Stephan Herbert Fuchs
 

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16.03.2024

„True Crime“: Dem Tod auf der Spur / Spektakulärer Auftritt des populären Forensik-Experten Michael Tsokos in der Freiheitshalle

Hof. So viele Leichen an einem Abend: das schafft nur einer, Professor Dr. Michael Tsokos. Der Megastar der Rechtsmedizin zeigt zwei Stunden lang Fotos von Wasserleichen, Brandleichen, bekleideten und unbekleideten Toten, von Leichenteilen, Skeletten und von mumifizierten Leichen. Wenn sich das über 3000 in der Mehrzahl junge Leute freiwillig antun, ja sogar noch jede Menge Eintritt dafür bezahlen, dann hat das einen Grund: Michael Tsokos ist absolut authentisch, seine Geschichten sind an Spannung kaum zu überbieten und immer wieder würzt er seinen Vortrag mit einer Prise Humor.

Rechtsmedizin als Entertainment, das ist ein ganz neues Genre, das unter dem Titel „Tue Crime“ die Massen bewegt. Wer mit dem Namen Michael Tsokos nichts anfangen konnte, der Professor ist nicht nur forensischer Experte, er ist auch 22-facher Spiegel-Bestsellerautor sowie Fernsehstar in „Obduktion“ und „Todesrätsel“ auf RTL Plus. So ist es auch zu erklären, dass sein Auftritt am Freitagabend im Großen Haus der Freiheitshalle seit Wochen restlos ausverkauft war.

Michael Tsokos bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen Wissenschaft und Show. Er selbst spricht von einer Vorlesung und tatsächlich hat der Abend eher universitären Charakter. Einer, der dem Tod auf der Spur ist, gilt per se als Garant für Hochspannung. Zumal der Auftritt erst ab 16 Jahren empfohlen wurde. Das ließ Blutrünstiges erwarten. Kurzweilig und allgemeinverständlich stellte der Professor in seinem zweistündigen populärwissenschaftlichen Vortrag das Aufgabenspektren der Rechtsmedizin dar. Michael Tsokos spricht viel vom Tod, hört man ihm intensiv zu, kann man aber auch viel über das Leben lernen.

Das klingt zunächst einmal recht dröge. Doch wenn Michael Tsokos ins Detail geht, dann wird es wirklich spannend. Dann fesselt er sein Publikum mit Anekdoten, Zitaten, Einschätzungen, Headlines aus internationalen Zeitungen und immer wieder mit faszinierendem Bildmaterial. Er spricht über die beiden getöteten Bankmanager in Kasachstan, zu deren Identifizierung er hinzugezogen wurde, ein Auftrag, der sich sehr schnell als politisch hochbrisant erweisen sollte. Michael Tsokos erzählt von Kamerun, wo er den mysteriösen Tod eines katholischen Bischofs im Auftrag von Interpol untersuchte. Sogar zu einem ungeklärten Todesfall in Rio de Janeiro wurde er hinzugezogen.

Nicht erst beim Fall des Serienmörders Silvio S. in Potsdam, der mindestens zwei Kinder umgebracht und sie in einer Gartenlaube vergraben hatte, wird es mucksmäuschenstill in der Freiheitshalle. Und da ist dann auch noch der „Puzzle-Mörder“, die „Akademie der 1000 Leichen“, der Auftrag aus dem Vatikan zur Untersuchung der sterblichen Überreste von Pater Hermann Cohen anlässlich dessen Seligsprechungsverfahrens. Für schwache Nerven ist das alles nichts. Da werden einzelne Organe in Großaufnahme gezeigt, es gibt Folteropfer zu sehen oder die Fotos eines kleinen Mädchens, das mit einem Handy-Kabel regelrecht ausgepeitscht wurde.

In der Aufzählung mag das alles recht sensationsgierig klingen, doch Michael Tsokos kann alles haarklein belegen. Immer wieder ist er bei seiner Arbeit im Sektionssaal zu sehen und bei seinen weltweiten Missionen im Auftrag von Interpol, vom Bundeskriminalamt und von den Vereinten Nationen. Blutrünstig, aber wahr. „True Crime“ von jemandem der dabei ist und aus erster Hand berichten kann. Mit Tatort oder den amerikanischen CSI-Krimis hat das alles wenig zu tun.

Vermarktet wird er wie ein Rockstar. Da gibt es T-Shirts und Tassen, einen Büchertisch mit all seinen Werken und nach dem Vortrag stehen die Besucher über hundert Meter in der Schlange für eine Signatur im Buch, für ein Autogramm oder für ein Foto mit dem Wissenschaftler. Tags zuvor in Saarbrücken hat er seinen eigenen Worten zufolge bis nachts um 1 Uhr Bücher signiert.

Zwischen den spektakulären Bildern sind auch immer wieder Fotos von seinem Yorkshire-Terrier Fidi zu sehen. Das Tier ist indirekt auch der Grund, warum Michael Tsokos nach Hof kam, denn Fidi stammt von der Hundezüchterin Heike Wunderlich aus dem Vogtland.

Michael Tsokos ist Professor am Institut für Rechtsmedizin der Charité in Berlin, das er seit 2007 leitet. Unter seiner Führung steht auch das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medien in Berlin. Seit 2014 ist Michael Tsokos ärztlicher Leiter der Gewaltschutzambulanz Berlin-Moabit und Botschafter des Deutschen Kinderschutzvereins. Zudem ist er Träger des Wissenschaftspreises der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin. Auf Instagram hat sein Kanal mittlerweile über 460000 Abonnenten, die regelmäßig seine beruflichen und privaten Erlebnisse mitverfolgen.

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06.02.2023

Schöffen gesucht:  Unparteilichkeit, Selbstständigkeit und Reife des Urteils / Gisela Findeisen aus Kulmbach hat das Ehrenamt zehn Jahre lang ausgeübt

Kulmbach. Wer glaubt, er könne so einfach darauf los urteilen, der ist als Schöffe falsch am Platz. Das sagt Gisela Findeisen aus Kulmbach. Die heute 77-Jährige war zehn Jahre lang von 2009 bis 2018 und damit zwei volle Perioden als ehrenamtliche Schöffin beim Amtsgericht in Kulmbach tätig. Man müsse schon imstande sein, objektiv zu urteilen, sagt sie.

In diesem Jahr findet für die Zeit von 2024 bis 2028 wieder die Wahl der Schöffen statt. Derzeit werden in allen Gemeinden Vorschlagslisten erarbeitet, aus denen durch einen beim jeweils zuständigen Amtsgericht gebildeten Schöffenwahlausschuss eine Auswahl erfolgt.

Gisela Findeisen war lange Zeit eine von ihnen. „Manchmal hat es mich schon sehr berührt“, sagt sie, die aus der Nähe von Chemnitz stammt, Schriftsetzerin gelernt hatte und die zuletzt als Wirtschaftsingenieurin bei einem großen Unternehmen in Kulmbach tätig war. Manchmal sei es auch frustrierend gewesen, wenn der gleiche Angeklagte immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt kam und vor Gericht auftauchte.

Schöffen sind ehrenamtliche Richter am Amtsgericht und bei den Strafkammern des Landgerichts. Sie stehen grundsätzlich gleichberechtigt neben den Berufsrichtern. Das kann Gisela Findeisen nur bestätigen, denn auch sie hatte es schon erlebt, dass die beiden Schöffen den vorsitzenden Richter überstimmt hatten. Das verantwortungsvolle Amt verlangt einem Gerichtssprecher zufolge in hohem Maße Unparteilichkeit, Selbstständigkeit und Reife des Urteils, aber auch geistige Beweglichkeit und wegen des anstrengenden Sitzungsdienstes körperliche Eignung. Es kann nur von Bürgern mit der deutschen Staatsangehörigkeit ausgeübt werden.

Zu dem Amt gekommen war Gisela Findeisen vor allem durch ihre Tochter, die als Juristin tätig ist. „Im Laufe ihres Studiums habe ich viel mitbekommen“, erinnert sie sich. Interessiert habe sie sich für die Rechtsprechung ohnehin schon immer und so hatte sie sich damals kurzerhand auf eine Zeitungsanzeige hin beworben. Am Jugendschöffengericht in Kulmbach sind immer zwei „Teams“ im Einsatz, das heißt es gibt vier Jugendschöffen, von denen bei den Verhandlungen immer zwei, jeweils ein Mann und eine Frau, eingesetzt werden.

Gisela Findeisen kommt auf jeweils zehn Sitzungstage pro Jahr, meist mit zwei bis drei verschiedenen Verhandlungen pro Sitzungstag, der auch schon mal von acht Uhr morgens bis in den Abend hinein dauern kann. Meist sei es um Diebstähle, Körperverletzungen oder Drogengeschichten gegangen. Auch härtere Urteile seien dabei gewesen, wobei beim Jugendstrafrecht immer der Erziehungsgedanke und nicht die Strafe im Vordergrund steht. Gewundert hatte sich die langjährige Schöffin darüber, dass in den seltensten Fällen die Eltern in der Verhandlung mit anwesend waren. Mulmig sei es ihr bei dem Amt nie gewesen, allerdings habe es schon auch Fälle gegeben, bei denen sie zumindest verbal von den Angeklagten angegangen wurde.

Ab sofort besteht die Möglichkeit, sich selbst für das Schöffenamt zu bewerben oder einen anderen vorzuschlagen. Die Bewerbung zur Aufnahme in die Vorschlagsliste für Schöffen muss schriftlich erfolgen. Die hierfür einheitlich zu verwendenden Bewerbungsbögen und nähere Informationen zum Schöffenamt sind zum Beispiel für Kulmbacher Bürger im Bürgerbüro der Stadt Kulmbach oder in den jeweiligen Gemeinden erhältlich. Sie können in der Regel aber auch im Internet auf den Webseiten heruntergeladen werden. Die Bewerbungen müssen im Original bis spätestens Freitag, 17. März 2023 eingegangen sein. Die Bewerbungen zur Aufnahme in die Vorschlagsliste für Jugendschöffen werden an den zuständigen Jugendhilfeausschuss des Landkreises Kulmbach weitergeleitet. Die Bewerbungsfrist hierfür endet allerdings bereits am Montag, 13. Februar 2023.

Bild: Gisela Findeisen aus Kulmbach war zehn Jahre lang als Jugendschöffin am Amtsgericht tätig.

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14.01.2022

Notorische Ladendiebin verurteilt / Langjähriger Drogenkonsum führte zu psychischer Erkrankung

Kulmbach. Zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten hat das Amtsgericht eine 55-jährige Reinigungskraft aus Kulmbach verurteilt. Die Frau hatte vor knapp zwei Jahren im Edeka-Markt am Goldenen Feld verschiedene Lebensmittel im Wert von 17,82 Euro gestohlen. Die Verhandlung fand deshalb erst jetzt statt, weil Verteidiger Alexander Schmidtgall beantragt hatte, ein psychiatrisches Gutachten über die Frau einzuholen.

Das Gutachten lag jetzt vor, mit dem Ergebnis, dass die Frau durchaus schuldfähig und in der Lage ist, das Unrecht ihrer Tat einzusehen. Es brachte aber auch zu Tage, dass die Frau aufgrund langjährigen Drogenmissbrauchs unter einem Abhängigkeitssyndrom mit schweren depressiven Zügen leidet. Zum Zeitpunkt der Tat habe sie gerade ein Methadon-Substitutionsprogramm absolviert.

Deshalb war auch klar, dass die Frau nur aufgrund ihrer psychischen Störungen die Tat begangen hatte. Genügend Geld hätte sie einstecken gehabt, sie konnte sogar die „Fangprämie“ in Höhe von 50 Euro bezahlen. Mittlerweile nehme sie eine Therapie wahr und habe ihr Leben im Griff. Sie gehe einer geregelten Arbeit nach und sei derzeit völlig abstinent.  

