich Schwimmausbildung engagieren. „Deswegen können wir natürlich auch nur eine begrenzte Zahl an Kindern zum Training aufnehmen beziehungsweise auch nur eine begrenzte Zahl an Schwimmkursplätzen vergeben.“ Tatjana Reif bedauert, dass sich immer weniger Menschen ehrenamtlich engagieren. Leider gebe es kaum Förderungen oder Unterstützungsmöglichkeiten, die es ermöglichen würden, das Ehrenamt durch finanzielle Anreize attraktiver zu machen oder den Ausbildern durch eine Ausbildungspauschale ihre Tätigkeit entlohnen.

Anfragen bezüglich spezieller Angebote für Flüchtlinge bekomme die DLRG immer mal, aufgrund der Personalknappheit könnten hier aber keine separaten Angebote geschaffen werden. „Gerne nehmen wir auch Geflüchtete mit in unsere regulären Kurse mit auf und versuchen die Kinder dann direkt schon zu integrieren“, so Tatjana Reif.

Jens Schmeißner, Jugendleiter DLRG Wirsberg

Ein selbstständiger Ortsverein, der unabhängig von der DLRG Kulmbach agiert ist die DLRG Wirsberg. Jugendleiter Jens Schmeißner äußerte sich generell zum Thema: „Wie schon überall berichtet sind Schwimmkurse Mangelware und die Anfragen türmen sich in den Wartelisten“, sagt er. Für einen angemessenen, lehrreichen Schwimmkurs benötige es erst einmal immer genug ehrenamtliche Helfer, die Ihre Freizeit für viele Tage opfern, um den Kindern das Schwimmen beizubringen. Des Weiteren - zumindest in unserer Region - benötige man entsprechende Wasserflächen, die es ermöglichen so einen Kurs auf die Beine zu stellen. Hierbei unterstütze die Marktgemeinde Wirsberg die DLRG vor Ort immens. Der Eintritt für Kinder zum Schwimmkurs entfalle und auch eine Nutzung bei schlechtem Wetter, wenn das Bad eigentlich geschlossen bleibt, werde ermöglicht.

Jens Schmeißner bedauert aber auch: „Für Kurse steht uns leider nur die Sommersaison zur Verfügung, in der wir nur einen Schwimmkurs unterbringen, da der Sommer die Hauptsaison für Wachdienst und auch andere Ausbildungen, wie die Rettungsschwimmerausbildung ist.“ Eine große Hilfe wäre an dieser Stelle ein regionales Hallenbad, in dem auch im Winter, in der eher ruhigeren Zeit, Schwimmkurse abgehalten werden könnten. Ideal wäre auch eine feste Zeit, in der das Bad für die Öffentlichkeit gesperrt wäre und der DLRG zur Verfügung stehen würde. „Dies wäre ein wichtiger Schritt, um auch mehrere Kurse über das Jahr anzubieten.“ Hier sei auch das Bädersterben ein großes Problem, da immer mehr Wasserflächen geschlossen werden und somit generell Möglichkeiten für eine Schwimmausbildung verloren gehen. „Mit der neuen Förderung des Freistaates hoffen wir, dass zumindest bestehende Angebote erhalten werden können.“

In Coronazeiten sei es natürlich nur erschwert möglich gewesen, Schwimmkurse anzubieten und so sei auch bei der DLRG Wirsberg ein Kurs in der Anfangszeit ausgefallen, sagt der Jugendleiter. Die Gesamtsituation habe sich durch Corona natürlich nicht entspannt, weil es auch eine „Abschreckung“ für Eltern mit Kindern gewesen sei, ein Freibad zu besuchen, da Obergrenzen an Besuchern und Auflagen einige abgeschreckt haben.

Jens Schmeißner fügt noch einen weiteren wichtigen Punkt an: „Das Freibad oder Hallenbad hat nicht mehr den gleichen Stellenwert wie früher. Die Zeit, in denen das Schwimmbad für die breite Masse noch ein perfektes Ausflugsziel am Wochenende war, ist vorbei. Die Besucherströme lassen nach und auch hier sehe ich die Eltern in der Pflicht.“ Ein Schwimmkurs könne das Mittel der Wahl sein, um einem Kind das Schwimmen beizubringen. Wenn jedoch die Gewöhnung an das Wasser fehlt, werde uns das Arbeiten mit den Kindern deutlich erschwert.

Auch die Erwartungen der Eltern an die Kinder seien gestiegen. Wenn der Kursplatz endlich da ist, dann müsse es am Ende natürlich auch klappen. Hier würden Kinder teils unter Druck gesetzt und es gehe nicht mehr darum, ob ein Kind schwimmen lernen will, sondern dass es jetzt schwimmen muss. „Viele Eltern denken auch, mit einem Schwimmkurs ist alles gut und das Kind kann im Urlaub alleine im Pool spielen, dem ist allerdings nicht so.“ Die DLRG weise ausdrücklich darauf hin, dass ein sicherer Schwimmer das Schwimmabzeichen in Bronze besitzen sollte und das Seepferdchen nur ein erster Schritt ist. Ab dem Zeitpunkt seien auch wieder die Eltern gefragt, die Freude am Wasser mit dem weiteren Training des Schwimmens zu verbinden.

Gesonderte Angebote für Flüchtlinge gibt es bei der DLRG Wirsberg nicht, „da wir sowieso nur einen Kurs pro Jahr anbieten können“. Natürlich sei aber jeder Teilnehmer, egal welcher Herkunft, herzlich willkommen.

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17.07.2023

Raubritter und Kulmbach auf Super-8 / Stadt und Burg vor 50 und vor 500 Jahren: Bayerische Rundschau präsentierte historischen Abend der Freunde der Plassenburg

Kulmbach. Weder Theater noch Musik standen am Montagabend auf dem Spielplan der Naturbühne Trebgast. Stattdessen gab es Geschichte live und unterhaltsam präsentiert. Die Bayerische Rundschau präsentiert diesen abwechslungsreichen historischen Abend des Vereins Freunde der Plassenburg.

Zunächst gab es ein wenig Geschichtsunterricht mit Daniel Burger, Historiker und Archivar am Staatsarchiv in Nürnberg. Er hatte seine Dissertation über die „Landesfestungen der Hohenzollern“ verfasst und ist ein absoluter Kenner der Materie. Und zwar nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch. Da ging es um Waffen und Rüstungen, wie sie vor fast einem halben Jahrtausend wohl auch auf der Plassenburg im Einsatz waren. Eine originalgetreue Nachbildung einer Rüstung aus dem 15. Jahrhundert hatte der Experte, der in seiner Freizeit selbst historische Kampfkünste trainiert, mitgebracht. Wie wird ein Harnisch angelegt? Wie hat er in der Praxis funktioniert? Wo waren die Schwachstellen? Auf das alles hatte Daniel Burger eine Antwort.

Da gab es Schaufechtkämpfe mit Fechtlehrer Bernd Matusche aus Nürnberg, da wurde klar, dass Fechten nicht nur körperlich Schwerstarbeit bedeutet, sondern auch mit viel Kopfarbeit verbunden ist. Daniel Burger zeigte am eigenen Leib, wie eine Rüstung richtig angelegt wird („da rächt sich jedes Schäufele“) und Peter aus dem Publikum durfte selbst einmal kräftig zuschlagen.

Nicht gleich um Jahrhunderte, sondern nur um einige Jahrzehnte zurück ging es mit Erich Olbrich. Er entführte alle Interessierten in das Kulmbach der 1970er Jahre. Also in eine Zeit, die vielen noch ganz lebhaft vor Augen sein dürfte und die doch schon wieder so lange zurückliegt. Der Heimatforscher und frühere Stadtarchivar hatte eine Videocassette mit einem Film von Arndt Schaffer im Müll entdeckt, sie digitalisieren lassen und führte das Ergebnis nun dem staunenden Publikum vor. Da konnte man Oberbürgermeister Erich Stammberger beim Enthüllen des Waafn-Brunnens sehen, beim Anstich zur Bierwoche, Thomas Gottschalk als junger Discjockey, eine florierende Spinnerei, die in die ganze Welt exportiert, und das Gregori-Fest als Riesenereignis. Vieles hat sich verändert, vieles ist aber auch geblieben. Autos fahren freilich nicht mehr durch die Langgasse, doch die Kulmbacher Bratwürste schmecken den Besuchern der Stadt wie eh und je.

Einen weiteren Film präsentierten die Freunde der Plassenburg über das Wahrzeichen von Kulmbach. Der Kurzfilm soll auch ein Anreiz sein, die Burg und ihre attraktiven Museumsbestände wieder einmal zu besuchen. Völlig neue Perspektiven machte der Einsatz einer Drohne über der Burg möglich. Die Türme, die Hohe Bastei oder auch sonst nicht zugängliche Höfe und Bollwerke, das alles hatte man so noch nie gesehen. Kleines Schmankerl am Rande, der Kurzfilm über die Plassenburg hatte einen prominenten Sprecher: der frühere Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg war zumindest aus dem Off dabei.

Da ging es um kriegslüsterne Burgherren wie dem Markgrafen Albrecht Alcibiades, um den schrecklichen Konradi-Tag 1553, auch die Moritat über die Weiße Frau, Kunigunde von Orlamünde, durfte nicht fehlen. „Wir wollten einen werbewirksamen zugleich dokumentarisch korrekten Film produzieren, der die Betrachter auch emotional anspricht und berührt“, beschrieb der Vereinsvorsitzende Peter Weith den Streifen. Mitgearbeitet an dem Projekt haben zahlreiche Vereinsmitglieder, unter anderem Kreisheimatpfleger Harald Stark und Holger Peilnsteiner. Als DVD wird der Film künftig zum Preis von 7,50 Euro zum Kauf angeboten.

Auch die Unterhaltung sollte an diesem Abend nicht zu kurz kommen, Dafür sorgte der Entertainer Gerry Gerspitzer. Der Musiker, Liedermacher, Kabarettist und Radio-Moderator aus Rehau ließ Ausschnitte aus seinem Fredl-Fesl-Programm erklingen. Obwohl keiner der Gags wirklich neu ist, funktioniert der Witz, der in den Fesl-Lieder steckt, noch immer. Zum einen, weil sie wirklich genial sind, zum anderen, weil man sich keinen besseren Interpreten dafür wünschen könnte als Gerry Gerspitzer. Natürlich gab es – passend zum Thema – den Ritter Haduprant aber auch eigenen Texte, die nicht weniger komisch sind.

„Wir wollten einfach mal eine neue Veranstaltungsform testen“, sagte Peter Weith im Vorfeld. „Wenn es ankommt, werden wir es in den nächsten Jahren wiederholen“, versprach er. Nach über drei Stunden buntem Programm steht einer solchen Wiederholung wohl nichts mehr im Weg.

Bilder:
1.
 Historiker Daniel Burger, Mitstreiter Bernd Matusche und Peter aus dem Publikum.
2. Historiker Daniel Burger.
3. Über 200 Besucher konnten die Freunde der Plassenburg auf der Trebgaster Naturbühne begrüßen.
4. Historiker Daniel Burger und sein Mitstreiter, der Nürnberger Fechtlehrer Bernd Matusche.
5.
 Entertainer Gerry Gerspitzer. 

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27.06.2023

Im Zweifelsfall gilt die Badeordnung / Streitpunkt „Oben ohne“: In Kulmbacher Bädern kaum ein Thema

Kulmbach. Oben ohne. Ist das in den Bädern der Region erlaubt oder verboten? Was die Therme Obernsees angeht, so wurde darüber kürzlich sogar im Bayreuther Landratsamt diskutiert. Die Mitglieder des Zweckverbandes Therme Obernsees waren dabei zu dem Ergebnis gekommen, in den Schwimmbecken, sowohl innen als auch außen, müssen Frauen bekleidet sein. Nur auf der Liegewiese und im Saunabereich ist „oben ohne“ erlaubt. Wie jemand sich im Hallen- oder Freibad zu kleiden hat, legt die Hausordnung des jeweiligen Betreibers fest. Meist ist dort jedoch nur von Badekleidung die Rede. Wie ist die Situation bei den Bädern in der Region?

„Unsere Badeordnung macht hierzu einige Vorgaben, im Ergebnis ist aus unserer Sicht als Betreiber das Oben-Ohne-Baden, beziehungsweise der Oben-Ohne-Aufenthalt im Öffentlichkeitsbereich des Bades nicht erlaubt“, sagt Christof Lange, Leiter der Stadtwerke, die für das Kulmbacher Freibad verantwortlich sind. Er zitiert dazu die Badeordnung, in der es heißt: „Die Badegäste haben alles zu unterlassen, was den guten Sitten sowie der Aufrechterhaltung der Sicherheit, Ruhe und Ordnung zuwiderläuft.“ In einem weiteren Punkt heißt es dort unmissverständlich: „Die Bekleidung muss dem allgemeinen Begriffen von Anstand und Sitte entsprechen. Das Nacktbaden ist nicht gestattet.“

Nach Rückfrage bei den Kollegen im Bad sei Oben ohne aber bisher kein Thema, so Christof Lange. Es seien keine, oder zumindest keine vermehrten Anfragen seitens der Badegäste gekommen. Den Fall, dass Frauen wegen Oben-ohne-Badens des Bades verwiesen werden mussten, habe es bislang in Kulmbach nicht gegeben. Sollte das Thema aufkommen, würde zunächst das Gespräch gesucht und darum gebeten sich an die Badeordnung zu halten.

Ebenfalls generell verboten ist jede Form des Nackt- und des Oben-ohne-Badens im Freibad von Mainleus. Hans-Georg Busch, der Leiter der für das Bad zuständigen Bauverwaltung, verweist dazu auf Paragraf 7 der Badeordnung. Bisher sei das aber auch noch nie ein Thema gewesen. Es habe keine dementsprechenden Anfragen und auch keinerlei „Vorfälle“. „Und ich mach das jetzt schon seit 1996“, so Hans-Georg Busch. Sollte der „Fall X“ eintreten, gelte natürlich die Badeordnung, das heißt, das diensthabende Badepersonal werde erst einmal auf den Verstoß hinweisen und ermahnen. Weitergehende Sanktionen würden mit ihm abgesprochen. Ansonsten gebe es in Mainleus bisher keinerlei Erfahrungen damit.

In Trebgast behandle man das Thema dagegen sehr tolerant, so Bürgermeister Herwig Neumann. Am Badesee gebe es zwar keinen offiziellen FKK-Strand. Trotzdem werde „oben ohne“ in gewisser Weise toleriert. „So lange es nicht ausartet, lassen wir es in einem kleinen Bereich zu“, sagt der Bürgermeister. Wenn jemand zum Kiosk geht, dann müsse er sich halt bedecken. Herwig Neumann sagt auch, dass oben ohne früher ganz normal gewesen sei. Außerdem sei das Gelände in Trebgast sieben Hektar groß, „da findet jeder seinen Platz“. Am Badesee herrsche ein gutes Miteinander, da achte man schon darauf, dass es passt.

Schließlich verweist auch Bürgermeister Roland Wolfrum auf die Badeordnung des Stadtsteinacher Freibades. Er schiebt auch gleich hinterher, dass die Badeordnung aus dem Jahr 1974 stammt. Wörtlich heißt es dort: „Die Badekleidung muss den allgemeinen Begriffen von Sitte und Anstand entsprechen, das Nacktbaden ist nicht gestattet.“ Roland Wolfrum bezeichnet diese Formulierung als „sehr salomonisch für das Jahr 1974“. Nacktbaden sei also definitiv verboten. Aber alles andere müsse „nur“ den Begriffen von Sitte und Anstand entsprechend. Der Bürgermeister: „Die Deutung von Sitte und Anstand könnte sich ja von 1974 bis 2023 durchaus auch gewandelt haben………“.

Das Thema oben ohne sei in Stadtsteinach nach seiner Kenntnis bis jetzt noch nie in der öffentlichen Diskussion in Stadtsteinach aufgekommen. Er habe rund um die Beckenbereichen auch noch nie eine Frau gesehen, die sich hier oben ohne aufgehalten hat, beziehungsweise oben ohne geschwommen ist. Auf den Liegewiesen beim Sonnenbaden komme es schon vor, dass sich Frauen auch mal dem Oberteil entledigen, um sich streifenfrei zu bräunen. Auf Grund dessen habe es aber noch nie irgendwelche Beschwerden gegeben. Schmunzeln fügt er hinzu: „Ich denke solch ein Anblick ist wahrscheinlich ästhetischer als der Anblick von so manchem nackten männlichen Oberkörper“. Außerdem widerspreche dies nach seinem Ermessen auch nicht „Sitte und Anstand“. Deswegen sehe er diesbezüglich auch keinen Anlass, die Badeordnung zu ändern.

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26.05.2023

Drei Landkreise, zwei Achsen, ein Konzept / Campus-Linie Bayreuth-Thurnau-Kulmbach-Kronach geht am 1. Juni an den Start

Kulmbach. Eine neue Buslinie verbindet ab 1. Juni die Hochschulstandorte und -einrichtungen Bayreuth, Thurnau, Kulmbach und Kronach. Bei der Bekanntgabe des neuen Angebots am Freitag in den Räumen der neuen Fakultät kannte der Jubel über die Campus-Linie kaum Grenzen: Von einer „bahnbrechenden Entwicklung“ war die Rede, einem „Meilenstein im Öffentlichen Personennahverkehr“, von einem „Musterbeispiel mit überregionaler Bedeutung“ und von einer „riesengroßer Geschichte“. Ganz wichtig: In der Campus-Linie dürfen natürlich nicht nur Studenten mitfahren, sondern alle. Für die Studenten gilt: das Semesterticket wird von Anfang an anerkannt.

Die Campus-Linie steht für die Vertaktung von einzelnen Buslinien und für die Integration von Nahverkehrskonzepten der Landkreise Bayreuth, Kronach und Kulmbach zu einem landkreisübergreifenden, oberfränkischen ÖPNV-Konzept. Es fußt auf einem Stundentakt zwischen Kulmbach und Bayreuth, der zwischen Bayreuth und Neudrossenfeld zu einem 30-Minutentakt verstärkt wird. In Neudrossenfeld wird ein zweistündiges Angebot nach und von Thurnau angedockt, das Anschlüsse nach Bayreuth und Kulmbach hat.

Das Konzept der Campus-Linie wird in zwei Stufen umgesetzt. Mit dem Zwei-Stundentakt zwischen Kronach und Kulmbach, beziehungsweise zwischen Neudrossenfeld und Thurnau werden die bestehenden Achsen erweitert und ergänzt. Die zweite Stufe erfolgt mit dem Beitritt der Landkreise Kronach und Kulmbach zum Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) am 1. Januar 2024. Dann werden viele der neuen Verbindungen in umsteigefreie Fahrten zwischen Bayreuth, Kulmbach und Kronach umgewandelt.

Für Landrat Klaus Peter Söllner bietet die Campus-Linie eine ganze Reihe von Vorteilen. Vor allem sieht er eine Verbesserung des Angebots und kürzere Reisezeiten für den Schüler-, Berufs- und Versorgungsverkehr durch das erweiterte, abgestimmte und getaktete ÖPNV-Konzept auf der ganzen Linie. Erstmalig würden die Hochschulstandorte miteinander verknüpft und damit ein Angebot geschaffen für Studenten, Mitarbeiter, Dozenten und Fachbesucher. Außerdem bedeutet die Eröffnung nach den Worten des Landrats eine fahrplan- und erschließungstechnische Ergänzung zur Bahnlinie, eine Verknüpfung mit den jeweiligen Stadtbussen in Bayreuth und Kulmbach. „Die Campus-Linie stellt eine sehr gute Lösung für die Mitte Oberfrankens dar“, so Landrat Söllner.

Die Campus-Linie setze ein ganz starkes Zeichen, sagte der Bayreuther Landrat Florian Wiedemann. Sein Landratskollege aus Kronach, Klaus Löffler, ergänzte: „Diese Busverbindung halte ich für eminent wichtig, unsere Universitäts-, beziehungsweise Hochschulstandorte erfahren dadurch eine bedeutsame Verknüpfung und gegenseitige Stärkung.“

Groß war die Freude auch bei den Verantwortlichen der Universität: „Unsere drei Standorte Bayreuth, Kulmbach und Thurnau erhalten mit der neuen Campus-Linie eine wesentlich bessere Busverbindung“, so Kanzlerin Nicole Kaiser. Janin Henkel-Oberländer, die Dekanin der 7. Fakultät in Kulmbach, sagte, dass der Austausch zwischen Bayreuth und Kulmbach für den Campus in Kulmbach ganz besonders wichtig sei, da hier zum kommenden Wintersemester 300 Studenten erwartet würden.

Konkret gibt es künftig auf der Hauptachse Bayreuth-Neudrossenfeld-Kulmbach einen Stundentakt zwischen Kulmbach und Bayreuth, der zwischen Neudrossenfeld und Bayreuth zu einem 30-Minuten-Takt verdichtet wird. Das Angebot wird von Montag bis Freitag zwischen 5 und 19 Uhr vorgehalten. Samstag gibt es einen Zwei-Stunden Takt, Sonntag einen Vier-Stunden-Takt.

An die Hauptachse dockt in Neudrossenfeld die Teillinie Neudrossenfeld-Thurnau-Kasendorf im Zwei-Stunden-Takt an. Was die Teillinie Kulmbach-Kronach betrifft, so gibt es zunächst erst einmal nur ein Fahrtenpaar, bei allen anderen Fahrten ist ein Umstieg in Weißenbrunn vorgesehen. Erst ab 1. Januar mit dem VGN-Beitritt entfällt der Umstieg und die Fahrten können durchgehend angeboten werden.

Die unternehmerische Durchführung des Campus-Konzeptes übernimmt die Omnibusverkehr Franken GmbH (OVF) als Konzessionsinhaber.

Bild: Für alle Beteiligten ist der Start der Campus-Kinie ein Meilenstein im ÖPNV (von links): Bürgermeister Frank Wilzok, der Kronacher Landrat Klaus Löffler, die Heinersreuther Bürgermeisterin Simone Kirschner, der Kulmbacher Landrat Klaus Peter Söllner, der Bayreuther Landrat Florian Wiedemann, Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, 2. Bürgermeister Veit Pöhlmann aus Thurnau, der Neudrossenfelder Bürgermeister Harald Hübner, die Derkanin der 7. Fakultät Janin Henkel-Oberländer und Uni-Kanzlerin Nicole Kaiser.

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25.05.2023

„Im Zentrum stand das Wasser einen Meter hoch“ / Städterpartnerschaftsvorsitzende Alessandra Montanari über die Überschwemmungskatastrophe von Lugo

Lugo/Kulmbach. Die norditalienische Region Emilia-Romagna kommt nach den teils dramatischen Überschwemmungen nur langsam wieder zur Ruhe. Mittendrin: Kulmbachs Partnerstadt Lugo, die mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe schwer zu kämpfen hat. Auch in Lugo machen Hochwasser und Erdrutsche den Menschen weiter zu schaffen. Trotz der schwierigen Umstände ist es gelungen, mit Alessandra Montanari, der Vorsitzenden des Städtepartnerschaftsvereins, in Kontakt zu treten.

Anfang Mai hätten die Überschwemmungen zunächst nur die Nachbargemeinden getroffen. Erst Mitte Mai hätten dann weitere tagelang anhaltende Regenfälle auch im Apennin zu Überschwemmungen und zu Brüchen der Ufer verschiedener Flüsse geführt, berichtet Allessandra Montanari. Die Besorgnis sei groß gewesen, weil sämtliche Flüsse überschwemmt waren und drohten, über die Ufer zu treten. „Obwohl wir wussten, dass es zu einer Überschwemmung kommen könnte, hofften wir das alle nicht.“

Die Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins wohnt sogar in einem von der Flut betroffenen Stadtteil. Auch bei ihr und in der Nachbarschaft sei die Warnung angekommen, das Wasser stand schließlich etwa 30 Zentimeter hoch auf der Straße, sei aber glücklicherweise nicht in das Haus eingedrungen. Alessandra Montanari habe ihre Wohnung deshalb auch nicht verlassen müssen. Die getroffenen Vorsichtsmaßnahmen hätten verhindert, dass Wasser eindringen konnte.

Trotzdem sei das Hochwasser der Flüsse Senio und Santerno in der Stadt angekommen. Das Wasser habe auf seinem Weg bereits andere Gemeinden vor Lugo überschwemmt, dazu kam dann das Wasser des Emiliano-Romagnolo-Kanals und so wurde auch das Zentrum von Lugo überschwemmt. Alessandra Montanari berichtet von Wasserständen im Zentrum von sogar über einem Meter.

Entlang der Straße, wo sich der Hauptsitz des „Vereins für Städtepartnerschaften und internationale Beziehungen 'Adriano Guerrini' APS" befindet, habe das Wasser immerhin 40 Zentimeter hoch gestanden. Es sei auch in die dortigen Räume eingedrungen. „Aber zum Glück nicht so sehr, so dass nur ein Teil der Bücher oder Broschüren unbrauchbar wurde, das meiste davon aber gerettet werden konnte. „Ein sehr geringer Schaden im Vergleich zu denen, die alles, was sie hatten, wegwerfen mussten.“

Nach den Worten der Vorsitzenden wurden in Lugo das erst im Mai 2022 wiedereingeweihte Teatro Rossini, die „Bibliothek F. Trisi“, einige Gemeindeämter, sämtliche Schulen vom Kindergarten bis zum Gymnasium sowie viele Häuser überflutet. Das Ausmaß des Schadens werde freilich erst ersichtlich sein, wenn alles kontrolliert werden kann. Viele Menschen seien noch immer nicht in ihren Häusern zurück. Insgesamt seien 18 Gemeinden der Provinz Ravenna von der Überschwemmung betroffen.

Sie selbst bekomme keine Hilfe, weil sie auch keine Hilfe benötige, sagt Alessandra Montanari. Aber die Bürger hätten Medikamente und Lebensmittel erhalten und würden sie auch immer noch durch Freiwillige, Katastrophenschutz, Feuerwehrleute, sowie von der Armee bekommen. Viele Freiwillige, viele junge Menschen, sowie Hilfsteams seien aus vielen italienischen Regionen angereist.  

Dort, wo das Wasser verschwunden war, hätten alle sofort angefangen, alles zu reinigen, um so schnell wie möglich zum normalen Leben zurückkehren zu können, Am Mittwoch sei sogar schon die Malerbi-Musikschule wieder geöffnet worden, am Donnerstag hätten in Lugo alle Schulen mit Ausnahme eines einzigen Kindergartens wieder geöffnet.

Die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins wusste auch, dass in Kulmbach eine Spendenaktion eröffnet wurde, um Lugo zu helfen: „Vielen Dank dafür“, so Alessandra Montanari. „Die Freundschaft zwischen unseren beiden Städten ist tief und aufrichtig, nächstes Jahr jährt sich die Unterzeichnung des Partnerschaftspakts zum 50. Mal, ich kann es kaum erwarten, ihn mit Ihnen allen zu feiern!“

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12.05.2023

Schulen nach Corona: „Die Herausforderungen haben uns enger zusammengebracht“

Kulmbach. Maskenpflicht, Tests, Abstandsregeln, Schulschließungen: das alles gehört längst weder der Vergangenheit an. Die Schulen kämpfen aber noch immer mit den Folgen der Corona-Maßnahmen. Das hat auch eine Befragung des Deutschen Schulbarometers der Robert-Bosch-Stiftung deutlich gemacht. Demnach sehen 35 Prozent der Schulleitungen in Deutschland Lernrückstände bei den Schülern. Jede zweite befragte Schulleitung gibt an, dass die Angebote der Sozialarbeit und der Schulpsychologie für den Unterstützungsbedarf der Schüler nicht ausreicht. Wie ist die Situation vor Ort? Wie haben sich die Herausforderungen für die Schulen und die Auswirkungen der Pandemie auf die Schülern verändert?

„Meines Erachtens ist derzeit Corona nicht mehr das Thema in den Schulen“, sagt Schulamtsdirektorin Kerstin Zapf vom Staatlichen Schulamt im Landkreis Kulmbach. Zu Beginn der Pandemie habe man von Seiten des Schulamtes feststellen können, dass sich die Schulen intensiv und konsequent mit dem Bereich Digitalisierung auseinandergesetzt haben. Kommunikationsstrukturen seien in den Schulen optimiert und digital angegangen worden.

Von Seiten des Staatsministeriums hätten die Schulämter im Rahmen von „gemeinsam.Brücken.bauen“, ein Förderprogramm zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile für Schüler, die Möglichkeit erhalten, Unterstützungskräfte einzustellen, um die Schüler gezielt bei möglichen Lernrückständen zu unterstützen. „In diesem Zusammenhang haben wir tatsächlich sehr viele Kräfte gewinnen und einstellen können“, so Kerstin Zapf. Sie leisteten an den Schulen eine wertvolle Arbeit. Auch im kommenden Schuljahr werde „gemeinsam.Brücken.bauen“ weiterhin von Seiten des Ministeriums ermöglicht.

Kerstin Zapf sagt aber auch, dass in Zeiten der Pandemie aufgrund von Kontaktbeschränkungen und Abstandsregelungen die sozialen Kontakte der Kinder kaum mehr vorhanden gewesen seien. „Daher gilt es für mich, im Rahmen der Förderung nicht nur die Kernfächer wie Mathematik oder Deutsch in den Blick zu nehmen, sondern auch den Fokus auf die Vermittlung von sozialen Kompetenzen zu legen.“

„Corona hat alle Bereiche des Lebens geändert und bis heute nachhaltig beeinflusst.“ Das sagt Horst Pfadenhauer, Schulleiter am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium. Bestes Beispiel dafür sei das Abitur, das auch heuer noch einen Corona-Zeitzuschlag für die Prüflinge beinhaltet habe. Auch in der Unterstufe gebe es noch die „Corona-Zuschläge“ über das Lehrerbudget, wo in einigen Hauptfächern Klassenteilungen, also kleine Lerngruppen, gemachte werden konnten. „Die Hilfspakete greifen nach wie vor und sind auch sehr wichtig.“

Lernrückstände seien feststellbar, aber Schüler und Lehrer arbeiteten daran, diese entsprechend aufzuholen oder abzufedern. Das sei bei den Aufgabenstellungen, den Prüfungsformaten und den Lerneinheiten so. „Konkret heißt es, dass verstärkt gerade im Bereich der Fremdsprachenklassen, die in der Unterstufe von der Coronazeit und dem Distanzunterricht betroffen waren, zusätzliche Übungsmodule über die Fachlehrkräfte eingebaut werden“, so Horst Pfadenhauer.

Nicht gelitten hat seinen Worten zufolge die Schulgemeinschaft. Genau das Gegenteil sei der Fall gewesen. „Die Herausforderungen haben uns enger zusammengebracht. Das kann ich gerade im Kollegium feststellen, wo jeder für den anderen einsteht, wo zum Teil bezüglich der digitalen Umschaltung eine ungeheure Arbeitsleistung stattgefunden hat.“ Jetzt nach Corona pulsiere die Rückkehr zum normalen Schülerleben wieder in einem ganz anderen positiven Bewusstsein, was sich durch eine sehr große Vielzahl von Aktivitäten ablesen lässt, die in dieser Form vor Corona so nicht dagewesen sind.

Der MGF-Schulleiter spricht auch von einem großen Schub in Richtung Digitalisierung, aber auch von einem geänderten Bewusstsein, dass vieles, was vor Corona als selbstverständlich angesehen wurde, einen anderen positiven Stellenwert gewonnen hat.

Zum Glück sei heute nicht mehr so viel anders als vor drei Jahren, meint Diana Wende, Kulmbacher Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV). „Pandemiebedingte Einschränkungen gibt es zum Glück auch im schulischen Bereich nicht mehr.“ Die Pandemie sei aber an den Schülern nicht spurlos vorbeigegangen. Soziale Kontakte mussten und müssen sich erst wieder aufbauen.

Kinder, die in der Pandemie einen Großteil ihrer Zeit zum Beispiel mit „Zocken“ verbracht haben, hätten immer noch Probleme, einem geregelten Schulalltag nachzukommen. Kinder, die Schwierigkeiten beim Selbststudium beziehungsweise beim eigenverantwortlichen Lernen haben oder jene, die weniger Unterstützung seitens der Eltern erfahren konnten, seien immer noch die Verlierer der Pandemie. Programme wie „gemeinsam.Brücken.bauen“ sollen den Defiziten entgegenwirken. Doch Sozial- und Arbeitsmethoden müssten oft neu erlernt werden.

Einen großen Schritt nach vorne gemacht hat nach den Worten der BLLV-Kreisvorsitzenden allerdings die Digitalisierung. Da Home Schooling zur Selbstverständlichkeit geworden sei, habe man aus der Not heraus erkannt, dass die Ausstattung und die Möglichkeiten, Schüler digital zu begleiten, noch in den Kinderschuhen steckte. Mittlerweile tue sich in diesem Bereich einiges. Die „Digitale Schule der Zukunft“ bezeichnet Diana Wende eine große Möglichkeit, auch die Schulen auf einen akzeptablen aktuellen Stand zu bringen.

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03.05.2023

Mehr Verkehr, mehr Konzentration, mehre Prüfungsfragen / Warum so viele jungen Leute den Führerschein nicht schaffen

Kulmbach. Immer häufiger scheitern junge Leute an der Führerschein-Prüfung. Wenn die Zahlen in Kulmbach auch scheinbar gar nicht so dramatisch sind, so stellen die Fahrlehrer auch hier Defizite fest. Woran liegt das und was kann man dagegen unternehmen.

„Der Verkehr ist einfach komplizierter geworden“, sagt Ralf Merkel, Kreisvorsitzender des Bayerischen Fahrlehrerverbandes. Gegenüber den 1980er Jahren habe sich das Verkehrsaufkommen mindestens verdoppelt, wenn nicht verdreifacht. Dazu kommt, dass sowohl die theoretische, als auch die praktische Prüfung langwieriger, teurer und komplizierter geworden seien. In der Theorie gebe es beispielsweise keine Papierbögen mehr. Gelernt werde per App, geprüft am Laptop. „Wenn das Lernen per Handy auch zeitgerecht sein mag, der Lernerfolg ist nicht immer der Gleiche“, so Ralf Merkel. Er spricht von einer anderen Art des Lernens, die nicht unbedingt besser sei.

Dazu kommt, dass die Lernbereitschaft allgemein nachgelassen habe. „Das Quälen für den Führerschein, das gibt es kaum noch.“ Viele jungen Leute brächten überhaupt keine Vorkenntnisse mehr mit. Teilweise müsse man ihnen die Verkehrsregeln beibringen. Wobei Ralf Merkel nicht verhehlt, dass die Eltern manchmal auch ein schlechtes Vorbild abgeben.

Schuld an der Tatsache, dass viele die Prüfung nicht schaffen sei nicht zuletzt die Sprachbarriere. Es gebe zwar die Möglichkeit, die theoretische Prüfung in der jeweiligen Landessprache zu machen, der Unterricht finde aber auf Deutsch statt. Auch hier müsse man halt Lernbereitschaft an den Tag legen, aber daran mangelt es leider viel zu oft.

Harald Ködel von der gleichnamigen Fahrschule mit Sitz in Kulmbach bestätigt, dass die Zahlen derjenigen, die nicht bestehen, aufgrund der Theorieprüfung während der zurückliegenden Jahre relativ nach oben gegangen sind.  Der Fahrlehrer bestätigt auch, dass die Sprachbarriere ein großes Problem ist. Viele, vor allem Flüchtlinge, beherrschten die deutsche Sprache überhaupt nicht, ein entsprechender Deutschkurs sei aber vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben.

Problem seien dabei häufig gar nicht die Fahranfänger, sondern die „Umschreiber“, also Personen, die schon einen ausländischen Führerschein besitzen und ihn nach sechs Monaten umschreiben lassen, was der Gesetzgeber so vorsieht. Dieser Personenkreis müsse hierzulande nicht mehr in den Theorieunterricht. Eine der Forderungen ist denn auch die nach einem verpflichtenden Deutschkurs vor der Führerscheinprüfung, eine andere Forderung ist der verpflichtende Theoriebesuch für „Umschreiber“.

Als weiteren Grund für die gestiegene Zahl an Personen, die durch die Führerscheinprüfung fallen, nennt Ködel die immens angestiegene Zahl an Prüfungsfragen. Waren es vor rund 40 Jahren noch rund 350 Fragen, seien es mittlerweile 1181. Eine Zahl, die der Fahrlehrer als „übertrieben hoch“ bezeichnet. Es seien einfach jedes Jahr mehr Fragen dazugekommen. Gerade Fahranfänger seien in der Schule sehr eingespannt, da bleibe das Lernen für die theoretische Führerscheinprüfung häufig auf der Strecke. Harald Ködel muss außerdem feststellen, dass viele Schüler mit Leseschwierigkeiten zu ihm kämen.

Auch in der Praxis seien die „Umschreiber“ überdurchschnittlich häufig betroffen, denn dieser Personenkreis müsse keine Fahrstunden mehr nehmen, sondern könne sich direkt zur Prüfung anmelden. Als weiteren Grund nennt der Fahrlehrer die Tatsache, dass die praktische Prüfung auf 55 Minuten verlängert wurde. Das mache manchem schon zu schaffen. Schließlich beklagt Harald Ködel genauso wie Ralf Merkel die mangelnde Unterstützung aus dem Elternhaus. Simple Verkehrsregeln sein manchmal völlig unbekannt. Eltern sollten das richtige Verhalten im Verkehr einfach mal vormachen.

Insgesamt sieht Harald Ködel die Situation aber dennoch nicht ganz so dramatisch. An seiner Fahrschule hätten im zurückliegenden Jahr fast 87 Prozent aller Prüflinge auch bestanden. Das sei nicht einmal so schlecht, auch wenn die Zahl in früheren Jahren noch etwas besser gewesen sei.

Marcel Bär, Geschäftsführer von Henning´s Fahrschule in Mainleus, bestätigt ebenfalls, dass die Durchfallquote höher geworden ist und nennt annähernd die gleichen Gründe dafür, wie seine Kollegen. Vor allem die Theorie mache vielen zu schaffen. Bei der praktischen Prüfung entscheide der Fahrlehrer mit, wann es zur Prüfung kommt. Bei der Theorie dagegen, entscheide der Schüler alleine und dabei überschätze sich wohl der eine oder andere.

Sicherlich sei aber auch ein Punkt der, dass die Prüfung anspruchsvoller geworden sei. „Man verlangt dem Schüler auch mehr ab“, so Marcel Bär. Das gelte sowohl für die Theorie als auch für die Praxis. Der Fahrlehrer bestätigt, dass ein Grund für die höhere Durchfallquote die Tatsache ist, dass viele Menschen der deutschen Sprache nicht so ganz mächtig seien. „Die groß Zahl der Geflüchteten trägt sicher mit zur Statistik bei.“ Aufgrund der Sprachbarriere sei es logischerweise so, dass mehr Prüflinge nicht bestehen. Außerdem seien die Fragen heute auch anders gestellt. Da gehe es mittlerweile mehr darum, Zusammenhänge zu verstehen. Das heißt: Man könne nur dann antworten, wenn man auch den Hintergrund begriffen hat.

Marcel Bär sagt aber auch: „Unser Job ist es letztlich, zu motivieren, und das versuchen wir auch so gut es geht. Unser Ziel ist es schon immer, die möglichst beste Qualität zu liefern, auch vor dem Hintergrund, dass ein Führerschein natürlich bezahlbar bleiben soll.“ Gleichzeitig gebe es wohl kaum eine Branche in der gute Qualität schwerer zu erkennen und zu messen ist als im Fahrschulwesen. Dem Geschäftsführer zufolge gehört zu all dem auch ein motivierter Fahrschüler. Das zeigten vor allem die Unterschiede zwischen den Führerscheinklassen. Während die Durchfallquoten im Pkw Bereich recht hoch liegen, seien sie im Motorrad Bereich sehr niedrig. Was in den meisten Fällen schlicht mit einer höheren Motivation zu erklären ist: „Es geht dort eben auch um Hobby und Freizeit und nicht nur um das Thema Fortbewegung.“

Bild: „Ohne Prüfung geht es nicht“: Ralf Merkel, Kreisvorsitzender des Bayerischen Fahrlehrerverbandes.

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21.04.2023

Menschen helfen Menschen / Fünf Jahre J.A.Z.: Der Verein „Jung und Alt zusammen“ sucht händeringend Helfer

Bayreuth. Wenn es diesen Verein nicht gäbe, dann müsste er erfunden werden: J.A.Z. heißt der Zusammenschluss, der nichts mit Musik, dafür aber viel mit Menschlichkeit zu tun hat. In diesen Tagen feiert der gemeinnützige Verein sein fünfjähriges Bestehen. J.A.Z. steht für „Jung und Alt zusammen“. Die Idee, die dahinter steckt, ist, dass jüngere Leute älteren Leuten Hilfestellungen in vielen Lebenslagen anbieten.

„Das kann etwa die Begleitung zum Arzttermin, zum Einkaufen oder zu einer Behörde sein, ebenso wie Handgriffe im Haushalt oder Garten oder einfach nur miteinander Spazierengehen und Zuhören“, erklärt Gerhard Krug (72), pensionierter Berufsschullehrer und Vorsitzender von J.A.Z. Er sei selbst erschrocken über den Erfolg sagt er, und ist überwältigt vom Zuspruch, den er uns seine Mitstreiter erfahren. „Insgesamt haben wir 1220 Mitglieder, im Wesentlichen aus Bayreuth Stadt und Land“, so Monika Helgert, Büroleiterin und eine von zwei hauptamtlichen Mitarbeitern.

Die 97-Jährige Erna H. beispielsweise ist körperlich noch einigermaßen fit. Allein einkaufen gehen, das traut sie sich allerdings nicht mehr. Da holt sie einer der Helfer ab und geht mit ihr ins Kaufhaus shoppen. Oder Sieglinde B.: Sie ist seit Jahren auf den Rollstuhl angewiesen, möchte sich aber trotzdem nicht zuhause verkriechen. Auch hier kommt wieder der J.A.Z.-Helfer ins Spiel. Er holt sie einmal in der Woche ab und macht mit ihr einen Stadtrundgang. Viele derartigen Beispiele könnte man noch aufzählen. Auch Christa Dlugosch: Die 85-Jährige ist zwar noch absolut fit, begrüßt es aber dann doch, wenn sie Hannelore Becker jeden Freitagvormittag abholt und mit ihr zusammen die Einkäufe erledigt. Gemeinsam ist allen, dass Menschen ihren Mitmenschen helfen, und zwar freiwillig. Eine Verpflichtung gibt es nicht. Jedes Mitglied kann im Verein Dienste anbieten oder beanspruchen, so steht es in der Satzung.

Zunächst hatte alles mit einem Tauschring „Zeit gegen Zeit“ begonnen, doch das hat nicht funktioniert. Also gründete man den Verein und stellte ihn auf eine genossenschaftliche Grundlage. Das heißt, Helfer und Hilfesuchende müssen Mitglieder sein. Vom Bayerischen Sozialministerium wurde J.A.Z mit einer Anschubfinanzierung gefördert, seitdem trägt sich der Verein selbst. Neun Euro Aufwandsentschädigung werden für eine Stunde Hilfe fällig, sieben Euro davon bekommt der Helfer, zwei Euro gehen in die Vereinskasse. Seit dem vergangenen Jahr ist auch eine Abrechnung über die Pflegekassen möglich. Dann werden 15 Euro pro Stunde erstattet, elf Euro davon bekommt der Helfer vier der Verein. Die Jahresmitgliedschaft kostet 30 Euro.

Immer wieder nachgefragt würden auch Hilfeleistungen wie etwa das Erledigen von Besorgungen, Gassi gehen mit dem Hund, die Versorgung von Tieren im Krankheitsfall, die Grabpfleger, die Begleitung bei Kirchgängen oder eine Vorlesestunde. „Alles, was ein älterer Mensch nicht mehr alleine machen kann“, so Gerhard Krug. Die Grenze sei immer dort zu ziehen, wo der Helfer einem professionellen Dienstleister Konkurrenz machen würde. „Einen Garten legen wir nicht an und die Putzfrau können wir auch nicht ersetzen“. Pflegeleistungen schein ohnehin aus und auch das Streichen eines Jägerzauns sei nicht im Sinne von „Jung und Alt zusammen“.

Monika Helgerts Worten zufolge werden aktuell 600 Stunden pro Monat mit steigender Tendenz vermittelt. Deshalb sucht der Verein auch händeringend nach weiteren Helfern. „Wir müssen schon aufpassen, dass wir nicht zu alterslastig werden, denn dann könnten wir ja unser Hilfsangebot nicht aufrechterhalten.“  Vor allem über jüngere Leute würden man sich freuen. Allerdings bemerke man schon auch, dass es viele Menschen ablehnen, Verantwortung zu übernehmen. Was die Büroleiterin und der Vorsitzende immer mehr feststellen ist, dass die Einsamkeit im Alter zunimmt. Es sei schon erschreckend, welche Erfahrungen manchmal an einen herangetragen werden.

J.A.Z legt aber auch Wert auf ein gutes Miteinander zwischen Mitgliedern, So gibt es regelmäßige Treffen, alle zwei Monate wird ein Newsletter verschickt, in den Sommermonaten gibt es einen Boule-Spiel-Kreis, Referenten berichten immer wieder über Themen wie „Vorsorgevollmachten“, sogar Busausflüge habe man schon zusammen gemacht. Das alles gehe jetzt, nach Corona, erst zögerlich wieder los.

Ein wenig verärgert ist man bei J.A.Z., dass die Fahrten der Helfer mit dem Privat-Pkw nicht erstattet werden können. „Wir haben alles unternommen, aber da gibt es rechtlich keine Möglichkeit, sagt Gerhard Krug. Hoch erfreut ist er dagegen, dass sowohl die Stadt als auch der Landkreis Bayreuth mittlerweile nicht nur die Flyer auslegen, sondern auch über ihre Seniorenämter für den Verein werden. Auch die Kliniken rufen mittlerweile an, wenn sie ältere Menschen entlassen, die niemanden haben.

Bilder:
1.
 Ein selbstbestimmtes Leben in gewohnter Umgebung vermitteln: Büroleiterin Monika Helgert und Vorsitzender Gerhard Krug organisieren Hilfeleistungen für alle möglichen Lebensbereiche.
2.
 Helferin Hannelore Becker holt Christa Dlugosch in ihrer Wohnung ab. Nun werden gemeinsam die Einkäufe erledigt.

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18.03.2023

Nicht nur reden, sondern aktiv werden / Silke Kreß engagiert sich für Frauen mit Brustkrebs und gründete eine Selbsthilfegruppe für Betroffene

Kulmbach. Jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Trotzdem ist das Thema noch nicht so recht in der Öffentlichkeit angekommen. Silke Kreß möchte das ändern. Seit Jahren tritt die frühere OP-Schwester und jetzige Ergotherapeutin mit Texten und Fotos an die Öffentlichkeit, ermutigt betroffene Frauen, darüber zu sprechen, spricht bei Veranstaltungen zum Thema Brustkrebs und klärt unermüdlich auf. 2019 gründete sie eine Selbsthilfegruppe. Für ihr langjähriges  Engagement wurde sie vor wenigen Wochen vom bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek mit dem „Weißen Engel“ ausgezeichnet. Eine Ehrung, die an beispielgebende Personen verliehen wird, die sich im Gesundheit- oder Pflegebereich ehrenamtlich engagiert haben.

Silke Kreß ist selbst Betroffene und geht damit ganz offensiv an die Öffentlichkeit. Vor etwa 20 Jahren hat die heute 52-Jährige zum ersten Mal die Diagnose bekommen. Bis dahin habe sie geglaubt, Brustkrebs sei eigentlich eine Erkrankung, die hauptsächlich ältere Menschen betrifft. Wirklich darüber gesprochen habe damals kein Mensch. Zehn Jahre nach der erfolgreichen Behandlung dann zum zweiten Mal die Diagnose. Wie beim ersten Mal selbst ertastet, denn Vorsorgeuntersuchungen gibt es regulär erst ab dem 50. Lebensjahr. „Ich wusste ja jetzt, was auf mich zukommt da war ich schon ziemlich am Boden“, erinnert sie sich heute.

Doch anstatt sich im stillen Kämmerlein zu vergraben, wurde Silke Kreß aktiv. Sie begann ein Tagebuch zu schreiben, ließ sich fotografieren, auch in Zeiten der Chemotherapie, als die Haare immer weniger wurden. Das Projekt, das daraus entstand nannte sich „Das Leben hat keinen Plan“ und startete mit einer Ausstellung zum Thema im Kulmbacher Landratsamt. Die Schau wurde daraufhin auch an anderen Orten in ganz Bayern gezeigt.

2019 dann die Gründung der Selbsthilfegruppe mit zunächst zwei bis drei weiteren Betroffenen. Eine eigene Gruppe für Brustkrebspatientinnen gab es bis dahin noch nicht in Kulmbach. „Derzeit sind wir zehn fest im Leben stehende Frauen“, sagt Silke Kreß. Wer nun glaubt, die Damen im Alter zwischen 35 und 65 säßen im Stuhlkreis zusammen, spielten mit Ball und jammerten sich gegenseitig etwas vor, der täuscht sich gewaltig. Silke Kreß berichtet vom jüngsten Besuch in der Sauna der Lohengrin-Therme „mit den Mädels“. Obwohl bei einigen von Ihnen die Narben noch deutlich zu sehen gewesen seien, hätten andere Besucher geglaubt, es handle sich um einen Junggesellenabschied.

„Wir genießen das“, so Silke Kreß. „Unsere positive Lebenseinstellung soll sichtbar werden. Schließlich stehe man doch mitten im Leben. Fester Treffpunkt ist einmal pro Monat, jeden Mittwoch vor dem 20. im kroatischen Restaurant Konoba in der Hans-Herold-Straße. Dort werden dann weitere Unternehmungen vereinbart. „Wir wollen nicht nur reden, sondern aktiv werden.“ Unterstützung erfährt die Gruppe unter anderem durch die psychoonkologische Abteilung des Klinikums, die betroffene Frauen auf die Gruppe aufmerksam macht.

Die Selbsthilfegruppe wurde unter dem Dach des gemeinnützigen Zusammenschlusses Pink Ribbon gegründet. Pink Ribbon bedeutet „Rosa Schleife“ und meint das internationales Symbol für die Solidarität mit Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind. Dabei geht es ausschließlich um die ehrenamtliche Unterstützung von betroffenen Frauen (und auch Männern) bei der Diagnose Brustkrebs.

Unter dem Motto „Dem Leben entgegen“ gab es 2020 erneut ein Ausstellungsprojekt, das sogar in Buchform erhältlich ist. Wir haben unser eigenes Buch mit vielen Bilder und wunderbaren Texten erstellt. Damit wollen wir zeigen wie wichtig es ist, an seinen Träumen festzuhalten und das zu verwirklichen was einen bewegt“, sagt Silke Kreß. Die Ausstellung war unter anderem im Kulmbacher Turbinenhaus zu sehen, aber auch schon in Kronach und im sächsischen Stollberg, dem Geburtsort von Silke Kreß.

Ihr sei ganz besonders wichtig, dass die Eigenverantwortung im Vordergrund steht. Silke Kreß rührt dabei immer wieder die Werbetrommel für die Früherkennung. Auch in die Schulen sollte das Thema getragen werden, denn die Diagnose betreffe immer häufiger auch junge Leute.

Bei vielen öffentlichen Veranstaltungen hat Silke Kreß bereits von ihrer Geschichte berichtet. Erst jüngst wieder auf einem Kongress in Berlin. „Man lernt mit dem Thema umzugehen“, sagt sie und will vor allem eines: Mut machen. Dazu könne die Gruppe ruhig noch etwas wachsen.

Ganz wichtig sei es, dass die Familie hinter einem steht, sagt Silke Kress. Wenn man niemanden hat, dann sei das schon sehr schwierig. Sie selbst ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Silke Kreß hat es geschafft, das Thema an die Öffentlichkeit zu tragen. Das beweist nicht nur die jüngste Auszeichnung mit dem „Weißen Engel“ durch das Gesundheitsministerium, sondern unter anderem auch eine Einladung zum Sommerfest des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck 2016 und zum Neujahrsempfang des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder 2020.

Bild: Selbstbewusst und mitten im Leben stehend: Silke Kreß, wie sie auf einem Foto der Ausstellung „Dem Leben entgegen“ zu sehen ist.
Foto: Karin Dietzel

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09.02.2023

Denkmäler im Dunkeln / Keine Einsparungen bei der Straßenbeleuchtung – LED-Umrüstung soll fortgesetzt werden

Kulmbach. Seit September gilt die Energiespar-Verordnung der Bundesregierung für öffentliche Gebäude. Doch längst nicht überall werden die Stecker gezogen. In der Verordnung, die vorerst bis Ende Februar dauert, ist dem Deutschen Städte und Gemeindebund zufolge lediglich verbindlich geregelt, dass grundsätzlich Geschäfte nach 22 Uhr nicht mehr beleuchtet sein sollen. Aber auch mit der Ausnahme, dass man das aus Sicherheitsgründen anders handhaben kann. In der Regel obliegt es den Gemeinden, wie die Verordnung gehandhabt wird. Dabei spiele besonders die Frage der gefühlten Sicherheit eine Rolle, so der Handelsverband in einer Mitteilung. Je mehr Lichtquellen es gibt desto wohler und sicherer fühlten sich die Menschen. Wie geht man in Kulmbach mit dem Thema um:

Seit September seien alle Gebäudebeleuchtungen der Stadt Kulmbach außer Betrieb genommen worden, sagt Pressesprecher Jonas Gleich. Dazu zählten das Bauamt, die Volkshochschule, das Rathaus, das Vereinshaus, die Brunnenanlagen, der Rote Turm und der Langheimer Amtshof. Eine Abschaltung der Straßenbeleuchtung in bestimmten Straßenzügen, etwa zwischen 1 und 5 Uhr nachts, komme aus Gründen der Verkehrssicherheit allerdings nicht in Frage.

Was die Umrüstung auf LED-Technik angeht, sei ein Teil der Umrüstung, der nicht förderfähig gewesen sei, im vergangenen Jahr bereits durchgeführt worden. Dabei handelte es sich dem Pressesprecher zufolge um rund 880 Lampen. Die restliche LED-Umrüstung seien von der Stadt noch nicht in Angriff genommen worden, weil es von der entsprechenden Förderstelle noch keine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn gegeben hatte. Diese Zustimmung sei dann im Dezember 2022 gekommen. Aufgrund der vergangenen Zeit seit Stellung des Förderantrags hätten sich die Preise von Bayernwerk,  wie in vielen anderen Bereichen auch, drastisch erhöht und deshalb hätten die überarbeiteten Kosten bei der Förderstelle noch einmal nachgereicht werden müssen. Dies sei im Januar 2023 geschehen.

Die aktualisierten Angebote stünden noch aus. Sobald sie vorliegen, wird Oberbürgermeister Ingo Lehmann die Kostensteigerung als Tagesordnungspunkt auf die nächste Stadtratssitzung setzen, so Jonas Gleich. Sollten die Angebote rechtzeitig bei der Stadt eingehen und der Stadtrat den Mehrkosten zustimmen, werde das Bayernwerk umgehend beauftragt, die LED-Umrüstung für die restlichen Leuchten im Stadtgebiet vorzunehmen, so dass die Einsparungen dann auch noch in diesem Haushaltsjahr greifen werden. Insgesamt handle es sich um rund 3500 Leuchten.

Pressesprecher Jonas Gleich zufolge machen Lampen im öffentlichen Raum rund 50 Prozent der Stromkosten der Stadt aus.

Bild: Ganz werden die Lichter in Kulmbach nicht ausgehen. Was die Beleuchtung öffentlicher Gebäude angeht, so wurde allerdings erst einmal der Stecker gezogen.

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30.01.2023

Schutz vor Hochwasser und ein eigener Kanal für das Abwasser / „Ganz ohne Probleme wird es nicht gehen“: In vier Wochen beginnen die Tiefbauarbeitern am Kirchwehr

Kulmbach. Vier Millionen Baukosten, ein Jahr Vollsperrung: die anstehenden Tiefbauarbeiten am Kirchwehr sind „keine triviale Baumaßnahme“, wie es Werkleiter Stephan Pröschold von den Stadtwerken Kulmbach ausdrückte. Bei der städtischen Informationsveranstaltung am Montagabend war der Konferenzraum der Stadthalle voll besetzt. Für die Anlieger sind noch längst nicht alle Fragen geklärt, doch auch viele andere Kulmbacher werden im kommenden Jahr die Baumaßnahme in irgendeiner Form spüren.

Im Bereich des Kirchwehrs zwischen Oberer Stadt und Röhrenplatz wird ein 80 Meter langer Mischkanal mit einem Durchmesser von 80 Zentimeter neu gebaut. Dazu bekommt der Bereich eine neue, 250 Meter lange Wasserleitung und eine 140 Meter lange, ebenfalls nagelneue Gasleitung. Und wenn man schon einmal dabei ist, alles aufzureißen, wird auch die Straße ausgebaut, das heißt sie bekommt einen völlig neuen Belag, ähnlich wie in der Buchbindergasse.

Der unterirdisch verlaufende Kohlenbach wird, man mag es kaum glauben, teilweise noch immer für die Abwasserentsorgung benutzt. „Eigentlich ein unhaltbarer Zustand“, so der Werkleiter. Das soll sich aber ändern, indem Bach und Abwasser getrennt werden und das Abwasser in einen eigenen Kanal eingebracht werden soll, sagte Stephan Pröschold. Vorrangig geht es allerdings um den Hochwasserschutz, so Oberbürgermeister Ingo Lehmann. Zwar sei man in den zurückliegenden Jahrzehnten vom Hochwasser in der Innenstadt verschont worden, doch in einer Zeit zunehmenden Starkregens müsse dies nicht immer so bleiben.

Größtes Problem für alle Beteiligten ist die Verkehrssituation. Sowohl die Anwohner, als auch der Durchgangsverkehr werden mit erheblichen Problemen rechnen müssen, so der Werkleiter. Seinen Worten zufolge soll die Maßnahme in zwei Abschnitten durchgeführt werden, einmal nach, das andere Mal vor der Auffahrt zum Burgberg. Bis Anfang Juli soll der erste Bauabschnitt, von der Stadt aus nach der Auffahrt zur Burg, fertig sein. Lediglich während der Plassenburg-Open-Airs (11. bis 16. Juli) wird die gesamte Baumaßnahme ruhen.

Die Umleitung zwischen Schießgraben und Oberer Stadt sowie Röhrenplatz und Spiegel erfolgt über den jetzigen Fuß- und Radweg am Weiherdamm zwischen Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium und Oberer Schule. Der angrenzende Bolzplatz, sowie der kleine Parkplatz würden deshalb aktuell zurückgebaut. Schwerverkehr in Richtung, beziehungsweise aus Trebgast wird großflächig über Leuchau umgeleitet. Um gegenläufigen Verkehr zu ermöglichen, wird eine Ampelanlage installiert. „Es kann zu Stauungen kommen“, sagte Stephan Pröschold. Um die möglichst gering zu halten, soll vom Schießgraben in Richtung Obere Stadt eine Einbahnregelung gelten.

Als eines der größten Probleme, die nur teilweise gelöst werden konnten, bezeichnete  der Werkleiter die Parkplatzsituation, zum einen für Anwohner, zum anderen für die Lehrkräfte an den beiden Schulen. Für gehbehinderte oder ältere Anwohner soll es zumindest Ersatzparkplatze in der Nähe geben. Noch keine richtige Lösung gibt es für Fußgänger. „Wir werden bis zum Beginn der Baumaßnahme noch einen Weg schaffen, der es ermöglicht, den Bereich geschützt zu passieren“, sagte Stephan Pröschold. Denkbar sei beispielsweise eine Art „Notgehweg“ entlang der Baustelle.

Den Anwohnern versprach Pröschold: „Alles wird so schonend wie möglich durchgeführt, die Arbeiten soll weitgehend ohne Erschütterungen erfolgen, um Schäden zu vermeiden.“ Risse oder anderweitige Schäden an den Häusern seien freilich nie ganz auszuschließen. „Als ausführendes Unternehmen werden wir die Kosten für die Beseitigung eventueller Schäden tragen“, so der Werkleiter. „Diese Sicherheit will ich Ihnen geben“, wiederholte Pröschold mehrfach auf skeptische Einwände mehrerer Zuhörer. Um das Versprechen zu untermauern wurde eigens ein Planungsbüro beauftragt, um den Ist-Zustand im Außen- und Innenbereich der anliegenden Gebäude fotografisch zu dokumentieren. Die Beweissicherung sei bereits weitgehend abgeschlossen.

Sicher gewährleistet ist während der gesamten Bauzeit der Zugang zu allen Anwesen. Ebenso wurde sowohl an die Rettungswege als auch an die Müllabfuhr gedacht. In der Regel entstehend für die Hauseigentümer keine Kosten, es sei denn es wird eine marode Hausinstallation entdeckt. Für Fragen und Sorgen der Anwohner soll es während der Bauzeit einmal pro Woche einen Ortstermin geben. Außerdem haben die Stadtwerke eine eigene E-Mail-Adresse eingerichtet. Sie lautet: kirchwehr@stadtwerke-kulmbach.de.

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20.01.2022

Keine Einsparungen beim Winterdienst: Sicherheit geht vor

Kulmbach. Die Winterdienste in Stadt und Land haben ihre erste echte Bewährungsprobe erfolgreich bestanden. Gespart wird dabei aufgrund der gestiegenen Energiekosten nicht, schließlich gehe es um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, sind sich die Verantwortlichen einig.

Bestens gerüstet sieht sich die Stadt Kulmbach. Einer Mitteilung zufolge sind im Bauhof sowie bei der Firma Schott 1.000 Tonnen Auftausalz zum Teil eingelagert, zum Teil in einem Lagerservicevertrag geordert. In den vergangenen Jahren sei die Einlagerungsmenge aufgrund der zurückliegenden milden Winter und der guten Marktlage stetig reduziert worden. „Im zurückliegenden Winter hatte die Stadt Kulmbach einen Gesamtverbrauch von 870 Tonnen Auftausalz, darum wurden über dem Sommer bereits 520 Tonnen im Frühbezug beschafft, um die Lagerbestände entsprechend aufzufüllen“, erklärte Bauhofleiter Michael Barnickel, der für die Koordinierung und Einsatzpläne der Mitarbeiter des städtischen Bauhofes mit Blick auf die Winterdiensteinsätze verantwortlich ist.

Es sind derzeit 21.000 Liter Calciumchlorid zur Ausbringung von Feuchtsalz im Bauhof eingelagert und bereits 17.000 Liter Calciumlauge (Calciumchlorid mit Wasser) zur direkten Ausbringung vorgemischt. Weiterhin seien rund 380 Tonnen Streusplitt für das Streuen der Gehwege, Plätze und Treppenanlagen eingelagert. Dazu stünden 200 befüllte Streukästen im Stadtgebiet. Die 14 Winterdienstfahrzeuge seien bereits größtenteils in bewährter Weise von der Bauhof-eigenen Werkstatt auf Winterdienst umgerüstet worden. Im Winterdienst der Stadt Kulmbach seien elf Fahrzeuge zum Räumen und Streuen der Straßen, Wege und Plätze sowie drei Fahrzeuge für die Gehsteige eingesetzt.

Im Winterdienst betreut würden insgesamt 234 Straßenkilometer. Dazu seien 17 Fahrer eingeteilt. Drei Fahrzeuge seien doppelt besetzt, um die wichtigen Bereiche wie zum Beispiel den Krankenhausberg, den Weiherer Berg, den Rehberg sowie Schul- und Kindergartenwege und die Buslinien intensiv betreuen zu können.

Der Landkreis Kulmbach sieht sich für den Winter ebenfalls gut gerüstet. Das ging einer Mitteilung zufolge aus der Winterdienstbesprechung vor einigen Wochen im Landratsamt hervor. Der Dienst für das 194 Kilometer lange Kreisstraßennetz und den rund 50 Kilometer zu betreuenden Gemeindestraßen erfolge mit vier kreiseigenen Fahrzeugen und drei Fremdfahrzeugen. Eingelagert seien 800 Tonnen Salz, die Fahrzeuge und Anbaugeräte, also Pflug und Streumaschinen stünden für die Einsätze bereit bereit. Zwei neue Salzsilos gibt es in Leuchau. Die Kosten dafür bezifferte der Landkreis auf rund 90.000 Euro. Ferner sei ein neuer Schneepflug für 12.000 Euro beschafft worden.

„Es gibt keine angeordneten Einsparungen, der Winterdienstplan wird wie gewohnt durchgeführt“, sagt Roland Wolfrum, Bürgermeister von Stadtsteinach. Seinen Worten zufolge beginnt der Winterdienst in Stadtsteinach um etwa 3 Uhr nachts und endet gegen 21 Uhr. Die Kosten dafür beziffert Roland Wolfrum auf eine Summe zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Nicht eingerechnet seien dabei die Löhne der Bauhofmitarbeiter und die Abschreibungen für die Winterdienstfahrzeuge. Roland Wolfrum stellt auch klar: „Wir bekommen keine Winterpauschale vom Freistaat, wir gelten nicht als schneereiche Kommune.“

Auch die Gemeinde Ludwigschorgast spare nicht am Winterdienst, da dies nur zu Lasten der Sicherheit der Bürger, sowohl der Autofahrer als auch der Fußgänger, gehen würde, erklärt Bürgermeisterin Doris Leithner-Bisani. Der Bauhof ist sogar angehalten zu dokumentieren, wann beispielsweise Winterdienst gemacht wurde, beziehungsweise, wie viel Salz gestreut wurde, um im Bedarfsfall nachzuweisen, dass die Gemeinde ihren Verpflichtungen nachgekommen ist. „Natürlich ist es so, dass die Gemeindearbeiter nicht überall gleichzeitig sein können, doch bemühen sie sich, möglichst rasch insbesondere die Straßen mit großen Steigungen beziehungsweise viel frequentierte Fußwege und Gehsteige zu räumen und zu streuen“, so Lieithner-Bisani.

Wenn es schneit, sei der Bauhof permanent im Einsatz, das heißt, bis spät am Abend und dann wieder sehr früh. Wenn es schneit, dann kontrolliere ein Mitarbeiter früh zwischen 3 und 3.30 Uhr die Straßen und rücke dann bei Bedarf aus. Wenn kein Schnee angesagt ist, werde früh um 4.00 Uhr kontrolliert, ob die Straßen glatt sind, um im Bedarfsfall entsprechend zu streuen.

Die genauen Kosten für den Winterdienst konnte Doris Leithner-Bisani auf die Schnelle nicht ermitteln, zumal die Zeit für den Winterdienst, die in die „normale“ Arbeitszeit fällt, nicht extra aufgeschlüsselt sei. 2021 seien für zwei Mitarbeiter Kosten für Bereitschaft und Nachtstunden von zusätzlich rund 5000 Euro zu den normalen Lohnkosten angefallen. Allerdings habe der Bauhof erst sehr spät mit der Bereitschaft begonnen, da die Temperaturen lange Zeit nicht „in den gefährlichen Bereich“ gerutscht sind. Hinzu seien Kosten für Salz, Reparatur am Streuautomaten, Schneeschieber und andere Dinge in Höhe von rund 7200 Euro hinzugekommen.

Im Frankenwald beziehungsweise auf den Höhen im Frankenwald sei es schwer am Winterdienst zu sparen, sagt Werner Burger, Bürgermeister von Grafengehaig. „Wir versuchen schon die Winterdienstfahrzeuge nur zum Einsatz zu bringen, wenn es wirklich notwendig ist. Die Sicherheit auf unseren Straßen geht aber vor.“ Bei der Beschaffung von Diesel für die Fahrzeuge sehe man sich den aktuellen Tagespreis an und sorge für eine rechtzeitige Bevorratung.

 Was die Einsatzzeiten angeht sei eine Bereitschaft eingerichtet worden. Das heißt, es werde früh um 3 Uhr geprüft, ob ein Einsatz nötig ist oder nicht. Ansonsten werde um 4 Uhr früh ausgerückt um die Straßen und Gehwege vom Schnee zu räumen. Während des Tages werde dann nach Bedarf geräumt und gestreut. Burger: „Einen festen Einsatzplan haben wir nicht, macht auch keinen Sinn und wenn kein Salz benötigt wird, streuen wir auch nicht.“

Die Kosten für den Winterdienst beziffert der Bürgermeister je nach Witterung und Schneefall auf rund 50.000 bis 80.000 Euro, gerechnet mit allem Drum und Dran. Die Winterdienstpauschale belaufe sich auf rund 9.000 Euro pro Jahr. Sie werde aber nicht nach Schneefall berechnet, die Parameter beliefen sich auf die Kilometerzahl der Gemeindestraßen und die Höhenlage der Gemeinde. Vergütet werde aber alle Jahre annähernd der gleiche Betrag im Voraus. Burger: „Also nichts mit viel oder wenig Schnee und Eis.“

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21.12.2022

Einsparpotentiale nutzen, Mitglieder sensibilisieren / Energiekrise trifft Sportvereinen im Kulmbacher Land – Noch blicken die Verantwortlichen optimistisch in die Zukunft   

Kulmbach. Die explodierenden Energiepreise bereiten vielen Sportvereinen Sorge. Der Deutsche Olympische Sportbund und die Landessportverbände warnten erst kürzlich nach dem Corona-Lockdown vor einer erneuten Schließung von Sportanlagen aufgrund der Energiekrise. Die Kosten für Gas, Öl und Strom steigen signifikant an, die Inflationsrate kennt nur den Weg nach oben. Das hat erhebliche Konsequenzen für die Vereinsfinanzen sowie den Vereinssport.

„Die Heizkosten, gerade der Ölpreis, trifft uns sehr“, sagt Kai van Avondt, 1. Vorsitzender des TSV 08 Kulmbach. Der TSV heize mit einer Ölheizung, die in den letzten Jahres soweit möglich auf den für sie neuesten Stand gebracht worden sei. „Wir haben uns in diesem Jahr einen Rat für Einsparung der Heizkosten eingeholt“, so Kai van Avondt. Dabei sei dem Verein mitgeteilt worden, dass das Flachdach schuld an den exorbitanten Heizkosten ist und ein neues Dach uns die beste Möglichkeit der Ersparnis bringen könnte. Ein Angebot im mittleren 5-stelligen Bereich liege bereits vor. Auf Grund der aktuell finanziellen Situation sei es dem Verein aber nicht möglich dieses kurzfristig in Angriff zu nehmen.

Das Sportheim werde auch zum Beispiel für Familienfeiern, Hochzeiten oder Polterabende vermietet. Dies sei aber auf Grund der Kosten für die Aufheizung des Sportheims auf eine Temperatur, die für eine Veranstaltung notwendig ist, während der Heizperiode nicht möglich. „Dadurch mussten wir leider den Schritt gehen, von einer Vermietung von November bis etwa März/April abzusehen und haben dadurch keine Einnahmen in diesem Bereich.“ Wenn eigene Veranstaltungen wie etwa Weihnachtsfeiern anstehen, seien die Termine so gelegt worden, dass sie an aufeinanderfolgenden Tagen stattfinden, um hier auch zusätzliche Heizkosten zu sparen. „Hilfen der öffentlichen Hand sehen wir leider keine“, so Kai von Avondt.

Die gestiegenen Energiekosten machten sich ja überwiegend im Zweckbetrieb bemerkbar, sind also faktisch da, so Mario Ramming, Vorstand Marketing, Öffentlichkeitsarbeit & Kommunikation beim VfB Kulmbach. Wenn man mittlerweile einen vierstelligen Betrag im Monat für die Platzbewässerung und -pflege auf den Tisch legen müsse, könne man sich denken, wohin das führt. „Ich kann mir vorstellen, dass viele Vereine hier wirklich ernsthafte Probleme bekommen werden“, sagt Mario Ramming.

Man müsse natürlich auch schon bei den kleinen Dingen anfangen und beispielsweise die eigenen Spieler und Mitglieder zu diesem Thema sensibilisieren. Jeder könne darauf achten, dass keine Energie verschwendet wird, indem man etwa darauf achtet, dass das Licht beim Verlassen von Räumlichkeiten ausgemacht wird, man das Stoßlüften dem dauerhaften Fensterkippen vorzieht oder Duschen nicht unnötig laufen lässt, bis irgendwann der nächste Sportler sie dann nutzt. 

Die Sportvereine seien in den letzten Jahren schon sehr gebeutelt gewesen, erst durch die Corona-bedingten Lockdowns und Sportverbote, nun durch die immens gestiegenen Energiekosten. Hier müsse die öffentliche Hand sicherlich breitangelegte Hilfen zur Verfügung stellen, wenn Deutschland weiterhin ein Vereins- und Ehrenamtsland bleiben möchte. „Erfreulicherweise haben wir in den letzten Jahren gut gewirtschaftet, sodass wir von der aktuellen Situation nicht existenziell bedroht sind“, sagt Mario Ramming. Im Gegenteil: „Wir wachsen als Verein und werden große Investitionen am Sportgelände vornehmen, um uns auch weiterhin zukunftsfähig aufzustellen. So werden wir als erstes unsere bestehende Flutlichtanlage in Kürze auf LED-Technik umrüsten und in naher Zukunft auch ein weiteres Großprojekt an unserem Sportgelände in Angriff nehmen.“

Wir sind natürlich durch den Unterhalt von eigenen Liegenschaften: Stadion, Gaststätte, Tennishalle sehr stark betroffen, da wir mit einer Verdopplung der Kosten rechnen müssen, wenn wir keine Einsparmaßnahmen umsetzen“, sagt Michael Deichsel, Vorstand Finanzen des ATS Kulmbach. Dazu habe der Verein Ausgaben gekürzt oder vermieden, um finanzielle Rücklagen für diese Kostenerhöhung zu bilden. Im Bereich Nutzung der Tennishalle habe der ATS einen Energieaufschlag eingeführt, der gegebenenfalls reduziert beziehungsweise wieder abgeschafft werden kann, sollte sich die Situation ändern. Die größten Energieverbräuche stellten die Stromkosten für die Beleuchtung und die Heizkosten für die Tennishalle, die Umkleidebereiche und die Stadiongaststätte dar. 

Kurz- und mittelfristige Einsparpotenziale seien bereits umgesetzt worden, wie zum Beispiel der Austausch der Heizkessel, der Einbau von LED-Beleuchtung in der Tennishalle oder der Ersatz der Pumpen durch Hocheffizienzpumpen. Weitere Maßnahmen wie zum Beispiel die Reduktion der Warmwassertemperatur bis hin zum Abschalten der Warmwasserbereitung für das Duschen seien in der Diskussion. „Passive Verbesserungen der Bausubstanz beziehungsweise der Wärmedämmung insbesondere in der Tennishalle sind technisch und finanziell derzeit nicht umsetzbar“, so Michael Deichsel. Kleinere umsetzbare Maßnahmen wie zum Beispiel eine Verstärkung der Dämmung im Stadiongebäude seien bereits in der Ausführung.

ATS-Finanzvorstand Michael Deichsel: „Durch die gebildeten Rücklagen, die Einführung eines Energieaufschlages und die durchgeführten Einsparmaßnahmen hoffen wir weitgehend die Kosten tragen zu können. Falls der Verein in seiner Existenz gefährdet sein würde, würden wir natürlich an Stadt und Landkreis herantreten und gegebenenfalls um eine Unterstützung nachsuchen. Wir hoffen jedoch auch darauf, dass Vereine auf Nachweis, wie zum Beispiel mittelständische Unternehmen im Bereich der Energiekosten eine Unterstützung beantragen können Ich glaube auch, dass die Abrechnung des Jahres 2022 noch halbwegs gut geht. Ungünstiger stellt sich für mich das Jahr 2023 dar, wen die Kosten weiter steigen sollten.“

Der Vorsitzende des TSC Mainleus, Bürgermeister Robert Bosch, geht davon aus, dass der Verein nicht so stark leiden wird, was den Strom- oder Gaspreis betrifft, „weil wir bei den Stadtwerken Kulmbach sind“. „Uns wird es ein bisschen mehr treffen, als in den Vorjahren.“ Der Verein werde aber auf keinen Fall in Schieflage geraten. Weitere Energie einzusparen sei allerdings schwierig. Das Vereinsheim werde mit einem hocheffizienten, zehn Jahre alten Blockheizkraftwerk beheizt. Flutlicht und Bewässerungsanlage benötigten freilich auch Strom. Kurzfristig gebe es da keine Möglichkeit zu weiteren Einsparungen. Dies würde lediglich noch über die Nutzung möglich sein. „Wir haben uns allerdings dagegen entschieden, zu sagen, die Leute dürften nicht mehr duschen.“ Der Vorsitzende rechnet außerdem fest mit der Ankündigung des Freistaates, dass die Vereinspauschale verdoppelt werden soll.

Der TSV Presseck sei als ein sehr aktiver Sportverein mit vier Abteilungen in hohem Maße von der Energiekrise betroffen, sagt auch Philipp Söll, stellvertretender Vorsitzender des TSV Presseck. „Glücklicherweise haben wir in den vergangenen Jahren bereits einige Maßnahmen ergriffen, die ressourcenschonend sind.“ So habe der Verein seine Flutlichanlage auf LED umgestellt, der Regen, der auf das Dach der Tribüne fällt, werde gesammelt und der Berieselung zugeleitet.

„Unsere große Sorge ist aktuell der Gasverbrauch im Sportheim, der Versorger hat unsere ohnehin schon üppige Vorauszahlung mehr als verdreifacht“, so Philipp Söll. Damengymnastik, Tischtennis und Dart beanspruchten fast täglich den Saal des Sportheimes, zahlreiche Fußballmannschaften benutzten die Kabinen und Duschen. „Unser Ziel ist es, zunächst mindestens 20 Prozent Energie einzusparen. Wir werden daher in Kürze eine Abtrennung im Saal installieren um bei bestimmten Trainingsabenden nur noch Teile des Saales heizen zu müssen.“ Das sei aufgrund der Fläche der Abtrennung schon ein recht ordentlicher Invest. Zudem werde sich der Verein mit der Energieagentur Nordbayern ins Benehmen setzen, um Sparpotentiale aufzuzeigen. Auch die Umstellung der Beleuchtung im gesamten Haus auf LED sei ein Thema, hier würden derzeit die Kosten ermittelt.

„Wir können uns auch vorstellen, auf unserem Tribünendach Photovoltaik zu installieren, um Strom für den Eigenverbrauch erzeugen zu können. Aber bei diesem Thema sind wir bis jetzt über eine unverbindliche Meinungsbildung nicht hinausgekommen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende. „Wenn uns der Freistaat mit der Verdoppelung der Übungsleiterpauschale unterstützen will, ist es ein gutes Zeichen.“ Aber das Geld komme natürlich viel zu spät wenn die Auszahlung erst im September 2023 erfolgt. Und zudem sei sie in der Höhe komplett unzureichend. Philipp Söll: „Grundsätzlich betrachte ich die Existenz des Vereins als nicht gefährdet. Wir sind erprobt darin, uns selber zu helfen, beziehungsweise finden Mitglieder und Unterstützer Ideen und Möglichkeiten, die Probleme des Vereins zu lösen.“

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13.12.2022

„Wo den jungen Leuten der Schuh drückt“ / Neustart geplant: Kreisjugendring Kulmbach leidet noch unter den Folgen der Corona-Jahre

Kulmbach. Die zurückliegenden Corona-Jahre haben in der Jugendarbeit in Stadt und Landkreis Kulmbach ihre Spuren hinterlassen. Das wurde einmal mehr bei der Herbstvollversammlung des Kreisjugendrings am Dienstagabend im Martin-Luther-Haus deutlich.

Viele ehrenamtliche Kräfte seien in den Corona-Jahren abgesprungen und der Nachwuchs bleibe aus, sagte der Vorsitzende Michael Schramm aus Marktleugast. „Die Lücken in den Vereinen sind da, dem müssen wir gegensteuern“, so Kreisjugendpfleger Jürgen Ziegler, der auch Geschäftsführer des Kreisjugendrings ist. Während des Lockdowns habe man erst richtig gemerkt, welche Leistungen die Jugendarbeit vollbringt und wie wichtig sie ist. 

„Wir versuchen ein Programm, wie vor Corona zu machen, allerdings zu den Bedingungen nach Corona“, sagte Kreisjugendpflegerin Melanie Dippold. Soll heißen: In der Landkreisjugendarbeit seien massiv Betreuer weggebrochen und neue kommen nicht nach. Lediglich Franziska Pfreundner, die Einrichtungsleiterin des Jugendzentrums „Alte Spinnerei am Bahnhof“ räumte ein, dass sich das Zentrum „Super gut aus dem Corona-Tief“ erholt habe. Mittlerweile seien die Besucherzahlen wieder wie vor Corona, ja, sie würden derzeit sogar weiter steigen.

Vorsitzender Michael Schramm kündigte an, vor dem Hintergrund der Landtagswahlen im kommenden Jahr verstärkt auf die Politik zugehen zu wollen. „Wir brauchen einen engen Kontakt mit der Politik und suchen verstärkt das Gespräch mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.“ Ähnlich wie bei der vom Kreisjugendring veranstalteten Zukunftswerkstatt sollte es darum gehen, zu erfahren, wo den jungen Leuten der Schuh drückt. Zwei Themen wurden dabei immer wieder genannt: Die Neugestaltung des Skaterparks und die Umsetzung des Radwegekonzepts.

Ein breites Programm kündigte Melanie Dippold im Rahmen der Landkreisjugendarbeit an. Als erstes soll endlich wieder einmal versucht werden, einen Kinderfasching als niederschwelliges Kontaktangebot zu veranstalten. Darüber hinaus soll es unter anderem wieder das Family-Fun-Festival, die Kinder-Kreativ-Tage und auch den Ferienpass geben. Auch an eine ganztätige Ferienbetreuung, an verschiedene Angebote für Vereine und Verbände sowie an ein Fahrsicherheitstraining ist gedacht.