Die beiden Beschäftigten des Edeka-Marktes berichteten, dass die Frau nachdem sie erwischt worden war, lediglich Sorge um ihren Hund gehabt hätte, der draußen an der Tür warten musste. „Sie hatte nur Angst um ihren kleinen Hund“, so eine Verkäuferin. Den Diebstahl habe sie sofort zugegeben, die Waren hatte sie bereitwillig zurückgegeben. Allerdings berichteten die beiden Beschäftigten auch, dass sie die Frau schon länger im Verdacht hatten und deshalb besonders unter die Lupe nahmen. „Wir haben sie an der SB-Kasse angesprochen, weil sie nur einen teil der Waren eingescannt hatte“, so die Verkäuferin.

Ein Blick auf die Vorstrafenliste der Frau zeigte, dass es nicht ihr erster Diebstahl war. Im Gegenteil: sie hatte bereits 19 Voreintragungen, meistens wegen Diebstahl, einige Male auch bereits wegen verschiedener Drogendelikte. Auch im Gefängnis fand sie sich deshalb schon einige Mal wieder. Einige Entzugstherapien blieben bislang ohne Erfolg.

Sowohl der Vertreter der Staatsanwaltschaft, als auch Verteidiger Alexander Schmidtgall sprachen sich in ihren Plädoyers für eine Bewährungsstrafe in Höhe von acht Monaten aus. Zwar nur mit  großen Bedenken, wie es der Staatsanwalt ausführte, doch müsse man schon berücksichtigen, dass die psychische Erkrankung der Frau die Ursache für die Straftaten darstelle. Seine Mandantin habe ihr Leben seit zwei Jahren im Griff, sagte Verteidiger Schmidtgall. Niemand habe etwas davon, wenn die Frau nun eingesperrt werden sollte.

Das sah auch Richterin Sieglinde Tettmann so. Die Angeklagte habe in psychischen Schwierigkeiten wieder einmal Dampf abgelassen und sich mit Hilfe der Diebstähle abreagiert. Deshalb sollte man es noch einmal mit einer Bewährungsstrafe versuchen. Sie appellierte aber auch an die Frau, diese Chance zu nutzen und sich unter anderem jeglichen Drogenkonsums zu enthalten. Andernfalls drohe doch noch eine Gefängnisstrafe. In den kommenden vier Jahren wird sich nun ein Bewährungshelfer um die Frau kümmern, außerdem muss sie eine Geldauflage von 1000 Euro an die Aktion „Keine Macht den Drogen“ überweisen.

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14.01.2022

Crystal im Fahrradlenker / Lebenslang suchtkrank:
Mechaniker aus Kulmbach muss hinter Gitter

Kulmbach. Vielfach vorbestraft, mehrfach schon im Gefängnis und unter einschlägiger Bewährung stehend: ein 49-jäheiger Mechaniker aus Kulmbach hält die Justiz ganz schön auf Trab. Auch wenn er jetzt mir „nur“ knapp sechs Gramm Crystal Speed erwischt wurde, so muss er doch ins Gefängnis. Richterin Sieglinde Tettmann verurteilte den Mann zu fünf Monaten ohne Bewährung. Zu oft hatte er schon Bewährungsstrafen bekommen und immer wieder war er trotzdem straffällig geworden.

Mehr als Hobby betreibt der Mann mitten in Kulmbach eine kleine versteckte Werkstatt, in der er Fahrräder repariert. Doch nicht nur das, er präpariert die Räder auch zum Drogentransport, wie der ermittelnde Kommissar von der Kripo in Bayreuth berichtete. So baut er die Rohre des Lenkrades und des Sattels entsprechend um, so dass dort mit Hilfe von Klebebändern kleine Drogenpäckchen versteckt werden können. Entsprechende Spuren habe man bei der Durchsuchung entdeckt. Wie der Polizist berichtete, schleift der Mann in seiner Werkstatt auch die Seriennummern aus gestohlenen Rädern, lackiert sie um und veräußerte sie wieder.

Das war aber nicht Gegenstand der Verhandlung. Hier ging es ausschließlich um die knapp sechs Gramm Crystal Speed. „Mein Mandant ist schon ewig suchtkrank“, berichtete Verteidiger Alexander Schmidtgall. Der Angeklagte selbst ergänzte daraufhin: „Ich weiß, es ist nicht richtig, aber ich brauche das“. Woher er die Drogen bezog, wollte der Angeklagte nicht verraten.

Bei einem Ersttäter wären knapp sechs Gramm Crystal Speed wohl kein Grund dafür, ihn gleich einzusperren. Das Vorstrafenregister des Mannes war allerdings überaus problematisch. Richterin Tettmann brauchte lange, um sämtliche Vorstrafen zu verlesen. Die erste datiert auf das Jahr 2001. Damals wurde der Mann wegen des Besitzes einer unerlaubten Schusswaffe zu einer Geldstrafe verurteilt. Es folgten Diebstähle, Beleidigungen, Körperverletzungen, Kennzeichenmissbrauch, Trunkenheit im Verehr und immer wieder Drogendelikte. Zusammengenommen verbrachte er schon mehrere Jahre seines Lebens hinter Gittern. Fünf Drogentherapien hat er bereits absolviert, alle erfolglos. Mittlerweile lebt er von Hartz IV.

Da sei auch beim besten Willen keine positive Sozialprognose mehr erkennbar, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Zwar sei es eine relativ geringe Menge gewesen, die noch dazu zum Eigenverbrauch bestimmt war, doch zum zweiten Mal hintereinander eine gleichartige Tat während einer offenen Bewährung, da bleibe lediglich eine Freiheitsstrafe übrig. Verteidiger Schmidtgall sprach sich trotzdem für eine Geldstrafe aus, schließlich sei sein Mandant praktisch lebenslang suchtkrank.

Richterin Sieglinde Tettmannn urteilte auf die fünf Monate ohne Bewährung. Es sei schon klar, dass der Angeklagte suchtkrank sei und es ihm schwer falle, abstinent zu bleiben. Das Strafrecht sehe allerdings keine andere Möglichkeit vor als Geld- oder Freiheitsstrafen und da gebe es aufgrund des Vorlebens des Angeklagten keine andere Möglichkeit, als ihn wieder einmal für einige Monate einzusperren.

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13.01.2022

Mit Lach-Yoga gegen die Nachbarn / Verfahren gegen 60-jährigen Betriebswirt wegen Nötigung eingestellt

Kulmbach. Offensichtlich schwelt der Nachbarschaftsstreit schon sehr lange. Beschimpfungen, Provokationen und Anzeigen sind schon fast an der Tagesordnung in einem kleinen Ort im Landkreis. Am 17. Mai des vergangenen Jahres ist der Streit allerdings eskaliert. Ein 60jähriger Mann fuhr mit seinem Geländewagen in die kleine Stichstraße seines Anwesens, als sich die Nachbarin mit zwei Bekannten und mehreren kleinen Kindern in der Einfahrt zu deren Grundstück aufhielt. Angeblich soll der Mann Gas gegeben haben und absichtlich auf die Frauen und deren Kindern zugefahren sein, um sie zu maßregeln. Der Mann, von Beruf Betriebswirt, fand sich nun auf der Anklagebank wieder, der Vorwurf lautete Nötigung.

Die konnte nach langer Verhandlung am Ende dann aber doch nicht bewiesen werden. Außer Frage stehe es, dass der Mann tatsächlich sehr knapp an den Passanten vorbeigefahren ist und damit wohl eine Ordnungswidrigkeit begangen habe, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Eine Nötigung lasse sich allerdings nicht beweisen. Im Einvernehmen mit Staatsanwaltschaft und der Verteidigerin des Angeklagten stellte sie das Verfahren am Ende ohne Auflagen ein.

Hauptgrund dafür ist wohl der seit lange andauernde Nachbarschaftsstreit sein, der hinter der Sache steckt. „Wir wissen schon, dass noch viele Anzeigen da sind“, sagte Tettmann und gab allen Beteiligten mit auf den Weg, sich künftig besser aus dem Weg zu gehen. Was in den Köpfen der einzelnen vorgeht, sei dabei immer recht schwierig einzuordnen und belaste alle Beteiligten nur unnötig.

Der Angeklagte selbst hatte den Vorfall abgestritten. Er sei im Abstand von einem Meter an den drei Frauen und ihren Kindern vorbei gefahren, im Schritttempo, so wie immer, sagte er. „Ich habe nicht beschleunigt und auch niemanden genötigt, zur Seite zu gehen.“

Bei den drei Frauen, der Nachbarin und ihren zwei Bekannten klang dies allerdings ganz anders: „Nur durch das beherzte Eingreifen meiner Bekannten konnte verhindert werden, dass Schlimmeres passiert“, sagte die Nachbarin, eine 38 Jahre alte Büroangestellte. Sie wisse nicht, was passiert wäre, wenn ihre Bekannten nicht dagewesen wären. Dann hätte man die Kinder wohl nicht so schnell von der Straße bekommen, so eine Bekannte der Frau, eine 40-jährige Krankenpflegerin. „Da haben nur noch Zentimeter gefehlt.“ Und auch die dritte im Bunde, eine 34 Jahre alte Gesundheitsökonomin, die noch dazu hochschwanger war, gab an, dass sie ganz schnell Ausweichbewegungen machen musste, um ihre Kind von der Straße wegzuschieben.

Was die Frauen besonders störte war, dass der Mann danach sich nicht etwa entschuldigt hatte, sondern die Frauen noch verhöhnt haben soll. „Er stand grinsend am Gartenzaun und streckte und die Zunge raus“ sagte eine der Frauen. „Sein gehässiges Lachen war für mich der Beweis, dass er es extra gemacht hat“, so die Zeugin. Überraschenderweise stritt der Mann diessein Verhalten nicht einmal ab, sondern hatte für sein Benehmen eine ungewöhnliche Erklärung. Er praktiziere Lach-Yoga, sagte er. „Ich lache immer so, das Herausstrecken der Zunge gehört dazu“, behauptete der Mann. Er wolle damit niemanden schädigen.

Nicht nachgedacht hatte er offensichtlich darüber, dass er mit seinem Verhalten die Nachbarn gewaltig schockiert hat. Er wisse gar nicht mehr, wie viele Anzeigen, es inzwischen gegen ihn schon gibt, so der Angeklagte und kündigte an: „Ich werde bestimmt noch sehr oft vor Gericht erscheinen.“

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13.01.2022

Arbeitslosengeld und Hartz-IV-Leistungen zu Unrecht bezogen / Hohe Geldstrafe gegen 37-Jährigen Angeklagten

Kulmbach. Fast hätten ihn seine vielen Vorstrafen wieder ins Gefängnis gebracht. Dabei war einem 37-jährigen Mann aus Kulmbach die Sache lediglich über den Kopf gewachsen, als er im Sommer 2020 zu Unrecht Arbeitslosengeld- und Hartz-IV-Leistungen in Höhe von zusammen über 700 Euro bezogen hatte. Der Angeklagte hatte einfach vergessen, der Arbeitsagentur und dem Job-Center die Aufnahme seiner neuen Beschäftigung bei einer Kulmbacher Firma anzuzeigen.

Aufgrund des relativ geringen Schadens wäre eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage durchaus üblich gewesen. Anders beim Angeklagten: Er war massiv vorbestraft, brachte es seit 1999 auf insgesamt 13 Vorstrafen, unter anderem wegen Diebstahl, Unterschlagung, Wohnungseinbruch, Körperverletzung und Fahrens ohne Führerschein. Mehrfach musste er schon Gefängnisstrafe absitzen, wegen eines Drogendeliktes bekam er zuletzt 2017 eine Bewährungsstrafe.

Aufgrund der Corona-Problematik sei seinem Mandanten bei Arbeitsantritt gar nicht klar gewesen, ob der neue Job von Dauer ist, erklärte sein Verteidiger Ralph Pittroff. Darüber hinaus sei aus den ausgereichten Barschecks auch das jeweilige Bezugsdatum gar nicht so ohne weiteres ersichtlich gewesen. Dazu kamen gesundheitliche Probleme und familiäre Umstände, unter denen die Korrespondenz mit Arbeitsagentur und Job-Center massiv gelitten habe. „Mir ist das alles über den Kopf gewachsen“, sagte der Angeklagte.

Er räumte aber offen ein, dass er die Aufnahme einer neuen Tätigkeit nicht unverzüglich gemeldet hatte, so wie er das eigentlich hätte machen müssen. Das zu Unrecht erhaltene Geld habe er aber bereits seinem Rechtsanwalt übergeben, um den Schaden wieder gut zu machen.

Durch einen Datenabgleich des Sozialversicherungsträgers mit den Ämtern war die Sache ans Tageslicht gekommen. Mit der vom Verteidiger angeregten Einstellung konnte sich weder die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, als auch Richterin Sieglinde Tettmann nicht anfreunden. Nachdem der Angeklagte aber zugegeben hatte, einen Fehler begangen zu haben, verzichtete das Gericht auf die insgesamt sechs Zeugen, die geladen waren und bereits auf dem Gang warteten.

Eine Freiheitstrafe von drei Monaten und zwei Wochen beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wegen Betrugs in zwei Fällen, einmal zu Lasten der Arbeitsagentur, zum anderen u Lasten des Jobcenters. Der Angeklagte musste sein Arbeitslosengeld nämlich zusätzlich durch Hartz-IV-Leistungen aufstocken. Verteidiger Pittroff sah eine Geldstrafe als ausreichend an und plädierte auf 60 Tagessätze zu jeweils 35 Euro (2100 Euro).

Auch Richterin Tettmann beließ es bei einer Geldstrafe, setzte sie mit 80 mal 35 Euro (2800 Euro) allerdings etwas höher an, als die Verteidigung. Rechtlich sei die Tat als Betrug durch Unterlassen mit bedingtem Vorsatz zzu werten. Das bedeutet, auch wenn der Angeklagte nicht wusste, ob er die neue Arbeit behält, hätte er sie unverzüglich bei den Ämtern anzeigen müssen. Allerdings hielt die Richterin dem Angeklagten zu Gute, dass er dem Gericht durch sein Geständnis eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart und dass er den Willen zur Schadenswiedergutmachung gezeigt habe. Tatsächlich sei der Angeklagte aufgrund der Umstände mit der Sache komplett überfordert gewesen sei.

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12.01.2022

Drogen aus dem Dark Net / 22-jähriger Angeklagter muss zweieinhalb Jahre hinter Gitter

Kulmbach. Er hat in seinem jungen Leben schon ziemlich viel verbockt. Diebstähle, Waffenbesitz, betrunken am Steuer und immer wieder Drogengeschichten. Wenn das Schöffengericht einen heute 22-jährigen Mann aus dem Landkreis zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt hat, dann solle er das als Chance begreifen, gab ihm der Vorsitzende Christoph Berner mit auf dem Weg. In der Jugendstrafanstalt Ebrach, wo der Angeklagte ohnehin wegen anderer Taten bereits einsitzt, könne er seine abgebrochene Berufsausbildung vollenden, um danach ein straffreies und drogenfreies Leben zu führen.

Der Angeklagte hatte zusammen mit zwei anderweitig verfolgten Männern über elf Gramm Crystal Meth im Dark Net bestellt. Drogenfahnder bekamen davon Wind. Beim Eintreffen der Lieferung aus den Niederlanden schlugen die Beamten zu und stellten das Rauschgift sicher. Knapp die Hälfte davon sollte für den Angeklagten bestimmt sein, den Rest wollten sich die beiden anderen aufteilen.

Das alles wäre schon schlimm genug. Doch der Angeklagte hatte bereits sechs Vorstrafen, vier davon wegen Drogendelikten. Allerdings nicht wegen verschiedener Lappalien. Der junge Mann hatte es schon so richtig zur Sache gehen lassen und nicht nur zum Eigenverbrauch gekauft, sondern auch in größerem Umfang gedealt. Allein 2018 hatte er es auf 69 Drogendelikte binnen sieben Monaten gebracht. Drei Mal kam er schon mit Jugendstrafen auf Bewährung davon. Zuletzt wurde er im zurückliegenden Jahr zu zwei Jahren Jugendstrafe ohne Bewährung verurteilt, im November musste er die Haft in Ebrach antreten. Zur jetzigen Verhandlung wurde er in Fußfesseln von zwei Polizisten vorgeführt.

Drei hintereinander folgende Bewährungsstrafen, dann eine Haftstrafe von zwei Jahren und jetzt wieder eine Verurteilung. Da machte selbst Amtsgerichtsdirektor Berner stutzig, so etwas sei schon extrem selten, sagte er. Ein Blick auf die Biographie des Angeklagten zeigte aber auch, dass in seinem Leben so ziemlich alles schief gelaufen ist, was nur schief laufen kann. Wegen familiärer Probleme flog er zu Hause raus, eine Berufsausbildung musste er abbrechen, danach hatte er nur mehr gejobbt, ehe ihn psychische Probleme komplett aus der Bahn warfen. Zuletzt ging der junge Mann keiner geregelten Arbeit mehr nach. Gleichzeitig spielten Drogen eine immer größere Rolle. Vor Gericht ließ er über seinen Verteidiger Ralph PIttroff den jetzt angeklagten Kauf von Crystal Meth in vollem Umfang einräumen. Er habe damals konsumiert und sei auch abhängig gewesen.

Sowohl Kathrin Hecht als Vertreterin der Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger Ralph Pittroff beantragten deshalb die letztlich auch verhängten zweieinhalb Jahre. Darin einbezogen wurden jeweils die zurückliegenden Vorstrafen, also auch die zwei Jahre, die der Angeklagte aktuell ohnehin schon absitzt.

Dem Angeklagten wurde dabei zu Gute gehalten, dass er den Tatvorwurf eingeräumt und dem Gericht damit eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart hatte. Auch die Tatsache dass die Drogen sichergestellt wurden, noch bevor sie in den Umlauf geraten konnten, wurde als positiv gewertet. Negativ dagegen schlugen die meist einschlägigen Vorstrafen, als auch die offene Bewährung, in der sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt befand, zu Buche.

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11.01.2022

Nach üblen Drohungen per WhatsApp: Showdown auf dem Sportplatz / Vater und Sohn vor Gericht: Eigene Kinder zu Übergriffen angestachelt

Kulmbach. Was früher eine Schlägerei auf dem Pausenhof war, wird heute über die sogenannten sozialen Medien ausgetragen. Dabei kann es ganz schön zur Sache gehen. Erst recht dann, wenn sich das Geschehen von der virtuellen in die reale Welt verlagert. Eine solche Begebenheit brachte jetzt Vater und Sohn vor Gericht.

Der 42-Jährige soll den 14-Jährigen angestiftet haben, einen anderen zu verprügeln, so lautete die Anklage. Ganz so war es dann aber doch nicht. Das Verfahren gegen den 14-Jährigen wurde wegen geringer Schuld eingestellt, denn nicht er hatte geprügelt, sondern sein strafunmündiger kleiner Bruder. Der Vater wurde wegen Anstiftung und Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu jeweils 17 Euro (2040 Euro) verurteilt.

Natürlich hat das Ganze eine umfangreiche Vorgeschichte. Zwei ursprünglich einmal befreundete elf und zwölf Jahre alten Schüler hatten dem jüngeren Bruder des angeklagten Schülers zuvor per WhatsApp rund ein Dutzend üble Text- und Sprachnachrichten zukommen lassen. Darin hieß es beispielsweise: „Wir stechen dich ab“. Der Schüler wurde als „Hurensohn“ bezeichnet, sie drohten das Haus der Familie abzufackeln und stießen Beleidigungen aus, die so nicht zitierfähig sind.

Die beiden, die als Zeugen vor Gericht aussagen mussten, zeigten sich reumütig und nannten das Ganze einen Riesenblödsinn. „“Das war dumm von mir“, sagte der Elfjährige sichtlich zerknirscht. Er habe in dem Moment gar nicht drüber nachgedacht, was er da von sich gibt. Die Nachrichten seien auch wahllos einfach an den letzten WhatsApp-Kontakt verschickt worden.

Das allerdings konnte die Familie des Angeklagten ja nicht wissen. Der Vater und seine Söhne nahmen die Sache ernst und verabredeten sich am 3. Juli des vergangenen Jahres abends gegen halb acht zum Showdown am Sportplatz an der Blaicher Straße. Dort standen sie sich dann gegenüber: der Vater mit seinen drei Kindern und die beiden Schüler, die die WhatsApp-Nachrichten verschickt hatten.

Klar, dass dies nicht gut gehen konnte. Während der Vater zumindest einigermaßen Abstand wahrte, hielten die beiden Söhne, der angeklagte 14 jährige und sein 12-jähriger Bruder sowie die ebenfalls strafunmündige Tochter den Schüler, den sie für den Übeltäter hielten, fest und verpassten im einige heftige Faustschläge gegen den Oberkörper und ins Gesicht. Der Schüler soll blaue Flecken, mehrere Kratzer und eine blutende Nase davon getragen haben.

In der Beweisaufnahme stellte sich nun heraus, dass der angeklagte 14-Jährige den zwölfjährigen wohl doch nicht geschlagen, sondern nur festgehalten hatte. Geschlagen hätten stattdessen die strafunmündigen Kinder. Deshalb auch die Einstellung des Verfahrens gegen den 14-Jährigen, der nun lediglich 25 Sozialstunden ablisten muss.

Lange im Dunkeln blieb die Rolle des Vaters, der dann aber doch einräumte, den jüngeren Sohn dazu angestiftet zu haben, „die Sache zu klären“. Dass dies beim Showdown auf dem Sportplatz nicht nur mit Worten, sondern auch mit Fäusten geschieht, hatte man sich ja denken können. Auch Beleidigungen habe er ausgestoßen, gab der Mann schließlich zu.

Für Staatsanwältin Sabine Hauck eine ganz blöde Idee, da überhaupt hinzugehen und sich auf so etwas einzulassen. „Es kann doch nicht angehen, dass ein erwachsener Mann seine eigenen Kinder anstachelt, ein anderes Kind zu schlagen“, sagte sie und forderte sieben Monate auf Bewährung, Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Mann nicht vorbestraft war und zum ersten Mal vor Gericht stand eine durchaus hohe Forderung.

Verteidiger Ralph Pittroff stellte dagegen die massiven Provokationen im Vorfeld in den Vordergrund. Sein Mandant habe sich im Ausnahmezustand befinden. Pittroff plädierte deshalb auf eine Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu jeweils 17 Euro (1190 Euro).