Das Haushaltsvolumen, das die Vollversammlung einstimmig Verabschiedete lag bei 238.550 Euro und damit geringfügig unter dem des Vorjahres. Vor allem wegen der Einführung der Umsatzsteuerpflicht berge der Haushalt aber noch einige Unwägbarkeiten. Nach den Worten vom Vorsitzenden Michael Schramm konnte der Vertrag für das Jugendzentrum „Alte Spinnerei am Bahnhof“ mit Stadt und Landkreis um ein weiteres Jahr verlängert werden. „Unser Wunsch ist, dass es weiter läuft“, sagte er und kündigte für Juni weitere Vertragsverhandlungen an.

Einen optimistischen Blick in die Zukunft warfen Stadt-, Kreis- und Bezirksrat Thomas Nagel und Kulmbachs 2. Bürgermeister Frank Wilzok. Junge Menschen würden überall gesucht, von einer „letzten Generation“ könne keine Rede sein, so Thomas Nagel. Die Jugendarbeit besitze in Kulmbach ein überaus breites Spektrum, man müsse die jungen Leute nur aktivieren, so Frank Wilzok. Der Kreisjugendring leiste gute Arbeit, sagte Thomas Nagel und Frank Wilzok ergänzte: „Ihr macht nicht nur eine gute Arbeit, ihr macht eine geile Arbeit“.

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19.11.2022

Persönlicher Nutzen für Jeden / Kulmbacher Busunternehmen ziehen gemischtes Fazit zum Neun-Euro-Ticket

Kulmbach. Das 49-Euro-Ticket steht als Nachfolger des Neun-Euro-Tickets fest. Bund und Länder haben sich auf ein entsprechendes bundesweites Nahverkehrsticket geeinigt. Zeit, um Bilanz zu ziehen. Wie wurde das Neun-Euro-Ticket in der Region angenommen? Die im Öffentlichen Personennahverkehr eingesetzten Busunternehmen aus der Region ziehen dabei ein gemischtes Fazit.

Wie berichtet war es von Anfang Juni bis Ende August für einen Monatspreis von neun Euro möglich, deutschlandweit Bus und Bahn zufahren. Das galt als die bislang größte Rabattaktion in der Geschichte des deutschen Nahverkehrs. Laut Verband Deutscher Verkehrsunternehmer (VDV) seien 52 Millionen Exemplare des Neun-Euro-Tickets verkauft worden. „Ein voller Erfog“, so der VDV. Ähnlich sieht das der Bayerische Landkreistag. Aufgrund der bundesweiten Gültigkeit, dem einfachen Tarif und dem extrem niedrigen Preis sei das neun-Euro-Ticket innerhalb der Bevölkerung auf große Resonanz gestoßen und habe zu einer deutlichen Steigerung der Fahrgastzahlen geführt.

Allerdings hätten die Menschen in dicht besiedelten Ballungsräumen aufgrund des gut ausgebauten ÖPNVs dabei deutlich stärker profitiert als die Bewohner des ländlichen Raums. Als Grund dafür nennt der Landkreistag, dass der ländliche Raum, wegen der geringeren Einwohnerdichte über weniger Bündelungspotential verfügt und deswegen oftmals ein weniger gut ausgebautes ÖPNV-Angebot aufweist.

„Das Neun-Euro-Ticket wurde auf unserer Linie von vielen Fahrgästen genutzt“, sagt Stefan Schuster, Chef von Omnibus Schuster in Schwarzach bei Mainleus. Er bezeichnet es allerdings als fraglich, ob die Einnahmeausfälle der Unternehmer auch gerecht ausgeglichen werden können, denn jede Linie habe einen anderen Ausgleichsbedarf, als von der Regierung vorgegeben.

Von einem „tollen Erfolg nicht nur deutschlandweit, sondern auch für Kulmbacher Stadtverkehrs-Nutzer“ spricht Stephanie Schütz, Geschäftsführerin von Schütz-Reisen in Kulmbach. Sie spricht von einem Erfolg für Neukunden, die zwar oft initial einen Kurztrip in der Freizeit unternommen haben, die daraufhin jedoch, „um das Ticket voll auszufahren“, auch den regelmäßigen Alltag mit dem ÖPNV statt dem PKW gestaltet haben. Sie seien dann meist positiv überrascht gewesen, dass man sich zwar zeitmäßig „ein bisschen richten muss“, dies aber bei einem guten Taktverkehr doch nicht allzu schwierig ist und man fahrtzeitmäßig nicht groß langsamer ist, als mit dem PKW.

Auch für die Stammgäste sei das Neun-Euro-Ticket ein Erfolg gewesen. Sie hätten statt 36 Euro für die Monatskarte nur neun Euro zahlen müssen. „Auch unser preissensibles Publikum wie unsere Senioren, Familien oder eben auch Einkommensschwächere profitierten vom attraktiven Preis“, so Stephanie Schütz. Für das Neun-Euro-Ticket musste habe man kein Weitfahrer oder Ballungsgebiet-Bewohner sein müssen, um diese Vergünstigung zu erhalten. Es sei auch für den Nahverkehr in einer Stadt wie Kulmbach attraktiv.

Nicht zuletzt hätten auch Touristen davon profitiert. Und zwar auch für diejenigen, die aufgrund eines ganz anderen Beweggrundes Inhaber des Neun-Euro-Tickets waren und dann festgestellt hätten, wie praktisch die Nutzung des Stadtverkehrs auch in Kulmbach ist. Oder man mit dem „KulmBus“ in den Abendstunden noch vom Garni-Hotel zum Abendessen und zurück fahren kann.

Stephanie Schütz: „Kurzum: wir hatten keine Platzprobleme zur Stoßzeit, da es sich gut über den Tag verteilte und die Fahrgäste waren sehr zufrieden, da jeder seinen persönlichen Nutzen daraus zog. Wir konnten durchaus mehr Fahrgäste verzeichnen. Für uns als Unternehmen und einnahmeverantwortlichen Betreiber, der die Kosten grundsätzlich über die Fahrgeld-Einnahmen zu decken hat, war es eine spannende Zeit.“

Für die Diskussion um ein zukünftiges Nachfolge-Modell wünscht sich die Schütz-Geschäftsführerin allerdings auch rechtlich konkrete Finanzierungszusagen, so dass nicht der private Mittelstand wieder Gefahr laufe, diese Einnahme-Ausfälle zwischenfinanzieren zu müssen. Auch den ÖPNV-Aufgabenträgern dürfe diese Liquiditätslücke nicht aufgebürdet werden. Hier müsse die Landes- und Bundesebene für politische Wünsche und Ideen auch unmittelbar zeitlich finanziell aufkommen.

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17.11.2022

Fußballfieber bleibt aus / Weltmeisterschaft in Katar: Kaum Public Viewing in Kulmbachs Gastronomie

Kulmbach. Am 20. November beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Obwohl sie der Gastronomie durch Public-Viewing-Veranstaltungen ein Zusatzgeschäft bescheren könnte, haben viele Gastwirte bereits angekündigt, die Spiele nicht zu übertragen. Oft sind es politische Gründe, aber auch Unwägbarkeiten in Pandemie-Zeiten, der Winter und die anstehende Adventszeit spielen eine Rolle. Bleibt das große Fußball-Fieber also diesmal aus? Wir stellten die Frage einigen Gastronomen aus der Region.

Günther Elfert, der auch für Kulmbach zuständige Bezirksgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes, ist eher skeptisch, ob die Weltmeisterschaft auf entsprechendes Interesse stößt. Generell scheinen die Gastwirte unsicher zu sein, ob es überhaupt eine Nachfrage nach Public Viewing gibt, sagt Günther Elfert. Denkbar sei es, dass zu den normalen Öffnungszeiten der Fernseher läuft, aber eigens einen Großbildschirm reinzustellen, sei es eher fraglich, ob das ein Wirt tatsächlich machen wird.

„Public Viewing gibt es bei uns nicht“, sagt Hans-Georg Haueis vom gleichnamigen Landgasthof in Hermes bei Marktleugast. Allerdings hätten sämtliche Gästezimmer große Flachbildschirme. Alfons Kraus von der Gaststätte Zum Paul in Buchau bei Mainleus meint: „Wir haben in unserem Lokal keine Möglichkeit die WM-Spiele zu zeigen und es ist bei uns auch nicht das große Fußballpublikum.“ Nach Buchau kämen die Gäste vielmehr, um gut zu Essen und Trinken und um gemütlich miteinander zu plaudern.

Dieter Spindler vom Gasthaus Frankenwald in Unterzaubach bei Stadtsteinach sagt kurz und knapp: „Bei uns wird es keine Übertragung von Spielen der WM geben“. Für Karin Purucker vom gleichnamigen Hotel in Kulmbach ist die WM ohnehin kein Thema: „Durch Corona haben wir im Laufe des Jahres 2020 unserer Restaurant geschlossen, weshalb wir kein Public Viewing ausrichten“, sagt sie. Wichtig ist es ihr, dass es natürlich auch weiterhin Frühstück für die Hotelgäste gibt.

Fußballfans müssen aber dennoch nicht ganz auf klassische Public Viewings verzichten. So werden die Spiele der deutschen Nationalmannschaft in der Kulmbacher Stadthalle übertragen. Das hat die Stadt vor wenigen Tagen bekannt gegeben. Die ersten Spiele der Nationalmannschaft sind, am Mittwoch, 23. November um 14 Uhr, sowie am Sonntag, 27. November und Donnerstag, 1. Dezember jeweils um 20 Uhr. Die Halle soll eine Stunde vor Anpfiff geöffnet werden. Je nach Belegung der Halle finde die Übertragung entweder im Foyer, im Konferenzraum oder im Saal statt. Dabei soll es auch Speisen als auch Getränke geben. Der Eintritt ist frei.

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25.10.2022

„Das dicke Ende kommt noch“ / Existentielle Ängste wie noch nie - Zahl der Rat- und Hilfesuchenden nimmt im Kulmbacher Raum enorm zu

Kulmbach. Preisexplosionen bei Energiepreisen und beim Sprit, gewaltige Verteuerungen bei Lebensmitteln und unklare Aussichten sorgen für erhebliche Verunsicherungen und Zukunftsängste bei vielen Menschen. Das schlägt sich auch in der Beratung bei den verschiedensten Organisationen nieder. Egal ob VdK, Diakonie oder Energieagentur, Sie alle stellen verstärkten Zulauf fest. Immer mehr Menschen kämen mit Sorgen und Problemen, so heißt es.

„Zusammenfassend berichten unsere Mitglieder über existentielle Ängste, wie wir sie bisher noch nicht kannten. Das ist eine äußerst schwierige und besorgniserregende Situation“, sagt die Kulmbacher VdK-Kreisgeschäftsführerin Yvonne Wunderlich. Das Problem der rasant steigenden Kosten führe auch bei den Mitgliedern des VdK zu erheblichen Verunsicherungen und zunehmenden Ängsten.

Die allgemeinen Preissteigerungen bei Sprit oder Lebensmitteln seien immer wieder ein Thema in der alltäglichen Beratung. „Allerdings verzeichnen wir in den letzten Tagen und wenigen Wochen vermehrte Anfragen hinsichtlich der explodierenden Energiepreise“, so Yvonne Wunderlich. Die ursprünglichen Verunsicherung bei den Mitgliedern, was finanziell auf sie zukommen wird, weiche zunehmend der Angst, die Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können, sobald die Bescheide der neuen Abschlagszahlungen im Briefkasten liegen. „Die Menschen wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn das monatliche Arbeitsentgelt oder die geringe Rente nicht mehr ausreichen, um Miete, Strom und Heizkosten zu bezahlen“, so die VdK-Kreisgeschäftsführerin.

Dabei führt sie das folgende Beispiel an: Ein Mitglied habe über eine Steigerung des ab Oktober zu zahlenden Gasabschlages von monatlich 60 Euro auf über 500 Euro berichtet. Dies sei bei einer geringen Rente nicht leistbar. Yvonne Wunderlich bedauert, dass der VdK in der Beratung diesbezüglich an seine Grenzen stoße, da es noch keine konkreten staatlichen Hilfen für diese Menschen gibt. „Wir prüfen jedoch in jedem Einzelfall, ob eine Unterstützung aufgrund der bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen möglich ist“. Die Kreisgeschäftsführerin sagt aber auch: „Die geplante Wohngeldreform und die Umsetzung der geplanten Gaspreisbremse dauern noch viel zu lang, um den Menschen kurzfristige Entlastung zu geben.“

Menschen, die bereits jetzt mir ihren Sorgen und Problemen zu uns kommen, werden von den steigenden Lebenshaltungskosten überrannt, so Fachbereichsleiterin Pia Schmidt vom Diakonischen Werk der Dekanate Kulmbach und Thurnau. Diejenigen mit geringem Einkommen treffe es natürlich besonders hart. Diese Menschen und diese Familien hätten keine Rücklagen um die steigenden Preise abzufedern. Sie müssten täglich neu entscheiden was finanziell machbar ist.

„Die Verteuerungen der Lebensmittelpreise machen sich in jedem Geldbeutel bemerkbar, das berichten die Klienten bei den Gesprächen“, sagt die Fachbereichsleiterin. Bei den Energiekosten bestehe derzeit noch wenig Beratungsbedarf, außer bei denjenigen die selbst für ihr Heizmaterial sorgen müssten, also zum Beispiel bei Holz oder Öl. Zum einen seien die Preise erheblich gestiegen, zum anderen sei das Material schwer zu bekommen. Sorgen um Energiepreise für Gas und Strom würden in die Steigerungen noch gar nicht einfließen, weil die Jahresabrechnungen noch ausstehen, beziehungsweise die künftigen Abschläge noch nicht bekannt sind. Pia Schmidt: „Das dicke Ende kommt da noch. Allgemein ist zu sagen, dass die Ängste und Sorgen zugenommen haben und der Beratungsbedarf zunehmen wird, auch bei Grenzfällen, die knapp über der Einkommensgrenze für Sozialleistungen liegen.“

Ein eher düsteres Bild malt Markus Ruckdeschel von der in Kulmbach ansässigen Energieagentur Oberfranken. In diesem Jahr sorge natürlich die Preisentwicklung bei allen fossilen Energieträgern für einen zusätzlichen Handlungsdruck. „Es steht zu befürchten, dass wir die eigentliche Spitze noch vor uns haben, denn bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ist der Preisschock noch gar nicht in seiner ganzen Dimension angekommen“, so Markus Ruckdeschel. Hauptsächlich gehe es um die Frage: „Wie komme ich weg von Öl und Gas?“ Das müsse man immer sehr individuell betrachten, denn jedes Gebäude ist anders. Und der eigene Geldbeutel spiele auch eine entscheidende Rolle.

Auch das Energiesparen steht hoch im Kurs. Viele Sanierungsmaßnahmen, die man früher vielleicht zurückgestellt hat, werden nach den Worten von Markus Ruckdeschel bei den derzeitigen Energiepreisen fast schon lukrativ. „Da ist vieles in Bewegung.“ Am meisten Nachfrage herrsche aber bei der Photovoltaik. „Selbst Strom zu erzeugen, durch eine Anlage auf dem Haus- oder Gargendach, das ist im Augenblick das einfachste Mittel, um dieser Preislawine zu entkommen.“ Mit dem Strom könne man dann nicht nur seinen Kühlschrank oder die Wohnzimmerlampe betreiben, sondern auch heizen oder Auto fahren. Die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen sei in den letzten Monaten förmlich explodiert, deshalb ziehen inzwischen auch hier die Preise an - und die Lieferzeiten sind beträchtlich. Trotzdem könne man nur dazu raten: „Wer ein Dach hat, sollte es zur Stromproduktion nutzen. Und wer zur Miete wohnt, sollte wenigstens über eine kleine Balkon-Anlage nachdenken.“

„Das Aufkommen auf unserer Beratungshotline und bei der Bürgerberatung ganz allgemein nimmt allerdings schon seit einigen Jahren kontinuierlich zu“, sagt Markus Ruckdeschel. Das hänge damit zusammen, dass das Bewusstsein für Klimaschutz an sich in der breiten Masse der Bevölkerung wirklich angekommen ist. Hinzu komme, dass während der Corona-Pandemie offensichtlich viele Menschen Zeit hatten, Sanierungsmaßnahmen umzusetzen, die sie schon länger in der Pipeline hatten.

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23.10.2022

Nachhaltigkeit statt Fast Fashion / Sonderausstellung im Levi-Strauss-Museum ruft zu sensiblen Umgang mit Textilien auf

Buttenheim. Nachhaltigkeit ist ein Gebot der Stunde. Was die Kleidung angeht, haben viele Menschen darüber lange nicht nachgedacht. Eine sehenswerte Sonderausstellung im Levi-Strauss-Museum in Buttenheim bei Bamberg stellt dieses Thema in den Mittelpunkt und verfolgt unter anderem den Lebenszyklus eines Kleidungsstückes.

„Wir wollen niemanden an den Pranger stellen sondern einfach nur Zusammenhänge bewusst machen“, sagt Tanja Roppelt. Die Ausstellung zeigt deshalb auf vielen Bildern, die mit informativen Texten unterlegt sind, Produktionsabläufe, Vertrieb und Verwendung von Textilien im Laufe der Zeit. Nicht immer ist dabei, vorsichtig formuliert, ein sensibler Umgang mit Natur und Mensch zu erkennen. Die Schau regt deshalb auch an, einmal darüber nachzudenken, welche sozial-ökologischen Folgen der Kleiderkauf unter Umständen hat und wie man Textilien nachhaltiger und länger nützen kann.

Wo würde diese Sonderausstellung besser hinpassen, als in das Haus, in dem der Jeans-Erfinder Levi Strauss 1829 als Löb Strauss geboren wurde? 1848 war er ausgewandert und hatte in San Francisco ein Handelshaus für Stoffe und Bekleidung gegründet. Weil die Goldgräber und Pioniere des Westens besonders strapazierfähige Hosen brauchten, verstärkte er die am häufigsten strapazierten Stellen und nähte Hosen mit Nieten, aus denen später die Jeans entstand.

In der Sonderausstellung erfährt der Besucher unter anderem, dass für die Produktion von 3,6 Gramm Baumwolle ganze 40 Liter Wasser benötigt werden. Leinen und Hanf benötigen da weniger Rohstoffe, ihre Verarbeitung ist allerdings deutlich anspruchsvoller. Keinesfalls eine Lösung sind die im Labor erzeugten chemischen Fasern, die für einen großen Teil des Mikroplastiks in den Weltmeeren verantwortlich gemacht werden.

Einen Überblick gibt die Ausstellung auch über die textile Industriegeschichte, die gerade in Oberfranken eine so wichtige Rolle gespielt hat. Ab dem 19. Jahrhundert erfolgte die Produktion mechanisch, ab den 1970 Jahren wurde sie global und damit kostengünstig. Da kommt es schon mal vor, dass ein Kleidungsstück einmal um den Erdball geht, bis es hierzulande im Discounter für wenige Euros landet. Leidtragende sind die Arbeiter in den Textilfabriken, etwa in Bangladesh, wo 2013 mehr als 1000 Menschen bei einem Einsturz eines Fabrikgebäudes ums Leben kamen.

Also weg von Fast Fashion, von Kleidung als Wegwerfprodukt, und hin zu Slow Fashion, also haltbarer und schonend hergestellter Kleidung. Second-Hand-Läden spielen dabei eine wichtige Rolle, aber auch die kreative Wiederverwertung von getragener Kleidung, etwa als Taschen, Kissen oder Patchwork-Arbeiten. Früher war es auch üblich Kleidung zu reparieren, darauf weist „Omas Nähkästchen“ hin, das in der Ausstellung zu sehen ist.

Mittlerweile gibt es nicht nur „Umsonst“-Läden, für getragene Kleidung und zahlreiche Nachhaltigkeits-Labels, sondern auch nachhaltig und hierzulande produzierte Jeans. „All diese Beispiele zeigen, es passiert war, ein Umdenken findet statt“, sagt Museumsleiterin Tanja Roppelt. Sie hatte die Ausstellung zusammen mit dem bisherigen Mitarbeiter Nicolas Jagla selbst konzipiert.

Die Sonderausstellung „Nachhaltig?! – Der Umgang mit Kleidung gestern und heute“ ist bis zum 12. Februar 2023 m Levi-Strauss-Museum, Marktstraße 33 in 96155 Buttenheim zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.levi-strauss-museum.de.

Bild: Museumsleiterin Tanja Roppelt zeigt in der Sonderausstellung zum Thema Nachhaltigkeit bei Textilien Jeans aus recycelten Stoffen.

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14.10.2022

Freiheit und Demokratie immer wieder aufs Neue verteidigen / Vor 100 Jahren nahm in Coburg der Aufstieg der Nationalsozialisten seien Anfang – Ausstellung im Staatsarchiv

Coburg. Schon im Jahr 1922 hatte der Aufstieg der Nationalsozialisten begonnen. „Coburg ist die Stadt, mit der Adolf Hitler Geschichte gemacht hat“, sagt Gert Melville, der Vorsitzende der dortigen Historischen Gesellschaft. Zum 100. Mal jährt sich im Oktober „Der Deutsche Tag“, eine Veranstaltung, bei der Hitler, unterstützt von rund 650 SA-Leuten zum ersten Mal außerhalb von München in Coburg aufgetreten war. Das Ereignis sollte fortan als „Markstein der Bewegung“ fest in den Parteimythos der NSDAP eingefügt werden. Vor dem Hintergrund des Jahrestages erinnern das Staatsarchiv, die Landesbibliothek sowie die Historische Gesellschaft Coburg mit einer Ausstellung an „Hitlers Zug nach Coburg“.

Die Ausstellung beleuchtet die Umstände von Hitlers Auftreten in Coburg, stellt wichtige Protagonisten und Schauplätze vor und beschreibt die Bedeutung des Ereignisses für Coburg und die Geschichte der NSDAP. Die Zusammenkunft verschiedenster vaterländischer und völkischer Verbände wurde letztlich von Hitlers SA dominiert, die nach heftigen Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten für sich beanspruchte, Coburg vom „roten Terror“ der Arbeiterschaft befreit zu haben.

Freiheit und Demokratie seien stets gefährdet und bei weitem nicht selbstverständlich, sagte Bernhard Grau, der Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns bei der Eröffnung der Ausstellung. Sie müssten deshalb immer wieder aufs Neue verteidigt werden. Der Direktor der Coburger Landesbibliothek Sascha Salatkowsky nannte Coburg und das Coburger Land einen Kristallisationspunkt der völkisch nationalen Bewegung. Der Deutsche Tag von 1922 in Coburg erfülle sämtliche Kriterien eines Mythos. „Wir alle wissen, wohin dieser Mythos geführt hat“, so Salatkowsky.

Von einem „Meilenstein des Aufstiegs der Nationalsozialisten“ sprach der Leiter des Coburger Staatsarchivs Johannes Staudenmaier. Die Ausstellung soll deshalb die Ereignisse des 14. und 15. Oktobers 1922 dokumentieren, die Bedingungen und Gegebenheiten aufzeigen, auf die Hitler in Coburg getroffen sei, sowie deren Nachwirkungen. „Wir wollten aber auch der Frage nachgehen, wie eine weitgehend unbekannte Gruppe mit geschulten Schlägern den öffentlichen Raum besetzten konnte und dabei ganz offensichtlich geduldet wurde“, so Gert Melville, der Vorsitzende der Historischen Gesellschaft.

Die Stadt Coburg nimmt in der Geschichte auch deshalb eine besondere Stellung ein, weil sie mit Franz Schwede einen der ersten nationalsozialistischen Bürgermeister im damaligen Deutschen Reich stellte. Außerdem hatte der letzte regierende Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha Carl Eduard offen die NSDAP und Adolf Hitler unterstützt. Aus seinem Besitz ist in der Ausstellung eine ledergebundene Prachtausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ mit goldenen aufgedruckten Schwertern zu sehen. Auch eine Ausgabe des Buches „Kampf um Coburg“ wird gezeigt, das Franz Schwede verfasst und für den Herzog mit einer handschriftlichen Widmung versehen hatte.

Die Ausstellung „Hitlers Zug nach Coburg – Der Deutsche Tag von 1922“ ist im Foyer des Staatsarchivs Coburg, Herrngasse 11 in Coburg bis zu 23. Dezember zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Bilder:
1.
 Sascha Salatowsky von der Landesbibliothek, Gert Melville von der Historischen Gesellschaft und Johannes Staudenmaier vom Staatsarchiv (von links) haben die Ausstellung „“Hitlers Zug nach Coburg“ zusammengestellt.
2.
 In den Räumen des Coburger Staatsarchivs wird derzeit mit historischen Dokumenten, Texttafeln und vielen Fotos an den Deutschen Tag von 1922 erinnert.

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28.07.2022

Altes Haus im neuen Glanz / Eckhaus am Kressenstein hat seine historische Kuppel wieder

Kulmbach. Die historische Kuppel ist wieder da. Am Donnerstagmorgen wurde sie mit einem Spezialkran auf das Gebäude Kressenstein 30 aufgesetzt. Das über 125 Jahre alte Gebäude soll dank eines Privatinvestors bis Jahresende im neuen Glanz erstrahlen.

Punkt halb neun wurde der Kressenstein für gut eine Stunde gesperrt, der 60-Tonnen-Spezialkran einer Firma aus Bamberg bezog Stellung. Inhaber Fares Day legte selbst Hand an und nahm die bereit stehende 1,5 bis 1,8 Tonnen schwere Kuppel, die von der Zimmerei Geißler in Döllnitz hergestellt wurde, an den Haken. Dann ging alles ganz schnell. Der Kran hievte die liebevoll, und in sämtlichen Details nachgearbeitet Kuppel unter den Augen staunender Passanten auf ihren künftigen Platz. Auf dem Dach standen bereits die Handwerker für die Feinarbeiten bereit. „Wir bauen alles so zurück, wie es früher war“, sagte Inhaber Fares Day.

Der kürzlich von der Oberfrankenstiftung mit dem Denkmalschutzpreis ausgezeichnete Physiotherapeut mit eigenem Therapiezentrum in Kulmbach hatte das Gebäude im Frühjahr 2021 erworben. Nachdem er bereits das Nachbarhaus Kressenstein 28 mit seiner Firma, der Casa Nova GmbH als Generalunternehmer saniert hatte, soll nun das markante Eckgebäude revitalisiert werden. Zusammen mit dem weiteren Nachbargebäude Hans-Hacker-Straße 2, das mit den beiden anderen Häusern den Innenhof umschließt, soll so ein harmonisches Ensemble am Eingang zur Kulmbacher Innenstadt entstehen.

Das dreigeschossige Eckhaus Kressenstein 30 mit seinem charakteristischen Eck-Erker wurde 1896 errichtet und steht unter Denkmalschutz. Es befindet sich am Standort des ehemaligen „Bayreuther Tors“ und wurde durch die Firma Türck und Kneitz gebaut. Ab 1901 war es das Verwaltungsgebäude der Petzbrauerei und später das Mädchenwohnheim der Kulmbacher Spinnerei. Seit den 1960er Jahren befand sich die Raiffeisenbank im EG und zuletzt eine Spielothek sowie Büros und Wohnungen in den oberen Geschossen.

Die neuen Mieter sollen ab Januar 2023 einziehen. Angestrebt ist auf den rund 650 Quadratmetern eine Mischnutzung aus Wohnraum und Gewerbe. Im Erdgeschoss wird eine podologische Praxis entstehen, die oberen Stockwerke stehen noch zur Vermietung als Appartements, Büro- oder Praxisräume.

Fares Day hatte seinen eigenen Worten zufolge in den zurückliegenden zehn Jahren rund 12000 Quadratmeter Leerstände in Kulmbach saniert, darunter der Ratskeller und die Ruppert-Villa. Als seinen Antrieb bezeichnet er die „Leidenschaft zur Architektur“. „Unser Konzept ist es, Objekte, die oft schon lange leer und meist unter Denkmalschutz stehen, zu kaufen und denkmalgerecht zu sanieren“, so beschreibt er sein Konzept. Die Objekte würden stets mit viel Liebe zum Detail wieder belebt und einer neuen Nutzung, etwa als Flächen für Ladenlokale, Gastronomie, Büros, Praxen oder Wohneinheiten, zugeführt.

Bilder: Spektakuläre Aktion: Mit einem Spezialkran wurde die historische Kuppel auf das Gebäude Kressenstein 30 aufgesetzt.

  

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19.07.2022

Vom Energiefresser zur Energieautarkie / Kommunen gestalten die Energiewende vor Ort – Kulmbach auf gutem Weg

Die Energieeffizienz steigern und die Energiekosten senken ist das Gebot der Stunde. Eingesparte und damit nicht verbrauchte Energie ist der beste Weg, um das Klima zu schützen. Wichtige Impulsgebern der Energiewende vor Ort sind die Kommunen, denn hier werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Wie sieht es vor Ort aus?

Die Stadt Kulmbach sei sich ihrer Verantwortung im Bereich des Klimaschutzes natürlich bewusst und versuche nach Möglichkeiten, dieser auch gerecht zu werden, so Pressesprecher Jonas Gleich. In Sachen Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden habe sich bereits einiges getan. Erst in diesem Jahr habe die Stadt die Dr.-Stammberger-Halle mit einer Photovoltaik-Anlage versehen. Zusammen mit dem Wasserkraftwerk Eichenmühle, über das die Stadthalle ebenfalls mit versorgt wird, sei das Gebäude zu 85 Prozent stromautark.

Die Schuldächer der Stadt, wie etwa die Hans-Edelmann-Mittelschule, würden dort, wo es finanziell rentabel und baulich möglich ist, mit Photovoltaik-Anlagen versehen. Auch bei Neubauten der Städtebau Kulmbach spiele die regenerative Energiegewinnung eine große Rolle. Bei dem Mehrfamilienhaus in Petzmannsberg 27, das derzeit gebaut wird, gebe es eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und damit kostenlosen Strom für die Mieterinnen und Mieter.

Die Hürden seien natürlich nicht gering: gerade mit Blick auf die Verwaltungs- und Schulgebäude spreche man meist von historischen Gebäuden, die teilweise sogar unter Denkmalschutz stehen. Die alte Bausubstanz sowie statische Anforderungen erschwerten oder verhinderten in einigen Fällen die Installation von Photovoltaikanlagen.

OB Ingo Lehmann: „Für den Bestand gibt es derzeit keine weiteren Überlegungen. Bei Sanierungen und Neubauprojekten hat die Stadt Kulmbach aber immer ein Auge darauf, ob die Installation einer Photovoltaik-Anlage sinnvoll ist. Wo es baulich und finanziell möglich ist, soll es auch umgesetzt werden. Zusätzlich haben wir im Stadtrat eine Grundsatzentscheidung getroffen und uns für Freiflächenphotovoltaikanlagen ausgesprochen. Es gibt ein Konzept mit geeigneten Flächen; mit Grafendobrach haben wir das erste Projekt bereits abgeschlossen und mit einer PV-Freiflächenanlage in Eggenreuth wollen wir nun das nächste Vorhaben angehen.“

Weit zurück reicht das Thema in Stadtsteinach. Roland Wolfrum hatte bereits im Jahr 2008 eine entsprechende Agenda unter dem Titel „Leuchtturmprojekt Stadtsteinach zur CO2-neutralen Kommune“ aufgestellt, als er zum Bürgermeister gewählt wurde. „Diesen Schritt gehen wir jedes Jahr ein Stückchen weiter“, sagt Roland Wolfrum. In vielen Einrichtungen etwa bei der sanierten Schule oder dem neu gebauten Feuerwehrhaus seien die herkömmlichen Energieträger wie Öl und Gas bereits eliminiert worden. „Wir schmeißen Stück für Stück unsere alten Öl- und Gasbrenner raus und stellen beispielsweise auf Pellets um.“ Beim Freibad und beim Heimatmuseum sei man gerade dabei, diesen Punkt durchzuführen. Das nächste Projekt sei dann die Stadthalle zusammen mit dem neuen Kindergarten.

„Wir haben außerdem eine Bürgersolaranlage auf dem Feuerwehrhaus etabliert, eine weitere Solaranlage in Eigenregie auf der Stadthalle installiert. Im Freibad wollen wir energieautark von den herkömmlichen Stoffen sein.“ Das Bad sei aktuell in der Umsetzungsphase „vom Energiefresser zur Energieautarkie“, genauso wie das Heimatmuseum. Nächstes großes Projekt werde der neue Kindergarten sein, der nach allen ökologischen Maßstäben gebaut wird. Spatenstich ist für 2023 geplant. Auch das uralte Heizungssystem der Stadthalle soll im Zuge der Arbeiten ausgetauscht werden. Hürden gebe es in dem Sinn nicht, wenn, dann höchstens finanzieller Art. „Man muss sich halt auch leisten können, was man sich so vornimmt.“ Deswegen müsse man auch sukzessive vorgehen und könne nicht alles auf einmal machen.

In Grafengehaig sei seit einiger Zeit damit begonnen worden, die Energiewende und hier besonders die Einsparung von Energie für uns als wichtiges Thema zu sehen, sagt der Erste Bürgermeister Werner Burger. „Wir haben zum Beispiel in die Frankenwaldhalle ein Blockheizkraftwerk eingebaut und erzeugen somit Strom und nutzen die Wärme für die Frankenwaldhalle mit Restaurant und Wohnung.“ Diese Maßnahme sei bereits 2013 umgesetzt worden und habe sich bis heute gerechnet. Außerdem sei die Frankenwaldhalle im Jahr 2018 energetisch saniert worden, um Wärmeverluste durch Fenster, Türen und Dach in den Griff zu bekommen.

Ebenso sei im Zentrum des Dorfes, im Dorfladen ein Blockheizkraftwerk eingebaut worden. Es liefere die Wärme für das Rathaus, den Dorfladen, das neue Dorfgemeinschaftshaus und zukünftig auch für unseren Neubau eines Mietshauses mit 5 Wohnungen. Außerdem würden noch drei weitere Mietwohnungen mit der Wärme des BHKW versorgt. Der erzeugte Strom ist nach den Worten des Bürgermeisters zu großen Teilen für den Dorfladen bestimmt, weil hier die Kühltheken für Molkerei- und andere Produkte unheimlich viel Strom fressen. „Mit dem Konzept der Kraft-Wärme-Kopplung haben wir enorme Einsparungen beim Strom und können die Wärme für die beschriebenen Objekte nutzen“, so Burger Es werde wenige Kommunen mit einer solchen Konzeption geben. Das Gemeindeoberhaupt sieht damit auch ein Stück die Sicherung des Bestandes des im März 2010 gegründeten Ladens. Außerdem gebe es wohl wenige Dorfläden, die schon zwölf Jahre am Markt sind.

In der Planung für die Zukunft befasst sich der Marktgemeinderat mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern der gemeindlichen Gebäude. Burger: „Hier werden wir auch in Zukunft tätig werden und versuchen die Gemeinde mehr autark zu machen.“

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22.06.2022

Wasserscheu und ohne Kondition / „Wir haben zu wenig Schwimmlehrer“ beklagt Reimund Arth von der Wasserwacht

Kulmbach. „Corona hat bei den Schwimmschülern schon Spuren hinterlassen“, sagt Reimund Arth, Vorsitzender der Wasserwacht, Ortsgruppe Kulmbach. Der 68-jährige bekommt das im Moment täglich zu spüren, denn er ist verantwortlich für die Schwimmkurse im Kulmbacher Freibad.

Größtes Problem sei es, dass auffällig viele Kinder absolut wasserscheu sind, sagt Reimund Arth. Er führt das hauptsächlich auf zwei Jahre Corona zurück, in denen die Bäder meist geschlossen und wenn, dann nur mit strikten Beschränkungen zugänglich waren. Oft hätten aber auch die Eltern keine Zeit mehr, ihren Kindern so etwas wie Freude am Wasser zu vermitteln. Das machen jetzt Reimund Arth und seine Leute von der Wasserwacht in eigenen Wassergewöhnungskursen. Dort sollen sie zum Beispiel lernen, mit dem Kopf unter Wasser zu gehen. „Vor Corona war das nicht so schlimm“, sagt der Schwimmlehrer. Durch die Corona-Maßnahmen sei schon vieles ins Hintertreffen geraten.

Doch nicht nur, dass die Kinder regelrecht wasserscheu sind, viele hätten auch überhaupt keine Kondition mehr, eine oder mehrere Bahnen durchzuhalten. Die Kinder blieben dann unbeteiligt am Beckenrand stehen oder umklammerten ängstlich einen Helfer oder eine Helferin. „Manche kommen erst gar nicht, obwohl sie angemeldet wurden“, so Reimund Arth.

Ein Kurs kostet in der Regel 75 Euro, wobei alle Kindergartenkinder beziehungsweise Erstklässler Anspruch auf einen Gutschein über 50 Euro haben. Das habe das Bayerische Innenministerium so beschlossen.

Acht Schwimmkurse mit jeweils um die 15 Teilnehmer zwischen fünf und acht Jahren führt er dieses Jahr durch. „Wir bekommen sehr viele Anfragen“, sagt Reimund Arth. Für das laufende Jahr seien nur noch ganz wenige Plätze frei. Die Kurse finden drei Wochen lang immer von Montag bis Freitag statt und dauern jeweils 45 Minuten. „So kommen insgesamt 15 Unterrichtseinheiten zusammen“, berichtet der Vorsitzende. Aktuell finden die Kurse natürlich im Freibad statt. Außerhalb der Freibadsaison müssen Reimund Arth und seine Mannschaft ins Hallenbad ausweichen.

Zumindest eine Bahn ist notwendig, wenn man das „Seepferdchen“ erreichen will. Dieses Abzeichen sei das Ziel eines jeden Anfängerkurses. Dazu müsse der Nachweis über 25 Meter Schwimmen am Stück, einen Sprung vom Beckenrand und über das Tauchen nach einem Ring in brusttiefen Wasser erbracht werden.

Bei allem Engagement beklagt Reimund Arth allerdings auch, dass es zu wenige Schwimmlehrer gibt. Die Auflagen für das Erreichen des entsprechenden Lehrscheins seien groß, schließlich gehe es nicht nur ums Schwimmen, sondern auch um pädagogische und didaktische Ansätze. Trotzdem hätten sich auch heuer wieder zwölf Interessenten aus Kulmbach und Umgebung dafür angemeldet.

Wie es konkret im Herbst weitergeht, können weder Reimund Arth noch seine Mitstreiter sagen. Weitere Anfängerkurse sind auf jeden Fall fest eingeplant. Doch auch diese Kurse sind bereits ausgebucht, so dass er potentielle Interessenten bereits auf das kommende Jahr vertrösten muss. Demnächst erwarten Reimund Arth und seine Mannschaft auch Flüchtlingskinder aus der Ukraine. Bei allen Verständigungsschwierigkeiten brächten diese Kinder aber größtenteils bereits Schwimmkenntnisse mit, so dass sie wohl keine Anfängerkurse mehr benötigten.

Die Ortsgruppe Kulmbach der Wasserwacht hat aktuell 278 Mitglieder, rund 100 davon sind auch aktiv tätig. Der Zusammenschluss bietet auch Schnuppertrainings an, so dass man bei Interesse nicht gleich Mitglied werden muss. Weitere Infos dazu gibt es beim Jugendleiter Nico Siegele unter der E-Mail-Adresse nico.siegele@wasserwacht.bayern.

Bild:
1.
Reinhardt Arth (2. von rechts) und seine Mannschaft von Wasserwacht mit Jugendleiter Nico Siegele (sitzend), Magdalena Maisel und Christoph Escher betreuen die Anfängerschwimmkurse der Wasserwacht im Kulmbacher Freibad.

Bild 2: Reimund Arth (68), Vorsitzender der Wasserwacht, Ortsgruppe Kulmbach.

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03.06.2022

Kompetente Erstversorgung durch qualifizierte Helfer / Pilotprojekt für Oberfranken: Notfall-App startet im Juli

Bayreuth/Kulmbach. Ersthelfer per Handy zu einem Notfall zu lotsen, Das ist die Idee, die hinter der Notfall-App steht. Auch im Leitstellenbereich Bayreuth/Kulmbach soll so eine App eingeführt werden. Sie startet im Juli als Pilotprojekt für ganz Oberfranken, kündigte Tobias Schif, Pressesprecher des BRK in Bayreuth auf Nachfrage an.

Ziel der App ist es, bei schweren Notfällen wie Schlaganfällen oder Herzinfarkten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes Erste Hilfe zu leisten. Das kann unter Umständen Leben retten, denn Patienten, die nicht rechtzeitig beatmet wurden, hätten beispielsweise ein deutlich erhöhtes Risiko, bleibende Schäden zu erleiden, beziehungsweise den Anfall oder Infarkt nicht zu überleben.

Hier soll die App ansetzen und für eine kompetente Erstversorgung sorgen. Um die Zeit bis zum Eintreffen qualifizierter medizinischer Hilfe zu verkürzen, sollen potentielle Ersthelfer, die sich gerade nahe des Notfalls befinden, alarmiert werden. Sie könnten durch die Leitstelle geortet und automatisch informiert werden. Mobile Retter könnten allein durch die örtliche Nähe sehr oft schneller als der Rettungsdienst am Notfallort sein und bis zu dessen Eintreffen bereits qualifizierte lebensrettende Maßnahmen einleiten, die gerade in den ersten Minuten oft entscheidend sind.

Auch im Leitstellenbereich Bayreuth/Kulmbach liegen Pläne zur Einführung einer solchen Notfall-App bereits vor, so Tobias Schif vom BRK. Geplant sei hier eine Zusammenarbeit mit dem Netzwerk für ungebundene Helferinnen und Helfer namens „Team Bayern digital“. Dort könnten sich Freiwillige registrieren lassen, die dann zum Beispiel bei größeren Schadenslagen oder Katastrophen angefordert werden.

Unter „Team Bayern digital“ können sich nach den Worten des Pressesprechers auch Freiwillige als „Team Bayern Lebensretter“ anmelden. Voraussetzung ist hier eine Ausbildung im medizinischen Bereich oder Sanitätsbereich, beziehungsweise ein Erste-Hilfe-Zertifikat, das nicht älter als zwei Jahre ist. Diese „Team Bayern Lebensretter“ könnten dann per SMS von der Integrierten Leitstelle Bayreuth/Kulmbach im Ernstfall alarmiert werden und die Erstbetreuung bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes übernehmen.

Von technischer Seite geschieht dies laut Tobias Schif folgendermaßen: Ein Notrufer meldet einen Notfall über die 112, der Disponent kann nun über Team Bayern Lebensretter einen Alarm auslösen. Den Alarm erhalten „Team Bayern Lebensretter“-Mitglieder in 400 Meter Reichweite um den Notfall. Die alarmierten Mitglieder könnten nun den Alarm annehmen oder ablehnen. Nehmen Sie den Alarm an, erhalten sie die Daten zum Patienten.

„Nehmen wir als Notfall einen plötzlichen Herzstillstand an, die ersten beiden Lebensretter die den Alarm annehmen werden zum Patienten gesendet. Ein dritter sich meldender Lebensretter wird zu einem öffentlich-zugänglichen Defibrillator gelotst und agiert dann quasi als Zubringer des Geräts“, erläutert der Pressesprecher die konkrete Vorgehensweise. Ziel des Ganzen sei es, die Zeitspanne, bis eine Versorgung des Patienten vorgenommen wird, zu minimieren. Gerade bei plötzlichen Herzstillständen, die immer noch eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland sind, entscheiden oft die ersten Minuten, über das Überleben des Betroffenen.

2016 war Ingolstadt die erste Region Bayerns, in der man die Notfall-App eingeführt hat. Inzwischen gibt es den Dienst auch in Straubing und Regensburg. Als vierte Region im Freistaat arbeitet Landsberg am Lech derzeit an der Einführung.

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18.03.2022

Bierwoche noch offen / Volksfest, Spartan-Race und Altstadtfest sollen stattfinden

Kulmbach. Wegen der Pandemie wurden in den zurückliegenden beiden Jahren nahezu alle Großveranstaltungen gestrichen. Wie soll es nun weitergehen? In Kulmbach zeigt man sich optimistisch, obwohl die Biker-Sternfahrt von den Veranstaltern bereits abgesagt wurde.

Die nächste größere Veranstaltung wird das Kulmbacher Volksfest vom 6. bis zum 15. Mai sein. Das Volksfest wird laut Veranstalteragentur Korn-Müller GbR wie geplant stattfinden, sagt Jonas Gleich, Pressesprecher der Stadt. Das Altstadtfest, das die Stadt veranstaltet, werde derzeit ganz normal geplant, in der Hoffnung, dass die Corona-bedingten Auflagen eine Durchführung am ersten Juli-Wochenende möglich machen.

Auch die Vorbereitungen für das Spartan-Race, das vom 17. bis zum 19. Juni 2022 stattfinden soll, laufen nach den Worten von Pressesprecher Gleich bereits auf Hochtouren, die Anmeldezahlen würden stetig ansteigen. Anfang August hatte die Stadt die Großveranstaltung, die bereits von Juni 2021 auf Anfang Oktober 2021 verschoben wurde, wegen der unsicheren Lage erneut abgesagt.

Die Kulmbacher Bierwoche wird von der Kulmbacher Brauerei ausgetragen, folglich liegt auch die Entscheidung, ob die Veranstaltung durchgeführt werden soll, bei der Brauerei. Pressesprecherin Natalia Schöttner konnte dabei zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Auskunft geben, ob die Bierwoche stattfindet oder nicht.

Bereits Anfang Februar hatten die Brauerei und das Bayerische Innenministerium als Mitveranstalter die Entscheidung getroffen, die Motorradsternfahrt abzusagen, zum dritten Mal in Folge. Für die Großveranstaltung, die für den 23. und 24. April geplant war, wurden zehntausende Teilnehmer erwartet. „Gesundheit geht vor", hatte Innenminister Joachim Herrmann damals verlautbaren lassen. Da für die Veranstaltung keine Eintrittskarten vergeben werden, sei eine begrenzte Teilnehmeranzahl für das größte Bikertreffen Süddeutschlands nicht vernünftig umsetzbar gewesen, hieß es aus München.

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11.03.2022

Warnung vor Jodtabletten / Kulmbacher Apotheker Hubmann rät dringend von Panikkäufen ab

Kulmbach. Seit Beginn des Überfalls von Russland auf die Ukraine ist das Interesse an Jodtabletten groß. Aus Angst vor einem atomaren Angriff wollen sich viele Menschen mit Kaliumiodid-Pillen eindecken. Einige Präparate sind bereits im Großhandel schon nicht mehr verfügbar. Es bringe aber nichts, vorsorglich, aus Angst vor einem möglichen Vorfall, die Tabletten zu schlucken, sagt Apotheker Dr. Hans-Peter Hubmann aus Kulmbach.

Auch wenn Jodprodukte in vielen Online-Apotheken seit Tagen ausverkauft sind, seien sie in Kulmbach noch lieferbar. „Aber wir raten jedem bezüglich des Kaufs aus Panikgründen ab, es besteht keinerlei Notwenigkeit“, so Hubmann. „Wir raten mit Nachdruck davon ab, sich mit Jodtabletten einzudecken.“ Das wäre auch Unsinn, da man 500 bis 1000 Tabletten nehmen müsste. Darüber hinaus schützten die Tabletten auch nur vor der Aufnahme von radioaktivem Jod in der Schilddrüse, nicht vor der Wirkung anderer radioaktiver Stoffe, wie zum Beispiel Caesium 137, Strontium 90 oder Plutonium.

Als Nebenwirkungen und Gegenanzeigen nennt Hubmann unter anderem Hautausschlag, Jucken und Brennen der Augen, Schnupfen, Reizhusten, Durchfall, Kopfschmerzen, Fieber oder ähnliche Symptome. In Einzelfällen könne es nach der Einnahme der Jodtabletten zu einer jodbedingten Schilddrüsenüberfunktion kommen. Man sollte sich deshalb besser in der Apotheke oder beim Landratsamt informieren.

Derzeit gebe es in Deutschland keine rationale Begründung für die Einnahme hochdosierter Jod-Präparate auf Grund der Situation in der Ukraine, da keine Belastung durch radioaktives Jod gegeben ist. Aufgrund der Entfernung zur Ukraine sei auch nicht damit zu rechnen, dass eine Einnahme von Jodtabletten erforderlich werden könnte.

Bei Unfällen oder Angriffen auf Kernkraftwerke könne es zur Freisetzung von radioaktiven Stoffen kommen - darunter radioaktives Jod. Es werde in gleicher Weise in der Schilddrüse gespeichert und könne Schilddrüsenkrebs hervorrufen, heißt es in einer Mitteilung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

Durch die Einnahme von Jod in hoher Dosierung könne die Speicherung von radioaktivem Jod verhindert werden. Die Dosis für Jugendliche ab 13 Jahren beziehungsweise Erwachsenen bis 45 Jahre beträgt in der Regel einmalig 130 Milligramm Kaliumiodid, entsprechend 100 Milligramm Jod. Diese Dosierung unterscheidet sich um mehrere Zehnerpotenzen von der Dosierung zur Jodsubstitution (0,1 – 0,2 Milligramm täglich) beziehungsweise um etwa das 100- bis 1000-fache der normalen täglichen Jod-Zufuhr mit der Nahrung. Eine Notfall-Einnahme von hochdosiertem Jod für Erwachsene über 45 Jahren werde nicht empfohlen.

Die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden hätten fast 190 Millionen hochdosierte Jodtabletten bevorratet, um diese bei Bedarf an die Bevölkerung auszugeben. Die Tabletten dürfen dabei erst nach Aufforderung durch die Behörden eingenommen werden. Wichtig sei dabei auch zu wissen: Werden die Tabletten zu spät eingenommen, könne sich schon radioaktives Jod in der Schilddrüse eingelagert haben. Werde das Kaliumiodid zu früh eingenommen, kann es schon wieder ausgeschieden worden sein, wenn das radioaktive Ereignis eintritt.

In der Mitteilung der Apothekerverbände heißt es weiter: „Allerdings kaufen die Leute die falschen Tabletten, viel zu gering dosiert, sie helfen gegen Schilddrüsenerkrankungen. Die Dosierung liegt im Mikrogrammbereich. Bei atomarer Bestrahlung brauchen Sie eine Dosierung im Milligrammbereich, also um das Tausendfache höher."

Im Kulmbacher Land hält sich die Nachfrage nach Jodtabletten in Grenzen, das ergab eine Nachfrage bei Apotheken im Umkreis. „Es kommen einige wenige, die schon mal nachfragen“, sagt Karl-Martin Fendt, Inhaber der Kur-Apotheke Wirsberg. Natürlich sei das Unsinn, die Tabletten, die es frei gibt, seien sowieso viel zu schwach. Von Ausverkauf oder von Panikkäufen könne aber keine Rede sein. Die Abgabemenge halte sich in absolut normalem Rahmen. Ab und zu benötige man natürlich schon Jodtabletten, aber das seien die Kunden, die Jodtabletten sowieso regelmäßig bekommen. Ansonsten müsse man das den Leuten eben erklären.

Auch Wolf Fickenscher, Inhaber der Apotheke Neuenmarkt, berichtet von einer Nachfrage nach Jodtabletten „halbwegs in normalem Rahmen“, aktuell seien sie aber über den Großhandel lieferbar, auch in Neuenmarkt könne von Panikkäufen keine Rede sein. „Alles in normalem Maß“, so Fickenscher. Eigentlich gebe es keine verstärkte Nachfrage, so Marina Gomer von der Frankenwald-Apotheke Stadtsteinach. Die Leute würden ab und zu mal Jodtabletten kaufen, aber, dass der Absatz in den zurückliegenden Tagen richtig gestiegen sei, treffe nicht zu. Jodtabletten seien immer wieder vorrätig.

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22.02.2022

Keine Disko im ehemaligen Getränkemarkt / Zukunft des Gebäudes an der Albert-Ruckdeschel-Straße weiter offen

Kulmbach. Eine Diskothek wird es wohl eher nicht. So viel dürfte schon jetzt feststehen. Doch wie geht es weiter mit dem Gebäude des ehemaligen Real-Getränkemarktes an der Albert-Ruckdeschel-Straße. Der Eingang ist verwaist. Kaum ein Auto parkt mehr vor dem Gebäude. An der Stirnseite prangt ein großes Transparent mi der Aufschrift „zu vermieten“ mit den Kontaktdaten von Kaufland-Immobilien.

Vor gut einem Jahr ist der Real-Markt Geschichte. Damals hatte der Kaufland Konzern aus Neckarsulm den Markt übernommen. Der Getränkemarkt wurde samt Pfand-Rücknahme von Anfang an in den bestehenden Markt integriert. „Derzeit führen wir Gespräche mit Interessenten für die Nachmiete des Getränkemarktes“, so Andrea Kübler von der Kaufland-Unternehmenskommunikation. Zudem stehe Kaufland in engem Kontakt mit der Stadt Kulmbach. Weitere Angaben seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, so heißt es.

Laut Jonas Gleich, dem Pressesprecher der Stadt Kulmbach hat der Eigentümer, die Kaufland Vertrieb KDSO GmbH & Co. KG, eine entsprechende Voranfrage an die Stadt Kulmbach gestellt, inwieweit die Halle von anderen Branchen genutzt werden darf. Dabei seien vom Eigentümer folgende Branchen angefragt worden: Drogerie, Textil, Schuhe, Sport, Elektro, Spielwaren, Betten, Wohnaccessoires, Tierbedarf, Autozubehör- und Service, Baustoffhandel sowie Non-Food-Nutzungen.

Die Voranfrage sei vom städtischen Bauamt auf eine rechtlich mögliche Nutzung überprüft worden. Ergebnis: „Alle vom neuen Eigentümer angefragten Nutzungsmöglichkeiten sind mit dem aktuellen Bebauungsplan rechtlich nicht vereinbar“. Im vorhandenen Bebauungsplan sei ganz klar festgelegt, dass eine zulässige Nutzung lediglich auf Getränke und Garten- sowie Campingartikel beschränkt ist. Rechtlich zulässige Befreiungen könnten nur in einem engen Ermessensrahmen erteilt werden.

Nach den Worten von Pressesprecher Jonas gleich ist eine Nutzung der Fläche als Fitnessstudio oder als Tanz- und Ballettstudio, Kulturhalle oder Diskothek allein schon bauplanungsrechtlich aktuell so nicht vorgesehen und deshalb rechtlich nicht zulässig. Das Innenstadtentwicklungskonzept sei dabei ganz klar als informative Entscheidungshilfe als Richtschnur zu sehen.

„Es ist eine Einzelfallentscheidung, in der ganz konkret abzuprüfen ist, was ist bauplanungsrechtlich möglich und was nicht“, so der städtische Pressesprecher. Bei konkreten Anfragen habe das Stadtratsgremium das letzte Wort. Aus fachlicher Sicht werde aber ganz konkret auf den Bebauungsplan und seine rechtlichen Vorgaben abgestellt, die für diesen Bereich der Albert-Ruckdeschel-Straße 16 eben nur bestimmte Branchen vorsehen.

Bild: Steht nun bereits seit über einem Jahre leer: der ehemalige Real-Getränkemarkt auf dem Gelände des heutigen Kaufland-Marktes. Eine zukünftige Nutzung steht derzeit in den Sternen.

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02.08.2021

Minimale Strahlenbelastung bei optimalem Empfang / Mainleuser Bürgerinitiative lehnt 5G-Mobilfunkmasten ab

Mainleus. Ganz konkret geht es um einen geplanten Funkmasten, der die Ortsteile Motschenbach, und Wüstenbuchau, den Weiler Bechtelsreuth und Teile von Buchau mit dem neuen 5G-Mobilfunkstandard abdecken soll. 30 bis 40 Meter soll der Mast hoch sein und entweder in Beton- oder in Stahlbauweise auf Gemeindegrund errichtet werden. Derzeit bewertet man die vier in Frage kommenden Standorte bewertet, im Herbst soll es dann eine Bürgerversammlung geben.

„Wir wollen den Masten nicht unbedingt komplett verhindern“, sagte Alexander Kaiser von der Mainleuser Bürgerinitiative „Weniger Funk – Glücklich & Gesund“ bei einem Ortstermin. „Wir wollen vielmehr, dass die Technologie mit der geringsten Strahlenbelastung für den Menschen und damit sinnvoll eingesetzt wird“, so der Biologe. Das bedeutet im Klartext: die Bürgerinitiative würde einem Standort, bei dem die Menschen minimal belastet werden, nicht zwangsläufig negativ gegenüberstehen.

Minimale Strahlenbelastung und trotzdem Mobilfunkempfang für jeden: Alexander Kaiser ist sich sicher, dass dies verwirklicht werden kann, ob allerdings auf Gemeindegrund, das ist fraglich. Vergleichbare Funkmasten, wie der geplante, gibt es bereits, etwa in Petzmannsberg oder in Burghaig. Sie alle sind Teil der Digitalisierungsprogramme von Bund und Ländern, mit denen sämtliche Funklöcher beseitigt werden sollen.

Doch muss das wirklich sein, fragen sich die Mitglieder der Bürgerinitiative. Generell stehen sie dem neuen Mobilfunkstandard 5G skeptisch gegenüber. Dabei sind sie nicht alleine, Immer mehr Städte und Gemeinden im In- und Ausland stoppen derzeit den Ausbau. Die prominentesten Vertreter sind dabei die Metropolen Brüssel, Florenz und Genf. Allein in Italien hätten bereits 100 Gemeinden den 5G-Ausbau gestoppt.

BI-Sprecher Alexander Kaiser sieht hierzulande einen massiven Zwiespalt zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen auf der einen Seite und der Gesundheit der Menschen auf der anderen Seite. Niemand könne sich der hochfrequenten elektromagnetischen Strahlung, also der Strahlung durch Mobilfunksendeanlagen, entziehen, schon jetzt litten viele Mitbürger an Elektrosensibilität, wobei Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Artikulationsschwierigkeiten oder Konzentrationsschwächen noch die harmlosesten Ausprägungen sind.

Wenn offizielle Stellen immer wieder darauf verweisen, dass alle Grenzwerte eingehalten werden, dann hält die Bürgerinitiative dagegen, dass Deutschland zusammen mit den USA die weltweit höchsten Grenzwerte für Funkstrahlungen haben, die noch dazu bereit vor mehreren Jahrzehnte festgelegt worden seien. Es gebe mehrere hundert wissenschaftliche Studien, aus denen hervorgeht, dass bereits weit unterhalb dieser Grenzwerte massive gesundheitliche Beeinträchtigungen auftreten können, Zellen würden zerstört, Schäden an den Organen seien die Folge, Beispiele dafür gebe es genügend, doch sie würden einfach ignoriert.

Nach den Worten von Alexander Kaiser gebe es auch keinen vernünftigen Anwendungsbereich für 5G. Schon jetzt sei das in diesem Zusammenhang immer wieder genannte autonome Fahren möglich. Der BI-Sprecher wirft den Betreiber vielmehr Gewinnmaximierung um jeden Preis vor. Dazu gehöre beispielsweise auch, dass der Nutzer möglichst alle zwei Jahre ein neues Smartphone benötigt, mit dem dann dank 5G Unmengen an Daten gesammelt werden können.

Enttäuscht sind Alexander Kaiser und seine Mitstreiter, dass sie bislang von vielen Entscheidungsträgern einfach ignoriert werden. „Wir bieten jedem das Gespräch an, doch kaum jemand reagiert auf uns“. In der Bürgerinitiative „Weniger Funk – Glücklich & Gesund“ sind aktuell rund eineinhalb Dutzend Mitstreiter aktiv, die Initiative ist Mitglied im „Bund Verantwortungsvoller Mobilfunk Deutschland“ (bvmde), zu dem sich 180 Bürgerinitiativen zusammengeschlossen haben. Sie sieht sich auch als Nachfolger der Initiative, die sich 2018 wegen des geplanten Mobilfunkmastes in Schwarzach gegründet hatte.

Bild: Gemeinsam gegen 5G (von links): Kurt Nagel, Susanne Bauer, Alexander Kaiser und Anita Nagel von der Bürgerinitiative „Weniger Funk – Glücklich & Gesund“.

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06.07.2021

Staatliche Berufsschule Pegnitz: Dreimal Traumnote 1,0 / Staatspreise für überragenden Ausbildungsabschluss

Pegnitz. Eigentlich hätten 35 Schüler den Preis verdient, denn alle 35 haben in ihrem Abschluss an der Staatlichen Berufsschule Pegnitz einen Notendurchschnitt von unter 1,5 erzielt. Drei davon haben sogar 1,0 erreicht: Jonas Forster, Marvin Held und Florian Schriefer. Alle drei bekamen aus den Händen der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer dafür einen Staatspreis ausgehändigt.

Für eine doch eher kleine Berufsschule sei das eine erstaunliche Zahl, sagte Schulleiter Martin Abt bei einer kleinen Feierstunde. Bei den drei Besten handelt es sich zwei Mal um angehende Industriemechaniker und beim dritten um einen Zerspanungsmechaniker.

Brendel-Fischer stellte bei der Übergabe den hohen Wert der dualen Ausbildung heraus. „Die praktische Komponente wird immer wichtig sein“, sagte sie. Darüber hinaus seien stets auch junge Leute mit Ideen und Risikobereitschaft gefragt. Die herausragenden Leistungen zeigten einmal mehr auch die große Bedeutung des Berufsschulstandortes Pegnitz.

Zwei weitere Schüler erhielten bei der Feierstunde außerdem eine Urkunde zum Bestehen des seltenen Englisch-Zertifikats für Metallberufe der Kultusministerkonferenz: Marcel Neubauer und Jannis Schirmer. Die vorangegangene Prüfung deckt auf dem Level eines mittleren Schulabschlusses sämtliche Kompetenzen ab, die im Fremdsprachenunterricht von Bedeutung sind. Die beiden Absolventen empfehlen sich damit als die idealen Mitarbeiter für jeden Betrieb.

Der Freistaat Bayern ehrt alle Absolventen, die im Abschlusszeugnis der Berufsschule einen Gesamtnotendurchschnitt von mindestens 1,50 erreicht haben, für ihre hervorragenden schulischen Leistungen mit einer Staatspreisurkunde. Für Schüler mit einem Schnitt von 1,0 gibt es zudem eine kleine Anerkennung in Form eines Geldbetrages.

Bild: Schulleiter Martin Abt, Jonas Forster, die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, Florian Schriefer, Marvin Held und Personalleiter Volker Plotz von der KSB in Pegnitz.

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13.11.2020

Aufbruchsstimmung im Fichtelgebirge / In Marktredwitz entsteht ein neuer Stadtteil

Marktredwitz. Noch vor einigen Jahren hatte man den Exodus vermutet. Die Einwohnerzahlen nahmen ab, immer mehr Menschen kehrten dem Fichtelgebirge den Rücken, Demographieforscher schlugen Alarm. In Marktredwitz hat sich die Situation jetzt um 180 Grad gedreht. Das Fichtelgebirgsstädtchen im Landkreis Wunsiedel wächst und wächst. Viele Menschen kehren wieder in ihre Heimatstadt zurück, die Geburtenrate steigt. Das braucht Platz, neue Baugebiete allein reichen da nicht mehr aus, mitten in Marktredwitz entsteht ein komplett neuer Stadtteil.

Nachdem die Region jahrelang mit dem Strukturwandel zu kämpfen hatte, herrscht jetzt Aufbruchsstimmung, sagt Oberbürgermeister Oliver Weigel (CSU). „Noch vor Jahren habe man sich Gedanken darüber gemacht, welche Einrichtung man zuerst schließen müsse“, erinnert sich Weigel, der schon 2008 in den Stadtrat eingezogen war. Nun sei das genaue Gegenteil eingetreten. 17250 Einwohner hat Marktredwitz aktuell, was ein jährliches Wachstum im zweistelligen Bereich bedeutet. Die Geburtenrate steige seit 2016 und seitdem gebe es auch mehr Zu- als Wegzüge.

Hauptgrund dafür ist es nach den Worten des Stadtoberhaupts, dass Marktredwitz schon immer gut aufgestellt ist. Die Stadt liege verkehrstechnisch hervorragend am Schnittpunkt von Bundesstraße B303 und Autobahn A93, sei Schulstadt, Handelsstadt, biete Arbeitsplätze und habe seit Beginn seiner Amtszeit als OB im Jahr 2014 verstärkt darauf geachtet, dass stets genügend attraktiver Wohnraum zur Verfügung steht. „Damals gab es kein einziges Baugebiet“, erinnert sich Weigel. Derzeit seien gleich vier mit zusammen 120 Bauplätzen erschlossen und sämtliche Plätze seien praktisch verkauft.

Warum also nicht gleich einen ganzen Stadtteil aus der Taufe heben, dachten sich die Verantwortlichen im Rathaus, und hier kommt das drei Hektar große Benker-Areal ins Spiel. Nur noch ein Schornstein erinnert dort noch an die Vergangenheit. In der ehemaligen Baumwollspinnerei und Weberei ratterten lange noch die Webstühle, bis zu 1200 Menschen hatten in der Textilfabrik mit einst 900 Webstühlen ihren Arbeitsplatz. 2008 war nach einem langen Niedergang aber dann endgültig Schluss.

Mittlerweile ist bis auf den Schornstein fast alles abgebrochen und ein städtebaulicher Wettbewerb ist bereits in der Umsetzung. Als erstes wird Platz für Kinder geschaffen. Die 175 Plätze im „Kössein-Kinderhaus“, das bereits im September 2021 eröffnen soll, sind bereits ausgebucht. Nicht nur ein Kindergarten und ein Kinderhort sollen dort gebaut werden, auch eine Kindertagesstätte. Das sei auch dringend notwendig, so Stadtplaner und Projektleiter Alexander Rieß. Bereits 2017 sei man bei den Kindereinrichtungen an der Kapazitätsgrenze angelangt und habe kurzfristig ein Provisorium aus dem Boden stampfen müssen. Bauherr der neuen Einrichtung ist die städtische Wohnungsbaugesellschaft, Betreiber wird die evangelische Kirche sein. Alexander Rieß schwärmt vor allem von der naturnahen und ökologisch bedeutsamen Holzbauweise mit viel Glas, begrünten Dächern und etlichen Anspielungen auf Michael Endes Kinderbuchfigur Jim Knopf.

Daneben soll es genug Platz für Behörden, Büros, Gastronomie-Betriebe, ein kleines Hotel und vor allem für Wohnungen geben. „Insgesamt werden dort einmal rund 250 Menschen leben“, sagt OB Weigel. Er sieht auch in der Heimatstrategie des Freistaates mit der geplanten Behördenverlagerung einen wichtigen Grund für die Nachfrage nach Wohnraum in seiner Stadt. Unter anderem soll eine komplett neue Justizvollzugsanstalt mit 200 Arbeitsplätzen errichtet werden. Bewerbungen gebe es bereits jetzt. Aber auch darüber hinaus habe es sich eben herumgesprochen, dass der ländliche Raum lebenswert ist.

Bilder:
1. So sah es einmal aus, das Benker-Areal in Marktredwitz. Nach dem Abriss der alten Fabrikgebäude soll auf dem Gelände jetzt ein komplett neuer Stadtteil entstehen.
Foto: Stadtarchiv Marktredwitz
2. Oberbürgermeister Oliver Weigel (links) und Stadtplaner Alexander Rieß besprechen die Planungsentwürfe für den neuen Stadtteil Benker-Areal in Marktredwitz.
 

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01.11.2020

Friedensarbeit unter keinem guten Stern / Das große Friedensfest in Meeder wird auf 2022 verschoben

Meeder. Nun fällt es also doch aus: das im zehnjährigen Turnus stattfindende große Friedensfest in Meeder wird 2021 nicht stattfinden. Der Kirchenvorstand habe so entschieden, bedauert Henning Schuster, 2. Vorsitzender des Vereins Friedenmuseum Meeder. Obwohl das große „Dank- und Friedensfest“, so der offizielle Name, erst in der zweiten Augusthälfte 2021 hätte stattfinden sollen, habe man sich jetzt bereits für die Absage und eine Verschiebung auf 2022 entschieden.

Offiziell begründet wird die Absage mit Planungsunsicherheiten aufgrund der Corona-Pandemie. So könnten beispielsweise Hartmut Korndörfer und seine „Choradstanten“, das sind die Männer des Kirchenchors und die Mitglieder des Posaunenchors der Laurentiuskirche, auf absehbare Zeit nicht mehr proben. Gerade sie aber leisteten einen ganz wichtigen Part zum Gelingen des Festes.

Gefeiert wird alljährlich. Auch im zurückliegenden August, wenn auch nur mit einem auf das Minimum reduzierte Programm, einem Festgottesdienst und mit Musik vom Band. Alle zehn Jahre aber wird groß gefeiert. Termin für 2001 wäre der 19. bis 29. August gewesen. Auf dem Programm stand unter anderem ein eigens einstudiertes Schülermusical, die große Friedensrede eines prominenten Sprechers, einer Kinderbibelwoche, Vorträgen, Konzerten und einem Festgottesdienst mit Friedenspredigt. Das alles wurde jetzt auf Eis gelegt

Meeder bei Coburg ist neben Augsburg der einzige Ort in Bayern, der sich dem Friedensdank verschrieben hat, und das mittlerweile seit fast 370 Jahren. Herzog Friedrich Wilhelm II. war es, der 1650, zwei Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges das große „Dank- und Friedensfest“ angeordnet hatte. Genauso wie damals wird es auch heute noch am Sonntag nach dem Sebaldus-Tag (19. August) gefeiert. Alle zehn Jahre ganz groß, nur ein einziges Mal ist das Fest bisher ausgefallen. Das war 1944.

Henning Schuster stimmt die aktuelle Entwicklung nachdenklich. Sowohl die politische Gemeinde als auch die Kirchengemeinde würden die große Bedeutung des Festes nicht erkennen, sagt er. Er gibt auch zu bedenken, dass das Friedensfest kein Feuerwehrfest, sondern eine Veranstaltung mit weit überregionaler Bedeutung und internationaler Ausstrahlung ist. Nicht nur Corona sei an der Absage schuld, mutmaßt Henning Schuster, auch mangelnde Planungskonzeption. „Wenn man das fest immer keiner fährt, gerät es eines Tages wohl ganz in Vergessenheit“, befürchtet er. Doch dafür sei das fest viel zu wertvoll. Dabei sei Friedensarbeit aktuell wichtiger denn je.

Ebenfalls brach liegt die Arbeit derzeit im Friedensmuseum von Meeder. Die Einrichtung, die 1982 vom damaligen Pfarrer Karl Eberhard Sperl gegründet wurde, und die mittlerweile in den Räumen der Anna-Eckstein-Schule untergebracht ist, hatte nicht nur wegen Corona monatelang geschlossen. Erst sei der Brandschutz modernisiert worden, nun würden jede Menge Kabel zur Digitalisierung der Schule eingezogen, so dass das Museum eher einer Baustelle gleicht.

In der Ausstellung werden normalerweise die unterschiedlichsten Exponate zum Thema Frieden gezeigt. Zu Kreuzen umgeschmiedete Patronenhülsen von Kindersoldaten in Afrika etwa, zu Küchensieben umgearbeitete Wehrmachtshelme aus dem Zweiten Weltkrieg oder ein Brautkleid, das 1946 in Ermangelung anderen Stoffes aus einem Militärfallschirm genäht wurde. Weitere Themen, die anhand interessanter Exponate aufgegriffen werden, sind die Friedensbewegung der DDR („Schwerter zu Pflugscharen“), der Konflikt zwischen Kirche und Nationalsozialismus von 1934 bis 1945 und Zeitzeugenschilderungen aus der NS-Diktatur, dem Zweitem Weltkrieg und der Nachkriegszeit.

Zumindest was das Museum angeht, haben Henning Schuster und seine Mitstreiter eine zeitliche Perspektive. Zum Ende der Herbstferien soll das Museum wieder öffnen und seine wichtige Friedensarbeit aufnehmen.

Bild: In der Anna-Eckstein-Schule in Meeder ist das Friedensmuseum untergebracht. Die Einrichtung spielt eine wichtige Rolle beim großen „Dank- und Friedensfest“, das bereits jetzt von 2021 auf 2022 verschoben wurde.

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06.10.2020

Lesen darf kein Luxus sein / Integrationsrucksack soll Sprachkompetenz fördern - Gudrun Brendel-Fischer startete Projekt

Bayreuth. Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz hat früher immer gerne Astrid Lindgren und Otfried Preußler gelesen, Oberbürgermeister Thomas Ebersberger Karl May und die „Fünf Freude“, Ines Schönauer vom Kinder- und Elternzentrum „Mama Mia“ in Bayreuth die Geschichten von Christine Nöstlinger. Nicht alle haben das Glück, die großen Klassiker lesen zu dürfen. In Syrien, so berichtete Mezkin Hussein aus Kulmbach, sei die Lesekultur lange nicht so ausgeprägt gewesen, wie in Deutschland und nach den Worten von Ibukun Koussemou, Bayreuther Integrationsbeauftragter aus dem westafrikanischen Benin sagt: „In  meinem Heimatland ist Lesen noch heute ein Luxus“.

Nicht alle haben also das Glück, schon im Kindesalter die großen Kinderbuchklassiker lesen zu dürfen. Das soll sich mit dem Integrationsrucksack, einer Initiative von Gudrun Brendel-Fischer, ändern. Die Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung und Bayreuther Landtagsabgeordnete stellte im Evangelischen Gemeindehaus in Bayreuth das Projekt vor und gab, nach Rosenheim vor wenigen Tagen für Südbayern, zugleich den Startschuss für die Verteilung des Leserucksacks in Nordbayern.

In dem Rucksack, der von der Firma AFW Kreativ in Marktleugast hergestellt wurde, sind neben Buntstiften, Blocks, einem kleinen Plüschlöwen und Gummibärchen jeweils verschiedene Kinderbücher und –spiele, die Lust aufs Lesen und auf die deutsche Sprache machen sollen. Dabei seien ausdrücklich nicht nur Kindern mit Migrationshintergrund angesprochen, sondern auch Einheimische. Der Integrationsrucksack soll in den kommenden Wochen anzahlreiche Mütter- und Familienzentren, Büchereien sowie an entsprechende Einrichtungen und deren Vorlesepaten geliefert werden.

Projektpartner der Aktion ist der Bayerische Landesverband der Mütter- und Familienzentren. Dessen Vorsitzende Susanne Baier nannte vor allem das Vorlesen ein ganz zentrales und wichtiges Thema in den Zentren. Viele Mamas und Papas, Omas und Opas agierten in den Zentren als Vorlesepaten und könnten künftig auf die neuen Bücher zurückgreifen. „Damit können wir ganz gezielt Sprachförderung betreiben“, so Baier.

Wie das geht zeigte bei der Auftaktveranstaltung Brigitte Opel aus Bayreuth, die in der Stadtbibliothek in Bayreuth regelmäßig als ehrenamtliche Vorleserin tätig ist. Die ersten Integrationsrucksäcke erhielten die fünfjährige Yildis und die achtjährige Lamar aus den Händen von Gudrun Brendel-Fischer und Susanne Baier. Noch einen direkten Bezug zur Region hat das Projekt: Das Maskottchen auf den Rucksack hat der Bayreuther Künstler Matthias Ose gestaltet, der kleinen Plüschlöwe im Rucksack stammt von der Mistelbacher Firma Sigikid.

Bilder:
1. Bücher, Spiele und ein kleines Plüschtier beinhaltet der Integrationsrucksack, der vn AWF Kreativ in Marktleugast hergestellt und vom Bayreuther Karikaturisten Matthias Ose mit einem Logo versehen wurde.
2. Vorsitzende Susanne Baier vom Landesverband der Mütter und Familienzentren, die fünfjährige Yildis, Moderator Christian Höreth, die achtjährige Lamar und die Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer stellten den neuen Integrationsrucksack vor.


Die Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung und Bayreuther Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer (links) - Vorsitzende Susanne Baier vom Landesverband der Mütter und Familienzentren (rechts)



Die oberfränkische Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz (links) - Brigitte Opel aus Bayreuth, ehrenamtliche Lesepatin (rechts)

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14.09.2020

Zwischen Natur und digitaler Welt / Schule, Schanze, Sporthalle: MdL Brendel-Fischer sieht Warmensteinach auf gutem Weg

Warmensteinach. Der Neubau der Sporthalle in Warmensteinach macht Fortschritte. Der Rohbau ist fast fertig, aktuell fehlt nur noch das Dach. „Wir gehen davon aus, die neue Halle im Mai oder Juni 2021 einweihen zu können“, sagte der Erste Bürgermeister Axel Herrmann bei einem Besuch des Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer.

Die neue Sporthalle hat mit 24 auf 14 Meter zwar die gleiche Fläche, wie die bisherige Sport- und Festhalle, sei aber überaus modern angelegt und besitze einen integrierten Geräteraum, einen Nebentrakt für Sanitär- und Sozialräume sowie Technik- und Lagerflächen. Außerdem werde die Beheizung energetisch wertvoll mit Holzpellets erfolgen.

Die alte Halle sei längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit gewesen. Eine Sanierung wäre jedoch teurer gewesen als an gleicher Stelle neu zu bauen. Da sei der Gemeinde das Kommunale Investitionsprogramm Schule (KIPS) gerade recht gekommen, mit dem Maßnahmen zur Verbesserung der Energiebilanz unterstützt werden. Insgesamt soll der Neubau rund 2,5 Millionen Euro kosten, der Zuschuss liege bei rund 1,1 Millionen Euro. „Ich hoffe, dass der Neubau auch den Schulstandort nachhaltig stärkt“, so Herrmann.

Was die Grundschule in Warmensteinach angeht, hatte Bürgermeister Herrmann eine weitere gute Nachricht. Die Schule soll schon bald offiziell Naturpark-Schule werden. Ziel sei es unter anderem, Schülern Naturparks als vielfältige Lern- und Erfahrungsorte nahezubringen und sie für die Besonderheiten der Heimat zu sensibilisieren. Originäre Erfahrungen von Natur und Kultur im Umfeld der Schule sollen dabei einen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung ermöglichen. Bürgermeister Herrmann nannte es besonders wichtig, junge Leute in ihrem digitalen Umfeld für die Natur zu sensibilisieren.

Die Grundschule in Warmensteinach besuchen nach den Worten von Rektorin Carmen Trendel derzeit 66 Schüler in vier Klassen. Große Fortschritte habe die Schule aber auch in Sachen Digitalisierung gemacht, so Herrmann. Warmensteinach habe von mehreren Förderprogrammen des Freistaats profitiert, hauptsächlich vom bayerischen Digitalpakt, als auch vom „Digitalen Klassenzimmer“.

Als wegweisend bezeichnete Brendel-Fischer bei ihrem Besuch das vielfältige Angebot und die gute Ausstattung der Warmensteinacher Grundschule. Einen echten Mehrwert für die Gemeinde stellten außerdem das neue Seniorenheim mitten im Ort, sowie die hervorragende Anbindung mit Radwegen dar. Auch die Grundversorgung stehe, unter anderem mit Arzt und Apotheke.

Kaum noch ein Thema seien dem Bürgermeister zufolge die Leerstände. Viele ehemalige Warmensteinacher kehrten mittlerweile wieder ins Fichtelgebirge zurück, auch junge Familien und Menschen, die früher als Urlauber im Ort waren, fänden Gefallen an der Fichtelgebirgsgemeinde mit ihren immer noch rund 900 Gästebetten. Deshalb möchte Herrmann nun auch die Ortsmitte attraktiver gestalten. Vorstellen könne er sich beispielsweise ein Velo-Hotel im ehemaligen Hotel zu Post. Dazu sei allerdings ein privater Investor notwendig. Immer noch leer steht dagegen das ehemalige Panorama Sporthotel. Seitdem der letzte Gast 2008 gegangen war, habe sich in dem Hotel am Hang oberhalb von Warmensteinach nichts mehr getan.

Licht am Horizont sieht der Bürgermeister dagegen in Sachen K-45-Skisprungschanze. Sie sollte bereits 2012 gebaut werden und zum Winter 2013/14 zur Verfügung stehen. Aufgrund zahlreicher Probleme kam es in der Folge zu einem jahrelangen Stillstand. „Die Schanze ist als Einstiegsschanze für das Landesleistungszentrum enorm wichtig“, sagte Bürgermeister Herrmann, der selbst Skispringer war. Aufgrund der Größe würden Anfänger hier erstmals ein echtes Gefühl für den Sport bekommen. Im Training fehlt die Schanze dem Skispringernachwuchs, denn mit der künftigen Sprungweite von 45 Metern läge sie genau zwischen den beiden Bischofsgrüner Schanzen mit 30 beziehungsweise 64 Metern.

Bilder:
1. Bürgermeister Axel Herrmann zeigte der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer den Rohbau der neuen Sporthalle.

2. Bürger
meister Axel Herrmann, Lehrkraft Michaela Deinlein, Rektorin Carmen Trendel und die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer (von links) beim Besuch der Grundschule Warmensteinach.

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11.09.2020

Zusammenhalt wichtiger denn je / MdL Brendel-Fischer und Vertreter des Schulamtes diskutierten über Schule in Pandemie-Zeiten

Bayreuth. Ein positives Fazit über den Schulstart haben Vertreter der Staatlichen Schulämter von Stadt und Landkreis Bayreuth gezogen. „Wir sind froh, dass das neue Schuljahr so stabil anlaufen konnte“, sagte Schulamtsdirektor Werner Lutz bei einer Veranstaltung der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer in Bayreuth. Er sprach aber auch von einem ungewöhnlichen Jahr und einer Atmosphäre, die nicht ganz so entspannt sei, wie man es gewohnt ist. Zusammenhalt sei deshalb aktuell wichtiger, denn je zuvor.

Die Schüler würden mit der Situation sehr professionell umgehen und die Sache ernster nehmen, als so mancher Erwachsener, sagte Schulrätin Petra Rauh. Eine erste Umfrage unter den Lehrkräften habe ergebe, dass Rücksichtsname, Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt, Zusammenarbeit und der gegenseitige Austausch sowohl unter den Kollegen als auch unter den Schüler an erster Stelle stehe.