Mit dem Urteil von 120 Tagessätzen zu jeweils 17 Euro erhöhte Richter Christoph Berner diesen Antrag deutlich, beließ es aber dann trotzdem bei einer Geldstrafe. Er sprach von einer „unseligen Angelegenheit mit einer sehr unglücksseligen Entwicklung“. Dem Vater schrieb er ins Stammbuch, dass er erzieherisch schon sehr fragwürdig gehandelt habe. Gleichzeitig erinnerte aber auch an die extremen Provokationen, die der Sache vorausgegangen waren. Für den Richter war klar: „Alle Beteiligten waren mit der Dynamik der Situation einfach überfordert.“

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17.12.2021

Erbschleicherei, Entmündigung und Abschiebung ins Heim / Ehemann und Schwiegersohn sollen mit angeblichen Pflegleistungen Gelder von der AOK erschwindelt haben

Kulmbach. Weil sie fast 5500 Euro fälschlicherweise als angebliche Betreuungsleistungen über die AOK abgerechnet haben sollen, müssen sich zwei Männer aus dem Landkreis vor dem Schöffengericht verantworten. Der 48-Jährige und sein 36-jähriger Schwiegersohn sollen für eine betagte Nachbarin Leistungen aus der sogenannten Verhinderungspflege abgerechnet haben, die sie aber so nie erbracht hätten, heißt es in der Anklage. In Wirklichkeit sei die Diakonie jeden Tag drei Mal bei der Seniorin gewesen, sie habe Essen auf Rädern bekommen, außerdem hätten sich Nichten und Neffen um sie gekümmert. Angeklagte waren die beiden Männer wegen gemeinschaftlichen Betrugs in 15 Einzelfällen.

Verhinderungspflege bedeutet, dass jemand die Pflege übernommen hat, aber jemand anderen mit den Pflegemaßnahmen beauftragt, weil er selbst zum Beispiel wegen Urlaub oder Krankheit zeitweilig verhindert ist. Voraussetzung dafür ist Pflegegrad 2. Dann können pro Jahr bis zu 1612 Euro zusätzlich abgerufen werden, wird keine Kurzzeitpflege in Anspruch genommen, sogar noch einmal 800 Euro mehr.

Im konkreten Fall hatte sich die Nachbarin, die Ehefrau des angeklagten 48-jährigen Angeklagten, einer betagten Senioren angenommen, die gerade ihren Mann verloren und eine schwere Operation hinter sich hatte. Die Rentnerin nahm die Hilfe gerne an und ließ die Nachbarin als Pflegeperson eintragen. Im ersten Jahr ging auch alles gut. Dann aber gab es erste Probleme und andere Nachbarn schalteten sich ein, weil der Verdacht der Erbschleicherei im Raum stand. Angeblich habe sich die Nachbarin Vollmachten ausstellen lassen und die Entmündigung der alten Damen angestrebt, um an ihren Grundbesitz zu kommen. Bewiesen ist davon nichts, der Prozess gegen die Frau, ebenfalls wegen Betrugs wurde wegen angeblicher Verhandlungsunfähigkeit erst einmal abgetrennt. Allerdings ist wohl schon ein Zivilverfahren vor dem Landgericht in Bayreuth gelaufen, in dem es um ein Diebstahldelikt ging.

An den Vorwürfen ist nichts dran, ließen die beiden Männer im gegenständlichen Verfahren über ihre Verteidiger Stefan Walder aus Kronach und Werner Brandl aus Kulmbach verlautbaren. Beispielsweise hätten beide Schneeräum- und Streudienste übernommen, Müll entsorgt, und Fahrleistungen erbracht Der 48-jährige Angeklagte will die Frau mit Medikamenten versorgt, ihr das Geschirr abgespült und sich um die Versicherungsunterlagen gekümmert haben. Sein jüngerer Mitangeklagter berichtete von der Reparatur eines Zaunes, vom Anbringen von Vorhangstangen und vom Beseitigen eines Hochwasserschadens. „Er war regelmäßig bei ihr, ein bis zwei Mal pro Woche“, sagte Brand für seinen Mandanten. „Von einer Abrechnung war meinem Mandanten gar nichts bekannt“, sagte Walder für den anderen Angeklagten. Ums Geld sei es seinem Mandanten ohnehin nie gegangen.

Das sah der polizeiliche Ermittler vom LKA in München ganz anders. Keiner der beiden habe eine Verhinderungspflege durchgeführt, lautete seine Kernaussage. Außerdem handle es sich bei Gartenpflegearbeiten oder Staubsaugen ohnehin nicht um Pflegearbeiten. Beide seien von der Seniorin dafür sogar zusätzlich bezahlt worden.

Die Anzeige wegen des unrechtmäßigen Erhalts von Beträgen aus der Verhinderungspflege hatte die AOK erstattet. „Wir haben einen schriftlichen Hinweis bekommen, dass hier gar keine Pflege stattfindet und dass pauschal abgerechnet wird“, sagte der Sachbearbeiter aus Bayreuth. Renovierungsarbeiten oder Rasenmähen sei auf keinen Fall erstattungsfähig. Ohnehin sei die Frau durch Diakonie, anderen Nachbarn, Nichten und Neffen bestens versorgt gewesen. Selbst für die Zeit als die Seniorin in der Klinik, anschließend in der Kurzzeitpflege und dann in einem Pflegeheim gewesen sei, hätten die Angeklagten noch Gelder abgerechnet, die sie mittlerweile wieder zurückerstatten mussten.

Die Seniorin selbst, die ihr Haus mittlerweile verkauft hat und in einem Pflegeheim im Landkreis legt, wurde im Rollstuhl in den Sitzungssaal gebracht. Der 48-jährige Angeklagte habe schon dies und das gemacht, sagte sie und meinte dabei konkret beispielsweise das Anbringen von Rauchmeldern, den Kauf eines Fernsehers oder die Entrümpelung einiger alter Möbel. Der 36-järige habe das eine oder andere Mal Müll weggefahren, nur einmal habe er sich ihr vorgestellt. „Den Müll musste man ja bloß rausstellen und Medikamente haben sie höchstens einmal besorgt“, sagte die Rentnerin.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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16.12.2021

Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter / Hohe Geldstrafe gegen 23-jähriger Kulmbacher

Kulmbach. Eine nächtliche Spritztour mit einem E-Scooter kommt einem 23-jährigen Handwerker aus Kulmbach teuer zu stehen. Weil er am 12. August kurz vor Mitternacht mit über 1,6 Promille am Kressenstein in entgegen gesetzter Richtung entlang fuhr, wurde er vor dem Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (3500 Euro) verurteilt. Die Strafe fiel unter anderem deshalb relativ hoch aus, weil der junge Mann erst sechs Wochen zuvor aus der Haft entlassen wurde. Dort saß der Mann eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen einer umfangreichen Straftatenserie ab.

Eigentlich wollte er bei Freunden im Auto mit nach Hause fahren. Doch er hatte nicht mehr in den Wagen gepasst. Also lieh er sich von einem Kumpel den E-Scooter und startete seine Fahrt in der Oberen Stadt. „Ich habe mir keine Gedanken gemacht“, sagte er vor Gericht. Er habe Stress mit der damaligen Freundin gehabt und sei einfach losgefahren, einfach so, ohne zu überlegen.

Am Kressenstein fand dann die Begegnung mit einer Polizeistreife statt, die eigentlich eine Ruhestörung klären wollte. Die Beamten hielten an und fragten, ob der junge Mann damit etwas zu tun habe. Da bemerkten die Polizisten, dass der Angeklagte alkoholisiert ist. „Er hat gerochen und geschwankt“, sagte eine Beamtin aus. Nach einem Atemalkoholtest und einer anschließenden Blutentnahme im Klinikum kam heraus, dass der junge Mann absolut fahruntüchtig war. Die Polizistin sagte aber auch, dass der Angeklagte sich während der Blutentnahme und der Fahrt ins Klinikum anständig und kooperativ verhalten habe.

Trotzdem sollten sich seine insgesamt acht Vorstrafen zum Nachteil auswirken. Mehrere Körperverletzungen waren darunter, Beleidigungen, Bedrohungen, eine Sachbeschädigung und sogar ein Computerbetrug. Zuletzt musste er die zweieinhalbjährige Haftstrafe zum Teil absitzen, der Strafrest wurde auf Bewährung erlassen. Das bedeutete allerdings auch, dass der Angeklagte mit der Trunkenheitsfahrt während einer offenen Bewährung erneut straffällig wurde.

Da die meisten Straftaten auf vorherigen Alkoholgenuss zurückzuführen sind, möchte der junge Mann nun als erstes sein Alkoholproblem angehen, eine stationäre Entgiftung und anschließend eine Therapie machen. „Ich habe eingesehen, dass Alkohol der Grund ist, warum ich hier sitze“, sagte er sichtlich zerknirscht.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte in ihrem Plädoyer die letztlich auch verhängte Geldstrafe von 3500 Euro wegen Trunkenheit im Verkehr. Die Anklagevertreterin wertete die Fahrt als Spontantat und einmaligen Ausrutscher. Die Rückfallgeschwindigkeit des jungen Mannes, der zum ersten Mal nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde, sei allerdings schon enorm.

Das sah auch Richterin Sieglinde Tettmann so. Sie wertete es zusätzlich zu Gunsten des Angeklagten, dass die Trunkenheitsfahr mit einem E-Scooter stattfand. „Da ist die abstrakte Gefahr wesentlich geringer, als wenn man mit dem Lkw betrunken fährt“, sagte sie. Tettmann ordnete zusätzlich an, dass die Führerscheinbehörde dem Angeklagten vor Ablauf von sechs Monaten keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Bislang besaß der Angeklagte noch gar keine Fahrerlaubnis. Mit dem jetzigen Urteil im Rücken dürfte es ohnehin nicht mehr so einfach sein, einen Führerschein zu bekommen.

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15.12.2021

Polizisten beleidigt, bespuckt, geschlagen und getreten / Warnschussarrest und Bewährungsstrafe gegen 17-Jährigen

Kulmbach. Noch nicht mal 18 und trotzdem schon eine beachtliche Reihe von Straftaten auf dem Kerbholz: Das Jugendschöffengericht in Kulmbach hat einen Auszubildenden unter anderem wegen mehrfachen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Körperverletzung, versuchten Diebstahls und Drogenbesitzes zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss der junge Mann einen Dauerarrest von drei Wochen absitzen. Ein mitangeklagter 20 Jahre alter Schüler kam mit einer Woche Dauerarrest und 50 Arbeitsstunden davon.

Der 17-Jährige hatte unter anderem im Oktober des vergangenen Jahres in der Bahnhofstraße von Mainleus einen anderen brutal niedergeschlagen und den am Boden liegenden mit Füßen getreten. Kurz davor war er bei einem Großeinsatz der Polizei in der Jugendeinrichtung Fassoldshof auf mehrere Beamte losgegangen, hatte sie beleidigt, bespuckt und heftig zur Wehr gesetzt. Er wollte damit verhindern, dass sein Kumpel festgenommen wird. Erst durch Fesselung an Händen und Füßen konnten die Beamten den Angeklagten in Schach zu halten.

Außerdem wurde der 17-Jährige verurteilt, weil er in Mainleus mit drei Ecstasy-Tabletten in der Hosentasche angetroffen wurde und weil er im Mai 2020 zusammen mit zwei anderen versucht hatte, in das Sportheim des FC Schwarzach einzubrechen. Allein durch das Aufhebeln der Tür war damals ein Schaden von fast 2000 Euro entstanden.

Der mitangeklagte 20-Jährige war bei der Schlägerei in der Jugendeinrichtung Fassoldshof dabei und hatte unter anderem einen Polizisten einen derart heftigen Faustschlag versetzt, so dass der Beamte eine schmerzhafte Rippenprellung erlitt.

In das Urteil von zwei Jahren gegen den 17-jährigen wurden zwei Vorstrafen einbezogen, die es in sich hatten. Der Angeklagte hatte im Alter von 14 Jahren in einem Kinderdorf in Mittelfranken das Haus, in dem er lebte, in Brand gesteckt und dabei einen Schaden von 80000 Euro angerichtet. Keine zwei Jahre später randalierte er mit einer Eisenstange und Pflastersteinen auf dem Sportplatz von Rothwind, warf Fenster ein, riss Bänke aus der Verankerung und richtete dabei einen Schaden von rund 2500 Euro an.

Sowohl seine Bewährungshelferin, die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe als auch sein Vormund berichteten in der Verhandlung von einer absolut verkorksten Kindheit und Jugend des Angeklagten, der aus den verschiedensten Gründen nie richtig Tritt gefasst habe. Zeitweise sei er ohne festen Wohnsitz gewesen, habe Cannabis und Alkohol im Übermaß konsumiert und sei immer wieder in den Einrichtungen, in denen er untergebracht war, auffällig geworden.

In der Hauptverhandlung gab sich der 17-Jährige genauso wie der mitangeklagte 20-Jährige wortkarg. Über ihre Verteidiger Ralph Pittroff und Dr. Andreas Piel ließen sie aber sämtliche Vorwürfe ohne Umschweife einräumen. Damit ersparten sie dem Gericht eine umfangreiche Beweisaufnahme. So hätten beispielsweise alle beteiligten Polizisten gehört werden müssen.

Die letztlich auch verhängte Bewährungsstrafe von zwei Jahren hatte bereits Staatsanwalt Stefan Käsbohrer in seinem Plädoyer gefordert. Die Gewaltspirale sei bei dem 17-Jährigen immer weiter nach oben gegangen. „Der nächste Punkt heißt dann Knast“, sagte der Anklagevertreter. Verteidiger Ralph Pittroff bezeichnete die zwei Jahre als überzogen und sah eineinhalb Jahre als ausreichend an. Der Verteidiger des 20-jährien, Dr. Andreas Piel hatte die letztlich auch ausgesprochene Woche Dauerarrest beantragt.

Zusätzlich zur Bewährungsstrafe und dem dreiwöchigen Warnschussarrest gab das Gericht unter Vorsitz des für Jugendstrafsachen zuständigen Amtsgerichtsdirektors Christoph Berner dem Hauptangeklagten auf, dass er mehrere Termine bei der Suchtberatung wahrnehmen, jede zumutbare Arbeit annehmen und regelmäßig einer Arbeit, beziehungsweise Ausbildung nachgehen muss.

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15.12.2021

Fehler beim Einparken: Überfordert und unter Zeitdruck / Verfahren wegen einer Unfallflucht gegen 1000 Euro eingestellt

Kulmbach. Eigentlich wollte sie Polizistin werden, doch wegen einer kleinen Unachtsamkeit ist dieser Traum geplatzt. Eine 19-jährige Frau aus dem Landkreis musste sich vor dem Amtsgericht wegen einer Unfallflucht verantworten. Verurteilt wurde sie nicht, das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage von 1000 Euro kurzerhand eingestellt. Bei der Bundespolizei wurde sie trotzdem nach wenigen Tagen abgewiesen, irgendwie hatte man dort Wind davon bekommen, dass ein Verfahren gegen die junge Frau anhängig ist.

Beim Einparken am Hallenbad in Kulmbach war die Frau im Juni dieses Jahres mit ihrem Wagen an einem anderen Pkw geschrammt. Sie stieg aus, begutachtete die betreffende Stelle, konnte aber weder bei sich, noch beim anderen Fahrzeug einen Schaden erkennen. Sie dachte sich nichts weiter und verließ die Unfallstelle.

Da hatte die Angeklagte nicht mit einem Anwohner gerechnet, der von seinem Balkon aus das Geschehen beobachtet hatte und die Polizei verständigte. Die Angeklagte staunte nicht schlecht, als plötzlich zwei Polizeibeamte vor ihrer Tür standen und sie mit dem Vorwurf der Unfallflucht konfrontierten. Noch mehr staunte sie, als ihr die Polizisten später eröffneten, dass der angerichtete Schaden am gegnerischen Fahrzeug über 1200 Euro ausmachte.

Seine Mandantin sei unter Zeitdruck gewesen und musste an jenem Tag in die Berufsschule, sagte ihr Verteidiger Achim Riedel aus Kulmbach. Die Angeklagte gab zu, mit ihrem Fahrzeug den anderen Wagen berührt zu haben, Schaden habe sie aber keinen erkennen können. „Meine Mandantin war mit der Situation einfach überfordert“, so der Anwalt.

„Darüber, dass das Ganze suboptimal war, darüber müssen wir nicht streiten“, sagte der für Jugendsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner. Er schloss sich genauso wie Staatsanwalt Stefan Käsbohrer der Meinung des Verteidigers an, dass die Angelegenheit nicht unbedingt mit einem Urteil beendet werden muss, sondern eingestellt werden kann. „Ich glaube, dass sie durch das Ganze hinreichend beeindruckt sind“, so Berner. Die 1000 Euro Geldauflage gehen zu Gunsten der Kulmbacher Kreisverkehrswacht. Der Traum vom Polizeiberuf scheint trotzdem ausgeträumt, die Frau hat mittlerweile einen Bürojob.

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14.12.2021

„Krank, nicht kriminell“ / 21-jähriger Mann war tief in den Drogensumpf geraten – Bewährungsstrafe wegen gefälschter Rezepte

Bayreuth. Diese Drogenkarriere hatte es in sich: mit 13 erster Cannabis-Konsum, mit 15 Ecstasy und mit 18 dann die harten Drogen Heroin und Crystal. Trotz junger Jahre ist ein heute 21-jähriger aus Waischenfeld schon tief in den Drogensumpf hinein gerate. Damit ist jetzt erst einmal Schluss. Weil er sich mit gefälschten Rezepten verschiedene Medikamente erschwindelt und bei sich zuhause jede Menge Drogen gebunkert hatte, wurde der Auszubildende vor dem Jugendschöffengericht zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Urteilsspruch lautete auf Urkundenfälschung in neun Fällen, auf Drogenbesitz und auf den Besitz verbotener Waffen. Letzteres, weil bei einer Durchsuchung seines Zimmers im elterlichen Haushalt ein Springmesser und ein Butterfly-Messer gefunden wurden.

Die Anklage warf dem jungen Mann vor, im September 2020 über das Dark-Net gefälschte Rezepte bestellt und anschließend in verschiedenen Apotheken in Bayreuth, Eckersdorf, Glashütten, Hollfeld und Waischenfeld eingelöst zu haben. Dabei „verordnete“ sich der Angeklagte in allen Fällen starke, abhängig machende Schmerzmittel und trug einen falschen Namen, aber einen echten Arzt in die Rezeptvordrucke ein. In dem meisten Fällen bekam er die Medikamente ausgehändigt, in einigen Fällen aber auch nicht, da die Apotheker misstrauisch wurden.

Wahrscheinlich hatte sich einer der Apotheker an die Polizei gewandt, denn nur wenige Tage nach dem letzten Apothekenbesuch wurde eine Hausdurchsuchung in die Wege geleitet. Die Beamten staunten nicht schlecht, fanden sie doch eine größere Menge Marihuana und jeweils kleinere Mengen Cannabis, Haschisch, Kokain und Methadon. Bei der anschließenden Festnahme hatte der Angeklagte außerdem noch eine kleinere Menge Crystal bei sich.

Über seinen Verteidiger Christoph Johannsen aus Nürnberg ließ der Angeklagte sämtliche Vorwürfe einräumen. Lediglich das mit dem Dark-Net entspreche nicht den Tatsachen, er habe die Rezepte „sozusagen offline“ über eine Bekannte bekommen, deren Namen er allerdings nicht preisgab.

Hintergrund sei, dass der Angeklagte seit langem von den verschiedensten Substanzen abhängig sei und mit Hilfe der Schmerzmittel eine Selbstsubstitution vornehmen wollte. „Er wollte weg von den ganz harten Sachen“, sagte der Verteidiger, deshalb die Geschichte mit den Rezepten. Die aufgefundenen Drogen seien außerdem alle zum Eigenkonsum bestimmt gewesen.

Nun aber habe der junge Mann sein Problem erkannt. Er befinde sich bereits seit über vier Wochen auf einer stationären Entgiftungsmaßnahme, die nahtlos in eine stationäre Therapie übergehen soll. Einen festen Therapieplatz gebe es bereits, die Maßnahme ist auf ein halbes Jahr angelegt.

Eine Bewährungsstrafe von einem Jahr beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Der junge Man habe jede Menge kriminelle Energie an den Tag gelegt. Darüber hinaus sei er bereits einmal wegen eines Drogendeliktes verurteilt worden. Eine deutlich niedrigere Strafe forderte Verteidiger Johannsen. Sein Mandant sei „krank, nicht kriminell“ und mittlerweile auch dabei, seine Krankheit in den Griff zu bekommen. Der Rechtsanwalt sah 80 Arbeitsstunden als ausreichende Strafe an.

Das sah die Jugendkammer unter dem Vorsitz von Richter Alois Meixner anders. Das Ganze sei noch lange nicht erledigt, der Angeklagte sei gerade mittendrin, sich von seiner Abhängigkeit zu lösen. Allerdings wollte auch er dem jungen Mann eine Chance geben. Neben der Bewährungsstrafe von neun Monaten setzte er deshalb zusätzlich 50 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeitsstunden nach näherer Weisung des Bewährungshilfevereins Fähre e.V. fest. Darüber hinaus muss der Angeklagte seine begonnene Entgiftung zu Ende bringen und darf die folgende stationäre Therapie nicht eigenmächtig abbrechen. Er bekommt außerdem einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt.

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09.12.2021

Geldstrafe wegen Geldwäsche / Rentner aus dem Landkreis war Betrügern aus dem Benin auf dem Leim gegangen

Kulmbach. Manchmal ist der Schritt vom Opfer zum Täter nur ein ganz kleiner. Der Fall eines 70 Jahre alten Rentners aus dem Landkreis, der sich wegen Geldwäsche vor dem Amtsgericht verantworten musste, ist ganz typisch dafür. Obwohl ihn die Afrikaner gewaltig übers Ohr gehauen hatten, wurde der Mann jetzt auch noch zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro (1800 Euro) verurteilt.

Der Angeklagte war auf eine dubiose Whats-App-Nachricht reingefallen, in denen unbekannt gebliebene Täter aus dem Benin jemanden suchten, der ihnen ein deutsches Bankkonto zur Verfügung stellt. Der Rentner, der eigentlich einen Kredit wollte und selbst schon eine dreistellige Bearbeitungsgebühr an die Täter im Benin überwiesen hatte, ließ sich darauf ein, zumal im versprochen wurde, dass er von sämtlichen Geldeingängen auf sein Konto zehn Prozent erhalten werde.

Über 11000 Euro gingen zwischen Februar und April des vergangenen Jahres aus zwölf Einzelüberweisungen auf das Konto ein. 10600 Euro hoben sich die Täter ab, den Rest durfte der leichtgläubige Rentner für sich behalten. Der Mann hatte allen Ernstes seine EC-Karte zu den Leuten in den Benin geschickt und ihnen auch noch die Geheimzahl für sein Konto übermittelt. Darauf, dass sämtliche eingegangenen Gelder aus Straftaten stammten, darauf will er angeblich gar nicht gekommen sein, auch nicht darauf, dass mit Hilfe seines Konto sowohl die Herkunft der Gelder als auch die Identität der Täter verschleiert werden sollte.