Relativ harmonisch funktioniere in Bayreuth Stadt und Land auch der Schülertransport, fast scheine es heuer ruhiger als in den Vorjahren so Lutz. Auch die gute Lehrerversorgung sprach den Schulamtsdirektor an: „In jeder Klasse steht ein Lehrer“. Darüber hinaus gebe es noch die sogenannte mobile Reserve. Als ein wichtiges Problem bezeichnete er die mangelnde Planbarkeit. „Wir reagieren derzeit mehr, als wir agieren“, sagte er.

Schulamtsdirektor Lutz und Schulrätin Rauh stellten auch den Drei-Stufen-Plan des Kultusministeriums vor, der sich an der 7-Tages-Inzidenz-Zahl, also an der Zahl der Neuinfektionen der letzten sieben Tage pro 100000 Einwohner in einem Landkreis der einer kreisfreien Stadt errechne. Derzeit gelte Stufe 1 mit einem Regelbetrieb unter Hygieneauflagen. Stufe 2 gehe von einem Inzidenzwert von 35 bis 50 aus. Dabei müssten die Schüler ihre Mund-Nasen-Bedeckung im Klassenzimmer auch am Sitzplatz tragen, wenn der Abstand von 1,5 Metern nicht gewährleistet ist. Liege der 7-Tage Inzidenzwert bei über 50 müssten die Klassen unter anderem wieder geteilt werden und der Unterricht finde im wöchentlichen oder täglichen Wechsel statt.

Man gehe aber schon mit einem gewissen Menschenverstand an die Sache ran, versicherte Lutz. Die endgültige Entscheidung werde immer das Gesundheitsamt in Abstimmung mit der Schulaufsicht treffen. Möglich seien auch unterschiedliche Regelungen für einzelne Gemeinden innerhalb des gleichen Kreises.

Als größte Sorge bezeichnete die Abgeordnete Brendel Fischer, eine Situation, in der ein Präsenzunterricht nicht gewährleistet werden könne. Dann werde es für viele Eltern eng. Die Kommunen als Schulaufwandsträger sollten sich deshalb frühzeitig überlegen, wie sie den Eltern zur Seite stehen könnten.

Brendel-Fischer gab aber auch zu bedenken, dass die Pandemie einen absoluten Ausnahmezustand darstelle, den noch niemand erlebt habe. „Es gibt keinerlei Erfahrungswerte“, so die Abgeordnete. Niemand könne wissen, wie sich das ganze weiterentwickle, sicher werde es noch Klärungsbedarf geben, der sich erst in den kommenden Wochen herausstellen wird.

In Sachen Digitalisierung hatte sie eine gute Nachricht für die Schulen in Stadt und Land. Bis 2024 werden Wartungs- und Serviceleistungen vom Bund, unterstützt mit Landesmitteln finanziert. Danach werden sich der Freistaat und der jeweilige Sachaufwandsträger die Kosten hälftig teilen. Dazu sollen in jedem Landkreis und in jeder Stadt IT-Kompetenzzentren zur Systembetreuung eingerichtet werden. Die bereits bestehenden Medienzentren würden sich nach Aussage dessen Leiters in Bayreuth, Bernd Zimmermann, dafür eignen. Nichts sei schlimmer, als wenn jede Schule einen eigenen Computertechniker selbst organisieren muss, so die Abgeordnete.

Das Staatliche Schulamt Bayreuth ist aktuell für 7729 Schüler in der Stadt und im Landkreis Bayreuth zuständig. Nach den Worten von Werner Lutz wurden in diesem Jahr 1338 ABC-Schützen eingeschult, 524 davon in der Stadt und 814 im Landkreis. Damit habe es in der Stadt 77 mehr und im Landkreis 56 weniger Erstklässler gegeben, als im Vorjahr. Mit der Vorstellung der Bildungsinitiative „MINTphilMal“ (steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik, philosophieren und malen) durch die frühere Schulamtsdirektorin Marina Lindner wurde bei der Veranstaltung abseits von Corona auch ein Blick in die Zukunft gerichtet. Ziel der Initiative ist die Förderung einer mehrdimensionalen und generationenübergreifenden Bildung in all ihren Facetten.

Bild: Zusammen mit zahlreichen Bürgermeistern aus dem Landkreis diskutierte die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer (rechts) mit Schulamtsdirektor Werner Lutz, Schulrätin Petra Rauh und der früheren Schulamtsdirektorin Marine Lindner (von links) über Schule im Pandemie-Modus.

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05.09.2020

Neue Seilbahn auf den Ochsenkopf: „Von großer Tragweite für die gesamte Region“ / Klausur der CSU-Kreistagsfraktion in Bischofsgrün

Bischofsgrün. Der geplante Bau einer neuen Seilbahn am Ochsenkopf stand im Mittelpunkt der Klausurtagung der CSU-Kreistagsfraktion in Bischofsgrün. Vor der Zusammenkunft im Hotel Kaiseralm trafen sich die Kreisräte an der Talstation Nord, wo Betriebsleiter Andreas Schreyer den Stand der Dinge erläuterte. Der Bau einer neuen Seilbahn von Bischofsgrün aus auf den Ochsenkopf gilt als Leuchtturmprojekt für die gesamte Region, er wird nach ersten Schätzungen auf etwa 26 Millionen Euro beziffert.

Geplant sind nach den Worten von Betriebsleiter Schreyer geschlossene Gondeln, die im Ganzjahresbetrieb laufen sollen und insbesondere auch Fahrräder, Rollstühle, Schlitten und Kinderwägen aufnehmen können. Während aktuell 109 Zweier-Sessel in Betrieb sind, würden bei der Realisierung 50 bis 60 Gondeln ausreichen. Dadurch werde die Bahn auch für Kinder und Jugendliche attraktiver, da derzeit für die Fahrt ohne Aufsichtsperson ein Mindestalter von 12 Jahren erforderlich ist. Vor allem bei Gruppen sei dies im Moment problematisch. Auch Rettungstransporte wären bei den neuen Gondeln weitaus einfacher.

Den Einwand, dass Skifahrer ihre Bretter abschnallen müssen, ließ der Betriebsleiter nicht gelten. Dafür sei die Fahrzeit deutlich kürzer. Außerdem soll die neue Seilbahn auf den Ganzjahrestourismus und nicht nur auf den Winter abzielen. Kabinen böten dabei den optimalen Schutz vor Wind und Wetter.

Laut Schreyer fährt die alte Anlage seit ihrer Inbetriebnahme vor 30 Jahren rund 2500 Betriebsstunden pro Jahr. Die Bauzeit für eine neue Seilbahn bezifferte er auf etwa ein dreiviertel Jahr. In dieser Zeit stünde für die Besucher des Ochsenkopfs zumindest von der Nordseite aus keine Bahn zur Verfügung.

Von einem Projekt, das den gesamten Landkreis bewegt und das für die gesamte Region von großer Tragweite ist, sprach der Fraktionsvorsitzende Franc Dierl (Speichersdorf). Mit der Erneuerung der Bahn werde es allerdings nicht getan sein. Notwendig sei vielmehr ein komplettes Management und Marketingkonzept. Für die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer ist die Investition in eine zukunftsorientierte Nachfolgelösung alternativlos. Offene Fragen müssten rasch geklärt werden. Guido Schreiner vom Hotel Kaiseralm bezeichnete die Bahn als essentiell für seinen Betrieb. Er rief dazu auf, die Attraktionen auf und rund um den Ochsenkopf besser zu verknüpfen. Wenn die Bahn ein Jahr lang still steht, werde das für ihn die zweite Herausforderung nach Corona binnen kürzester Zeit. Die dringende Notwendigkeit einer neuen Seilbahn machte der stellvertretende Landrat Klaus Bauer daran fest, dass die Wartezeiten in den zurückliegenden Jahren ständig gestiegen seien. „Wir müssen aufpassen, dass uns die Wintersportgebiete im benachbarten Tschechien und im Erzgebirge nicht den Rang ablaufen.“

Als großen Fortschritt bezeichnete Betriebsleiter Schreyer den „Alpine Coaster Ochsenkopf“. Seit August 2015 sorge die neue, zwei Millionen Euro teure Allwetterrodelbahn bei der Talstation Nord für Aufsehen und habe die Besucherzahlen von bisher rund 100000 auf 150000 pro Jahr in die Höhe geschraubt. „Die Einnahmen waren deutlich höher als sämtliche Prognosen“, so der Betriebsleiter. Der Coaster ermöglicht schon während der gut 700 Meter langen Bergauffahrt atemberaubende Ausblicke auf das Fichtelgebirge, ehe sich die Besucher in die über 1000 Meter lange und überaus abwechslungsreiche Abfahrt stürzen kann. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 40 Stundenkilometern, die zurückgelegte Höhedifferenz bei 140 Metern.

Nicht geöffnet werden konnte bislang aufgrund der Corona-Problematik die alte Sommerrodelbahn. Im Gegensatz zum „Alpine Coaster“ kann sie bei Regen ohnehin nicht betrieben werden. Ins Gespräch brachte Betriebsleiter Schreyer auch eine Winterrodelbahn. Skifahren und Rodeln auf einer Piste sei nicht möglich. Ein Vorteil einer eigenen Rodelbahn sei es außerdem, dass sie auch bei wenig Schnee befahren werden kann. Die Schlitten könnten in der neuen Kabinenbahn problemlos transportiert werden.

Bild: Die CSU-Kreistagsfraktion beim Ortstermin an der Talstation Nord der Ochsenkopf-Seilbahn.

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04.08.2020

Nachhaltige Verbesserung für alle Verkehrsteilnehmer / Radweg zwischen Lösau und Kirchleus freigegeben

Kulmbach. Radfahren ist voll im Trend, und das längst nicht mehr nur innerorts, sondern auch außerhalb der Städte. Möglich macht dies der immer stärker werdende Trend zu E-Bikes. Das passt es hervorragend in die Zeit, dass jetzt der erste Bauabschnitt des Geh- und Radweges zwischen Lösau und der Landkreisgrenze zu Kronach entlang der Bundesstraße B85 freigegeben werden konnte. Das Teilstück zwischen Lösau und Kirchleus ist rund eineinhalb Kilometer lang und hat rund 1,5 Millionen Euro gekostet.

Von einem überaus gelungenen Bauwerk sprach bei der Freigabe auf dem Parkplatz zwischen den beiden Ortschaften Kurt Schnabel, der Leiter des für Kulmbach zuständigen Staatlichen Bauamts Bayreuth. Gerade in Corona-Zeiten hätten viele Menschen das Fahrrad wieder ganz neu entdeckt, so Schnabel. Er nannte die räumliche Trennung von Radfahrern und auch Fußgängern auf der einen Seite und dem motorisierten Verkehr auf der anderen Seite eine nachhaltige Verbesserung der Situation für alle, da auf der B85 an der entsprechenden Stelle zuletzt rund 4000 Kraftfahrzeuge pro Tag gezählt wurden. Schnabel verschwieg aber auch nicht, dass es aufgrund des notwendigen Grunderwerbs schwieriger geworden sei, neue Radwege zu bauen. Er sagte deshalb seitens des Bauamtes den Gemeinden seine Unterstützung beim notwendigen Grunderwerb vor.

Auch für Oberbürgermeister Ingo Lehmann bedeutet der neue Radweg eine deutliche Verbesserung. Die bisherige offizielle Radwegeführung sei abseits der Bundesstraße über Gössersdorf verlaufen, so dass die jetzige Trasse entlang der B85 wesentlich attraktiver sei. Lehmann zufolge sei der Radweg bereits seit dem Jahr 2016 geplant worden. Im November 2019 hätten dann die Rodungsarbeiten begonnen. Für die Zukunft kündigte Lehmann einen weiteren Ausbau des Radwegenetzes an. Für die Innenstadt habe man deshalb bereits einen Auftrag an ein externes Planungsbüro vergeben.

Den kirchlichen Segen sprach bei der offiziellen Verkehrsfreigabe Pfarrer Ulrich Winkler, der sich selbst als passionierter Radfahrer outete. Radfahren sei mehr als nur eine Fortbewegung, sagte er, Radfahren sei vielmehr eine Lebenseinstellung. Radfahren sei umwelt- und klimafreundlich, es bedeute Freiheit und auch wenn es unter den Radler Raser und Verkehrssünder gebe, so sei dies in der Regel längst nicht so gefährlich, wie bei motorisierten Verkehrsteilnehmern.

Als Besonderheit des Bauabschnitts wurden rund 900 Meter öffentlicher Feld- und Waldweg in den neuen Geh- und Radweg einbezogen, der eigens für die Maßnahme ausgebaut wurde. Im weiteren Verlauf wird der Weg parallel zur B85 mit einem Abstand von rund 1,75 Meter geführt. Neu sind auch die Querungshilfen, die an beiden Ortseingängen beziehungsweise Ausgängen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit geschaffen wurden.

Im Rahmen des Radwegebaus wurde auch eine Fahrbahnsanierung der B85 in der Ortsdurchfahrt von Lösau umgesetzt. Der zweite Bauabschnitt von Kirchleus zur Landkreisgrenze Kulmbach/Kronach ist derzeit noch in Planung, für die Weiterführung bis Weißenbrunn ist das Staatliche Bauamt Bamberg zuständig, das ebenfalls bereits mit den Planungen begonnen hat.

Bild: Auf eine gute und unfallfreie Fahrt (von links): Pfarrer Ulrich Winkler, Oberbürgermeister Ingo Lehmann, Geschäftsführer Michael Russ von der Firma Rädlinger Straßen- und Tiefbau GmbH aus Selbitz, Kurt Schnabel vom Staatlichen Bauamt und Rädlinger-Mitarbeiter Bert Hoffmann (von links) bei der offiziellen Freigabe des Radweges zwischen Lösau und Kirchleus.

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26.07.2020

Ein Museum für den Frieden / Die Planungen für das große Friedensfest 2021 in Meeder beginnen

Meeder. „Wir glauben fest, dass unsere Arbeit Früchte trägt.“ Davon sind Martin Albrecht, Wolfgang Freise, Hartmut Korndörfer und Henning Schuster fest überzeugt. Alle vier haben sich große Verdienste sowohl um das Friedensmuseum in Meeder, als auch um das dortige Friedensfest erworben. 2021 soll, wie alle zehn Jahre, wieder in ganz großem Rahmen gefeiert werden. Die Vorbereitungen laufen jetzt an, wenn auch bedingt durch die Corona-Pandemie unter erschwerten Bedingungen.

Meeder bei Coburg ist neben Augsburg der einzige Ort in Bayern, der sich dem Friedensdank verschrieben hat, und das mittlerweile seit fast 370 Jahren. Herzog Friedrich Wilhelm II. war es, der 1650, zwei Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges das große Dank- und Friedensfest angeordnet hatte. Genauso wie damals wird es auch heute noch am Sonntag nach dem Sebaldus-Tag (19. August) gefeiert. Alle zehn Jahre ganz groß, nur ein einziges Mal ist das Fest ausgefallen. Das war 1944.

Im kommenden Jahr steht wieder eine große Feier an, mit Gottesdienstes, Vorträgen, Konzerten Festen, einer Kinderbibelwoche und vielen weiteren Attraktionen. Wenn, ja wenn nicht Corona dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung macht, denn eigentlich wollten Hartmut Korndörfer und seine „Choradstanten“, das sind die Männer des Kirchenchors und die Mitglieder des Posaunenchors der Laurentiuskirche, jetzt eigentlich mit den Proben beginnen. Die Corona-Lage lässt dies vorerst nicht zu. Aber noch ist ja Zeit genug.

Vom Friedensfest ist es nicht mehr weit zum Friedensmuseum. Eine ebenfalls einzigartige Einrichtung, die 1982 vom damaligen Pfarrer Karl Eberhard Sperl gegründet wurde, und die mittlerweile in den Räumen der Anna-Eckstein-Schule untergebracht ist. Dort werden die unterschiedlichsten Exponate zum Thema gezeigt. Zu Kreuzen umgeschmiedete Patronenhülsen von Kindersoldaten in Afrika etwa, zu Küchensieben umgearbeitete Wehrmachtshelme aus dem Zweiten Weltkrieg oder ein Brautkleid, das 1946 in Ermangelung anderen Stoffes aus einem Militärfallschirm genäht wurde. Weitere Themen, die anhand interessanter Exponate aufgegriffen werden, sind die Friedensbewegung der DDR („Schwerter zu Pflugscharen“), der Konflikt zwischen Kirche und Nationalsozialismus von 1934 bis 1945 und Zeitzeugenschilderungen aus der NS-Diktatur, dem Zweitem Weltkrieg und der Nachkriegszeit.

Eine Sonderausstellung ist der Coburger Friedensaktivistin Anna Bernhardine Eckstein (1868 bis 1947) gewidmet. Die in Coburg geborene und zeitweise in den USA lebende Pädagogin hatte unter anderem eine „Weltpetition“ für den Frieden mit rund 300 Millionen Unterschriften organisiert und in vielen Ländern mit Vorträgen unermüdlich dafür geworben. 1913 wurde sie deshalb für den Friedensnobelpreis nominiert. Als 16-Jährige war sie in die USA emigriert, in späteren Jahren kehrte sie allerdings wieder nach Coburg zurück.

Ganz wichtig ist dem Trägerverein des Museums, an dessen Spitze Elke Bräutigam als erste und Henning Schuster als zweiter Vorsitzender stehen, die pädagogische Arbeit, die sie zusammen mit den Kindern der Anna-Eckstein-Schule umsetzen. „Die Friedensarbeit ist fester Bestandteil des Lehrplans in den Fächern Heimat- und Sachkunde sowie Religion“, erläutert Henning Schuster (50). Der aus Meeder stammende Redakteur war selbst in den 80er Jahren über die evangelische Jugend mit dem Thema Frieden in Berührung gekommen und hatte sich schon von Jugend an alljährlich beim Friedensfest engagiert.

In den 1980er Jahren sei Frieden ein Riesenthema gewesen, erinnert er sich. Leider sei dies heute nicht mehr der Fall, obwohl es mit Syrien, dem Irak, Afghanistan, Jemen und vielen anderen Ländern genügend Brandherde auf der Welt gebe. „Wir glauben trotzdem, dass bei den jungen Leuten immer etwas von der Friedenspädagogik hängen bleibt“, so Wolfgang Freise vom Organisationsteam des Museums. Ein wichtiger Bestandteil ist die „Lernwerkstatt Frieden“. Dabei führen Schülerinnen und Schüler, verkleidet als Anna Eckstein und als Caspar Wanks (ein ehemaliger Landsknecht) durch das Museum.

Ein wichtiges Ziel von Henning Schuster und seinen Mitstreitern ist es, sowohl das Museum, als auch das Friedensfest bekannter zu machen. Der bayerische Heimatminister Albert Füracker war erst zu Jahresbeginn vor Ort. Bei ihm möchten sich die Verantwortlichen dafür einsetzen, dass das Friedensfest als immaterielles Kulturerbe anerkannt wird. Schuster appelliert auch an die Landeskirche, das Friedensfest nicht zu vergessen. Das Museum selbst ist zwar mietfrei untergebracht, erhält aber so gut wie keine regelmäßige Förderung von öffentlicher Seite. Lediglich die Gemeinde Meeder übernimmt die anfallenden Kosten für Strom, Heizung, Wasser. Ansonsten gibt es nur Projektförderungen unter anderem durch die Oberfrankenstiftung, die Europäische Union, die Sparkassenstiftung und die örtliche Coburger Sparkasse.

Bild: Im Friedensmuseum bitten Wolfgang Freise (links) und Martin Albrecht, der Vertrauensmann der Kirchengemeinde, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie auf eigens angefertigten Aufklebern um „friedlichen Abstand“.

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16.06.2020

Streetwork zwischen Skaterpark und Soccer Court / „Enorme Aufwertung für das soziale Kulmbach“: Lena und Lukas sind die neuen Ansprechpartner für junge Leute

Kulmbach. Die Straßen von Kulmbach sind ihr Arbeitsplatz: „Wir wollen für die Sorgen, Nöte und für die Anliegen der Jugendlichen da sein“, sagen Lena Jungkunz (27) und Lukas Lauterbach (26), die beide künftig als Streetworker in Kulmbach unterwegs sind.

Eigentlich sind sie bereits seit Herbst 2019 im Einsatz. Doch Corona hat auch ihre Arbeit erst einmal ausgebremst. Dafür gehen die beiden jetzt umso engagierter ans Werk. „Wir wollen gemeinsam zeigen, dass in Kulmbach mehr geht“, haben sie sich auf die Fahnen und auf ihren neuen Flyer geschrieben.

Skaterpark, Soccer Court und Grünzug, das sind die Hotspots in Kulmbach. Hier treffen sie auf ihr Klientel, das so in etwa bei zwölf Jahren anfängt und mit 28 aufhört. Die beiden Streetworker gehen aber einfach auch mal so durch die Stadt und schauen, was die jungen Leute so umtreibt. „Jugendarbeit muss dort stattfinden, wo sich die Jugendlichen bewegen“, sind sie sich einig. Es sei eher selten, dass Jugendliche ins Amt kommen.

Streetwork in Kulmbach, das soll keine Eintagsfliege sein, sagte Oberbürgermeister Ingo Lehmann beim offiziellen Starttermin. „Wir sind froh, dass wir die beiden Streetworker haben“, so Lehmann, der für das soziale Kulmbach eine enorme Aufwertung sieht. Landrat Klaus Peter Söllner sprach von einem Musterbeispiel in der Zusammenarbeit zwischen Stadt und Landkreis Kulmbach. Jugendsozialarbeit habe vor Ort einen hohen Stellenwert. Die beiden Streetworker hätten bereits viel Initiative und überraschende Ideen an den Tag gelegt.

Eine davon sind die Stadtcouches. Mit den rollenden Sitzgelegenheiten gehen die beiden raus, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und zu erfahren, wo ihnen der Schuh drückt. Ein Thema war dabei zuletzt der schlechte Zustand des Skaterparks. Ausbesserungen konnten bereits in die Wege geleitet werden und die Skater seien durchaus überrascht gewesen, dass es so schnell ging. Als nächstes planen sie eine Art Graffiti-Wand, um die Sprayer aus der Illegalität zu holen und ihnen Möglichkeiten zur Kreativität anbieten zu können.

Zur Streetwork gehört es auch, dann zu helfen, wenn junge Leute Stress mit Eltern oder Partner, in der Schule oder auf der Arbeit haben. Auch Alkohol und Drogen können Themen sein, ebenso wie Hilfe und Unterstützung bei der Wohnungssuche, bei der Bewerbung oder dann, wenn junge Leute mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind.

„Wir sehen uns als Ansprechpartner, die hartnäckig an einer Sache dranbleiben, wenn es sein muss“, so Lena Jungkunz, die gerade ihren Master im Bereich Sozialarbeit gemacht hat und die schon vielfältig in der Jugendhilfe praktisch mitgearbeitet hat, etwa im Jugendbildungshaus „Am Knock“ ihrer Heimatgemeinde Teuschnitz im Nachbarlandkreis Kronach. Lukas Lauterbach Stammt aus Altdorf bei Nürnberg und war zuletzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Ansbach tätig.

Lena Jungkunz und Lukas Lauterbach teilen sich eine Vollzeitstelle, die von der Stadt und dem Landkreis finanziert wird. Angesiedelt sind die beiden beim Bayerischen Roten Kreuz. Hier haben sie auch ihre Anlaufstelle am Rot-Kreuz-Platz 1. Feste Bürozeiten sind immer dienstags von 13 bis 16 Uhr und donnerstags von 15 bis 17.30 Uhr.

Bilder:
1. Lena Jungkunz und Lukas Lauterbach sind künftig als Streetworker in Kulmbach unterwegs.

2. Bereichsleiterin Ingrid Schweiger vom BRK, Lena Jungkunz, Jürgen Ziegler und Klaus Schröder vom Kreisjugendamt, Landrat Klaus Peter Söllner, BRK-Kreisgeschäftsführer Jürgen Dippold, Lukas Lauterbach und Oberbürgermeister Ingo Lehmann.

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04.06.2020

Muschelkalkhänge contra Radweg / Lückenschluss beim Fichtelgebirgsradweg zwischen Laineck und Flugplatz Bindlach geplant – Probleme aus naturschutzfachlicher Sicht

Bindlach. Radfahren ist wieder im Trend. Radeln ist gesund, ökologisch, nachhaltig und wirtschaftlich. Viele Menschen sind in den zurückliegenden Wochen aufs Fahrrad umgestiegen und seit es E-Bikes gibt, sind auch Steigungen kein Problem mehr. Einzig die Radwegenetze müssen vielerorts noch optimiert werden, beispielsweise von Bayreuth ins Fichtelgebirge.

Der beste Weg dorthin führt über die Gemeinde Bindlach und die Stadt Goldkronach. Mittendrin, in Allersdorf, haben sich deshalb die beiden Bürgermeister Holger Bär (Goldkronach) und Christan Brunner (Bindlach) zusammen mit den beiden Abgeordneten Gudrun Brendel-Fischer (Landtag) und Dr. Silke Launert (Bundestag) zu einem Ortstermin getroffen. Mit dabei: Kurt Schnabel, Chef des zuständigen Staatlichen Bauamts Bayreuth und Lothar Winkler, Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung Oberfranken. Ziel ist es, die Radwege-Lücke zwischen dem Flugplatz und dem Kreisel in Laineck entlang der Staatsstraße 2163 zu schließen.

Der Lückenschluss würde die Attraktivität der Region für den Radverkehr erhöhen und sei zudem unter dem Aspekt der Sicherheit von großer Bedeutung, waren sich alle Teilnehmer einig. Früher sei der Flugplatzberg kein Thema gewesen, sagte der neue Bindlacher Bürgermeister Brunner. Doch seit es E-Bikes gibt, sei auch der Berg spielend zu bewältigen, die Strecke damit attraktiv geworden. Für ihn ist der Radweg ein wichtiges überörtliches Projekt, das Interesse daran sei keinesfalls nur aus Bindlacher Sicht begründet. Für den Fichtelgebirgsradweg wäre der Lückenschluss von großer Bedeutung, so Bürgermeister Bär aus Goldkronach. Er sprach von teilweise katastrophalen Bedingungen für Radler auf der Staatsstraße. Ein Radweg wäre ein großer Schritt hin zu mehr Sicherheit.

Einfach werde der Lückenschluss nicht, sagte die Landtagsabgeordnete Brendel-Fischer. Vor allem innerhalb der Ortschaft Allersdorf sehe sie große Problem. Gleichwohl wäre der Ausbau für alle Radler ideal. Brendel-Fischer zeigte sich trotz aller Probleme optimistisch, dass eine Lösung gefunden werden könnte. Besonders auch touristischer Sicht sei der Radweg interessant, so die Bundestagsabgeordnete Launert. Sie sprach sich dafür aus, das Verhältnis zwischen Bayreuth und Bindlach neu zu beleben und damit auch wieder Schwung in die Radwegefrage zu bringen.

„Einfach wird es nicht“, so der Leiter des Staatlichen Bauamts Bayreuth Kurt Schnabel. Gleichwohl sah auch er Handlungsbedarf. Er legte ein Planungskonzept vor, das bereits vor einigen Jahren einmal erstellt wurde. Dabei sei deutlich geworden, dass es aus naturschutzfachlicher Sicht große Probleme gebe. Die dortigen markanten Muschelkalkhänge seien als besonders schützenswertes FFH-Gebiet ausgewiesen. Schnabel riet den Bürgermeistern deshalb, das Gespräch mit den staatlichen Naturschutzbehörden zu suchen. Notwendig werden würde in jedem Fall ein Planfeststellungsverfahren und eine Umweltverträglichkeitsprüfung. An eine schnelle Realisierung des Radweges sei deshalb erst einmal nicht zu denken. Deshalb soll es nun erst einmal einen Ortstermin mit den Verantwortlichen der Naturschutzbehörden geben.

Bild: Ein Planungskonzept für den Lückenschluss im Radwegenetz zwischen Laineck und dem Flugplatz Bindlach legte Kurt Schnabel vom Bauamt (3. von links) vor. Im Bild von links: die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, Lothar Winkler vom Amt für Ländliche Entwicklung, Kurt Schnabel, die Bürgermeister Holger Bär (Goldkronach), Christian Brunner (Bindlach) und die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert.

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13.05.2020

Bauernbarock aus dem Bayreuther Land / Phänomen Fensterschürzen wartet noch auf seine wissenschaftliche Erforschung – Verein möchte Bewusstsein für regionale Besonderheit wecken

Bayreuth. Sie sind schön wie Barockstickerei, jede einzelne ist ein handgemeißeltes Unikat und ihre Besonderheit erkennt man meistens erst auf dem zweiten Blick, vielen sind sie noch gar nicht aufgefallen: die Fensterschürzen an zahlreichen Sandsteinhäusern im Raum Bayreuth/Kulmbach. Dabei handelt es sich um etwa einen Quadratmeter große Schmuckelemente unterhalb der Fenster, die verschiedenste Abbildungen, Symbole oder deutsche und lateinische Inschriften meist mit religiösem Inhalt („An Gottes Segen ist alles gelegen“) zeigen.

Fensterschürzen sind eine einzigartige und einmalige Kunstform an den meist zur Straße hin ausgerichteten Giebeln bei Bauernhäusern aus Sandstein in der früheren Markgrafschaft Bayreuth-Kulmbach. Mit den kunstvollen Verzierungen wollten die Bauern ihren Wohlstand demonstrieren. Da sie ausschließlich an einstigen „Ackerbürgerhäusern“ zu finden sind, sprechen Kenner auch von einem Phänomen. Zeitlich sind die Fensterschürzen bereits dem Klassizismus zuzuordnen, auch wenn man landläufig von „Bauernbarock“ spricht.

„Das Bewusstsein für die Besonderheit von Fensterschürzen ist leider wenig ausgeprägt“, beklagt Brigitte Trausch aus Bayreuth. Deshalb hat sie vor nunmehr fast zehn Jahren den Verein „Rettet die Fachwerk- und Sandsteinhäuser“ mit heute fast 280 Mitgliedern aus ganz Deutschland ins Leben gerufen. Ziel ist es, ein Bewusstsein für die Fensterschürzen, aber auch für den Erhalt alter Fachwerk- und Sandsteinhäuser zu schaffen, die Eigentümer auf die Besonderheiten aufmerksam zu machen, sie aber auch zu beraten, wenn es darum geht Fördermöglichkeiten für den Erhalt der regionaltypischen Besonderheiten zu beantragen.

„Man kann doch nicht zusehen, wie diese Häuser zu Grunde gehen“ begründet Brigitte Trausch ihr Engagement. Zehn Fensterschürzenhäuser stünden derzeit leer, vier davon seien akut abrissgefährdet. So gehe ein regionaltypisches Haus nach dem anderen zu Grunde und damit das Gesicht unserer Dörfer verloren.

Selbst innerhalb der heutigen Landkreis Bayreuth und Kulmbach konzentrieren sich die noch bestehenden Häuser mit Fensterschürzen auf einige wenige Orte. Von Bayreuth aus sei die Idee nach Weidenberg und von dort weiter nach Bindlach und seinen Ortsteilen, gelangt, weiß Brigitte Trausch. Weitere Fensterschürzenhäuser gibt es in Kottersreuth bei Goldkronach, oder in Mistelgau. Im Raum Kulmbach gibt es Fensterschürzenhäuser etwa in Altdrossenfeld oder in Harsdorf. Ein absolutes Highlight ist ein Privathaus in Dreschenau, das es gleich auf 20 unterschiedliche Fensterschürzen bringt.

Wie genau die Idee der Fensterschürzen entstanden ist, sei bislang nicht wissenschaftlich erforscht, so Brigitte Trausch. Denkbar ist beispielsweise, dass viele Kunsthandwerker nach dem Tod der kunstsinnigen Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth arbeitslos wurden, sich bei den Bauern in der Umgebung einquartierten und sich mit den Fensterschürzen dafür revanchierten.

Ein besonderes Vorhaben verfolgt der Verein in Mistelgau. Mit Unterstützung der bayernweit aktiven, bürgerschaftlichen Initiative Kulturerbe Bayern soll mit Hilfe von 150000 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Deutschen Bundestags das Sandsteinhaus in der Bahnhofstraße 5 mit seinen schmucken Verzierungen instand gesetzt, wieder bewohnbar gemacht und unter dem Motto „Wohnen im Denkmal“ zum Beispiel an Festspielmitwirkende auf Zeit vermietet werden. Für den Rest des Jahres möchte der Verein dort seine Aktivitäten abhalten. Eine Steinmetzwerkstatt für Kinder, wie sie bereits beim Kulturtag des Bayreuther Bürgerfestes mehrfach auf großen Anklang gestoßen war, könnte sich Brigitte Trausch beispielsweise in der benachbarten Scheune vorstellen.

2018 hatte der Verein das denkmalgeschützte Haus in Mistelgau erworben. Vier unterschiedliche Fensterschürzen schmücken dessen Fassade, darunter ein absolutes Unikat: Eine etwa ein Quadratmeter große Fensterschürze unter dem Giebelfenster zeigt eine Geige mit Bogen umgeben von Klarinette und Flöte. Die handgemeißelten Musikinstrumente erinnern daran, dass der einstige Bauherr Konrad Knörl, der das Haus 1837 nach einem Dorfbrand errichtet hatte, als Musiker diese Instrumente spielte.

Bilder:
1. Brigitte Trausch hat den Verein „Rettet die Fachwerk- und Sandsteinhäuser“ ins Leben gerufen.
2.
Dieses Engelmotiv ziert eine andere Fensterschürze an einem früheren Bauernhaus in Mistelgau.
3. Dieses 1837 erbaute „Musikerhaus“ in Mistelgau hat der Verein „Rettet die Fachwerk- und Sandsteinhäuser“ erworben.
4. Auf den Bauherrn Konrad Knörl, der viele Walzer, Dreher und Ländler komponiert hat, weist diese Fensterschürze in Mistelgau hin.

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22.01.2020

Frontex im Focus / Jahresempfang der Bundespolizei Bayreuth

Bayreuth. Über 450 Bundespolizisten sind derzeit in 83 Länder der Erde im Einsatz. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Einsätze fir europäische Grenzagentur Frontex.. Aber auch andere Polizeimissionen sowie polizeiliche Schutzaufgaben für das Auswärtige Amt gehören dazu, erläuterte Harald Bergner von der Bundespolizei beim Jahresempfang der Bundespolizeiabteilung in Bayreuth.

Nach den Worten Bergners ist die Bundespolizei mit ihren knapp 41000 Polizeivollzugsbeamten und rund 7500 Anwärtern aktuell an rund 5700 Bahnhöfen und Haltestellen, 14 Flughäfen tätig sowie für 3757 Landkilometer und 260 Seekilometer zuständig. Was die Auslandseinsätze angeht, habe die Bundespolizei ebenfalls ein vielfältiges Aufgabenspektrum. Als Ziel der aktuell im Focus stehenden Frontex-Einsätze bezeichnete Bergner die Bekämpfung der illegalen Migration. Die Bundespolizei unterstütze die Kräfte des jeweiligen Landes dabei nicht nur personell, sondern auch technisch und in operativer Hinsicht. Es gehe dabei aber nicht nur um Schleusungen, sondern allgemein auch um grenzüberschreitende Kriminalität.

Die Bundespolizei leiste einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit, sagte die Bayreuther Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert. Viele Menschen in Deutschland seien unzufrieden, obwohl es ihnen objektiv betrachtet seht gut geht, so die Abgeordnete. Als Gründe dafür nannte sie die vielfältigen Herausforderungen wie Klimawandel, Migration oder Künstliche Intelligenz. Radikale Forderungen seien dabei fehl am Platz. Trotzdem hätten gerade radikale Kräfte Zulauf, weil sie einfach Lösungen anbieten. In diesen Zeiten benötigten die Menschen deshalb wieder das Gefühl der Sicherheit und dabei komme die Bundespolizei ins Spiel, die einen außerordentlich wertvollen Dienst für die Gesellschaft leiste.

Zuvor hatte die stellvertretende Abteilungsführerin Alexa von Düsterlohe neben zahlreichen Angehörigen und Mitarbeitern auch viele Vertreter des öffentlichen Lebens begrüßt. Die Polizeirätin steht seit November an der Spitze der Bundespolizeiabteilung Bayreuth, nachdem der langjährige Chef Dieter Hader bereits im August als Ständiger Vertreter von Präsident Peter Holzem zur Bundespolizeidirektion Stuttgart gewechselt war. Hader war bereits von 2008 bis 2011 als Leiter der Bundespolizeiinspektion Flughafen Stuttgart in der dortigen Bundespolizeidirektion eingesetzt. Danach stand er acht Jahre lang an der Spitze der Bundespolizeiabteilung Bayreuth.

Bild: Pater Dr. Benedikt Röder, der den Jahresempfang mit einem geistlichen Impuls eröffnete, die stellvertretende Abteilungsführerin Alexa von Düsterlohe (Mitte) und die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert beim Jahresempfang der Bundespolizei in Bayreuth.

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25.11.2019

Rathaus mit Radanschluss / Bau- und Verkehrsminister Reichhart besichtige Radweg Weinberg - Warmensteinach

Warmensteinach. Nach langem Ringen ist er nun endlich fertig: der Radweg zwischen Weidenberg und Warmensteinach. Der Weg ist zehn Kilometer lang und hat rund 2,3 Millionen Euro gekostet. Er verläuft im Wesentlichen auf der ehemaligen Bahntrasse.

„Die neue Nutzung ist die ideale Lösung“, sagte der bayerische Bau- und Verkehrsminister Hans Reichhart bei einem Kurzbesuch in Warmensteinach. Augenzwinkernd sprach er vom ersten Rathaus in Bayern in einem Bahnhof mit direktem Radwegeanschluss. Der Weg sei aber auch aus touristischen Gründen sehr zu begrüßen.

Gerade das touristische Potenzial sei wichtig, spätestens seitdem die E-Bike-Welle rollt, sagte Landrat Hermann Hübner. Dies gelte für Urlauber genauso wie für den Bereich der Naherholung. Hübner kündigte für das Frühjahr eine offizielle Einweihung des Radweges an. Auch Warmensteinachs 2. Bürgermeister Peter Fülle bezeichnete den neuen Radweg als sehr begrüßenswert, zumal die Staatsstraße für Radfahrer einfach zu gefährlich sei.

Nach den Worten von Kurt Schnabel, dem Leiter des Straßenbauamtes verläuft der neue Radweg nicht ausschließlich auf der alten Bahntrasse. Im Bereich von Weidenberg habe man auch vorhandene öffentliche Ortsstraßen genutzt. Die reine Nutzung der Bahntrasse beginne erst ab Sophiental. Als besondere Herausforderung nannte Schnabel die Querung von zwei Bachläufen. Hier mussten die Brücken saniert und ertüchtigt werden. Darüber hinaus sei auch eine Überquerungshilfe für die Radler am Ortseingang von Warmensteinach notwendig geworden.

Alle Beteiligten hätten letztlich vorbildlich gearbeitet, sagte die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, auf deren Initiative Minister Reichhart zur Begutachtung des neuen Weges nach Warmensteinach gekommen war. Die Abgeordnete, die den Weg selbst schon mit dem Fahrrad getestet hatte, nannte es besonders eindrucksvoll, den engen Talraum zwischen Weidenberg und Warmensteinach einmal ganz anders zu erleben, als vom Auto aus.

Zuletzt hatte sich sogar eine Bürgerinitiative bemüht, die Bahnstrecke von Weidenberg nach Warmensteinach zu reaktivieren. Dies scheiterte jedoch aus Kostengründen.

Bild: Straßenbauamtsleiter Kurt Schnabel (2. von rechts) erläuterte dem bayerischen Bau- und Verkehrsminister Hans Reichhart, Weidenbergs 2. Bürgermeister Günter Dörfler, die Abgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, Warmensteinachs 2. Bürgermeister Peter Fülle (von links) und Landrat Hermann Hübner (rechts) den Verlauf des neuen Radwegs.

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16.11.2019

„Die Turbine leuchtet“ / Lichtprojekt mitten in Kulmbach

  

Kulmbach. Ein ganz besonderes Lichtspektakel ist derzeit mitten in Kulmbach zu sehen. Unter dem Motto „Die Turbine leuchtet“ zeigt die Stadt auf dem ehemaligen Spinnereigelände, neben dem Zentralen Omnibusbahnhof in der Hans-Hacker-Straße ein Kunstprojekt das den Namen „Die Turbine leuchtet“ trägt. Die nächtlichen Illuminationen konzentrieren sich dabei nicht nur auf den Außenbereich des ehemaligen Turbinenhauses, das gerade saniert wird. Auch das Innere des fast 100 Jahre alten Gebäudes und die einzig erhaltene Turbine werden entsprechend in Szene gesetzt. Das Turbinenhaus galt einst als größtes Industriekraftwerk Oberfrankens.

"Die Turbine leuchtet", eine Gemeinschaftsaktion der Stadt Kulmbach, des Vereins Oberfranken Offensiv und der Hochschule Coburg, ist noch bis zum 24. November zu sehen. Bereits am Samstag, 23. November ist ab 21 Uhr speziell für das jüngere Publikum eine Party mit Hits, Hip Hop und House in dem schmucken Rohbau angesagt. Für eine erste Nacht verwandelt sich dann das Turbinenhaus in einen Club mit besonderer Atmosphäre. Die Party soll auch ein Hinweis auf die künftig geplante Nutzung des Gebäudes als Kunst- und Kulturhalle sein.

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16.09.2019

„Sitzenbleiber“ gibt es nicht mehr / Projekt „Flexible Grundschule“ stößt in Heinersreuth auf großen Anklang

Heinersreuth. Mit dem Projekt „Flexible Grundschule“ soll Kindern neue Wege eröffnet werden, um ihren unterschiedlichen Begabungen und Interessen sowie ihrer individuellen Lernentwicklung noch besser gerecht zu werden. Eine der mittlerweile 279 beteiligten Schulen im Freistaat ist seit diesem Schuljahr die Grundschule Heinersreuth. Bei einem Besuch der beiden Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer (CSU) aus Heinersreuth und Rainer Ludwig (Freie Wähler) aus Kulmbach zeigte sich Schulleiterin Martina Vogler von dem Schulversuch überaus angetan. „Die Flexible Grundschule werde sehr gut angenommen“, sagte sie. Seitens der Eltern sei bereits Bedarf für das kommende Schuljahr angemeldet worden.

Ausgangspunkt für die „Flexible Grundschule“ in Heinersreuth war die Kombiklasse der ersten und zweiten Jahrgangsstufe, die bereits zum Schuljahr 2011/2012 eingeführt wurde. Im Zuge des Projekts werden wie bisher auch Schüler der Jahrgangsstufen 1 und 2 gemischt unterrichtet. Neu ist die Eingangsstufe. Hier sollen die Kinder die Gelegenheit bekommen, die ersten beiden Jahrgangsstufen in einem, zwei oder drei Jahren zu durchlaufen. Kinder mit Lernschwierigkeiten haben also drei Jahre Zeit, sich den Stoff der 1. und 2. Klasse, anzueignen. Leistungsstarke Schulanfänger werden durch die Zusammenarbeit mit Zweitklässlern stärker gefördert, so dass sie bereits nach dem ersten Schuljahr in die 3. Jahrgangsstufe aufrücken können. Ein „Sitzenbleiben“ gibt es nicht mehr, sagte Schulleiterin Vogler, die auch viele soziale und emotionale Vorteile zu Gunsten der Kinder sah.

Von einer „guten Geschichte zum Wohle der Kinder“ sprach die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer. Der Schulversuch sei bei weitem kein billiges Lehrereinsparmodell, als das er zunächst abgetan worden sei. Allerdings gelte es nun in der Lehrerbildung anzusetzen und mehr Stellen in für Förderlehrer zu schaffen. Das Projekt sei nicht zuletzt auch für den Erhalt kleinerer Grundschulstandorte von Vorteil

Die Einführung der „Flexiblen Grundschule“ sei sehr weitsichtig gewesen, so der Abgeordnete Rainer Ludwig. Das Projekt entspreche dem Idealfall einer individuellen Grundschule, die den Kindern sehr zu Gute komme. Ludwig bescheinigte der Heinersreuther Grundschule eine vorbildliche Arbeit und zeigte sich überzeugt davon, dass der Versuch weiter ausgebaut werden könne. Die Schule profitiere in jedem Fall davon, zeigte sich auch Bürgermeisterin Simone Kirschner (CSU) überzeugt. Derzeit sei aufgrund der regen Bautätigkeit in der Gemeinde sogar von einer steigenden Schülerzahl auszugehen. Die Grundschule Heinersreuth habe damit eine sehr gute Perspektive.

Bild: Austausch zwischen Schule und Politik (von links): Bürgermeisterin Simone Kirschner, der Landtagsabgeordnete Rainer Ludwig, Schulleiterin Martina Vogler, die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer und die Leiterin der „Flexi-Klasse“ Andrea Laufer.

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09.08.2019

Pflegeberuf attraktiver machen /

Bundestagsabgeordnete Silke Launert besucht AWO-Zentrum

Bayreuth. Eine Aufwertung des Pflegeberufs hat Geschäftsführerin Marion Tost beim Besuch der Bundestagsabgeordneten Dr. Silke Launert im Zentrum der Arbeiterwohlfahrt Bayreuth gefordert. „Die Pflege hat einfach nicht den Stand, den sie verdient“, sagte Tost. Pflegekräfte würden in Zukunft fehlen, deutlich mehr Personal sei notwendig.

Marion Tost führte Silke Launert nicht nur durch die Einrichtung, sondern richtete auch konkrete Forderungen an die Abgeordnete. Dabei spielte auch die Begrenzung des Eigenanteils in der stationären Pflege eine wichtige Rolle. Launert hielt es dabei für sinnvoll, den Betrag, der von der Pflegekasse kommt, zu dynamisieren, damit Steigerungen durch Kosten und Inflation ausgeglichen werden können. Einer Vollversicherung in Sachen Pflege stand die Abgeordneten aufgrund der demographischen Entwicklung dagegen kritisch gegenüber. Dem Bayreuther AWO-Zentrum bescheinigte Launert eine perfekte Konzeption, das Haus habe durchaus Vorbildcharakter.

Zuvor hatte Geschäftsführerin Tost davon berichtet, vor welchen Herausforderungen die Pflege schon heute aber besonders in der Zukunft steht. Ein Punkt war dabei die AWO-Forderung nach der Begrenzung des Eigenanteils in der stationären Pflege. Jeder müsse sich Pflege leisten können. Hier sei die Gefahr relativ hoch, dass durch die steigenden Pflegekosten immer mehr Rentner Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssten, um sich einen Pflegeplatz leisten zu können. Auch dürfe es nicht sein, dass die Bewohner durch den Ausbildungsfonds doppelt belastet werden und die Ausbildung von Pflegekräften von privater Hand geschultert wird.

Auch die Situation der Fachkräfte müsse verbessert werden. Die angespannte Personalsituation, die Schwierigkeiten, geeignetes Fachpersonal zu finden, der fehlende Nachwuchs, aber auch Krankheitsfälle führten in anderen Seniorenheimen und auch in den AWO-Hausgemeinschaften dazu, dass immer wieder Fachpersonal ihre Freizeit unterbrechen und einspringen müssten. „Das darf eigentlich nicht sein, ist aber immer wieder nötig. Das kann man auch nur bedingt machen, man muss ja als Einrichtung auch darauf achten, dass das Personal nicht zu sehr an seine Belastungsgrenzen geht“, sagte Tost. Sie plädiert zudem für eine 35-Stunden-Woche im Pflegeberuf – hier müsse anerkannt werden, dass es sich um einen physisch und psychisch fordernden Beruf handelt.

Während eines Rundgangs erfuhr die Abgeordnete Wissenswertes über das Zentrum, die Hausgemeinschaften, die Tagespflege und das Pflegekonzept, das die AWO in seiner Einrichtung verfolgt. Geschäftsführerin Marion Tost ging hier auch auf die personellen Situationen ein, außerdem konnte sich die Abgeordnete ein gutes Bild von der Atmosphäre in den Hausgemeinschaften machen, die offen aber beschützend konzipiert wurden. Das im Jahr 2016 eröffnete Bayreuther AWO-Haus hat insgesamt 48 Bewohner in vier Hausgemeinschaften.

Tost machte auch deutlich, dass die AWO im stationären Bereich Wert darauf legt, ihre Mitarbeiter mit technisch aktuellen Equipment zu unterstützen, etwa mit einem Deckenlifter, mit dem man die Bewohner behutsam in die Wellness-Badewanne heben kann. Die Geschäftsführerin machte aber auch klar, dass technische Innovationen besonders im ambulanten Bereich aufgrund der Ablehnungspraxis der Kassen fehlen und somit die Arbeit der Pflegekräfte zuhause deutlich erschwert wird. Hier fordert Tost ein Umdenken bei den Kassen, besonders um die physische Arbeitsbelastung der Pflegefachkräfte zu verringern. Auch Dr. Silke Launert vertrat die Auffassung, dass technische Mittel genehmigt werden sollten, wenn sie die Pflege erleichtern, beziehungsweise einen Heimaufenthat im Idealfall sogar vermeiden können.

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13.07.2019

Breitenlesau wurde zum Mekka der Oldie- und Sportwagenfans / 250 Nobelkarossen beim Classic-Car-Treffen im Brauereihof

Breitenlesau. Ferrari, Jaguar, Lamborghini, Lotus, Maserati, McLaren: Bei echten Automobil-Fans klingen diese Marken wie Musik in den Ohren. Sie alle und noch viele andere Oldies und Sportwagen, wie BMW, Mercedes oder Porsche, waren teils von weit her nach Breitenlesau zum Sportwagen- und Classic-Car-Treffen gefahren. Die Fahrer tauschten sich im Hof der Brauerei Krug aus, nutzen den Tag zum fachsimpeln oder einfach nur, um ihren Wagen einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Diesmal waren es rund 250 Nobelkarossen aus ganz Nordbayern und darüber hinaus, die im Brauereihof eine imposante Kulisse bildeten. Teilweise im Konvoi fuhren die schicken Sportwagen mit ihren außergewöhnlichen Motor- und Auspuffklängen in Breitenlesau ein. Das zwanglose Treffen unter Freunden war wie in den zurückliegenden Jahren auch diesmal wieder eine Riesenshow.

Obwohl es aufgrund des relativ schlechten Wetters mehrere Absagen von Teilnehmern gab, die eine lange Anreise gehabt hätten, kamen die Teilnehmer unter anderem aus Ingolstadt sowie aus Sachsen und Thüringen. Organisiert wurde das Treffen wieder von den Bayreuther Autofans Matthias Müller und Andreas Kloske gemeinsam mit Brauereichef Conny Krug, der sein komplettes Gelände zur Verfügung gestellt hatten.

Bilder:
1. 250 Oldies- und Sportwagen lockten zahlreiche Autofans nach Breitenlesau.
2. Die schicken Sportwagen beim Classic-Car-Treffen zogen alle Blicke auf sich.

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11.06.2019

Bundespolizei-Standort ist sicher / Weitere Spezialeinheit soll in Bayreuth angesiedelt werden

Bayreuth. Der Bundespolizei-Standort Bayreuth steht entgegen mancher Ängste und Befürchtungen nicht zur Debatte. Im Gegenteil: die Einrichtung an der Christian-Ritter-von-Popp-Straße kann sogar mit einer personellen Aufwertung rechnen. Das haben die Bayreuther Bundestagsabgeordnete Silke Launert und Abteilungsführer Dieter Hader am Dienstag bekannt gegeben.

Perspektivisch ist bis 2023/2024 die Einrichtung einer zweiten, gleich starken „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus“ vorgesehen, so Launert nach eine Gespräch mit Bundespolizeipräsident Dieter Romann. Perspektivisch bedeute in diesem Zusammenhang, dass sich die Finanzplanung des Bundes nicht grundlegend ändern darf. Aufgabe der BFE-plus-Einheit ist es, die Reaktions- und Durchhaltefähigkeit der Bundespolizei im Falle eines terroristischen Anschlags zu erhöhen. Damit ist sie laut Abteilungsführer Hader ein zusätzlicher Baustein zur Terrorismusbekämpfung und unmittelbar unterhalb der GSG 9 angesiedelt. Bundesweit gibt es fünf BFE-plus-Standorte, neben Bayreuth wurden in Sankt Augustin (Nordrhein-Westfalen), Hünfeld (Hessen), Uelzen (Niedersachsen) und Blumberg (Baden-Württemberg) derartige Einheiten eingerichtet.

Außerdem werden am Standort Bayreuth 56 derzeit freie Dienstposten fortlaufend mit geeigneten Laufbahnabgängern nach Ausbildungsende in den kommenden beiden Jahren nachbesetzt. Auch dies sei von großer Bedeutung, denn die Arbeitsbelastung habe erheblich zugenommen, so Hader.

„Damit ist der Bundespolizei-Standort Bayreuth ungefährdet und sicher“, sagte die Angeordnete Dr. Launert. Bayreuth liege absolut zentral und unmittelbar an der Bundesautobahn A9. Die Bayreuther Bundespolizisten seien an allen wesentlichen Einsätzen der zurückliegenden Jahre beteiligt gewesen, trotzdem habe Bayreuth nur zwei, fast alle anderen Bundespolizeistandorte hätten mindestens drei Einsatzhundertschaften.

Von einem Meilenstein für Bayreuth sprach Abteilungsführer Hader. „Die Bemühungen von Frau Dr. Launert für eine personelle Stärkung der Bundespolizeiabteilung Bayreuth haben sich gelohnt“, so Hader, der ausdrücklich das hohe persönliche Engagement der Parlamentarierin würdigte. Er sprach von einem guten Signal für alle Dienstposten und Beschäftigten. Quantitativ wäre eine weitere Hundertschaft zwar mehr gewesen, qualitativ aber sei die BFE+ höher angesiedelt, schließlich handle es sich hier um echte Spezialisten für polizeiliche Sonderlagen.

Sollte der Bund in den kommenden Jahren weitere Stellen für die Bundespolizei beschließen, dann soll Bayreuth trotzdem mit einer weiteren Hundertschaft dabei sein, sind sich Launert und Hader einig. Launert sagte deshalb zu, auch künftig am Ball zu bleiben und sich für den Standort stark zu machen.

Der Bundespolizeistandort Bayreuth hat nach den Worten seines Abteilungsführers aktuell 573 Dienstposten, 513 davon sind Polizeivollzugsbeamte, 60 Personen arbeiten in der Verwaltung.

Bild: Der Bundespolizei-Standort Bayreuth kann mit einer personellen Aufstockung rechnen. Das haben die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert und Abteilungsführer Dieter Hader bekannt gegeben.

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23.05.2019

Menschliche Zuwendung an erster Stelle / Weisser Ring sucht ehrenamtliche Mitarbeiter – Außenstelle Kulmbach ist deutlich unterbesetzt

Bayreuth. „Im Zweifel stehen wir auf Seiten der Opfer“, sagt Josef Wittmann (73), Landesvorsitzender Bayern-Nord der Opferhilfsorganisation Weisser Ring. Der Zusammenschluss sei da, um Opfern zu helfen, so der frühere Polizeibeamte aus Weiden, der seit zehn Jahren in Nordbayern an der Spitze des Weissen Rings steht und der auch Mitglied des Bundesvorstands ist. Bei einem Besuch der Bundestagsabgeordneten Silke Launert im Landesbüro in der Carl-Schüller-Straße in Bayreuth gewährte Wittmann einen Einblick in die Arbeit der Organisation und berichtete auch davon, dass der Weisse Ring im Raum Bayreuth/Kulmbach dringend auf der Suche nach ehrenamtlichen Mitarbeitern ist.

Am Anfang steht ein prominenter Name: Eduard Zimmermann. Der langjährige Moderator der TV-Serie „Aktenzeichen XY“ gilt als maßgeblicher Begründer des Weißen Rings. Heute hat der Zusammenschuss bundesweit 420 Außenstellen, 3000 ehrenamtliche und 200 hauptamtliche Mitarbeiter in 18 Landesverbänden. Gleich zwei Landesverbände gibt es in Bayern, einen für Nord-, einen für Südbayern. Zu Nordbayern gehören die drei fränkischen Regierungsbezirke und die Oberpfalz.

Bei der Betreuung der Hilfesuchenden gehe es in erster Linie um menschliche Zuwendung, erläuterte Wittmann. Erst danach gehe es auch um finanzielle Zuwendungen. Viele Opfer einer Straftat stünden nicht selten vor dem Nichts und seien auf Opferhilfe angewiesen. „Wir können unterstützen und Notlagen lindern“, so der Landesvorsitzende.

Der Weisse Ring finanziert sich über Mitgliedsbeiträge (30 Euro pro Jahr), Geldzuweisungen durch die Justiz, Spenden, Benefizkonzerte sowie zu einem großen Teil durch testamentarische Verfügungen. Finanzielle Hilfen für potentielle Opfer seien auch möglich für die Erstberatung bei einem Rechtsanwalt, für notwendige rechtsmedizinische Untersuchungen oder, wenn traumatisierte Opfer professionelle Hilfe benötigen. Als weitere Aufgaben des Weissen Rings bezeichnete Wittmann Präventionsangebote, Vorträge an Schulen und bei Elternabenden sowie eine breite Öffentlichkeitsarbeit.

Als dringendes Problem, gerade in der Region, nannte der Landesvorsitzende die Tatsache, dass es zu wenig ehrenamtliche Mitarbeiter gebe. In Bayreuth sei man mit derzeit sechs Ehrenamtlichen für Opferbetreuung und –beratung noch relativ gut aufgestellt. Ganz anders stelle sich die Situation in Kulmbach dar. Hier hatte die langjährige Leiterin ihr Amt aus persönlichen Gründen niederlegen müssen, so dass der Chef der Bayreuther Außenstelle Heinz Petri derzeit kommissarisch auch mit für Kulmbach tätig ist.

Die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert begrüßte das Engagement des Weissen Rings, der eine segensreiche Arbeit für die Gesellschaft leiste. Sie sagte zu, bei der neuen Ausgestaltung des Opferentschädigungsgesetzes darauf zu achten, dass Opfer auch künftig nicht schlechter gestellt würden, als bisher. Launert machte auch darauf aufmerksam, dass im Rahmen des neuen „Gute-Kita-Gesetzes“ Gelder für die Präventionsarbeit bereitgestellt wurden.

Bild: Im Landesbüro des Weissen Rings Nordbayern in Bayreuth informierte sich die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert beim Landesvorsitzenden Josef Wittmann über die Arbeit der Opferhilfsorganisation.

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22.05.2019

Brückenkopf mit Lotsenfunktion / Teilhabeberatung wird seht angenommen- Einrichtung der Diakonie Neuendettelsau und der Regens-Wagner-Stiftung

Bayreuth. Wo bekomme ich einen Schwerbehindertenausweis her? Was muss ich alles tun, um eine Kur genehmigt zu bekommen? Wie gehe ich gegen einen meiner Meinung nach ungerechtfertigten Bescheid vor? Wo bekomme ich eine Schulbusbegleitung her und wer zahlt die medizinischen Hilfsmittel für Mutter oder Vater? Im Zusammenhang mit Krankheiten oder Behinderungen treten viele Fragen auf. Ebenso viele Beratungsstellen gibt es. Für all diejenigen, denen der Durchblick fehlt, gibt es jetzt eine Stelle, die eine Art Lotsenfunktion übernimmt: die „Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung“, kurz EUTB.

Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich eine Einrichtung, die man kurz mit dem Slogan „Eine für alle“ beschreiben könnte. „Wir sind sozusagen der Brückenkopf“, sagte Teilhabeberater Thomas Odewald von der EUTB Bayreuth. Das Büro in der Carl-Schüller-Straße hat jetzt die Bundestagsabgeordnete Silke Launert besucht. Hintergrund ist, dass die Teilhabeberatung zu 90 Prozent vom Bundessozialministerium gefördert wird. Die restlichen zehn Prozent des Etats müssen die Träger aufbringen. In Bayreuth sind das die Diakonie Neuendettelsau und die Regens-Wagner-Stiftung.

Die EUBT sieht sich selbst als Beratungsangebot für alle Menschen mit Behinderungen, für Menschen, die von Behinderung bedroht sind und für deren Angehörige. Ganz wichtig: „Es handelt sich dabei um ein ganz niedrigschwellendes Angebot. „Wir sind unabhängig, für die Ratsuchenden ist unsere Beratung kostenlos und auf Wunsch können die Betroffenen auch gerne anonym bleiben“, so Thomas Odewald.

Neben ihm und seinen Kolleginnen Anja Pleiner und Julia Lunkenheimer gibt es auch ehrenamtliche Mitarbeiter, in der Regel selbst Betroffene oder deren Angehörige. Fachleute sprechen von „Peerberatung“, also der Beratung durch „Gleichgesinnte“. Auch sie helfen Ratsuchende dabei, sich in einer Notsituation durch den Behörden- und Beratungsdschungel zu kämpfen.

Nachdem im Herbst 2017 die Förderzusage vom Ministerium gekommen war, startete Thomas Odewald zunächst in Himmelkron in den Räumen der dortigen Einrichtungen der Diakonie Neuendettelsau, ehe das Büro in der Bayreuther Innenstadt im Februar 2018 an den Start ging. Jetzt nach rund eineinviertel Jahren ziehen die Verantwortlichen eine positive Bilanz: „Das Angebot wird sehr gut angenommen“, sagt Günter Binger von der Diakonie Neuendettelsau. Die Ratsuchenden werden entweder durch andere Stellen auf uns aufmerksam, von Hausärzten hierher geschickt oder kommen aufgrund von Mund-zu-Mund-Propaganda, so Kerstin Waldmann von Regens Wagner.

„Vor allem die Niederschwelligkeit des Angebotes ist enorm wichtig“, sagte die Abgeordnete Launert. Viele Betroffene würden nicht gleich einen Rechtanwalt nehmen oder sie scheuten die Kosten. Auch die Vielfalt der Beratungsmöglichkeiten sei enorm wichtig. Hier werde die Lotsenfunktion wirklich ernst genommen, so die Abgeordneten. Sie ging von einer weiter steigenden Inanspruchnahme aus, je bekannter die Einrichtung werde.

Beim Besuch der Politikerin sprachen die Verantwortlichen der EUBT aber auch einige Probleme an. So fehlten bislang die finanziellen Möglichkeiten ehrenamtlichen Mitarbeitern eine Basisqualifikation zu ermöglichen. Außerdem endet der erste Teil der Projektphase bereits am 31.12.2020. Mitarbeiter können deshalb bislang nur befristet beschäftigt werden, weil eben auch die Förderung befristet ist. Schließlich stellen die beiden Träger auch ihren Eigenanteil bei der Finanzierung in Frage. „Wir machen ja mit der Beratung keinen Gewinn und stehen als Non-Profit-Träger dahinter“, so Günter Binger von der Diakonie Neuendettelsau

Bild: Das Büro der „Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung“ (EUTB) ist in der Carl-Schüller-Straße in Bayreuth. Stehend von links: Teilhabeberater Thomas Odewald, Fachreferentin Barbara Günther, der ehrenamtliche Mitarbeiter David Hellmann, Günther Binger von der Diakonie Neuendettelsau, und Kerstin Waldmann von der Regens-Wagner-Stiftung, sitzend die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert (links) und Teilhabeberaterin Anja Pleiner.

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26.11.2018

Keine Förderung nach dem Gießkannenprinzip / Vertreter von Selbsthilfegruppen diskutierten derzeitige Förderpraxis – Kontaktgespräch mit dem Zentrum Bayern Familie Soziales

Bayreuth. In Oberfranken arbeiten die Selbsthilfegruppen überaus engagiert. Während die Anträge auf staatliche Förderung bayernweit rückläufig sind, liegt die Auszahlung im Regierungsbezirk oberfrankenweit bei konstant rund 42000 Euro pro Jahr an die Selbsthilfegruppen.

„Damit entfällt 18 Prozent der Förderung auf Oberfranken, obwohl der Bevölkerungsanteil an Bayern gerade einmal bei acht Prozent liegt“, sagte Josef Greger vom Zentrum Bayern Familie Soziales (ZBFS), das für die Förderung zuständig ist. Das zeige aber auch, dass es in Oberfranken ein reges Engagement in Sachen Selbsthilfe gibt, so Greger bei einem Kontaktgespräch zwischen Ehrenamtlichen mit der Spitze des ZBFS, das auf die Initiative der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer zustande gekommen war. In Oberfranken gibt es knapp 100 Selbsthilfegruppen mit zusammen 4600 Mitgliedern. Bayernweit sei von den Selbsthilfegruppen im laufenden Jahr rund eine viertel Million Euro abgerufen worden, sagte Greger. Dabei sei jeder Antrag in voller Höhe bewilligt worden.

Trotzdem haben die Selbsthilfegruppen auch Probleme. So bezeichneten bei der Veranstaltung zahlreiche Redner die bisherige Förderpraxis als überarbeitungsbedürftig, denn das Geld aus der parallel laufenden Förderung durch die Krankenkassen müsse erst aufgebraucht sein, um in den Genuss der Förderung durch das ZBFS zu kommen. Dies sei schon deshalb ungerecht, weil es bei der Krankenkassenförderung keine einheitlichen Regelungen gibt. Vielmehr könne jede Selbsthilfekontaktstelle ihre eigene Sondervereinbarung treffen.

Als weiteres Ärgernis sahen es die Vertreter der Selbsthilfegruppen, dass jede Gruppe pauschal mit 400 Euro pro Jahr bezuschusst wird, egal ob die Gruppe sechs Mitglieder oder 60 Mitglieder hat, egal, was sie leistet und um welche Art an Selbsthilfe es sich handelt. „Dieses Gießkannenprinzip hilft niemand“, sagte ein Sprecher. Die Förderung sei zwar eine freiwillige Leistung des Staates, aber auch die Tätigkeit der Ehrenamtliche geschehe auf freiwilliger Leistung.

Schließlich wurde auch bemängelt, dass die Zuteilung der Förderung meist erst Mitte des Jahres erfolgt. Deshalb müssten die Gruppensprecher im Verlauf des ersten Halbjahres Gelder vorstrecken, damit die Gruppe liquid bleibt. Auch die Antragsstellung selbst sollte vereinfacht werden, um Hürden abzubauen.

Die Bayreuther Landtagsabgeordnete und neue Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Gudrun Brendel-Fischer würdigte die ehrenamtliche Arbeit der Selbsthilfegruppen. „Das, was sie hier leisten, kann man nicht bezahlen“, sagte sie. Die Förderung könne deshalb letztlich immer nur eine Anerkennung sein. Brendel-Fischer wertete es als Alarmzeichen, wenn aktuell die Begeisterung sinkt, den Vorsitz einer Selbsthilfegruppe zu übernehmen. Sie verwies auf die in den Bundesrat eingebrachte Erhöhung der Ehrenamtspauschale und sprach sich dafür aus, diese der wesentlich höheren Übungsleiterpauschale anzunähern. Damit könnten Ungerechtigkeiten beseitigt werden, zumal viele Tätigkeiten innerhalb der Selbsthilfegruppen Übungsleitern durchaus gleichzustellen seien.

Zuvor hatte ZBFS-Präsident Norbert Kollmer den Gästen seine Behörde vorgestellt. Das Zentrum ist die größte Sozialbehörde Bayerns mit rund 1800 Beschäftigten und einem jährlichen Fördervolumen von aktuell 3,7 Milliarden Euro. Hier gehe es unter anderem um die Feststellung von Schwerbehinderungen, um die Auszahlung von Eltern-, Betreuungs- und Erziehungs- und Blindengeld, sowie um Opferentschädigung und andere soziale Entschädigungen. „Wir haben Kontakt zu jedem siebten Bürger im Freistaat“, sagte Kollmer. Zum ZBFS gehören auch das Bayerische Landesjugendamt, das Inklusionsamt und das Amt für Maßregelvollzug. Hervorgegangen war das Zentrum aus den früher acht eigenständigen Versorgungsämtern, dem Landesversorgungs- und dem Integrationsamt.

Bild: „Selbsthilfegruppen leisten unbezahlbare Arbeit“ (von links): die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, ZBFS-Präsident Norbert Kollmer und Josef Greger vom ZBFS bei dem Kontaktgespräch in Bayreuth.

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16.07.2018

Avalon fordert staatlichen Personalkostenzuschuss / MdB Silke Launert würdigte Arbeit der Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt

Bayreuth. Die Fachberatungsstelle Avalon gegen sexuelle Gewalt in Bayreuth muss jedes Jahr von neuem um ihre finanzielle Ausstattung kämpfen. Darauf hat die Leiterin Gabriela Gossow-Look bei einem Informationsbesuch der Bayreuther Bundestagsabgeordneten Silke Launert hingewiesen. Zwar finden die Verantwortlichen glücklicherweise immer wieder Spender, Sponsoren und Unterstützter, trotzdem klagen sie über den ausbleibenden Personalkostenzuschuss durch das Bayerische Staatsministerium. Die Notruf- und Beratungsstelle bietet Unterstützung und Hilfe für Erwachsene, Jugendliche und Kinder, die sexuelle Gewalt erleben und erlebt haben.

Während ähnliche Fachberatungsstellen in Bamberg, Coburg und Hof einen staatlichen Personalkostenzuschuss von jeweils 19000 Euro erhalten, muss Bayreuth ohne auskommen, da nicht mehr als drei pro Regierungsbezirk gefördert werden sollen. Dabei wäre der Personalkostenzuschuss gerade für eine langfristige Planung mit den derzeit sieben Mitarbeitern, in der Regel Pädagogen und Sozialpädagogen, wichtig. „Es ist schon ärgerlich, dass dieser Zuschuss so ganz an uns vorbeigeht“, sagte die Leiterin.

Avalon wird von der Stadt und dem Landkreis Bayreuth sowie dem Landkreis Kulmbach gefördert. Dazu gibt es nach den Worten von Gabriela Gossow-Look einen Sachkostenzuschuss von der Regierung von Oberfranken. Alle übrigen Kosten würden von privaten Stiftungen, Sozialinitiativen wie Aktion Mensch, der Glücksspirale oder der ARD-Fernsehlotterie sowie von Wirtschaftsunternehmen und sonstigen Spendern getragen. „Uns gebe es gar nicht, wenn nicht der starke Wille der Bürgerschaft da wäre, uns mit Spenden zu tragen“, sagt Gossow-Look, die den Gesamthaushalt auf zuletzt 176000 Euro in 2017 bezifferte.

Dabei ist Avalon voll ausgelastet. Gossow-Look sprach von zuletzt fast 540 Beratungen pro Jahr, davon 160 Beratungen von Helfern, der Rest von betroffenen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Auch sei ein regelrechter Run auf die Projektangebote in den Schulen festzustellen. „Prävention muss genauso Standard werden wie Verkehrserziehung“, fordert Gossow-Look.

Nach den Worten von Dr. Silke Launert ist die Arbeit von Avalon wichtiger denn je zuvor. Eine Überversorgung sei in Oberfranken nicht zu erkennen. Sie würdigte besonders den niederschwelligen Zugang, durch den in vielen Fällen schon weit im Vorfeld geholfen werden könne. „Ohne die gute Betreuung von Avalon würden viele Betroffene früher oder später in Arbeitslosigkeit oder Hartz IV rutschen, deshalb ist hier jeder Euro gut angelegtes Geld.“

Die Präventionsarbeit bezeichnete Launert genauso wie die Beratungs- und Informationstätigkeit als wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge, die genauso notwendig sei, wie ein ausreichendes Angebot von Kindergartenplätzen. Launert hatte bereits beim Besuch der Bayerischen Sozialministerin Kerstin Schreyer vor wenigen Wochen anlässlich der Klausurtagung von Unionsabgeordneten in Bayreuth eine bessere und verlässliche finanzielle Ausstattung von Fachberatungsstellen angesprochen. Derzeit werde in ihrem Haus an einem entsprechenden Konzept dazu gearbeitet, hatte die Ministerin bestätigt. Dr. Launert versicherte, an dem Thema mit Nachdruck dran zu bleiben und nicht nachzulassen, eine entsprechende Ausstattung einzufordern. „Das Thema ist einfach zu wichtig“, sagte Launert.

Bei Avalon handelt es sich rechtlich eigentlich um zwei eingetragene Vereine mit seit vielen Jahren konstant um die 100 Mitglieder. Die Notruf- und Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt ist ein eigener Verein, genauso wie Avalon Prävention e.V. Letzterer führt jährlich bis zu 40 Veranstaltungen in den Schulen der Region durch. Ein weiteres wichtiges Angebot sind Selbstbehauptungskurse für Kinder und Jugendliche. Gegründet wurde der Zusammenschluss 1991 aus bürgerschaftlichem Engagement heraus. Als Beratungsstelle ist Avalon dem Paritätischem Wohlfahrtsverband angeschlossen.

Bild: Mitarbeiterin Claudia Stöger-Müller, Vorsitzende Maria Lampl, die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert und Leiterin Gabriela Gossow-Look (von links).

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11.04.2018

Schärfere Konkurrenz durch Weißenstadt / Therme Obernsees: Weniger Besucher, weniger Umsatz, aber auch geringeres Defizit

Bayreuth/Obernsees. Die Eröffnung des Siebenquell Gesundheitsresorts in Weißenstadt hat der Therme Obernsees allein im ersten Quartal 2017 mehrere tausend Besucher gekostet. Das war die schlechte Nachricht bei der Sitzung des Zweckverbandes Therme Obernsees am Mittwoch im Landratsamt. Die gute Nachricht: Ein großer Teil davon konnte in der Zwischenzeit wieder zurückgewonnen werden.

Insgesamt bezifferte Geschäftsleiter Gernot Geyer die Zahl der Besucher im zurückliegenden Jahr auf rund 258000. Das seien zwar 11000 weniger als im Jahr zuvor, aber auch rund 20000 mehr als beispielsweise 2012. „Die ursprünglichen Entwicklungen sind stets von 230000 ausgegangen“, sagte Geyer. So schlecht liege man also bei weitem nicht, im Gegenteil.

Ursache für den Rückgang sei im Wesentlichen die Eröffnung der Therme in Weißenstadt. Das hätten Postleitzahlenbefragungen an der Kasse und Auswertungen der Kfz-Kennzeichen auf dem Thermenparkplatz ergeben. „Neue Besen kehren eben gut“, so der Geschäftsleiter. Besonders zu spüren gewesen sei der Rückgang bei den Saunagästen von rund 95000 in 2016 auf 86000 in 2017.

Folgende Zahlen legte Geyer im Rahmen des vorläufigen Betriebsergebnis 2017 noch vor: Der Gesamtumsatz lag inklusive Sauna und Gastronomie mit gut drei Millionen Euro geringfügig unter dem Jahres 2016 mit gut 3,1 Millionen Euro. Die Gesamtkosten lagen bei 3,6 Millionen Euro (Vorjahr 3,7 Millionen Euro), was ein Defizit von 565000 Euro ergibt, 24000 Euro weniger als Im Jahr zuvor. Konkurrenten hätten manchmal mehr als doppelte, so der Zweckverbandsvorsitzende Landrat Hermann Hübner.

Alles in allem kommen die Verantwortlichen auf einen Deckungsgrad von 81,4 Prozent, 0,3 Prozent besser als im Jahr zuvor, aber auch über elf Prozent schlechter als 2010. Geyer: „Wir bräuchten pro Gast 2,70 Euro mehr an Erlös, um auf Kostendeckung zu kommen“. Der Geschäftsleiter sprach dabei auch von einem sehr günstigen Preisverhältnis, obwohl die Eintrittspreise erst im Dezember erhöht worden waren.

Mit rund sieben Millionen Euro sei die Therme Obernsees auch im Verhältnis zu den getätigten Investitionen nicht hochverschuldet. „So ein Bad erfordert eben auch einen entsprechenden Aufwand“, sagte Geyer. Auch andere Bäder hätten hohe Schulden. Zusätzliches Geld in die Kassen hätten außerdem der Wohnmobilstellplatz und das Feriendorf gebracht. Projektleiter Thomas Eichhorn kam auf etwa 12600 Übernachtungen auf dem Wohnmobilstellplatz sowie auf fast 1300 Gäste des Feriendorfs, die auch die Therme besucht hätten.

Eine der großen Investitionen, die im kommenden Jahr ansteht ist die auf 2,2 Millionen Euro geschätzte notwendige Neubohrung. Die bisherige Bohrung sei in die Jahre gekommen und habe ihre Dienste getan. Um auch in Zukunft das hochwertige Thermalwasser aus rund 1000 Meter Tiefe nach oben zu befördern, sei die neue Bohrung dringend notwendig. Die Verantwortlichen gehen von einer staatlichen Förderung von 60 bis 70 Prozent aus, allerdings kommen weitere Kosten dazu, da die alte Bohrung verplombt werden muss.

„Diese Maßnahme zeigt einmal mehr: wir sind in einer dauernden Investitionsphase“, sagte Landrat Hübner. Daran sei aber auch zu sehen, dass sich etwas tut in Obernsees, und, dass die Therme noch immer eine ganz wichtige Einrichtung für die gesamte Region ist. Aus genau diesem Grund soll auch vorbehaltlich der Zustimmung durch den Kreistag und auf Betreiben der Gemeinde Mistelgau, zu der Obernsees gehört, der Umlageschlüssel geändert werden. Während die Gemeinde bisher 30 und der Landkreis 70 Prozent vom Betriebsdefizit und für Kreditaufnahmen vor dem Jahr 2000 sogar 45 Prozent (Gemeinde) und 55 Prozent (Landkreis) zu tragen hatte, liegt der neue Satz einheitlich bei 23 Prozent für die Gemeinde und 77 Prozent für den Landkreis.

Mit einer Familien- einer Sauna- und einer 50-Prozent-Aktionswoche feiert die Therme Obernsees im Mai ihren 20. Geburtstag. Am 9. Juni gibt es von 14 bis 18.30 Uhr ein großes Familienfest mit vielen Attraktionen. Die Feiern beginnen bereits am 16. Mai mit einem Festakt in der Obernseeser Kulturscheune.

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28.03.2018

Gefahrlos Überholen zwischen Auerbach und Autobahn / Dreispuriger Ausbau der B85 geplant

Auerbach. Die Bundesstraße B85 soll zwischen Auerbach und der Anschlussstelle zur Bundesautobahn A9 dreispurig ausgebaut werden. Darauf haben sich Abgeordnete und Mandatsträger aus den beiden beteiligten Landkreisen Amberg-Sulzbach und Bayreuth geeinigt. Bis Ende des Jahres soll eine Machbarkeitsstudie vorliegen. „Ein dreispuriger Ausbau würde den Verkehrsfluss erheblich verbessern, beschleunigen und komfortabler machen“, sagte Auerbachs Bürgermeister Joachim Neuß.

Gut 10000 Kraftfahrzeuge benutzen die Bundesstraße zwischen Auerbach und der A9 täglich, die Straße liegt damit über dem Durchschnitt von Bundesstraßen. Fast ein Zehntel davon sind Lkw, was bedeutet, dass die B85, die in diesem Stück gleichzeitig auch die B470 ist, überdurchschnittlich stark vom Schwerlastverkehr betroffen ist. Das Teilstück ist acht Kilometer lang, es liegt zur Hälfte auf dem Gebiet des Landkreises Amberg-Sulzbach, zur anderen Hälfte gehört es zum Landkreis Bayreuth.

Von einer Hauptverkehrsschlagader im gesamten Landkreis Amberg-Sulzbach sprach der örtliche Bundestagsabgeordnete Alois Karl. In Richtung Amberg und Schwandorf seien große Teile der Strecke bereits drei-, teilweise sogar vierspurig ausgebaut. Ziel des dreispurigen Ausbaus sei es, abwechselnd gefahrloser Überholmöglichkeiten zu schaffen und damit die Unfallzahlen zu senken.

Für die Bayreuther Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert geht es vor allem auch darum, den Raum Pegnitz zu stärken. Viele der rund 1800 Einpendler nach Auerbach kämen aus dem Bayreuther Landkreis. Gerade zu Hauptverkehrszeiten würden auch sie in erheblichem Umfang von einem Ausbau profitieren. Aktuelles Problem sei weder die Breite, noch der Zustand der Strecke, sondern schlicht und einfach die fehlenden Überholmöglichkeiten.

Bürgermeister Neuß geht für die Zukunft von einem noch stärkeren Verkehrsaufkommen aus, da in Auerbach aktuell ein weiteres Gewerbegebiet erschlossen werde. Vereinfacht werde der Ausbau dadurch, dass über weite Strecken die Bäume entlang der Straße bereits gefällt seien. Außerdem seien die Bayerischen Staatsforsten Eigentümer der anliegenden Wälder. Schließlich gibt es entlang der Trasse mehrere großangelegte Militärparkplätze, die so nicht mehr benötigt werden. Nach den Worten von Bürgermeister Neuß stellt die B85 für Auerbach die wesentliche Verkehrsachse dar, da seine Stadt über keine Schienenanbindung verfüge.

Richard Reissinger, Landrat des Landkreises Amberg-Sulzbach, nannte das Vorhaben über Auerbach hinaus bedeutsam. „Wir brauchen den Anschluss zu A9“, sagte er. Zustimmung kam bei dem Gespräch auch von Pegnitzer Seite. „Wir unterstützten das sehr“, sagte der Zweite Bürgermeister Wolfgang Nierhoff mit Blick auf die zahlreichen Aus- und Einpendler, die täglich auf der B85 zwischen Pegnitz und Auerbach unterwegs sind.

Bild: Sie diskutierten um die Zukunft der B85 (von links): Wolfgang Nierhoff, 2. Bürgermeister von Pegnitz, MdL Dr. Harald Schwarz, MdB Dr. Silke Launert, Auerbachs Bürgermeister Joachim Neuß und MdB Alois Karl.

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29.12.2017

1000 Lebensretter für Bayreuth / BRK-Kreisverband startet „Erste-Hilfe-Kompaktseminar“

Bayreuth. Bewusstlosigkeit, Herz-Kreislaufstillstand oder eine stark blutende Wunde nach einem Unfall mit der Kreissäge: der Erste-Hilfe-Kurs ist schon lange her und viele Menschen wissen nicht mehr, was sie tun sollen, wenn sie zufällig Zeuge eines Notfalls werden. Als erster Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes startet das BRK in Bayreuth im Februar das Programm „Lebensretter 112“. Dabei sollen den Teilnehmern in 112 Minuten die wichtigsten lebensrettenden Maßnahmen vermittelt werden. Die Schirmherrschaft über die Aktion haben die beiden CSU-Abgeordneten Dr. Silke Launert und Gudrun Brendel-Fischer übernommen.

„Es gibt einige wenige, aber sehr effektive Maßnahmen, die bei einem lebensbedrohlichem Zustand von Jedermann angewendet werden können“, sagte Marcel Hauswurz vom BRK bei einem Besuch der beiden Abgeordneten in der Integrierten Rettungsleitstelle. Damit sei es meist sogar ohne Hilfsmittel möglich, Leben zu retten. Häufig komme es auf den Ersthelfer an, deshalb sollen die Menschen in die Lage versetzt werden, selbst aktiv zu werden, so BRK-Kreisgeschäftsführer Peter Herzing. Erste-Hilfe-Maßnahmen seien wesentlicher Bestandteil der Rettungskette mit entscheidenden Auswirkungen auf die medizinische Prognose des Patienten.

Die Verantwortlichen des Roten Kreuzes haben das Kurzseminar auch deshalb ins Leben gerufen, weil viele Menschen den Aufwand eines kompletten Erste-Hilfe-Kurses mit neun Unterrichtsstunden scheuen. Dieser in der Regel ganztägige Kurs ist zwar für den Führerschein notwendig, wird später aber kaum mehr aufgefrischt. Hier soll das neue Angebot „Lebensretter 112“ ansetzen.

Angesprochen sind nach den Worten von Marcel Hauswurz nicht nur Privatpersonen sondern auch Firmen, Vereine oder sonstige Gruppierungen. Für Einzelpersonen kostet der knapp zweistündige Kurs 25 Euro, für Gruppen von bis zu 20 Personen pauschal 290 Euro. Gut angelegtes Geld, wie Kreisgeschäftsführer Herzing meint, denn das Thema kann jeden betreffen. „Wenn bei einem Notfall in den ersten drei bis fünf Minuten niemand etwas unternimmt, kann der Notarzt noch so gut sein, der Patient hat eine geringere Überlebenschance.“

Sowohl die Bundestagsabgeordnete Launert, als auch die Landtagsabgeordnete Brendel-Fischer begrüßten bei dem Ortstermin in der Rettungsleistelle das neue Angebot und würdigten das Engagement des BRK. Alleine seien die Menschen schwer zu einem Erste-Hilfe-Kurs zu bewegen, deshalb sei das Angebot für Gruppen und Vereine so wichtig, sagte Launert. Der Bayreuther Kreisverband übernehme mit dem neuen Angebot, das am 9. Februar startet, eine wichtige Vorreiterrolle in Bayern und trage damit wesentlich zur Stärkung der Rettungskette bei, so Brendel-Fischer.

Bei dem Besuch der Abgeordneten warnte Kreisgeschäftsführer Herzing vor einem akuten Pflegenotstand. Es sei schon jetzt sicher davon auszugehen, dass die ambulante Versorgung in der bisherigen Form nicht mehr aufrechterhalten werden könne, weil die notwendigen Kräfte fehlen. Müssten die Menschen dann ins Heim, entsteht ein weiteres Problem, da es auch dort viel zu wenige Pflegekräfte gibt.

Herzing appellierte deshalb an die beiden Politikerinnen, den Pflegekräften mehr Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse zu geben sowie Kontrollen und Bürokratie abzubauen. Wichtigster Punkt sei es allerdings das Ansehen des Berufes zu stärken. Am Geld liege es nicht, man müsse junge Menschen dazu bewegen, einen Pflegeberuf zu ergreifen.

Allein durch Zuwanderung könne das Problem nicht gelöst werden, sagte die Bundestagsabgeordnete Launert. Eine größere Wertschätzung sei der entscheidende Punkt, dazu gehöre auch ein größerer Entscheidungsfreiraum für die Betreffenden.

Die Integrierte Rettungsleistelle in Bayreuth ist eine von bayernweit 26 derartigen Einrichtungen. Sie ist 2011 in Betrieb gegangen. In ihr sind 26 Mitarbeiter im Schichtdienst tätig. Die Landtagsabgeordnete Brendel-Fischer sagte zu, sich für eine gute Weiterentwicklung der Integrierten Leitstelle einzusetzen. Der Freistaat müsse hier weiterhin mit dem Zweckverband und dem Träger verantwortungsbewusst zusammenwirken. Die ILS Bayreuth-Kulmbach mit Markus Ruckdeschel an der Spitze genieße in München hohes Ansehen, so Brendel-Fischer.

Bild: BRK-Kreisgeschäftsführer Peter Herzing erläuterte zusammen mit den Verantwortlichen den beiden Abgeordneten Gudrun Brendel-Fischer (2. von links) und Dr. Silke Launert (3. von rechts) die Arbeitsabläufe der Integrierten Rettungsleitstelle Bayreuth/Kulmbach.

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18.12.2017

120 Lkw-Stellplätze auf der „Trockauer“ Höhe geplant / Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer besuchte Autobahnmeisterei Trockau

Trockau. Die Autobahndirektion Nordbayern rechnet für die geplante Parkplatz- und WC-Anlage „Trockauer Höhe“ an der Bundesautobahn  A9 bereits 2018 mit dem Baurecht. Dann könnte die Anlage zwischen den Anschlussstellen Trockau und Bayreuth-Süd mit beidseitig insgesamt  120 Lkw-Stellplätzen zügig umgesetzt werden, sagte Präsident Reinhard Pirner bei einem Besuch der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer (CSU) in der Autobahnmeisterei Trockau.

Die vorliegende Planung umfasst den Neubau der beidseitigen, unbewirtschafteten Rastanlage mit Toiletten. Das Projekt befindet sich rund dreieinhalb Kilometer nördlich der Ausfahrt Trockau im gemeindefreien Gebiet Lindenhardter Forst und im Gemeindegebiet von Hummeltal. Zur Ver- und Entsorgung werden auch Flächen und Wege der Gemeinden Gesees, Haag und Hummeltal berührt.

Entlang der A9 seien Lkw-Stellplätze zwischen Nürnberg und der Landesgrenze Mangelware, sagte Pirner. Jeder sehe ein, dass entsprechende Parkanlagen notwendig sind, aber keiner möchte sie innerhalb seines Gemeindegebietes haben. Neben den notwendigen infrastrukturellen Baumaßnahmen für die Wasser- und Stromversorgung werde oft ein Anstieg der Kriminalität im Umfeld solcher Plätze befürchtet. Dabei konnte der Präsident Entwarnung geben. Bei keiner PWC-Anlage habe es bislang einen Anstieg der Kriminalität im Umfeld gegeben.

Unstrittig ist die Notwendigkeit der Anlage. „Wir müssen den Lkw etwas bieten, schließlich haben die Fahrer Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten und dies dient ja vor allem auch der Verkehrssicherheit auf unseren Autobahnen“, sagte Pirner. Darüber hinaus könnten die Kommunen froh sein, da die Lastwagen andernfalls in deren Industriegebieten parken. Schlimmstenfalls seien die bestehenden Parkanlagen überlastet und die Lkw-Fahrer stellten ihren Brummis auf dem Verzögerungsstreifen ab, was zu einem erheblichen Gefährdungspotential führe.

Als weitere Projekte für das kommende Jahr kündigte der Bayreuther Dienststellenleiter Thomas Pfeifer unter anderem Deckenbaumaßnahmen auf der A9 beidseitig zwischen Pegnitz und Plech sowie entlang der Bindlacher Allee an. Außerdem soll der Lärmschutz im Bereich von Pegnitz erneuert und gemeinsam mit der Stadt Pegnitz optimiert werden. Dort sei die bestehende Lärmschutzwand noch aus den 1990er Jahren.

Trotz derzeit relativ guter Finanzausstattung befürchten die Verantwortlichen der Direktion, dass ihnen in den kommenden Jahren „Ingenieurmittel“ nicht in ausreichender Höhe für die notwendigen Planungsaufgaben zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich um Gelder des Freistaats, die für externe Planer und Gutachter bereitgestellt werden. „Eine Million Euro im Ingenieurbereich löst rund zehn Millionen Euro an Bauinvestitionen aus, die komplett in Bayern umgesetzt werden“, sagte Pirner. Ohne ausreichende „Ingenieurmittel“ werde die Direktion langfristig nicht das derzeitige Investitionsniveau halten können. Landtagsabgeordnete Brendel-Fischer konnte den Verantwortlichen dazu mitteilen, dass dieses Anliegen im Nachtragshaushalt 2018 auf Initiative der CSU-Fraktion ausreichend berücksichtigt wurde.

Außerdem erläuterte Pirner der Landtagsabgeordneten die  den aktuellen Stand  in Bezug auf die Reform der Autobahnverwaltung. So soll die Autobahndirektion Nordbayern ab dem Jahr 2021 in eine Infrastrukturgesellschaft Autobahn (IGA) überführt werden. Die IGA steht  im unveräußerlichen Eigentum des Bundes und neben der Zentrale in Berlin können bis zu 10 Tochtergesellschaften gegründet werden.  Ausgeprägte Organisationsstrukturen der Autobahnverwaltung sollen erhalten bleiben und für das betroffene Personal wurden im Gesetz Garantien zu Arbeitsplatz, Arbeitsort und Status verankert. Das bedeute auch, dass kein Beschäftigter gegen seinen Willen versetzt werden soll.

Die Autobahndirektion Nordbayern ist für rund 1300 Autobahnkilometer zuständig. Die Autobahnmeisterei in Trockau beschäftigt aktuell 28 Mitarbeiter.

Bilder:
- Von links: der Präsident der Autobahndirektion Nordbayern Reinhard Pirner, die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, Jörg Stricker von der Autobahnmeisterei Trockau, Thomas Pfeifer, Dienststellenleiter der Autobahndirektion in Bayreuth und Michael Herbst von der Autobahnmeisterei Trockau.
- Die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer am Steuer eines hochmodernen Räumfahrzeuges der Autobahnmeisterei Trockau. Links der Leiter von Trockau Jörg Stricker, rechts der Präsident der Autobahndirektion Nordbayern Reinhard Pirner.

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10.11.2017

„Beste Konzepte für beste Kräfte“: Rainer Nachtigall ist neuer bayerischer DPolG-Vorsitzender / MdB Silke Launert beim bayerischen Landeskongress der Deutschen Polizeigewerkschaft

Bayreuth. Der 53-jährige Polizeibeamte Rainer Nachtigall (Bild links) aus Nürnberg ist neuer bayerischer Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Nachtigall wurde beim Landeskongress in Bayreuth mit großer Mehrheit zum Nachfolger von Hermann Benker gewählt, der nach 14 Jahren in dieser Position und nach 45 Dienstjahren mit Blick auf seinen bevorstehenden Ruhestand nicht mehr kandidiert hatte. Zu den Gratulanten gehörte auch die Bayreuther Bundestagsabgeordnete Silke Launert, die an der Festveranstaltung im Arvena-Hotel teilgenommen hatte.

Neben der Wahl der neuen Gewerkschaftsspitze der mit 20000 Mitgliedern größten Berufsvertretung der Bayerischen Polizei haben die Delegierten unter dem Motto „Sicherheit – Made in Bayern“ über polizeispezifische Themen beraten und mehrere Resolutionen verabschiedet. Dabei ging es unter anderem um neue Technologien und ein zukunftsträchtiges  Personalentwicklungskonzept für die bayerische Polizei.

Die Polizei habe sich in den zurückliegenden Jahrzehnten sehr gut entwickelt, vieles habe sich zum Positiven verändert, die DPolG habe daran maßgeblichen Anteil, sagte der scheidende Vorsitzende Hermann Benker (Bild links). Was Ausbildung, Ausrüstung und auch Besoldung betrifft, hätten die Beamten heute vieles der Gewerkschaft zu verdanken. Ihm sei es aber vor allem auch darum gegangen, das Ansehen der Polizei in der Gesellschaft stetig zu verbessern.

In seiner Antrittsrede forderte der neue Vorsitzende Nachtigall „beste Konzepte für beste Kräfte“. Er wandte sich gegen den schleichenden Abbau von Tarifbeschäftigten bei der bayerischen Polizei und bot dem Ministerium einen Konsens in Sachen Arbeitszeitdiskussion an. Nachtigall plädierte für den Einsatz von Bodycams und forderte die derzeitige Erprobungsphase für Taser (Elektroschockpistolen) auszuweiten. Die derzeitige Testphase könne nur ein Zwischenschritt zur Ausweitung auf alle Dienststellen sein, sagte er.

Innenstaatssekretär Gerhard Eck (Bild links) zog eine hervorragende Sicherheitsbilanz für den Freistaat und bedankte sich bei den Beamten für deren Einsatz. Bayern sei Spitzenreiter in Sachen innere Sicherheit und anderen Bundesländern damit weit voraus. Der Freistaat treffe klare Entscheidungen, dulde keine rechtsfreien Räume und reagiere unverzüglich auf neue Entwicklungen. Eck bedankte sich auch beim scheidenden Vorsitzenden.  Benker habe die Interessen der Mitglieder engagiert, kraftvoll und sachkundig vertreten. Außerdem habe Benker die DPolG zu einem wichtigen Ansprechpartner in Fragen der Inneren Sicherheit gemacht. Nachfolger Rainer Nachtigall versprach der Staatssekretär eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit.

Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe bezeichnete die bayerischen Polizeibeamten als Garanten der Sicherheit. Das bedeute auch, Bürger könnten sicher sein, dass extremistischen und rassistischen Kräften kein Raum gegeben wird. Zum Ersten Stellvertretenden Landesvorsitzenden wurde der 54-jährige Jürgen Ascherl aus München gewählt. Weitere stellvertretende Landesvorsitzende sind Eduard Dosch (Königsbrunn), Michael Hinrichsen (Regensburg) und Jürgen Köhnlein (Bayreuth). Außerdem gehören dem Vorstand noch Thorsten Grimm (Würzburg), Stefan Kemptner (Ingolstadt), Thomas Lintl (Würzburg) und Reinhold Merl (Rosenheim) an.

Bild unten: Die Bayreuther Bundestagsabgeordnete Silke Launert und Innenstaatssekretär Gerhard Eck beim DPolG-Landeskongress in Bayreuth.

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06.09.2017

Knochenjob am Menschen / Brigittenheim befürchtet Pflegenotstand – Bundestagsabgeordnete Silke Launert besuchte Pegnitzer Einrichtung

Pegnitz. Im evangelischen Brigittenheim wird vor einem Pflegenotstand gewarnt. „Wir suchen händeringend Fachkräfte“, sagte Pflegedienstleiterin Roswitha Schecklmann bei einem Besuch der Bayreuther Bundestagsabgeordneten Silke Launert. Insbesondere bei den Nachtwachen mache sich das fehlende Personal schon bemerkbar. Anderswo, etwa in Nürnberg, gebe es bereits Altenheime, auf denen wegen des Pflegenotstands Stationen dicht gemacht werden müssen.

Eine Lösung für das Problem ist nicht in Sicht. Der Markt der Fachkräfte ist leergefegt, sagte Schecklmann. Sie selbst und ihr Team werben an Schulen, in Kirchen und auf sozialen Medien. An der Bezahlung alleine könne es nicht liegen, denn die sei mit 2900 Euro brutto für eine Fachkraft, die ihren Dienst heute antritt, so schlecht auch nicht. „Ich glaube, dass es am Ansehen liegt“, sagte die Abgeordnete Launert. Der Bezug der Tätigkeit fehle vielen jungen Leuten. Dabei dürfe man auch nicht vergessen, dass die Pflege ein „Knochenjob am Menschen“ mit einer extremen psychischen Belastung ist. Launert: „Deshalb ist Mitarbeiterpflege das A und O“.

Wichtig ist der Pflegedienstleitung auch die Identifikation mit der Situation vor Ort. „Es gibt Heime, in denen genau noch eine Pflegekraft deutsch spricht, bei uns spricht jede deutsch“, sagte Schecklmann. Das sei auch wichtig, wenn man miteinander singt oder über die Heimat der Bewohner spricht. Kennen Pflegekräfte weder Lieder noch Gegend, sei es für die betreuten Menschen schwer, sich mit ihnen zu identifizieren.

Insgesamt stellte Einrichtungsleiterin Schecklmann fest, dass die Menschen heute deutlich kränker ins Heim kommen, als noch vor Jahrzehnten. Während vor 20 Jahren noch mancher Bewohner sein eigenes Auto auf dem Parkplatz stehen hatte, sei die Zahl der Hospiz- und Alzheimersprechstunden heute rapide angestiegen. Auch darunter würden die Mitarbeiter leiden. 

Das evangelische Brigittenheim des zentralen Diakonievereins im evangelisch-lutherischen Dekanatsbezirk Pegnitz als Träger beherbergt aktuell 141 Bewohner. „Wir wollen kein Ghetto, sondern ein Lebenszentrum sein“, sagte Pflegedienstleiterin Schecklmann. Ihren Worten zufolge ist das Haus seit 20 Jahren zu 99 Prozent belegt. Wird ein Zimmer frei, kommt noch in der Nacht ein hauseigene Maler, damit das Zimmer schnellstmöglich wieder vergeben werden kann.

Zur Philosophie des Hauses gehört es auch, dass es hier keine freiheitsentziehenden Maßnahmen gibt. „Wir arbeiten mit Niederflurbetten und verwenden weder Bettgitter, noch Gurte“, sagte Schecklmann. Verlässt ein Bewohner das Haus, meldet das ein Chip beim Pflegedienst. „Von außen darf keiner rein, aber von innen darf jeder raus“, so der frühere Pegnitzer Bürgermeister Manfred Thümmler bei dem Besuch der Abgeordneten. Eine weitere Besonderheit des Brigittenheims ist das große ehrenamtliche Engagement von 40 engagierten Leuten aus dem kirchlichen Bereich. Sie singen nicht nur oder lesen den Bewohnern vor, sie helfen auch mal in der Stationsküche mit. 

Das Brigittenheim konnte im laufenden Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiern, der gesamte Brigittenpark mit dem Betreuten Wohnen und der Diakoniestation nebenan wurde 20 Jahre alt.

Bild oben und unten: Der frühere Pegnitzer Bürgermeister Manfred Thümmler, Pflegedienstleiterin Roswitha Schecklmann und die Bundestagsabgeordnete Silke Launert bei ihrem Besuch im Pegnitzer Brigittenheim.

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30.08.2017

Barrierearm, behindertengerecht und jede Menge Bildungsangebote / Europaministerin Beate Merk besuchte neue Bayreuther Jugendherberge

Bayreuth. Als erste Jugendherberge in Bayern und eine der ersten in Deutschland trägt die neue Einrichtung in Bayreuth nicht nur das Prädikat Integrationsherberge, sondern auch den Titel Europa-Herberge. „Damit werden nicht nur Teilhabe, Inklusion und Persönlichkeitsentwicklung ganz groß geschrieben, sondern auch ein umfangreiches politisches Bildungsangebot mit dem Focus Europa“, sagte der Präsident des bayerischen Jugendherbergswerkes Gerhard Koller bei einem Besuch von Europaministerin Beate Merk.

Eine Tischtennisplatte und Keller und allenfalls noch ein Kicker, Dusche und WC am Gang, diese Zeiten sind für Jugendherbergen vorbei. „Auch wir spüren das veränderte Reiseverhalten ganz deutlich“, sagte Koller beim Besuch der Ministerin, die auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Silke Launert nach Bayreuth gekommen war. Mit 1,4 Millionen Übernachtungen in den 60 bayerischen Jugendherbergen im zurückliegenden Jahr gehöre das Jugendherbergswerk zu den großen Tourismusanbietern, wenn auch vornehmlich im Bereich der sozialen Bildung und gesellschaftlichen Teilhabe.

Im Schnitt seien es zwar immer noch Vier-Bett-Zimmer, die das Motto „Gemeinsam Erleben“ gerade für Schulklassen aufrechterhalten sollen, doch seien es längst auch Familien, die bei Preisen um die 30 Euro pro Person inklusive Frühstücksbüffet zu den Stammgästen der Jugendherbergen gehören. Mittag- und Abendessen, sowie Lunchpakete können individuell zu sensationell niedrigen Preisen dazu gebucht werden.

Die neue Bayreuther Einrichtung wurde erst im Juni eingeweiht und hat rund elf Millionen Euro gekostet. Noch ist der Altbau nebenan noch nicht ganz abgerissen, trotzdem kann die Herberge bereits auf eine Auslastung von bis zu 90 Prozent in den ersten beiden vollen Monaten Juli und August verweisen. „Im Juli hatten wir rund 3600, im August 3150 Übernachtungsgäste“, so Leiterin Anja Kurth.

Neu ist Bayreuth zum einen als Bayerns erste Integrationsherberge mit einem zum größten Teil behindertenfreundlichen Gebäude in dem Gäste mit körperlichen Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten optimale Bedingungen vorfinden. 14 von 45 Zimmern mit jeweils eigener Dusche und WC mit zusammen 180 Betten sind nach den Worten der Leiterin „barrierearm“ ein Zimmer ist komplett behindertengerecht. Dazu kommt, dass Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen in dem 21-köpfigen Mitarbeiterteam zusammen arbeiten.

Neu ist aber auch, dass es in dem schicken Haus am Rande des Campus auch mehrere inhaltliche Angebote gibt. Dazu gehören nicht nur sportliche Angebote auf dem Multifunktionsfeld, sondern auch politische Bildungsangebote und sogar die Möglichkeit zu musischer und musikalischer Betätigung. „Die Bayreuther Pianomanufaktur Steingraeber hat uns sogar ein Klavier zur Verfügung gestellt“, sagte Leiterin Anja Kurth, die auch mehrere Gitarren, Trommeln und sogar ein Didgeridoo im Angebot hat.

Zu den gesellschaftlichen und sozialen Angebotsmöglichkeiten gehören Teamtrainings, Theater- und Kunstprogramme für alle Altersstufen und Schularten, Berufsorientierungs- und Bewerbungstrainings und barrierefreie Stadtführungen. Auch museumspädagogische Angebote mit verschiedenen Kooperationspartnern oder Planspiele zur politischen Bildung in Zusammenarbeit mit der Europäischen Akademie Bayern oder dem Bezirk Oberfranken hat die Jugendherberge im Angebot.

Ab 2018 sollen nach den Worten der Leiterin nicht nur ein Beachvolleyballplatz, sondern auch ein Fahrradraum  für E-Bikes mit drei Ladestationen und Parkplätze mit Ladestationen für E-Autos dazu kommen.

Bild oben: Die bayerische Europaministerin Beate Merk (links), die Bayreuther Bundestagsabgeordnete Silke Launert und der Präsident des bayerischen Jugendherbergswerks Gerhard Koller testeten das musikalische Angebot der neuen Jugendherberge.

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09.05.2017

Sicherheit ist die Kernaufgabe des Staates / Zoll braucht mehr Personal - Bezirksverbandstag der Zoll- und Finanzgewerkschaft in Bayreuth

Bayreuth. Die Zollverwaltung braucht mehr Personal. Das war die zentrale Forderung auf dem Gewerkschaftstag der BDZ Zoll- und Finanzgewerkschaft für den Bezirksverband Nürnberg, zu dem die Regionen Nordbayern, Thüringen und Westsachsen gehören. „Das fehlende Personal ist unser größtes Problem“, sagte der Bundesvorsitzende  Dieter Dewes bei der Veranstaltung in Bayreuth. „Wir haben viele Aufgaben aber wenig Personal“, so der Bezirksvorsitzende Peter Krieger aus Nürnberg.

Nach wie vor wachse die Altersstruktur in den Zollämtern besorgniserregend an, sagte Dewes. In den kommenden 15 Jahren würden etwa 40 Prozent der Zollbeamten ruhestandsbedingt ausscheiden. Dringend notwendige Nachwuchskräfte müssten zu Gunsten anderer Arbeitsbereiche des Zolls abgegeben werden. Der berechnete Personalbedarf entspreche schon lange nicht mehr der tatsächlichen Aufgabenentwicklung des Zolls.

Wenn die Zahlen, etwa bei der Entwicklung der Rauschgiftfälle ansteigen, dann bedeute dies, dass die Zöllner gute Arbeit geleistet hätten, sagte die Bundestagsabgeordnete Silke Launert. Spürsinn, Erfahrung, Knowhow und viel Leidenschaft zeichne die Arbeit der Zöllner aus. Deshalb sagte sie den Zollbeschäftigten ihre Unterstützung bei der Forderung nach mehr Personal zu. Die äußere und die innere Sicherheit seien schließlich Kernaufgaben des Staates. Vielen Menschen werde vor dem Hintergrund der Terroranschläge der Vergangenheit jetzt erst bewusst, wie wichtig Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung sind.

Trotz des fehlenden Personals zogen Bundes- und Bezirksvorsitzender beim Gewerkschaftstag eine positive Einsatzbilanz. Bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität erziele der Zoll regelmäßig die höchsten Sicherstellungsmengen, so Dewes. Nach den Worten des Bundesvorsitzenden haben Zollbeamte im zurückliegenden Jahr bundesweit 23 Kilogramm Crystal Meth sichergestellt. Der Konsum der Modedroge sei besonders im nordbayerischen und thüringischen Raum weit verbreitet, so der Bezirksvorsitzende Krieger. Experten schätzten, dass jährlich etwa zehn Tonnen Crystal von tschechischen Drogenküchen für den illegalen Handel in Deutschland bestimmt sind.

Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld ist für den Zoll die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Nach der Einführung des Mindestlohns beklagt der BDZ den Personalmangel in der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls. 1600 neue Planstellen habe der der Bundestag zur Kontrolle und Überwachung der Einhaltung der Zahlung des flächendeckenden Mindestlohns genehmigt. Die gewerkschaftliche Forderung des BDZ belaufe sich dagegen auf insgesamt 2500 neue Planstellen. Aufgrund der Neuregelungen zum Mindestlohn müsse der Zoll rund fünf Millionen Beschäftigungsverhältnisse mehr im Blick haben als bisher. Die bundesweit etwa 6000 Zöllner der FKS leisteten bis zur Belastungsgrenze erfolgreiche Arbeit und hätten beispielsweise 2013 in rund 126000 Verfahren wegen Schwarzarbeit ermittelt und dabei einen Schaden von insgesamt über 813 Millionen Euro aufgedeckt.

Eine entscheidende Rolle spielt für den Zoll die Überwachung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs. Sicherheitslücken im internationalen Warenverkehr würden immer öfter für den illegalen Handel von detailgetreu gefälschten Produkten oder für terroristische Zwecken, wie etwa Waffenschmuggel, missbraucht. Der Zoll habe im zurückliegenden Jahr etwa 3,7 Millionen Waren mit einem Verkehrswert von rund 180 Millionen Euro beschlagnahmt.

Der BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft ist eine Gewerkschaft für Beschäftigte im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums und der Bundeszollverwaltung. Der BDZ ist Mitgliedsgewerkschaft des Deutschen Beamtenbunds und hat rund 25000 Mitglieder. Weitere Gewerkschaften im Bereich der Zollverwaltung sind die Gewerkschaft der Polizei und die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di.

Bild: Der BDZ-Bezirksvorsitzende Peter Krieger (links) und der BDZ-Bundesvorsitzende Dieter Dewes konnten zum Gewerkschaftstag in Bayreuth die Bundestagsabgeordnete Silke Launert begrüßen.

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16.12.2016

Bücher, Bierbänke und Bohrmaschinen: Leihen statt kaufen / Neues Angebot der Umweltkampagne „Let’s go Mehrweg“

Bayreuth. Manche Dinge braucht man eben nur mal kurz: eine Bohrmaschine zum Befestigen des Regals, eine Bierbank für das nächste Gartenfest oder ein Kostüm für den Faschingsball. Warum also immer gleich kaufen? Diese Frage stellten sich die Verantwortlichen der gemeinsamen Umweltkampagne „Let´s go Mehrweg“ von Stadt und Landkreis Bayreuth und riefen als Antwort einen Verleihservice ins Leben. Online kann jeder Interessierte auf dem Seiten von „Let´s go Mehrweg“ nun recherchieren, wo er Dinge bekommt, die er nur kurzzeitig benötigt, so dass er sich das Kaufen eigentlich sparen kann.

Ziel der Umweltkampagne „Let’s go Mehrweg“ ist es seit fast 20 Jahren unter anderem, die Menschen anzuregen, Abfälle zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Dazu gehöre es auch, keine minderwertigen Billigprodukten, die schnell kaputt gehen, zu kaufen, sagt Peter-Michael Habermann, Sprecher der Umweltkampagne. Zudem würden regionale Handwerker und Unternehmen, die den Mehrweg-Gedanken mit diesem Service fördern, einen stärkeren Bekanntheitsgrad erfahren.

Ganz neu ist der Gedenke des Leihens freilich nicht: Leihbibliotheken, Kostümverleihs oder „Spülmobile“ von Gebietskörperschaften gebe es schon lange, so Mitarbeiterin Sabine Rüskamp. Die Übersicht über alle Verleihangebote einer Region soll aber dennoch ein neues Angebot sein. Dabei sieht sich die Initiative auch nicht als Konkurrenz, sondern eher als Ergänzung zu privaten Angeboten mit der gleichen Zielrichtung wie etwa der Facebook-Gruppe „Share an Care“.

Wichtigstes Ziel der Umweltkampagne ist es seit ihrer Gründung 1997 für umweltfreundliche Mehrwegsysteme zu werben. „Abfallvermeidung, Umweltschutz und die Stärkung der regionalen Wirtschaft, das waren stets unsere Ziele“, sagt Habermann, der „Let´s go Mehrweg als „älteste und in dieser Zielrichtung einzigartige Kampagne in Bayern“ bezeichnet. Anlass für die Gründung war der drastische Anstieg des Marktanteils an Einwegverpackungen vor allem im Getränkesektor seit Anfang der 90er Jahre. Das wirke sich nicht nur negativ auf die Umwelt aus, sondern bedroht auch viele kleine Brauereien im „Bierland Oberfranken“ durch den Konkurrenzdruck billiger Getränke in Einwegverpackungen.

Dabei ist sich der Sprecher sicher, dass es kaum ein leichteres, bequemeres und wirksameres Mittel gibt, einen kleinen Beitrag für den Umwelt- und Klimaschutz zu leisten, als den Griff zur Mehrwegflasche oder einem sonstigen wiederverwendbaren Behältnis wie zur Brotzeitbox oder zum Stoffbeutel. Eine Plastiktüte werde im Durchschnitt nur 25 Minuten benutz und lande dann in der Regel im Abfall. Pfandflaschen könnten bis zu 50 Mal befüllt, verkauft, ausgetrunken, eingesammelt, und gereinigt werden, somit ersetze ein Kasten mit 20 Mehrwegflaschen bis zu 1000 Einwegflaschen oder -dosen.

Um welche Dimension es dabei geht, macht Habermann an der folgenden Zahl fest: „Würden alle alkoholfreien Getränke in Mehrwegverpackungen abgefüllt, könnte Deutschland jährlich 1,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen“. Der Sprecher der Umweltkampagne räumt aber auch ein, dass alle Anstrengung nicht verhindern konnten, dass der Mehrweganteil alkoholfreier Getränke auf inzwischen unter 30 Prozent abgestürzt ist.

„Wir wollen die Bevölkerung trotzdem auch weiterhin sensibilisieren“, sagt Habermann, der die Arbeit für „Let´s go Mehrweg“ auch als wichtigen Beitrag zur Umweltbildung sieht. Von Anfang an wurde die Kampagne von regional bekannten Sportlern, bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie von „Leuten wie Du und ich“ unterstützt. „Sogar Basketball-Superstar Dirk Nowitzki hatte sich schon mal für „Let´s go Mehrweg“ engagiert. „Uns geht es um Menschen, die den Mehrweggedanken vorleben und Position beziehen“, so Habermann. Dabei soll die Botschaft nach den Worten von Sabine Rüskamp sympathisch und jugendlich rüberkommen, nicht oberlehrerhaft oder mit erhobenem Zeigefinger.

Die Verleih-Angebote, die es in der Region Bayreuth gibt, sind auf der Homepage von „Let´s go Mehrweg“ (www.letsgomehrweg.de) zu finden. Es handelt sich dabei um eine erste, nicht abschließende Auflistung, Hinweise zu weiteren Angeboten nehmen Peter-Michael Habermann und sein Team unter der Telefonnummer 0921/728-440 oder unter der Mailadresse abfall@lra-bt.bayern.de entgegen.

Bild: Kaufen statt leihen: Peter Michael Habermann und seine Mitarbeiterin Sabine Rüskamp machen sich für eine Stärkung des Mehrweg-Gedankens stark

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29.09.2016

Kultur, Soziales und Denkmalpflege: Preise der Oberfrankenstiftung verliehen / Kunst statt Glanz und Glamour: Kulturpreis für die Hofer Filmtage - Denkmalpflegepreis geht in das Kulmbacher Land

Ebrach. Mit dem renommierten Kulturpreis der Oberfrankenstiftung sind am Donnerstagabend in Ebrach die die Hofer Filmtage ausgezeichnet worden. Regierungspräsidentin Heidrun Piewernetz übergab den mit 15000 Euro dotierten Preis in der Klosterkirche von Ebrach im Landkreis Bamberg an Vertreter der beiden Vereine „Cine Center Hof“ und an die „Freunde der Internationalen Hofer Filmtage“. Der Sozialpreis der Oberfrankenstiftung ging an den Ebracher Gefängnispfarrer Hans Lyer, der Denkmalpflegepreis an den Restaurator Uwe Franke und dem britischen Geschäftsmann Ender Ozbek.

Regierungspräsidentin Piewernetz bezeichnete die Internationalen Hofer Filmtage als „wahren kulturellen Botschafter Oberfrankens“ und zitierte Wim Wenders, der Hof einmal als Kürzel für „Home of Films“ gedeutet hatte. Hof sei ein Name, der für alle, denen Film etwas bedeutet, einen guten Klang besitzt, und zwar weit über die deutschen Grenzen hinaus, sagte Piewernetz.

Sie erinnerte an die Anfänge, als im Mai 1967 erstmals ein Programm mit Kurzfilmen gezeigt wurde, und sie erinnerte an den Vater dieses Erfolges, den im März verstorbenen Gründer Heinz Badewitz. Der gebürtige Hofer wurde bereits 1988 mit dem Kulturpreis der Oberfrankenstiftung ausgezeichnet. „Die Lücke, die der Tod von Heinz Badewitz gerissen hat, ist breit und tief, sie wird schwer zu füllen sein“, sagte die Regierungspräsidentin.

Wer Rang und Namen hat unter den Regisseuren, der habe oft in Hof den Grundstein zu seiner Karriere gelegt, so Piewernetz. Unter anderem nannte sie die Namen Wim Wenders, Werner Herzog, Rainer Werner Fassbinder, Doris Dörrie, Sönke Wortmann und Christoph Schlingensief sowie die beiden Oskar-Preisträger Caroline Link und Florian Henckel von Donnersmark.

Das Besondere an Hof sei, dass die Kunst im Vordergrund steht, statt Glanz und Glamour. Genau deshalb besitze das Festival noch seinen familiären Charakter, der ihm einen ganz eigenen Charme verleiht. Der Zauber der Filmtage sei der Verdienst der 130 Mitglieder des „Cine Center e.V.“. Der Verein trage die Verantwortung und schultere die Last der Organisation. Die „Freunde der Internationalen Filmtage“ haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Erbe der Filmtage zu pflegen, ihren Flair durch Ausstellungen bekannt zu machen und Mittel für die Durchführung einzuwerben.

Wenn die Preisverleihung der Oberfrankenstiftung diesmal in der ehrwürdigen Klosterkirche von Ebrach stattfand, dann deshalb, weil der Gefängnisseelsorger der Ebracher Jugendhaftanstalt Hans Lyer den ebenfalls mit 15000 Euro dotierten Sozialpreis erhielt. Lyer betreut als Gefängnisseelsorger die jungen Häftlinge. Dabei gelingt es ihm immer wieder mit öffentlichkeitswirksamen Kunstprojekten, den Blick der Bevölkerung auf die jungen Straftäter zu lenken. Lyer wurde 1982 zum Priester geweiht, war von 1986 bis 1994 Rektor der Jugendbildungs- und Freizeitstätte Burg Feuerstein bei Ebermannstadt im Landkreis Forchheim und kam 1994 nach Ebrach. Zu den Kunstprojekten gehören unter anderem eine Schreibwerkstatt, ein riesiger Feuervogel aus Metall, der 2012 auf der Landesgartenschau in Bamberg  in Szene gesetzt wurde, und einen zehn Meter hohen „Turm zu Babel“, der aus Symbolen der Selbstüberschätzung bestand.

Der traditionelle Denkmalpflegepreis ging schließlich zu gleichen Teilen an den britischen Geschäftsmann Ender Ozbek und an den Restaurator Uwe Franke aus Wernstein bei Mainleus im Landkreis Kulmbach. Franke stammt aus Greifswald, lernte an der Dombauhütte in Erfurt und legte seine Meisterprüfung im Malerhandwerk ab. Noch vor dem Fall der Mauer übersiedelte er 1989 nach Kulmbach. 1991 eröffnete er einen Malerbetrieb in Veitlahm, 1994 zog er in das Wernsteiner Schloss. Franke ist in der Denkmalpflege tätig und hat sich in diesem Bereich weit über die Region hinaus einen Namen gemacht. „Wenn es um Stuck, alte Putze oder um farbige Wandfassungen geht, dann ist er eine der besten Adressen“, sagte Bezirksheimatpfleger Günther Dippold. Zu Frankes Referenzen gehört unter anderem die Sanierung des Kulmbacher Rathauses. Wenn Franke auszeichnungswürdig ist, dann deshalb, weil er weit mehr als nur seinen Job macht, sagte Dippold. Er werbe stets für denkmalgerechte Lösungen, berate private und öffentliche Eigentümer ausführlich und sei außerdem als der für den Regierungsbezirk zuständige ehrenamtliche Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalschutz tätig.

Der zweite Preisträger Ender Ozbek hatte die heruntergekommene Lösch-Villa in der Schützenstraße in Sonnefeld bei Coburg gekauft und das im Jugendstil erbaute Haus sorgfältig restauriert. Dabei hatte er komplett auf öffentliche Zuschüsse verzichtet und konnte dennoch das Anwesen mit seinem ganz besonderen Charakter erhalten. Entstanden waren drei Wohnungen, von denen der Geschäftsmann eine bei seinen regelmäßigen Besuchen selbst nutzt.

Bilder

- Vertreter der beiden Vereine „Cine Center Hof“ und der Freunde der Internationalen Hofer Filmtage“ haben den Kulturpreis der Oberfrankenstiftung entgegengenommen (von links):  Hannes Buchta, Bezirkstagspräsident Günther Denzler, Christine Walther, Regierungspräsidentin Heidrun Piewernetz, Bezirkstagsvizepräsident Eberhard Siller, Dagmar Müller, Gerhard Lindner, Uwe Kaupenjohann und Werner Weinelt.

- Der Denkmalpflegepreis der Oberfrankenstiftung ging an Uwe Franke (2. von rechts) aus Wernstein bei Mainleus. Der Preis übergaben (von links) Bezirkstagspräsident Günther Denzler, Bezirksheimatpfleger Günther Dippold und Regierungspräsidentin Heidrun Piewernetz.

- Gefängnispfarrer Hans Lyer aus Ebrach hat den Sozialpreis der Oberfrankenstiftung erhalten.

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13.09.2016

Rehabilitation als Schlüssel zur Wiedereingliederung / Zentrale Veranstaltung zum Deutschen Reha-Tag in Hutschdorf

Hutschdorf. „Sucht wird gerne versteckt“, sagt Gotthard Lehner, Leiter der Fachklinik Haus Immanuel in Hutschdorf bei Thurnau. „Abhängig zu sein, ist aber keine Schande“, so die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler. Wenn den Patienten so geholfen wird, wie in der Hutschdorfer Suchtklinik, dann könne es sogar eine Chance sein, sagte Mortler bei der zentralen Veranstaltung zum Deutschen Reha-Tag, die diesmal erstmals nicht in Berlin, sondern vor Ort in der Fachklinik Haus Immanuel stattfand.

Grund dafür ist, dass heuer die Rehabilitation im Bereich von Suchterkrankungen im Focus des Aktionstages stand. „Wir wollen die Möglichkeiten, die Rehabilitation bietet, öffentlich bekannt machen“, beschrieb der Geschäftsführer des Bundesverbandes für stationäre Suchthilfe Andreas Koch das wichtigste Ziel des Aktionstages. Es soll aber auch darauf hingewiesen werden, was Rehabilitation leisten kann, besonders im Bereich von Suchterkrankungen, die sonst kaum im Focus der Öffentlichkeit stehen.

Selbst innerhalb Oberfrankens sei die unter Trägerschaft des Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverbandes stehende Fachklinik weitestgehend unbekannt, sagte Klinikchef Lehner. Als Schwerpunkte der reinen Frauenklinik nannte die ärztliche Leiterin Dr. Gabriele Hilgenstock die Behandlung von Patientinnen mit Traumafolgestörungen sowie die Behandlung von suchtkranken Müttern mit Kindern. Eine Besonderheit sei die an christlichen Werten orientierte Behandlung. Der Bezug zu Gott sei ein explizites Thema, sagte Hilgenstock. Dazu gehörten beispielsweise auch ein regelmäßiger Morgenimpuls, das Beten vor jedem Essen und die Mitarbeit einer Seelsorgerin.

Für die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler bedeutete Rehabilitation im Suchtbereich die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. „Endlich wegkommen von der Sucht, Hilfen anzunehmen und wieder ein normales Leben führen zu können, das ist das wichtigste Ziel einer jeden Reha-Maßnahme, auch im Suchtbereich“, so Mortler. Die Bundesdrogenbeauftragte bezeichnete die Rehabilitation dabei auch als zentralen Schlüssel für die Wiedereingliederung nach einer Behandlung.

Nach den Worten der Bundesdrogenbeauftragten leiden bundesweit rund 1,8 Millionen Menschen unter einer Alkoholerkrankung. Etwa 74000 Menschen sterben jährlich an den Folgen von Alkohol- und Tabakgenuss. Betroffen seien dabei Menschen aller Alters- und Gesellschaftsschichten. Mortler bedauerte allerdings auch, dass die Antragszahlen für Rehabilitationsmaßnahmen derzeit rückläufig sind. Viele Patienten würden Reha-Maßnahmen erst gar nicht antreten. An die Ärzte appellierte sie deshalb, wesentlich intensiver und schneller auf das umfangreiche, flächendeckende und qualitativ höchst anspruchsvolle Reha-Angebot in ganz Deutschland hinzuweisen.

Zusammen mit der Fachklinik Haus Immanuel in Hutschdorf gebe es in Oberfranken insgesamt neun Reha-Kliniken, sagte Regierungspräsidentin Heidrun Piewernetz. „Der Regierungsbezirk ist damit gut aufgestellt, besitzt hervorragend ausgestattete Einrichtungen und hat ein Umfeld, das alle Sinne anregt“, so die Regierungspräsidentin.

Bei der zentralen Veranstaltung zum Deutschen Reha-Tag in Hutschdorf wurde das Thema Rehabilitation in zahlreichen Fachvorträgen nicht nur aus medizinischer Sicht, sondern unter anderem auch aus Sicht der Rentenversicherung beleuchtet. Der Fachverband Sucht stellte neue Zugangswege in der Behandlung Suchtkranker vor und der Bundesverband für stationäre Suchthilfe nahm die Traumabehandlung in der Suchtrehabilitation einmal genauer unter die Lupe.

Die Fachklinik Haus Immanuel in Hutschdorf  existiert bereits seit 1907 und ist damit die nach eigenen Angaben älteste Fachklinik in Bayern. Sie ist spezialisiert auf die Therapie alkohol- und medikamentenabhängiger Frauen. Ein 2012 fertiggestellter Neu- und Erweiterungsbau bietet Platz für 60 Frauen, bis zu zwölf Patientinnen können ihre Kinder zur Therapie mitbringen. Mit einer Jahresdurchschnittsbelegung von 100 Prozent wurden nach Angaben der Klinikleitung 250 Patientinnen behandelt. Die Kosten für die Therapiezeit werden in der Regel von den Rentenversicherungsträgern oder von den Krankenkassen übernommen. Die Aufenthaltsdauer ist auf 15 Wochen begrenzt.

Bild: „Abhängig zu sein ist keine Schande“: die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler.

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22.06.2016

Verwandt mit Lenin, Schiller und Grace Kelly / Bayreuther Arbeitskreis Familiengeschichtsforschung feiert 25. Geburtstag

Bayreuth. Sie ist mit Friedrich Schiller, Eduard Mörike und mit Grace Kelly verwandt: Adele Baierlein aus Bayreuth. Freilich nicht direkt, auch nicht um tausend Ecken. Schon eher um 10000 Ecken. Deshalb spricht Adele Baierlein auch nicht von Verwandtschaft, sondern von einer Ahnengemeinschaft. Das heißt, es gibt tatsächlich gemeinsame Vorfahren. Adele Baierlein ist Mitglied des Arbeitskreises Familiengeschichtsforschung, der sich alle vier Wochen unter dem Dach des Evangelischen Bildungswerks trifft. In diesem Jahr feiert der Arbeitskreis seinen 25. Geburtstag.

Ganz so jung sind seine führenden Köpfe nicht mehr. Michael Lutz (50) und Ralf Preiß (59) sind so etwas wie die Nesthäkchen. Spiritus Rektor ist Günter Kruse (83). Er war als Psychologe beim Arbeitsamt beschäftigt. Als er 1997 in den Ruhestand verabschiedet wurde, machte er es sich nicht etwa auf der heimischen Couch gemütlich, sondern trat ein Studium der Geschichte an der Universität Bayreuth an. Einige Jahre zuvor hatte er im Zuge einer Studienreise das Baltikum besucht, genau die Region, in der sein Großvater einst ein Gut hatte. Pfarrer Norbert Kotowsky schlug Günter Kruse, der sich zeitlebens schon für Familienforschung interessiert hatte, damals vor, einen Kurs Genealogie anzubieten. Aus diesem Kreis heraus war schließlich der Arbeitskreis Familiengeschichtsforschung entstanden, der sich im Herbst 1991 zum ersten Mal traf.

Bei der Genealogie gehe es nur um den Stammbaum, um Geburts- und Todesdaten. Bei der Familiengeschichtsforschung gehe es um weit mehr. Um das Drumherum sozusagen, um die soziale Einordnung, um Lebensgeschichten, darum, die Menschen verstehen zu lernen. Dabei hört die Familiengeschichtsforschung natürlich nicht an irgendwelchen Grenzen auf. Bei Adele Baierlein zieht sie sich praktisch kreuz und quer durch Europa, über Österreich, Galizien, Russland und das ehemalige Jugoslawien. 900 Jahre könne sie ihre Familie zurückverfolgen, sagt sie. Alles mit Kirchenbüchern, Stammbüchern, Ortsfamilienbüchern lückenlos belegbar.

Es sei von Anfang an wichtig gewesen, Bildungsinhalte in das Programm aufzunehmen, sagt Günter Kruse. Vorträge von Referenten gehören dazu, Exkursionen, gemeinsame Besuche der Universitätsbibliothek oder des Lastenausgleichsarchivs. Froh sind Günter Kruse und seine Mitstreiter um die Räumlichkeiten beim Evangelischen Bildungswerk, aber auch dafür, dass sämtliche Veranstaltungen im Jahresprogramm auftauchen und somit immer wieder neue Interessenten zu der Gruppe finden.

Auch Günter Kruse kann eine spektakuläre Verwandtschaft melden: Wladimir Iljitsch Lenin (1870 – 1924). Sogar die Taz hat schon darüber berichtet. 2006 war er in Moskau und hat Lenins Nichte Olga Uljanowa besucht.

Zwei Dinge sind es, die den Familiengeschichtsforschern das Leben schwer machen: eines ist die immense Zeit, die man braucht, um sauber forschen zu können. Das andere ist die deutsche Schrift früherer Zeiten, die heute so gut wie niemand mehr beherrscht. Doch es gibt auch Dinge, die es den Forschern einfacher machen. Der Computer und das Internet. Gerhard Zahn (78) ist so etwas wie der IT-Fachmann. „Die Computergeneologie hat sich rasant entwickelt“, sagt er. In manchen Ländern, in Tschechien etwa, könne man dank ehrgeiziger EU-Projekte schon nahezu lückenlos online in den Kirchenbüchern blättern. Und gerade Kirchenbücher seien die sichersten Quellen, die in der Regel mindestens bis zum 30-Jährigen-Krieg zurückreichen. Selbst die Kirchenbücher aus den baltischen Ländern seien als Faksimile abrufbar. Natürlich kosten die Zugriffsberechtigungen Geld, doch noch vor wenigen Jahren hätten sich die Familiengeschichtsforscher diese Entwicklung nicht träumen lassen.

So manch alteingesessener Oberfranke merkt, dass seine Wurzeln eigentlich ganz woanders sind und auch er einen Migrationshintergrund hat, sagt Jürgen Wolff, Leiter des Evangelischen Bildungswerks Bayreuth/Bad Berneck/Pegnitz. Für ihn ist es das Bemerkenswerte, dass sich im Arbeitskreis Familiengeschichtsforschung ganz breite Interessen wiederfinden, dass die Sozialgeschichte auch dazugehört und dass der Kreis auch geselligen Charakter hat.

Bild: Manchmal reicht den Familiengeschichtsforschern das Papier kaum aus, um einen Stammbaum sauber auszudrucken (von links): Michael Lutz, Gerhard Zahn, Ralf Preiß, Adele und Heinz Baierlein sowie Günter Kruse.

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24.03.2016

Kriminalitätsstatistik Oberfranken: Rechte Gewalt auf Höchststand seit Beginn der Statistik / Drogentote auf Rekordniveau – Einbruchskriminalität angestiegen

Bayreuth. Was die Sicherheit angeht, ist Oberfranken ein hervorragender  Standort. Das geht aus der Kriminalitätsstatistik 2015 hervor, die der oberfränkische Polizeipräsident Reinhard Kunkel am Donnerstag in Bayreuth vorgelegt hat. „Im Ergebnis können wir eine sehr gute Sicherheitsbilanz für ganz Oberfranken vorlegen“, sagte Kunkel. „Wir stellen eine positive Gesamtentwicklung in nahezu allen Delikt Bereichen fest“, so Harald Osel, Leiter des Sachbereichs Kriminalitätsbekämpfung.

Drei Punkte gibt es, die einen Schatten auf dieses positive Gesamtbild werfen. Da ist zum einen die politisch motivierte Kriminalität. Nach Jahren des Rückgangs sei 2015 wieder ein deutlicher Anstieg festzustellen gewesen. Zurückzuführen sei dies insbesondere auf die hohen Aktivitäten im Bereich der rechten Szene, sagte Osel. Deshalb gehe die oberfränkische Polizei auch Konsequent und mit aller Entschlossenheit gegen rechte Gewalt vor, so Kunkel. Die Zahl der registrierten Straftaten in 2015 lag nach den Worten des Polizeipräsidenten bei 230. „Das ist der Höchststand in Oberfranken seit der statistischen Auswertung“, sagte Kunkel. Bei linksextremistischen Straftaten habe es dagegen einen leichten Rückgang auf 41 gegeben.

Was Straftaten im Zusammenhang mit Zuwanderern betrifft, so habe es dabei keinen signifikanten Anstieg der Gesamtkriminalität gegeben, so die Polizei. Zwar seien 5952 Fälle registriert worden, doch handle es sich bei 4267 Fällen um Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen wie Aufenthalt ohne Pass oder Aufenthaltsgenehmigung. Bei den restlichen Straftaten handle es sich im Wesentlichen um Rohheitsdelikte meist untereinander und innerhalb der Unterkünfte sowie um Diebstähle. Auch 18 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind darunter.

Zum anderen sind es die Drogenkriminalität und die damit verbunden 31 Drogentote, so viele wie nie zuvor im Regierungsbezirk, die den Beamten große Sorgen machen. 2014 waren es noch 18, 2006 noch vier Drogentote. „Das ist eine sehr bittere Bilanz“, sagte Osel. Zwar war die Zahl der Rauschgiftdelikte insgesamt um über vier Prozent auf 3417 Straftaten zurückgegangen, doch stellte der Polizeipräsident Kunkel unmissverständlich klar: „Das Geschäft boomt.“

Da es sich bei Rauschgiftdelikten fast ausschließlich um Kontrolldelikte handelt, sei auch eine Aufklärungsquote von 97 Prozent erzielt worden. Das verdeutliche aber auch das konsequente Vorgehen der oberfränkischen Polizei, so Osel. Keine Entwarnung gab es dabei in Bezug auf die Teufelsdroge Crystal. Hier konnten die oberfränkischen Beamten 2015 knapp vier Kilogramm und damit nur geringfügig weniger als im Jahr zuvor, aus dem Verkehr ziehen. Bei Kokain und LSD-Trips seien die sichergestellten Mengen dagegen angestiegen. Große Sorgen bereiten den Beamten auch die sogenannten Legal Highs, die als „Kräutermischungen“, „Lufterfrischer“ oder „Badesalz“ angeboten werden. Trotz der harmlosen Namen: Diese Produkte enthalten Rauschmittel, Stimulanzien oder ähnliche chemische Wirkstoffe, deren Folgen unberechenbar sind und die zu erheblichen physischen oder psychischen Problemen führen können.

Dritter Bereich, der die Beamten im vergangenen Jahr auf Trab gehalten hat, ist der Bereich der Einbruchskriminalität. Im Vergleich zu 2015 habe es oberfrankenweit eine Steigerung um 24 Fälle auf 406 Straftaten gegeben. Damit stelle sich Oberfranken gegen den bayerischen Trend, wo die Einbrüche im Schnitt um fast neun Prozent gesunken waren. Harald Osel gab dabei aber auch zu bedenken, dass 50 Prozent der Einbrüche im Versuchsstadium stecken blieben und 30 Prozent geklärt werden konnten. „Trotzdem ist jeder Einbruch einer zu viel“, sagte Polizeipräsident Kunkel und kündigte an, auch im kommenden Jahr alles daran zu setzen, vor den Tätern am Tatort zu sein.  Jeder einzelne könne seinen Beitrag zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität leisten, sagte der Polizeipräsident und appellierte an die Bevölkerung, gleich die 110 zu wählen, wenn sich in Wohngebieten Menschen herumtreiben, die sichtlich dort nicht hingehören.

Insgesamt hatte die oberfränkische Polizei im zurückliegenden Jahr 51588 Straftaten registriert. Das bedeute eine leichte Zunahme der Fallzahlen um 1,9 Prozent. Die Zunahme kommt durch die Vielzahl ausländerrechtlicher Verstöße nach dem Asyl-, Aufenthalts- und Freizügigkeitsgesetz zustande. Ohne diese Straftaten wie Aufenthalt ohne Pass oder ohne Aufenthaltsgenehmigung ist die Kriminalitätsentwicklung sogar rückläufig und liegt bei 47204 Fällen, was einen Rückgang um fünf Prozent betrifft. Besonders abgenommen hätten dabei Körperverletzungen im öffentlichen Raum um fast sechs Prozent, Kfz-Diebstähle um über 15 Prozent, schwere Diebstähle um fast neun Prozent und Sachbeschädigungen um über 13 Prozent.

Bild: Kriminalitätsstatistik mit Licht und Schatten: Polizeipräsident Reinhard Kunkel (rechts) und der Leiter des Sachbereichs Kriminalitätsbekämpfung Harald Osel.

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25.01.2016

Verstärkung für Bundespolizei in Oberfranken / Bayreuth als Standort für die Spezialeinheit „BFE Plus“ im Gespräch

Bayreuth. Der Bundespolizeistandort Bayreuth könnte schon bald durch eine neue Einheit verstärkt werden. Das hat der der beim Bundesinnenministerium angesiedelte Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk am Montag beim Neujahrsempfang der Bundespolizei-Abteilung Bayreuth bekannt gegeben. Es handle sich dabei um eine zusätzliche Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) gegen den internationalen Terrorismus, die unterhalb der GSG 9 angesiedelt ist und die ihre Aus- und Fortbildungsmaßnahmen in enger Zusammenarbeit mit der GSG 9 durchführt.

Koschyk zeigte sich dabei froh darüber, dass der Bundestag den erhöhten Anforderungen an die Bundespolizei Rechnung getragen habe und im Bundeshaushalt 2016 die Schaffung von über 1500 zusätzlichen Stellen allein für die Bundespolizei festgeschrieben hat. Unter diesen neuen Stellen sind auch 250 für die neuen Einheiten der Bundesbereitschaftspolizei „BFE Plus“ enthalten, mit denen Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf die gewandelten Taktiken des internationalen Terrorismus, wie er sich etwa bei den schrecklichen, menschenverachtenden Anschlägen in Paris gezeigt hat, reagiert.

Angegliedert an bestehende Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten sollen diese neuen Einheiten bei multiplen, länger andauernden Lagen unter anderem die Spezialeinheiten unterstützen. Die erste „BFE-Plus“-Einheit sei bereits in Blumberg im Nordosten von Berlin aufgestellt, im Licht der dort gemachten Erfahrungen sollen nach der aktuellen Planung beginnend in diesem Jahr bis Ende 2017 vier weitere hinzukommen. Eine in St. Augustin bei Bonn, eine weitere in Bayreuth. Der Standort sei dabei bereits in die engere Wahl gefasst worden, mit einer der künftigen „BFE-Plus“-Einheiten verstärkt zu werden. Bayreuth habe die allerbesten Chancen, vor allem auch deshalb, weil es keine polizeiliche Großlage in Deutschland gibt, an der nicht Beamten aus Bayreuth beteiligt wären.

Von der augenblicklich größten Einsatzbelastung seit Gründung der Bundespolizei sprach Präsident Friedrich Eichele. Von insgesamt 2,1 Millionen Überstunden in 2015 entfielen rund 700000 und damit ein Drittel auf den Standort Bayreuth. Auch Abteilungsführer Dieter Hader sprach hinsichtlich der Gesamteinsatzstunden in Höhe von rund 400000 vom höchsten Wert seit Bestehen der Abteilung. Nicht nur die Migrationseinsätze seit Mitte September seien dafür verantwortlich, sondern auch die Pegida- und Legida- Einsätze, die Mitwirkung beim G7-Gipfel im oberbayerischen Schloss Elmau und die Einweihung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.

Im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation bezeichnete Hader nicht nur die unmittelbare Konfrontation mit menschlichen Schicksalen als sehr belastend, sondern auch die wenig differenzierte Betrachtung der Öffentlichkeit. Der Abteilungsführer versicherte dabei auch, dass alle Mitarbeiter der Bundespolizei jeden Einzelfall differenziert betrachten.

Es dürfe für aber auch niemals zur Routine-Meldung verkommen, wenn wir erfahren müssen, dass bei den Einsätzen immer wieder Polizeibeamte verletzt werden, zum Teil sogar schwer, sagte der Bundesbeauftragte Koschyk. Auch Bayreuther Bundespolizisten seien im vergangenen Jahr davon betroffen gewesen. Koschyk: „Wir müssen ständig daran arbeiten, wie wir Ihren schwierigen Dienst noch besser gegen Gefahren absichern können.“

 

Bilder:
- Abteilungsführer Dieter Hader (links) und Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk.
- Der Bayreuther Abteilungsführer der Bundespolizei Dieter Hader.
- Der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk.

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05.01.2016

Lärmschutz statt noch mehr Verkehr / Bürgerinitiativen fordern erneut Herausnahme der Fichtelgebirgsautobahn aus dem Bundesverkehrswegeplan

Bayreuth. Die Bürgerinitiativen gegen die Fichtelgebirgsautobahn fordern einmal mehr die komplette Streichung des Vorhabens aus dem Bundesverkehrswegeplan. Sprecher Christoph Bochinger aus Metzlersreuth bei Gefrees nannte es vor der Presse in Bayreuth schizophren, dass für die Strecke östlich des Silberhauses teils drei-, teils vierspurige Ausbauten, teilweise sogar Neutrassierungen für den neuen Bundesverkehrswegeplan gemeldet wurden. Eigentlich hätte der Bundesverkehrswegeplan schon 2015 verabschiedet werden sollen. Wegen der Vielzahl der gemeldeten Vorhaben ist nun erst mit einer Verabschiedung weit bis in das neue Jahr zu rechnen.

Für Bochinger ist die Fichtelgebirgsautobahn eine „Never ending story“. Habe es bis zuletzt so ausgesehen, als dass sich die Bayerische Staatsregierung von dem Projekt verabschiedet hätte und die Fichtelgebirgsautobahn gar nicht an den Bund zur Aufnahme in den Verkehrswegeplan melden wollte, ist nun klar, dass man zumindest auf dem Gebiet des Landkreises Wunsiedel die mehrspurigen Ausbauten sowie eine Neutrassierung zwischen Silberhaus und Tröstau doch wieder angemeldet hat. Bochinger sprach von Salamitaktik, denn wenn im Osten ausgebaut wird, müsse ja auch wieder im Westen ausgebaut werden. Dies könne nicht sein, der BI-Sprecher forderte deshalb: „Wir appellieren an die Politik, dieses unsinnige Projekt endlich komplett aus den Planungen zu nehmen.“

Die Bürgerinitiativen fordern die Herausnahme aus dem Bundesverkehrswegeplan umso nachdrücklicher, als die „konstant niedrigen Verkehrszahlen“ eine Fichtelgebirgsautobahn oder auch eine Bundesstraße „B303neu“ schon lange überflüssig machen. Den amtlichen Angaben des Bayreuther Bauamts zufolge liegen die Zahlen sowohl beim Grenzübergang Schirnding im Osten als auch bei Bischofsgrün im Westen bei zwischen 5000 und 6000 Fahrzeugen pro Tag. „Das ist Kreisstraßenniveau“, sagte Kerstin Popp, Sprecherin der „Bürgerinitiative Fichtelgebirgsautobahn Ost“ aus Hohenberg an der Eger.

Schon die bestehende zweispurige Bundesstraße sei nach den Kriterien des Bundesverkehrswegeplans auf 20000 Fahrzeuge pro Tag ausgelegt. Dieser Wert werde an keiner Stelle der B303 erreicht, die bestehende B303 sei damit schon heute überdimensioniert. Auch der Titel einer „Europastraße“ habe längst keine Bedeutung mehr. Gerade in Zeiten knapper Kassen nannte es Kerstin Popp verantwortungslos, ein solches Projekt durchsetzen zu wollen.

„Wir brauchen Lärmschutzmaßnahmen und nicht noch mehr Verkehr“, sagte Peter Ille vom Bund Naturschutz in Bayreuth. Vor allem für die Menschen in Bad Berneck und Bischofsgrün, die seit Jahrzehnten an der B303 leben, seien Lärmschutzmaßnahmen unverzichtbar. Das Geld sollte lieber in den Erhalt bestehender Straßen investiert werden, so Bürgermeister Harald Schlegel aus Gefrees.

Jörg Hacker, Naturschutzreferent des Fichtelgebirgsvereins sprach sich im Namen des Vereins für zusätzliche Überholmöglichkeiten und Lärmschutzmaßnahmen aus. „Alles andere lehnen wir ab“, sagte er und nannte dabei explizit einen zweibahnigen und vierspurigen Ausbau der B303 zwischen Marktredwitz-West und der Grenze sowie den Neubau einer Südumgehung von Tröstau.

Kerstin Popp brachte auch einmal mehr die vollständige Sperrung für den Schwerlastverkehr ins Gespräch. Auch künftig könnte damit jeder Betrieb, jedes Unternehmen im Fichtelgebirge angefahren werden, sogar  ein 70-Kilometer-Radius wäre bei einer solchen Transitsperre denkbar, nahm sie allen Kritikern den Wind aus den Segeln. Was allerdings fehle sei der politische Wille. „Die Politik hat Angst, einen Präzedenzfall zu schaffen“, so Kerstin Popp.

Die Gesamtkosten der Fichtelgebirgsautobahn waren anfangs auf rund 400 Millionen Euro beziffert worden, zwischenzeitlich standen aber auch schon mal Baukosten von einer Milliarde Euro im Raum. Die aktuellen Kosten für den Ausbau des östlichen Teilstücks sollen sich nach Angaben der Bürgerinitiativen noch immer auf etwa 200 Millionen Euro  belaufen.

Bild: Kerstin Popp und Christoph Bochinger forderten vor der Presse in Bayreuth einmal mehr die komplette Streichung der Fichtelgebirgsautobahn aus dem Bundesverkehrswegeplan.

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11.11.2015

Wendig, witzig, widersprüchlich: Frankenwürfel 2015 für Beckstein, Böhm und Busch

Thurnau. So sind sie, die Franken: wendig, witzig und widersprüchlich. Weil sie so sind, hatte der Schriftsteller Hans Max von Aufseß einen Aufsatz mit dem Titel „Der Franke ist ein Gewürfelter“ verfasst. Geboren war der Frankenwürfel, den die drei fränkischen Regierungspräsidenten 1985 erstmals an drei Persönlichkeiten aus Mittel-, Ober- und Unterfranken verliehen haben. Weil es genügend wendige, witzige und widersprüchliche Franken gibt, hält die Tradition bis heute an und so wurden auch in diesem Jahr am 11. November, dem Namenstag des Frankenheiligen Martin, zum mittlerweile 31. Mal wieder drei Frankenwürfel aus edlem Porzellan vergeben. Preisträger 2015 sind: der Coburger Landrat Michael Busch aus Ebersdorf (Oberfranken), der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein aus Nürnberg (Mittelfranken) und der ehemalige Landtagspräsident Johann Böhm aus Unsleben (Unterfranken).

Der Coburger Landrat Michael Busch sorgte für ein Novum in der Geschichte des Frankenwürfels. Er bedankte sich nach der Laudation des oberfränkischen Regierungspräsidenten Wilhelm Wenning mit dem in Mundart vorgetragenen Lied „Eduard steh auf und fang´ die Mugg“. Zuvor hatte Wenning Busch als Landrat beschrieben, der immer wieder gerne die Gitarre zur Hand nehme und damit auftrete. „Das macht ihm mehr Spaß, als jedes gesprochene Grußwort“, sagte Wenning. Busch ist seit 2008 Landrat . Zuvor war er sechs Jahre lang dritter und sechs Jahre lang zweiter Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Ebersdorf. Von 1996 bis 2002 war er außerdem Stellvertreter des Landrats.

Der mittelfränkischen Regierungspräsident Thomas Bauer hatte zuvor die Laudatio auf den früheren bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein gehalten und ihn dabei unter anderem als "obersten Polizisten Bayerns“, als „dienstältesten bayerischen Innenminister der Nachkriegszeit“ als „Botschafter Frankens in München“ und als „einzigen protestantischen und fränkischen Ministerpräsidenten des Herzens“ bezeichnet. Beckstein wurde 1974 zum ersten Mal in den Landtag gewählt und gehörte dem Gremium bis 2013 ununterbrochen an. Von 1993 bis 2007 war er Innenminister, 2007 bis 2008 Ministerpräsident. „Der fränkische Traum im höchsten bayerischen Amt währte nur kurz“, sagte Bauer.

Mit dem ehemaligen Landtagspräsidenten Johann Böhm erhielt schließlich ein gebürtiger Egerländer den Frankenwürfel aus den Händen von Unterfrankens Regierungspräsident Paul Beinhofer. Böhm habe es stets verstanden, die Menschen für sich und seine Anliegen zu gewinnen, sagte Beinhofer. Böhm wurde ebenfalls 1974 zum ersten Mal in den bayerischen Landtag gewählt. Ab 1990 war er zunächst Staatssekretär, später Leiter der bayerischen Staatskanzlei und anschließend ein Jahr lang Bevollmächtigter des Freistaats beim Bund. Von 1994 bis 2003 war er schließlich Bayerischer Landtagspräsident.

Der Frankenwürfel gilt als die höchste fränkische Auszeichnung für Menschen des typischen fränkischen Schlages. Der begehrte Würfel zeigt die drei Wappen der Regierungsbezirke und wird an Personen verliehen, in denen das Prägende des fränkischen Charakters besonders deutlich zum Ausdruck kommt: Das Wendige, das Witzige und das Widersprüchliche, wobei Witz auch für Erfindergeist und Einfallsreichtum steht. So trägt auch der Würfel die Inschrift „Sich wenden, sich drehen, im Leben bestehen, so ist der gewürfelte Franke zu sehen.“ Ideengeber Hans Max von Aufseß (1906 - 1993) gilt als einer der bedeutenden fränkischen Schriftsteller. Er lebte auf Schloss Oberaufseß und war ein Großneffe von Hans von und zu Aufseß, dem Gründer des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.

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16.07.2015

Gesellschaftliches Problem: Hirndoping zur Leistungssteigerung und Stimmungsaufhellung / DAK stellte Gesundheitsreport 2015 vor – Region Bayreuth/Kulmbach hat höchsten Krankenstand in Bayern

Bayreuth. Die Region Bayreuth/Kulmbach hat den bayernweit höchsten Krankenstand im Freistaat. Das geht aus dem DAK-Gesundheitsreport 2015 hervor, den der Krankenversicherungsträger am Donnerstag in Bayreuth vorgestellt hat. Demnach war der Krankenstand in der Region zwischen 2013 und 2014 von 4,0 auf 4,2 Prozent angestiegen. Konkret bedeute diese Zahl, dass von 1000 Arbeitnehmer 42 pro Tag arbeitsunfähig sind, erklärte Matthias Gabeli, Leiter der Serviceregion Oberfranken bei der DAK (Deutsche Angestellten-Krankenkasse).

Die Zahl sei umso bemerkenswerter, als dass der Krankenstand in Bayern bei 3,4 Prozent konstant geblieben war und bundesweit sogar von vier auf 3,9 Prozent zurückging. Knapp hinter Bayreuth/Kulmbach liegen die Landkreise Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld sowie Schweinfurt. Am wenigsten Krankmeldungen verzeichnet die Studie für Starnberg, München-Stadt und München Land.

Als Ursache für das schlechte Abschneiden der Region Bayreuth/Kulmbach nannte Gabeli die älter werdende Bevölkerung. Haupterkrankungen sind die des Muskel-Skelett-Systems mit fast 30 Prozent und mit jeweils fast 15 Prozent Sport- und Freizeitverletzungen sowie psychische Erkrankungen, die nach den Worten von Professor Manfred Wolfersdorf, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Bezirkskrankenhaus Bayreuth, stark auf dem Vormarsch sind und bundesweit bereits den zweiten Platz bei den Ursachen einnehmen.

Laut DAK-Gesundheitsreport ist die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen seit dem Jahr 2000 um 86 Prozent angestiegen. Dabei gehe es vor allem um Burnout, Depressionen oder Angststörungen, sagte Wolfersdorf. Besonders zugenommen hätten Ess- und Schlafstörungen. Als Gründe dafür nannte er den erhöhten Leistungsdruck, die gestiegene Mobilität, das Verlangen nach dauernder Erreichbarkeit aber auch die immer stärker werdende Selbstausbeutung. Allerdings sei zu beobachten, dass sich immer mehr Menschen outen und beispielsweise Depressionen kein Tabu-Thema mehr sind.

Besonders hatte der DAK-Gesundheitsreport diesmal das Thema Doping am Arbeitsplatz unter die Lupe genommen und dazu eigene Daten analysiert und zusätzlich 500 ausführliche Befragungen vorgenommen. Ergebnis: Der Missbrauch bestimmter Medikamente, die nur zur Therapie bestimmter Krankheiten zugelassen sind, ist weitverbreitet. Die Mediziner sprechen von Hirndoping, wenn verschreibungspflichtige Medikamente ohne medizinische Notwendigkeit eingenommen werden, so Maria Steinlein, Leiterin des Servicezentrums Bayreuth. Viele Menschen würden sich davon eine Steigerung des Erinnerungsvermögens, der Wachheit und der Konzentration sowie eine Verbesserung des psychischen Wohlbefindens versprechen.

Bundesweit habe sich seit 2008 die Zahl derer, die schon mal Hirndoping eingesetzt hätten von 4,7 auf 6,7 Prozent der Erwerbstätigen erhöht, heißt es in der Studie. Bayern liege mit 7,2 Prozent sogar noch über den Bundesdurchschnitt, wobei Experten von einer Dunkelziffer von fast 13 Prozent ausgehen. 7,2 Prozent bedeute in absoluten Zahlen immerhin 515000 Menschen, die in Bayern Medikamentenmissbrauch betreiben. Auffällig sei es, so Gabeli, dass Männer Hirndoping meist dazu einsetzten, um ihre Leistung zu verbessern, während Frauen ihre Stimmung verbessern möchten. So erschreckend all diese Zahlen auch sind, eine breite Mehrheit aller Erwerbstätigen stehe mit rund 83 Prozent dem Hirndoping (der medizinische Fachbegriff dafür lautet pharmakologisches Neuroenhancement)  ablehnend gegenüber, auch das hielten die Macher der Studie ausdrücklich fest.

Woher die Medikamente stammen, konnte auch die DAK nicht restlos aufklären. Sicher ist, dass jeder Zweite ganz legal über ein Rezept von einem Arzt die Medikamente bezogen hat. Weitere Bezugsquellen seien Freunde, Kollegen, Bekannte oder Familienmitglieder, Privatrezepte oder Internet- und Versandapotheken, meist mit Sitz im Ausland.

Bild: Wollen auf Hirndoping als gesellschaftliches Problem hinweisen: der Leiter der DAK-Serviceregion Oberfranken Matthias Gabeli, die Leiterin des DAK-Servicezentrums Bayreuth Maria Steinlein und Professor Manfred Wolfersdorf vom Bezirkskrankenhaus Bayreuth (von links).

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04.07.2015

Inklusionsprojekt mit Signalwirkung / Als erste Jugendverkehrsschule in Bayern bietet Bayreuth ein Spezialrad für Kinder mit körperlichen Einschränkungen an

Bayreuth. Rund 650 Schulkinder im Alter zwischen neun und elf Jahren nehmen jedes Jahr an den Kursen der Bayreuther Jugendverkehrsschule teil. „Manche waren bislang davon ausgeschlossen“, sagt Andreas Schreyer. Der Verkehrserzieher von der Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt spricht von körperlich Behinderten, von Kindern mit Gleichgewichtsstörungen, aber auch von Kindern, die es nie gelernt haben, Fahrrad zu fahren. So sie überhaupt mit zum Gelände der Jugendverkehrsschule an der Friedrich-Ebert-Straße in Bayreuth durften, standen sie dort mehr oder weniger herum und konnten kaum aktiv ins Geschehen eingreifen.

Das ist jetzt vorbei, denn mit tatkräftiger Hilfe einiger Unternehmen hat die Jugendverkehrsschule ein Inklusionsrad  angeschafft, das es Kindern mit körperlichen Einschränkungen möglich macht, die Fahrradausbildung genauso zu absolvieren, wie ihre Mitschüler. Bayreuth ist damit die erste Jugendverkehrsschule in ganz Bayern, die ein Spezialrad für Kinder anbietet. Verkehrserzieher Andreas Schreyer und sein Kollege Maximilian Küspert sprechen deshalb auch von  einem echten Inklusionsprojekt mit Signalwirkung.

Aktuell nehmen drei Kinder mit Körperbehinderungen und ein Kind mit einer Beinverlängerungen an den Kursen teil. Für September wurde bereits ein Schüler mit der Glasknochenkrankheit angemeldet. Sie alle hätten bislang nicht den Fahrradführerschein machen können. Der Spezialradhersteller Hase-Bikes aus dem nordrhein-westfälischen Waltrop hat genau für diese Gruppe das Liegedreirad Trix auf den Markt gebracht. Das Rad mit wenigen Handgriffen ist individuell auf seinen Fahrer einstellbar, hat einen tiefen Schwerpunkt und kann somit nicht umkippen. Weitere Extras sind ein Beckengurt, eine Gehhilfehalterung, eine Sauerstoffhalterung, Armauflagen, eine Acht-Gang-Nabenschaltung und Scheibenbremsen. Das Rad ist absolut verkehrstüchtig, darf also auf öffentlichen Straßen gefahren werden und soll dem Benutzer vor allem auch Spaß am Radfahren vermitteln.

Das Besondere an dem Bayreuther Inklusionsrad ist es, dass es komplett privat finanziert werden konnte. Fast 4000 Euro kostet das Spezialfahrrad. Fast 1200 Euro kamen aus dem sozialen Erlös des Backofenfestes, das alljährlich von der Bäckerei Lang in Bayreuth auf dem Gelände des Museums für bäuerliche Arbeitsgeräte veranstaltet wird. 1500 Euro spendierte der Betriebsrat des Bayreuther Zigarettenhersteller British-American-Tobacco aus dem Erlös seines Mitarbeiterfestes, den Rest teilten sich die Familie von Handwerkskammer-Präsident Thomas Zimmer, die Firma Reha-Team Bayreuth und das Unternehmen Baukultur Wendel. Enttäuscht waren Andreas Schreyer und Maximilian Küspert darüber, dass die Krankenkasse keine Mittel beisteuern durften, obwohl sie durchaus von dem Projekt begeistert gewesen seien.

Bild: Die Verkehrserzieher Andreas Schreyer (rechts) und Maximilian Küspert von der Polizeiinspektion Bayreuth zeigen das neue Inklusionsrad, das Kindern mit körperlichen Beeinträchtigungen eine ganz normale Fahrradausbildung ermöglichen soll.

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20.03.2015

Mit Cybercops gegen Ebay-Betrug und Kinderpornographie / Oberfränkische Polizei präsentierte gemischte Kriminalitätsstatistik – Nur jeder vierte Wohnungseinbruch kann aufgeklärt werden

Bayreuth. Kräutermischungen, Straftaten im Internet und Wohnungseinbrüche, das hat die oberfränkische Polizei im zurückliegenden Jahr schwer in Atem gehalten. Insgesamt berichtete Polizeipräsident Reinhard Kunkel bei der Bekanntgabe der oberfränkischen Kriminalitätsstatistik am Freitag in Bayreuth auf der einen Seite von einer Steigerung der Fallzahlen im Vergleich zu Vorjahr, auf der anderen Seite von einem Abwärtstrend im Langzeitvergleich.

Die Zahl der Straftaten im Regierungsbezirk im zurückliegenden Jahr bezifferte Kunkel auf 50645, was eine Zunahme um 2,4 Prozent im Vergleich zu 2013 bedeutet. Trotzdem liegt die aktuelle Zahl noch unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre, der bei 51630 liegt. Besonders erfreulich  sei die Aufklärungsquote, die zwar mit 69,9 Prozent um etwa einen Prozentpunkt unter dem Vorjahreswert, aber deutlich über dem Bayernwert (64,4 Prozent) liegt. Für die Statistik ist auch immer die Häufigkeitszahl von großer Bedeutung. Auch hier liege Oberfranken mit 4672 Straftaten pro 100000 Einwohner unter dem bayerischen Schnitt (5164 Straftaten pro 100000 Einwohner).  Für die Häufigkeitsziffer werden die Straftaten pro 100000 Einwohner hochgerechnet, um verschiedene Regionen miteinander vergleichen zu können.

Absolutes Schwerpunktthema in 2014 sei der Bereich der Wohnungseinbruchsdiebstähle gewesen, so Harald Osel, Leiter des Sachbereichs Kriminalitätsbekämpfung. „Die Entwicklung macht uns Sorgen“, sagte er. Lag die Zahl der Wohnungseinbrüche im Jahr 2009 noch bei 233, seien es 2014 bereits 382 Einbrüche gewesen. Ziemlich genau ein Viertel hätten die Beamten aufklären können. „Das ist steigerungsfähig“, sagte Kunkel.

Er gab aber auch zu bedenken, dass die Zahl in den 90er Jahren schon mal bei über 700 Einbrüchen lag. „Wir werden alles tun, um dieses Kriminalitätsphänomen zu bekämpfen“, so der Polizeipräsident. Bereits jetzt fahre die Polizei verstärkt Streife, vor allem zwischen 18 und 21 Uhr, der Zeit, in der die meisten Einbrüche festgestellt wurden. Freilich gibt es auch den klassischen Einbrecher nicht mehr. Im Focus stehen mittlerweile international agierende Banden. Zu den 382 Wohnungseinbrüchen kommen laut Statistik noch 172 Einbrüche dazu, die im Versuchsstadium stecken geblieben sind.

Zweites Schwerpunktthema 2014 war die Rauschgiftkriminalität mit 15 Rauschgifttoten und 3565 Einzelfällen, fast zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Über fünf Kilogramm Crystal seien diesmal sichergestellt worden, über eineinhalb Kilogramm mehr als noch im Vorjahr.

Eindringlich warnten die Beamten vor den sogenannten Kräutermischungen („Legal Highs“), die im Internet bestellt und dann meist geraucht oder geschnupft werden. Die Kräutermischungen würden als absolut harmlos dargestellt, haben aber meist schwerste Auswirkungen wie Herz-Rhythmus-Störungen bis hin zum Kreislaufversagen. Kräuter seien dabei lediglich der Trägerstoff, auf den psychoaktive Substanzen aufgesprüht wurden. „Das Ganze ist ein einziges Himmelfahrtskommando“, sagte Präsident Kunkel, denn selbst herbeigerufene Notärzte wüssten oft nicht, wo sie medizinisch ansetzen solle.

Von Ebay-Betrügereien bis hin zu Kinderpornos reiche schließlich die Palette der Computer- und Internetkriminalität. Hier gebe es vor allem auch eine enorme Dunkelziffer, so Kunkel, der das Internet als größten Tatort der Welt bezeichnete. Deshalb soll auch in Oberfranken das Projekt Cybercops fortgesetzt werden, und zwar mit künftig drei, statt bisher zwei Beamten, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als Straftäter im Netz zu jagen.