Drei Geldeingänge konnte die Sachbearbeiterin von der Kripo in Bayreuth zweifelsfrei nachvollziehen. Zweimal hatten Personen auf der Hoffnung nach einem schnellen und unkomplizierten Kredit jeweils als Vorab-Bearbeitungsgebühr eine hohe dreistellige und eine niedrige vierstellige Summe auf das Konto eingezahlt. Im dritten Falle hatte eine Frau aus Erlangen drei Konzerttickets für ein Festival zum Preis von 115 Euro bestellt und natürlich nie erhalten. Das Geld floss jeweils auf das Konto des Rentners und wurde im Benin abgehoben. Auch bei allen anderen neun Transaktionen sei davon auszugehen, dass Straftaten dahinter stehen, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, den konkreten Nachweis zu führen sei allerdings schon deshalb schwer, weil einige der Geschädigten im Ausland leben.

„Ich hätte doch nie gedacht, dass das irgendwas mit Geldwäsche zu tun hat“, sagte der sichtlich zerknirschte Angeklagte. Er sei völlig leichtfertig an die Sache herangegangen und habe nicht gedacht, dass da etwas faul sein könnte. „Nie hätte ich mir vorstellen können, dass ich mal so gelöffelt werde“, so der Mann, der selbst auf einem hohen Schuldenberg sitzt und von einer seriösen Bank wohl keinen Kredit mehr bekommen hätte. Im Laufe der Zeit habe die Sache dann aber schon einen „komischen Geschmack“ bekommen, bis dann irgendwann die Karte von der Bank des Rentners gesperrt wurde.

„Wenn sie ein bisschen nachgedacht hätten, dann hätten sie doch merken müssen, dass da etwas faul ist“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann bei der Urteilsverkündung. Spätestens, als es darum ging, die EC-Karte samt PIN-Nummer in den Benin zu schicken, „da hätte man doch aufwachen müssen“. Sie hielt dem Mann allerdings auch seine desolate finanzielle Situation zu Gute und die Tatsache, dass er selbst Straftätern aufgesessen war.

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09.12.2021

Mitternächtliche Scooterfahrt: Ohne Versicherung, aber mit Alkohol im Blut / Kulmbacher wegen fehlender Pflichtversicherung zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen: wer mit einem E-Scooter unterwegs ist, der 25 Stundekilometer schnell ist, der braucht eine Haftpflichtversicherung. Ein 30 Jahre alter Handwerker aus Kulmbach wollte das nicht wahrhaben und wurde jetzt vor dem Amtsgericht wegen eines Verstoßes gegen Pflichtversicherungsgesetz zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro (3000 Euro) verurteilt. Zusätzlich muss er seinen Führerschein für vier Wochen abgeben.

Bei dem Mann kam allerdings schon einiges zusammen. Zum einen war er mit über einem Promille nicht unerheblich alkoholisiert, zum anderen hatte er eine lange Vorstrafenliste und eine offene Bewährung. Er wurde am 30 Mai gegen 0 Uhr in Höhe des McDonalds von einer Streife kontrolliert. „Da war einiges an Überzeugungsarbeit nötig“, erinnerte sich einer der Polizisten. Der Angeklagte habe nämlich einsehen wollen, dass er, ähnlich wie bei einem Mofa, eine Versicherungsplakette benötigt.

Auch mit dem Alkoholtest sei er so gar nicht einverstanden gewesen. Nachdem er den Test vor Ort verweigert hatte, mussten die Beamten erst einen Staatsanwalt hinzuziehen, um eine Blutprobe im Klinikum anzuordnen. Auch dort hatte der Mann dem ärztlichen Untersuchungsbericht zufolge jede Mitwirkung verweigert.

Er habe den E-Scooter schon seit Monaten, weil er hin und wieder beruflich in Nürnberg und Würzburg zu tun habe. Dort stelle er sein Auto am Stadtrand ab und bewege sich dann mit dem Scooter innerstädtisch weiter. Er habe aber nicht gewusst, dass er eine Versicherung dafür braucht. Darauf hingewiesen habe ihn auch niemand, denn er habe den Scooter privat im Internet erstanden.

Das Ganze wäre wohl per Strafbefehl erledigt worden, wäre da nicht das umfangreiche Vorstrafenregister des Angeklagten. Sieben Mal wurde er schon verurteilt, allein viermal wegen Straftaten im Zusammenhang mit Drogen. Zuletzt wurde er 2016 vom Landgericht Bayreuth zu drei Jahren und neun Monaten wegen Drogenhandels verurteilt. Einen Teil der Strafe musste er in der Justizvollzugsanstalt absitzen, der Rest wurde ihm auf Bewährung erlassen.

Eine mit 60 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro (3600 Euro) noch höhere Geldstrafe hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer gefordert. Hätte sich der Angeklagte darum gekümmert, dann hätte er auch gewusst, dass ein E-Scooter versicherungspflichtig ist. Verteidiger Stefan Walder aus Kronach beantragte dagegen mit 30 Tagessätzen zu 60 Euro (1800 Euro) eine deutlich niedrigere Strafe. Sein Mandant sei nur eine relativ kurze Strecke gefahren, zu mitternächtlicher Stunde habe kaum Verkehr geherrscht, außerdem sei er auf dem Gehsteig unterwegs gewesen und habe niemanden gefährdet.

„Der Angeklagte hätte sich halt einfach erkundigen müssen“, so Richterin Sieglinde Tettmann in ihrem Urteil. Mit 50 Tagessätzen blieb sie zwar geringfügig unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, trotzdem müsse die Geldstrafe höher ausfallen, als bei einem nicht vorbestraften Angeklagten. Immerhin habe der Angeklagte ja sogar schon Hafterfahrung gesammelt. Als Verurteilter hat der Angeklagte außerdem die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Symbolbild: Mit einem solchen E-Scooter war der Angeklagte zu mitternächtlicher Stunde in Kulmbach unterwegs, allerdings ohne Versicherungsschutz.

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08.12.2021

Crystal: Vom Vietnamesenmarkt an die Kieswäsch / 42-jährige Büroangestellte wegen zahlreicher Drogendelikte zu Bewährungsstrafe verurteilt

Kulmbach/Bayreuth. Ursprünglich kommt sie aus einem guten Elternhaus. Durch den Kontakt zu der Teufelsdroge Crystal ist eine 42-jährige Angestellte aus Kulmbach total abgerutscht. Nun musste sie sich wegen einer Vielzahl von Drogendelikten vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Sie wurde dabei zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Ursprünglich war das Urteil erst für die kommende Woche vorgesehen, weil die Frau alles eingeräumt hatte, konnte das Gericht den Prozess deutlich abkürzen.

Grund für die ungewöhnlich milde Strafe sei, dass die Angeklagte bei der Polizei umfangreich ausgepackt hatte, so der vorsitzende Richter Bernhard Heim. Sie benannte bereits während der polizeilichen Ermittlungen nicht nur alle ihre Lieferanten und Abnehmer, sondern räumte auch Fälle ein, die man ihr sonst gar nicht nachweisen hätte können. Aufgrund der Aussage der Frau konnten 22 Folgeverfahren eingeleitet werden, der Polizei war damit ein großer Schlag gegen die Kulmbacher Drogenszene gelungen.

Die Frau hatte im Zeitraum von November 2018 bis Weihnachten 2019 in zahlreichen Fällen Beschaffungsfahrten nach Cheb unternommen und am dortigen Vietnamesenmarkt Crystal erworben. Anschließend führte sie der Anklage zufolge das Rauschgift nach Bayern ein und verkaufte einen Teil davon im Raum Kulmbach gewinnbringend weiter. Ziel war es, ihren eigenen Drogenkonsum zu finanzieren.

Obwohl sie bereits im April 2019 mit zehn Gramm Crystal im Gepäck im Landkreis Wunsiedel erwischt wurde, machte die Angeklagte einfach weiter und setzte ihre Beschaffungsfahrten fort. Später hatte sie die Drogen auch in der Region bei zwei verschiedenen Dealern erworben.

Die Angeklagte selbst vertickte das Rauschgift laut den Ermittlungen am Parkplatz des Kauernburger Schlössla, im Stadtgebiet von Kulmbach, nahe der Kieswäsch, am Pendlerparkplatz von Unterbrücklein oder im Nachbarlandkreis Lichtenfels. Insgesamt geht es in der Anklageschrift um den Ankauf von rund 140 Gramm, wobei zuletzt von einem Kaufpreis von 70 Euro pro Gramm die Rede war.

Am ersten Weihnachtsfeiertag 2019 flog dann alles auf, die Frau wurde am Schwedensteg in ihrem Fahrzeug kontrolliert, die Beamten fanden Crystal, Marihuana und eine größere Menge Bargeld. Bei einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung stießen die Polizisten noch einmal auf eine größere Menge Crystal sowie auf einen vierstelligen Bargeldbetrag. Konkret muss sich die Frau wegen der Einfuhr, des Erwerbs, des Besitzes und des Handeltreibens mit Drogen jeweils in nicht geringer Menge und jeweils in mehreren Fällen verantworten.

Über ihren Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach ließ sie bereits zum Auftakt der Hauptverhandlung einräumen, dass sämtliche Anklagepunkte zutreffen. Seine Mandantin habe mittlerweile eine sechsmonatige stationäre Therapie hinter erfolgreich abgeschlossen, gehe wieder ihrem Beruf nach und habe ihr Leben wieder im Griff.

Im Auftrag der Polizei fädelte die Frau sogar zwei Scheingeschäfte ein, in deren Folge weitere Dealer festgenommen werden konnten. Wie ein Kriminalbeamter bestätigte, habe sie in ihren Aussagen 65 Erwerbsfälle, 27 Verkäufe und zahlreiche Einfuhren eingeräumt. Allein durch die Aussagen der Angeklagten hätten 22 Folgeverfahren in die Wege geleitet werden können.

Die Angeklagte selbst sagte aus, dass sie drei Viertel des Rauschgifts selbst konsumiert und nur ein Viertel weiterverkauft habe. Ihre Ehe habe während der Zeit, in der sie in der Kulmbacher Drogenszene unterwegs war, kurz vor der Scheidung gestanden. Mittlerweile sei die Beziehung wieder im Lot, zusammen mit ihrem Mann nehme sie an einer Eheberatungsmaßnahme teil.

Sowohl Staatsanwalt Eik Launert, als auch Verteidiger Alexander Schmidtgall hatten sich bereits in ihren Plädoyers für die letztlich auch verhängte Bewährungsstrafe ausgesprochen.

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07.12.2021

„Einmaliger Ausrutscher“: Mit einem Kilo Marihuana im Zug erwischt / 41-jähriger Angeklagter kommt mit Bewährung davon

Kulmbach. Weil er Ende August 2020 im Zug bei Lichtenfels ohne Mundschutz angetroffen wurde, kontrollierten Polizeibeamte einen 41-jährigen Koch aus dem Landkreis. Dabei wurde der Mann extrem nervös. Der Grund dafür war schnell gefunden: der 41-Jährige hatte fast ein Kilogramm Marihuana im Gepäck. Wegen unerlaubten Handeltreibens mit Drogen in nicht geringer Menge musste er sich jetzt vor Gericht verantworten. Mit einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung kam er dabei noch relativ glimpflich davon.

Der Mann hatte das Rauschgift von einem ehemaligen Arbeitskollegen und Kumpel in Berlin erworben und wollte es hier gewinnbringend weiterverkaufen. Doch damit nicht genug: keine fünf Wochen davor hatte er schon einmal eine Beschaffungsfahrt zu seinem Kumpel nach Berlin unternommen. Damals waren es immerhin rund 700 Gramm Marihuana, die er zum Grammpreis von 6,50 Euro ankaufte.

„Nicht gerade ein Pappenstiel“, merkte die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt mit Blick auf die Mengen an. „Da bewegt man sich durchaus schon in einem Bereich, in dem nicht mehr sicher ist, ob man das Gericht als freier Mann verlässt.“ Wenn der Angeklagte dennoch eine Freiheitsstrafe auf Bewährung erhielt, dann vor allem deshalb, weil er von Anfang an alles ohne Umschweife zugegeben hatte.