In diesem Zusammenhang plädierte der Polizeipräsident auch an die Politik, in Sachen Vorratsdatenspeicherung aktiv zu werden. „Wenn wir unseren Schutzauftrag erfüllen sollen, dann müssen wir auch an die Daten ran“, sagte Kunkel. Wenn die Anbieter ihre Daten nur bis zur jeweils nächsten Abrechnung speichern habe die Polizei keine Chance.  Ideal wären sechs Monate, um mit Hilfe des digitalen Fingerabdrucks dem Verbrecher auf die Spur zu kommen.

Bilder:
- Der oberfränkische Polizeipräsident Reinhard Kunkel.

- Harald Osel, Leiter des Sachbereichs Kriminalitätsbekämpfung bei der oberfränkischen Polizei.

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23.01.2015

Menschlichkeit zum Standard machen / VdK kämpft für würdige Pflege - Oberfranken gilt als Hochburg des Sozialverbandes in Bayern

Bayreuth. In Sachen Pflege schlägt der Sozialverband VdK Alarm: „Das bisherige Pflegesystem wird irgendwann implodieren“, sagte der oberfränkische Bezirksausschussvorsitzende und gleichzeitig stellvertretende bayerische Landesvorsitzender Hellmut Ott aus Coburg am Freitag in Bayreuth.

Immer weniger Pflegekräfte seien bereit, unter den derzeitigen Bedingungen zu arbeiten, und immer weniger Menschen seien bereit, den Beruf zu erlernen. Gleichzeitig drängten aber auch immer mehr Pflegebedürftige in die stationären Einrichtungen, oder sie werden dahin gedrängt, weil die Pflege zu Hause nicht zu organisieren ist. Das Pflegestärkungsgesetz der Bundesregierung bezeichnete Ott bestenfalls als einen in weiten Teilen Ausdruck des guten Willens. „Von einer echten Pflegereform, wie sie der VdK zusammen mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft fordert, sind wir noch meilenweit entfernt“, so der Vorsitzende. Um endlich wieder zu einer menschenwürdigen Pflege zu kommen, habe der Sozialverband deshalb im November eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Damit will der VdK nicht nur Verletzungen von Grundrechten in Pflegeheimen einen Riegel vorschieben, sondern die gesamten Rahmenbedingungen verändern. „Das Verfassungsgericht soll der Bundesregierung aufgeben, für bessere Rahmenbedingen zu sorgen“, sagte Landesgeschäftsführer Michael Pausder. Im Einzelnen fordert er im Namen des Verbandes unter anderem eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte, eine bessere Ausbildung und vor allem mehr Ausbildung, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.

„Unser Ziel ist es, dass in Deutschland niemand mehr Angst haben muss, ins Heim zu kommen, wenn er pflegebedürftig und hilflos ist“, sagte Ott. Der Politik stellte er ein schlechtes Zeugnis aus, weil sie die Vorgänge in den Pflegeheimen viel zu lange aus dem Ruder habe laufen lassen. „Die schlimmen Tatsachen sind seit langem bekannt, Missstände werden schon lange dokumentiert.“

Die Überlastung des Personals schlage sich auch in Studien nieder, bei denen drei Viertel der Pflegenden ihren Berufsalltag als belastend oder als sehr belastend einstufen. Viele Beschäftigte würden mehr oder minder von einer Mängelverwaltung oder einer Mängelvertuschung sprechen. Diese Entwicklung in den Pflegeheimens zeige, wohin ein System führt, das jahrelang sich selbst überlassen wurde, ohne auf die Bedürfnisse der Pflegenden  wie der Pflegebedürftigen Rücksicht zu nehmen. „Wenn wir hier ansetzen und endlich Menschlichkeit zum Standard machen, können wir einen echten Systemwechsel vollziehen, der letztlich allen hilft. Schließlich ist niemand vor gefeit, pflegebedürftig zu werden.“

Positiv bewertet der VdK sowohl die „Rente mit 63“, als auch die Einführung des Mindestlohns. Die Rente mit 63 für Arbeitnehmer  mit mindestens 45 Beschäftigungsjahren sei gerade für diejenigen ein Segen, die lange und schwer gearbeitet haben, und die jetzt Mühe haben, gesundheitlich bis zum offiziellen Renteneintrittsalter über die Runden zu kommen, sagte Landesgeschäftsführer Pausder. Auch die Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro werde vom VdK absolut begrüßt. Der Mindestlohn sei ein erster wichtiger Schritt, Einkommens- und spätere Altersarmut einzudämmen.

Nach den Worten von Bezirksgeschäftsführer Roland Sack ist Oberfranken zwar der kleinste Regierungsbezirk in Bayern, dennoch gilt Oberfranken als die VdK-Hochburg in Bayern. Grund dafür ist, dass der VdK in Oberfranken mit derzeit über 88000 Mitgliedern bei knapp 1,06 Millionen Einwohnern mit 8,3 Prozent den höchsten Organisationsgrad hat. In bloßen Mitgliedszahlen habe Mittelfranken den Regierungsbezirk Oberfranken zwar mittlerweile überholt, jedoch habe Mittelfranken auch wesentlich mehr Einwohner als Oberfranken. In der Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen gehöre jeder vierte Oberfranken dem Verband an. VdK-Hochburg innerhalb des Regierungsbezirks Oberfrankens ist Kulmbach mit einem Organisationsgrad von elf Prozent.

Auch die Zahlen aus dem Tätigkeitsbericht sprechen für sich: 2014 haben die Rechtsberater in den neun oberfränkischen Kreisgeschäftsstellen fast 19000 sozialrechtliche Beratungsgespräche geführt und dabei über 9000 Anträge auf Sozialleistungen bei Sozialversicherungsträgern und Behörden gestellt. In 3900 Fällen wurde Widerspruch gegen einen Bescheid eingelegt. Außerdem wurden 870 Sozialgerichtsverfahren durchgeführt und dabei zusammen mit den erfolgreichen Widersprüchen Nachzahlungen in Höhe von 3,8 Millionen Euro erstritten.

Bild: „Immer mehr Menschen suchen Hilfe beim VdK“: Landesgeschäftsführer Michael Pausder (links) und der oberfränkische Bezirksausschussvorsitzende Hellmut Ott aus Coburg.

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02.12.2014

Vorbereitung auf ein straffreies Leben / Forensik-Tagung: Fachleute begrüßen mehr Transparenz bei der Unterbringung psychisch kranker Straftäter

Bayreuth. Es hatte schon etwas von unfreiwilliger Komik, als der Chefarzt der Klinik für forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhauses Klaus Leipziger zu Beginn der 14. Bayreuther Forensik-Tagung ausgerechnet auf die Notausgänge verweist und später auch noch vom ziemlich erfolgreichen Tag der offenen Tür spricht. Es waren aber auch die einzigen heiteren Momente zu einem ernsten Thema, noch dazu in Bayreuth, wo die Forensik mit dem Fall Gustl Mollath ins Gerede gekommen war.

Forensik im Maßregelvollzug, das ist die zwangsweise Unterbringung psychisch kranker Straftäter auf unbestimmte Zeit. Die Spannbreite reicht von einem halben Jahr bis in Einzelfällen zu 30 Jahren, so Dieter Seifert, Ärztlicher Direktor der Christophorus-Klinik in Münster. Im Mittel seien Straftäter sechs Jahre lang untergebracht, jeder 6. bis 7. länger als zehn Jahre.

Spektakuläre Einzelfälle hätten die Forensik in das öffentliche Blickfeld gerückt, sagt Generalstaatsanwalt Thomas Janovsky ohne den Namen Mollath auszusprechen. Völlig zu Unrecht sei die forensische Psychiatrie dabei in ein schlechtes Licht geraten, denn, so gab der Generalstaatsanwalt zu bedenken: „Die Entscheidung für den Maßregelvollzug eines Straftäters bedeutet immer das Abwägen  zwischen dem Freiheitsanspruch des Individuums und des Sicherheitsanspruchs der Allgemeinheit.

Trotzdem sei es der Auftrag, der forensischen Psychiatrie, Menschen, die psychisch krank sind und straffällig geworden sind,  zu behandeln und in die Gesellschaft zurückzuführen, so Manfred Wolfersdorf, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses. Er spricht von großer Unkenntnis in der Bevölkerung zum Thema Forensik.

In der Klinik für forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus in Bayreuth sei die Zahl der untergebrachten Patienten aufgrund von Suchterkrankungen vor allem wegen Crystal-Speed in den zurückliegenden drei Jahren von 76 auf 123 angestiegen, sagt der oberfränkische Bezirkstagspräsident Günther Denzler. Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der schuldunfähigen oder vermindert schuldfähigen Straftäter, die aufgrund ihrer Erkrankung als für die Allgemeinheit gefährlich gelten und von denen weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind, um ein Drittel auf 80 gesunken.

„Das Bild der Forensik ist nach wie vor von Vorurteilen belastet“, so Denzler, der sich für mehr Transparenz in diesem hochsensiblen Bereich ausspricht. Transparenz soll auch das neue bayerische Maßregelvollzugsgesetz schaffen, das voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2015 in Kraft treten wird. Dieser Gesetzesentwurf schließe vorhandene Lücken, schaffe Rechtssicherheit, stärke die Patientenrechte, definiere mögliche Grundrechtseingriffe und sorge für mehr Transparenz, bringt es Chefarzt Leipziger auf den Punkt.

Oberstes Ziel sei es dabei nach wie vor, die untergebrachten Personen auf ein straffreies Leben vorzubereiten. so Leipziger. Aber auch viele Dinge, die bislang nicht explizit festgeschrieben waren, sind in dem Entwurf enthalten. Das beginnt beim Recht, eigene Kleidung zu tragen und hört bei der Zimmerbelegung, bei der vier Personen künftig gar nicht mehr zulässig sind, noch lange nicht auf. Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten sollen künftig vorgehalten werden, jeder Untergebrachte müsse ein Recht auf Religionsausübung haben und sogar Disziplinarmaßnahmen wie Fernsehverbot sind in Zukunft gesetzlich festgeschrieben.

Die Klinik für Forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus in Bayreuth versieht den psychiatrischen Maßregelvollzug im Regierungsbezirk Oberfranken und gliedert sich in getrennte Behandlungs-Bereiche für den allgemeinen psychiatrischen Maßregelvollzug nach Paragraph 63 des Strafgesetzbuches und die Maßregelbehandlung für Suchtkranke gemäß Paragraph 64 des Strafgesetzbuches. Die Klinik bietet auf derzeit zehn Behandlungsstationen, inklusive zwei offenen Stationen, nach therapeutischen Schwerpunkten differenzierte Behandlungsangebote für rund 180 Patienten.

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15.10.2014

Stiftung leidet unter Zinstief / Soziales, Kultur und Denkmalpflege: Preise der Oberfrankenstiftung verliehen

Es ist Jahr für Jahr der einzige öffentliche Auftritt einer Stiftung die viele kennen und die in der Region überaus segensreich wirkt: die Preisverleihung der Oberfrankenstiftung. Für besondere Leistungen in den Bereichen Soziales, Kultur und Denkmalpflege werden die in jeder Kategorie mit 15000 Euro dotierten Preise vergeben.

Baunach. Diesmal gingen die Preise der Oberfrankenstiftung an das Freiwilligenzentrum Aktive Bürger in Lichtenfels und die evangelische Nikodemus-Kirchengemeinde in Bayreuth (Soziales), an die international bekannte Schriftstellerin Tanja Kinkel aus Bamberg und die Filmautorin Annette Hopfenmüller aus Coburg (Kultur) sowie an Roland und Manuela Dorscht aus Scheßlitz und Krystina und Reinhard Stegert aus Marktredwitz (Denkmalpflege).

21 Millionen Euro hat die Oberfrankenstiftung nach den Worten des Stiftungsratsvorsitzenden und Regierungspräsidenten Wilhelm Wenning im vergangenen Jahr wieder ausgeschüttet. Das klingt im ersten Moment nach sehr viel. Ist es auch, doch bedeutet die Zahl 21 auch 1,5 Millionen weniger als noch im Jahr zuvor. Grund: die miserable Zinsertragssituation auf den Finanzmärkten. „Das Tief für die Anleger kommt auch bei der Oberfrankenstiftung an“, sagte Wenning.

Während also die zur Verfügung stehenden Gelder zurückgehen, steigen aber die Förderanträge an. „Die zu verteilenden Kuchenstücke werden kleiner“, kündigte der Vorsitzende an, denn auch eine Stiftung mit unendlicher Ausrichtung habe endliche Ressourcen. Trotzdem soll es auch in Zukunft erklärtes Ziel der 1927 gegründeten Stiftung bleiben, Oberfranken ein Stück voran zubringen. Von den 21 Millionen Euro gingen nach den Worten Wennings 8,2 Millionen an oberfränkische Kultureinrichtungen, 7,6 Millionen Euro flossen in den Erhalt von Denkmälern, 3,3 Millionen Euro wurden für soziale Einrichtungen bewilligt und mit zwei Millionen Euro wurden die Hochschulen unterstützt.

Sozialpreise:


Aktive Bürger Lichtenfels (von links): Bezirksheimatpfleger Günter Dippold, Landrat Christian Meißner, Regierungspräsident Wilhelm Wenning, Vorsitzender Erhard Schlottermüller von den Aktiven Bürgern Lichtenfels und Bezirkstagspräsident Günther Denzler.


Den Sozialpreis teilen sich in diesem Jahr das Freiwilligenzentrum „Aktive Bürger Lichtenfels“ und der Kids-Treff der Nikodemuskirche in Bayreuth. Ziel des Freiwilligenzentrums ist es, das bürgerschaftliche Engagement im Landkreis Lichtenfels zu fördern. Dazu versteht sich das Zentrum als Anlaufstelle für Menschen, die sinnvolle Tätigkeiten suchen und sich ehrenamtlich engagieren möchten. Außerdem erhalten alle Vereine und Verbände im Landkreis Lichtenfels, die ehrenamtliche Arbeit anbieten, die Möglichkeit, sich und ihr Engagement zu präsentieren. Aktuell engagieren sich im Freiwilligenzentrum 270 „Aktive Bürger“, die pro Monat um die 2000 ehrenamtliche Stunden zum Beispiel als Lesepaten in Kindergärten und Schulen, in der Behindertenarbeit oder als Flüchtlingsbetreuer leisten.


Nikodemuskirche Bayreuth (von links): Regierungspräsident Wilhelm Wenning, Pfarrer Dieter Opitz, Bayreuths 3. Bürgermeisterin Beate Kuhn und Bezirkstagspräsident Günther Denzler.


Der „Kids-Treff“ der Nikodemuskirche im Bayreuther Stadtteil Neue Heimat ist eine offene Einrichtung zur Freizeitgestaltung für Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren. Geboten werden Sport, Spiel und kreative Beschäftigungsangebote. Außerdem gibt es kostenloses Abendessen und Lernhilfen. Nach den Worten von Bezirkstagspräsident Günther Denzler nutzen fast 300 Kinder und Jugendliche, davon rund 70 Prozent mit Migrationshintergrund, die vielfältigen Angebote. Erst im Junin 2014 wurde in Kooperation mit der Stadt ein Abenteuerspielplatz eröffnet. Im Frühjahr 2015 soll als Ergänzung ein Jugendtreff mit Cafeteria, Billard- und Darts-Angeboten für Jugendliche im Teenager-Alter eröffnet werden. Dort soll es dann auch Bewerbungstrainings und Hausaufgabenhilfen geben.

Kulturpreise:


Kulturpreis für Annette Hopfenmüller: Bezirkstagspräsident Günther Denzler, Annette Hopfenmüller und Regierungspräsident Wilhelm Wenning (von links).

Annette Hopfenmüller aus Coburg ist nicht nur als Filmautorin und Regisseurin bekannt, sondern auch als Kabarettistin, Musikerin und Moderatorin. Sie wurde vor allem für Filme wie „Die Korbmacher um Lichtenfels“, „Am Polstermöbelhighway 303“ oder „Hüben und Drüben – Geschichten von den Zonengrenze“ ausgezeichnet, in denen die Verbundenheit zu ihrer oberfränkischen Heimat deutlich wird. „Durch ihr Wirken ist sie zu einer Botschafterin Oberfranken geworden“, sagte Bezirksheimatpfleger Günter Dippold in seiner Laudatio.


Kulturpreis für Tanja Kinkel: Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke, Regierungspräsident Wilhelm Wenning, Tanja Kinkel und Laudator Bernd Goldmann, ehemaliger Leiter des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia (von links).

Die aus Bamberg stammende Schriftstellerin Tanja Kinkel hat unter anderem 17 historische Romane veröffentlicht, die in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt wurden. Mit diesen Übersetzungen und den vielen Taschenbuchausgaben habe ihr Werk bereits ein Millionenpublikum erreicht, sagte Laudator Bernd Goldmann, der ehemalige Leiter des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg. Zu Tanja Kinkels bekanntesten Werken gehören „Die Puppenspieler“, „Götterdämmerung“, „Säulen der Ewigkeit“ und „Das Spiel der Nachtigall“. Tanja Kinkel ist außerdem Schirmherrin der Bundesstiftung Kinderhospiz. 1992 gründete sie die Kinderhilfsorganisation „Brot und Bücher e.V.“

Denkmalpflegepreise:


Denkmalpflegepreis für das Ehepaar Dorscht (von links): Roland Dorscht, Regierungspräsident Wilhelm Wenning und Manuela Dorscht.

Roland und Manuela Dorscht hatten ein 1716 erbautes Fachwerkhaus in Altenbach bei Scheßlitz im Landkreis Bamberg liebevoll und aufwändig saniert. Zu den Kosten der Sanierungsmaßnahme in Höhe von 340000 Euro seien 7000 Arbeitsstunden gekommen. Der Aufwand habe sich gelohnt, das Stadtbild von Scheßlitz sei an einer vielbefahrenen Ecke spürbar aufgewertet worden, sagte Regierungspräsident Wenning. Den Bau zeichne besonders die Liebe zum Detail aus, überall dort, wo die historische Substanz nicht mehr vorhanden war, sei sie modern nachgebildet worden.


Denkmalpflegepreis für das Ehepaar Stegert (von links): Krystina und Reinhard Stegert sowie Regierungspräsident Wilhelm Wenning.

Krystina und Reinhard Stegert hatten im November 2010 die sogenannte „Geyer-Villa“ in der Thölauer Straße in Marktredwitz erworben und in beinahe unzähligen Arbeitsstunden und mit viel Liebe zum Detail aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Die Villa hatte sich der Fabrikant Hermann Geyer 1904 als „Schwarzwaldhaus“ mit weit vorgezogenem Walmdach errichten lassen. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte es unter anderem Philip Rosenthal als Sitz der Rosenthal-Geschäftsführung genutzt. Später sei das Gebäude unter anderem als Wohnheim für Gastarbeiter genutzt worden, danach habe es leer gestanden und sei zusehends verfallen, bis Krystina und Reinhard Steger kamen und das Baudenkmal aus dem frühen 20. Jahrhundert vor dem sicheren Untergang retteten. Kosten in Höhe von rund 600000 Euro seien dabei Zuschüsse von lediglich 45000 Euro gegenübergestanden.

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17.07.2014

Polizei: Politik nimmt Crystal-Speed-Problematik zu wenig ernst / Bezirk und Polizei wollen künftig in der Präventionsarbeit kooperieren

Bayreuth. Der oberfränkischen Polizei fehlt ausreichendes Personal um die Crystal-Speed-Problematik besser bekämpfen zu können. Das aktuelle Lagebild im Regierungsbezirk bilde lediglich die Spitze des Eisbergs ab. Hätte die Polizei mehr Personal, dann würden auch die Zugriffszahlen deutlich nach oben gehen, sagte Polizeivizepräsident Werner Mikulasch am Donnerstag vor dem oberfränkischen Bezirkstag.

Dort hatte der Polizeivize die Crystal-Thematik ausführlich vorgestellt, nachdem deren Brisanz offensichtlich noch nicht überall angekommen ist, wie es Bayreuths 3. Bürgermeisterin Beate Kuhn (SPD) formulierte. Sie kritisierte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), die Crystal Speed jüngst als regionales Problem bezeichnet haben soll. Das sei bei weitem nicht so, sagte Werner Mikulasch. „Crystal Speed ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, alle Alters- und Berufsgruppen sind vertreten“, so der Beamte.

Mikulasch nahm auch das Präventionskonzept des Polizeipräsidiums vor Kritik aus dem Gesundheitsministerium in Schutz. Mit den ein- bis zweitägigen Projekten habe man allein im zurückliegenden Schuljahr bei 265 Veranstaltungen an die 9000 Schülerinnen und Schüler erreicht. Das Gesundheitsministerium habe dagegen moniert, man würde mit den Präventionsveranstaltungen die Thematik für junge Leute erst interessant machen.  „Da werden die jungen Leute aber gewaltig unterschätzt“, sagte Mikulasch, der auch Leiter der Abteilung Einsatz ist.

Kritisch sah der oberfränkischen Polizeivize dagegen die Zusammenarbeit mit dem Freistaat Sachsen.“ Das läuft bei weitem noch nicht so, wie wir uns das vorstellen“ sagte er. Hintergrund ist, dass potentielle Dealer verstärkt über Oberfranken nach Tschechien ausreisen, aber mit den Drogen im Gepäck über Sachsen wieder einreisen. Somit habe die bayerische Schleierfahndung keine Chance.

Sachsen sehe die Crystal-Speed-Problematik wesentlich laxer, so Bezirkstagsvizepräsident Eberhard Siller (CSU) aus Hof. Auch harte Ahndung könne zur Prävention beitragen, sagte er, zumindest dann, wenn es sich in den  entsprechenden Kreisen herumspreche, dass beispielsweise im Landgerichtsbezirk Hof selbst geringste Mengen für eine Untersuchungshaft genügen.

Nach den Worten von Mikulasch hatte sich vor einiger Zeit sogar das Bayerische Innenministerium zur der Aussage verstiegen, dass die Crystal-Problematik wieder abebbt. Dies treffe in keinster Weise zu, so Mikulasch. Im Gegenteil, in Ober- und Mittelfranken seien die Suchtkliniken überbelegt, die Betroffenen müssten teilweise sogar abgewiesen werden.

Um noch mehr junge Leute zu erreichen und sie vor Crystal Speed warnen zu können, einigten sich Polizei und Bezirk Oberfranken darauf, künftig gemeinsame Präventionsveranstaltungen durchzuführen. Nach den Worten von Bezirkstagspräsident Günther Denzler soll dazu zum einen der Bezirksjugendring eingebunden werden, zum anderen sollen Veranstaltungsreihen wie „Rock in Oberfranken“ oder „Lernort Bezirk“ zur Prävention genutzt werden. „Damit werden wir das Thema noch stärker in die Öffentlichkeit bringen“, so Denzler.

Zuvor hatte Polizeivizepräsident Mikulasch auch die tschechische Drogenpolitik kritisiert. Im Nachbarland gilt der Besitz von bis zu 1,5 Gramm Crystal nicht wie hierzulande als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit. „Auch das ist für uns ein Riesenproblem“, sagte Mikulasch.

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29.06.2014

Gleichstromtrasse vergiftet Energiewende / Trassenaktionstag in Goldkronach: Bahnnetz für Stromleitung nutzen

Goldkronach. Die Dimension des Widerstand gegen die geplante Gleichstomtrasse von Bad Lauchstedt bis Meitingen wurde noch nie so sichtbar, wie zum Trassenaktionstag am Sonntag. Weit über 50 Bürgerinitiativen, die inzwischen in einem gemeinsamen Aktionsbündnis organisiert sind, starteten zeitgleich ihre Aktionen. Mit einem Sternmarsch zum Badesee beteiligte sich daran von fünf verschiedenen Gemeinden aus auch die Bürgerinitiativen Goldkronach und Bad Berneck, wo als prominentester Redner der Bayreuther Bundestagsabgeordneter und Goldkronacher Bürger Hartmuth Koschyk (CSU) den Schulterschluss gegen den Bau der Stromtrasse zum Ausdruck brachte. Dort am Badesee könnte einer der 75 Meter hohen Monstermasten errichtet werden, sagte Martin Förster von der Goldkronacher Bürgerinitiative.

Den faktischen Stopp der Planungen für die Gleichstromtrasse Süd-Ost durch den Netzbetreiber Amprion im Februar dieses Jahres bezeichnete MdB Koschyk als „Sieg der Vernunft“, der auch auf dem engagierten Einsatz der Bürger und der Politiker aus der Region über Parteigrenzen hinweg fußt. Ein stures Festhalten an der Trassenplanung nannte Koschyk einen „Weg in die Irre“. „Ich halte diese Trasse nicht mehr für politisch durchsetzbar“, sagte er, und weiter: „Der Landkreis Bayreuth wird alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um gegen diese Trasse vorzugehen.“ Es sei an der Zeit, dass die Netzplanung noch einmal komplett auf den Prüfstand gestellt wird, damit nicht dieses Projekt das Klima für die Energiewende gesamt vergiftet.“

Im Zusammenhang mit dem Netzausbau brachte Koschyk eine bisher in der Öffentlichkeit noch kaum diskutierte Alternative ins Gespräch. Er schlug vor, das Netz der Bahn für den Stromtransport zu nutzen. Dazu gibt es Koschyk zufolge bereits eine Machbarkeitsstudie verschiedener Universitäten, in der das Zusammenwirken von Bahnstromnetz und Energieversorgung aufgezeigt wird. Durch eine räumliche und technische Mitnutzung sowie durch eine Bündelung bestehender Bahnstromtrassen mit neuen überörtlichen Energieleitungen ergäben sich volkswirtschaftliche Vorteile und Synergieeffekte, die weit über den geringeren landschaftlichen Flächenverbrauch hinausgehen.

Der technische, finanzielle und regulatorische Aufwand, die Bahnstromtrassen in den Netzausbau einzubeziehen, sei zwar nicht gering, aber machbar und volkswirtschaftlich vertretbar. Eine Einbeziehung des Bahnstromnetzes hätte nicht zuletzt auch für die gesamte Region großen Nutzen, da im Hinblick auf die dringend erforderliche Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale ein Synergieeffekt geschaffen werden könnte. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrinth habe bereits versichert, dass das Bundesverkehrsministerium mit der Deutschen Bahn in die Diskussion eintreten wird, um die Frage zu klären, in welchem Umfang ihr Netz für den Ausbau des öffentlichen Stromnetzes genutzt werden kann.

Zuvor hatte Martin Förster, der Vorsitzende der fast 550 Mitglieder starken Goldkronacher Bürgerinitiative vor neuen Strommasten gewarnt, die fast doppelt so hoch sein sollen, wie der 45 Meter hohe Goldkronacher Kirchturm. Das erschreckte auch den evangelischen Goldkronacher Pfarrer Hans Georg Taxis: Es könne nicht sein, dass hier in die Landschaft etwas gebaut wird, was höher ist als unser Kirchturm und alle anderen Gebäude des Ortes. Bürgermeister Holger Bär sicherte zu, dass sich die Stadt im Kampf um unsere Heimat noch lange nicht geschlagen geben werde.

Bilder:
1. So sieht es aus, wenn die Energiewende baden geht: Mit einer spektakulären Aktion hat die Bürgerinitiative Goldkronach am Sonntag gegen die geplante Gleichstromtrasse protestiert.
2. Das Netz der Deutschen Bahn für den Stromtransport nutzen: Der Bundestagsabgeordnete und Goldkronacher Bürger Hartmut Koschyk.

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28.06.2014

Logistikpark statt Kaserne / Eigener Gedenkstein erinnert künftig an die Garnisonsstadt und den Bundeswehrstandort Bayreuth – Noch einmal scharfe Kritik an Auflösung der Markgrafenkaserne

Bayreuth. Mit einem Denkmal an der ehemaligen Hauptzufahrt erinnert ein Freundeskreis künftig an die 400 Jahre alte Tradition Bayreuths als Garnisonsstadt sowie an die ehemalige Markgrafenkaserne. Das von dem Bayreuther Architekten Michael Krug gestaltete Denkmal besteht aus drei Stelen. Sie zeigen die Wappen der Verbände in der ehemaligen Kaserne: das Panzerartilleriebataillon 125, das Panzergrenadierbataillon 102, das Verteidigungsbezirkskommando 67und das zweite Bataillon des Luftwaffenausbildungsregiments 3. Dazu wurde auf dem zehn Tonnen schweren Findling, der jahrzehntelang die Einfahrt der Kaserne zierte, der Schriftzug „1960 – 2014 - Markgrafenkaserne Bayreuth“ angebracht.

Spätestens seit dem Abbruch der Wache und den ehemaligen Kompaniegebäuden ist die Markgrafenkaserne nach 50 Jahren Geschichte. Mehrere zehntausend Frauen und Männer haben in der Einrichtung ganz im Norden der Stadt über die Jahrzehnte hin ihren Dienst getan. Dort wo einst die Bundeswehr untergebracht war, ist mittlerweile ein großer Logistikpark entstanden.

Der neue Gedenkstein soll aber auch daran erinnern, dass Bayreuth über Jahrhunderte hinweg Garnisonsstadt war. Waren es anfangs markgräfliche Haustruppen, wurden es später Verbände der preußischen Armee. Ab 1810 war dann die Königlich Bayerische Armee in Bayreuth. Bis 1935 stand das III. Bataillon des 21. (Bayerischen) Infanterie-Regiments in Bayreuth, das später in der Wehrmacht aufging.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren ab 1957 wieder Truppen der Bundeswehr vor Ort. 1960 legte der damalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß den Grundstein für die „Neue Kaserne“, die erst ab 1964 den Namen Markgrafenkaserne trug. „Niemand hätte sich damals vorstellen können, dass 54 Jahre später nichts mehr an diese Kaserne erinnert, sagte Gerhard Will, 1. Vorsitzender der Kameradschaft der Bayreuther Artilleristen und Oberstabsfeldwebel a. D. Will hatte 31 Jahre lang hier gedient.

Dass nichts mehr an die Kaserne erinnert, sei auch eine Auswirkung der Bundeswehrreform, bei der ohne große öffentliche Diskussion und ohne Not die Wehrpflicht abgeschafft wurde, sagte Klemens Brosig, Bezirksvorsitzender der oberfränkischen Reservisten. Vor Ort sei die Auflösung des Bundeswehrstandortes zwar sehr kritisch begleitet worden, doch letztlich konnten auch 26000 gesammelte Unterschriften für die Bundeswehr in Bayreuth nicht mehr ändern. Auch Brosig äußerte den Verdacht, nicht alle politischen Parteien hätten damals an einem Strang gezogen. „Vielleicht war auch der Geländegewinn für eine industrielle Ansiedlung zu verlockend“, sagte er.

Auch der prominente Hauptredner der Denkmalsenthüllung, der frühere Generalmajor Manfred Eisele übte noch einmal scharfe Kritik an der Auflösung des Bayreuther Bundeswehrstandortes. Eisele war von 1994 bis 1998 beigeordneter Generalsekretär bei den Vereinten Nationen und in dieser Funktion oberster Militärberater der Generalsekretäre Boutros Boutros-Ghali und Kofi Annan. Viele Jahre zuvor war Eisele aber auch von 1963 bis 1966 Hauptmann und Batteriechef im Panzerartilleriebataillon 125 in Bayreuth.

Der Standort habe alle Voraussetzungen gehabt, aber nicht die gebührende Unterstützung erfahren, weil die stärksten Argumente in den Wind geschlagen wurden. Dies alles sei ein nicht wiedergutzumachender Fehler gewesen. Traurig nannte es der Redner außerdem, dass lediglich das kleine Militärmuseum in Weidenberg, sonst aber nichts an die Bayreuther Tradition erinnere. Das neue Denkmal sei zwar ein eindrucksvolles aber gleichzeitig auch äußerst bescheidenes Ausrufezeichen.

Bilder:
1. Drei Stelen mit den Wappen und der Geschichte sowie der zehn Tonnen schwere Findling im Hintergrund erinnern künftig an die Tradition der Garnisonsstadt Bayreuth und an die Markgrafenkaserne.

2. Als eindrucksvoll, aber auch als bescheiden bezeichnete Generalmajor a.D. Manfred Eisele das neue Denkmal. Der spätere Militärberater bei den Vereinten Nationen war einer der Männer der ersten Stunde in der Markgrafenkaserne.

3. Der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk, der Bezirksvorsitzender des Bayerischen Soldatenbundes Klaus Dieter Nitzsche und der Präsident des Bayerischen Soldatenbundes Jürgen Reichardt (von links) bei der Einweihung des neuen Denkmals in Bayreuth.

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11.06.2014

Barocke Bühnentechnik und Wilhelmines Welt / Kulturerbe gegen Traditionscafe:  Hitzige Diskussionen um Schließung des beliebten Bayreuther Operncafes

Bayreuth. Damit hatten viele Bayreuther nicht gerechnet: Als Konsequenz der Anerkennung des Markgräflichen Opernhauses als UNESCO-Weltkulturerbe muss das traditionsreiche Operncafe im benachbarten Redoutenhaus schließen. Bei einer kurzfristig anberaumten Informationsveranstaltung machte der Präsident der Schlösserverwaltung Bernd Schreiber den Anhängern des Cafes keine Hoffnung. Er lobte stattdessen die eigenen Pläne für ein Opernhausmuseum und Weltkulturerbezentrum an der Stelle des jetzigen Cafes über den grünen Klee: „Unsere Lösung ist die Bessere, davon sind wir fest überzeugt“, so Schreiber.

Ob auf Facebook oder in den Leserbriefspalten: die Anhänger des 1966 eröffneten Cafes, das seit vielen Jahren liebevoll von der Bad Bernecker Familie Müller betrieben wird, kämpfen um die Einrichtung. Sogar eine Petition gibt es mittlerweile mit über 750 Unterschriften und auch bei der Informationsveranstaltung zeigten sich die Gegner wenig kompromissbereit: „Die Planungen sind völlig daneben“, sagte ein Besucher. „Unser Operncafe soll wegrationalisiert werden“, meinte ein anderer.

Bei der Informationsveranstaltung wurde allerdings schnell klar, das Ende des Operncafes ist bereits beschlossen. „Die Planungen laufen unausweichlich darauf hinaus, dass wir das Operncafe schließen“, sagte Schreiber. Auch der Zeitpunkt Ende 2015 stehe schon fest. Das Pächterehepaar sei frühzeitig informiert worden, bedauerlich sei lediglich, dass die Sache so frühzeitig an die Öffentlichkeit gelangt war.

Mit den Status Weltkulturerbe sah Präsident Schreiber viele Chancen für Bayreuth, aber eben auch Pflichten. Als Chance nannte er die Erwartung, dass künftig viel mehr Touristen den Weg nach Bayreuth finden, die Rede war von mindestens drei Mal so vielen Besuchern wie bisher. Zu den Pflichten gehöre es eben auch, im Rahmen eines eigenen Museums über das Weltkulturerbe zu informieren und zusätzliche Infrastruktur wie Kassen, Garderoben oder Toiletten zu errichten. Auch die barrierefreie Erschließung des gesamten Hauses habe oberste Priorität.

So stehe es schließlich auch in den UNESCO-Statuten, sagte Peter Seibert, Leiter der Bauabteilung bei der Schlösserverwaltung. Die Planungen seines Hauses sehen vor, den bereits 1722 von dem einst berühmten Baumeister Johann David Räntz errichteten dreigeschossigen Sandsteinquaderbau  komplett umzubauen. „Weitaus höhere Besucherzahlen erfordern zusätzliche Räume und vertiefte Information“, sagte er. So soll künftig die gesamte Erschließung über das Redoutenhaus stattfinden, im ersten Stock die Welt der Wilhelmine präsentiert und im zweiten Stock die barocke Bühnentechnik anhand von Nachbauten und multimedialen Installationen aufgezeigt werden.

Freilich wird es noch dauern, bis es soweit ist. Kaum war das Markgräfliche Opernhaus im Jahr 2012 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben worden, da schlossen sich auch schon auf unbestimmte Zeit die Pforten. Für knapp 23 Millionen Euro wird das Bauwerk, das als weltweit bedeutendstes und besterhaltene Beispiel barocker Theaterarchitektur gilt, generalsaniert. Der Zeitpunkt der Fertigstellung ist völlig offen, vorher hat wohl auch ein Weltkulturerbezentrum wenig Sinn.

Kritik an der, erst einen Tag zuvor angekündigten Informationsveranstaltung ließ Präsident Schreiber nicht gelten. Er komme bereits am 25. Juni wieder nach Bayreuth, um die Pläne in der öffentlichen Stadtratssitzung erneut vorzustellen. Wenn es sein muss komme er auch gerne ein drittes oder viertes Mal, um die Planungen der Schlösserverwaltung zu erläutern. Tatsächlich war die Informationsveranstaltung erst einen Tag zuvor angekündigt worden, was zur Folge hatte, dass nur knapp 50 Zuhörer in den Balkonsaal der Stadthalle hatte gekommen waren und sowohl die Oberbürgermeisterin als auch der Regierungspräsident urlaubsbedingt der Veranstaltung fern blieben. Selbst die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer räumte ein, erst am Morgen aus der Lokalzeitung von der Veranstaltung erfahren zu haben.

Ganz am Ende der zweistündigen Informationsveranstaltung tat sich dann aber ganz überraschend ein kleiner Hoffnungsschimmer auf. Juwelier Berthold Hoffmann, Inhaber des Eckhauses gegenüber dem Opernhaus, signalisierte als letzter Redner seine Bereitschaft, über eine gastronomische Nutzung im Erdgeschoss seines Hauses nachzudenken. Sowohl Präsident Schreiber als auch Marion Resch-Heckel von der Bauabteilung der Bezirksregierung signalisierten ihr Interesse an diesem Vorschlag.

Bild: Hier im Redoutenhaus neben dem Markgräflichen Opernhaus soll das Weltkulturerbezentrum mit Opernhausmuseum untergebracht werden. Das beliebte Operncafe muss dafür wohl für immer schließen.

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14.03.2014

Niedrige Fallzahl – Hohe Aufklärungsquote / Polizeiliche Kriminalstatistik: Oberfranken gilt als sicherer Regierungsbezirk

Bayreuth. „In Oberfranken ist die Sicherheit in sehr hohem Maße gewährleistet.“ Davon ist Polizeipräsident Reinhard Kunkel (Bild links) überzeugt. Die Zahlen geben ihm Recht. Bei der Vorstellung der Kriminalstatistik am Freitag in Bayreuth berichtete Kunkel von einer niedrigen Fallzahl, von einer hohen Aufklärungsquote und von einer niedrigen Häufigkeitszahl.

Letztere ist entscheidend, denn in ihr werden die bekannt gewordenen Straftaten auf 100000 hochgerechnet. Die Zahl kann damit mit anderen Regionen unabhängig von der Einwohnerzahl problemlos verglichen werden. Oberfranken  stehe mit einer Häufigkeitszahl von 4672 Straftaten pro 100000 Einwohner nicht nur unter der Häufigkeitszahl von 2012 (4803), sondern auch unter dem aktuellen bayerischen Durchschnitt von 5073. „Damit haben wir einen 1a-Stand in punkto Sicherheit in der Region“, sagte Kunkel.

In absoluten Zahlen bedeutet dies: im Regierungsbezirk sind im zurückliegenden Jahr 49467 Straftaten registriert worden, was einem Rückgang um 3,5 Prozent entspricht. Die Aufklärungsquote bezifferte der Polizeipräsident auf 71,1 Prozent, das sei eine Steigerung um 1,3 Prozent zum Vorjahr. Kunkel wertete diese Zahlen als Ergebnis einer konsequenten Polizeiarbeit. „Die Sicherheitskonzepte der oberfränkischen Polizei greifen und zeigen Erfolg“, so der Präsident. Die hervorragenden Zahlen seien aber auch auf die Mitwirkung der Bürger zurückzuführen, ebenso auf die umfangreiche Begleitung der polizeilichen Arbeit durch die Medien.

Akribisch listeten Polizeipräsident Kunkel und der Leiter des Sachgebietes Kriminalitätsbekämpfung Harald Osel (Bild rechts) die einzelnen Deliktsgruppen auf, bei denen die Fallzahlen zurückgegangen waren oder bei denen die Fallzahlen zugenommen hatten. „Sorge bereitet uns der Bereich Cybercrime“, sagte Osel. Dabei geht es um alles, was irgendwie mit dem Internet zu tun hat. 1156 Fälle wurden dabei registriert, fast ein Drittel mehr als noch im Jahr davor. Dabei macht sich die Polizei keine Illusionen darüber, dass die bekannt gewordenen Fälle nur die Spitze des Eisbergs darstellen und die Dunkelziffer riesengroß ist.

„Das Internet ist der größte Tatort der Welt“, so Osel. Er wusste von Fällen, in denen der Server in Litauen stand, und das Opfer in Oberfranken saß. Vieles laufe absolut anonym ab, so dass niemand den Ausgangspunkt einer Straftat feststellen kann. Die Polizei hat darauf mit einer eigenen Cybercrime-Abteilung bei allen vier oberfränkischen  Kriminalpolizeiinspektionen reagiert, daneben gibt es drei übergeordnete „Cybercops“ und für alle Kollegen die Pflicht zur ständigen Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet.

Zugenommen hätten 2014 auch die Wohnungseinbrüche und zwar von 277 auf 310. Das sei zwar immer noch die niedrigste Fallzahl in ganz Bayern, aber dennoch soll es auch im laufenden Jahr wieder ein Schwerpunktthema der oberfränkischen Polizei werden. Denn eines ist sicher: der Trend setzt sich fort. Allein im Januar und Februar 2014 sei an den Zahlen eine nochmalige Steigerung schon abzulesen gewesen. Die Polizei habe daraufhin ihre Kontrollen in den Wohngebieten verstärkt. Kriminaldirektor Osel appellierte auch an alle Bürger, die kostenlosen Präventionsangebote der polizeilichen Sicherheitsberater wahrzunehmen. Oft könne mit geringem finanziellem Aufwand vieles im häuslichen Umfeld verbessert werden.

Dritter großer Bereich, der die Beamten in Oberfranken besonders beschäftigt, ist die Drogenkriminalität. Mit 3263 Fällen sei die Zahl der registrierten Straftaten um fast acht Prozent angestiegen. „Wir werden die Schleierfahndungsmaßnahmen weiter ausbauen und die Zusammenarbeit mit unseren tschechischen Kollegen noch weiter intensivieren“, so Osel. Noch immer sei die Modedroge Crystal gewaltig auf dem Vormarsch, wobei die Methoden des Schmuggels immer raffinierter würden. Immer raffinierter heißt manchmal aber auch tödlich. So sind zwei der 15 Rauschgifttoten qualvoll daran gestorben, dass sie das Crystal innerhalb ihres Körpers transportierten und die entsprechenden Behältnisse innerhalb des Körpers einfach aufgeplatzt sind.

Teilweise deutliche Rückgänge bei den Fallzahlen gab es bei Gewaltdelikten, Körperverletzungen, Diebstählen oder bei der klassischen Straßenkriminalität. Wenn die Zahl der Taten auch abnimmt, so sei es aber auch einen Tatsache, dass bei vielen Tätern die Hemmschwelle sinkt. „Wenn einer am Boden liegt, dann wird noch weiter mit Stiefeln auf ihn eingetreten, obwohl er sich längst nicht mehr wehren kann“, berichtete Polizeipräsident Kunkel.

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08.03.2014

Keine Flatrates im Bordell: Politik und Polizei machen Front gegen Prostitution / Liberalisierung des Prostitutionsgesetzes von 2002 soll schnellstens korrigiert werden – Tagung der oberfränkischen Frauenunion

Bayreuth. Politik, Polizei und Opferschutzverbände üben den Schulterschluss und wollen gemeinsam gegen das Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2002 Front machen. Die damalige Liberalisierung habe dem Menschenhandel Tür und Tor geöffnet, sagte Soni Unterreithmeier (Bild links) von der Organisation SOLWODI (Solidarität mit Frauen in Not). „Die momentane Rechtslage ist desolat“, so Helmut Sporer, Kriminalhauptkommissar aus Augsburg und bundesweit anerkannter Experte für die Bereiche Prostitution und Menschenhandel. Carmen Benker, Frauenbeauftragte der oberfränkischen Polizei forderte: „Verschließen sie nicht die Augen und decken sie Missstände auf. Wenn niemand den Finger in die Wunde legt, wird sich nichts verändern.“

Die oberfränkische Frauenunion hatte sich im Umfeld des Internationalen Weltfrauentages am Samstag des Themas angenommen und zu der hochkarätig besetzten Diskussionsveranstaltung nach Bayreuth eingeladen. Wenn der Mensch zur Handelsware degradiert wird, dann werden auch Menschenrechte elementar verletzt“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk aus Bayreuth. „Wenn der Staat dies in Kauf nimmt, dann versagt er“, so Koschyk, der sich für einen klaren Paradigmenwechsel in der Gesetzgebung aussprach. Der Abgeordnete nannte es völlig unverständlich, dass es so lange gedauert hat, bis das völlig fehlgelaufene Gesetz jetzt endlich korrigiert wird.

Das damalige „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ sollte die rechtliche und soziale Situation von Prostituierten zu verbessern. Gleichzeitig fand allerdings auch eine Liberalisierung statt. Kritiker monierten, dass Polizei und Justiz seitdem keine Instrumente der Kontrolle mehr haben, dass keine ärztlichen Untersuchungen mehr vorgeschrieben seien und dass sämtliche Meldepflichten aufgehoben wurden. Die wesentlichen Forderungen, die sämtliche Beteiligten bei der Tagung aufstellten, zielten vor allem darauf ab, Prostitution unter 21 Jahren generell zu verbieten, regelmäßige ärztliche Untersuchungen vorzuschreiben und eine verpflichtende Anmeldung bei Polizei und Behörden festzulegen. Außerdem sollten nur Frauen der Prostitution nachgehen dürfen, die auch einen Wohnsitz in Deutschland haben.

Silke Launert (Bild links), Bundestagsabgeordnete aus Hof und Bezirksvorsitzende der Frauenunion kritisierte unter anderem die Verharmlosung von Prostitution durch Werbung in entsprechenden Medien und durch fragwürdige TV-Beiträge in privaten Kanälen. „Wenn Beiträge über sogenannte Bordelltester gezeigt werden und Werbung für Flatrates in Bordellen gemacht wird, ist die Grenze zu menschenunwürdigen Praktiken erreicht“, sagte sie. Die oberfränkische Europaabgeordnete Monika Hohlmeier forderte, entsprechende Zeugenschutzprogramme auszubauen, die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz innerhalb Europas zu stärken und Beweise gegenseitig verwertbar zu machen. Die Situation habe sich seit den 1990er Jahren dramatisch verschlechtert, die Prostitution ist zu einem internationalen, knallharten und brutalen Verbrechergeschäft geworden.

Vor allem die Öffnung der Grenzen und die europäischen Osterweiterungen hätten die Situation aber grundlegend verändert, sagte Helmut Sporer (Bild links) von der Kripo. Er berichtete von einem massenhaften Zustrom vor allem aus Rumänien, Ungarn und Bulgarien nach Deutschland in den zurückliegenden Jahren. Es habe sich eine regelrechte Industrie entwickelt, bei der Bordellbetreiber von Deutschland aus Frauen nach Konfektionsgröße und Haarfarbe bestellen könnten. Auch ein Trend zu immer jüngeren Frauen sei erkennbar. Sporer bezifferte die Zahl der Prostituierten in Deutschland auf rund 300000, genaue Zahlen gebe es wegen der fehlenden Meldepflicht nicht. Genau deshalb sei Deutschland auch so interessant, für alle, die mit Menschenhandel und Prostitution Geld verdienen. Nicht zuletzt forderte der Beamte auch, die Strafrahmen analog zum Betäubungsmittelgesetz generell zu erhöhen

Prostitution habe sehr viel mit Menschenverachtung zu tun, so Soni Unterreithmeier von SOLWODI. „Wenn Frauen anonym hier sind, sind sie vogelfrei und haben nicht einmal Zugang zu einer ärztlichen Untersuchung.“  Nicht gestellt werde schließlich auch die Frage, was mit den Frauen passiert, wenn sie körperlich und psychisch aufgebraucht sind. „Werden sie in ihre Heimat zuurückgeschickt, landen sie in unseren Sozialsystemen oder lässt man sie möglicherweise auch irgendwo verschwinden?, wollte Soni Unterreithmeier wissen.

Jede nicht angezeigte Straftat schützt die Täter, sagte Carmen Benker vom Polizeipräsidium Oberfranken. „Unser Auftrag lautet, die Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen“, so Benker. Zu den Themen Prostitution und Menschenhandel gehöre es auch, dass etwa häusliche Gewalt oder sexuelle Übergriffe noch immer einem gewissen Tabu unterliegen.

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14.02.2014

Rotes Kreuz: Ehrenamtliche Helfer gesucht / Integrierte Leistelle Bayreuth/Kulmbach hat sich bewährt – 45 Fehlanrufe pro Tag wegen nicht aktivierter Tastensperre

Bayreuth. Das Rote Kreuz klagt über einen Mangel an freiwilligen Helfern. „Wir müssen einen deutlichen Rückgang von rund 2600 auf aktuell 2457 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern im Kreisverband Bayreuth feststellen“, sagte der Vorsitzende, der frühere Bayreuther Landrat Klaus-Günter Dietel am Freitag bei der Vorlage der Jahresbilanz.

Der Rückgang entspreche einem Trend, wie er auch bei vielen anderen Vereinen und Organisationen festzustellen ist, so Dietel. Er kündigte an, in Zukunft verstärkt sowohl um engagierten Nachwuchs, als auch um ältere Mitbürger zu werben. Als Hintergrund für den Rückgang mutmaßen die Verantwortlichen unter anderem den starken Leistungsdruck an den Schulen. „Freizeit ist kostbarer geworden“, so der Vorsitzende. Wie wichtig das bürgerschaftliche Engagement im Notfall ist, habe die Flutkatastrophe im vergangenen Juni besonders eindrucksvoll gezeigt, bei der auch zahlreiche Helfer aus dem Raum Bayreuth im Einsatz waren.

Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) im Raum Bayreuth konnte in Sachen ehrenamtliches Engagement aber auch erfreuliche Entwicklungen beobachten. So sei die im Dornröschenschlaf befindliche Bereitschaft in Hollfeld durch junge und motivierte Rotkreuzler wieder reaktiviert werden. In 250 Einsatzstunden seien Lehrsaal und Küche des dortigen Heimes renoviert worden, mittlerweile gebe es vor Ort an die 30 engagierte junge Leute, die sich ehrenamtliche für das BRK engagieren.

Während die knapp 2500 ehrenamtlichen Mitarbeiter in den 16 Bereitschaften, sieben Ortsgruppen der Wasserwacht, acht Bergwachtbereitschaften und acht Jugendrotkreuzgruppen das starke Fundament des Kreisverbandes bilden, ist der Kreisverband mit 460 hauptamtlichen Mitarbeitern aber auch ein starker Arbeitgeber vor Ort. Hauptsächlich wegen der Eröffnung  der neuen Senioreneinrichtung „Altstadtpark“ war die Zahl der Mitarbeiter um 40 angestiegen. Für elf junge Leute ist das BRK im Raum Bayreuth nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Ausbildungsbetrieb für den Beruf des Kaufmanns, beziehungsweise der Kauffrau im Gesundheitswesen und in der Pflege. Weitere sechs junge Leute befinden sich im Anerkennungsjahr zum Rettungsassistenten.

Ein positives Fazit zog die Vorstandschaft über die zurückliegenden gut zwei Jahre Vollbetrieb in der Integrierten Leitstelle (ILS) Bayreuth/Kulmbach. Dort würden mittlerweile monatlich rund 10000 Telefongespräche verzeichnet, davon über 4000 „echte“ Notrufe über die Nummer 112 oder die Vorgängernummer 19222. Die Akzeptanz der mittlerweile für alle Einsatzkräfte der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr geltenden Notrufnummer 112 steige von Monat zu Monat, sagte der Vorsitzende. Während drei Viertel aller Hilfesuchenden bereits die 112 wählen, komme lediglich ein Viertel aller Anrufe noch über die 19222. Obwohl die Zahl der Stör- und Fehlanrufe zurückgegangen sei, erreichten die Leitstelle pro Tag noch immer rund 45 solcher Anrufe, die meist durch eine nicht aktivierte Tastensperre am Handy, durch unabsichtliches Verwählen oder durch Kinder verursacht würden.

Wichtigstes Projekt für das laufende Jahr ist der Bau des Kinderhauses im Bereich des ehemaligen Städtischen Krankenhauses in Bayreuth.  Dort sollen bis September 74 Betreuungsplätze in den Bereichen Kinderkrippe, Kindergarten und Kinderhort entstehen. Das Konzept zeichne sich durch seine extralangen Öffnungszeiten von 5.30 bis 21 Uhr aus. „Damit sollen vor allem Eltern im Schichtdienst angesprochen werden“, sagte Kreisvorsitzender Dietel. Insgesamt investiert das BRK dafür rund zwei Millionen Euro, die laufenden Kosten sollen bei etwa 700000 Euro pro Jahr liegen. Die Anmeldefrist läuft bereits, die Eröffnung ist für September 2014 geplant.

Bild: Seit zehn Jahren ist der BRK-Kreisverband Bayreuth in allen Bereichen zertifiziert. Gerade hat das Rote Kreuz die im dreijährigen Turnus stattfindende Überprüfung erreicht. Der Vorsitzende und frühere Landrat Klaus-Günter Dietel (5. von links) überreichte die entsprechende Urkunde an Kreisgeschäftsführer Peter Herzing (6. von links) sowie an die Führungskräfte und Vorstandsmitglieder Karl-Herbert Unglaub, Heike Rucker, Markus Ruckdeschel (von links) und Dietmar Kasel und Richard Knorr (von rechts).

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10.12.2013

Wenn die Worte fehlen / Aphasikerzentrum Oberfranken will Infomaterial und Broschüren in „leichter Sprache“ erstellen

Bayreuth. Vor 14 Jahren hatte Reinhold Richter einen Unfall. Der ehemalige Krankenpfleger aus Hummeltal musste in der Folge immer wieder mit Ausfallerscheinungen kämpfen. „Wenn ich im Stress bin, dann fehlen mir auch heute oft noch die Worte“, sagt er. Reinhold Richter weiß aber auch: „Mir geht es noch relativ gut, gegenüber manch anderen.“

Reinhold Richter ist Aphasiker. In der Regel ist ein Schlaganfall, eine Hirnblutung, einem Hirntumor die Ursache dafür, dass die Sprache  ganz oder teilweise verloren geht. Außer der Sprache ist bei den meisten Aphasikern auch das Lesen, das Schreiben, das Rechnen und die Konzentration gestört. Sie können, obwohl sie geistig völlig fit sind, nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Selbst das Verstehen von Nachrichten im Radio oder im Fernsehen ist für sie aufgrund des schnellen Sprachtempos oft nicht verständlich.

Selbst für Reinhold Richter, den man nichts von seiner Erkrankung anmerkt,  ist es manchmal schwer, zu kommunizieren. „Wir sind halt manchmal etwas verzögert“, sagte er. „Man sieht die Worte zwar, aber sie kommen nicht raus.“ Oft werde man in der Öffentlichkeit dann dumm angesehen, oder gleich als geistig behindert abgetan.

Das Problem mit der leichten Sprache fängt für Aphasiker schon beim einfachen Flyer an. Leichtere Sprache heißt aber nicht Kindersprache, sagt die Sozialpädagogin Etelka Bailey die das neue Projekt „Gutzuhören, gutzuwissen“ betreut. Ziel dieses Projekts ist es, Menschen mit Sprach- und Wahrnehmungsproblemen besser am Leben teilnehmen zu lassen.

Leichte Sprache, das heißt, Schachtelsätze vermeiden. Langsameres Sprechen gehört dazu, möglichst wenig Nebengeräusche, oder die Verwendung von Bildern und Symbolen, statt trockener Texte. Auch Fremdwörter oder Redewendungen sollten möglichst vermieden werden. Auf diese Art und Weise könnten Hirngeschädigte auch am täglichen Leben teilnehmen, denn, so Reinhold Richter, Kommunikation ist für jeden Menschen das A und O. Reinhold Richter hatte Glück, denn er war insgesamt vier Jahre lang in den verschiedensten Kliniken und hat längst seine Sprache wieder gefunden. Er ist als Selbsthilfebeauftragter und Referent für das Aphasikerzentrum tätig und ist Vorsitzender des Behindertenbeirats in Bayreuth.

In dem neuen Projekt, das von der Aktion Mensch gefördert und von der Oberfrankenstiftung unterstützt wird, sollen Infomaterial und Broschüren von und für Aphasiker erstellt werden. Geplant sind auch Hörbücher in aphasikergerechter Sprache oder ein Buch mit Erfahrungsberichten von Aphasikern. Eine entsprechende Schulung habe bereits stattgefunden, ein erstes Gruppentreffen ist für Januar geplant. Vier Gruppen in Bamberg, Bayreuth, Hof und Lichtenfels, gibt es schon, die ihr Interesse an einer Mitarbeit bekundet haben. Als erstes konkretes Projekt solle eine Aufklärungsbroschüre über Aphasie erstellt werden. Das Projekt „Gutzuhören, gutzuwissen“ ist auf drei Jahre angelegt.

Das Zentrum betreut nach den Worten seiner Leiterin Heike Frankenberger derzeit über 1000 Aphasiker und hat seinen Sitz in der Mediclin-Klinik in der Jakob-Herz-Straße am Roten Hügel in Bayreuth. Außenstellen gibt es seit 2008 in der Schönklinik Bad Staffelstein und in der Klinik der Sozialstiftung Bamberg. „Wir sind ein kostenfreies Beratungs-, Informations-, Begegnungs- und Nachsorgezentrum für Aphasiker/innen und auch für ihre Angehörigen“, sagt Heike Frankenberger. Ziel des Zentrums ist es, Betroffene durch Gruppenangebote, Seminare, Workshops und Einzelgespräche über das Thema Aphasie zu informieren und sie in behördlichen Angelegenheiten zu unterstützen. Daneben will das Zentrum auch die Öffentlichkeit über das Thema Aphasie informieren und die sozialpolitischen Entscheidungsträger für die Bedürfnisse dieses Personenkreises sensibilisieren.

Zu den Aufgaben des Aphasikerzentrums gehört es auch, den Kontakt mit Ärzten und sozialen Diensten in Fragen der beruflichen Wiedereingliederung herzustellen, bei der Suche nach niedergelassenen Therapeuten zu helfen und über Selbsthilfegruppen in der Nähe von Betroffenen zu informieren.

Finanziert wird das Aphasikerzentrum zu zwei Dritteln vom Bezirk Oberfranken. Weitere Gelder kommen vom Freistaat und durch Spenden.

Bild: Sie kümmern sich um Aphasiker in ganz Oberfranken (von links): Etelka Bailey, Anka Ursu, Heike Frankenberger und Reinhold Richter.

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05.10.2013

Gratulationen in Gebärdensprache / Kulmbacher Gehörlosenverein feierte seinen 75. Geburtstag

Kulmbach. „Wetten dass“ im ZDF mit Live-Untertiteln: Das ist seit einiger Zeit eine rühmliche Ausnahme im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Gehörlose und hörgeschädigte Menschen bleiben trotz modernster Technik ansonsten aber noch immer viel zu oft außen vor. Darauf hat der Gehörlosenverein Kulmbach hingewiesen, der am Wochenende sein 75-jähriges Bestehen feierte. Dank der tatkräftigen Übersetzungen der beiden Dolmetscherinnen Claudia Dehler und Ruth Stahlmann konnten auch Hörende an dem Festakt in der Dr.-Stammberger-Halle teilnehmen.

Mit den Gleichstellungsgesetzen von 2001 und 2003 sei die Gebärdensprache endlich auch offiziell anerkannt, sagte Gerhard Jandy, stellvertretender Landesvorsitzender der Gehörlosen in Bayern. „Damit haben wir endlich auch in Bundes- und Landesbehörden die Möglichkeit, uns in unserer Muttersprache zu unterhalten.“ Barrieren gebe es freilich trotzdem noch genügend. So seien Gehörlose und Hörgeschädigte in Kindergärten, Regelschulen und Hochschulen noch immer stark benachteiligt. Es gebe keine eigene Notrufnummer, unter der sich Gehörlose mitteilen könnten, es gebe keine Rauchmelder speziell für Gehörlose und viel zu wenig Gebärdensprachen-Dolmetscher. Auch der Straßenverkehr sei eine große Barriere, so die oberfränkische Bezirksvorsitzende Christine Jandy. Zusammen mit dem bayerischen Sozialministerium arbeite der Landesverband derzeit an einer Möglichkeit, einen Notruf per Mobiltelefon an Polizei oder Rettungsdienste absetzen zu können.

Gegründet 1938 wurde der Gehörlosenverein Kulmbach am 1. Oktober 1938 als Ortsverband der Taubstummen. In schwerer Zeit habe der Zusammenschluss freilich erst nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1946 so richtig Fahrt aufgenommen, so der Vorsitzende Ernst Dietrich. 17 Mitglieder seien es damals gewesen und mit der Zeit des Wirtschaftswunders fanden sich auch immer mehr Gehörlose und Hörgeschädigte zu den geselligen Runden zusammen. Mit dem Anwesen „Muffelhaus“ gab es ab 1976 eine eigene zentrale Begegnungsstätte. Damals gehörte das Haus der evangelisch-lutherischen Kirchenstiftung, seit 2009 gehört es dem Verein, der es inzwischen mit Hilfe zahlreicher Organisation nicht nur erworben, sondern auch umfassend renoviert hat. Mittlerweile gibt es eine Kegelgruppe, eine Skat- und Romme-Gruppe, der Verein trifft sich nicht nur zu Vorträgen und Veranstaltungen, sondern auch zum Wandern oder zu gemeinsamen Radtouren.

Oberbürgermeister und Schirmherr Henry Schramm bezeichnet den Gehörlosenverein als wertvollen Anlaufpunkt für Betroffene und deren Angehörige. „Hier kommt es nicht auf das Hören, sondern auf das Verstehen an“, sagte er. Das Stadtoberhaupt zollte allen Betroffenen großen Respekt dafür, wie sie souverän ihren Alltag meistern.

Für sechs Jahrzehnte Zugehörigkeit zum Gehörlosenverein Kulmbach wurde bei der Feierstunde Ilse Rauh mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet. Für Ilse Rauh sei es immer selbstverständlich gewesen, anzupacken und mitzuhelfen, wo es nur geht, sagte der Vorsitzende Erich Dietrich. Zu den Geburtstagsfeiern des Kulmbacher Gehörlosenvereins gehörten auch ein ökumenischer Gottesdienst in der Spitalkirche sowie verschiedene Auftritte von Tanz- und Theatergruppen.

Bilder:
- Ausgelassene Stimmung zum 75. Bestehen (von links): Landtagsabgeordnete Inge Aures, Landrat Klaus Peter Söllner, Vorsitzender Erich Dietrich, der stellvertretende Landesvorsitzende Gerhard Jandy, und Oberbürgermeister Henry Schramm.
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Hohe Ehrung: seit 60 Jahren ist Ilse Rauh Mitglied des Kulmbacher Gehörlosenvereins. Dafür gab es eine Ehrenurkunde und einen Blumenstrauß aus den Händen von Vorsitzendem Erich Dietrich und dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Gerhard Jandy.

Interview mit Erich Dietrich, Vorsitzender des Gehörlosenvereins Kulmbach:

Wie viele Mitglieder hat der Gehörlosenverein Kulmbach und wie hat sich die Zahl in den zurückliegenden Jahren entwickelt?

Erich Dietrich: „Wir haben aktuell 94 Mitglieder. Ich stehe seit dem Jahr 2000 als Vorsitzender an der Spitze. Damals hatten wir so um die 70 Mitglieder. Selbst bin ich schon seit 30 Jahren als Mitglied dabei. Früher nannten wir uns übrigens Ortsgruppe, jetzt Verein.“

Warum ist die Organisation in einem Verein eigentlich so wichtig?

Erich Dietrich: „Vor allem deshalb, weil viele unserer Mitglieder verstreut auf dem Land leben. In den meisten anderen Vereinen sind Gehörlose außen vor. Bei uns erleben sie Gemeinschaft.“

Haben Sie bestimmte Forderungen an die Politik?

Erich Dietrich: „Wir stoßen noch an viele Grenzen und würden uns mehr Unterstützung wünschen. Zum Beispiel im Bereich der Bildung gibt es viele Barrieren. Die Politik sollte uns allgemein stärker unterstützen, damit wir nicht ausgeschlossen werden.“

Und wie ergeht es Ihnen speziell in Kulmbach?

Erich Dietrich: „Wir sind hier sehr zufrieden und sehen uns integriert. Bei unseren Treffen bleiben wir allerdings in der Regel unter uns, viele Hörende wissen nicht, wie sie mit uns umgehen sollen.“

Aber vielen hat sich doch in den vergangenen Jahren auch zum besseren entwickelt, etwa die gesetzliche Anerkennung der Gebärdensprache?

Erich Dietrich: „Trotzdem gibt es noch zu wenige Dolmetscher, etwa bei den öffentlichen Ämtern. Man darf nicht vergessen, dass Behördengänge ohne Dolmetscher für uns unmöglich sind. Die Kontaktaufnahme ist lediglich per E-Mail oder per Fax möglich. Das ist natürlich oft sehr mühsam und aufwändig. Durch ein staatliches „Teilhabegeld" würden wir uns auch mehr Chancen in der Gesellschaft versprechen, denn für private Angelegenheiten müssen wir den Dolmetscher aus der eigenen Tasche bezahlen.“

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09.09.2013

Mehr Licht ins Dunkel des Crystal-Schmuggels / Soko Crystal: 23 Spezialisten des Zolls sind künftig in Bayern und Sachsen operativ im Einsatz

Nürnberg. Fast 38 Kilogramm der gefährlichen Droge Crystal Speed hat der Zoll in Deutschland im ersten Halbjahr 2013 sichergestellt. Das ist laut Zollkriminalamt bereits mehr als eineinhalb Mal so viel wie die sichergestellte Menge des gesamten Jahres 2012. Schwerpunkt seien dabei die deutsch-tschechische Grenze und damit die beiden Freistaaten Bayern und Sachsen gewesen. Um künftig noch effizienter gegen Schmuggler und Crystal-Kuriere vorgehen zu können, hat der Zoll zum 1. September zwei neue Sonderkommissionen eingesetzt.

Sie sollen dafür sorgen, dass die Ermittlungen noch schneller und zielgerichteter geführt werden, sagte der für den Zoll zuständige Staatssekretär aus dem Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk am Montag vor der Presse in Nürnberg. Vor allem sollten die Ermittlungen mit Hilfe der insgesamt 23 Beamten der „Soko Crystal“ künftig national wie international dort zusammengeführt werden, wo sich gemeinsame Bekämpfungsansätze oder Strukturermittlungen gegen eine organisierte Täterbande führen lassen. Der Aufgriff von Schmugglern und Konsumenten gehöre dazu genauso wie das ausfindig machen von Produktionsstätten, das Entdecken potentieller Kuriere und  Vertriebswege.

„Diese Ziele verfolgen wir innerhalb des gesetzlichen Rahmens mit aller Härte“, sagte Koschyk. Doch die Ermittlungen dürften nicht beim Konsumenten, Schmuggler oder Kurier enden. „Wer Hintermänner festnehmen will, der müsse sich operativer Hilfsmittel wie Telefonüberwachung, verdeckte Ermittlungen, Observationen und Kooperationsformen auf internationaler Ebene bedienen. Auch deshalb seien die beiden Sonderkommissionen „Soko Crystal“  bei der Zollfahndung in Dresden, in Nürnberg und in Weiden als neuer und zusätzlicher Ansatz beim Kampf gegen Crystal eingerichtet worden.

Koschyk zufolge handelt es sich bei den Ermittlern der beiden Sonderkommissionen um absolute Spezialisten, die künftig ausschließlich zur Eindämmung des Crystal-Schmuggels eingesetzt werden. „Wir wollen mehr Licht in das Dunkelfeld des Crystal-Schmuggels bringen, um potentielle Käufer abzuschrecken und die skrupellosen Profiteure und Hintermänner  festnehmen zu können.“

Hintergrund ist, dass der Großteil des für den deutschen Markt geschmuggelten Crystals trotz spektakulärer Großfunde auf deutschen Flughäfen weiterhin aus der tschechischen Republik kommt. Waren es anfangs meist nur Kleinmengen für den Eigenbedarf, sind derzeit wieder zunehmend größere und über den eigenen Bedarf hinausgehende Mengen des Rauschgifts festzustellen. Die Zollfahnder werten diese Tatsache als Anzeichen für professionelle und hoch organisierte Gruppierungen, die sich eigener Vertriebsstrukturen bedienen, um illegalen Handel und Verbreitung zu intensivieren.

Die beiden neuen Sonderkommissionen zur Bekämpfung des Crystal-Schmuggels werden auch weiterhin von mobilen Kontrolleinheiten, Röntgenmobilen, Zollhundeführern und Rauschgiftspürhunden unterstützt.

Bild:
- Wie der Zoll mit Rauschgiftspürhunden arbeitet demonstrierte dieser Hundeführer mit seinem Rauschgiftspürhund bei der Präsentation der neuen Soko Crystal am Montag in Nürnberg.

- Der für den Zoll zuständige Staatssekretär aus dem Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk

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22.08.2013

Finanzierung gesichert: Jugendwerkstatt wird auch weiterhin gefördert / Sozialministerin Haderthauer besichtigte Einrichtung der Geschwister-Gummi-Stiftung

Kulmbach. Es wäre nicht die erste Jugendwerkstatt in Oberfranken, die ihren Betrieb und damit auch ihr segensreiches Wirken hätte einstellen müssen. Doch die Jugendwerkstatt Kulmbach der Geschwister-Gummi-Stiftung konnte gerettet werden. Im Gegensatz zu einer ähnlichen Jugendwerkstatt in Bayreuth, dieses Schicksal blieb Kulmbach erspart.

Noch vor sechs Wochen sei gar nicht sicher gewesen, ob es mit dem Projekt „Arbeiten und Lernen“ überhaupt noch weitergeht, sagte die stellvertretende Leiterin Claudia Morck am Donnerstagnachmittag beim Besuch der bayerischen Sozialministerin Christine Haderthauer. Sie haba sich eingesetzt für Kulmbach und zusammen habe man neue Wege in der Finanzierung gefunden, so Morck. „Dafür sind wir froh und außerordentlich dankbar“, sagte die stellvertretende Leiterin zur Ministerin. Claudia Morck sagte aber auch: „Wir werden weiterhin ihre Unterstützung benötigen.“

Nach den Worten der Ministerin wird die Jugendwerkstatt derzeit mit 200000 Euro pro Jahr für zehn Ausbildungsplätze durch ihr Ministerium gefördert. Dazu kämen 160000 Euro im Jahr für das Projekt „Arbeiten und Lernen“. Dabei sollen arbeitslose junge Leute ab 17 Jahren, deren soziale und berufliche Integration zu scheitern droht, wichtige Schlüsselqualifikationen für Beruf und Leben erhalten. In zahlreichen Bildungsmodulen erarbeiten sich die Jugendlichen, fachtheoretische, fachpraktische und vor allem lebenspraktische Inhalte.

Viele Jugendwerkstätten standen als bayerisches Spezifikum nach der sogenannten Instrumentenreform der Bundesregierung auf der Kippe. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt sollten weitere arbeitsmarktpolitische Instrumente zusammengefasst beziehungsweise in Pflicht- in Ermessensleistungen umgewandelt werden.

Zur künftigen Finanzierung der Kulmbacher Jugendwerkstatt gehört es laut Haderthauer, dass eine Mitfinanzierung durch das Job-Center erreicht werden konnte. Kulmbach gelte damit auch als Vorreiter für andere Jugendwerkstätten.

Wenn es um Kinder- und Jugendhilfe geht, dann ist man in Kulmbach bei der Geschwister-Gummi-Stiftung an der richtigen Adresse, sagte der Landtagsabgeordnete Martin Schöffel. Er nannte die Jugendwerkstatt beispielgeben für ganz Bayern. Oberbürgermeister Henry Schramm sprach von einer außerordentlich wichtigen Einrichtung für Kulmbach. Junge Leute, die etwas mehr benötigten, als einen Ausbildungsplatz, genau denen werde hier geholfen.

Die Kulmbacher Jugendwerkstatt der Geschwister-Gummi-Stiftung gibt es bereits seit 1986. Mit ihren Projekten ist sie seitdem zu einem festen Bestandteil der Jugendhilfe und der berufsbezogenen Qualifizierung von benachteiligten Jugendlichen im Landkreis geworden. Die Werkstatt stellt im Rahmen der bestehenden Gesetze marktfähige Produkte und Dienstleistungen her und gibt sie zu Marktpreisen ab. Hier wird also im Echtbetrieb für echte Auftraggeber gearbeitet. Jugendliche sollen hier die Möglichkeit haben, ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen, dabei stehen ihnen erfahrene Handwerker und Pädagogen zur Seite. Zur Jugendwerkstatt gehören eine Schreinerei, eine Malerei und eine Wäscherei.

Bild: Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer besichtigte zusammen mit Mandatsträgern die Wäscherei der Kulmbacher Jugendwerkstatt.

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22.08.2013

Frühkindliche Bildung verbessern / Familienministerin Haderthauer besuchte Kinderhaus St. Vincenz

Bayreuth. Mit dem Katholischen Kinderhaus St. Vinzenz hat die bayerische Familienministerin Christine Haderthauer eine der führenden Kinderbetreuungseinrichtungen in Bayreuth besucht. Das Haus bietet Kindern und Eltern nicht nur flexibelste Öffnungszeiten, sondern auch Betreuungssicherheit in den Ferien, sagte die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, die Haderthauer nach Bayreuth eingeladen hatte.

Genau diese Vorhaben würden mit dem neuen Bildungsfinanzierungsgesetz ab dem kommenden Kindergartenjahr besonders gefördert, kündigte die Ministerin an. Bei extra langen Öffnungszeiten werde künftig eine besondere Förderung möglich sein, so Haderthauer. Ihren Worten zufolge beträgt die Abdeckung mit Plätzen in den bayerischen Kindertagesstätten für ein- bis zweijährige derzeit 50 Prozent. Ziel seien 60 Prozent, denn genau diesen Bedarf hätten Umfragen ergeben. Die Stadt Bayreuth liege dabei mit 47 Prozent gut im Rennen. Ernsthafte Probleme gebe es lediglich in den Großstädten München und Nürnberg.

Träger des Kinderhauses St. Vinzenz ist die Katholische Kirchenstiftung Unsere Liebe Frau mit dem Pfarrer Dr. Christian Steger an der Spitze. Geleitet wird das Kinderhaus von Petra Ziegler, die bereits 1997 als Gruppenleiterin in St. Vinzenz begonnen hatte.

Während das Katholische Kinderhaus St. Vinzent Kinder zwischen 0 und 12 Jahren betreut, ist der Evangelische Kindergarten Bayreuth-Saas für Kinder zwischen 2 und 10 Jahren zuständig. „Diese breite Altersmischungen hätten auch viele Tücken, sagte Leiterin Nina Hauenstein. Gerade die Betreuung von Schulkindern erfordere mehr Kräfte als derzeit vorgesehen, sagte sie. Außerdem sprach sich Hauenstein für einen Bonus für Kinderbetreuungseinrichtungen aus, die auch ausbilden.  Schließlich sollten Krankheits- oder Schwangerschaftsvertretungen besser abgedeckt werden.

Bei dem Besuch der Ministerin im Kinderhaus St. Vinzent stellte Boris Wiedenhöfer, Referent für Familiengerecht Hochschule, auch das Projekt „Ferienspaß am Campus“ vor.  Aus der Not heraus habe ein Bayreuther Netzwerk vor fünf Jahren das Vorhaben gestartet, eine eigene Betreuung für Kinder von Behördenmitarbeitern anzubieten. Heuer fand die Betreuung zum ersten Mal auf dem Gelände der Universität Bayreuth statt.

Wie bereits im zurückliegenden Jahr seien die Kinder bei den Mitarbeitern der Johanniter Unfallhilfe in guten Händen gewesen. Zum vielfältigen Programm gehörten unter anderem das spielerische Erlernen bestimmter Themenfelder sowie eine bunte Mischung aus Bewegung, Kreativität und Natur. 2009 wurde der „Ferienspaß“ durch die Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks Oberfranken ins Leben gerufen. Der Erfolg gibt den Initiatoren des Projekts Recht: 2013 seien wieder knapp 100 Kinder zum Ferienspaß angemeldet worden. Am Behördennetzwerk Bayreuth sind beteiligt: der Bezirk und die Regierung von Oberfranken, das Amtsgericht Bayreuth, die Deutsche Rentenversicherung und die Landwirtschaftliche Sozialversicherung, das Bayreuther Landratsamt Bayreuth, die Stadt Bayreuth, die Justizvollzugsanstalt, das Staatliches Bauamt, die Universität Bayreuth, das Zentrum Bayern Familie und Soziales sowie das Verwaltungsgericht.

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04.07.2013

Optimale Voraussetzungen für Forschung und Lehre / Universität nahm rund 20 Millionen Euro teures Gebäude „Naturwissenschaften III“ in Betrieb – Kritik: Einige Firmen hätten Bauboom ausgenutzt

Bayreuth. 16,6 Millionen Euro waren veranschlagt, 19,5 Millionen Euro hat es letztlich gekostet: das neue Labor- und Praktikumsgebäude Naturwissenschaften III auf dem Campus der Universität Bayreuth. Für Kanzler Markus Zanner „sicher keine Punktlandung, doch noch lange nicht so schlimm, wie beim Berliner Hauptstadtflughafen“. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch hingegen sagte zu der Steigerung der Kosten von rund drei Millionen: „Schön ist es nicht, das Geld fehlt jetzt woanders und wir haben schon unheimlich viele Vorhaben auf der langen Bank.“ Immerhin gebe es in Bayern allein neun Universitäten und 17 Hochschulen für angewandte Wissenschaften.

Minister Heubisch stellte bei der Einweihung aber auch klar, dass Geld, das für die Universität Bayreuth ausgegeben wird, gut angelegtes Geld ist. Bayreuth muss auch weiter „on top“ bleiben, sagte der liberale Wissenschaftsminister. Inklusive der Ersteinrichtung kam der Minister sogar auf rund 24 Millionen Euro, dafür seien aber auch optimale Voraussetzungen für Forschung und Lehre geschaffen worden.

An dem neuen Labor- und Praktikumsgebäude wurde rund zweieinhalb Jahre gebaut. Im Inneren sind die Lehrstühle Material- und Prozesssimulation sowie Mechatronik der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und die Lehrstühle der Fachgruppe Biochemie untergebracht. Vier Büros sind für die Geowissenschaften vorgesehen. Der neue Supercomputer der Universität Bayreuth, der Linux-Cluster-Rechnerverbund, hat ebenfalls seinen Standort im neuen NW III.

„Insbesondere die Rahmenbedingungen für Forschungsaktivitäten der Wissenschaftler sowie der Studierenden werden sich dadurch weiter verbessern“, erklärt Kanzler Zanner. Das Gebäude weist 3335 Quadratmeter Nutzfläche für Büro-, Labor- und Praktikumsräume aus, einen Hörsaal mit 170 Plätzen sowie acht Seminarräume. Die Baukosten werden aus dem Ausbauprogramm „Steigende Studierendenzahlen“ des Freistaates Bayern finanziert.

Am Rande der Einweihung übte Kanzler Zanner leise Kritik an einigen Firmen, die den derzeitigen Bauboom wohl etwas ausnutzen würden. Bei einigen Dingen habe sich ein „halbschariger Standard“, also ein Standard von zweifelhafter Qualität, entwickelt. „Wir hatten alle Hände voll zu tun, um die Dinge wieder geradezurücken, sagte er.

Der Neubau stelle eine deutliche Verbesserung für die Raumsituation an der Universität Bayreuth dar, so Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Damit stehe Bayreuth für Dynamik und Zukunft, schließlich habe erst vor wenigen Tagen ein neues Ranking der Universität Bayreuth weltweit Platz 40 unter allen Hochschulen, die nicht älter als 50 Jahre sind attestiert

An der Universität Bayreuth sind derzeit rund 11000 Studierende in rund 100 verschiedenen Studiengängen an sechs Fakultäten immatrikuliert. Mit etwa 1500 wissenschaftlichen Beschäftigten, davon 225 Professoren und rund 1000 nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern ist die Universität Bayreuth der größte Arbeitgeber der Region.

Bilder:
- Futuristischer Baustil: das neue Gebäude Naturwissenschaften III auf dem Campus der Universität Bayreuth hat knapp 20 Millionen Euro gekostet.
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Feierliche Schlüsselübergabe zur Eröffnung (von links): Baudirektor Johann Hanfstingl vom Staatlichen Bauamt, Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch und die beiden Dekane der betreffenden Fakultäten Professor Andreas Jess und Professorin Beate Lohnert.

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23.06.2013

Königspavillon und Sonnentempel: Neue Sonderbriefmarke mit Bayreuth-Motiv vorgestellt

Bayreuth. Wenige Wochen nach Vorstellung der Sonderbriefmarke zum 200. Geburtstag Richard Wagners steht Bayreuth erneut im Mittelpunkt einer Sonderbriefmarke. Das Bundesfinanzministerium als Herausgeber hat in diesem Jahr seine Gemeinschaftsbriefmarken den herausragenden Beziehungen zwischen Südkorea und Deutschland gewidmet. Trotz einer Millionenauflage gelten die beiden Postwertzeichen schon jetzt als philatelistische Besonderheit. Die Marken zeigen den Hyangwonjeong Pavillon des königlichen Hauptpalastes in Seoul und den Sonnentempel der markgräflichen Eremitage in Bayreuth. Dort hat der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk die Marken am Sonntag vorgestellt und wertvolle Ersttagsalben an den koreanischen Botschafter Kim Jae-shin und an den für die Eremitage zuständigen Präsidenten der Bayerischen Schlösserverwaltung Bernd Schreiber überreicht.