„Ich bereue zutiefst, was ich gemacht habe“, sagte er auch vor Gericht. Seine Frau sei kurz zuvor wegen der unsicheren Corona-Lage arbeitslos geworden, kurz darauf kam Nachwuchs in der kleinen Familie an. „Ich wollte einfach nur Geld für meine Familie verdienen“, sagte der Angeklagte. Dabei wäre das gar nicht notwendig gewesen, denn als Koch verdient er hier in einer Einrichtung gutes Geld.

Selbst sei er schon lange clean, so der 41-Jährige, der früher einmal Drogen konsumiert hatte. Zu Gute kam ihm außerdem die Tatsache, dass die zweite Lieferung von fast einem Kilo komplett beschlagnahmt werden konnte, also nicht in den Umlauf gelangt war. Außerdem hatte er die erste Fahrt und den Erwerb von 700 Gramm von sich aus gegenüber den Polizeibeamten eingeräumt. Hätte er das nicht getan, wäre man ihm bis heute nicht darauf gekommen.

Eine Bewährungsstrafe von zwei Jahre beantragte Staatsanwältin Sandra Staade in ihrem Plädoyer. Der Angeklagte lebe sozial eingebettet, habe Familie und eine Arbeitsstelle und damit eine positive Sozialprognose. Verteidiger Albrecht von Imhoff aus Coburg stellte keinen konkreten Antrag, für seinen Mandanten gehe es lediglich darum, nicht ins Gefängnis zu müssen. „Ich habe selten einen Angeklagten erlebt, der so viel Angst vor der Hauptverhandlung hatte“, sagte der Anwalt und berichtete von den Existenzängsten seines Mandanten, von der Furcht, dass er seine Arbeit verlieren könne und die Familie auseinanderbreche.

Soweit kam es dann doch nicht. „Wir glauben Ihnen, dass es ein einmaliger Ausrutscher war“, sagte Richterin Allstadt während der Urteilsverkündung zum Angeklagten. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt, das bedeutet, der Angeklagte darf sich in dieser Zeit nichts mehr zu Schulden kommen lassen, sonst muss er unter Umständen die Strafe doch noch absitzen. Außerdem muss er 2400 Euro als Geldauflage an den Kulmbacher Hospizverein überweisen.

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03.12.2021

Notorischer Schwarzfahrer muss ins Gefängnis / Landwirt aus Oberbayern zum wiederholten Mal ohne Führerschein erwischt

Kulmbach. Er ist ein notorischer Schwarzfahrer, der es auch sonst mit dem Gesetz nicht so genau nimmt. Ein 61 Jahre alter Landwirt aus der Nähe von Mühldorf am Inn, der am 17. Februar dieses Jahres wieder einmal ohne Führerschein erwischt wurde. 18 Vorstrafen hatte der Mann bereits auf seinem Konto, davon die Hälfte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Mehrfach saß er bereits im Gefängnis. Von dort wurde er auch jetzt wieder in Fußfesseln vorgeführt. Weil er bereits zwei angesetzte Termine ohne Entschuldigung verstreichen ließ, hatte Richterin Sieglinde Tettmann Anfang November Haftbefehl erlassen.

Am Nachmittag des Aschermittwoch hatte die Autobahnpolizei auf der A9 in Höhe von Himmelkron eine allgemeine Verkehrskontrolle durchgeführt. Dabei legte der Landwirt die Farbkopie eines tschechischen Führerscheins vor. Das kam den Beamten verdächtig vor. Also forschten sie nach und stellten schon bald fest, dass es den tschechischen Führerschein zwar gegeben hatte, er aber bereits seit 2013 abgelaufen war.

Nun war der Mann alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. 18 Verurteilungen hatte er im Laufe seines Lebens schon angesammelt. Diebstähle, Beleidigungen und Körperverletzungen waren darunter, aber eben auch jede Menge Verkehrsdelikte, sogar eine fahrlässige Tötung aufgrund eines Verkehrsunfalls. Neun Verurteilungen lauteten auf Fahren ohne Fahrerlaubnis, meist sogar in mehreren Einzelfällen. Mehrere Gefängnisstrafen musste der Mann schon verbüßen, die höchste immerhin eineinhalb Jahre. Sein Führerschein ist mit kleinen Unterbrechungen praktisch seit 1987 gesperrt, die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) war laut Bewährungshilfebericht wieder einmal negativ. Aus der letzten Verurteilung im Jahr 2017 war sogar noch eine Bewährung offen.

Er habe seine Lebensgefährtin besucht, gab der Mann ohne Umschweife an. Normalerweise habe er einen Nachbarn, der ihn immer fährt, aber ausgerechnet an diesem Tag hatte er den Nachbarn nicht erreicht. „Es war wirklich eine Ausnahme und ich bereue das sehr“, sagte der Angeklagte kleinlaut vor Gericht.

Auf Unverständnis bei allen Prozessbeteiligten war die Tatsache gestoßen, dass sich der Angeklagte erst zwei Wochen vor dem Vorfall einen 15 Jahre alten BMW zum Zeitwert von 6000 Euro zugelegt hatte. Damit hätte ihn sein Nachbar fahren sollen, gab der Mann an. Das Fahrzeug wurde bei der Kontrolle sichergestellt, mit dem Abschleppwagen zur Polizei gebracht und steht seitdem dort zur Verwahrung.

Eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gefordert. Nachdem der Angeklagte mehrfache Bewährungen nicht durchgestanden hat, sei nicht zu erwarten, dass er sich eine erneute Verurteilung auf Bewährung als Warnung dienen lässt, so die Anklagevertreterin. Verteidiger Werner Brandl plädierte dagegen auch sechs Monate mit Bewährung. Sein Mandant habe aus einer emotionalen Situation unüberlegt gehandelt und sich ans Steuer gesetzt.

Mit acht Monaten wählte Richterin Tettmann in ihrem Urteil genau die Mitte. Sie schickte den Angeklagten aber zurück ins Gefängnis, denn die Strafe wurde ohne Bewährung ausgesprochen. „Warum setzte man sich in einer solchen Situation hinters Steuer, wenn man schon Haftstrafen verbüßt und eine Bewährung offen hat?“, so Tettmann. Da sehe sie keine Möglichkeit, eine günstige Sozialprognose zu erstellen, die für eine Bewährungsstrafe notwendig wäre. Nicht nachvollziehbar sei es vor allem, dass man sich bei so vielen Vorstrafen ein Auto kauft: „Da stellt man sich die Versuchung ja direkt vor die Nase.“

Außerdem bleibt das das Auto bleibt als Tatmittel eingezogen und der Mann darf sich vor Ablauf eines Jahres nicht um einen neuen Führerschein bemühen. Das allerdings steht nur auf dem Papier. Nachdem die MPU schon mehrfach negativ ausgefallen war, ist es mehr als unwahrscheinlich, dass der Angeklagte jemals wieder einen Führerschein bekommt.

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26.11.2021

Schwungvoller Handel mit psychoaktiven Stoffen / Kräutermischungen vertickt: 50 Jahre alter Hartz-IV-Empfänger zu Bewährungsstrafe verurteilt

Kulmbach. Kräutermischung, das klingt harmlos. Ist es meistens aber nicht. Das Auftreten und die Verbreitung immer neuer chemischer Varianten psychoaktiver Stoffe stellten eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar, sagt der Gesetzgeber und hat deshalb 2016 ein Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (NpSG) erlassen. Damit soll der Wettlauf zwischen dem Auftreten immer neuer chemischer Varianten und den anzupassenden Verbotsregelungen im Betäubungsmittelrecht durchbrochen und ein klares Signal an Händler und Konsumenten gegeben werden, dass es sich um verbotene und gesundheitsgefährdende Stoffe handelt.

Einer, der mit solchen Kräutermischungen in Kulmbach einen regen Handel betrieben hat, musste sich jetzt vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Nicole Allstadt verantworten. Der 50 Jahre alte Mann wurde am Ende zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Er will nichts davon gewusst haben, dass das Ganze verboten ist.

„Die Mischungen werden doch ganz egal im Internet angeboten“, sagte der Mann, der aus betrieblichen Gründen nach über zwei Jahrzehnten urplötzlich von seinem Arbeitgeber in Kulmbach entlassen wurde und von heute auf morgen auf der Straße stand. Mittlerweile musste er seine Wohnung aufgeben, lebt wieder bei seinen Eltern und bekommt Hartz-IV-Leistungen.

Der Angeklagte konnte und wollte wahrscheinlich auch nicht verstehen, dass diese Form von Betäubungsmitteln eben nicht so legal ist, wie es scheint und im Internet auf einschlägigen Seite propagiert wird. „Jeder Mensch kann das bestellen, man muss nicht einmal 18 sein“, sagte er. „Ist es denn wirklich etwas schlimmes, etwas gefährlich?“, fragte er die Richterin.

Von der kam ein klares „Ja“. Die gesundheitlichen Folgen können unter Umständen weit über das hjnaus gehen, was bei einer normalen Zigarette der Fall ist“, sagte Allstadt. Gerade bei Heranwachsenden, bei denen das Gehirn noch nicht ganz ausgeprägt ist, könnten die chemischen Verbindungen fatale Folgen haben. So bestätigte das auch ein Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes. Die enthaltenen synthetischen Stoffe hätten nicht selten ernsthafte physische und/oder psychiatrische Notfälle bis hin zu tödlichen Vergiftungen zur Folge, hieß es da.

Ganz so naiv, wie er tat, war der Mann aber ganz offensichtlich dann doch nicht. Schließlich hatte er die Nachnahmesendungen aus dem Ausland immer zu einem inzwischen verstorbenen Bekannten liefern lassen. Konkret ging es dabei alle zwei Wochen um rund 60 Gramm, die er zusammen mit seinem Bekannten portioniert und verpackt und dann im Bereich zwischen Bahnhof und ZOB vertickt hat. Der Einkaufspreis lag dabei bei etwa 5,50 Euro pro Gramm, der Verkaufspreis bei bis zu 12,50 Euro pro Gramm. Anders wären die Geschäfte bei 440 Euro Hartz IV ja gar nicht machbar gewesen, rechneten ihm Gericht und Staatsanwaltschaft immer wieder vor, auch wenn der Angeklagte bis zuletzt seine Einkünfte herunterspielte und von eine „gegenseitigen Geben und Nehmen“ sprach.

Auf den Angeklagten, der selbst auch konsumierte, die Polizei im Zuge einer Routinekontrolle im Kulmbacher Bahnhof gekommen. Auch da habe sich der Mann komplett ahnungslos gegeben, berichtete ein Polizeibeamter. In seinem Rucksack seien damals mehrere kleine Behältnisse mit den Mischungen, bereit zum Verkauf gefunden worden. Interessant war auch der Chatverlauf zwischen dem Angeklagten und seinem Bekannten. Die ausgetauschten Nachrichten ließen auf einen schwungvollen Handel schließen und auch darauf, dass der Mann sehr wohl wusste, was er tat. An manchen Tagen seien die Abnehmer regelrecht Schlange gestanden.

Mit einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung blieb das Gericht nur geringfügig unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von einem Jahr und vier Monaten. Verteidiger Ralph Pittroff hatte auf acht Monate plädiert. Sein Mandant habe im Zusammenwirken mit dem Bekannten gehandelt und sei mittlerweile auch längst „von dem Dreckszeug“ weggekommen.