Die Motive der Marken seien diesmal dem Thema „Traditionelle Gärten“ gewidmet, sagte Finanzstaatssekretär Koschyk. Hintergrund sei das reiche kulturelle Erbe beider Länder, das sich in ihren historischen Gärten niederschlägt. Die beiden dargestellten Tempel hätten nicht nur jede Menge Gemeinsamkeiten, sondern stellten beide auch gute Symbole für den Brückenschlag beider Länder dar.

Botschafter Kim Jae-shin erinnerte an zwei bedeutsame Jubiläen in der Geschichte beider Länder: so sei vor 50 Jahren der Anwerbevertrag zur Gewinnung von Arbeitskräften zwischen Deutschland und Korea abgeschlossen worden. Zum anderen reiche die Unterzeichnung des ersten Deutsch-Koreanischen Handels- Schifffahrts- und Freundschaftsvertrages genau 130 Jahre zurück. Aber auch heute gebe es viele Gemeinsamkeiten zwischen beiden Ländern, bis hin zur extrem starken Exportprägung beider Länder und der Tatsache, dass jeweils starke Frauen an der Spitze der jeweiligen Regierung stehen.

Auf die „gigantische Asien-Begeisterung“, die am Hof der Bayreuther Markgrafen herrschte und die ganz besonders für die Wahl des Sonnentempels als Motiv spricht, ging der Präsident der Schlösserverwaltung Bernd Schreiber ein. Asien sei im 18. Jahrhundert von den Europäern als das „gelobte Land“ angesehen worden, in dem die Menschen in Glück und Zufriedenheit leben und die gesellschaftlichen Kräfte unter der Fürsorge des Herrschers in einem harmonischen Gleichgewicht stehen. Asiatische Darstellungen seien deshalb an den europäischen Höfen sehr beliebt gewesen. Von ihnen sei auch immer die Botschaft ausgegangen, dass der europäische Herrscher genauso für Wohlergehen, Friede und Harmonie seiner Untertanen sorgen möge. Schreiber: „Die Wahl des Motives auf dem philatelistischen Leckerbissen hätte kaum passender getroffen werden können, um die freundschaftlichen Beziehungen zur Republik Korea zum Ausdruck zu bringen.“

Der Hyangwonjeong Pavillon des Gyeongbokgung Palastes in Seoul, den die Marke mit dem postalischen Wert von 1,50 Euro zeigt, wurde bereits im Jahr 1395 vollendet. Mit der Fertigstellung wurde die Hauptstadt von Gaeseong nach Seoul verlegt. Der neue Palast erhielt den Namen Gyeongbokgung, was so viel bedeutet wie: „durch den Himmel gesegneter Palast“.

Der Sonnentempel des Neuen Schlosses der Bayreuther Eremitage ist als Motiv auf der Briefmarke mit dem postalischen Wert von 75 Cent zu sehen. Der Tempel ist Mittelpunkt der 1753 vollendeten ovalen Anlage, die reich an Verweisen auf die antike Mythologie ist. Markgräfin Wilhelmine huldigte hier dem griechischen Sonnengott Apoll, der von seinem himmlischen Palast aus das Licht in die Welt bringt. Den krönenden Abschluss des Bauwerks bildet auf dem Kuppeldach die vergoldete Figurengruppe des Sonnengottes auf seinem von vier Pferden gezogenen Wagen.

Die Motive hatte der Koreanische Grafiker Jae-Yong Shin gestaltet. Beide Marken sind ab sofort in den Filialen der Deutschen Post erhältlich.

Bild oben: Der südkoreanische Botschafter Kim Jae-shin (links) und der für die Eremitage zuständige Präsident der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung Bernd Schreiber (rechts) erhielten aus den Händen des Parlamentarischen Finanzstaatssekretärs Hartmut Koschyk Ersttagsausgaben der neuen deutsch-koreanischen Gemeinschaftsmarken.

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05.06.2013

Bisheriger Vize wird neuer Präsident / Stefan Leible steht in den kommenden sechs Jahren an der Spitze der Universität Bayreuth

Bayreuth. Der 49-jährige Jurist Stefan Leible ist neuer Präsident der Universität Bayreuth. Das hat die Spitze der Hochschule am frühen Mittwochnachmittag bekannt gegeben. Vorausgegangen war ein zwei Tage andauerndes, kompliziertes Verfahren, in dem sich Leible gegen den Bayreuther Ingenieurwissenschaftler Dieter Brüggemann und den Biochemiker Robert Seckler aus Potsdam durchsetzen konnte. Genaue Abstimmungsergebnisse gab die Universität Bayreuth nicht bekannt. Der bisherige Vizepräsident tritt nun die Nachfolge von Rüdiger Bormann an, der seit dem Jahr 2009 an der Spitze der Hochschule stand und der Anfang des Jahres tödlich verunglückt war.

Bereits am Dienstag konnten alle drei Bewerber vor Studenten und Mitarbeitern der Hochschule in einer öffentlichen Veranstaltung ihre Bewerbungsreden halten und dabei ihre geplanten Schwerpunkte vorstellen. Am Abend folgten dann Beratungen des Hochschulrates und des Senats der Universität. Am Mittwochmorgen dann fand die eigentliche Wahl in nichtöffentlicher Sitzung der beiden Gremien getrennt und geheim statt. Beide konnten sich bereits im ersten Wahlgang auf Leible einigen, das Ergebnis machte bereits am Vormittag die Runde.

Bis zur offiziellen Bekanntgabe durch den Vorsitzenden des Hochschulrates Stephan Bieri, den stellvertretenden Senatsvorsitzenden Christoph Bochinger und Universitätskanzler Markus Zanner dauerte es aber dann doch bis zum Nachmittag. Der genaue Ausgang der Wahl und die Stimmverteilung wurden dabei nicht öffentlich bekannt gegeben, um den Ruf der beiden unterlegenen Kandidaten zu wahren. Christoph Bochinger, Vorsitzender des Senats, sagte lediglich: „Alle Bewerber erhielten Stimmen.“

„Bayreuth steht bundesweit sehr gut da“, sagte der neue Präsident Stefan Leible, der im Juli seine Ernennungsurkunde erhalten und noch im Sommer seine Amtsgeschäfte aufnehmen soll. Oberstes Ziel sei für ihn, dass Bayreuth bis zum Jahr 2020 zur „absoluten Spitzengruppe deutscher Hochschulen“ gehören soll. Erreichen will er das unter anderem mit dem weiteren Ausbau der interdisziplinären Studiengänge, mit einer weiteren Internationalisierung in Forschung und Lehre sowie mit strategischen Allianzen mit den benachbarten Universitäten. Als größtes Manko in Bayreuth bezeichnete Leible das Fehlen außeruniversitärer Forschungseinrichtungen und die noch immer nicht genutzte Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft. „Hier gibt es deutlichen Nachholbedarf“, so Leible.

Als Fachgebiete Leibles gelten das internationale Wirtschafts-, Internet- und Lebensmittelrecht. Er wurde im schleswig-holsteinischen Bad Schwartau geboren und war bereits seit 2013 Vizepräsident der Universität Bayreuth. Leible ist der erste Präsident in Bayreuth, der hier auch studiert hat, promoviert wurde und sich habilitierte. Nachdem er fünf Jahre Erfahrungen als Inhaber eines Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena sammeln konnte, war er 2006 an seine Alma Mater zurückgekehrt.

Leible ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Amtszeit dauert sechs Jahre, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Bisherige Universitätspräsidenten waren bis 1991 der Jurist und gleichzeitig Gründungspräsident Klaus D. Wolff, der Physiker Helmut Büttner (1991 bis 1997), der Geograf Helmut Ruppert (1997 bis 2009) und schließlich der Physiker Rüdiger Bormann (2009 bis zu seinem Tod im Januar 2013). An der Universität sind derzeit rund 11000 Studenten eingeschrieben, zu Beginn des kommenden Wintersemesters sollen es über 12000 sein. Dazu kommen über 220 Professoren und Juniorprofessoren, die an der Hochschule forschen und lehren.

Bild: Erfolgreiche Zukunft für die Universität Bayreuth: Stefan Leible (49) ist am Mittwoch zum neuen Präsidenten der Hochschule gewählt worden.

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17.04.2013

Leuchtturmprojekt gelebter Inklusion / Geheimtipp in der Bayreuther Gastro-Szene: Das Café Samocca beschäftigt 13 Mitarbeiter mit psychisch und geistiger Behinderung

Bayreuth. Es duftet nach, nein erst einmal nicht nach Kaffee, sondern nach Büchern. Viele 100000 Bände dürften es sein, hier in den Regalen des RW 21. RW steht in Bayreuth natürlich für Richard Wagner (Straße) und 21 ist die Hausnummer eines ganz besonderen Bildungszentrums, in dem vor zwei Jahren auf rund 5000 Quadratmetern Nutzfläche die Stadtbibliothek, die Jugendbibliothek, die Volkshochschule und das Stadtarchiv zusammengeführt wurden.

Zwischen den mannshohen Regalen gibt es im zweiten Stock des ehemaligen und aufwändig umgebauten Modekaufhauses aber nicht nur Hörbücher, Romane, Comics und Klassiker, sondern auch ein kleines Café, das sich in der örtlichen Gastro-Szene längst zum Geheimtipp entwickelt hat. Nur das leise Surren  der Rolltreppen erinnert hier noch an ein Kaufhaus. Ansonsten herrscht im Innen- und Außenbereich eine entspannte Atmosphäre. Kinder krabbeln auf dem Boden, Geschäftsleute aus der Umgebung genießen hier ihre Mittagspause und die Teilnehmer eines Volkshochschulkurses lassen den Vormittag bei einer heißen Schokolade entspannt ausklingen.

„Von wegen Geheimtipp“, sagt Hartmut Springfeld, Geschäftsführer der Werkstätten für behinderte Menschen Bayreuth/Kulmbach, zu der das Cafe Samocca gehört.  Nicht nur wegen Cappuccino, Latte Macchiato, Eiskaffee, der außergewöhnlichen Teesorten und Schokoladengetränke von Ghiradelli, auch nicht wegen der leckeren Kuchen und Torten, und schon gar nicht wegen der traumhaften Sommerterrasse, die den Blick weit über die Dächer der Stadt schweifen lässt. Das Café Samocca ist vielmehr ein Stück gelebte Inklusion, mitten in der Stadt und „mit einer geradezu überwältigenden Akzeptanz, mit der wir so von Anfang an nicht gerechnet hatten“, so Springfeld.

Das Team des Samocca besteht aus 13 Mitarbeitern mit psychisch und geistiger Behinderung und zwei Gruppenleitern, die im Zwei-Schicht-Betrieb tätig sind. „Das eine oder andere geht halt manchmal etwas langsamer, dafür aber auch gemütlicher und vor allem persönlicher“, so Springfeld. Aufgeteilt sind die Beschäftigten in ein Service- und ein Küchenteam, das im Heilpädagogischen Zentrum in Bayreuth angesiedelt ist. Dort werden unter Anleitung der Konditorin Nadine Bergmann die Kuchen, Snacks und kleinen Mahlzeiten frisch zubereitet.

Die Freude an der Arbeit ist den Beschäftigten deutlich anzumerken. Hinter dem Tresen wird gescherzt, geredet und gelacht, es herrscht ein ansteckendes Miteinander. Fluktuation habe es bislang so gut wie nicht gegeben, sagt Springfeld. Die meisten Mitarbeiter dieser Frühschicht arbeiten bereits seit der Eröffnung im Februar 2011 kontinuierlich hier, sagt er und macht wie alle anderen Gäste auch sein Kreuzchen auf dem Bestellschein, den die Bedienung dann zu Theke bringt, ehe der frisch aufgebrühte Kaffee den Weg zum Tisch findet. So sei es für die Mitarbeiter auch bei vollem Haus möglich, den Überblick zu behalten. Das Bestellsystem sei auch dazu da, um keine Barrieren entstehen zu lassen, auch wenn es mit dem Lesen nicht so klappt. Volles Haus, das bedeutet laut Gabriele Brud, der Fachkraft im Servicebereich, knapp 50 besetzte Plätze im Innenbereich und weitere 20 auf der Terrasse.

„Es ist eine Arbeit mitten im gesellschaftlichen Leben, eine Arbeit, die allen Mitarbeitern gefällt, denn sie fordert, sie erfüllt und schafft auch neue persönliche Ziele und Herausforderungen.“ Um auch internationalen Gästen gerecht zu werden, absolvieren drei Mitarbeiter mittlerweile sogar Englischkurse, gleich ein Stockwerk höher in der Volkshochschule, und zwei weitere Teammitglieder lassen sich in den nächsten Wochen bei einem Spezialkurs in Regensburg zum „Barista“ ausbilden, also zu jemandem, der Kaffee professionell zubereiten kann und speziell im Schaum des Cappuccino wunderbare Muster zaubert.

Mehr als 100 Gäste besuchen nach den Worten von Gabriele Brud pro Tag das Café. Allein 2011 seien hier über 23000 Stücke Kuchen verkauft und rund 75000 Tassen Kaffee ausgeschenkt worden. Durch die Anbindung an das RW21 sei das Lesecafé längst auch zu einem Generationentreffpunkt geworden, der nichts mit den gängigen Klischees eines „Sozialcafés“ gemein hat. Neben dem normalen Café-Alltag übernimmt das Samocca auch das Catering für Veranstaltungen.

Formal ist das Café Samocca eine Betriebsstätte der Werkstätten für behinderte Menschen in Bayreuth, deren Träger wiederum die Diakonie ist. Die Arbeitsplätze sind von der Anerkennungsbehörde offiziell anerkannte Werkstattarbeitsplätze. Den Löwenanteil der Kosten übernimmt der Bezirk Oberfranken.

Hartmut Springfeld von der Diakonie bezeichnet das Lesecafé Samocca als Leuchtturmprojekt gelebter Inklusion. Erfunden hatten das Konzept, das seitdem im Franchiseverfahren betrieben wird, die Samariter in Aalen. Bundesweit gibt es bereits elf ähnliche Cafes, davon nur noch eines in Bayern, und zwar in Augsburg.

Bilder:
- Ilona Schulz beim Servieren
- Gutes Miteinander (von links): Thomas Leupold, Verena Asare, Gabriele Brud und Michael Maisel.
- Der Geschäftsführer der Werkstätten für behinderte Menschen Bayreuth/Kulmbach Hartmut
  Springfeld und Service-Chefin Gabriele Brud.

- Über den Dächern von Bayreuth: die Sonnenterrasse des Cafe Samocca.

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01.03.2013

Gerüstet für den „K-Fall“ / Neues Katastrophenschutzzentrum ist im Landratsamt angesiedelt

Bayreuth. Es sind Räume, die hoffentlich nie gebraucht werden, in deren Ausstattung der Landkreis Bayreuth jetzt aber dennoch rund 120000 Euro investiert hat: die Räume des neuen Katastrophenschutzzentrums im Keller des Landratsamtes an der Markgrafenallee. Bei der offiziellen Einweihung sprach Innenstaatssekretär Gerhard Eck am Freitag von einer hochmodernen Einrichtung, die richtungsweisend für ganz Bayern sei.

Der Katastrophenschutzraum am Landratsamt Bayreuth war bereits beim Bau vor über 20 Jahren fest eingeplant. Aufgrund der damals veränderten politischen Situation betrieben die Verantwortlichen den Raum daraufhin nur mehr als Provisorium und stellten den Ausbau auf unbestimmte Zeit zurück. Übungen hatten in den zurückliegenden Jahren allerdings gezeigt, dass der Zustand für den Katastrophenfall aufgrund fortgeschrittener Technik und allen denkbaren Veränderungen gar nicht mehr ausreicht. Der letzte „K-Fall“ im Landkreis Bayreuth geht auf das Jahr 2001 zurück, als zwischen Nürnberg und dem Vogtland tausende Autofahrer auf der Bundesautobahn A9 im Schnee stecken geblieben sind.

Wahlkämpfe könne man mit solchen Einrichtungen sicher nicht gewinnen, doch der Bürger habe einen Anspruch darauf, sagte Landrat Hermann Hübner. Er erinnerte an spektakuläre Stürme, Wetterereignisse und andere Naturkatastrophen oder auch an Amokläufe oder gar terroristische Bedrohungen, die schnell einen Katastrophenfall auslösen könnten. Das neu eingerichtete Zentrum sei deswegen auch kein Luxus, sondern wichtig für effektives Katastrophenmanagement in einem Flächenlandkreis wie dem Landkreis Bayreuth.

Staatssekretär Eck bezeichnete den hohen Sicherheitsstandard als Markenzeichen des Freistaats Bayern. Auch in ländlichen Regionen könne der Katastrophenfall eintreten, nicht nur in Ballungsräumen. Deshalb seien überall klare Strukturen und schnelle Entscheidungen wichtig und genau deshalb seien Brand- und Katastrophenschutz auch im Aufgabenbereich der Landkreise angesiedelt, was sich auch längst bewährt habe.

Ganz wesentlich mitgestaltet wird die bayerische Sicherheitsarchitektur nach den Worten des Staatssekretärs von den ehrenamtlichen Kräften. Von den bayernweit 470000 Mitarbeitern bei Feuerwehr, BRK und THW seien 450000 ehrenamtlich tätig, sagte Eck. Sie alle seien der Garant dafür, dass man die innere Sicherheit auch spüren könne. „Sie alle sind die wichtigsten Garanten unseres Sicherheitssystems.“

Bild: So sieht das neue Katastrophenschutzzentrum im Keller des Bayreuther Landratsamtes an der Markgrafenallee aus. Die Räume wurden bereits vor über 20 Jahren konzipiert und jetzt technisch auf den neuesten Stand gebracht.

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20.02.2013

Musterbeispiel für intelligentes Energiekonzept im ländlichen Raum / Die oberfränkische Marktgemeinde Heiligenstadt  erzeugt deutlich mehr Strom als sie verbraucht

Heiligenstadt. Der Bürgermeister hat es schwarz auf weiß: Was die Versorgung des Marktes Heiligenstadt in der Fränkischen Schweiz mit regenerativen Energien angeht, so hat die 3600-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Bamberg einen Selbstversorgungs-grad von rechnerisch knapp 150 Prozent. Den benötigten gut zwölf Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr stehen knapp 18 Millionen Kilowattstunden selbst erzeugter Strom pro Jahr gegenüber. Möglich machen dies 102 Photovoltaikanlagen, vier Windkraftanlagen und weitere vier Biogasanlagen, so der 1. Bürgermeister Helmut Krämer, für den das Thema Energie schon lange vor Fukushima eine große Rolle gespielt hat.

Auch wenn es den Titel so gar nicht gibt, so ist der schmucke Markt im Landkreis Bamberg, der an die Landkreise Bayreuth und Forchheim angrenzt, eine Art Musterenergiedorf. Das bestätigt auch Robert Martin, Klimaschutzbeauftragter des Landkreises Bamberg. Bei der Erzeugung erneuerbarer Energien liege Heiligenstadt schon seit Jahren an der Spitze im Landkreis Bamberg und nehme auch oberfrankenweit eine gewisse Vorreiterrolle ein. „Wir machen die Zukunft des Klimaschutzes und der nachhaltigen Energiegewinnung in Heiligenstadt sichtbar“, ist Bürgermeister Krämer überzeugt.

Die Energieversorgung der Zukunft basiert auf erneuerbaren Energiequellen, das Zeitalter der fossilen und atomaren Energiebereitstellung nähert sich seinem Ende. Viele Gründe sprechen für den Einsatz der CO2-neutralen, regenerativen Energieträger: Sie sind klimaschonend, nachhaltig, erneuerbar, stärken die Wertschöpfung vor Ort und sind preisstabil. Erneuerbare Energien sind ein Schlüssel zur Inwertsetzung des ländlichen Raumes und garantieren Arbeitsplätze vor Ort.

In Heiligenstadt wird mit Wind, Sonnenenergie und Biomasse Strom erzeugt und die Abwärme der Biogasanlagen vereinzelt dazu genutzt, Privathäuser zu heizen. „Wir setzen in Heiligenstadt Maßstäbe für intelligente Energiekonzepte im ländlichen Raum“, so Krämer. Als eine der wichtigsten Aufgaben für den Klimaschutz bezeichnet er es, Energie zu sparen. Der nächste wichtige Schritt sei dann der Umbau der Energieerzeugung auf erneuerbare Energien, der in Heiligenstadt längst Wirklichkeit geworden ist.

Bürgermeister Krämer verschweigt dabei nicht, dass der Maisanbau aufgrund der Biogasanlagen im Gemeindebereich leicht angestiegen ist. Besonders wichtig sei es allen Beteiligen auch, dass das Landschaftsbild durch die Windräder keinen Schaden nimmt. In vier in Frage kommenden Gemeindeteilen hätten sich die Bürger deshalb auch klar gegen neue Windräder ausgesprochen. Dies sei wiederum aber auch nur deshalb möglich gewesen, weil der Markt von Anfang an in die Offensive gegangen ist und in allen betroffenen Ortsteilen Bürgerversammlungen abgehalten hat. „Krämer: „Die Bevölkerung muss schon dahinter stehen, sonst hat das Ganze keinen Wert.“

Dort wo die Akzeptanz am höchsten war, im Gemeindeteil Brunn, habe der Markt vorsorglich 180 Hektar Ackerfläche unter Vertrag genommen. Vorbehaltlich der notwendigen Zustimmungen können dort bis Herbst 2014 fünf weitere Windräder entstehen, die von der Marktgemeinde zusammen mit den Stadtwerken aus dem benachbarten Ebermannstadt betrieben werden könnten. „Eigentlich könnten wir uns zurücklehnen“, so Krämer, doch es müsse auch darum gehen, Wertschöpfung vor Ort zu halten. Nicht zuletzt profitiere die Gemeinde ja auch von der Gewerbesteuer.

Bereits im Juni 2011 sei mit der Photovoltaikanlage auf dem Turn- und Schulhallendach der Grundschule Heiligenstadt mit Kindergarten, Kinderkrippe und Kinderhort eines der bedeutendsten Projekte entstanden. Im Zuge der energetischen Sanierung der Grundschule mit der Zusammenlegung Kindergarten, Kinderkrippe und Kinderhort hatte der Marktgemeinderat beschlossen, dass auf den sanierten Schuldächern die Photovoltaikanlage errichtet wird.  Die Nennleistung der Anlage wird mit rund 80 Kilowatt beziffert, die Kosten lagen bei rund 200000 Euro. Bürgermeister Krämer rechnet vor, dass jede eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom die entsprechende konventionelle Erzeugung überflüssig macht. „Mit unserer Anlage vermeiden wir innerhalb von 20 Jahren die Emission von rund 1137 Tonnen Kohlendioxid.

Eingebettet ist das Heiligenstädter Energiekonzept in verschiedene Vorhaben des Landkreises Bamberg, der beispielsweise im Rahmen seiner „Klimaallianz“ bis zum Jahr 2035 energieautark sein möchte. Dazu soll beispielsweise auch Kohlendioxidausstoß des Kraftfahrzeugverkehrs bis 2020 um 25 Prozent verringert werden. Schon lange vor der Katastrophe von Fukushima sei im Landkreis Bamberg allen Beteiligten klar gewesen, dass man etwas tun muss, so Krämer. Insgesamt beziffert das Landratsamt die Kosten für Energie und Wärme auf insgesamt rund 800 Millionen Euro pro Jahr. Heruntergerechnet auf Heiligenstadt kommt der Bürgermeister auf 11,5 Millionen Euro , was pro Einwohner im Schnitt 760 Euro für Strom, 780 Euro für Wärme und 1720 Euro für Benzin oder Diesel ausmacht, alles Zahlen, die so nicht nur in Heiligenstadt gelten dürften.

Bild: Hier sollen neue Windräder entstehen: Bürgermeister Helmut Krämer zeigt am Flächennutzungsplan seiner Marktgemeinde Heiligenstadt die voraussichtlichen Standorte für neue Windräder.

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31.01.2013

„Superman, Batman und Spiderman in einer Person“ / Drogenexperte Peter Stenglein: Crystal Speed entspricht Trend der Zeit

Kulmbach. „Oberfranken ist schon lange keine heile Welt mehr.“ Peter Stenglein, Drogenpräventionsbeamter bei der Kriminalpolizei in Bayreuth, kennt sie, die Schattengesellschaft. Einziger Unterschied zu den Großstädten: Es gibt keine offene Drogenszene, hier spielt sich alles im Verborgenen ab, in Diskotheken, Spielotheken, bei den verschiedensten Events und hauptsächlich in Privatwohnungen.

„Uns interessiert nicht der Konsument, sondern der Dealer“, so Stenglein bei einer Veranstaltung der Kulmbacher Frauenunion. Problem dabei sei, dass die meiste Dealer selbst stark süchtig sind, und dealen, um die eigene Sucht zu finanzieren. Eigentlich bräuchten sie eher einen Therapeuten als einen Beamten, sagt der Kriminalhauptmeister, der für die Städte und Landkreise Bayreuth und Kulmbach zuständig ist.

Um die Dramatik von Crystal Speed zu verdeutlichen, berichtet Stenglein von rund 60 Dealern, die seit September letzten Jahres in Stadt und Landkreis dingfest gemacht werden konnten. Und das, obwohl das Betäubungsmittelgesetz „irre Strafen“ vorsieht. Doch egal wie hoch die Strafen auch sind, sie scheinen nicht abzuschrecken.

Entgegen landläufiger Meinung sei Crystal Speed auch keine Modedroge. Crystal sei nur momentan en vogue, weil es dem Zeitgeist „immer schneller, immer höher, immer weiter“ entspricht. Ähnlich wie bei anderen Drogen und Suchtmitteln sei der Einstieg in fehlendem Selbstvertrauen, mangelnder Anerkennung und ausbleibender Geborgenheit zu finden.  Deshalb seien meist auch Jugendliche die Hauptbetroffenen.

Als typische körperliche Zeichen eine Crystal-Speed-Abhängigen nannte Stenglein eine abgemagerte Figur, unreine Haut und meist fehlende Zähne. Im fortgeschrittenen Stadium würden nicht selten Organe angegriffen. Psychische Zeichen seien die starke Schwankung zwischen Euphorie und Depression. Schon bald sehe sich der Konsument deshalb auch gezwungen, die Dosis immer mehr zu steigern, mit fataler Wirkung. „Diese Leute sind hochgradig krank“, sagt Stenglein. Zunächst würden sie sich wie Superman, Batman und Spiderman in einer Person fühlen, danach fallen sie in ein tiefes Loch mit Schlaflosigkeit, Selbstmordgedanken bis hin zum Verfolgungswahn und Psychosen.

Um das Problem einigermaßen in den Griff zu bekommen, setzt Stenglein auf Aufklärung von frühester Kindheit an. „Wir können noch so viele Kontrollen aufbauen, wenn wir nicht an die Quellen rangehen, werden wir kaum etwas erreichen.“ Kontrollen ja, Repression auf jeden Fall, aber das Wichtigste sei es, in Schulen über Suchtmittel und Drogen aufzuklären.

Die meisten Betroffenen schafften den Ausstieg nicht und gingen körperlich wie seelisch zugrunde, so die Kreisvorsitzende der Kulmbacher Frauenunion Brigitte Soziaghi.  Vor dem Hintergrund der verheerenden Gefahren, die von Crystal Speed ausgingen, gehe das Thema jeden an. Die FU-Bezirksvorsitzende und Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer verwies auf das immens ausgebaute Hilfesystem, das von Drogenbeauftragten in den Lehrerkollegien über die Suchtberater etwa bei der Diakonie bis hin zu den polizeilichen Hilfsangeboten reicht.

Bild: „Crystal Speed ist eine verheerende Droge, die leider dem Zeitgeist entspricht“ (von links): der Drogenpräventionsbeamte der Kripo in Bayreuth Peter Stenglein, die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer und die Kreisvorsitzende der Kulmbacher Frauenunion Brigitte Soziaghi (rechts).

Interview mit Peter Stenglein

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24.01.2013

36000 Konsumeinheiten  aus dem Verkehr gezogen / Deutsch-tschechische Kontrollaktion „Speedway II“ förderte 900 Gramm Crystal Speed zutage

Nürnberg. 23 Kilogramm der hochgefährlichen Droge Crystal Speed hat der Zoll nach eigenen Angaben bundesweit im zurückliegenden Jahr sicherstellen können. Das sind sechs Kilogramm sehr als noch im Jahr zuvor. „Die Menge geht exorbitant nach oben“, sagte Gerald Busch vom Bayerischen Landeskriminalamt am Donnerstag in Nürnberg. Dort stellte der Zoll die Ergebnisse der sechsmonatigen grenzüberschreitenden und gemeinsam mit Tschechien durchgeführten Kontrollaktion „Speedway II“ vor, bei der insgesamt 900 Gramm Crystal Speed sichergestellt werden konnten.

900 Gramm, das möge zunächst nicht nach viel klingen, sagte der für den Zoll zuständige Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk. Führe man sich jedoch vor Augen, dass bereits ein Gramm dieser synthetischen Droge rund 40 Konsumeinheiten bedeuten, bekämen die sichergestellten 900 Gramm eine viel größere Bedeutung. 36000 Mal könnten sich Menschen mit dieser Menge in einen lebensgefährlichen Rauschzustand versetzen, soviel, wie eine kleinere Stadt Einwohner hat.

An der Operation „Speedway II“ (Speedway I fand bereits vor einem Jahr mit einem ähnlichen Ergebnis statt), hatten sich nach Angaben des Zolls von Juli bis Dezember 130 Ermittler an 18 Kontrolltagen beteiligt. Insgesamt seien rund 10000 Personen und etwa 5000 Fahrzeuge überprüft worden. Neben den 900 Gramm Crystal Speed stellten die Fahnder zudem 3,5 Kilogramm Marihuana sowie 400 Gramm Haschisch fest. „Das ist eine ausgezeichnete Bilanz“, sagte Staatssekretär Koschyk. Der Zoll unternehme alles, um dieser gefährlichen Geisel unserer Tage beizukommen.

Die tschechische Polizei vernachlässige die Drogenproblematik auf keinen Fall, stellte Jakub Frydrych von der Polizei in Tschechien klar. Das Personal an der westlichen Grenze sei mittlerweile verstärkt worden, weil der Kampf gegen die Droge in Tschechien oberste Priorität habe. Als Hauptumschlagsplatz bezeichnete Frydrych nach wie vor die beliebten Vietnamesenmärkte, allerdings würden die Vietnamesen mittlerweile nicht mehr nur zu den Verkäufern, sondern auch zu den Herstellern gehören.

Ziel der Aktion „Speedway II“ war es nach den Worten von Miroslav Novacek von der Zollfahndung in Prag nicht nur zu zeigen, dass man den Kampf gegen die Modedroge aufgenommen habe, sondern auch, dass überführte Täter konsequent mit Strafverfolgung rechnen müssen. Dazu waren laut Pavel Hoffman von der tschechischen Zollverwaltung unter anderem auch deutsche Ermittler verdeckt auf tschechischem Gebiet tätig.

Eine deutliche Zunahme der Crystal-Fälle konnten Gerald Busch vom Bayerischen Landeskriminalamt und sein sächsischer Kollege Gerth Riemer für die grenznahen Bereiche ausmachen. Seit zwei Jahren sei aber auch verstärkt eine Entwicklung hinein ins Land auszumachen. Nürnberg sei bereits erreicht, so Busch. Als weiteres Phänomen machte Gerth Riemer vom Sächsischen Landeskriminalamt aus, dass bei Crystal im Vergleich zu herkömmlichen Drogen ganz besonders auch der ländliche Raum betroffen sei. Grund dafür könnte wiederum die Grenznähe sein.

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19.12.2012

Fränkisches Wahrzeichen soll elf Millionen Briefe schmücken / Söder und Koschyk stellten Sondermarke „Kaiserburg Nürnberg“ vor

Nürnberg. Der Wert ist noch etwas ungewohnt, doch genau 58 Cent kostet ein Standardbrief bei der Deutschen Post ab dem kommenden Jahr. Als eine der ersten Briefmarken, die den neuen Wert bereits tragen, stellten der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk und der bayerische Finanzminister Markus Söder am Mittwoch in Nürnberg die Sondermarke „Kaiserburg Nürnberg“ vor. Sie gehört zur neu aufgelegten Serie „Burgen und Schlösser“, wurde von den beiden Graphikern Nicole Elsenbach und Franc Fienbork aus Nordrhein-Westfalen entworfen und ist in einer Auflage von über elf Millionen Stück gedruckt worden.

Die Serie „Burgen und Schlösser“ soll Bauwerke zeigen, die beispielhaft für mittelalterliche Baukunst stehen und deren Bedeutung weit über Deutschland hinausragt, sagte Staatssekretär Koschyk. Die Serie knüpfe auch an eine bewährte Tradition an, denn bereits 1982 gab es eine Serie mit Burgen und Schlössern mit 18 unterschiedlichen Einzelwerten. Bei sei damals mit Schloss Neuschwanstein vertreten gewesen.

Die neue Sondermarke würdige den nationalen Charakter der Kaiserburg, so Finanzminister Söder. Historisch betrachtet handle es sich bei der Nürnberger Burg um eine ganz bedeutende Institution, schließlich gebe es keine Stadt, in der mehr Kaiser und Könige zu Gast waren als in Nürnberg. Erst nach den starken Zerstörungen in Folge des Zweiten Weltkriegs sei die Burg etwas in den Dornröschenschlaf verfallen. Deshalb habe der Freistaat aktuell 16 Millionen Euro bereitgestellt, um das gesamte Burgareal wieder herzurichten und ein Besucherinformationszentrum sowie ein Cafe zu schaffen.

Als zweite Sondermarke in der Serie Burgen und Schlösser erscheint gleichzeitig zur Nürnberger Kaiserburg eine 45-Cent-Marke, die das Wasserschloss Glücksburg an der Flensburger Förde zeigt. Beide Marken sind ab 2. Januar 2013 bei der Deutschen Post zu haben.

Bild: Der bayerische Finanzminister Markus Söder (links) und der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk stellten die neue Sondermarke mit dem Motiv der Kaiserburg Nürnberg vor.

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27.11.2012

Die gefährlichste Droge der Welt / „Crystal City Bayreuth“: Experten fordern bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Bayreuth. Eine bessere Zusammenarbeit zwischen bayerischer und tschechischer Polizei sowie eine engere Abstimmung aller beteiligten Stellen, haben mehrere Redner beim großen Crystal-Speed-Kongress am Dienstag in Bayreuth gefordert. „Die Zusammenarbeit zwischen bayerischer und tschechischer Polizei ist gut, der Austausch von mehr Information wäre allerdings noch besser, um die Aufgriffszahlen weiter steigern zu können“, sagte der bayerische Gesundheitsminister Marcel Huber.

Wenn der Kongress in Bayreuth stattfand, dann deshalb, weil die Stadt in Fachkreisen auch „Crystal City“ genannt wird. Dies liege allerdings nur daran, dass hier die meisten Aufgriffe erfolgten, waren sich alle Beteiligten einig. Zudem fanden vor dem Landgericht in Bayreuth einige spektakuläre Drogenprozesse statt, die weite Kreise zogen. Dramatische Zahlen konnte Bernd Kreuzer vom Bayerischen Landeskriminalamt aber auch für die Landkreise Wunsiedel und Cham vermelden. Selbst der Großraum Nürnberg bleibe mittlerweile nicht mehr verschont.

Kriminalhauptkommissar Kreuzer wagte einen überaus düsteren Ausblick in die Zukunft. „Die ohnehin hohen Fallzahlen werden weiter dramatisch ansteigen“ ansteigen, sagte er. Kreuzer forderte unter anderem ein aktiveres Vorgehen auf tschechischer Seite: „Das wird die einzige Möglichkeit sein, denn Produktion und Verkauf  liegen auf tschechischer Seite.“ Außerdem forderte Kreuzer die tschechische Polizei auf, sich verstärkt auf deutsche Einkäufer zu konzentrieren. Grund dafür ist, dass die verkaufenden Vietnamesen die Droge nahezu ausschließlich an deutsche Käufer abgibt, tschechische Einkäufer wären den Vietnamesen viel zu verdächtig.

Was Crystal Speed (Crystal Meth) anrichten kann, dafür fanden alle Kongressteilnehmer drastische Worte. „Diese Menschen sind lebende Wracks“, sagte Minister Huber. Gerade was den körperlichen Verfall angeht, würden die Folgewirkungen noch immer völlig unterschätzt. Dr. Roland Härtel-Petri, leitender Oberarzt in der klinischen Suchtmedizin des Bezirkskrankenhauses in Bayreuth nannte Crystal Speed „die gefährlichste Droge der Welt“, binnen kürzester Zeit hätten abhängige  Menschen. immense Probleme, Dinge des täglichen Lebens zu bewältigen. Professor Dr. Manfred Wolfersdorf, der ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses nannte Crystal ein Gift, das es schafft, Löcher ins Gehirn zu treiben. „Was übrig bleibt sind verelende Menschen“, so Wolfersdorf.

Was es mit der zweiten Crystalwelle, die seit 2009 auf sich läuft, machte Bernd Kreuzer vom Landeskriminalamt an den folgenden Zahlen deutlich: Während 2009 noch 38 Fälle der Einfuhr registriert wurden, seien es 2010 bereits 56 gewesen. 2011 sei die Zahl auf 156 hinausgeschnellt, im laufenden Jahr stehe man bereits bei 187. Crystal werde mittlerweile sogar per Brieftauben verschickt, wusste Kreuzer. Mit den Fallzahlen hätten sich auch die sichergestellten Mengen exorbitant vergrößert. 2010 seien noch 5,5 Kilogramm sichergestellt worden, im laufenden Jahr liege man bereits über 13 Kilogramm. Am erschreckendsten bezeichnete der Polizist allerdings den Anstieg bei den festgenommenen Erstkonsumenten: 2010 waren es 24, 2011 bereits 85 und im laufenden Jahr sei man bereits bei 283 angelengt. Bei all diesen Zahlen handle es sich natürlich nur um bekannt gewordene Fälle, die Dunkelziffer werde jeweils weitaus höher veranschlagt.

Weil für den großangelegten Kongress „Crystal-Meth“, den der Bezirk Oberfranken zusammen mit dem Bayerischen Gesundheitsministerium veranstaltet hatte, längst nicht alle Anmeldungen berücksichtigt werden konnten und die große Veranstaltungshalle des Krankenhauses aus allen Nähten platzte, soll nach den Worten von Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler schon bald ein Folgekongress stattfinden. Der Bezirk sei als überörtlicher Sozialhilfeträger zuständig für Suchtfragen, so Denzler. Bereits vor zwölf Jahren sei eine eigene Abteilung für Suchtmedizin mit umfangreichen Behandlungs- und Hilfemöglichkeiten eingerichtet worden. Über die Hälfte aller Menschen, die in Bayreuth zur Suchtberatung kommen, tun dies nach den Worten des Präsidenten mittlerweile wegen Crystal Speed.

Bild: „Was übrig bleibt, sind verelende Menschen“: Professor Dr. Manfred Wolfersdorf, ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses.

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16.11.2012

Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Klaus Töpfer / Hohe städtische Auszeichnung für den früheren Bundesumweltminister

Bayreuth. Die Stadt Bayreuth hat am Freitag den ehemaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer mit dem "Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Toleranz und Humanität in kultureller Vielfalt“ ausgezeichnet. Töpfer habe sich seit Jahrzehnten für nachhaltige Werte und  deren Vermittlung eingesetzt, sagte Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe bei der Übergabe der seit 2008 jährlich vergebenen Auszeichnung. In seiner Laudatio nannte der bekannte ZDF-Journalist und Moderator Dirk Steffens den früheren Minister einen ernsthaften und engagierten Politiker. „Klaus Töpfer ist einer der wenigen Großen, die sich über alle Parteigrenzen hinweg Anerkennung und Respekt erworben haben“, so Steffens.

Klaus Töpfer ist der fünfte Preisträger, den der Stadtrat für diese städtische Auszeichnung aufgrund seines nachhaltigen Wirkens und seines großen Einsatzes als Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen ausgewählt hat. Der frühere Bundesumweltminister ist außerdem Vorsitzender der von der Bundeskanzlerin eingesetzten Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung und leitet heute das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam.

Damit habe Klaus Töpfer eine absolute Weltkarriere in der Umweltpolitik gemacht“, sagte Dirk Steffens. Er bescheinigte ihm politische Weitsicht und grenzüberschreitendes Denken. „Damals haben wir sie kolossal unterschätzt“, räumte der Wissenschaftsjournalist ein. Selbst die linksalternative Tageszeitung taz habe mittlerweile eingestehen müssen: „Es gibt keinen besseren Botschafter für die Umwelt als Klaus Töpfer.“

Der mit 10000 Euro dotierte Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis wurde erstmals 2008 vergeben und ist an Persönlichkeiten oder Gruppen gerichtet, die sich auf kulturellem, sozialem, politischem oder wissenschaftlichem Gebiet international um die kritische Reflektion gemeinsamer Wertvorstellungen und die interkulturelle Verständigung verdient gemacht haben. Bisherige Preisträger waren Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka (2008), der Dirigent Daniel Barenboim (2009), Prinz Hassan von Jordanien (2010) und die senegalesische Frauenrechtlerin Madjiguène Cissé (2011).

Der Preis ist nach der Bayreuther Markgräfin Wilhelmine (1709 - 1758) benannt. Die Schwester Friedrichs des Großen bescherte Bayreuth ein Ensemble von Gebäuden und Parks, das europaweit einzigartig ist und aus dem das Markgräfliche Opernhaus besonders hervorsticht. Der barocke Prachtbau wurde im Juni dieses Jahres von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben. 1731 wurde Wilhelmine mit dem Erbprinzen Friedrich von Bayreuth verheiratet. Die Markgräfin widmete sich intensiv der Kunst und schuf sich einen Musenhof, der europaweit ausstrahlte und die bedeutendsten Kunstschaffenden ihrer Zeit in Bayreuth versammelte.

Die Preisverleihung fand im Rahmen des Bayreuther Zukunftsforums statt, das die Universität ebenfalls 2008 ins Leben gerufen hat. Das Zukunftsforum „Wissenschaft – Kultur – Gesellschaft“ brachte dazu Partner aus Kultur, Technik, Wirtschaft und Politik zusammen, um über das zukunftsträchtige Themen „Wasser im globalen Wandel“ zu sprechen.

Bild:
- Mit dem Markgräfin-Wilhelmine-Preis der Stadt Bayreuth hat Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe den früheren Bundesumweltminister Klaus Töpfer ausgezeichnet.

- Weltkarriere in der Umweltpolitik: der frühere Bundesminister Klaus Töpfer.
- Der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk, KLaus Töpfer, Universitätspräsident Rüdiger Bormann, Markus Zanner, Kanzler der Universität Bayreuth (von links)

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06.10.2012

Gegen City-Maut und für eigenen Bezinpreisgipfel / Regionale Verkehrstagung: ADAC-Nordbayern fordert Ertüchtigung der B303

Bayreuth. Die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ins Gespräch gebrachte City-Maut lehnt der ADAC kategorisch ab. „Die City-Maut wäre unsozial und kann die maroden Straßen ohnehin nicht retten“, sagte Vorstand Michael Herbst am Samstag in Bayreuth bei einer regionalen Verkehrstagung des ADAC Nordbayern.

Eine City-Maut würde eine Zwei-Klassen-Gesellschaft fördern, den ohnehin stark überlasteten Öffentlichen Personennahverkehr überfordern und in erster Linie hohe Erfassungskosten verursachen, so Herbst. Der Vorschlag aus dem Bundesverkehrsministerium sei deshalb ganz klar in die Kategorie „Wie kann ich den Autofahrer noch stärker in die Tasche greifen?“ einzuordnen.

Auch bei den hohen Kraftstoffpreisen will sich der ADAC künftig stärker einmischen. „Wir brauchen endlich Antworten statt tatenloses Zusehen“, sagte Vorstand Herbst, der einen eigenen Benzinpreisgipfel vorschlug. Hier könnten alle beteiligten zu Wort kommen, um mehr politischen Druck aufzubauen um das Oligopol aus derzeit fünf den marktbeherrschenden Konzernen aufzubrechen. Darüber hinaus sollte die Bundesregierung die Pendlerpauschale wieder erhöhen, zumindest aber die 2004 erfolgte Kürzung wieder zurücknehmen.

Als unumgänglich bezeichnete es ADAC-Vorstand Herbst, die Bundesstraße B303 zu „ertüchtigen“. Nachdem der Vollausbau vom Tisch ist, müssten die notwendigen Spuradditionen und Umfahrungen jetzt zügig vorangetrieben werden. Als weitere Brennpunkte nannte er den sechsspurigen Ausbau der Bundesautobahnen A3 und A6. Nachdem man hier schon wertvolle Zeit in den Genehmigungsverfahren verloren habe, müssten die bereits beschlossenen Ausbaumaßnahmen nun zügig umgesetzt werden.

In der Kritik des ADAC stand bei der Verkehrskonferenz schließlich auch die kommunale Verkehrsüberwachung. Der ADAC sei für die Überwachung, aber nicht um den Gemeinden ihre Haushaltskassen zu füllen. Herbst: „Wir sagen: Überwachung des fließenden Verkehrs an potentiellen Gefahrenpunkten ja, Überwachung an vermeintlich lukrativen Stellen nein.“

Bei der Tagung stellte Kurt Schnabel von dem für ganz Ostoberfranken zuständigen Staatlichen Bauamt in Bayreuth die wichtigsten aktuellen Straßenbauprojekte vor. So soll spätestens 2015 mit der Ortsumfahrung Kulmbach-Ost – Untersteinach (Bundesstraße B289) begonnen werden. Das rund fünf Kilometer lange Vorhaben soll über 80 Millionen Euro kosten und von einer imposanten Brücke über das Schorgasttal gekrönt werden. Derzeit liefen bereits erste Grunderwerbsverhandlungen. Als weitere Baumaßnahmen, die derzeit oder in naher Zukunft starten sollen, nannte Schnabel unter anderem den Ausbau der Staatsstraße zwischen Hof – Jägersruh, die Ortsumgehung von Melkendorf bei Kulmbach und die Ortsumgehung Fattigau – Oberkotzau.

Als größte aktuelle Straßenbaumaßnahme in Oberfranken bezeichnete Wolfgang Lukas von der Autobahndirektion Nordbayern die Grunderneuerung der Bundesautobahn A70 zwischen Neudrossenfeld und dem Autobahndreieck Bayreuth/Kulmbach. Auf der 7,5 Kilometer langen Trasse sollen beide Richtungsfahrbahnen in den kommenden zwei Jahren praktisch komplett neu gebaut und mit Standstreifen versehen werden. Der Abschnitt stamme noch aus den 1930er Jahren und leide deshalb unter erheblichen Mängeln, so Lukas.

Nach den Worten von Vorstand Michael Herbst hat der ADAC bundesweit über 18 Millionen Mitglieder, 8500 Mitarbeiter,  und knapp 180 Geschäftsstellen. Über 1600 sogenannte „Gelbe Engel“ hätten 2011 in rund vier Millionen Fällen Pannenhilfe geleistet. Dazu kämen die ADAC-Rettungshubschrauber, die 2011 über 47000 Mal ausgerückt seien und dabei rund 43000 Patienten versorgt haben. Überdurchschnittlich stark wachse der ADAC derzeit in Nordbayern. „Wir kommen pro Jahr auf etwa 30000 bis 35000 Neumitglieder“, sagte der Vorsitzende Herbert Behlert, der noch im laufenden Jahr das einmillionste Mitglied in Nordbayern begrüßen möchte.

Bild: „Wir lehnen die City-Maut kategorisch ab“: Michael Herbst, Vorstandsmitglied des ADAC Nordbayern für die Bereiche Verkehr und Technik.

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18.09.2012

Ängste abbauen und Bedürftigen helfen / Oberfrankenstiftung vergab Sozialpreise 2012

Kronach. Der Hospizverein Coburg und die Benefizaktion  „1000 Herzen für Kronach“ sind mit dem Sozialpreis der Oberfrankenstiftung ausgezeichnet worden. Der Preis ist insgesamt mit 15000 Euro dotiert und wurde vom oberfränkischen Regierungspräsidenten und Stiftungsratsvorsitzenden Wilhelm Wenning sowie von Bezirkstagspräsident Günther Denzler an Barbara Brüning-Wolter und Annette Gräfin zu Ortenburg vom Hospizverein sowie an Herta und Gerhard Burkert-Mazur von der Kronacher Benefizaktion überreicht.

Der Coburger Hospizverein wurde 1995 gegründet und hat seitdem mehr als 700 Menschen und deren Angehörigen beigestanden. Der Verein kann auf über 360 Mitglieder und 64 ehrenamtliche Mitarbeiter verweisen. Neben der Begleitung Schwerstkranker und sterbender Menschen sei heute die Begleitung trauernder Menschen, gerade auch trauernder Kinder und Jugendlicher immer wichtiger geworden, sagte Bezirkstagspräsident Denzler in seiner Laudatio. Zur professionellen Trauerbegleitung gehörten in Coburg Angebote wie ein Trauercafe, Trauergruppen, Trauertage und Einzelberatungen. Mit dem Präventionsprojekt „Hospiz macht Schule“ soll außerdem auch Schulkindern das Thema Tod behutsam näher gebracht werden. Sterben, Tod und Trauer würden zu Themen im Schullalltag der 3 und 4. Klassen. Ziel dieses Schulprojekts sei es, Ängste und beängstigende Vorstellungen abzubauen.

Als zweiter Sozialpreisträger der Oberfrankenstiftung wurde die Benefizaktion „1000 Herzen für Kronach“ ausgezeichnet. Die lokale Initiative wurde 2003 anlässlich der 1000-Jahr-Feier der Stadt gegründet, Ziel ist es Spenden für unverschuldet in Not geratene Menschen aus der Stadt und dem Landkreis Kronach zu sammeln. „Wenn dringend Heizöl oder Brennholz gebraucht wird, wenn eine Stromsperrung droht, wenn eine Rente hinten oder vorne nicht ausreicht, jemand seine Lebenskosten wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr bestreiten kann oder kein Geld für den Schulbedarf der Kinder da ist, dann helfen die 1000 Herzen“, sagte Denzler. Bedürftige müssten dazu bei der Stadt, den Gemeindeverwaltungen oder den Kirchen einen Antrag stellen, über den ein Gremium aus Sozialexperten zeitnah und ohne großen Verwaltungsaufwand entscheidet. In den zurückliegenden Jahren seit der Gründung hätten die 1000 Herzen bereits über 300000 Euro gesammelt, sagte Denzler, der das Projekt als „bürgerschaftliche Aktion im besten Sinne des Wortes, unkompliziert, schnell und regional“ bezeichnete.

Bild: Regierungspräsident Wilhelm Wenning und Bezirkstagspräsident Günther Denzler zeichneten Annette Gräfin zu Ortenburg und Barbara Brüning-Wolter vom Hospizverein Coburg mit dem Sozialpreis der Oberfrankenstiftung aus.

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10.08.2012

Großes Jubiläum bayerischer Lebensart / Staatssekretär Koschyk stellte zum 200. Geburtstag des Straubinger Gäubodenvolksfestes neue Sondermarke vor

Straubing. Sieben Festzelte mit zusammen 26000 Sitzplätzen, 140 Schausteller und über 1,3 Millionen Besucher, die an zehn Tagen erwartet werden: das Gäubodenvolksfest in Straubing bricht viele Rekorde. Der 200. Geburtstag des nach dem Münchner Oktoberfest zweitgrößten bayerischen Volksfestes erfuhr in diesem Jahr mit einer Sonderbriefmarke eine ganz besondere Würdigung. Noch vor der offiziellen Eröffnung des Festes stellte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk die Briefmarke im Hof des Gäubodenmuseums vor.

Koschyk sprach von einem der schönsten, größten und traditionsreichsten Volksfeste in ganz Europa. „Das Gäubodenvolksfest gehört zu den herausragenden Ereignissen in Deutschland, in Bayern sowieso“, sagte Koschyk. Bemerkenswert sei auch der Aufstieg vom regionalen kleinen Landwirtschafsfest zu einem der bedeutendsten Volksfeste überhaupt. Das Gäubodenvolksfest stehe heute für die Verkörperung bayerischer Lebensart und genau das soll sich auch auf der neuen Sonderbriefmarke wieder finden. Als Symbole dafür seien im Stil naiver Malerei der berühmte Straubinger Stadtturm, die Dreifaltigkeitssäule, die typische Gäubodentracht, ein Wagen mit Bierfässern, das Riesenrad und ein weißblaues Rautenmuster zu sehen. „Wer diese Briefmarke sieht, der weiß, was bayerische Lebensart bedeutet“, so Koschyk.

„Unser Gäubodenvolksfest ist vor allem eines: ein Ort der Begegnung von Alt und Jung, von Stadt und Land sowie von Einheimischen und Gästen“, sagte Oberbürgermeister Markus Pannermayr. Wenn das Fest künftig noch bekannter wird, dann sei dies vielleicht einem der besten Werbeträger der Welt, einer Briefmarke, zu verdanken. Das Stadtoberhaupt bedankte sich vor allem dafür, dass die Stadt Straubing heuer schon zum zweiten Mal mit einer Sondermarke bedacht werde. Bereits Anfang des Jahres war eine Marke zum 225. Geburtstag des in Straubing geborenen weltberühmten Optikers und Physikers Joseph von Fraunhofer erschienen.

Das Gäubodenvolksfest wurde erstmals am 12. Oktober 1812 als Straubinger Landwirtschaftsfest im unteren Donaukreis eröffnet. Ziel war es unter anderem, das Selbstbewusstsein der Bevölkerung zu stärken. In den folgenden Jahrzehnten fand es abwechselnd in Straubing, Passau und Landshut statt. Bis zur Jahrhundertwende nahm das ursprüngliche Landwirtschaftsfest immer mehr Volksfestcharakter an und als um diese Zeit die Stadt Straubing einmal überraschend bei der Ausrichtung übergangen wurde, stellte man kurzerhand ein eigenes Volksfest mit Umzug, Feuerwerk, Ballon- und Zeppelinfahrten auf die Beine, das fortan im Zweijahresturnus stattfand. 1938 erhielt es den Namen Gäubodenvolksfest, erst seit 1962 findet es jährlich statt.

Die Sonderbriefmarke „200 Jahre Gäubodenvolksfest Straubing“ hat einen Wert von 55 Cent und ist in der hohen Auflage von 5,7 Millionen Stück erschienen. Für den Entwurf ist das Stuttgarter Graphikerteam Regina Steiner und Professor Peter Steiner verantwortlich.

Bild: Staatssekretär Hartmut Koschyk und der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr mit der neuen Sonderbriefmarke und umrahmt von einer Straubinger Trachtengruppe.

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09.08.2012

„Mit Volldampf für die Jugend“ / Staatssekretär Koschyk stellte Jugendwohlfahrtsmarken 2012 im Nürnberger DB-Museum vor

Nürnberg. Drei Pioniere der industriellen Revolution sollen ein Zeichen setzen, um Kinder und Jugendliche zu unterstützen: Die drei Sonderbriefmarken aus der Reihe „Für die Jugend“ zeigen in diesem Jahr drei historische Dampflokomotiven, die Schnellzuglok S3/6, die Nebenbahnlok PtL 2/2 und die Güterzuglok „Leopold Friedrich“. „Mit wenigen Cent Zuschlag können Briefmarkenfreunde und Postkunden ab sofort dazu beitragen, sinnvolle Projekte zu unterstützen“, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk bei der Vorstellung der Briefmarken im DB-Museum Nürnberg.

Staatssekretär Lutz Stroppe vom Bundesfamilienministerium zeigte bei der Präsentation auf, dass die wenigen Cent mehr auch tatsächlich echte Hilfe bewirken können. Rund 200 Millionen Euro seien in den zurückliegenden Jahrzehnten mit den auch als Jugendwohlfahrtsmarken bekannten Postwertzeichen schon zusammen gekommen. Allein seit 2005 konnten nach den Worten Stroppes in Bayern Projekte mit einer Summe von 1,8 Millionen Euro gefördert werden. Auch vor Ort, denn in Nürnberg seien beispielsweise Familienpatenschaften unterstützt, individuelle Bildungsprozesse bei Grundschülern angestoßen und vielen Jugendlichen individuelle Hilfen beim Übergang von der Lehre zum Beruf geboten worden.

Herausgeber der Marken ist das Bundesfinanzministerium. Staatssekretär Koschyk berichtete von einer ungebrochenen Faszination von Dampflokomotiven, so dass sich der Programmbeirat entschieden habe, einmal mehr historische Loks zum Motiv zu machen. Grund dafür sei die große historische Bedeutung der Loks für die technische Entwicklung in Deutschland und der ganzen Welt. Auch die Gesellschaft habe sich durch die neu gewonnene Mobilität verändert, so dass die Rolle der Personen- und Güterzüge nicht hoch genug eingeschätzt werden könne.

„Auf die riesigen Dampfloks könne man heute vielleicht verzichten, auf die Hilfe für die Jugend nicht“, schlug Koschyk den Bogen zu den neuen Sondermarken. Alle drei Motive sind in einer Auflage von jeweils 2,5 Millionen Stück erschienen und ab sofort bei allen Verkaufsstellen der Deutschen Post erhältlich. Gestaltet wurden die Briefmarken von den beiden Graphikern Stefan Klein und Olaf Neumann aus Iserlohn.

Als „wichtige Zugpferde der gesellschaftlichen und industriellen Entwicklung“ bezeichnete auch Russalka Nikolov, die Direktorin des DB-Museums die Dampflokomotiven, von denen in der Sammlung zahlreiche Exemplare zu sehen sind. Das bereits 1899 eröffnete Museum sei das Älteste seiner Art auf der ganzen Welt und biete eine Zeitreise in die Vergangenheit der Deutschen Eisenbahnen. „Unser Ziel ist es, Vergangenes zu bewahren und immer wieder neu zu präsentieren“, sagte die Museumschefin.

Staatssekretär Koschyk überreichte bei der Präsentation aufwändig gestaltete Alben mit den neuen Marken unter anderem an Staatssekretär Stroppe, an die Nürnberger Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl, an den Programmbeirat MdB Klaus Brandner, an den Geschäftsführer der Stiftung Deutsche Jugendmarke Hans-Peter Bergner sowie an Vertreter von Philiatelistenverbände aus ganz Deutschland.

Bild: Finanzstaataatssekretär Koschyk (rechts) überreichte Alben mit Ersdrucken an den mittelfränkischen CSU-Bezirksrat Norbert Dünkel und die Nürnberger Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl

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22.07.2012

Zwei Oberbayern für Franken / Christian Ude zeichnete Michael Lerchenberg mit dem Franken-Rechen 2012 aus

Bayreuth. Mit dem „Franken Rechen 2012“ hat die SPD-Landtagsfraktion in Bayreuth den Schauspieler und Intendanten der Wunsiedler Luisenburg-Festspiele Michael Lerchenberg ausgezeichnet. Lerchenberg sei ein hervorragender Anwalt fränkischer Belange“, sagte der Münchener Oberbürgermeister und designierte SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahlen 2013 Christian Ude. Wenn Lerchenberg auch die oberbayerische Geschichte, Literatur und Kultur geradezu personifiziere, so sei er trotzdem seit Jahren einer der erfolgreichsten Kulturorganisatoren und –manager Frankens und ein engagierter und erfolgreicher Fürsprecher, wenn es gegen den oberbayerischen Zentralismus geht.

Christian Ude, als geschliffener und intellektueller Redner weithin bekannt, ging gleich zu Beginn seiner Laudatio auf das Kuriosum ein, dass ausgerechnet ein Oberbayer aus der Hand eines anderen Oberbayerns den Frankenrechen ausgehändigt bekommt. Er nannte es „absolut auf der Höhe der Zeit“, dass einem die Herkunft nicht lebenslang zum Vorwurf gemacht wird. Gerade Franken habe sich stets durch seine multikulturelle Offenheit ausgezeichnet. Franken sei ja auch nicht feindliches Ausland, sondern seit 200 Jahren fester Bestandteil Bayerns.

„Vielleicht sind die real existierenden Franken gerade deshalb so sympathisch, weil sie eben nicht die oberbayerische Mentalität haben“, sagte Ude. Neidisch sei er auf den selbstbewussten Protestantismus der Franken auf der einen Seite und auf die Geschichte der fränkischen Sozialdemokratie auf der anderen. „Franken, du Land der Hoffnung“ rief er aus und erinnerte auch daran, dass Franken mit Bamberg, Bayreuth und Würzburg gleich drei Weltkulturerbestätten vorzuweisen habe, während es in Oberbayern mit der Wieskirche gerade mal eine solche Stätte gebe.

„Die Franken haben Humor, besitzen Selbstironie und nehmen sich selbst auch gerne mal auf die Schippe“, sagte Michael Lerchenberg und spannte einen Bogen vom großen Nürnberger Humoristen Herbert Hisel bis zu den Kabarettisten Volker Heißmann und Martin Rassau. Lerchenberg erzählte von seiner ersten Reise ins Fichtelgebirge im Jahr 1970 mit dem Alpenverein. Damals sei es eine gefühlte Ewigkeit von München bis ins Fichtelgebirge gewesen, heute sind es zweieinhalb Stunden. Er erinnerte an sein erstes Engagement 1980 und nannte die Bühne einen magischen und mystischen Ort. „Die Bühne war meine Jugendliebe“, sagte Lerchenberg. Im Jahr 2003 sei daraus eine feste Ehe geworden. Lerchenberg wäre nicht Lerchenberg, wenn er nicht auch noch eine Spitze auf Lager hätte, diesmal gegen die Bayreuther Festspielleiterin Katharina Wagner, die erst vor wenigen Tagen in einem Spiegel-Interview Bayreuth abwertend als Provinz bezeichnet hatte, um tags darauf zurückzurudern und ihre Aussage auf die schlechte Anbindung der Stadt zu reduzieren. „Im Gegensatz zur Bayreuther Kollegin bin ich mit der Erreichbarkeit meiner Festspiele sehr zufrieden“, so Lerchenberg.

Zuvor hatte der Bayreuther Landtagsabgeordnete Christoph Rabenstein auf der Bühne des Ruinentheaters in der Eremitage den Landtagsabgeordneten Josef Filser von Ludwig Thoma gegeben und sich augenzwinkernd darüber beklagt, dass die Münchner über einen fünften Konzertsaal nachdenken, während das Theater in der Weltkulturerbestadt Bayreuth zur Ruine verkomme. Darauf konterte Christian Ude postwendend. Es sei ein unverzeihlicher Fehler, München zu sagen, wenn man die Staatsregierung meine. München und die Staatsregierung sollte man nicht verwechseln, „zumindest derzeit noch nicht“, so der Oberbürgermeister, der sich anschickt Ministerpräsident zu werden.

Bild: Christoph Rabenstein und Christian Ude zeichneten Michael Lerchenberg (von links) mit dem Franken Rechen 2012 aus.

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16.07.2012

Oberfränkisch-amerikanische Erfolgsgeschichte / Erste Büste von Jeans-Erfinder Levi Strauss in Buttenheim bei Bamberg enthüllt

Buttenheim. Zu Ehren von Blue-Jeans-Erfinder Levi Strauss ist in seinem Geburtshaus in Buttenheim (Landkreis Bamberg) am Montagabend eine Portraitbüste des Forchheimer Bildhauers Hans Dressel enthüllt worden. „Damit ist Levi Strauss zum allerersten Mal auch dreidimensional zu erleben“, sagte der Buttenheimer Bürgermeister Johann Kalb bei der Enthüllung.

Levi Strauss reihe sich in die Liste großer deutscher Persönlichkeiten ein, sagte Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk bei der Enthüllung der Büste. Das Leben von Levi Strauss verkörpere wie kaum ein anderes den amerikanischen Traum. „Es ist eine oberfränkisch-amerikanische Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht“, so Koschyk, der am Gymnasium Forchheim Schüler des Bildhauers und damaligen Kunsterziehers Hans Dressel war. Das Museum, das zu den größten im Landkreis Bamberg gehört, zeige eindrucksvoll den Weg der Blue Jeans von der Arbeitshose zum Designerkleidungsstück auf, sagte Bezirkstagspräsident Günther Denzler. Nicht zuletzt sei das Museum deshalb so einzigartig, weil es Buttenheim international bekannt gemacht habe, so der Bamberger Landtagsabgeordnete Thomas Silberhorn.

Levi Strauss wurde am 18. Februar 1829 unter dem Namen Löb Strauß in Buttenheim als Sohn jüdischer Eltern geboren. Nachdem sein Vater verstorben war, wanderte er zusammen mit seinen beiden Schwester und der Mutter 1847 nach New York aus, und betrieb einen Textilhandel. Strauss nannte sich fortan Levi und erwarb die amerikanische Staatsbürgerschaft. Sechs Jahre später folgte er dem Goldrausch an der amerikanischen Westküste und ließ sich in San Francisco nieder. Weil die Goldgräber bei ihrer harten Arbeit strapazierfähige Hosen benötigten, ließ er bald darauf Hosen aus Segeltuch, später aus dem Baumwollstoff Denim anfertigen, der mit Indigo blau gefärbt wurde. Zusammen mit seinem Schneider gründete er seine eigene Firma und ließ er das Verfahren patentieren. Heute ist die Levi Strauss Company ein international ausgerichteter Konzern mit über 11000 Beschäftigten, der seine Produkte in über 100 Länder liefert. Erst in den 1980er Jahren galt als gesichert, dass Levi Strauss aus dem oberfränkischen Buttenheim stammt. Im Jahr 2000 wurde das Museum in seinem Geburtshaus eröffnet.

Der Schöpfer der Portraitbüste, die Levi Strauss im Alter von 30 Jahren zeigt ist der Bildhauer Hans Dressel. Er wurde 1925 in Neunburg am Wald geboren, hatte in Nürnberg und München Kunst studiert und war viele Jahre lang als Kunsterzieher am Forchheimer Gymnasium tätig. Vor allem durch seine Skulpturen im öffentlichen Raum wurde er einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Zu seinen Werken gehören unter anderem die Skulptur „Vier Jahreszeiten“ vor dem Forchheimer Krankenhaus, die Ausgestaltung der Marienkirche im Fürther Stadtteil Burgfarrnbach oder die Alexander-von-Humboldt-Büste vor dem Schloss Goldkronach.

Bild unten: Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Körber, Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk, Regierungspräsident Wilhelm Wenning, Bildhauer Hans Dressel, MdB Thomas Silberhorn, Bezirkstagspräsident Günther Denzler und Buttenheims Bürgermeister Johann Kalb (von links) bei der Enthüllung der Levi-Strauss-Büste im Geburtshaus des Jeans-Erfinders.

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12.06.2012

Nach zehn Monaten aufwändiger Ermittlung: Oberfränkische Polizei konnte polnischer Autoknackerbande das Handwerk legen

Forchheim/Bayreuth. 43 gestohlene Fahrzeuge im Wert von fast eine halben Million Euro und sieben Festnahmen: das ist die Bilanz eines spektakulären Kriminalfalls, der in Forchheim seinen Anfang genommen und sich in der Folge durch das gesamte Bundesgebiet erstreckt hat. Jetzt hat die Polizei in Oberfranken der professionellen Autoknackerbande das Handwerk gelegt, am 24. Juli beginnt in Bamberg der Prozess.

„Wir gehen von langjährigen Haftstrafen in einer Höhe von jeweils bis zu zehn Jahren aus“, sagte der zuständige Oberstaatsanwalt Martin Dippold am Dienstag vor der Presse in Bayreuth. Die sieben polnischen Staatsangehörigen im Alter zwischen 21 und 53 Jahren müssen sich wegen schweren Bandendiebstahls vor dem Landgericht in Bamberg verantworten. Insgesamt hatten sie sich an 55 Fahrzeugen, ausschließlich der Marken VW und Audi zu schaffen gemacht. In zwölf Fällen blieb es beim Versuch, da sie das Fahrzeug entweder nicht starten konnten oder später wegen Benzinmangels liegen lassen mussten.

Die Autos seien durch Kuriere über Görlitz nach Polen verbracht und dort weit unter Wert verkauft worden, sagte der Hauptermittler Michael Enders vom Polizeipräsidium Oberfranken.  Ihren Anfang genommen hatte die Serie in Forchheim, weil die Freundin eines Täters verwandtschaftliche Beziehungen in die Fränkische Schweiz pflegte. So seien zwischen dem 28. und 30 Juni des vergangenen Jahres allein in Forchheim sieben Fahrzeuge gestohlen worden.

Nachdem sich die Spur der Autoknacker in rascher Folge über die Landkreise Bamberg, Kulmbach und Bayreuth weiter nach Thüringen, Sachsen bis nach Berlin zog, habe die oberfränkische Polizei eine der umfangreichsten Telekommunikationsüberwachungen ihrer Geschichte gestartet. Enders berichtete von allein 74 richterlichen Beschlüssen über solche Maßnahmen. Dabei seien weit über 50000 (!) Handygespräche, SMS oder Mails ausgewertet worden. Alles in polnischer Sprache, was den umfassenden Einsatz von Dolmetschern notwendig machte. Die Kosten dafür bezifferte Enders auf einen fünfstelligen Betrag.

Die Festnahme erfolgte schließlich am 6. November des zurückliegenden Jahres im westfälischen Windeck im Rhein-Sieg-Kreis. Rund 50 Beamte seien bei der spektakulären Aktion im Einsatz gewesen, berichtete der Chefermittler. Im Anschluss habe der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Bamberg sechs Haftbefehle erlassen, gegen den siebten Mann habe bereits ein europäischer Haftbefehl eines polnischen Bezirksgerichts zur Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe aus dem Jahr 2008 vorgelegen. Das Oberlandesgericht in Bamberg ordnete deshalb die Auslieferungshaft gegen den 53-Jährigen an und überstellte den Mann den polnischen Behörden.

Als Besonderheit der Tat nannte es Enders, dass die Bande absolut professionell vorgegangen war. Einer der Beteiligten habe den jeweiligen Diebstahl straff organisiert, zwei Männer seien als Kuriere zur Überführung der Fahrzeuge im Einsatz gewesen, und sogar einen eigenen Techniker habe die Bande beschäftigt. Der Mann sei nur dazu da gewesen, um mit Spezialwerkzeug die Türen zu öffnen und mit einem Diagnosetool die Wegfahrsperren zu deaktivieren. Diese Geräte kosteten gut 1000 Euro und seien über das Internet frei erhältlich.

Auch bei der Überführung seien die Männer nicht zimperlich vorgegangen. In einem Fall wurde ein ziviles Polizeifahrzeug auf der Bundesautobahn A4 gerammt, davor und danach habe es bereits mehrere Rammversuche gegeben. Die Verhandlung vor dem Landgericht in Bamberg beginnt am 24. Juli und ist auf mehrere Tage bis zum 3. August angesetzt.

Bild: Einzelheiten zu der spektakulären Festnahme einer polnischen Autoknackerbande haben Michael Enders (links) von der KPI in Oberfranken und Oberstaatsanwalt Martin Dippold aus Bamberg bekannt gegeben.

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08.06.2012

Chefin über drei Millionen Akten / Dr. Stefanie Jost ist die neue Leiterin des Lastenausgleichsarchivs in Bayreuth - Antrittsbesuch von Staatssekretär Koschyk: Zusammenarbeit mit Universität geplant

Bayreuth. Die Schätze des Bundesarchivs (Lastenausgleichsarchiv) in Bayreuth stärker zu heben, dieses Ziel soll eine geplante Kooperation zwischen der Einrichtung im Alten Städtischen Krankenhaus  und der Universität Bayreuth verfolgen. „Wir wollen die Integrationsforschung unter Einbeziehung des Archivs stärker vorantreiben“, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete bei seinem Antrittsbesuch bei der neuen Leiterin Dr. Stefanie Jost. Die gebürtige Mannheimerin hat vor kurzem die Nachfolge von Dr. Ulrich Ringsdorf angetreten.

Die Arbeit der Bayreuther Einrichtung habe in den zurückliegenden Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen, sagte Jost, die in Heidelberg Latein und Geschichte studiert und anschließend eine Archivausbildung absolviert hatte. „Wir werden stark nachgefragt, die Benutzerzahlen sind sprunghaft gestiegen“, so Jost. Allerdings stehe der Bereich Wissenschaft und Forschung nicht an erster Stelle, vielmehr gehe es noch überwiegend um familiengeschichtliche Fragestellungen. Dennoch sei festzustellen, dass die Thematik Flucht und Vertreibung heute viel größere Bevölkerungskreise anspreche, als in der Vergangenheit. Während die Vertriebenenproblematik früher als Domäne einiger weniger Verbände galt, gehe man mittlerweile dazu über, die Nachkriegsgeschichte auf breiterer Basis zu erforschen, ohne den Vorwurf des Revanchismus befürchten zu müssen.

Deswegen sollte auch über eine Forschungsstelle eine Brücke zur Universität geschlagen werden, sagte Koschyk. Die Voraussetzungen dafür könnten in Bayreuth nicht besser sein. Das Thema des Lastenausgleichs umfasse historische, aber auch soziale und wirtschaftliche Forschungsschwerpunkte, die in einer Kooperation hervorragend vertieft werden könnten. Nicht zuletzt, weil immer mehr Wissenschaftler aus Mittel- und Osteuropa zunehmend auf die Bestände des Bayreuther Archivs zugreifen, sei es von großer Bedeutung, dass die Bestände stärker als bisher für die wissenschaftliche Forschung geöffnet werden.

Das Lastenausgleichsarchiv beherbergt weit über drei Millionen Akten auf 36 Regalkilometern, 22 Millionen Karteikarten des kirchlichen Suchdienstes, rund 350000 Fotografien und 8000 historische Landkarten. Damit wird in Bayreuth, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, eindrucksvoll ein zentrales Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte dokumentiert. Der sperrige Name Lastenausgleicharchiv kommt von den Akten aus dem so genannten Lastenausgleich. Dabei handelt es sich um die Unterlagen von Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten sowie Süd- und Osteuropas, die Ausgleichszahlungen erhalten hatten. In den Akten enthalten sind unter anderem Grundbuchauszüge, Pläne und Fotos, die sämtliche Besitz- und Lebensverhältnisse der Menschen umfassend dokumentieren.

Zweiter wesentlicher Baustein der Archivarbeit sind die Heimat- und Ortskarteien der Kirchen aus dem ehemaligen Ostpreußen, Pommern, Ober- und Niederschlesien sowie einiger anderer Gebiete. Mit den Karteikarten besitzt das Archiv eine Art „Einwohnermeldeamt“ des ehemaligen deutschen Ostens. Neben den genannten Dokumenten beherbergt das Archiv außerdem rund 10000 Zeitzeugenberichte, 18000 Fragebögen und 6000 Berichte von Amtsträgern wie Kirchenmännern, Lehrern oder Bürgermeistern. Sie alle haben eines gemeinsam, sie spiegeln die Situation der Flüchtlinge und Vertriebenen detailliert wider.

Das Lastenausgleichsarchiv hatte 1989 seine Arbeit in Bayreuth aufgenommen und 1996 sein jetziges Domizil in der Dr.-Franz-Straße bezogen. Dort und in einem angrenzenden Magazinneubau wird das gesamte Archivgut auf einer Fläche von fast 6000 Quadratmetern unter klimatisch optimalen Bedingungen archiviert.

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05.04.2012

Afghanistan-Konferenz, Papstbesuch, Weltklimagipfel: Bundespolizei als Rückgrat der inneren Sicherheit / Wechsel an der Spitze der Bundespolizei in Bayreuth: Dieter Hader folgt Carl-Ulrich Stoltz

Bayreuth. Dieter Hader ist neuer Chef der Bundespolizei in Bayreuth. Der 51-jährige Polizeioberrat löst Carl-Ulrich Stoltz ab, der zuletzt Chef der über 500 Mitarbeiter umfassenden Abteilung war und künftig die Leitung der Bundespolizeiabteilung in Blumberg übernehmen wird.

Bei der symbolischen Übertragung des Dienstpostens bezeichnete der Direktionspräsident Friedrich Eichele die Bundespolizei als das Rückgrat der inneren Sicherheit in Deutschland. Ob Afghanistan-Konferenz oder Papstbesuch, ob 1.Mai-Demo in Berlin oder Weltklimagipfel, stets seien Bundesbereitschaftspolizisten, meist auch aus Bayreuth, im Einsatz. Eichele nannte Bayreuth dabei auch einen der traditionsreichsten Abteilungen innerhalb der Bundespolizei mit inzwischen 55-jähriger Geschichte. Der Standort gehöre zu Bayreuth und sei fest in das Gefüge der Stadt verankert.

Die Bundespolizei erfülle eine wichtige Rolle in der sicherheitspolitischen Gesamtarchitektur Deutschlands, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk. Die Bundespolizei könne dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit den Ordnungs- und Sicherheitsbehörden sowie dem Zoll aufbauen. Die Bedeutung des Standorts Bayreuth sei erst vor kurzem durch den Besuch von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich bestätigt worden.

Die Abteilung der Bundespolizei in Bayreuth ist eine von zehn Einsatzabteilungen der Bundespolizei. Nach den Worten von Präsident Eichele ist sie darauf spezialisiert, sich auf unterschiedlichste Einsätze flexibel einzustellen und andere Polizeidienststellen zu unterstützen. Die beiden stationierten Einsatzhundertschaften würden zur personellen Unterstützung im breiten Aufgabenspektrum eingesetzt. Daneben stellten sie ein geschlossenes Einsatzpotenzial zur Bewältigung polizeilicher Groß- und Sonderlagen dar.

In den zurückliegenden Jahren waren die Bayreuther Bundespolizisten nach eigenen Angaben an durchschnittlich 100 bis 120 größeren Einsätzen pro Jahr im gesamten Bundesgebiet beteiligt. Insbesondere die Einsätze anlässlich der Castortransporte, der Maikundgebungen in Berlin und Leipzig, des Weltwirtschaftsforums in Davos, der Sicherheitskonferenz in München oder des G-8-Gipfels in Heiligendamm prägten den Dienst der Polizeibeamtinnen und -beamten. Ständig befinden sich mehrere Bayreuther Bundespolizisten im Auslandseinsatz. Diese Beamten verrichten ihren Dienst im Rahmen einer Europäischen Polizeimission in Afghanistan, im Rahmen der UN-Mission im Kosovo sowie bei verschiedenen deutschen Auslandsvertretungen.

Der neue Bayreuther Abteilungsführer Dieter Hader war elfeinhalb Jahre lang Mitglied bei der Elitetruppe GSG 9, während der letzten beiden Jahre als Ausbilder. Seinen Dienst beim damaligen Bundesgrenzschutz hatte er 1979 in Coburg angetreten. Danach folgte unter anderem ein Studium bei der Polizeiführungsakademie in Münster. Zuletzt war er Einsatzleiter der Bundespolizei auf dem Flughafen in Stuttgart. Hader lebt bei Wallenfels im Landkreis Kronach, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Bild: Amtswechsel bei der Bundespolizei in Bayreuth: Auf Carl-Ulrich Stolz (links) folgt Dieter Hader (Mitte). Rechts im Bild der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk.

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13.03.2012

Sonnenspektrum schlägt Brücke von Vergangenheit in die Zukunft /Neue Sonderbriefmarke zum 225. Geburtstag von Joseph von Fraunhofer vorgestellt

Straubing. Die Verknüpfung von naturwissenschaftlicher Grundlagenforschung und deren praktischer Anwendung war die Grundlage seines Erfolges: Der Optiker und Physiker Joseph von Fraunhofer, dessen Name nicht nur in seinen bahnbrechenden Erkenntnissen und Erfindungen weiterlebt, sondern auch in der Fraunhofer-Gesellschaft, der größten europäischen Forschungsinstitution. Anlässlich seines 225. Geburtstages hat das Bundesfinanzministerium jetzt eine Sonderbriefmarke herausgegeben, die der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk jetzt an Fraunhofers Geburtsort Straubing vorgestellt hat.

Die Marke zeigt ein symbolisiertes Sonnenspektrum mit den Fraunhofer´schen Absorptionslinien. Sie hat den für einen Kompaktbrief erforderlichen Wert von 90 Cent und ist in der außerordentlich hohen Auflage von über fünf Millionen gedruckt worden. Erstausgaben der Briefmarke überreichte Staatssekretär Koschyk bei einem Festakt im Straubinger Rathaus unter anderem an das Vorstandsmitglied der Fraunhofer-Gesellschaft Professor Alfred Gossner, an den Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr und an den örtlichen Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses im Bundestag Ernst Hinsken.

Die neue Marke soll vor allem auch aufzeigen, welche Erfolge auf dem Gebiet von Wissenschaft und Forschung in Deutschland erreicht wurden, sagte Koschyk. Sie soll nicht nur Joseph von Fraunhofer als Begründer der wissenschaftlichen Methodik im Bereich Optik und Feinmechanik sowie als Schöpfer der deutschen Präzisionsoptik herausstellen, sondern auch eine Brücke in die Gegenwart schlagen und auf die Erfolgsgeschichte der Fraunhofer-gesellschaft hinweisen.

Als Erfolgsrezept dieser Gesellschaft bezeichnete deren Vorstandsmitglied Professor Alfred Gossner den Dreiklang von Wissenschaftler, Erfinder und Unternehmer, den Fraunhofer vorgegeben hatte und nach deren Prinzip die Gesellschaft bis heute arbeite. „Fraunhofer ist mittlerweile zum Synonym für anwendungsorientierte wirtschaftsnahe Forschung geworden“, sagte Gossner.  Die 61 deutschen Fraunhofer-Institute beschäftigten mittlerweile über 20000 Mitarbeiter und seien in sämtlichen deutschen Bundesländern vertreten.

„Mit Joseph von Fraunhofer finden Vergangenheit und Zukunft zueinander“, so der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr. So erinnere in Straubing nicht nur das Geburtshaus, ein Denkmal an den großen Sohn der Stadt, auch eine Schule und eine Halle tragen seinen Namen. Darüber hinaus gebe es auch eine Fraunhofer-Projektgruppe, die sich mit nachwachsenden Rohstoffen und Energiespeicherung beschäftigt.

Nach dem Maler Carl Spitzweg im Jahr 2008 erinnert nun auch eine weitere Sonderbriefmarke an einen der berühmtesten Straubinger, sagte der Bundestagsabgeordnete Ernst Hinsken. Er zeigte sich überzeugt davon, dass die Marke bei über drei Millionen Briefmarkensammlern in Deutschland und rund 70000 Mitgliedern in Philatelisten-Verbänden ihre Verbreitung finden werde.

Joseph Fraunhofer wurde am 6. März 1787 als Kind eines Glasermeisters in Straubing geboren. Nach dem Tod seiner beiden Eltern kam er im Alter von erst 12 Jahren nach München und begann eine Lehre als Glaser. Als Optiker war er später in der Werkstatt des renommierten Erfinders und Konstrukteurs Georg von Reichenbach tätig, bereits mit 22 Jahren wurde er zum verantwortlichen Leiter einer Glashütte in Benediktbeuern ernannt. Der Betrieb stellte schon bald Fernrohre, Ferngläser, Mikroskope und Lupen in einer bis dahin nicht gekannten Qualität her, so dass die Instrumente in ganz Europa vertrieben wurden. Weltruhm erreichte Fraunhofer unter anderem durch das damals leistungsfähigste Teleskop, mit dem 1846 der Planet Neptun entdeckt wurde. Fraunhofer wurde vom bayerischen König Ludwig I. in den Adelsstand erhoben und in die bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.  Im Alter von erst 39 Jahren verstarb Fraunhofer an einer Lungentuberkulose 1826 in München.

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05.03.2012

Helfer brauchen selbst Hilfe / Karin Seehofer besuchte soziale Einrichtungen im Landkreis Bayreuth und Kulmbach

Bayreuth/Kulmbach. Unterschiedliche soziale Einrichtungen an verschiedenen Standorten hat Karin Seehofer, Frau des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, am Montag zusammen mit der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer besucht. Mit dem Mehrgenerationenhaus in Hollfeld, der Kindertagesstätte „Rotmainschlümpfe“ in Altenplos und der therapeutischen Kinderwohngruppen der Geschwister-Gummi-Stiftung in Kulmbach haben die drei Einrichtungen eines gemeinsam: sie kümmern sich um Menschen, die Hilfe brauchen.

Für den breitesten Personenkreis ist das erst im Januar in Betrieb gegangene Hollfelder Mehrgenerationenhaus in der Caritas-Sozialstation Hollfeld zuständig. Hier werden nicht nur ein mobiler Einkaufs- und Fahrdienst, „Essen auf Rädern“ sondern auch das Projekt „In der Heimat wohnen“ angeboten, das älteren und behinderten Menschen auf ehrenamtlicher Basis die verschiedensten Kontaktangebote unterbreitet. „Es läuft schon sehr viel in Hollfeld“, sagte Projektleiterin Ruth Domide, die in Zukunft verstärkt auf offene Treffs, auf den Austausch von Jung und Alt sowie auf die verschiedensten Beratungsangebote setzen möchte. Konkret seien eine Lesenacht in der Bücherei, ein Nordic-Walking-Treff sowie ein Benimmkurs speziell für Ausbildungsplatzsuchende  geplant.

Franz Schrenker, der stellvertretende Leiter der Sozialstation, beklagte den Spagat seiner Mitarbeiter, auf der einen Seite wirtschaftlich arbeiten zu müssen, auf der anderen Seite für den Menschen da sein zu wollen. „Es lastet unheimlich auf uns, wenn wir ein Drittel unserer Arbeitszeit allein für die Dokumentation aufbringen müssen“, sagte Schrenker und äußerte die Befürchtung, dass es für Pflegeberufe künftig keinen Nachwuchs mehr geben werde. „Wir müssen unbedingt ein Stück Hilfe erfahren, wenn wir anderen helfen wollen“, so Schrenker. Dem pflichtete auch Otto Rost, Heimleiter der Caritas-Hausgemeinschaft bei. Der Altenpflegeberuf müsse von Politik und Gesellschaft wahrgenommen und anerkannt werden, forderte er.

Zweite Station waren die „Rotmainschlümpfe“ in Altenplos. In der Tagesstätte mit integriertem Hort gibt es keinen kirchlichen oder kommunalen Träger, verantwortlich sei alleine der Elternverein Rotmainschlümpfe. „Das Konzept setzt auf die Mitarbeit der Eltern“, erläuterte die Leiterin Heike Hartmann. Der Verein, der anfangs vielen Anfeindungen ausgesetzt war, hat mittlerweile das alte Schulhaus von Altenplos erworben und umfassend saniert. Derzeit würden dort 19 Kinder im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren betreut, drei Stunden Dienst für ein Elternteil pro Woche sei dabei Pflicht. Die Idee sei damals entstanden, als Kindergartenplätze knapp waren, erläuterte Heike Hartmann, die bereits seit 14 Jahren bei den Rotmainschlümpfen hauptamtlich tätig ist.

Karin Seehofer zollte vor allem all denjenigen Respekt, die sich im Ehrenamt engagieren und in die Gesellschaft einbringen. Die Bedeutung des Ehrenamts könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, sagte sie. Die besuchten Einrichtungen zeigten, dass es sich auch im ländlichen Raum gut leben lässt, sagte Gudrun Brendel-Fischer. Hier werde ein umfassendes soziales, aber auch kulturelles Angebot vorgehalten, das entscheidend zur Attraktivität „des flachen Landes“ beitrage.

Kindern und Jugendlichen ein Stück Heimat zu geben, das ist auch das Konzept der Geschwister-Gummi-Stiftung. Sie bietet in ihren therapeutischen Kinder-Wohngruppen in Kulmbach Mädchen und Jungen mit vielschichtigen Problemen ein neues Zuhause. Aus dem einstigen Waisenhaus sei mittlerweile eine moderne Jugendhilfeeinrichtung geworden, sagte Geschäftsführer Karl-Heinz Kuch. „Wir wollen vor allem die Ursachen beheben und dafür sorgen, dass die Kinder und Jugendlichen entweder wieder zurück zu ihren Eltern können oder dass eine geeignete Pflegefamilie gefunden wird. Viele Kinder stammten aus echten Krisensituationen, seien aufgrund von schweren Misshandlungen oder sexueller Gewalt schwer traumatisiert oder hätten anderweitig schlimmstes erlebt. Drei Wohngruppen mit jeweils acht Kindern gebe es mittlerweile, wobei der Einzugsbereich nicht nur ganz Oberfranken, sondern auch Teile Mittelfrankens umfasst. Den Weg nach Kulmbach finden die Betroffenen in der Regel über die jeweiligen Jugendämter. Derzeit sei die Einrichtung zu über 100 Prozent ausgelastet. „Wir können erst wieder nach den Sommerferien aufnehmen, wenn Kinder in neue Pflegefamilien entlassen sind“, so Kuch.

Bilder:
- Karin Seehofer (3. von links) stattete am Montag unter anderem der Kindertagesstätte „Rotmainschlümpfe“ in Altenplos einen Besuch ab. Links die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, rechts die Leiterin der Kindertagesstätte Heike Hartmann.
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Kindern und  Jugendlichen ein Stück Heimat zu geben ist das Konzept der Geschwister-Gummi-Stiftung (von links): Die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, Geschäftsführer Karl-Heinz Kuch von der Geschwister-Gummi-Stiftung, Oberbürgermeister Henry Schramm, Karin Seehofer und Dekan Jürgen Zinck.

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27.01.2012

„Aufrechnung von Schuld verbietet sich“ / Das Museum Bayerisches Vogtland in Hof dokumentiert künftig die Geschichte von Flüchtlingen und Vertriebenen

Hof. Im Museum Bayerisches Vogtland in Hof ist am Freitag eine neue Abteilung über die Geschichte von Flüchtlingen und Vertriebenen eröffnet worden. Über 400 Exponate zeigen auf drei Etagen einen Ausschnitt der deutschen Geschichte am Beispiel der Stadt Hof. Mit der Einweihung am Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wollten die Kulturverantwortlichen der Stadt bewusst darauf hinweisen, dass Flucht und Vertreibung eine Vorgeschichte haben und nicht über Nacht gekommen sind.

Die Festrede zur Eröffnung hielt der Theater- und Literaturkritiker Hellmuth Karasek. Der in Brünn geborene Karasek hat in seiner Autobiografie „Auf der Flucht“ seine eigene Vertreibungsgeschichte beschrieben. Karasek bezeichnete Flucht und Vertreibung als großes Unrecht, das nicht dadurch aufgehoben werde, dass Generationen zuvor Verursacher dieses Elends waren. „Die Aufrechnung von Schuld verbietet sich“, so Karasek, der seine tiefe Hoffnung aussprach, dass auch mit den östlichen Nachbarländern ein so selbstverständlicher Umgang zum Alltag werde, wie er mit Frankreich inzwischen üblich sei.

Die überaus geglückt Integration von vielen Millionen Vertriebener sei bei weitem keine Selbstverständlichkeit gewesen, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und frühere Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen Hartmut Koschyk aus Bayreuth.  Flucht und Vertreibung der Deutschen stelle die größte Zwangsmigration der Geschichte mit über 14 Millionen Vertriebenen und rund zwei Millionen Toten dar. „Das Schicksal der Heimatvertriebenen und ihre Leistungen beim Wiederaufbau unseres Landes dürfen nicht vergessen werden“, forderte Koschyk.

Auch die Spitzenstellung Bayerns sei mit das Verdienst der Heimatvertriebenen und Aussiedler. Koschyk zufolge waren nach 1945 allein rund 2,7 Millionen Heimatvertriebene und Aussiedler nach Bayern gekommen. Diese 2,7 Millionen Deutschen hätten viel dazu beigetragen, dass Bayern zu dem geworden ist, was Bayern heute ist: das führende Land in Deutschland und eine der wohlhabendsten Regionen in Europa. Es sei auch für Bayern ein langer Weg gewesen, vom Armenhaus in Deutschland zu einem Land, das heute auf vielen Gebieten gegenüber den anderen Ländern deutliche Vorsprünge aufweist.

Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch nannte die aufwändige Erweiterung des Museums einen echten Gewinn für den gesamten Freistaat. Hier werde ein historisches Ereignis in zeitgemäßer Form präsentiert. Die neue Abteilung zeige aber auch, so der Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen Albrecht Schläger, „dass wir mit die Aufarbeitung unserer Geschichte in einem bisher vernachlässigtem Bereich begonnen haben.“ Dabei sei es ganz wichtig, dass Täter nicht zu Opfern gemacht werden. Allerdings würden die Verbrechen an Menschenrechten nicht neue verbrechen rechtfertigen.

Wenn das neue Museum in Hof angesiedelt wurde, so hat es seinen Grund darin, dass Hof nach dem Zweiten Weltkrieg zur ersten Anlaufstation für unzählige Menschen wurde, die im Zuge von Flucht, Vertreibung ihre Heimat in den deutschen Ostgebieten verloren hatten. Mehr als zwei Millionen Flüchtlinge und Vertriebene wurden bis Anfang der 1950er Jahre durch Hof geschleust, wo sie Unterkunft und Verpflegung erhielten. Im Stadtteil Moschendorf befand sich das größte bayerische Flüchtlingslager. Die Hofer Bevölkerung wuchs zudem durch den dauerhaften Zuzug von etwa 15000 Heimatvertriebenen um nahezu ein Viertel. Durch ihre mitgebrachten heimatlichen Traditionen wie auch ihre individuellen Fähigkeiten prägten sie die Entwicklung der Stadt in der Nachkriegszeit entscheidend mit.

Im öffentlichen Bewusstsein ist dieser für die Stadt Hof so bedeutende Aspekt der Zeitgeschichte inzwischen jedoch nur noch wenig präsent. Das städtische Museum Bayerisches Vogtland widmet sich deshalb dem Thema „Flüchtlinge und Vertriebene in Hof“ im Rahmen einer wissenschaftlich fundierten und zeitgemäß gestalteten neuen Abteilung seiner Dauerausstellung. Auf drei Ebenen eines in den letzten zwei Jahren aufwendig sanierten Museumsanbaus werden mehr als 400 für das Thema einschlägige Exponate von einmaligem historischem Wert präsentiert.

Die Ausstellung stellt exemplarisch am Beispiel der Hofer Region die Geschichte der Ankunft und Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen in Westdeutschland dar. Sie informiert allgemein verständlich über die Ursachen und Abläufe von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung. Der Stellenwert der Ereignisse innerhalb des kulturellen Gedächtnisses der Bundesrepublik wird aufgezeigt. Die bayernweit einzigartige und weit über die Region hinaus bedeutende Ausstellung zeichnet sich durch eine Herangehensweise aus, die verschiedene Blickwinkel bietet. Auf eine gründliche Ausleuchtung des noch immer kontroversen Themas in seinen unterschiedlichsten Facetten wird besonderer Wert gelegt. An zahlreichen Multimedia-Stationen mit Bild- und Tondokumenten werden die Besucherinnen und Besuchern selbst tätig und können sich aktiv mit den Inhalten der Ausstellung auseinandersetzen.

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27.01.2012

„Deutschland wird amerikanischer“:  Aus Hungerlöhnen werden Hungerrenten Sozialverband kämpft gegen Altersarmut

Bayreuth. Trotz sinkender Bevölkerungszahlen steigt die Mitgliederzahl des Sozialverbandes VdK in Oberfranken unvermindert an. Der Regierungsbezirk habe in den zurückliegenden zehn Jahren fast 46000 Einwohner verloren, der VdK habe im gleichen Zeitraum weit über 15000 neue Mitglieder gewonnen, sagte Bezirksgeschäftsführer Roland Sack bei der Vorlage der Jahresbilanz am Freitag in Bayreuth. Aktuell beträgt die Mitgliederzahl des Sozialverbandesin Oberfranken knapp 86000, was einem Nettozuwachs gegenüber dem Vorjahr von 1500 entspricht.

Was in anderen Vereinen oder Verbänden puren Jubel auslösen würde, sieht der VdK aber auch durchaus kritisch. „Der Mitgliederzuwachs ist Ausdruck einer wachsenden sozialpolitischen Verunsicherung“, sagte der stellvertretende bayerische Landesgeschäftsführer Michael Pausder. Er nannte es besorgniserregend, wenn immer mehr Menschen die Hilfe des Verbandes in Anspruch nehmen müssten. Vor allem gehe es ja darum, Sozialleistungen zu erlangen, auf die ein Rechtsanspruch besteht. „Wir müssen tagtäglich dafür kämpfen, dass die Menschen das bekommen, was ihnen zusteht.“ Bayernweit hat der Sozialverband VdK nach den Zahlen Pausders bereits über 600000 Mitglieder, vier Mal so viel wie die CSU. Als unangefochtene Hochburg bezeichnete Pausder dabei den Bezirksverband Oberfranken, der bundesweit eine Sonderstellung einnimmt, weil er einen Mitgliederanteil von acht Prozent an der Gesamtbevölkerung habe. Pausder: „Oberfranken ist die VdK-Hochburg in Deutschland.“

Bezirksgeschäftsführer Sack konnte diese Aussage anhand eindrucksvoller Zahlen auch schlüssig belegen. So seien im zurückliegenden Jahr in den neun oberfränkischen Kreisgeschäftsstellen fast 34000 sozialrechtliche Beratungsgespräche durchgeführt und dabei fast 10000 Anträge auf Sozialleistungen bei Sozialversicherungsträgern und Behörden gestellt worden. Als Schwerpunkte bezeichnete Sack dabei die Renten- und Schwerbehindertenanträge. In fast 4000 Fällen hätten Mitglieder durch den VdK Widerspruch gegen einen Bescheid eingelegt, in über 1000 Fällen sei es zu Sozialgerichtsverfahren gekommen bei denen Nachzahlungen in einer Höhe von zusammen 3,9 Millionen Euro für die Mitglieder erstritten wurden.

Der VdK sieht sich aber auch als politische Interessensvertretung seiner Mitglieder und dabei habe 2011 der Kampf gegen die Altersarmut im Mittelpunkt gestanden, so der Bezirksausschussvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende Hellmut Ott aus Coburg. Noch immer sei die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich ein Thema, so Ott. Er zitierte eine OECD-Studie, nach der in Deutschland das oberste Zehntel der Bevölkerung achtmal so viel verdient, wie das unterste zehntel. Noch vor 20 Jahren habe das Verhältnis 6 zu 1 betragen, was für den Bezirksvorsitzenden den Schluss nahe legt: „Deutschland wir amerikanischer.“

Gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen sehe die Zukunft nach Ansicht des VdK düster aus, denn aus Hungerlöhnen würden irgendwann mal Hungerrenten. Lange Zeit sei das Wort Altersarmut in Deutschland tabu gewesen. Hier habe der VdK mit seinen Kampagnen manchem die Augen geöffnet und einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung herbeiführen können. Ott bedauerte, dass die Renten seit Jahren im Sinkflug seien. Mittlerweile liege die durchschnittlich Neurente für einen Mann in Bayern mit 853 Euro knapp unterhalb der Armutsschwelle von 859 Euro für einen Einpersonenhaushalt im Monat. Die durchschnittliche Frauenrente verfehle die Armutsschwelle sogar um rund 350 Euro und liege derzeit bei 503 Euro. Auch die angekündigte Rentenerhöhung für das kommende Jahr könne mit 2,3 Prozent daran nichts ändern, da sie damit nicht einmal den Inflationsausgleich erreicht.

Kein Verständnis hat der VdK auch für die Rente mit 67. Schon heute sei es doch eher die Ausnahme als die Regel, dass ein Arbeitnehmer tatsächlich bis 65 Jahren arbeitet. Wer aber nur zwei Jahre früher in Rente geht, müsse trotz real sinkendem Rentenniveau bereits Abschläge in Höhe von 7,2 Prozent hinnehmen. Ott: „Da ist Altersarmut vorprogrammiert.“

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12.01.2012

Crystal Speed: 64000 Konsumeinheiten aus dem Verkehr gezogen / Zoll und Polizei zogen positive Bilanz über bisher größte deutsch-tschechische Drogenbekämpfungsaktion

Nürnberg. Mit der „Operation Speedway“ haben deutsche und tschechische Zoll- und Polizeibeamte in ihrer bisher größten gemeinsamen Drogenbekämpfungsaktion ein deutliches Signal an alle potentiellen Täter gesandt: „Wir werden weiterhin mit aller Entschiedenheit gegen den Rauschgiftschmuggel vorgehen“, sagte der zuständige Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk bei der Präsentation der Ergebnisse am Mittwoch in Nürnberg. Insgesamt hatten die Beamten bei Schwerpunktkontrollen im deutsch-tschechischen Grenzraum an 31 Tagen 1600 Gramm Crystal Speed und vier Kilogramm Marihuana aus dem Verkehr gezogen.

Allein die sichergestellte Crystal-Menge hätte ausgereicht, den illegalen Markt mit etwa 64000 Konsumeinheiten und einem Straßenverkaufswert von bis zu 225000 Euro zu versorgen, sagte Koschyk. Die enge Kooperation aller beteiligten Behörden beiderseits der Grenze habe sich dabei als hervorragendes Mittel zur wirksamen Bekämpfung des Schmuggels und damit zum Schutz der Bevölkerung besonders in der Grenzregion gezeigt. Die Kontrollen seien eng abgestimmt und unter Berücksichtigung der bisher festgestellten Täterprofile sowohl im deutschen, als auch im tschechischen Grenzgebiet durchgeführt worden.

Als weiteres hilfreiches Instrument bezeichnete Koschyk das deutsch-tschechische Zentrum in Schwandorf, in dem deutsche und tschechische Sicherheitsbehörden unter einem organisatorischen Dach eng zusammenarbeiten. Hier könnten Analysen und Erkenntnisse schnell von Kollegen zu Kollegen ausgetauscht, polizei- und zollrelevaten Informationen an die entsprechenden Stellen weitergegeben und Einsatzmaßnahmen gemeinsam gesteuert werden.

Für die Zukunft kündigte der Staatssekretär an, den Kampf gegen die Drogen unvermindert fortzusetzen. Die gemeinsame nationenübergreifende Kontrolloperation habe deutlich gemacht, dass hier der Schlüssel dafür liegt, um den Rauschgift- und insbesondere den Crystal-Schmuggel wirksam und langfristig zurückzudrängen. „Neben einem intensiven Informationsaustausch und gemeinsamen Kontrollen gilt es, das Problem an der Wurzel zu packen und die illegalen Produktionsstätten auszuheben“, so Koschyk.

Große Probleme sah Pavel Hoffmann von der tschechischen Zollverwaltung in den sogenannten Vietnamesen-Märkten. Während hier früher gefälschte Markenware und der illegale Verkauf von Zigaretten und Alkohol im Vordergrund standen, hätten sich die Märkte mittlerweile zunehmend zu einem wichtigen Umschlagplatz für Drogen und besonders für Crystal Speed entwickelt. Manche Märkte hätten zwischenzeitlich sogar eigene Schutzpersonen, was die polizeilichen Kontrollen immens erschwere.

Von einer dramatischen Entwicklung sprach bei der Bilanz auch Walter Moser vom Bayerischen Landeskriminalamt. Besonders bei Crystal würden die Fallzahlen derzeit jährlich im dreistelligen Prozentbereich ansteigen. Um das Problem weiter in den Griff zu bekommen, habe sich zwischenzeitlich sogar die bayerische Apothekerkammer einem freiwilligen Monitoringverfahren angeschlossen.  Hintergrund dafür ist, dass viele der Drogenküchen in Tschechien den Stoff Ephedrin als einen der notwendigen Grundstoffe zur Herstellung von Crystal Speed in Bayern in großen Mengen einkaufen. Ephedrin ist unter anderem in frei verkäuflichen Schmerz- und Erkältungsmitteln enthalten. „Geht bei einer Apotheke eine Bestellung für eine große Menge an solchen Mitteln ein, werden wir in der Regel sofort tätig“, sagte Moser.

Bild: Eine positive Bilanz über die bisher größte deutsch-tschechische Drogenbekämpfungsaktion „Speedway“ haben der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk (links) und Pavel Hoffmann von der tschechischen Zollverwaltung in Nürnberg gezogen.

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21.12.2011

Rauschgiftschmuggel dramatisch angestiegen:
Crystal in Coladosen, Cremes und Chipstüten

Selb. Der Schmuggel der Modedroge Crystal Speed aus Tschechien nach Deutschland hat in den zurückliegenden Monaten signifikant zugenommen. Allein zwischen Januar und November 2011 hätten die Beamten der in Selb stationierten Kontrolleinheit Verkehrswege 370 Mal Crystal in einer Menge von zusammen 3300 Gramm sichergestellt und rund 120 Festnahmen getätigt, sagte der zuständige Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk am Mittwoch bei einem Besuch der Einheit. Noch vor zwei Jahren habe die Zahl der Fälle mit gerade einmal 21 Aufgriffen im niedrigen zweistelligen Bereich gelegen.

Oberfranken diene dabei in ganz besonderem Maße als „Einflugschneise“. Nachdem die Labors überwiegend auf tschechischer Seite zu finden sind, werde die Droge in der Regel über die Grenzübergänge in den Landkreis Wunsiedel eingeschmuggelt. Wesentlichen Anteil an verstärkten Aufgriffen von Drogenschmugglern habe dabei die hervorragende Zusammenarbeit mit den tschechischen Kontrolleuren.

Staatssekretär Koschyk forderte aufgrund der dramatischen Zunahme ein noch entschlosseneres Vorgehen gegen den Drogenschmuggel. Die Erfolge der Zöllnerinnen und Zöllner aus Selb und ihrer tschechischen Kolleginnen und Kollegen beim gemeinsamen Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität seien einerseits erfreulich. Andererseits ließen die Zahlen auch die Schlussfolgerung zu, dass eine der Hauptschmuggelrouten für „Crystal Speed“ aus Tschechien heute über den oberfränkischen Grenzraum führt. Nur im engen Schulterschluss mit den tschechischen Nachbarn, mit Polizei und Staatsanwaltschaften beider Länder könne man dieser Entwicklung wirksam begegnen.

Angetrieben würden die Drogenschmuggler im Wesentlichen von den relativ hohen gewinnspannen, sagte Achim Herkt von der Kontrolleinheit in Selb. Der Einkaufspreis für ein Gramm Crystal Speed liege in Tschechien bei rund 40 Euro, der Verkaufspreis in Bayern bei 80 bis 160 Euro. Ein Gramm reicht dabei für mindestens fünf Konsumeinheiten. Geschmuggelt werde in allen erdenklichen Gegenständen des täglichen Lebens wie Coladosen, Cremes, Chipstüten, aber auch in Fahrradlenkern, Filzstiften oder Fruchtsäften. Als Riesenproblem bezeichnete Herkt den Schmuggel innerhalb des menschlichen Körpers, da bei Verdachtsfällen aufwändige Untersuchungen in der Klinik notwendig würden.

In der in Selb stationierten Kontrolleinheit des Zolls und einer eigenen Außenstelle Agrardiesel sind derzeit 73 Personen beschäftigt. Selb gehört dabei zum Hauptzollamt Regensburg. Die Einheit in Selb arbeitet dabei eng mit den 34 Beschäftigten der tschechischen Mobilen Kontrollgruppe aus Cheb zusammen.

Auf einem völlig anderen Gebiet ist die Agrardieselstelle des Zolls in Selb tätig. Hier werden jährlich rund 30000 Anträge auf Steuervergütung für Treibstoffe bearbeitet, die für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke verwendet werden.

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11.11.2011

Kritik an Verschärfung der Einwanderungsgesetze / Wilhelmine-Preis der Stadt Bayreuth für senegalesische Frauenrechtlerin Madjiguène Cissè

Bayreuth. Die senegalesische Frauenrechtlerin und Gründerin des Frauennetzwerks für nachhaltige Entwicklung in Afrika Madjiguène Cissé ist mit dem „Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Toleranz und Humanität in kultureller Vielfalt“ ausgezeichnet worden. Cissé ist nach dem Literatur-Nobelpreisträger Wole Soyinka (2008), dem Dirigenten Daniel Barenboim (2009) und Prinz Hassan von Jordanien (2010) die vierte Preisträgerin der von der Stadt Bayreuth gestifteten und mit 10000 Euro dotierten Auszeichnung.

In ihren Dankesworten übte Cissé heftige Kritik an der zunehmenden Verschärfung und Angleichung der Einwanderungsgesetze auf europäischer Ebene. Europa ergreife immer mehr schädliche Maßnahmen, um freie Mobilität zu beschränken beziehungsweise zu verhindern, sagte sie. Diese Verschärfung der Einwanderungspolitik mache sich bereits bemerkbar, noch bevor der Fremde einen Fuß auf europäischen Boden setzen kann. Nur um ein Visum für Europa zu erhalten, müsse er sich seinen Weg unter allen möglichen Ärgernissen und Demütigungen erkämpfen, die seine Würde als Mensch angreifen. „Das schafft eine Situation der Frustrationen, die die Beziehungen zwischen der EU und den Ländern des Südens nicht gerade erleichtern.“

Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck bezeichnete Madjiguène Cissé in seiner Laudatio als mutige Zeitgenossin und Mitbürgerin. Solange es derartig selbstbewusste Frauen in Afrika gebe, sei ihm nicht bange um den Kontinent, der seine große Zukunft noch vor sich hat. „Afrika hat Zukunft, weil es sie gibt“, sagte Neudeck zu Cissé. Sie habe sich mutig gegen jeden Vereinnahmungsversuch gewehrt und sich an die Spitze einer Bewegung von Menschen gestellt, die zu den schwächsten gehören.

„Mit Madjiguène Cissé würdigt die Stadt eine Persönlichkeit, die sich in besonderem Maße für Toleranz, Humanität und das Miteinander von Völkern und Kulturen einsetzt“, so Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl. Ihr Engagement für die Wahrung der Menschenrechte unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, politischer oder religiöser Überzeugung sei beispielhaft für das Zusammenwachsen des europäischen und afrikanischen Kontinents in einer globalisierten Welt.

Die Senegalesin Madjiguène Cissé ist seit 2000 Direktorin der Frauenrechtsorganisation mit dem Namen „Réseau des femmes pour le développement durable en Afrique" in Dakar. Dort hat sie sich vor allem für die Verbesserung der Rechte von Frauen und somit auch für eine Verbesserung der ökonomischen Situation von Frauen in Westafrika einsetzt. Dies geschieht unter anderem durch Bildungsangebote, die Vergabe von Mikrokrediten und durch die Gründung einer Frauensiedlung. Zuvor war Cissé in Frankreich in der politisch-sozialen „Sans Papier“-Bewegung aktiv, die sich sowohl für die Aufenthaltsgenehmigung von Flüchtlingen und Migrantinnen in Westeuropa eingesetzt, als auch Missstände wie Ausbeutung in der Schwarzarbeit angeprangert hat. 2008 erhielt Cissé, die von 1974 bis 1976 im Rahmen eines Stipendiums Germanistik in Saarbrücken studierte, die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte. Mit der Preisverleihung folgt die Stadt einem Vorschlag des Instituts für Afrikastudien der Universität Bayreuth.

Der Wilhelmine-Preis wird im jährlichen Rhythmus an Personen oder Gruppen verliehen, die sich auf kulturellem, sozialem, politischem oder wissenschaftlichem Gebiet international um die kritische Reflexion gemeinsamer Wertvorstellungen und die interkulturelle Verständigung verdient gemacht haben. Der Preis ist nach der Bayreuther Markgräfin und Schwester Friedrichs des Großen Wilhelmine (1709 - 1758) benannt.

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30.10.2011

Komplexe Themen kindgerecht präsentiert / Bayreuther Studenten zeichnen Vater der „Sendung mit der Maus“ mit Vorbildpreis aus

Bayreuth. Wieso fliegt ein Flugzeug? Wo ist beim Skilift der Knoten im Seil? Wie kommt die Schololadenfüllung ins Bonbon? Der Mann, der die Antworten auf alle diese und bestimmt 1000 Fragen mehr kennt, ist am Sonntag an der Universität mit dem Bayreuther Vorbildpreis ausgezeichnet worden. ER heißt Armin Maiwald, ist Autor, Regisseur und TV-Produzent und gilt als der Erfinder der „Sendung mit der Maus“ Der Preis wird seit dem Jahr 2004 jährlich von Studenten des Studiengangs Philosophy & Economics bei den „Bayreuther Dialogen“ verliehen, zu denen Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zu einem zukunftsentscheidenden Thema zusammengebracht werden.

Die Neugier der Kinder sei sein Erfolgsgeheimnis, sagte Maiwald. Diese Neugier sollte man wecken, anstatt eine Schulreform an die andere zu reihen. Kritik übte der Preisträger auf seine humorvolle Art vor allem an dem Fachchinesisch, das sich Wissenschaftler und sogenannte Experten gerne zu Eigen machen. Viele Wissenschaftler seien gar nicht in der Lage, selbst einen relativ einfachen Sachverhalt so zu erklären, dass er für alle nachvollziehbar ist. Wer leichte und einfache Sätze formuliert, gelte unter Akademikern schnell als unwissenschaftlich. Er habe es da wesentlich leichter: „Ich bin kein Physiker, Ingenieur oder Chemiker, sondern ein Filmemacher, der keine Ahnung hat, insofern befinde ich mich mit den Kindern in bester Gesellschaft.“

Hans Rusinek von den Bayreuther Dialogen, der den Preis zusammen mit den Projektleitern Nhat An Trinh und David Schad an Armin Maiwald verlieh, bezeichnete die Maus und den Elefanten als „Wissensvermittler der ersten Stunde“. Er reihte das orangefarbene Nagetier in eine Reihe mit Konrad Adenauer und Helmut Schmidt und nannte die Maus eine der Leitfiguren unserer Gesellschaft. Als unvergessen erinnerte sich Rusinek in seiner Laudatio an die Sendung, in der erklärt wurde, wie die Streifen in die Zahnpaste kommen. Diese Reduktion komplexer Themen auf eine verständliche Ebene sei beispielhaft. „Die Sendung mit der Maus ist eine gute Kindersendung, die zugleich auch eine sehr gute Sendung für Erwachsene ist“, sagte Rusinek.

Mit Beiträgen wie der Maus im Gefängnis sei die Sendung auch in anderer Hinsicht ein Vorbild. „Wissen auch wenn es nicht angenehm ist, weiterzugeben und dabei die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft anzusprechen – das ist eine Leistung für die wir Armin Maiwald als Vater der Sendung mit der Maus ehren wollen“, so Rusinek. Wer könne schon so leicht verstehbar erklären wie das Internet funktioniert. „Für uns war das vermittelte Einstiegswissen, die Liberalität und die Didaktik der Sendung ein Generationserlebnis, für uns persönlich steht die Sendung mit der Maus für eine Reihe von Lach- und Sachgeschichten, die uns in unserer Kindheit begleitet haben.“

Die Sendung hieß ursprünglich „Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger“ und war im Jahr 1971 erstmals in der ARD zu sehen. Ein knappes Jahr später wurde die Reihe in „Die Sendung mit der Maus“ umbenannt. Übertragungen erfolgten in fast 100 Ländern der Erde. Die Sendung erhielt bisher mehr als 100 nationale und internationale Preise. Die Aufforderung „Frag doch mal die Maus“ gilt inzwischen als geflügeltes Wort und wurde 2006 zum Titel einer ARD-Show.

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20.09.2011

Denkmalschutz in seiner schönsten Form: Preis der Oberfranken-Stiftung für 13-jährige Sanierung des „Palais Pottenstein“ in Bayreuth – Prominente Kirchenmusiker Ingrid Kasper und Georg Schäffner ausgezeichnet

Thurnau – Für besonders herausragende Leistungen in der Sparte Kultur sowie im Bereich Denkmalpflege hat die Oberfrankenstiftung in diesem Jahr drei Preise vergeben. Der Denkmalpflegepreis ging an die Familie Heike und Martin Kistner, die ein bauliches Juwel im Bayreuther Röhrenseepark in 13 Jahren mühevoller Kleinarbeit und mit hohem persönlichen Einsatz aus dem Dornröschenschlaf geholt und daraus ein wahres Schmuckstück gemacht haben. Den Kulturpreis erhielten diesmal zwei Kirchenmusiker, die beide weit über die Grenzen Oberfrankens hinaus nicht nur in Fachkreisen bekannt sind: die Bamberger Dekanatskantorin Ingrid Kasper und der Gößweinsteiner Regionalkantor Georg Schäffner.

„Palais Pottenstein“ heißt das Anwesen in der Pottensteiner Straße in Bayreuth, das die Familie Kistner 1998 erworben hatte und das sich zuletzt in einem heruntergekommenen Zustand befunden hatte. Die Jugendstilvilla wurde zwischen 1902 und 1904 von dem Maler- und Tünchermeister Hans Karl Münch errichtet und diente als Wohn- und Geschäftshaus. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das stattliche Anwesen von dem Bayreuther Bäckermeister Johann Popp erworben, der 1930 als erster Bäcker der Stadt und wohl in ganz Oberfranken einen Gasbackofen in das Anwesen einbauen ließ.

Zum Haus gehört nicht nur ein großzügiger Garten, sondern auch ein Kioskbetrieb für Besucher des Röhrenseeparks, den das Ehepaar Kastner nach liebevoller Restaurierung mittlerweile verpachtet hat. Heike und Martin Kistner sowie den drei Töchtern Katharina, Anna und Eva dient das „Palais Pottenstein" heute nach 13 Jahren Umbauzeit als großzügiges Zuhause.

Bezirkstagspräsident Günther Denzler, der die Laudatio für die Familie Kistner hielt, bescheinigte ihr großes Gespür für die bauliche Substanz und jede Menge Fingerspitzengefühl für die architektonischen Details, von den Jugendstil-Schablonenmalereien an den Wänden über die Türen mit ihren Messing-Beschlägen und –Griffen bis hin zu den bauzeitlichen Treppengeländern. „Wer immer am Palais Pottenstein vorübergeht, der sieht wie Denkmalschutz in seiner schönsten Form aussehen kann“, sagte Denzler.

Der Kulturpreis der Oberfrankenstiftung ging in diesem Jahr an die beiden Kirchenmusiker Ingrid Kasper und Georg Schäffner. Ingrid Kasper ist seit dem Jahr 2000 Dekanatskantorin von St. Stephan in Bamberg und habe die Kantorei seitdem weit über die Grenzen der Domstadt hinaus bekannt gemacht, sagte Regierungspräsident Wilhelm Wenning, der auch Stiftungsratsvorsitzender der Oberfrankenstiftung ist. Ingrid Kasper hatte nicht nur mehrere Chöre gegründet und eine Chornacht ins Leben gerufen, sondern führte auch zahlreiche Konzertreisen mit der Kantorei ins In- und Ausland durch. Als Beispiel nannte Wenning einen Auftritt bei den Salzburger Festspielen mit Mozarts Requiem im Jahr 2005.

Der zweite Preisträger, Georg Schäffner von der Basilika in Gößweinstein, der unter anderem bei Papst-Bruder Georg Ratzinger in Regensburg studiert hatte, ist bereits seit 1973 als Regionalkantor tätig. Auch er wirkte bereits in den unterschiedlichsten Ensembles mit und hatte Auftritte nicht nur in ganz Europa, sondern auch in Kanada. Seine Orgelkonzerte wurden bereits mehrfach vom Bayerischen Rundfunk übertragen, auch für die verschiedensten TV-Produktionen wurde er bereits engagiert.

Mit der Preisverleihung 2011 konnte die renommierte Oberfrankenstiftung zugleich ihre 200. Stiftungsratssitzung seit 1955 feiern. Bezirksheimatpfleger Günter Dippold erinnerte aus diesem Anlass an die Gründung der Stiftung im Jahr 1927 durch den damaligen Kreistagspräsidenten (Bezirkstagspräsidenten) und früheren Bamberger Oberbürgermeister Adolf Wächter. Dippold bezeichnete es als schade, dass heute „so gar nichts mehr“ an Wächter erinnere, zumal er sich schon 1923 gegen die Nationalsozialisten gestellt habe und während des Dritten Reiches heftigen Bedrängnissen ausgesetzt gewesen sei. Obwohl die Stiftung unter den braunen Machthabern zur Beute der Partei wurde, sei 1948 eine Wiedergründung gelungen.  Seitdem hätten etliche Großprojekte, wie die Sanierung des Klosters Banz, des Langheimer Amtshofes in Kulmbach, des Schlosses Thurnau oder der Thermalbohrung in Bad Staffelstein erst durch die Oberfrankenstiftung ermöglicht werden können.

Nach den Worten von Regierungspräsident Wilhelm Wenning hat die Oberfrankenstiftung heute ein Vermögen von über 500 Millionen Euro, allein im zurückliegenden Jahr hätten Zuwendungen in Höhe von 28 Millionen Euro aus den Stiftungserträgen ermöglicht werden können.

Prominentester Gratulant zur 200. Stiftungsratssitzung war der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Er freute sich, dass der Stiftungsboom selbst in den Jahren der Wirtschafts- und Finanzkrise nicht zum Erliegen gekommen sei und dass es im Freistaat mittlerweile über 3000 staatlich anerkannte rechtsfähige Stiftungen gebe. Hinzu kämen noch einige tausende kirchliche Stiftungen, die unter kirchlicher Aufsicht stehen.

Bilder:
- Regierungspräsident Wilhelm Wenning, Innenminister Joachim Herrmann, und
  Bezirkstagspräsident Günther Denzler haben die Familie Kistner aus Bayreuth mit Eva, Heike,
  Martin, Katharina und Anna (von links) mit dem Denkmalpflegepreis der Oberfrankenstiftung
  ausgezeichnet.
- Regierungspräsident Wilhelm Wenning und die Bamberger Dekanatskantorin Ingrid Kasper.
-
Innenminister Joachim Herrmann und der Gößweinsteiner Regionalkantor Georg Schäffner.

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16.09.2011

Seit 30 Jahren: Fliegende Intensivstation zur Rettung von Menschenleben Christoph 20 in Bayreuth gehört zu den gefragtesten Rettungshubschrauberstationen in Deutschland

Bayreuth – Kein einziger ADAC-Hubschrauber in Deutschland hat in den zurückliegenden 30 Jahren so viele Einsätze geflogen, wie Christoph 20. Die Geschäftsführerin der ADAC-Luftrettung Susanne Matzke-Ahl kommt auf fast 40000 Einsätze, die von Bayreuth aus in den vergangenen drei Jahrzehnten erfolgt waren. Vielen Menschen habe die fliegende Intensivstation damit das Leben gerettet, waren sich alle Verantwortlichen bei einer kleinen Feier zum 30. Geburtstag der Station am Klinikum am Freitag einig.

Dabei verlief der Start der Luftrettung in Bayreuth weniger glücklich. Im November 1981 erfolgte der erste Flug, damals noch vom alten Städtischen Krankenhaus nahe der Innenstadt aus, und schon ein gutes halbes Jahr später stürzte Christoph 20 „außerhalb des Rettungsdienstes“, wie es offiziell heißt, am 6. Juni 1982 ab. Die grausame Bilanz damals: drei Tote. Der erfahrene Pilot war damals an einem frühen Sonntagmorgen zu einem Betankungsflug aufgebrochen und hatte dazu zwei Bekannte mitgenommen. Beim Tiefflug über den Oschenberg nahe Bayreuth verfingen sich die Rotorblätter in ein Hindernis, was schließlich ursächlich für die Katastrophe war. Die gesamte Luftrettung hatte damals auf dem Prüfstand gestanden, erinnerte sich Geschäftsführerin Matzke-Ahl, neue Sicherheitsstandards seien daraufhin eingeführt worden.

Von da an flog der Bayreuther Rettungshubschrauber allerdings beständig auf Erfolgskurs und konnte zahlreichen Skifahrern im Fichtelgebirge oder Kletterern in der Fränkischen Schweiz das Leben retten. 1990 wurde erstmals die Zahl von 1000 Einsätzen pro Jahr erreicht und seitdem nie mehr unterschritten. Als stärkstes Jahr gilt 2005, in dem vom Klinikum aus genau 1822 Einsätze bewältigt wurden, was rechnerisch knapp fünf Einsätze pro Tag bedeutet. Auch im laufenden Jahr verzeichnet der Hubschrauber zwischen Januar und August bereits knapp 1300 Einsätze, die Zahl der versorgten Patienten bezifferte der stellvertretende ärztliche Leiter des Rettungsdienstes Dr. Christoph Bernmeyer auf genau 1223.

Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl nannte den Rettungshubschrauber einen wirklichen Gewinn für die Sicherheit der Bevölkerung in Nordostbayern, er sprach von einem leistungsfähigen Standort mit hoher Auslastung und breiter Akzeptanz in der Bevölkerung. Bayernweit habe die Bayreuther Station regelmäßig die höchsten Einsatzzahlen und bundesweit sei sie regelmäßig in der Spitzengruppe zu finden, damit habe sich die Luftrettung in Bayreuth absolut bewährt.

Der Einsatzradius des ADAC-Rettungshubschraubers Christoph 20 erstreckt sich von den benachbarten unterfränkischen Landkreisen im Westen bis zur tschechischen Grenze im Osten sowie vom Nürnberger Land bis nach Thüringen. Der Flugbetrieb mit dem derzeitigen Typ EC135 startet täglich um 7 Uhr und endet mit dem Sonnenuntergang. Der Einsatzstatistik zufolge sind internistische Notfälle, wie Herz- und Kreislauferkrankungen gefolgt von neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfällen die häufigsten Alarmierungsursachen. Erst an dritter Stelle folgen Verkehrsunfälle.

Organisatorisch wird der Betrieb des Rettungshubschraubers von der ADAC-Luftrettung durchgeführt, Träger ist der Zweckverband für den Rettungsdienst, zu dem die Städte und Landkreise Bayreuth und Kulmbach gehören. Partner sind der Kreisverband Bayreuth des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), der den Rettungsassistenten stellt, und das Klinikum Bayreuth, von dem die Ärzte kommen.

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12.09.2011

Organspende: Steinmeier-Effekt ist nicht eingetreten / Grüne begrüßen Entscheidungslösung für Überarbeitung des Transplantationsgesetzes

Bayreuth – Rund 12000 Menschen warten derzeit in Deutschland auf ein Spenderorgan. Im zurückliegenden Jahr gab es rund 5000 Transplantationen (einschließlich Spenden von lebenden Personen), das bedeutet, dass 7000 Spenderorgane gefehlt haben und im Schnitt täglich drei Menschen sterben müssen, die auf den Wartelisten stehen und dringend ein Organ benötigt hätten. Noch für das laufende Jahr steht eine Überarbeitung des Transplantationsgesetzes an, die weitreichende Folgen haben könnte. Grund genug, für die Grünen, das heikle Thema mit einem Spezialisten wie Dr. Ernst Breidenbach, dem geschäftsführenden Arzt der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) für Bayern, am Montagabend in Bayreuth zu diskutieren.

Spätestens seit der (Lebend)-Spende des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier an seine Ehefrau ist das Thema wieder in aller Munde. „Doch der Steinmeier-Effekt ist nicht eingetreten“, sagt Breidenbach. Zwar seien sowohl die Klicks auf entsprechende Internetseiten, wie auch Anrufe in der Geschäftsstelle seiner Organisation und nicht zuletzt die Artikel in der Presse geradezu astronomisch in die Höhe gegangen, doch die Zahlen für Organspenden hätten abgenommen. Dies entspreche dem Trend. Europaweit liege Deutschland in Sachen Organspende im hinteren Mittelfeld, weltweit sogar im hinteren Drittel.

Der Mediziner nannte es einen Skandal, dass Betroffene in Norwegen gerade einmal sechs Monate beispielsweise auf eine Niere warten müssen, während sie bei vergleichbarem medizinischem Standard in Deutschland sechs Jahre Geduld bräuchten. Weil die Situation in Deutschland so schlecht sei, würden von Betroffenen längst auch Organe von Risikopatienten oder von immer älteren Menschen akzeptiert, was wiederum schlechtere Überlebenschancen mit sich bringe. Was also ist zu tun, um die Spendenbereitschaft zu steigern?

Die Bevölkerung müsse besser aufgeklärt, in den Krankenhäusern sollte ein besseres Spendenmanagement durchgesetzt werden und der Gesetzgeber müsse den Rahmen deutlich verbessern, so der Fachmann von der DSO-Koordinierungsstelle. Er kritisierte, dass maximal zehn Prozent der Bevölkerung einen Spendenausweis besitze und 50 Prozent der Krankenhäuser in Bayern ihrer Meldepflicht nicht nachkämen, obwohl sie im Falle eines Hirntods eigentlich dazu verpflichtet wären. „Der Organmangel ist drastisch“, sagte Breidenbach. Er könne nicht hinnehmen, dass Menschen sterben müssen, denen man eigentlich helfen könnte und dass der überwiegenden Zahl der Bevölkerung das Thema schlichtweg egal ist.

„Die Angst vor der Auseinandersetzung mit dem eigenen Sterben und dem eigenen Tod mag hierzulande womöglich tabubelastender sein, als anderswo“, sagte Elisabeth Scharfenberg, Mitglied des Gesundheitsausschusses im Bundestag. Sie begrüßte es, dass die sogenannte „Widerspruchslösung“ („Wer eine Organspende nicht ausdrücklich abgelehnt hat, stimmt zu“) mittlerweile vom Tisch sei. Es wäre ethisch höchst problematisch gewesen, das Schweigen einer Person grundsätzlich als Zustimmung zu werten.

Besser sei die, mittlerweile auch von der Union und der SPD favorisierte Entscheidungslösung, allerdings stünden dabei noch viele Fragen offen, die einer dringenden Klärung bedürfen. Die Entscheidungslösung besagt, dass jeder Mensch ausdrücklich angehalten werden muss, eine Entscheidung zu treffen. Dies klinge zunächst gut, doch sei die Umsetzung bei einem derart sensiblen Thema nicht gerade einfach. Was, wenn sich jemand dieser Auskunft verweigert? Wo und wann soll die Entscheidung abgefragt werden? Was geschieht, wenn jemand seine Entscheidung wieder ändern möchte? All diese grundsätzlichen Fragen seien noch nicht zweifelsfrei beantwortet, so Scharfenberg.

Denkbar ist es nach Ansicht Scharfenbergs, dass die Krankenkassen verstärkt ihrer Pflicht nachkommen sollten, über die Organspende aufzuklären.  Die Aufklärung müsse allerdings ergebnisoffen sein und dürfe nicht den Anschein rechtlichen oder moralischen Zwangs haben. Die reine Aufklärung für die Organspende sei jedenfalls nicht wertneutral und diskriminiere jene, die sich gegen eine Spende entscheiden.

Bilder:
- Aufklärung muss wertneutral und ergebnisoffen sein“: Elisabeth Scharfenberg, Mitglied des Gesundheitsausschusses im Bundestag (oben).
-
„Der Organmangel ist drastisch“: Dr. Ernst Breidenbach, geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) für Bayern (unten).

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10.08.2011

„Benno“ ist wieder komplett / Europaweit einziges vollständige Höhlenbärenskelett in der Sophienhöhle bei Ahorntal entdeckt

Ahorntal – Experten sprechen von einer Sensation: In der Sophienhöhle bei Ahorntal im Landkreis Bayreuth ist das erste und einzige, praktisch vollständige Skelett eines Höhlenbären gefunden worden. Von einem der weltweit vollständigsten Höhlenbärenskelette überhaupt, sprach bei der Präsentation des Fundes der international anerkannte Paläontologen Dr. Cajus Dietrich aus Halle in Westfalen.

Während schon bisher ein allerdings lückenhaftes und zusammen gegipstes Skelett aus Höhlenbärknochen in der Höhle zu sehen war, so liegt der Bär, den die Betreiber „Benno“ getauft haben, jetzt wieder in Schlafstellung im Sand der Höhle, geschützt von einer großen gläsernen Vitrine. Möglich wurde dies durch die Forschungen Dietrichs, der zusammen mit vielen fleißigen Helfern in den zurückliegenden Monaten den losen Sand aus einer versteckt gelegenen Nebenhöhle durchsiebt hatte. Zum Vorschein waren viele hundert, teils winzige Knochen gekommen, mit denen das ehemalige Bärenskelett umfangreich ergänzt werden konnte.

Dem Experten zufolge enthält das Skelett neben allen großen Knochen, wie zum Beispiel Schädel, Schulter und Becken, auch jeden einzelnen Knochen der vier Tatzen und sogar das Zungenbein, das bei Bären aus neun einzelnen Knochen besteht.

Man habe in losem Sand gesiebt und eine wahre Wissenschaftsschatztruhe geöffnet, freute sich Wolfgang Deß, der Inhaber der benachbarten Burg Rabenstein und Betreiber der Sophienhöhle. Damit sei ein reicher Schatz der Geschichte unserer fränkischen Heimat zu Tage getreten, so der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk, der die neue Vitrine mit dem Höhlenbärskelett enthüllte und für die Öffentlichkeit freigab. Das Skelett kann von nun an im Rahmen von Führungen durch die Höhle besichtigt werden.

Der seit rund 25000 Jahren auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit ausgestorbene Höhlenbär galt als Pflanzenfresser und war vor rund 120000 Jahren in die Fränkische Schweiz gekommen. In den Bärengängen der dortigen Höhlen haben die Tiere nicht nur ihre Winterruhe gehalten sondern auch ihre Jungen zur Welt gebracht und aufgezogen. Schon die frühen Höhlenbärarten waren dem Paläontologen Dietrich zufolge größer als die heutigen Braunbären, spätere Arten hätten sogar eine Schulterhöhe von 1,70 Metern erreicht.

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08.08.2011

Knapp 30000 Schüler binnen zehn Jahren weniger / Demographischer Wandel macht sich an den oberfränkischen Schulen bemerkbar

Bayreuth – Der demographische Wandel ist längst Realität. In keinem anderen Bereich lässt sich diese Tatsache besser nachweisen als an den Schulen. Auch im kommenden Schuljahr wird die Zahl der Schüler an oberfränkischen Grund-, Haupt- und Mittelschulen wieder um knapp fünf Prozent unter der des zurückliegenden Schuljahres liegen. Das haben der oberfränkische Regierungspräsident Wilhelm Wenning und Schulabteilungsdirektor Dr. Klemens M. Brosig am Montag in Bayreuth bekannt gegeben.

Konkret liegt die Zahl der Grund-, Haupt- und Mittelschüler bei knapp 53000, und damit bei 2700 unter der Zahl des Vorjahres. Noch dramatischer wird die Situation im Langzeitvergleich. Vor genau zehn Jahren waren es noch rund 79000 Schüler in Oberfranken, kurz vor der Jahrtausendwende gab es sogar noch über 80000 Schüler.

Etwas besser sieht die Zahl dagegen heuer bei den Erstklässlern aus. Immerhin 8235 Schulanfänger gibt es im Regierungsbezirk, „nur“ knapp 200 weniger als noch im Jahr zuvor. Im Vergleich zum letzten Jahr mit einem Minus von fast 700 Erstklässlern falle der Rückgang damit deutlich moderater aus, so Wenning. Grund dafür könnte aber auch der auf den 30. September verschobene Stichtag zur Einschulung sein. Der Stichtag bedeutet: Wer bis zum 30. September sechs Jahre alt wird, muss noch im laufenden Schuljahr die Schulbank drücken.

Weniger stark als die Schülerzahl ist die Zahl der Klassen gesunken. Sie liegt mit knapp drei Prozent unter dem Vorjahr bei knapp 2600. Folge davon ist, dass immer weniger Schüler in einer Klasse unterrichtet werden. „Die statistische Durchschnittszahl liegt jetzt in Oberfranken bei exakt 20.59“, sagte Wenning. Damit sei der Durchschnitt gegenüber den Vorjahren erheblich gesenkt worden.  Große Klassen mit 31 Schülern und mehr gebe es gar nicht mehr, 50 Prozent der Schüler besuchten Klassen mit 20 und weniger Schülern.

Insgesamt gibt es den Zahlen der Regierung zufolge oberfrankenweit genau 331 Schulen, davon sind 3190 öffentliche Volksschulen, der Rest sind private Schulen wie die Montessori-Schulen in Bamberg, Bayreuth, Forchheim, Berg (Landkreis Hof), Marktrodach (Landkreis Kronach) und Marktleuthen (Landkreis Wunsiedel).  Außerdem gibt es drei Rudolf-Steiner-, beziehungsweise Freie Waldorf Schulen in Coburg, Hof und Wernstein (Landkreis Kulmbach), eine private evangelische Volksschule in Hof, die internationale Schule in Bayreuth, eine private Grundschule, sowie die Gesamtschule in Hollfeld. An allen 331 Schulen sind 4679 Lehrer einschließlich Fach- und Förderlehrer sowie Lehramtsanwärter tätig, rund 100 weniger als noch im letzten Schuljahr.

Nahezu abgeschlossen ist in Oberfranken der Prozess der Weiterentwicklung der Hauptschule zur Bayerischen Mittelschule. Insgesamt seien im zurückliegenden Jahr 47 Mittelschulen in 19 Schulverbünden, oder als eigenständige Mittelschule gestartet. Weitere 42 Mittelschulen in 13 Verbünden werden zum neuen Schuljahr an den Start gehen. Abteilungsdirektor Brosig zeigte sich dabei zuversichtlich, dass der noch letzte zu gründende Schulverbund aus den Hauptschulen Naila, Schwarzenbach am Wald und Selbitz noch im kommenden halben Jahr zustande kommt. Aufgelöst werden mussten dagegen bereits im zurückliegenden Schuljahr die Hauptschulen in Thurnau und Waischenfeld. „Wir kamen nicht umhin, diese Schulen zu schließen, weil einfach keine Klassen mehr zustande kamen“, bedauerte Brosig die Situation.

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02.08.2011

Keine Windkraftanlagen in der Fränkischen Schweiz / Ausschussvorsitzender für Tourismus im Bundestag Klaus Brähmig besuchte zwei Tage lang die Region

Muggendorf – Die Fränkische Schweiz ist touristisch hervorragend aufgestellt. Diese Ansicht vertrat der Vorsitzende des Ausschusses für Tourismus im Deutschen Bundestag Klaus Brähmig. Zwei Tage lang hatte der aus der Sächsischen Schweiz stammende Abgeordnete zusammen mit dem Parlamentarischen Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk die Region besucht und war dabei zu dem Schluss gekommen: „Die Fränkische und die Sächsische Schweiz gehören touristisch zum Feinsten, was wir in Deutschland zu bieten haben.“

Insbesondere das neue Gößweinsteiner Höhenbad hatte es Brähmig angetan. Das Bad sei ein Musterbeispiel dafür, was geschehen kann, wenn man die Bevölkerung mitnimmt und sich die Menschen mit den touristischen Zielen einer Kommune identifizieren, sagte er am Dienstagabend bei einem tourismuspolitischen Fachgespräch in Muggendorf. Die Göweinsteiner hätten einen idealen Weg gefunden, um das Bad zu betreiben, die öffentlichen Gelder, die dafür geflossen sind seien ein gutes Beispiel für einen intelligenten Umgang mit Steuergeldern.

Nachdrücklich verteidigte der Parlamentarier bei seinem Besuch auch die Senkung der Mehrwertsteuer für die Hotellerie von 19 auf sieben Prozent. An vielen Stellen der Fränkischen Schweiz könne man sehen, dass mit dem Geld auch wirklich investiert wurde, sagte Brähmig. „Und zwar in Häuser und in Personal, genauso wie es gedacht war.“ Den Vorwurf von Mitnahmeeffekten ließ er dabei nicht gelten.

Staatssekretär Koschyk stellte allerdings auch klar, dass die Senkung immer noch umstritten sei und eine Ausweitung auf den gastronomischen Bereich derzeit undenkbar ist. Er appellierte deshalb an die Wirte und Hoteliers, das Geld aus der Senkung der Mehrwertsteuer dafür zu nutzen, weiter zu investieren und die Infrastruktur zu verbessern.

Ein wichtiges Thema, das den Tourismusverantwortlichen auf den Nägeln brannte war die Sorge vor dem Bau von Windkraftanlagen auf den Höhen der Fränkischen Schweiz. Vor allem im Staatsforst sei der zunehmende Drang nach solchen Anlagen festzustellen, so der zweite Bürgermeister des Marktes Wiesentthal Konrad Rosenzweig. „Windparks gehören dorthin, wo sie auch hinpassen und von der Bevölkerung akzeptiert werden“, stellte Brähmig klar. Gerade in der Fränkischen Schweiz sei die Landschaftsästhetik von besonderer Bedeutung. Wenn es nicht gelinge, die Landschaft so zu gewährleisten, dann könne man zusperren. Auch Staatssekretär Koschyk mahnte ein sensibles vorgehen an. Windparks könne man nur dort errichten, wo sie landschaftsverträglich sind und akzeptiert werden. Angetan zeigte sich Koschyk vom Vorschlag Rosenzweigs, die vielen ehemaligen Mühlen der Fränkischen Schweiz zur Energiegewinnung zu reaktivieren. Dort wo die historische Wasserkraft früher eine große Rolle gespielt habe und die entsprechenden Baudenkmäler noch vorhanden sind, sollte man über eine Reaktivierung nachdenken.

Brähmig sprach auch die Sorge um einen Fachkräftemangel in der Tourismusbranche an. Überall suche man dringend nach Fachkräften, deshalb sei ein besseres Image für den Berufsstand dringend notwendig. Das Ansehen eines Arbeitsplatzes im Tourismus, bei dem die Beschäftigten auch Abends, an Wochenenden und Feiertagen rund um die Uhr für ihre Gäste da sind, müsse wieder besser werden. Brähmig: „Das Bedienen eines Menschen darf nicht schlechter gestellt sein als das Bedienen einer Maschine.“

Bild: Typische Produkte aus der Region sind die beste Tourismuswerbung, darin waren sich der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk (links) und der Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag Klaus Brähmig bei einem Fachgespräch in Muggendorf einig.

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02.07.2011

Marathon mit einem Bein
Asha Noppeney absolvierte Fichtelgebirgs-Marathon für guten Zweck

Kornbach – Herausragendste Teilnehmerin des 8. Fichtelgebirgs-Nordic-Walking-Marathon am Wochenende in Kornbach bei Gefrees war die beinamputierte Asha Noppeney aus Bayreuth. Gemäß ihrem Lebensmotto „Behindert bin ich nur in den Augen der anderen“, war Noppeney bereits gegen Mitternacht die 42 Kilometer lange Strecke gestartet. Flankiert vom Parlamentarischen Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk, dem Bayreuther Landrat Hermann Hübner und dem Gefreeser Bürgermeister Harald Schlegel, die einen Teil der Marathonstrecke mitgelaufen waren, passierte Noppeney am Samstagmittag erschöpft aber überglücklich die Ziellinie.

Das Besondere an dem Lauf war, dass Asha Noppeney jeden gelaufenen Kilometer von Sponsoren unterstützen ließ. Der komplette Betrag soll nun an die Aktion Sternstunden des Bayerischen Rundfunks überwiesen werden. Damit sei sichergestellt, dass die gespendeten Gelder auch wirklich bedürftigen Menschen zu Gute kommen, erklärte die Läuferin.

Asha Noppeney hatte im Alter von sieben Jahren aufgrund eines Behandlungsfehlers in ihrer Heimat Uganda ihr rechtes Bein verloren. Dennoch ist sie die Marathondistanz am Wochenende nicht zum ersten Mal gelaufen. Bereits in den zurückliegenden Jahren hatte sie mit den Spenden bei verschiedenen Projekten Hilfe zur Selbsthilfe gegeben und in Not geratene Menschen und sozial Schwache unterstützt.

Staatssekretär Koschyk, der die Aktion als Schirmherr begleitete, bezeichnete die Aktion als absolut bewundernswert. Asha Noppeney habe bereits in den vergangenen Jahren durch ihre herausragenden sportlichen Leistungen ein starkes Signal für den Behindertensport gesetzt. Nun habe sie auch beim Fichtelgebirgs-Marathon 2011 auf beeindruckende Weise demonstriert, was eiserner Durchhaltewille und vorbildliche Einsatzbereitschaft bewirken können, sagte Koschyk.

Asha Noppeney ist einer breiten Öffentlichkeit auch als Buchautorin bekannt geworden. Unter dem Titel „Tochter der Kriegsnomaden“ hatte sie ihre beeindruckende Lebensgeschichte aufgeschrieben, um anderen Menschen in hoffnungslosen Situationen Mut zu machen.

Bild: Die aus Uganda stammende und in Bayreuth lebende beinamputierte Asha Noppeney bewältigte am Wochenende die 42-Kilometer-Distanz des 8. Fichtelgebirgs-Nordic-Walking-Marathons und durchlief die Ziellinie flankiert vom Parlamentarischen Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk und dem Gefreeser Bürgermeister Harald Schlegel (von rechts) sowie vom Bayreuther Landrat Hermann Hübner und seiner Frau Gisela (rechts).

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27.06.2011

Heiße Reifen und kühle Köpfe / Studenten der Uni Bayreuth konstruierten Rennwagen mit Elektroantrieben und starten damit im August auf dem Hockenheimring

Bayreuth – Das Team Elefant Racing der Universität hat jetzt seinen mittlerweile 6. Rennwagen präsentiert. Das Besondere daran ist, das die Studenten erstmals auf Elektroantrieb setzen und einen sogenannten E-Racer konstruiert und gebaut haben. Auf die Strecke wird das neue Fahrzeug noch im August auf dem Hockenheimring bei der Internationalen Formula Student Electric gehen.

Obwohl der Rennstall der Universität Bayreuth als Verein organisiert ist, handelt es sich bei dem studentischen Zusammenschluss von 35 Aktiven weit mehr als um reines Freizeitvergnügen. Viele der Beteiligten studieren am Lehrstuhl für Konstruktion und CAD und haben im zurückliegenden dreiviertel Jahr im Schnitt rund 20 Stunden pro Woche in Technik und Konstruktion für das Fahrzeug, aber auch in die Organisation für die anstehenden Rennen gesteckt. Ein weiteres wichtiges Feld war das der Sponsorenwerbung. So hatte eine Vielzahl namhafter Firmen aus Oberfranken den Rennstall Bayreuth mit Geld und Sachspenden unterstützt. „Wir agieren wie ein kleiner Betrieb“, sagt Martin Hentschel, der bei Elefant Racing für die Finanzen zuständig ist.

Sein Teamkollege Felix Kiefl schwärmt derweil von zwei Synchron-Motoren mit verbesserten Fahreigenschaften sowie einem eigens konstruiertem Stahlgitter-Rohrrahmen mit innovativer Stoffverkleidung. Deshalb heißt der Wagen auch „Cocoon“, was so viel wie „Hülle“ bedeutet. Kiefl zufolge hat der Elektrorennwagen eine maximale Motorenleistung von 82 PS, die maximale Geschwindigkeit wird mit rund 120 Stundenkilometern angegeben. Möglich wird dies, weil das Fahrzeug nur etwa 300 Kilogramm schwer ist. Angetrieben wird der „Cocoon“ von 20 Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren mit zusammen rund 900 einzelnen Batteriezellen.

„Es habe nichts mit dem Zeitgeist zu tun, wenn sich unsere Studenten mit Elektro-Antrieben beschäftigen“, so Lehrstuhlinhaber Frank Rieg. Der E-Racer bedeute auch nicht, dass beim nächsten Mal nicht doch wieder ein Fahrzeug mit Brennstoffmotor konstruiert wird. Es könne jedoch nur von Vorteil für das spätere Berufsleben sein, wenn die Studierenden für sämtliche Antriebe mit dem entsprechenden Wissen gerüstet seien.  Universitätspräsident Rüdiger Bormann sprach von einer herausragenden studentischen Initiative. Seinen Worten zufolge führe an der Elektromobilität kein Weg mehr vorbei, deshalb appellierte er auch an die Studenten weiter zu forschen und weiter zu entwickeln.

Ziel des bereits seit 1998 existierenden Wettbewerbs „Formula Student“ ist es nicht nur, einen Rennwagen zu konstruieren und zu bauen, sondern auch in einem echten Wettbewerb zu fahren. Dennoch handelt es sich eher um einen Konstruktions-, als um einen Rennwettbewerb. Das Reglement reiche dabei von der Sicherheit des Fahrzeugs über Wartungsfreundlichkeit bis hin zu guten Fahreigenschaften und einem besonderen Design. Neben der Anwendung von in Vorlesungen erworbenem Fachwissen steht bei dem Projekt auch die Teamfähigkeit im Vordergrund. Deshalb hatten sich die Macher auch als eingetragener Verein konstituiert, um eine professionelle und effiziente Arbeitsweise zu erzielen, aber auch um steuerliche Vergünstigungen für Sponsorengelder und anderen Zuwendungen zu erhalten.

Vor seinem Bau wurde der Rennwagen von Studenten komplett mit Hilfe modernster Software virtuell konstruiert und simuliert. Die anschließende Fertigung des Wagens erfolgte im Wesentlichen durch die Mitglieder von Elefant Racing unter Rückgriff auf Knowhow sowie den Werkzeug- und Maschinenpark der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften (FAN) an der Universität Bayreuth.

Bild: So sieht moderne Forschung aus: Universitätspräsident Rüdiger Bormann testete gleich nach der Enthüllung den neuen Rennwagen, der von Studenten der Universität Bayreuth konstruiert wurde.

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03.03.2011

Kooperation statt Kirchturmdenken / Vorsitzender des Tourismusausschusses im Bundestag Klaus Brähmig besuchte das Fichtelgebirge

Fichtelberg – Zum Blick über den Tellerrand hat der Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag, der Abgeordnete Klaus Brähmig die Gemeinden im Fichtelgebirge aufgefordert. „Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung wird künftig noch viel mehr und viel enger zusammengearbeitet werden müssen, als heute“, sagte Brähmig am Donnerstag bei einem tourismuspolitischen Spitzengespräch in Fichtelberg. Bei den massiven Bevölkerungsrückgängen könnten die einzelnen Gemeinde in Zukunft nicht mehr so stark sein. Brähmig sprach sich deshalb dafür aus, verstärkt Zweckverbände zu gründen oder andere Formen der Zusammenarbeit zu wählen. Nur diejenigen Regionen, die sich zukünftig auf Kooperationen einlassen, werden im Wettbewerb der über 120 Fremdenverkehrsgebiete in Deutschland noch erfolgreich sein können.

Bei den Praktikern aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe sowie aus dem Tourismusbereich stieß der Parlamentarier dabei auf offene Ohren. Er sehe gute Perspektiven für das Fichtelgebirge, wenn einzelnen Gemeinden ihr bisheriges Kirchturmdenken aufgeben, so der neue Geschäftsführer der Tourismuszentrale Fichtelgebirge Ferdinand Reeb. Dabei sollten auch die Städte um das Fichtelgebirge herum miteinbezogen werden, meinte Engin Gülyaprak vom Hotel- und Gaststättenverband aus Bayreuth. Das westliche Fichtelgebirge dürfe sich dabei aber auch nicht zu schade sein, für die Porzellan-Highlights in Selb oder Hohenberg zu werben, so Bad Bernecks 2. Bürgermeister Alexander Popp. Gleichzeitig müsste dort aber auch Werbung für die Sommerrodelbahn in Bischofsgrün betrieben werden. Popp: „Niemand sollte künftig mehr davor zurückschrecken, touristische Angebote anderer Fichtelgebirgsorte hervorzuheben.“

Tourismusförderung sei immer auch Wirtschaftsförderung, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk, der zusammen mit Brähmig zuvor unter anderem das Waldhaus in Mehlmeisel, die Skisprungschanze in Warmensteinach und die Skischule Nordbayern in Bischofsgrün besucht hatte. Koschyk forderte alle im Tourismus tätigen Akteure auf, das Licht der Fremdenverkehrsregion Fichtelgebirge nicht unter den Scheffel zu stellen. „Wir haben ganzjährig etwas zu bieten“, sagte er und sah positive Ansätze darin, dass die Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent von vielen Hotels im Fichtelgebirge bereits für Investitionen genutzt wurden.

Zu mehr Selbstbewusstsein rief auch der Vorsitzende der Tourismuszentrale Fichtelgebirge, der Bayreuther Landrat Hermann Hübner auf. Positive Zeichen seien beispielsweise aus der Steigerung bei den Gästeankünften von vier Prozent im vergangenen Jahr zu sehen. Insgesamt bezifferte Hübner die Zahl der Übernachtungen im zurückliegenden Jahr auf 1,15 Millionen. Sein Ziel sei es, das Fichtelgebirge als Dachmarke weiter zu stärken und dabei vor allem auf die Themen Natur und Kultur zu setzen.

Seine Vision von einer Vermarktung und der Motto „Fichtelgebirge 2012 – Industrie, Natur, Kultur“ stellte der Geschäftsführer der Tourismuszentrale Ferdinand Reeb vor. Ähnlich wie beim Konzept der Kulturhauptstadt „Ruhr 2010“ sollte auch das Fichtelgebirge geschlossen nach außen auftreten und sich dabei als grüne Region mit reichhaltiger Industrietradition präsentieren. Ein solches Konzept würde nicht nur den Bekanntheitsgrad des Fichtelgebirges steigern, sondern gleich auch auf interessante Produkte wie Porzellan aufmerksam machen.

Bild: Bei seinem Besuch des Fichtelgebirges hat sich der Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag Klaus Brähmig (sitzend) in das Goldene Buch der Gemeinde Warmensteinach eingetragen. Über die Schulter blickten ihm dabei (von links): Staatssekretär Hartmut Koschyk, Landrat Hermann Hübner und der Warmensteinacher Bürgermeister Klaus Voit.

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01.03.2011

30000 Mal hat es in Oberfranken gekracht / Weniger Verletzte, mehr Blechschäden / Neues Geschwindigkeitsmesssystem vorgestellt

Bayreuth – Die Zahl der Verkehrsunfälle auf oberfränkischen Straßen ist im vergangenen Jahr um sieben Prozent auf knapp 30000 angestiegen. Während bei den Blechschäden ein deutliches Plus zu verzeichnen war, ist die Zahl der Personenschäden gesunken. Allerdings musste die Polizei noch immer 71 Verkehrstote und damit nur einen weniger als im Vorjahr verzeichnen. Einen erfreulichen Rückgang gab es dagegen bei der Zahl der Unfälle mit Verletzten, die um über sechs Prozent auf 4200 nach unten gegangen war. All dies geht aus der oberfränkischen Verkehrsstatistik hervor, die der neue Polizeipräsident Reinhard Kunkel und der Leiter des Sachbereichs Verkehr Dieter Haubner am Dienstag in Bayreuth vorgestellt haben.

Als Grund für den Anstieg der Verkehrsunfälle nannte Polizeipräsident Kunkel unter anderem auch den frühen Wintereinbruch. Insbesondere in den Monaten November und Dezember hätten seine Kollegen einen spürbaren Anstieg bei Blechschäden verzeichnen müssen. Den niedrigsten Stand konnte Kunkel mit 444 Verkehrsunfällen für den Bereich der Alkoholunfälle melden. Allerdings hat auch hier die Medaille zwei Seiten. Allein bei zehn der insgesamt 71 Verkehrstoten war Alkohol am Steuer die Ursache. 256 Personen wurden in Verbindung mit Alkoholunfällen verletzt, nach den Worten des Polizeipräsidenten „ein hoher Wert, der uns zu denken gibt“. Allein bei  routinemäßigen Kontrollen würden derzeit pro Tag allein in Oberfranken fünf bis sechs Kfz-Lenker aus dem Verkehr gezogen. Forderungen nach einer Null-Promille-Regelung stand der Präsident allerdings eher skeptisch gegenüber. Alkohol sei in zahlreichen Nahrungsmitteln und Medikamenten vorhanden, so dass allein schon die Überwachung schwierig wäre. Hinzu kommt, dass sich der weitaus größte Teil der Alkoholunfälle bei Werten von 1,5 Promille und mehr ereigne. Die geringen Promillewerte seien also gar nicht das Problem, so Kunkel.

Schwerpunkt der Alkoholfahrten ist klar die momentane Faschingszeit. „Fasching ist die Hochzeit der Narren, aber leider auch die Hochzeit der Trunkenheitsfahrten“, sagte Kunkel und drückte seinen Unmut darüber aus, wenn die Arbeit der Polizei bei einzelnen Büttenrednern vor laufenden Fernsehkameras ins Lächerliche gezogen werde. Allein im Fasching 2010 habe die Polizei 261 Mal alkoholisierte Fahrer aus dem Verkehr gezogen und weitere 45 Trunkenheitsfahrten gerade noch verhindern können. Zusätzlich ertappten die Beamten allein in der Faschingszeit 2010 genau 128 Fahrer, die unter dem Einfluss von Drogen standen. 134 Fahrzeugführer mussten ihren Führerschein noch an Ort und Stelle abgeben.

Völlig unverständlich, aber doch traurige Tatsache ist es, dass noch immer viele Autofahrer auf den Sicherheitsgurt verzichten. 16 der 71 getöteten Verkehrsteilnehmer und damit fast jeder Fünfte seien nicht, oder nicht richtig angegurtet gewesen. Dieser Negativtrend zeichne sich noch deutlicher bei den Schwerverletzten ab. So war die Zahl der nicht angeschnallten schwerverletzten Personen im vergangenen Jahr um rund 50 Prozent auf 65 angestiegen.

Eine positive Entwicklung, zumindest im Langzeitvergleich, machte Kunkel für die Risikogruppe der Motorradfahrer aus. 16 Motorradfahrer, vier mehr als noch 2009 mussten 2010 auf oberfränkischen Straßen ihr Leben lassen. Allerdings war die Zahl der Verletzten Kradfahrer um über 13 Prozent auf 443 gesunken. Auch in diesem Bereich will die Polizei neben einer konsequenten Ahndung von Verkehrsverstößen durch Sicherheitsaktionen zur weiteren Reduzierung der Unfallzahlen beitragen. Einen wichtigen Präventionsbaustein soll dazu die Aktion „Ankommen statt umkommen“ bilden, die am 16. und 17 April in Kulmbach mit der 11. bayernweiten Motorradsternfahrt ihren Höhepunkt findet.

Da überhöhte Geschwindigkeit bei den Unfallursachen nach wie vor an erster Stelle steht, wollen die Beamten im laufenden Jahr einen Schwerpunkt auf verstärkte Kontrollen setzen. Dazu stellten sie ein neues, volldigitales Geschwindigkeitsmessgerät vor, das Rasern künftig das Leben noch schwerer machen soll. „Das hat nichts mit Abzocke zu tun“, stellte der Polizeipräsident unmissverständlich klar. „Wenn wir die Unfallursachen beseitigen wollen, müssen wir tätig werden und die Autofahrer auch kontrollieren.“

Das neue Gerät erfasst bei der Durchfahrt eines Fahrzeugs ein Helligkeitsprofil und errechnet so im Bruchteil von Sekunden die Geschwindigkeit. Zwei Sensoren ermitteln den seitlichen Abstand  des Fahrzeugs zur Messeinheit, um bei mehrspurigen Straßen eine eindeutige Zuordnung zu gewährleisten. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung wird ein digitales Foto erstellt und auf einen Computer übertragen, wo sofort sämtliche Daten einsehbar sind.

Die gesamte Einrichtung sei von Wetter und Tageszeit unabhängig und könne bis zu vier Fahrspuren auf einmal überwachen, sagte Polizeipräsident Kunkel. Durch das synchrone Auslösen der Kameras seien jetzt auch Geschwindigkeitsverstöße von Motorradfahrern eindeutig dokumentierbar. Darüber hinaus sei die Anlage sofort nach ihrer Aufstellung betriebsbereit und müsse nicht mehr im Verkehrsfluss kalibriert werden. Außerdem könne künftig auch in engen Kurven oder in Tunnels gemessen werden. „Durch die verbesserte Messtechnik reduziert sich die Fehlerquote praktisch gegen Null“, sagte der Polizeipräsident. Da auch von der Seite fotografiert wird, seien auch CDs im Bereich der Frontscheibe nicht mehr geeignet, um sich vor dem Blitz zu schützen.

Bilder:
- Noch präziser als bisher: Die oberfränkischen Polizisten werden künftig mit diesem volldigitalen Geschwindigkeitsmessgerät Jagd auf potenzielle Raser machen.
- „Sicherheitsgurte sind der Lebensretter Nummer 1“: Der neue Polizeipräsident Reinhard Kunkel (rechts) und der Leiter des Sachbereichs Verkehr Dieter Haubner stellten am Dienstag in Bayreuth die Verkehrsstatistik der oberfränkischen Polizei vor.

- Wenn es blitzt ist es schon zu spät: Unabhängig von Tageszeit und Wetter kann das neue volldigitale Geschwindigkeitsmessgerät bis zu vier Fahrspuren auf einmal überwachen.

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10.02.2011

Haus des lebenslangen Lernens eröffnet / Neues Bayreuther „RW 21“ gehört zu den modernsten Bibliotheken Deutschlands

Bayreuth – Unter dem Kürzel „RW 21“ ist am Donnerstag in Bayreuth nach 14 Monaten Bauzeit das neue „Haus des lebenslangen Lernens“ eröffnet worden. Die 3,5 Millionen Euro teuere Einrichtung führt auf rund 5000 Quadratmetern Nutzfläche die bisherige Stadtbibliothek, die Jugendbibliothek, die Volkshochschule und das Stadtarchiv zusammen. Sämtliche Stellen waren bislang auf mehreren Standorten verstreut und speziell im Bereich der Bibliotheken längst nicht mehr zeitgemäß untergebracht. Das jetzige „RW 21“ (Richard-Wagner-Straße 21) gehört Fachleuten zufolge zu Deutschlands modernsten Bibliotheken und ist in den Räumen des ehemaligen und aufwändig umgebauten Textilkaufhauses Oberpaur untergebracht. Die Räumlichkeiten waren zuvor fast zehn Jahre leer gestanden, ehe sie von der Stadt für weitere rund vier Millionen Euro angekauft wurden. Möglich wurde die Investition für die Stadt zum einen durch das Konjunkturprogramm II, aus dem cirka 1,25 Millionen Euro stammten, sowie durch den nicht bezifferten Nachlass eines Bayreuther Bürgers.

Bibliotheken seien heute weit mehr als Buchausleihstellen, sie seien vielmehr Bildungspartner, die allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu Wissensquellen eröffnen sollen, sagte die Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes und frühere Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth. Eng mit dem Lernen in allen Lebensphasen verpflichtet sei die Erwachsenenbildung. Damit liege die enge Nachbarschaft von Bibliothek und Volkshochschule, wie sie in Bayreuth jetzt verwirklicht wurde, auf der Hand.

Vom gelungenen Schlusspunkt einer langen Entwicklungsgeschichte und einem Quantensprung für die Bildungsstadt Bayreuth sprach Oberbürgermeister Michael Hohl. Seinen Worten zufolge reichen erste Überlegungen für einen Umzug der Stadtbibliothek bis ins Jahr 1986 zurück. Hohl: „Mit dem RW 21 spielt Bayreuth nun in der ersten Liga der Stadtbibliotheken mit.“

Vor dem Hintergrund ständig steigender Nutzer- und Ausleihzahlen waren die Raumprobleme der Stadtbibliothek immer drängender geworden. Gleiches gilt für die Kinder- und Jugendbibliothek sowie für die Volkshochschule, die ihr Kursangebot in den zurückliegenden Jahren deutlich ausgeweitet hat und zuletzt auf über 40 Standorte im gesamten Stadtgebiet verteilt war. In den jetzigen Bibliotheksräumen ist, verteilt auf drei Stockwerke, Platz für 105000 Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, DVDs).

Was die Volkshochschule angeht, so stehen in einem weiteren Stockwerk acht Seminarräume für einzelne Kurse zur Verfügung, dazu kommen Umkleiden, eine Informationstheke und ein Foyer. Herzstück ist das neue Kochstudio mit gemütlichen Essplätzen. Außerdem gibt es im Untergeschoss eine „Black Box“, einen Veranstaltungsraum für rund 75 Personen, in dem künftig Vorträge, Lesungen und Kleinkunsttheater stattfinden sollen.

Als besonderes Extra wurde im zweiten Obergeschoss ein extravagantes Cafe eingerichtet. Unter dem Namen „Cafe Samocca“ wird das Franchiseprojekt von behinderten Menschen betrieben. Die Idee geht auf die Lebenshilfe Harzkreis-Quedlinburg zurück, die es sich zusammen mit der Diakonie in Bayreuth zur Aufgabe gemacht hat, Menschen mit Handicaps anspruchsvolle, vielfältige, abwechslungsreiche und kreative Arbeitsfelder zu ermöglichen. Die unterschiedlichsten Arbeitsabläufe im gesamten Cafebereich sollen individuellen Raum für eine weitestgehende selbstständige Gestaltung der Menschen mit Behinderungen geben. Insgesamt sind in dem neuen Cafe 20 Personen beschäftigt.

Bilder:
- In den Räumen eines früheren Kaufhauses in der Richard-Wagner-Straße ist das „Haus des lebenslangen Lernens“ untergebracht
- Auf großzügigen Flächen sind die über 100000 Medien im neuen „RW 21“ untergebracht.
- „Viel mehr als eine Buchausleihstelle“: Die Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes und frühere Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth vor dem neuen „Haus des lebenslangen Lernens“
- Oberbürgermeister Michael Hohl konnte zur Eröffnung des neuen „RW 21“ die Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes und frühere Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth begrüßen.

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04.02.2011

Regensburger Dom geht millionenfach in alle Welt / Neue deutsch-japanische Gemeinschaftsbriefmarken der UNESCO-Weltkulturerbe-Serie vorgestellt

Regensburg – Eine überaus positive Zwischenbilanz über 150 Jahre freundschaftliche Beziehungen zwischen Japan und Deutschland haben der japanische Botschafter Takahiro Shinyo und der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk am Freitag in Regensburg gezogen. „Durch eine Vielzahl gemeinsamer Interessen und der Verpflichtung zu globaler Verantwortung sind beide Länder natürliche Partner und Freunde für das neue Jahrhundert“, sagte Koschyk bei der Vorstellung der neuen Sonderbriefmarken aus der Serie „Weltkulturerbe der UNESCO“ mit den Motiven des Regensburger Doms und des Tempels der japanischen Stadt Nara. Beide Länder hätten sich stets gegenseitig beeinflusst, auch wenn sie rund 9500 Kilometer entfernt liegen, so Botschafter Shinyo.

Japan und Deutschland gehörten nicht nur seit Jahrzehnten zu den größten und erfolgreichsten Marktwirtschaften der Welt, auch die kulturellen Beziehungen sind außerordentlich stark, sagte Staatssekretär Koschyk. Seinen Worten zufolge gebe es derzeit 56 Japanisch-Deutsche Gesellschaften und 127 Hochschulkooperationen, 54 deutsche Schulen, an denen japanisch unterrichtet wird und 75 japanische Oberschulen mit Deutsch als Unterrichtsfach. Darüber hinaus studierten derzeit rund 2500 japanische Studenten in Deutschland und immerhin 450 deutsche Studenten in Japan. Insgesamt lebten in Deutschland cirka 34000 Japaner, für 6000 Deutsche sei Japan zur Wahlheimat geworden.

Dokumentiert werden sollen die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern künftig in den neuen Gemeinschaftsmarken. Eine davon zeigt den berühmten Regensburger Dom St. Peter, der zu den bedeutendsten Bauwerken der Gotik zählt und der die einzige gotische Kathedrale Bayerns ist. Auf der zweiten Marke ist der Tempel Yakushi-ji der Stadt Nara zu sehen, dessen östliche Pagode nachweislich aus dem 7. Jahrhundert stammt.

Bis die Motive auf die Briefmarken kamen, war es allerdings ein weiter Weg. In einer gemeinsamen Jurysitzung in Tokio haben Delegationen aus beiden Ländern die Favoriten der jeweiligen nationalen Wettbewerbe begutachtet und schließlich die Entwürfe des Dortmunder Grafikers Dieter Ziegenfeuter ausgewählt. Er gehört bereits seit Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Grafikern, die Briefmarken entwerfen.

Die Briefmarke mit dem Regensburger Motiv hat einen nominalen Wert von 75 Cent, was dem neuen Auslandporte der Deutschen Post entspricht, die Marke mit dem japanischen Motiv hat einen Wert von 55 Cent (Standardbrief). Insgesamt ist die Sondermarke mit dem Regensburger Motiv in der stattlichen Auflage von knapp 47 Millionen Stück erschienen, von der japanischen Marke wurden knapp sechs Millionen gedruckt.

„Briefmarken sind weit mehr als reine Postwertzeichen“, sagte der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Er bezeichnete die Postwertzeichen als Repräsentanten der Kultur und Geschichte eines Landes. Die neue Marke mit dem Dom sei bereits die sechste Briefmarke seit 1978 mit einem Regensburg-Motiv. Erstmals aber sei sie eingebunden in eine Gemeinschaftsausgabe, wobei der Dom für die Baukunst der westlichen und der japanische Tempel für die Baukunst der östlichen Welt stünden. Beide Motive zeigten die Schönheit und Besonderheit ihres Landes, beide Marken sollen die Kultur- und Baugeschichte in das jeweilige andere Land transportieren.

Bild: Der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk überreichte die ersten Ausgaben der neuen Gemeinschaftsmarke an den japanischen Botschafter Takahiro Shinyo und an den Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger (von links).

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02.02.2011

Barrierefreiheit als Zukunftsinvestition / Bundesbehindertenbeauftragter Hubert Hüppe besichtigte Vorzeigeprojekte in Bayreuth

Bayreuth – Investitionen für behinderte Menschen sind Zukunftsinvestitionen, denn jeder Ansatz von Barrierefreiheit werde auch einer immer älter werdenden Gesellschaft gerecht. Das hat der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe aus Werne in Westfalen bei seinem Besuch in Bayreuth festgestellt. Zusammen mit dem Parlamentarischen Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk besuchte Hüppe nicht nur einige Vorzeigeprojekte der Stadt sondern überreichte an Nina Kronefeld-Schneider, Patrick Schneider und Vater Hans Peter Schneider, die in der Region insgesamt sieben Verbrauchermärkte betreiben, die neue Auszeichnung „Bayreuth inklusiv“.

Damit werde das Engagement gewürdigt, das die Familie insbesondere beim Bau ihres neuen Marktes im Stadtteil Roter Hügel an den Tag gelegt hatte. Von bequemen Regalhöhen mit Lupen für das Kleingedruckte über breite Gänge, eigene Behinderten-WCs bis hin zu Sondereinkaufswägen für Rollstühle und Rollatoren sowie extra breiten Behindertenparkplätzen vor der Tür hatte die Familie das ganze Spektrum an behindertengerechten Maßnahmen in dem neuen Laden verwirklicht. Dies sei umso mehr beachtenswert, als dass es sich dabei um ein privatwirtschaftlich verwirklichtes Vorhaben handelt, sagte Oberbürgermeister Michael Hohl. Der Neubau sei in enger Kooperation mit dem 2002 gegründeten Behindertenbeirat der Stadt erstellt worden und habe bereits eine Auszeichnung als generationenfreundlicher Markt erhalten.

Es sei ganz wichtig, dass behinderte Menschen „normal“ leben und damit auch „normal“ einkaufen können, sagte Bundesbehindertenbeauftragter Hüppe. Wichtig sei es auch, dass für Behinderte keine Sonderwelten geschaffen würden, sondern dass man sich im Alltag begegnen könne. Dabei stehe man allerdings erst am Anfang einer Entwicklung, so Hüppe. Denn noch immer herrschten zu viele getrennte Lebensverhältnisse vor. Nur wer bereits in Kindergarten und Schule mit behinderten Menschen konfrontiert worden sei, könne auch später richtig mit diesem Personenkreis umgehen.

Ein weiteres Beispiel für eine gelungene Integration besichtigte Hüppe bei der Brauerei Gebrüder Maisel in Bayreuth, die seit geraumer Zeit eine Gruppe von behinderten Menschen dauerhaft im Bereich der Verpackung beschäftigt. Aufgrund der Zunahme von Kleingebinde, die in der Regel noch von Hand verpackt werden, war Brauerei-Inhaber Jeff Maisel über das Projekt „Integration durch Arbeit“ (IdA) eine Kooperation mit den Werkstätten für behinderte Menschen der Diakonie eingegangen. Zehn Menschen mit Behinderungen sind seitdem damit beschäftigt, Kartons zu falten, Flaschen und Gläser einzusortieren und die fertigen Gebinde auf Paletten zu stapeln. „Diese Gruppe macht ihre Arbeit richtig gut, wir haben keine Reklamationen“, so Brauereichef Maisel.

Eine völlig neue Kooperation gibt es auch im „RW 21“, der Kombination aus Stadt- und Jugendbibliothek, Stadtarchiv und Volkshochschule, die erst in den kommenden Tagen offiziell eröffnet wird. „RW 21“ steht dabei für Richard-Wagner-Straße 21. Integriert in die vollkommen barrierefreie Bibliothek ist auch ein Cafe, das von behinderten Menschen betrieben wird. Das Franchiseprojekt nennt sich „Samocca Quedlinburg“ und ist eine Idee der Lebenshilfe Harzkreis-Quedlinburg. Diese Gesellschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit Handicaps anspruchsvolle, vielfältige, abwechslungsreiche und kreative Arbeitsfelder zu ermöglichen. Die unterschiedlichsten Arbeitsabläufe im gesamten Cafebereich sollen individuellen Raum für eine weitestgehende selbstständige Gestaltung der Menschen mit Behinderungen geben. Insgesamt sind in dem neuen Cafe 20 Personen beschäftigt.

Bewährt habe sich auch bereits das neue Blindenleitsystem in der Fußgängerzone, das der Beauftragte des Blinden- und Sehbehindertenbundes für Barrierefreiheit in Oberfranken Manfred Korn den Politikern vorstellte. Dabei handelt es sich um ein in den Boden eingelassenes System von Führungsrillen, mit deren Hilfe sich Blinde und Sehbehinderte selbstständig in der Stadt bewegen können.

Bilder:
- Manfred Korn (vorne) vom Blinden- und Sehbehindertenbund Oberfranken demonstrierte das neue Blindenleitsystem in der Bayreuther Innenstadt dem Parlamentarischen Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk, dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung Hubert Hüppe und Oberbürgermeister Michael Hohl (von links).
- Mit dem neuen Siegel „Bayreuth inklusiv“ zeichneten der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Hubert Hüppe (3. von links), Staatssekretär Hartmut Koschyk (rechts) und Oberbürgermeister Michael Hohl (3. von rechts) die Inhaber der Schneider-Märkte Hans Peter Schneider (links), Patrick Schneider (4. von links) und Nina Kronefeld-Schneider (2. von links) aus. Mit auf dem Bild sind Mitglieder des Behindertenbeirats der Stadt Bayreuth.

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15.12.2010

Die große Schwester: „Mehr Auma als Obama“
Halbschwester des US-Präsidenten stellte in Bayreuth ihre Autobiographie vor

Bayreuth – Nur von ihrem berühmten Bruder war nicht die Rede: Auma Obama, die ältere Halbschwester des US-Präsidenten Barack Obama, behält es sich vor, auf Fragen nicht zu antworten, die ihr zu persönlich sind. Und so wagt es auch keiner unter den Zuhörern am Mittwochabend im Iwalewa-Haus, dem Afrika-Zentrum der Universität Bayreuth, die große Schwester auf den kleinen Bruder anzusprechen. „Ich bin Auma, mehr Auma als Obama“, sagt die Germanistin, Soziologin und Autorin, die an diesem Abend ihre Autobiographie mit dem Titel „Das Leben kommt immer dazwischen“ vorstellt.

Auma Obama erzählt stattdessen von ihrer Schulzeit in Kenia, während der sie englisch sprechen musste und sich die Haare nicht flechten durfte, vom schnellen Erlernen der deutschen Sprache („wir haben sogar Asterix auf deutsch gelesen“) und von ihrer heimlichen Ausreise durch die Vermittlung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Der Vater durfte damals nichts wissen: „Ich hatte Angst, er würde mich stoppen.“

Neben Saarbrücken und ihrem Magisterstudium in Heidelberg war eine ihrer wichtigsten Stationen in Deutschland die Universität Bayreuth. Hier war nicht nur ihre Doktorarbeit entstanden, hier promovierte sie 1996, dolmetschte nebenbei und schrieb sogar für die Tageszeitung. „In Deutschland habe ich schon erkannt, dass ich anders war“, sagt sie und spricht von der Entdeckung ihrer afrikanischen Identität. Auma Obama erinnert sich an ihre Zeit im Saarland, wo es Menschen gegeben habe, die Farbige nur aus dem Fernsehen kannten, wo sie im Bus als Schwarze regelrecht angestarrt wurde und wo viele Menschen glaubten, Afrika sei ein Land und kein Kontinent.

Nach Versuchen als Journalistin und Filmemacherin und einem Volontariat beim Westdeutschen Rundfunk habe sie erkannt, dass sie so nur wenig ausrichten könne. Ihre wahre Leidenschaft habe sie deshalb im sozialen Engagement gefunden. Heute arbeitet Auma Obama von Kenia aus für die Hilfsorganisation Care International, die das oberste Ziel verfolgt, die Armut zu bekämpfen. „Alle Probleme entstehen dadurch, dass die Leute arm sind, alles hängt mit Armut zusammen“, sagt sie mit Nachdruck und stellt das von ihr betreute Programm vor, bei dem Jugendliche in ostafrikanischen Slums mit Hilfe des Sports Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl erhalten sollen. Beim Sport würden Menschen als Individuen geschätzt und seien Teil eines Teams: „Damit stoßen wir für die Jugendlichen ein Tor auf, durch das sie selbst müssen.“

Erst in der Fragerunde hält Auma Obama ihr leidenschaftliches Plädoyer für eine tolerante und offene Gesellschaft. Sie sei schockiert von der Integrationsdebatte in Deutschland und davon, dass die Bundeskanzlerin behaupte, Multikulti sei tot. „Das stimmt nicht“, sagt sie entschieden und verweist auf Restaurants und Geschäfte aus aller Herren Länder, auf die verschiedenartigsten Menschen. „Jeder, die die Augen aufmacht sieht doch, dass Deutschland längst interkulturell ist.“ Auma Obama plädiert vor allem dafür, alles etwas lockerer zu sehen. Urdeutsch, das gebe es doch gar nicht. Wenn es Ängste gibt, dann müsse man freilich darüber reden. Menschen, die sich beispielsweise auf das Sarrazin-Buch einlassen, täuschten sich selbst.

Am Ende ist der Buchstand mit der Autobiographie, die Auma Obama übrigens auf Deutsch verfasst hatte, ausverkauft. Geduldig signiert sie die Bücher und wechselt freundliche Worte mit ihren Zuhörern. Jetzt kommen auch die Fotografen auf ihre Kosten, wenngleich zu Beginn Ulrich Bauer vom Lehrstuhl Interkulturelle Germanistik darum bittet, die Referentin „in Maßen abzulichten“ und unmissverständlich klarstellt, dass während der Veranstaltung keine Fotos erlaubt sind. Dabei findet die Veranstaltung zufällig in einem Raum statt, in dem gerade eine Fotoausstellung mit Portraits von Menschen aus Nairobi gezeigt wird. Der Titel der Ausstellung lautet: „Mach ein Foto“.

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11.12.2010

Herzensbildung für Kinder mit Handicaps / Guttenberg übernahm Schirmherrschaft für Schulvorbereitende Einrichtung der Diakonie


Bayreuth – Mit Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Schulvorbereitende Einrichtung der Diakonie Bayreuth einen prominenten Schirmherrn. „Er werde das Haus auch in Zukunft im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen, sagte Guttenberg am Samstag bei der Wiedereinweihung nach einer umfassenden und behindertengerechten Modernisierung.

In der Schulvorbereitenden Einrichtung werden Kinder zwischen drei und sieben Jahren mit Behinderungen, Entwicklungsstörungen und anderen Handicaps betreut. Ein Team aus Heilpädagogen, Kinderpflegern, Erziehern und Therapeuten hilft bei der Entwicklung von Persönlichkeit, sozialer Kompetenz und Selbstständigkeit, so dass die Mädchen und Jungen im Idealfall zum späteren Eintritt in eine Regelschule befähigt werden.

Möglich wurde der dringend notwendige Umbau in erster Linie durch Spendengelder. Hauptsponsoren des Projekts waren die in Bayreuth ansässigen Stromnetzbetreiber E.ON-Netz GmbH und die Tennet TSO GmbH. Auch die Aktion Sternstunden des Bayerischen Rundfunks hat die Einrichtung mitfinanziert.

Hier werde Herzensarbeit geleistet, würdigte Guttenberg das Engagement der Diakonie und ihrer Mitarbeiter. Tennet-Geschäftsführer Martin Fuchs und E.ON-Netz-Chef Branko Rakidzija erinnerten daran, dass sich ihr Engagement nicht nur auf die finanzielle Unterstützung beschränke, sondern dass auch Mitarbeiter regelmäßig in den diakonischen Einrichtungen hospitieren und dass die Auszubildenden tatkräftig bei der Renovierung mit Hand angelegt hätten.

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18.11.2010

Fürsprecher der Armen und der Flüchtlinge / Bayreuther Wilhelmine-Preis für Prinz Hassan von Jordanien

Bayreuth - Der Dialog zwischen Kulturen, Nationen und Religionen ist notwendig, um Völkerverständigung, Vertrauen und Sicherheit zu erreichen. Diese Überzeugung vertrat Prinz Hassan von Jordanien bei einem Vortrag an der Universität Bayreuth. Für sein Engagement um Toleranz, Humanität und kulturelle Vielfalt wurde Prinz Hassan im Rahmen des Bayreuther Zukunftsforums mit dem Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis ausgezeichnet.

Mit Prinz Hassan von Jordanien würdige die Stadt eine Persönlichkeit, die sich über viele Jahrzehnte hinweg in besonderem Maße für das friedliche Miteinander von Völkern und Religionen einsetzt, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk in seiner Laudatio bei der Übergabe des Preises. Prinz Hassans Engagement für eine globalisierte Welt, in der es ihm nicht nur um wirtschaftliche oder politische Aspekte, sondern um ein globales, gemeinschaftliches Bewusstsein aller Menschen geht, nannte Koschyk vorbildlich. Es sei beispielgebend und inspirierend für einen offenen, respektvollen Dialog der Kulturen.

Aus den vielfältigen Publikationen des Prinzen werde deutlich, dass er von der Chance eines friedlichen Miteinanders der Kulturen und Religionen überzeugt ist und diese Überzeugung auch in sein Engagement im Bereich des interreligiösen Dialogs einbringt. Notwendig dazu sind nach den Worten von Staatssekretär Koschyk Aufgeschlossenheit und Interesse für andere Religionen und Kulturen, die über schlichtes Toleranzdenken weit hinausgehen. Als beispielhaft nannte Koschyk Prinz Hassans Unterstützung der christlichen Gemeinden in der arabischen Welt. Prinz Hassan schreibe den Christen in der heutigen islamisch-arabischen Welt eine unverzichtbare, konstruktive  Rolle in Politik, Gesellschaft und Kultur zu.

Mit seinen Initiativen und seinem Engagement wolle er das Bewusstsein für Globalisierung und für eine Ethik der menschlichen Solidarität schärfen, erklärte der jordanische Prinz. Durch seine Arbeit als Vorsitzender und Mitbegründer zahlreicher nationaler und internationaler Kommissionen, bei Instituten für interkulturelle-interreligiöse Forschung sowie für humanitäre Fragen und in der großen Anzahl der von ihm gegründeten Stiftungen und Initiativen habe Prinz Hassan Erfahrungen sammeln und einbringen können. Er engagiert sich im interreligiösen Beraterausschuss der UNESCO und ist Ehrenmitglied ihrer Weltkommission für Kultur und Entwicklung. Prinz Hassan hat sich darüber hinaus in seiner Zeit als Präsident des Club of Rome und als Präsident der Weltkonferenz der Religionen (jeweils bis 2006) für den Frieden mit Fragen der Globalisierung auseinandergesetzt. Umweltbelange und Nachhaltigkeit im Energiebereich fördert er in Jordanien und weltweit. Für den World Future Council, gegründet vom Stifter des Alternativen Nobelpreises, fungiert er als Ratsmitglied.

Mit Hassan ibn Talal, Bruder des ehemaligen jordanischen Königs Hussein und Onkel des derzeitigen Monarchen Abdullah II., zeichnet die Stadt zum dritten Mal in Folge eine international renommierte Persönlichkeit mit dem Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis aus. 2008 war der Preis an den nigerianischen Literatur-Nobelpreisträger Wole Soyinka, im vergangenen Jahr an den Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim gegangen.

Hassan ibn Talal ist der Bruder des ehemaligen jordanischen Königs Hussein und Onkel des derzeitigen Monarchen Abdullah II.  und damit auch Mitglied des Herrscherhauses von Jordanien. Er stammt in der 42. Generation direkt vom Propheten Mohammed ab. Er ist Träger von über 20 Ehrendoktortiteln und Gründer des "El Hassan Trust", der sich für den Dialog zwischen den Religionen und die Förderung des Verständnisses zwischen der islamischen und der nicht-islamischen Welt einsetzt. Unter anderem wurde er bereits mit dem Augsburger Friedenspreis ausgezeichnet.

Der von der Stadt Bayreuth gestiftete Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis ist mit 10000 Euro dotiert. Er wird im jährlichen Rhythmus an Personen oder Gruppen verliehen, die sich auf kulturellem, sozialem, politischem oder wissenschaftlichem Gebiet international um die kritische Reflexion gemeinsamer Wertvorstellungen und die interkulturelle Verständigung verdient gemacht haben. Der Preis ist nach der Bayreuther Markgräfin Wilhelmine (1709 - 1758) benannt. Die Lieblingsschwester Friedrichs des Großen bescherte Bayreuth ein Ensemble von Gebäuden und Parks, das europaweit einzigartig ist und aus dem das Markgräfliche Opernhaus besonders hervorsticht. Die Markgräfin widmete sich intensiv der Kunst und schuf sich einen Musenhof, der europaweit ausstrahlte und die bedeutendsten Kunstschaffenden ihrer Zeit in Bayreuth versammelte.

Bild: Mit dem Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis hat Oberbürgermeister Michael Hohl (links) den jordanischen Prinzen Hassan ausgezeichnet.

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13.11.2010

Vom Adler bis Stuttgart 21: Neue Sonderbriefmarke „175 Jahre Eisenbahn in Deutschland“ vorgestellt

Fürth – Am 7. Dezember 1835 begann ein neues Verkehrszeitalter. Mit 200 Fahrgästen und 35 Stundenkilometern ging die Dampflokomotive Adler von Nürnberg aus nach Fürth auf Jungfernfahrt. 175 Jahre später würdigt das Bundesfinanzministerium dieses Ereignis, das die Welt verändern sollte, mit der Herausgabe einer Sonderbriefmarke und einer Gedenkmünze, die der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk zusammen mit Bahnchef Rüdiger Grube am Samstag in der „Comödie“ unweit des Fürther Hauptbahnhofs und damit an historischer Stelle präsentierten.

Die Geschichte der Eisenbahn in Deutschland stelle nicht nur Technik- und Wirtschaftsgeschichte, sondern auch ein Stück Kulturgeschichte dar, sagte Koschyk. Das Verhältnis vieler Menschen zu „ihrer“ Bahn habe sowohl mit Emotion als auch mit Identität zu tun. Koschyk nutzte die Vorstellung der Briefmarke aber auch, um sich klar für das Bahnprojekt Stuttgart 21 auszusprechen. Dieses Projekt sichere die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Stuttgart 21 stelle das innerdeutsche Kernstück der Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris – Bratislava, eine der wichtigsten europäischen Verbindungsachsen, dar. Schnellere Verbindungen lassen Fahrzeiten kürzer werden und die Menschen bequemer reisen. Damit sei Stuttgart 21 auch wichtig für die Zukunftsfähigkeit der Bahn und mache sie fit für die Ansprüche des 21. Jahrhunderts.

Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn Rüdiger Grube nahm das Eisenbahnjubiläum zum Anlass, daran zu erinnern, was geschehen wäre, wenn sich damals bei der ersten deutschen Bahnfahrt die Bedenkenträger durchgesetzt hätten. „Wer sich dem Fortschritt entzieht, wird an der Zukunft nicht teilhaben“, sagte der Bahnchef. Seinen Worten zufolge befördert die Deutsche Bahn heute eine Million Tonnen Fracht sowie 7,3 Millionen Menschen pro Tag und damit so viele, wie die Lufthansa pro Jahr.

Die Briefmarke zeigt in Anlehnung an eine alte Radierung, wie der Startschuss für den Eisenbahnverkehr am 7. Dezember 1835 von einer staunenden Menschenmenge bejubelt wurde. Sie wurde von den beiden Kölner Designern Iris Utikal und Michael Gais entworfen, in der für Sondermarken relativ hohen Auflage von sieben Millionen gedruckt und hat den für einen Standardbrief maßgebenden Wert von 55 Cent. Die Zehn-Euro-Silbergedenkmünze wurde von dem Berliner Künstler Bodo Broschat gestaltet und zeigt den Adler vor dem Hintergrund eines modernen Hochgeschwindigkeitszuges. Die Münze wird vom Bayerischen Hauptmünzamt in München in einer Auflage von 2,2 Millionen, davon 200000 in der besonderen Sammlerqualität „Spiegelglanz“ geprägt.

An der Vorstellung der neuen Sonderbriefmarke in Fürth nahmen nicht nur zahlreiche Politiker aus der Region teil, sondern auch der in Nürnberg lebende Klaus Nudinger. Er ist der Ururenkel von William Wilson. Der englische Lokomotiovführer hatte 1835 den Adler zum ersten Mal von Nürnberg nach Fürth gesteuert.

Bild: Ein Album mit Erstdrucken der neuen Sonderbriefmarke „175 Jahre Eisenbahn in Deutschland“ hat der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk (rechts) in Fürth an Bahnchef Rüdiger Grube überreicht.

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08.10.2010

VdK: Oberfranken hat die höchste Armutsquote in Bayern / Sozialverband wirft Bundesregierung „Sozialabbau im großen Stil“ vor

Bayreuth - Unter dem Motto „Stoppt den Sozialabbau“ hat der Sozialverband VdK am Freitagvormittag mit einer Großkundgebung in der Bayreuther Stadthalle gegen das Sparpaket der Bundesregierung protestiert. „Die Schere zwischen arm und reich klafft immer weiter auseinander“, sagte der stellvertretende VdK-Landeschef und oberfränkische Bezirksausschussvorsitzende Hellmut Ott (Bild) unter dem Beifall der rund 500 Zuhörer. Das Sparpaket der Bundesregierung werde die soziale Spaltung der Bevölkerung nicht nur weiter beschleunigen, die zunehmende Armut bei immer breiteren Bevölkerungsgruppen bedeute auch politischen Sprengstoff. Ott war kurzfristig als Hauptredner für die verhinderte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher eingesprungen, die an den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen sächsischen VdK-Landesverbandschef Hans-Jörg Kannegießer teilnahm.

Es könne nicht angehen, dass Reiche verschont und Arme geschröpft werden, sagte Ott. Immer mehr Menschen, darunter vor allem Rentner, Behinderte und sozial Schwache, wüssten nicht mehr ein und aus. Oberfranken weise dabei die höchste Armutsquote innerhalb Bayerns auf, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende. Hinter vorgehaltener Hand sei im Regierungsbezirk bereits von „mecklenburgischen Verhältnissen“ die Rede, da mittlerweile über 15 Prozent der Bevölkerung als von Armut gefährdet gelten. Nirgendwo im Freistaat müssten beispielsweise ältere Menschen mit derart niedrigen Renten zurecht kommen wie in Oberfranken, hinzu komme der Bevölkerungsrückgang durch die demografische Entwicklung und der Wegzug junger Menschen. „Armut ist, wenn auch versteckt, längst traurige Realität bei uns geworden“, so Ott.

Der stellvertretende Landesvorsitzende plädierte dafür, wieder das rechte Maß in die Politik einkehren zu lassen. Dazu gehören seinen Worten zufolge, dass endlich Schluss sein muss mit Mehrwertsteuergeschenken für Hoteliers oder mit Staatsgarantien für marode Banken. Als „pure Verhöhnung“ bezeichnete es Ott, wenn die Politik den Menschen pauschal vorwirft, dass sie jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben. Schuld an der Krise seien schließlich nicht die Millionen Rentner, Behinderte oder sozial Schwachen, sondern die maßlosen Spekulanten. Die derzeitigen Pläne der Bundesregierung bedeuteten jedenfalls nichts anderes als Sozialabbau im großen Stil.

Zuvor hatte der oberfränkische Bezirksgeschäftsführer Roland Sack an den Zusammenhalt in der Bevölkerung appelliert. Wenn neuesten Umfragen zufolge nur noch 35 Prozent der Menschen mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden sind, dann bedeute dies, dass 65 Prozent der Menschen nicht damit zufrieden sind. Der Sprecher rief dazu auf, Widerstand gegen die unsozialen Sparpläne zu leisten, denn nur wer auf sich aufmerksam macht, der wird auch nicht übersehen. Sack: „Demokratie und Sozialstaat gehören zusammen, deshalb werden wir für den Sozialstaat kämpfen.

„Die Krise ist überwunden, doch der Aufschwung geht an der Mehrheit der Menschen vorbei“, sagte der stellvertretende Wunsiedler Landrat Horst Weidner. Während sich die soziale Schieflage weiter verstärkt, sahnten die Verursacher der Krise schon wieder ab. Sprunghaft gestiegen sei die Zahl der Arbeitslosen und der Hartz-IV-Empfänger auch im Landkreis Wunsiedel. Hier sind nach den Worten Weidners während der zurückliegenden sieben bis acht Jahre 25 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze weg gebrochen. Sichtbar werde diese Situation unter anderem an den bereits existierenden vier Tafeln im Landkreis, wobei die Zahl der Menschen, die dieses Angebot in Anspruch nehmen muss, weiter sprunghaft ansteigt. Das Sparpaket der Bundesregierung bezeichnete Weidner dabei als einseitige Belastung von Rentnern, Behinderten und sozial Schwachen.

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23.09.2010

Anerkannter Fachmann in polizeilichen Organisationsfragen
Wechsel an der Spitze der oberfränkischen Polizei:
Reinhard Kunkel folgt Gerhard Bauer

Bayreuth - Der oberfränkische Polizeipräsident Gerhard Bauer ist am Donnerstag in Bayreuth vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann in den Ruhestand verabschiedet worden. Gleichzeitig führte der Minister den bisherigen Vizepräsidenten des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, Reinhard Kunkel (54), als Nachfolger Bauers in sein Amt ein. Gerhard Bauer stand seit Februar 2006 an der Spitze der Polizei in Oberfranken mit rund 2100 Polizeibeamten und 470 Tarifbeschäftigten.

Der Minister dankte Bauer bei einem Festakt in der Stadthalle für seinen überaus engagierten Dienst. Was Bauer für die Polizei und für die Sicherheit in unserem Land geleistet habe, verdiene größte Anerkennung. Bauer gelte weit über die Grenzen Oberfrankens hinaus als Fachmann in polizeilichen Organisationsfragen. Er habe im Regierungsbezirk sowohl die Integration der frühen Grenzpolizei wie auch die Organisationsreform mit der Verschmelzung von Polizeidirektionen und Polizeipräsidien sehr erfolgreich gemanagt. Gleichzeitig führte der Minister Reinhard Kunkel als neuen Polizeipräsidenten in sein Amt ein. Kunkel habe sich bereits bestens als Führungspersönlichkeit bewährt und sei deshalb genau der richtige Mann an der Spitze des Polizeipräsidiums Oberfranken.

Der scheidende Präsident Gerhard Bauer hatte seine Laufbahn 1969 mit der Ausbildung im gehobenen Polizeivollzugsdienst begonnen, die er als Jahrgangsbester abschloss. Kurz darauf quittierte er vorerst seinen Dienst bei der Polizei und nahm an der Universität Würzburg ein Jurastudium auf. Anschließend kehrte er zur Polizei zurück. Beim Polizeipräsidium Mittelfranken wurde er zunächst mit der Leitung der Abteilung „'Versorgung'“ betraut und konnte sich in verschiedenen weiteren Führungspositionen bewähren. Dazu zählte auch die Leitung der Polizeidirektion Schwabach. 1986 wurde Bauer in das Sachgebiet „Einsatz der Polizei“ im Bayerischen Innenministerium berufen. 1988 kehrte er als Leiter des Sachgebietes „Ordnungs- und Schutzaufgaben“ ans Polizeipräsidium Mittelfranken zurück. Dort war Bauer auch für die Spezialeinheiten Nordbayern verantwortlich. Die dabei gewonnenen Erfahrungen gab er als Dozent an der Polizeiführungsakademie Münster an seine Kollegen weiter. Dank seiner umfangreichen Kenntnisse über die deutsche Fußballszene vertrat Gerhard Bauer den Freistaat Bayern auch in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Sport und Gewalt“. Nach mehr als zehn erfolgreichen Dienstjahren in Mittelfranken wurde Bauer 1991 Leiter der Abteilung „Einsatz“ und gleichzeitig ständiger Vertreter des Polizeipräsidenten in Oberfranken, wo er schließlich 2006 zum Polizeipräsidenten ernannt wurde.

Die Laufbahn des neuen Polizeipräsidenten Reinhard Kunkel startete 1977 im mittleren Polizeivollzugsdienst, von wo er über den gehobenen in den höheren Vollzugsdienst aufstieg. An seinem Heimatpräsidium in Unterfranken übernahm Kunkel verschiedene Führungspositionen. Er leitete mehr als zehn Jahre das Sachgebiet „Ordnungs- und Schutzaufgaben“ und wechselte 2003 an die Spitze der Polizeidirektion Würzburg. 2008 wurde Reinhard Kunkel Vizepräsident beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West in Kempten.

Darüber hinaus wird Bauers bisheriger Stellvertreter Wolfgang Sommer (54) zum 1. November neuer Präsident der bayerischen Bereitschaftspolizei. Sommer löst damit den bisherigen Präsidenten Karl-Heinz Spörl ab.

Bild: Neuer Polizeipräsident in Oberfranken: Reinhard Kunkel (links) hat am Donnerstag das Amt von Gerhard Bauer (rechts) übernommen. Dazu gratulierte unter anderem Landespolizeipräsident Waldemar Kindler (Mitte).

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08.09.2010

Bayerische Kultur und Lebensart: Koschyk und Fahrenschon stellten in München Sonderbriefmarke „200 Jahre Oktoberfest“ vor

München – Zusammen mit dem bayerischen Finanzminister Georg Fahrenschon hat der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk am Mittwoch in München die neue Sonderbriefmarke „200 Jahre Oktoberfest“ vorgestellt. Die von dem Berliner Graphiker Michael Kunter entworfene Marke zeigt mehrere Figuren in bayerischer Tracht auf einem traditionellen Karussell. Das Postwertzeichen soll an die Hochzeit des Kronprinzen Ludwig, des späteren Königs Ludwig I., mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen am 12. Oktober 1810 erinnern. Dieses Datum gilt als Geburtsstunde des heute weltweit bekannten Münchner Oktoberfestes.

Schon damals wurden die Feierlichkeiten als „Volksfest“ bezeichnet, die allerdings nicht wie heute ganze zwei Wochen, sondern nur wenige Tage bis zum 17. Oktober 1810 dauerten. Den Abschluss der Hochzeit bildete damals ein Pferderennen auf einer Wiese vor den Toren Münchens, die zu Ehren der Braut „Theresens-Wiese“ getauft wurde. Durch den Beschluss, das publikumswirksame Pferderennen im folgenden Jahr zur gleichen Zeit zu wiederholen, war die Tradition der „Oktober-Feste“ entstanden. Heute gilt das Fest der Landeshauptstadt München als größtes Volksfest der Welt.

„Das Oktoberfest steht für bayerische Kultur und Lebensart, seine Bedeutung reicht aber weit über Bayern und Deutschland hinaus“, sagte Staatssekretär Koschyk bei der Präsentation der Marke. Im Sinne von Laptop und Lederhose schließen sich auch beim Oktoberfest High-Tech-Fahrgeschäfte und nostalgische Karussells nicht aus, was entscheidend zum großen internationalen Erfolg der Wiesn beitrage. Trotz all dem Kommerz sei das Münchner Oktoberfest noch immer etwas ganz besonderes, so Finanzminister Fahrenschon. Er sprach von der ungebrochenen Faszination der Wiesn, die sich in der Farbenpracht der neuen Sondermarke widerspiegle.

Deshalb sei diese Marke auch weit mehr als ein Postbeförderungszeichen, so der Münchner Wiesn-Stadtrat Helmut Schmidt. Die Briefmarke setze ein Zeichen für die Ewigkeit und spiegle den „Zauber der Wiesn“ hervorragend wider. Das fand auch Richard Süßmeier, ehemaliger Sprecher der Wiesn-Wirte. Er freute sich über die dominierenden Farben weiß und blau und erkannte in den dargestellten Figuren unter anderem das Münchner Kindl, eine Wiesn-Bedienung, einen Blasmusiker und den Münchner Oberbürgermeister wieder.

Die Tatsache, dass ausgerechnet ein Berliner Graphiker die Oktoberfest-Sondermarke entworfen hatte, nahmen alle Beteiligten mit Humor. Auch das bekannte Stimmungslied „In München steht ein Hofbräuhaus“ stamme aus der Feder eines Berliner Komponisten, gab Staatssekretär Koschyk zu bedenken. Darüber hinaus hatte der Graphiker Michael Kunter auch die überaus erfolgreiche Sonderbriefmarke zum 125. Geburtstag von Karl Valentin entworfen.

Die Sonderbriefmarke „200 Jahre Oktoberfest“ hat einen Wert von 55 Cent und ist in einer Auflage von 7,1 Millionen Stück erschienen.

Bild: Die neue Sonderbriefmarke „200 Jahre Oktoberfest“ stellten der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk (links) und der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon in München der Öffentlichkeit vor.

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16.08.2010

Zu hohe Kosten, zu niedrige Fahrgastzahlen: Zug für das Hohe Fichtelgebirge ist endgültig abgefahren 

Weidenberg/Warmensteinach – Von Weidenberg aus wird auch künftig kein Zug mehr ins Hohe Fichtelgebirge nach Warmensteinach fahren. „Die Bahn nach Warmensteinach wird nicht gebaut“, verkündete der Bayreuther Landrat Hermann Hübner am Montagmittag in Weidenberg das endgültige Aus für die Fichtelgebirgseisenbahn.

Hauptgrund dafür sind zum einen die überschlägig ermittelten Sanierungskosten in Höhe von 4,2 Millionen Euro „mit deutlicher Phantasie nach oben“, so Hübner. Zum anderen sei die mangelnde Fahrgastnachfrage ausschlaggebend gewesen, das Ziel einer durchgängigen Bahnstrecke von Bayreuth aus bis Warmensteinach nicht weiter zu verfolgen. Dazu hatte das Landratsamt ein Gutachten vorgelegt, das von einer Prognose von rund 850 Beförderungen, das heißt von 425 Personen hin und zurück, ausgeht. Der Schwellenwert, ab dem der Freistaat die Bestellung einer Verkehrsleistung vornimmt, liegt dagegen bei 1000 Beförderungen pro Tag. Aus diesem Grund konnte der Freistaat auch keinerlei Förderung für eine mögliche Reaktivierung in Aussicht stellen. Dies war vor sechs Jahren noch anders, als die 6,5 Millionen Euro teueren Infrastrukturmaßnahmen für die Trasse Bayreuth – Weidenberg nahezu zu 100 Prozent vom Freistaat übernommen wurden.

Landrat Hübner ließ dennoch keinen Zweifel an der Richtigkeit der von dem Bayreuther Planungs- und Gutachterbüro Geoplan durchgeführten Potentialanalyse, die ohnehin absolut optimistisch berechnet worden sei. „Wir hätten keinen einzigen Gast mehr in der Statistik untergebracht, sagte Hübner. So seien sämtliche Fahrgastpotentiale, wie etwa Berufs-, Schüler-, Einkaufs- und Tourismusverkehr einzeln berechnet worden und mehrere verschiedene Bedienungskonzepte in die Statistik eingeflossen.

Eigentümer der noch immer bestehenden, allerdings vollkommen zugewachsenen  Trasse ist nach den Worten des Landrats seit 2001 die Deutsche Regionaleisenbahn (DER), die allerdings seitdem auf der Strecke nichts mehr gemacht hatte. Nicht nur Birken und Pappeln hätten mittlerweile eine beachtliche Stärke erreicht, wie es der Landrat formulierte, auch seien in einigen Bereichen Schienen und Schwellen abgebaut und verwertet worden.

Das Bayerische Wirtschaftsministerium hatte nach den Worten Hübners zwar angeboten, bei einer deutlichen Erhöhung der Fahrgastnachfrage in drei Jahren eine erneute Überprüfung vorzunehmen. Doch werde sich an der grundsätzlichen Problematik, dass keine Gelder für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stehen, nichts ändern, sagte der Landrat. Eine Aufwertung der Teilstrecke zwischen dem Hauptbahnhof in Bayreuth und dem Bahnhof in Weidenberg verspricht sich Hübner allerdings durch den Stundentakt zwischen 6 und 22 Uhr, der ab dem kommenden Jahr realisiert werden soll.

Statt weiter an der Bahn festzuhalten, appellierte Landrat Hübner stärker als bisher das Busangebot im Hohen Fichtelgebirge zu verstärken. Vor allem durch die Einbindung des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN) würden sich dazu zahlreiche Möglichkeiten bieten. Daneben biete die Achse Warmensteinach, Fleckl, Fichtelberg, Mehlmeisel und Bischofsgrün Strecke auch erhebliches touristisches Potential.

Bilder:
- Hier wird definitiv keine Eisenbahn mehr verkehren. Das Bayreuther Landratsamt verkündete am Montag das endgültige Aus für eine Wiederaufnahme der Trasse Weidenberg – Warmensteinach.
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Endstation Weidenberg: Am dortigen Bahnhof stehen die Uhren auf 5 nach 12, der Zug nach Warmensteinach ist endgültig abgefahren.

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11.08.2010

Wichtiger Beitrag für Sicherheitslage der Region
Bundespolizei bleibt am Hauptbahnhof in Bayreuth

Bayreuth – Das zum Bundespolizeistandort Selb gehörende Bahnpolizeirevier in Bayreuth bleibt bestehen. Bei einem sicherheitspolitischen Gespräch am Mittwoch hat der für die Bundespolizei zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium Klaus-Dieter Fritsche ein klares Bekenntnis für Bayreuth abgelegt. Sämtliche Befürchtungen, nach denen das Revier geschlossen werden könnte, seien damit vom Tisch. „An der Existenz der Bundespolizei am Bahnhof in Bayreuth wird sich nichts ändern“, so Fritsche bei dem Gespräch, das der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk veranlasst hatte.

Einziger möglicher Einschnitt: Die Bundespolizei wird im Laufe der kommenden sechs Monate prüfen, ob die Schicht zwischen null und sechs Uhr aufrechterhalten werden muss. Obwohl die Straftaten seit 2008 insgesamt zugenommen hatten, seien kaum Straftaten während der Nacht zu verzeichnen. „Wir haben rechnerisch weniger als eine Feststellung pro Nachtschicht“, sagte Fritsche. Darüber hinaus würden zwischen null und sechs Uhr nur fünf Züge den Hauptbahnhof passieren. Ob die Schicht tatsächlich wegfällt soll allerdings frühestens Anfang des Jahres 2011 entschieden werden. „Doch selbst bei einem Verzicht wäre dies nicht der Einstieg in den Ausstieg“, sagte Fritsche. Am wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Bayreuth werde sich am Bestand des Reviers nichts ändern.

Staatssekretär Koschyk stufte die Entscheidung als wichtigen Beitrag für die Sicherheitslage in der Region ein. Die Existenz des Bahnpolizeireviers sei sowohl für das objektive als auch für das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung von großer Bedeutung. Auch Oberbürgermeister Michael Hohl bezeichnete die Präsenz der Bundespolizei am Hauptbahnhof als wichtigen Faktor in der gesamten Sicherheitsarchitektur der Stadt.

Insgesamt habe Oberfranken von der zurückliegenden Bundespolizeireform profitiert, so Staatssekretär Koschyk. So sei der Standort Selb um rund 80 auf insgesamt 350 aufgestockt worden. Die Bundespolizei habe damit in enger Zusammenarbeit mit der Landespolizei auch einen wichtigen Beitrag geleistet, dass die Kriminalität in Oberfranken auch nach dem Abbau der Grenzkontrollen nicht angestiegen ist.

Bild: Klares Bekenntnis zum Standort Bayreuth: Die beiden Staatssekretäre Hartmut Koschyk (3. von links) und Klaus-Dieter Fritsche (3. von rechts) trafen sich am Hauptbahnhof zu einem sicherheitspolitischem Gespräch mit den Spitzen der Bundespolizei.

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30.07.2010

Zentrale Anlaufstelle für Notfallpatienten aus der Region
Klinikum Bayreuth investiert elf Millionen Euro in neue Notaufnahme

Bayreuth – Mit einem symbolischen Spatenstich haben am Bayreuther Klinikum die Arbeiten für den Neubau der Notaufnahme begonnen. Bis zum Frühjahr soll die Notaufnahme des Klinikums mit einem Kostenaufwand von knapp elf Millionen Euro erweitert werden. Die Inbetriebnahme der neuen Station ist für Ende März geplant. Notfallpatienten werden bis dahin in einer voll ausgestatteten Interimsstation nahe der Kinderklinik aufgenommen und behandelt.

Der Neubau entsteht auf einer Gesamtfläche von 2200 Quadratmetern und soll mit dem bestehenden Teil der alten Notaufnahme verschmelzen. Zu den Besonderheiten der neuen Notaufnahme gehören nach den Worten von Klinikums-Geschäftsführer Roland Ranftl eine neu gestaltete Zufahrt für die Krankentransporte und eine überdachte Ladezone mit Rolltoren zur Übergabe der Patienten. Damit bleibe Rettungsdiensten künftig das Rangieren erspart, außerdem sei das Klinikum auch für Großschadensereignisse bestens gerüstet.

Neu ist auch die Einrichtung einer Aufnahmestation mit 13 Betten, in der Patienten übergangsweise bis maximal 24 Stunden betreut werden können. Dieses neue Konzept einer „Präklinik“ ist laut Ranftl in Oberfranken bisher einzigartig und soll die Behandlungsabläufe in der Notfallversorgung optimieren. Damit biete das Klinikum künftig optimale Voraussetzungen für eine hochspezialisierte, patientenorientierte Notfallversorgung. Das „Zwischenlagern“ von Patienten auf den Gängen gehöre endgültig der Vergangenheit an, außerdem könnten alle Betroffenen dank der „Klinik vor der Klinik“ künftig zielgerichteter der jeweiligen Fachabteilung zugeführt werden.

Die Notaufnahme am Klinikum in Bayreuth gilt 24 Stunden am Tag als zentrale Anlaufstelle für alle Notfallpatienten aus der Region. Rund 25 Jahre nach der Inbetriebnahme des Krankenhauses habe die Aufnahmestation nicht mehr modernen Standards entsprochen und sei dem zunehmenden Patientenaufkommen von jährlich rund 10500 stationären und 9500 ambulanten Patienten nicht mehr gewachsen gewesen.

Um die Notfallversorgung auch während der Bauarbeiten sicherzustellen, wurde die Notaufnahme vorübergehend in die Räumlichkeiten der ehemaligen Krankenpflegeschule nahe der Kinderklinik verlegt. Diese Interimslösung biete alle notwendigen Einrichtungen für eine umfangreiche Notfallversorgung und stelle mit drei modernen Eingriffs-, acht Behandlungsräumen und fünf Überwachungsbetten schon jetzt eine deutliche Verbesserung zu der alten Notaufnahme dar.

Das Klinikum werde mit dieser Investition in die Zukunft seinem Auftrag als Maximalversorger gerecht, sagten Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl und Landrat Hermann Hübner. Die Notaufnahme sei in der Vergangenheit häufig das Ziel von Kritik gewesen. Dank eines durchdachten und ausgereiften Konzepts gehöre dies bald schon der Vergangenheit an, sagte Hohl. Landrat Hübner nannte die Baumaßnahmen einen wichtigen Abschnitt für die Weiterentwicklung des Klinikums, als nächsten Schritt werde die Neugestaltung des Intensivbereichs folgen. Gefördert wird der 11,8 Millionen Euro Bau mit 7,5 Millionen Euro aus Mitteln des Freistaats Bayern.

Bild: Unmittelbar neben der alten Notaufnahme wurde am Freitag der erste Spatenstich für den elf Millionen teueren Neubau gesetzt.

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29.07.2010

Oberfranken: 30 Prozent mehr Atemwegserkrankungen
DAK stellte Gesundheitsreport 2010 vor – Schwerpunkt Schlafstörungen

Bayreuth – Oberfranken hat den höchsten Krankenstand in Bayern. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die das Berliner IGES-Institut zusammen mit der renommierten Forschungseinrichtung Forsa im Auftrag der Krankenkasse DAK durchgeführt hat. Von 1000 bei der DAK versicherten Arbeitnehmern seien an jedem Tag des Jahres in Oberfranken im Schnitt 35 krankgeschrieben, sagte Matthias Gabeli (Bild), Leiter der DAK-Serviceregion Oberfranken. Den niedrigsten Krankenstand verzeichnet die Studie für die Landeshauptstadt München. Dort seien gerade mal 25 Krankschreibungen zu verzeichnen.

Gabeli sprach von besorgniserregenden Zahlen. Laut DAK-Gesundheitsreport 2010 haben im Vergleich zum Vorjahr in Oberfranken bei fast allen Diagnosen die Ausfalltage zugenommen. „Wir liegen in allen Bereichen höher als der Landesdurchschnitt“, so der Sprecher. Den deutlichsten Anstieg sei bei Erkrankungen der Atemwege oder Bronchitis mit 27 Prozent und bei psychischen Erkrankungen mit 16 Prozent verzeichnet worden. Die häufigste Diagnose bei Krankschreibungen blieben der Studie zufolge Muskel-Skelett-Erkrankungen (Bandscheiben, Knie, Rückenschmerzen), die in Oberfranken um 21 Prozent über dem Landesdurchschnitt lagen. Weiter vorne sind auch Sport- und Haushaltsverletzungen wie Verstauchungen, Prellungen oder Schnittwunden zu finden. Alarmierende Zahlen sind in dem Gesundheitsreport auch in Sachen Langzeiterkrankungen zu finden: so seien 3,6 Prozent der Erkrankungsfälle in Oberfranken für 42,5 Prozent des Krankenstandes verantwortlich.

 „Die Höhe des Krankenstandes in Oberfranken zeigt Handlungsbedarf auf“, sagte DAK-Leiter Gabeli. Wer sich richtig ernährt, entspannt und bewegt, mache einen wichtigen Schritt hin zu einem gesünderen Leben. Auch die Arbeitgeber könnten durch betriebliche Prävention viel dafür tun, um den Krankenstand in ihren Unternehmen möglichst niedrig zu halten. Belohnt würden sie dafür mit bis zu 500 Euro pro Mitarbeiter, die für betriebliche Präventionsleistungen steuerlich geltend gemacht werden können.

Einen besonderen Akzent will die DAK in diesem Jahr mit einer speziellen Informations- und Aufklärungskampagne zum Thema Schlafstörungen starten. Sie seien häufig Ursache der gestiegenen psychischen Leiden wie etwa Depressionen. Dabei gehe es nicht ums „Schäfchen zählen“ oder ein harmloses Lifestyle-Problem. Nach den Zahlen des DAK-Sprechers quälen sich bayernweit mehr als 600000 Erwerbstätige übermüdet durch ihren Arbeitsalltag. Die Menschen könnten dadurch nicht nur weniger leisten, sondern verursachen auch mehr Unfälle, hauptsächlich im Straßenverkehr, und gefährden ihre Gesundheit. Auslöser dafür sind in den meisten Fällen Stress und Belastungen. So habe etwa im Laufe der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise der Druck auf Arbeitnehmer immens zugenommen. Schlafprobleme sollten deshalb medizinisch abgeklärt werden, wenn sie länger als einen Monat dauern, dabei mindestens dreimal in der Woche auftreten und sich störend auf den Beruf auswirken.

Für den DAK-Gesundheitsreport wurden unter anderem 3000 aktive Erwerbstätige im Alter zwischen 35 und 65 Jahren befragt, zahlreiche Diagnosen niedergelassener Ärzte analysiert sowie Arbeitsunfähigkeitsdaten ausgewertet. Die DAK hat bayernweit gut 900000 Versicherte davon knapp 90000 in Oberfranken

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10.07.2010

Mut und Zivilcourage gewürdigt
Koschyk bedankte sich bei drei jungen Bayreuthern für ihr selbstloses Handeln

Bayreuth – „Das war kein Spaß, wir haben selbst Platzwunden und blaue Flecken erlitten.“ Die drei jungen Bayreuther Güven Cokgezer, Burak Aytemiz und Evgeni Atuchin sind noch heute erschrocken über die hohe Gewaltbereitschaft, mit der zwei 25- und 26-jährige Männer aus Berlin und Plauen vor rund einem Jahr zu mitternächtlicher Stunde in der Bayreuther Innenstadt auf zwei Mitglieder der Sicherheitswacht losgegangen sind. Obwohl die Männer mit Eisenstangen bewaffnet waren, mischten sich die drei jungen Leute ein. Die konnten damit nicht nur eine Eskalation verhindern und den grundlosen Angriff abwehren, es war ihnen sogar gelungen die Männer zu entwaffnen und bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten. Für ihr beherztes Eingreifen und ihr engagiertes Handeln zeichnete sie jetzt der Parlamentarische Staatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk aus. Koschyk überreichte allen dreien nicht nur ein Geschenk, sondern lud sie auch nach Berlin ein. „Wer sich dermaßen engagiert, ohne zu fragen, was er dafür bekommt, hat es verdient, öffentlich gewürdigt zu werden“, sagte Koschyk. Die drei jungen Männer hätten nicht nur außerordentlichen Mut und Zivilcourage an den Tag gelegt, sondern seien durch ihr Eingreifen auch zum Vorbild für andere geworden. Die Angreifer von damals konnten dank der tatkräftigen Mithilfe der drei Bayreuther mittlerweile rechtskräftig verurteilt werden.

Bild: Evgeni Atuchin, Güven Cokgezer (von links) sowie Burak Aytemiz (rechts) wurden für ihr beherztes Handeln vom Parlamentarischen Staatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordneten Hartmut Koschyk für ihre außerordentliche Zivilcourage gewürdigt.

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30.05.2010

Bayreuth im WM-Fieber: A-Nationalmannschaften von Mexiko und Gambia trafen im Bayreuther Hans-Walter-Wild-Stadion zu einem Testspiel aufeinander
Mexiko lag am Ende erwartungsgemäß mit 5:1 vorn

Bayreuth – Zehn Kilo Eis zur Wadenkühlung: auch diesen Sonderwunsch konnten die Verantwortlichen vom 1. FC Bayreuth den hochkarätigen mexikanischen Nationalspielern erfüllen. Thomas Hacker, Vorsitzender des traditionsreichen Bayreuther Sportclubs und im Hauptberuf Abgeordneter sowie Vorsitzender der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag, ist erleichtert: „Hinter uns stecken zwei Wochen intensive Vorbereitungen, jede Menge Bürokratie mit der FIFA und viel Unvorhergesehenes.“ Das Wetter zum Beispiel, immer wieder schüttet es wie aus Eimern. Doch echte Fans, 5000 waren ins Hans-Walter-Wild-Stadion gekommen, hält so schnell nichts ab.

100 Jahre alt wird der 1. FC Bayreuth in diesem Jahr. Der Sportverein stand traditionell schon immer etwas im Schatten der mächtigeren Spielvereinigung Bayreuth was die Sparte Fußball angeht. Dafür verfügt der FC seit vielen Jahren über eine florierende Tischtennisabteilung, aber das ist eine andere Geschichte. Zum 100. ließen es die Verantwortlichen um die Vorsitzenden Thomas Hacker und Jürgen Langner aber auch auf dem grünen Rasen einmal so richtig krachen. Sie schafften es das erste Fußball-A-Länderspiel der Herren in die Wagnerstadt zu bringen.

Im Hans-Walter-Wild-Stadion, das früher Städtisches Stadion hieß, wurde schon öfter Fußballgeschichte geschrieben. Hier verpasste die Spielvereinigung einst nur knapp den Aufstieg in die erste Bundesliga, hier warf die SpVgg den FC Bayern München aus dem Pokal, es fanden Juniorenländerspiele statt, ebenso B-Länderspiele oder Nationalspiele der Frauen. Ein A-Länderspiel gab es bis zum Sonntag allerdings noch nie. Die Weltmeisterschaft in Südafrika und die Tatsache, dass sich die Kicker aus Mexiko im mittelfränkischen Herzogenaurach auf die WM vorbereiten, machte es möglich, dass Bayreuth am Sonntag zum Nabel der Fußballwelt wurde. Zumindest aus südamerikanischer und aus afrikanischer Sicht. Der Gegner hieß Gambia, ein westafrikanisches Land an der Grenze zum Senegal, halb so groß wie Hessen, 1,6 Millionen Einwohner und flächenmäßig der kleinste Staat des afrikanischen Kontinents.

TV-Stationen aus Mexiko, den USA, Puerto Rico und aus Afrika waren mit allerhand Equipment angereist, um das eigentlich völlig unbedeutende Testspiel, das die Mexikaner letztlich erwartungsgemäß mit 5:1 für sich entscheiden konnten, live in die Heimat zu übertragen. Vier Sendetürme wurden aufgebaut, 16 Kamerateams bewegten sich um den Platz herum, so viele wie nie zuvor und der Parkplatz war voll mit Übertragungswagen. Doch keiner übertrug das Spiel für deutsche Sender.

Noch vor dem Anstoß heizt - passend zum südamerikanischen Staraufgebot - die Mariachiformation „Sol Atzteca“ den Zuschauern ein. Federngeschmückte Aztekentänzer mischen sich unter die Zuschauer und beschwören später auf dem Platz den Fußballgott, ehe die Nationalhymnen erklingen. Es scheint, als seien alle in Deutschland lebenden Mexikaner angereist, sie nehmen gut die Hälfte der Tribüne ein und feuern ihre Stars, angepeitscht von Stadionsprecher Christian Höreth immer wieder mit fantasievollen Schlachtengesängen an.

Mexiko gehört bei der WM nicht unbedingt zu den Favoriten, präsentiert sich aber doch als eine Mannschaft, mit der man rechnen muss. Die Truppe um Cheftrainer Javier Aguirre schaffte es bei der letzten WM 2006 immerhin bis ins Achtelfinale. „Das ist auch diesmal unser Ziel“, erklärt der Sohn spanischer Einwanderer. Er hatte vor rund 14 Monaten als Nachfolger des Schweden Sven-Göran Eriksson seine zweite Amtszeit als Nationaltrainer gestartet. Schon vor acht Jahren hatte er sein Land in ein WM-Turnier geführt. Damals kam das Aus ausgerechnet gegen den Erzrivalen USA.

59 Länderspiele hatte Aguirre bestritten, darunter auch das WM-Viertelfinale 1986 gegen Deutschland. Mexiko verlor damals 1:4 im Elfmeterschießen. Heute bastelt der 51-jährige genauso wie Bundestrainer Joachim Löw noch kräftig an seiner WM-Elf. Die ersten Tests vor wenigen Tagen gingen jedenfalls gründlich daneben: 1:3 gegen England und 1:2 gegen die Niederlande. Zu den prominentesten Spielern des mexikanischen Teams gehören Kapitän Rafael Marquez vom FC Barcelona und Ricardo Osario, der beim VFB Stuttgart in der Bundesliga seine Brötchen verdient, diesmal aber auf der Bank Platz nehmen muss.

Noch nie an einer WM teilgenommen hat dagegen das Team von Gambia, das sich auch diesmal wieder nicht qualifizieren konnte. Während die Mexikaner erst kurz vor dem Spiel direkt aus Herzogenaurach anreisten, waren die Gambesen bereits am Freitagnachmittag in Bayreuth eingetroffen. „Das Team bleibt bis Dienstag in Bayreuth“, erklärt Jürgen Langner, 2. Vorsitzender des FC Bayreuth, der die Mannschaft am Arvena-Hotel begrüßte. Er will den Spielern auch die Stadt zeigen: „Das Opernhaus, das Festspielhaus und die Eremitage stehen auf dem Besichtigungsprogramm.“ Die „Scorpions“, so der Spitzname der gambischen Kicker wird von dem Belgier Paul Put trainiert und hat aktuell 14 Spieler, die in europäischen, und sieben Spieler, die in deutschen Ligen aktiv sind. Auch die Mexikaner blieben noch zum Abendessen in Bayreuth, am Montagmorgen stand allerdings schon die nächste Trainingseinheit auf dem Programm.

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10.03.2010

Gehoben aber nicht abgehoben: Renaissance des Bodenständigen
Vizepräsident von Eurotoque International kommt aus Creußen bei Bayreuth – Wolfgang P. Menge plädiert für mehr Qualitätsbewusstsein

Creussen – „Es kann nicht sein, dass die Schulverpflegung nur mehr aus Würstchen und Leberkässemmeln besteht.“ Wolfgang P. Menge (57) aus Creußen-Seidwitz im Landkreis Bayreuth, findet klare Worte, wenn es darum geht, die Kultur des Essens zu verteidigen. Der Präsident von Eurotoques Deutschland tritt genauso vehement für eine regionale Speisekarte ein, macht sich gegen Agro-Gentechnik stark und steht für Nahrungsmittel der kurzen Wege. „Es muss nicht unbedingt Seezunge sein“, sagt er, und auch das Pangasius-Filet aus Vietnam findet den Weg auf seinen Teller nicht, denn in der Regel ist es vorher schon einmal um die Welt gereist.

Mit Menge ist ein echter Spitzenkoch in der Region beheimatet. Wenn nur wenige davon wissen, dann liegt dies daran, dass Menge kein eigenes Lokal führt, sondern als „freier Koch“ sein Geld verdient. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel hat er schon gekocht, genauso wie für die Backstreet Boys, während eines Arlberg-Engagement für die Volksmusikgruppe der Klostertaler oder für die Prominenz vom Grünen Hügel in Bayreuth. Aktuell „gastiert“ er im Jagdschloss Kranichstein bei Darmstadt, in einem Vier-Sterne-Haus im thüringischen Luisenthal oder auf der INTERNORGA, der Leitmesse für die Gastronomie, in Hamburg.

Erst vor wenigen Wochen wurde der gebürtige Augsburger, der in Köln und Bonn aufwuchs und vor seiner Ausbildung zum Koch den Beruf des Bankkaufmanns gelernt hatte, zum Vizepräsidenten von Eurotoques International gewählt. Dabei handelt es sich um eine Initiative von europäischen Spitzenköchen, die sich die Verbreitung, Förderung und Erhaltung der Kulturthemen Kochen, Essen, Genießen, Ernährungs-Qualitätsbewusstsein, gesunder und natürlicher Lebensstil zum Ziel gesetzt haben. Euro steht dabei für Europa, Toques für den Kochhut, das Standeszeichen der Vereinigung.

Gegründet wurde der Zusammenschluss 1986 vom Drei-Sterne-Koch Pierre Romeyer aus Belgien und Jacques Delors, dem damaligen EU-Präsidenten als Bollwerk gegen Fast-Food und die Industrialisierung von Nahrungsmitteln. Zusammen mit den berühmtesten Spitzenköchen Europas entstand damals eine Organisation, die fortan als Förderer und Unterstützer die traditionell-handwerklichen Erzeuger, Qualitätserzeugnisse und die kulinarischen Traditionen in Europa hochgehalten und weiterentwickelt hat. Unter den ersten Mitgliedern waren so bekannte Meisterköche wie Paul Bocuse aus Frankreich oder Eckart Witzigmann aus Deutschland.

„Unser Ziel ist es auch, Lobbyarbeit in Brüssel zu betreiben und auf das Europäische Parlament einzuwirken“, erläutert Menge. So soll beispielsweise das Thema gesunde Ernährung wieder einen größeren Stellenwert in der Gesellschaft bekommen. Eine weitere Forderung zielt auf gesundes Kochen im Einklang mit der Natur. Hier spiele beispielsweise die Nachhaltigkeit beim Fischfang eine große Rolle. Natürlich könne man derartige Forderungen nur auf europäischer Ebene erreichen. Deshalb soll die Eurotoque-Initiative ab 2013 auch einen Sitz bei der EU-Kommission erhalten. Weitere Ziele sind eine umfassendere Kennzeichnungspflicht von Nahrungsmittel und eine exaktere Aufzeichnung aller verwendeten Zusatzstoffe.

Überhaupt sieht Menge die „Renaissance des Bodenständigen“ als den klaren aktuellen Trend in Küche und Gastronomie. Man besinne sich auch in der gehobenen Gastronomie wieder auf das Regionale und Einfache. Menge macht außerdem, unabhängig von diversen Lebensmittelskandalen, einen Trend zu weniger Fleisch und Fisch und zu mehr vegetarischer Küche aus. Bedenklich stimme allerdings, dass Nahrungsmittelunverträglichkeiten etwa gegen Fructose, Lactose oder Gluten stetig zunehmen. Als Ursache sieht er ganz klar die in immer größerer Anzahl verwendeten Zusatzstoffe. Die so genannte Molekularküche, in der sehr viel mit E-Nummern, also mit Chemie, gearbeitet wird, sei allerdings so langsam wieder auf dem Rückzug. Was die Gastronomie angeht, so sieht Menge einmal einen Imagewandel hin zu hochwertigerem in der so genannten Systemgastronomie und zum anderen den Trend, dass sich gerade junge Leute wieder öfter ein „schönes Essen“ gönnen. Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise habe allerdings schon deutliche Spuren hinterlassen: „Firmenevents, Geschäftsessen oder betriebliche Feiern sind deutlich weniger geworden.“

Gar nichts hält Menge übrigens vom derzeitigen Koch-Show-Boom auf allen Fernsehkanälen. Dies sei reine Unterhaltung ohne, dass neue Impulse gesetzt würden. Umfragen hätten ergeben, dass die Menschen deshalb nicht mehr kochen als zuvor. „Küchenstars“ habe es schon immer gegeben, neue Dimensionen habe allerdings der Kommerz angenommen, beispielsweise in der Vermarktung von Kochbüchern. „So wie früher Goethe und Schiller im Bücherschrank standen, stehen dort heute Kochbücher, doch nach wie vor schaut niemand rein“, ist sich Menge sicher.

Bild: Vizepräsident von Eurotoques International und Präsident von Eurotoques Deutschland: Wolfgang P. Menge (57) aus Creußen-Seidwitz nahe Bayreuth sammelt historische Speisekarten und macht sich für gesunde Ernährung stark.

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08.01.2010

Hochzeitsdorf schmiedet Museumspläne / In Wirsberg soll das erste deutsche Hochzeitsmuseum entstehen

Wirsberg – Mitten in der Nacht oder am Heiligen Abend heiraten: Seit 1983 ist das im oberfränkischen Wirsberg (Landkreis Kulmbach) ohne weiteres möglich. Damals erklärte sich der staatlich anerkannte Luftkurort 20 Kilometer nördlich von Bayreuth zum ersten deutschen Hochzeitsdorf. Ausgangspunkt waren die Suche nach einer eigenen Attraktion sowie das renommierte Posthotel des heutigen Fernsehkochs Alexander Herrmann, das sich bei Brautpaaren seit jeher großer Beliebtheit erfreute. Über 2100 Paare haben sich seitdem in Wirsberg unbürokratisch und manchmal auch unkonventionell das Jawort gegeben. Nun möchte der idyllisch gelegene Markt am Fuß des Frankenwaldes mit dem ersten deutschen Hochzeitsmuseum noch einen Schritt weiter gehen.

Im Jahr 2012 soll das Museum in einem jahrhunderte alten Bürgerhaus im Herzen des Ortes eröffnet werden, verspricht Bürgermeister Hermann Anselstetter (SPD). Das Gemeindeoberhaupt verschweigt dabei nicht, dass es ihm und seinen Gemeinderat auch darum geht, die traditionsreiche Tourismuswirtschaft gezielt zu stärken. Was Wirsberg jedoch fehlt, sei ein Besuchermagnet, der weit über den Regierungsbezirk Oberfranken hinaus bekannt ist. Anselstetter: „Wirsberg braucht eine touristische Belebung, damit unsere Übernachtungszahlen nicht weiter stagnieren.“

„Wir lagen zuletzt bei rund 48000 Übernachtungen pro Jahr“, erläutert Raimund Schramm, Leiter der Gästeinformation. Eine stolze Zahl bei „nur“ rund 450 Gästebetten. Allerdings sei die Übernachtungszahl noch vor gut 20 Jahren vor der Grenzöffnung doppelt so hoch gewesen. „Deshalb wollen wir für den traditionellen Ruf unseres Luftkurortes neue Akzente setzen“, sagte Bürgermeister Anselstetter und denkt bereits an Trauungen im künftigen Museum, an Workshops zu den Themen Tanz, Musik oder Kulinarik und an eine multimediale Ausgestaltung des künftigen Museums mit alten Hochzeitsfilmen und den zahlreichen Interviews, die das Gemeindeoberhaupt selbst mit Menschen geführt hat, die beispielsweise während des Zweiten Weltkrieges geheiratet hatten.

Bis es soweit ist, gibt es noch einiges zu tun. Seit Juni 2009 läuft ein Vorprojekt, in dem eine wissenschaftliche Mitarbeiterin den bisherigen Bestand dokumentiert, katalogisiert und fachgerecht archiviert. Finanzielle und ideelle Unterstützung dafür hat sich Anselstetter bereits gesichert. 16000 Euro kommen von der Oberfrankenstiftung, 20000 Euro aus dem Leader-Plus-Programm. 40000 Euro lässt sich die Gemeinde das Projekt kosten. Auch das Motto für dieses Vorprojekt steht bereits fest: „Die fränkische Hochzeit – Vergangenheit und Gegenwart“.

Wenn die Finanzierung gesichert ist – im Raum stehen Gesamtkosten von knapp zwei Millionen Euro inklusive des Immobilienerwerbs – soll das Gebäude Marktplatz 10 saniert und umgebaut werden, ehe das Museum eingerichtet werden kann. Ein Logo und den Namen „Deutsches Hochzeitsmuseum“ hat sich die Gemeinde bereits rechtlich schützen lassen. Tatsächlich gibt es in Deutschland kein weiteres derartiges Museum, lediglich in Frankreich, in der Steiermark und in Lettland habe man derartige Projekte recherchiert.

Was noch fehlt sind ein oder mehrere Unternehmen, die sich als Sponsor zur Verfügung stellen. Anselstetter ist aber auch hier zuversichtlich, fündig zu werden. „Die Welt der Hochzeit ist ein großer Sympathieträger mit weiter Ausstrahlung“, begründet er seinen Optimismus. Der Gemeinderat stehe jedenfalls einstimmig hinter dem Projekt und auch ein Förderverein soll noch heuer gegründet werden.

An Exponaten fehlt es nicht: „Hier sind wir auf Sachspenden aus der Bevölkerung angewiesen“, erklärt Anselstetter und verweist auf fast 300 Objekte die bereits eingegangen sind oder für die es schon eine Zusage gibt, darunter eine große historische Sammlung von Hochzeitskleidern aus Thüringen, die Brautbecher-Kollektion eines Juweliers aus Goslar sowie Festtagstrachten aus dem Bayreuther Land.

Insbesondere Fotos, Dokumente, Sammelstücke, Kochrezepte, Geschirr, Kleidungsstücke (Brautkleider zwischen 1800 und 1960) sowie Erzählungen rund um die fränkische Hochzeit werden derzeit noch gesucht. Aber auch Eheverträge oder Liebesbriefe, Speisekarten, Filme, Urkunden oder persönliche Kennenlerngeschichten sollen in dem neuen Museum gezeigt und vorgestellt werden.

Info: Sammelstücke, Dokumente, Fotos und alles Interessante rund um die Hochzeit werden im Rathaus Wirsberg mit Interesse aufgenommen. Kontakt: 09227/932-20 oder poststelle@markt-wirsberg.de.

Bilder:
1. Historische Aufnahmen wie dieser Hochzeitszug durch das Schorgasttal sollen in dem neuen Hochzeitsmuseum gezeigt werden. (Foto: Markt Wirsberg)
2. Wirsberg könnte der Inbegriff für Hochzeit werden“: Bürgermeister Hermann Anselstetter.

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14.05.2009

Keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Ohne Manieren keine Karriere - Kulturmanagerin Sissy Thammer setzt auf Wertschätzung und Respekt

Bayreuth – Visitenkarte in die Gesäßtasche, Smalltalk über Glaubensfragen oder Vordrängen beim Buffet gelten als klassische Fettnäpfchen des schlechten Benehmens. Gute Manieren sind dagegen nicht nur im Privatleben wichtig. Besonders im geschäftlichen Miteinander entscheiden Umgangsformen häufig über Erfolg und Misserfolg. Vor dem Hintergrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise wird Business-Etikette eher wichtiger, sagt Sissy Thammer, Intendantin des Festivals junger Künstler in Bayreuth, Kulturmanagerin und Veranstalterin von Seminaren zu Stil- und Businessetikette.

Das Interesse an gutem Benehmen nimmt auch deshalb eher zu, weil es kaum noch eine fachspezifische Leistung oder irgendwelche Ideen gebe, die nicht kommunikativ vermittelt werden müssten. Korrektes Auftreten und Höflichkeit als Zeichen persönlicher Souveränität seien Kommunikationsleistungen, die für Unternehmen jeglicher Art unverzichtbar sind. Nur die wenigsten Produkte oder Dienstleistungen verkauften sich alleine aufgrund ihrer Qualität.

Gute Manieren hat sich niemand ausgedacht, sie sind historisch begründet und in der jeweiligen Gesellschaft verankert. Wenn man heute international die rechte Hand zum Gruß darreicht, so ist dies nach den Worten Thammers darauf zurückzuführen, dass in früheren Zeiten mit rechts das Schwert gezogen wurde. Auch die freundliche Geste, den Hut zu ziehen, lasse sich bis ins Mittelalter zurückführen. Zum Zeichen des Grußes lüfteten die Ritter damals ihr Visier. Dabei seien normierte Formen der Höflichkeit aber keinesfalls auf den europäischen Kulturraum beschränkt. Selbst in uns fernen Kulturen und uns rückständig erscheinen Lebensformen fänden sich erstaunliche Übereinstimmungen mit deutschen Höflichkeitsformen.

Anstand, Sitte und Benimm bezeichnet Thammer als Verhaltensformen, die sich auf Wert- und Normensystemen stützen und die bestimmte Lebensbereiche regeln. Die Forschung zeige, dass Menschen geneigt sind, ein individuelles Fehlverhalten im Bereich des guten Benehmens als Anzeichen für potenzielles Fehlverhalten in allen Situationen der Arbeitswelt zu interpretieren.

„Das Wichtigste ist eine auf die innere Einstellung basierende Haltung von Wertschätzung und Respekt“, sagte Thammer, deren Seminare von Auszubildenden genauso wie von Topmanagern seit Jahren rege nachgefragt werden. Den augenfällig großen Bedarf bei heutigen Jugendlichen erklärt sie sich damit, dass die Jugendlichen von der 68er-Generation erzogen werden und sich damit eine gewisse Laissez-faire-Haltung schon fast etabliert habe. Thammer ist auch fest davon überzeugt, dass gutes Auftreten wichtiger ist als ein gutes Zeugnis. „Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck“, sagt die Managerin und verweist darauf, dass der Betreffende gar nicht mehr dazu komme, sein Zeugnis vorzuzeigen, wenn er ein schlechtes Auftreten hat.

An die Adressen der Führungsetagen gerichtet appelliert Thammer, dass Information und Kommunikation mit den Mitarbeitern einen Akt der Höflichkeit darstellen. Aber auch klare und ausführbare Anweisungen und sogar Kontrollen können Zeichen der Wertschätzungen sein, weil sie verhindern, dass sich die Mitarbeiter in falschen Dingen verzetteln. Keine Chance gibt Thammer puren Selbstdarstellern, die nur oberflächlich ein Programm abspulen, ohne dessen Inhalte wirklich zu leben. „Wer die innere Einstellung nicht hat, wird auch nicht wirklich weiterkommen.“ Grundfalsch sei es auch sich sein Verhalten je nach Gegenüber auszusuchen: „Es gibt nicht zweierlei Benehmen, einmal gegenüber der Putzfrau, das andere Mal gegenüber dem Vorstand.“

Zur Person: Sissy Thammer wurde 1954 im oberpfälzischen Winklarn geboren. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Buchhändlerin und studierte Jura in München und Rom. Seit 1986 leitet sie das Festival junger Künstler (Internationales Jugendfestspieltreffen) in Bayreuth. Thammer hat Lehraufträge an mehreren deutschen Universitäten. Sie ist Trägerin des Preises „Frauen Europas – Deutschland 1997“ und erhielt 2002 von der Georghe-Dima Music Academy den Ehrendoktortitel. Für ihre besonderen Verdienste um das Festival junger Künstler erhielt sie 2003 das Bundesverdienstkreuz.

Bild: Erster Eindruck wichtiger als das Zeugnis: Kulturmanagerin Sissy Thammer glaubt, dass Business-Etikette an Bedeutung noch zunehmen wird.

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09/2008

Rostfleck auf Reisen: Außen pfui, innen hui / Monster mit kernigem Ton / Heiko Fridrich aus Mössingen mag es rostig

Mössingen – Autowaschen fällt flach: „Ich muss weder polieren noch putzen, ich steige ein und fahr los“, sagt Heiko Fridrich, Chef der Firma Euro-Cars im baden-württembergischen Mössingen und Besitzer des praktisch weltweit einmaligen „Rusty“. Was das Englischwörterbuch mit „rostig“ übersetzt bezeichnet Fridrich klipp und klar als „Rostfleck“. Während mindestens  99 Prozent aller Autobesitzer über solche Rostflecke gar nicht lachen können, findet der gelernte Kaufmann seinen „Rusty“ einfach nur geil.

Doch der erste Eindruck täuscht: Von der Karosserie, Baujahr 1949, einmal abgesehen, ist der Chevrolet Suburban nämlich komplett überholt, beziehungsweise völlig erneuert. Der ehemalige Truppentransporter einer US Air Force Base mit original Einschussloch auf der Beifahrerseite wurde in Daytona/Florida fast ein Jahr lang speziell auf Fridrichs Wunsch umgebaut. Das Auto steckt von den Felgen bis zu den Dichtungen voller Sonderanfertigungen, lediglich bei den Instrumenten waren Generalüberholungen gerade noch gut genug. Was der Chevy wert ist, darüber schweigt sich der Mann mit dem Faible für US-Fahrzeuge („Mein erstes Auto mit 18 war ein Dodge Van Charger V8“) aus. Fridrich gibt lediglich preis, dass „Material für fast 30000 Dollar drin steckt“.

Natürlich soll das Fahrzeug samt von innen geharzter gerissener Scheibe ein Werbegag sein, Promotion für Euro-Cars. Seit über zehn Jahren beschäftigt sich das Unternehmen unter anderem mit dem Import von Fahrzeugen aus den USA. Aber ein bisschen Benzin im Blut müsse man schon haben, so Fridrich, der aus dem nahe gelegenen Tübingen kommt und selbst schon Moto Cross gefahren ist. In Mössingen und Umgebung ist er weithin bekannt und wenn er den „Rusty“ mit seinen blitzenden, extra angefertigten 18-Zoll-Alufelgen auf einer Wiese abstellt, ist das Gras drum herum im Nu platt getreten. Der Chevy hat eben eine gewisse Anziehungskraft, auch für die Grundstückseigentümerin, die beim Fototermin unbedarft nachfragt, wer denn „das alte Auto“ da abgestellt habe.

Unklar ist bislang auch, wie die deutschen Behörden den Chevy einstufen sollen. „Eigentlich ist es ein Lkw“, sagt Fridrich. Genauer gesagt ein dreisitziger Kombi-Transporter mit Ladefläche. Beim Begriff Oldtimer rümpft der Besitzer eher die Nase. Doch auch der TÜV weiß noch nicht so recht, was er machen soll, denn schon der Air-Ride, die Möglichkeit, die Karosserie 15 Zentimeter tief auf den Boden abzusenken, so dass es aussieht, als wären die Achsen gebrochen, ist bei deutschen Fahrzeugen eben nicht vorgesehen.

Natürlich ist der „Rusty“ mit seiner nachgebauten Mustang-II-Vorderachse mit Servolenkung und innenbelüfteten Scheibenbremsen nicht nur ein schöner Blickfang. Fridrich kann das Monster mit dem kernigen Ton jederzeit zum Leben erwecken. Unter der Haube sorgt dafür ein 350er V8-Block mit Schafer-Nockenwelle. Der kurze, 2,5-Zoll-Auspuff endet noch vor der 70er Nova-Hinterachse.

Vor wenigen Wochen erst lautete das Ziel Hamburg und bei der dortigen Hot Rod Show gab es unter der gesamten Palette amerikanischer Träume auf Anhieb einen Pokal für das individuellste Auto. Ebenso in Geiselwind, wo der Rostfleck mit der europaweit praktisch einmaligen „shell-tailgate-and liftgate-style“-Heckklappe zum Sieger in der Klasse der Originals gekürt wurde. 170 Stundenkilometer schafft der Chevy mit seinen 320 PS dabei spielend: „Noch schneller ginge es auch, doch dann wird’s ungemütlich“, weiß Fridrich. Dann werde das Fahrgefühl schon etwas schwammiger und „der Rusty fängt an zu Hopsen“. Sehen lassen kann sich der Benzinverbrauch von 14 Litern auf 100 Kilometern, in der Stadt können es schon auch mal 17 sein. Deshalb denkt der Euro-Cars-Chef jetzt schon darüber nach, seinen Chevy vom nagelneuen 17 Gallonen Benzintank auf Flüssiggas umzurüsten. Platz für die Gastanks gibt es genug.

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