Wenn alles legal und so einfach wäre, dann hätten es die anderen Abnehmer ja auch selbst im Internet zum wesentlich günstigeren Preis bestellt, sagte Richterin Allstadt in ihrer Urteilsbegründung. Doch keiner habe das gewollt, weil sie alle ganz zurecht Ärger mit der Polizei befürchteten. Alle zwei Wochen ein Päckchen im Wert von 300 Euro, da könne auch von einem minderschweren Fall nicht mehr die Rede sein. „Sie waren da richtig dick im Geschäft“, sagte die Richterin zum Angeklagten. Damit der auch etwas von der Bewährungsstrafe spürt, muss er in den kommenden drei Monaten 60 Stunden unentgeltliche und gemeinnützige Arbeit ableisten.

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25.11.2021

Werkzeuge und Waffen, Messer und Munition: Angeklagter räumte Lager seines Arbeitgebers leer / Bewährungsstrafe gegen 41-Jährigen aus dem Landkreis – Ehefrau kam mit Geldstrafe davon

Kulmbach. Obwohl er mit einer Vielzahl von Diebstählen und Betrügereien einen Gesamtschaden von über 44000 Euro angerichtet hatte, kam ein 41-jähriger Mann aus dem Landkreis vor dem Schöffengericht in Kulmbach mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren davon. Grund dafür ist, dass der Mann nicht vorbestraft war, sich von Anfang an kooperativ gezeigt hatte und ein umfassendes Geständnis ablegte. Dem Gericht wurde damit eine zeitaufwändige Beweisaufnahme erspart, die sicher mehrere Tage gedauert hätte.

Allerdings unterliegen die exakt 44317,68 Euro der Einziehung, das heißt, der Angeklagte muss den Betrag in den kommenden Jahren abstottern. Zusätzlich muss er eine Geldauflage in Höhe von 1800 Euro an die Geschwister-Gummi-Stiftung überweisen. Seine mitangeklagte und zwischenzeitlich getrennt lebende Ehefrau wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 110 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (4400 Euro) verurteilt. Ihr konnte die Beteiligung an drei Diebstählen mit einem Gesamtschaden von knapp 1400 Euro nachgewiesen werden.

Der Angeklagte hatte in den Jahren 2016 bis 2019 bei seinem damaligen Arbeitgeber, einem Outdoor-Versand im Landkreis, Ausrüstungsgegenstände, Kleidung, Waffen, Werkzeuge, Munition, Messer, Lampen und Ladegeräte im Gesamtwert von über 30000 Euro mitgehen lassen. In zahlreichen weiteren Fällen hatte er in den Kaufhof- und Karstadt-Häusern in Nürnberg und Bayreuth hochwertige Elektro-Spielgeräte und Parfums im Gegenwert einer beträchtlichen vierstelliger Summe mitgehen lassen. In drei Fällen stand fest, dass die Ehefrau dabei war und sich an den Diebstählen beteiligte. In einem Fall hatte der Mann sogar ein Messer in der Hosentasche bereit zum Einsatz, in einem anderen Fall soll er einem Kaufhausdetektiv einen Faustschlag verpasst haben. Das komplette Diebesgut wollte der Mann auf E-Bay verticken, was ihm in 162 Einzelfällen auch gelang.  

„Zweck war es, die Sachen weiter zu verscherbeln, um Einnahmen zu generieren“, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach verlautbaren. Sein Mandant habe mit dieser Phase seines straffälligen Lebens mittlerweile abgeschlossen, habe aus seinen Fehlern gelernt und möchte künftig ein straffreies Leben führen. Tatsächlich geht der Angeklagte mittlerweile einer neuen Beschäftigung nach und lebt nicht mehr im Landkreis Kulmbach.

Die getrennt lebende Ehefrau ließ über ihren Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach erklären, dass sie von den Machenschaften ihres Mannes nichts gewusst habe. Lediglich in drei Einzelfällen habe sie sich, die längst in einer neuen Beziehung lebte, aus schlechtem Gewissen heraus breit schlagen lassen, und sei in die Kaufhäuser mitgegangen. Sie habe aber weder vom Gewinn partizipiert noch sonst irgendetwas davon gehabt. Den Erlös habe der Angeklagte alleine für sich verwendet.

Dabei kam einiges zusammen, wie der zuständige Sachbearbeiter der Polizei im Zeugenstand bestätigte. Kurz vor dem Auffliegen der Machenschaften habe der Angeklagte einen monatlichen Umsatz von 20000 Euro generiert. Auf die Schliche war man dem Angeklagten bei der Festnahme nach einem Kaufhausdiebstahl in Nürnberg gekommen. Eine anschließende Wohnungsdurchsuchung hatte das gesamte Ausmaß der Diebstähle ans Licht gebracht.

Die am Ende auch so ausgesprochene Bewährungsstrafe von zwei Jahren hatte bereits Staatsanwältin Kathrin Hecht in ihrem Plädoyer beantragt. Auch Verteidiger Frank Stübinger schloss sich der Forderung an. Gegen die Ehefrau forderte die Anklagevertreterin eine geringfügig höhere Strafe von 120 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (4800 Euro).  Verteidiger Alexander Schmidtgall sah dagegen 80 Tagessätze zu jeweils 40 Euro (3200 Euro) als ausreichend an. Hintergrund ist, dass der Verteidiger eine Geldstrafe von unter 90 Tagessätzen erreichen wollte, weil sie dann nicht im Vorstrafenregister der Verurteilten aufscheinen. Seine Mandantin sei in die Sache hineingezogen worden und habe deswegen ohnehin schon genug Schwierigkeiten mit ihrem Arbeitgeber, sagte der Anwalt. Das Gericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt sah dies anders. Immerhin gehe es um einen dreifachen Ladendiebstahl binnen kürzester Zeit mit einem nicht unbeträchtlichen Schaden von fast 1400 Euro.

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23.11.2021

Sexueller Übergriff auf Lebensgefährtin? / Mann aus dem Landkreis vor Gericht - Glaubwürdigkeit des Opfers steht in Frage

Kulmbach. Weil er versucht haben soll, seine Lebensgefährtin zum Sex zu zwingen, muss sich ein 52-jähriger Mann aus dem Landkreis vor dem Schöffengericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm sexuelle Nötigung vor. Während der Angeklagte von einer ganz normalen Beziehung und einem ganz normalen Sexualleben sprach, berichtete die 30 Jahre alte Frau von dem Vorfall, der sich im September 2019 in der gemeinsamen Wohnung zugetragen haben soll. Während der Verhandlung waren allerdings mehrere Punkte zur Sprache gekommen, mit denen die Glaubwürdigkeit des angeblichen Opfers in Frage gestellt wurde. Weil sowohl der ermittelnde Polizeibeamte, als auch ein Arbeitskollege der Frau wegen Krankheit nicht zur Zeugeneinvernahme kommen konnten, musste die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt die Verhandlung erst einmal unterbrechen.

Er könne sich nicht an einen solchen Übergriff erinnern, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Alexander Schmidtgall verlauten. Er räumte allerdings ein, dass die fünf Jahre andauernde Beziehung überaus problematisch gewesen sei. „Das war ein ganz schwieriges Verhältnis“, so der Anwalt. Strittigster Punkt dabei: als die Frau Mutter geworden war, verheimlichte sie dem Angeklagten, dass er gar nicht der Vater ist. Der hatte das erst lange nach der Trennung im März 2020 durch einen Vaterschaftstest in Erfahrung bringen können. Obwohl der angebliche sexuelle Übergriff durch den Angeklagten bereits im September 2019 stattgefunden haben soll, war die Frau erst im Mai 2020 zur Polizei gegangen und hatte Anzeige erstattet.

Problematisch erscheint auch, dass das Paar nur rund zwei Wochen nach dem angeblichen sexuellen Übergriff gemeinsam in den Urlaub gefahren war und es dabei zu einvernehmlichen Sex gekommen sei. Das sagte nicht nur der Angeklagte, das bestätigte auch die Lebensgefährtin. Während der Verhandlung stellte sich auch heraus, dass die Frau immer wieder in psychologischer Behandlung war, einmal sogar zwangsweise in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden musste und dass sie zeitweise unter Betreuung stand.

Zu Beginn der Beziehung sei alles absolut harmonisch gelaufen, sagte die Frau, die auch als Nebenklägerin mit eigenem Anwalt auftritt, in ihrer Zeugenaussage. „Doch irgendwann ging es bergab.“ Den Übergriff selbst beschrieb sie vollkommen nüchtern und emotionslos: „Er hat versucht, mit mir zu schlagen, da habe ich ihn abgewehrt, irgendwann hat er dann von mir abgelassen“. Trotzdem habe der Vorfall bei ihr Spuren hinterlassen. „Das Vertrauen zu Männern war erst einmal weg“, so die Frau, die mittlerweile längst in einer neuen Beziehung lebt.

Auch eine mehr als ominöse Stalking-Geschichte spielt in dem Verfahren eine Rolle. So soll sich ein Arbeitskollege der Frau ihr über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder genähert und sie mit Nachrichten bombardiert haben. Deswegen hatte sich die Frau damals auch die Polizei gewandt. Während zunächst nur von einem unerwiderten Kuss die Rede war, hatte die Frau bei der Polizei eine „kleine Liebelei“ eingeräumt. Jetzt war die Rede von einem Flirt sowie vom Austausch von Zärtlichkeiten und Küssen.

Ein behandelnder Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der die Frau bereits länger kennt, berichtete dem Gericht von einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, die bereits vor Jahren im Bezirkskrankenhaus in Bayreuth festgestellt worden sei. Dorthin war die Frau nach einem Suizid-Versuch eingewiesen worden.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

06.12.2021

Kein sexueller Übergriff auf Lebensgefährtin / Freispruch für Angeklagten aus dem Landkreis – Opfer leidet unter Persönlichkeitsstörung

Kulmbach. Das Schöffengericht hat einen 52-jährigen Mann aus dem Landkreis vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochen. Ursprünglich war der Mann angeklagt, weil er seine 30 Jahre alte Lebensgefährtin zum Sex gezwungen haben. Ein Tatnachweis dafür ist aber nicht zu führen, so das Gericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt. Zuvor hatte nicht nur Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach, sondern auch Oberstaatsanwalt Jan Köhler auf Freispruch plädiert.

Das Gericht nahm sich auch am zweiten Verhandlungstag noch einmal viel Zeit, um Licht ins Dunkel zu bringen. Dazu waren ein ehemaliger Arbeitskollege und der polizeiliche Sachbearbeiter für derartige Fälle häuslicher Gewalt in den Zeugenstand geladen. Doch auch sie konnten letztlich nicht zur Aufklärung beitragen. Die Frau sei wohl an jenem Abend bedrängt worden, deshalb habe er ihr geraten, zur Polizei zu gehen und aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen, sagte der ehemalige Arbeitskollege. Allerdings konnte er sich im Wesentlichen nur auf einen WhatsApp-Chat stützen. Noch dazu hatte er danach selbst ein Verhältnis mit der Frau.

Bei der Polizei habe sie lange „herumgedruckst“, sagte der Beamte, der die Frau schon von einer früheren Sache kannte, bei der sie angeblich von einem Arbeitskollegen gestalkt worden sein soll. Im Mittelpunkt stand vor allem die Frage, warum die Frau den Vorfall vom September 2019 erst im Mai 2020 zur Anzeige gebracht hatte. „Sie hatte wohl gedacht, ihr glaubt ja eh keiner“, sagte der Polizeibeamte.

Bereits am ersten Verhandlungstag vor rund zwei Wochen hatte der Angeklagte von einer ganz normalen Beziehung und einem ganz normalen Sexualleben gesprochen. Er könne sich nicht an einen solchen Übergriff erinnern. Der Mann hatte allerdings auch eingeräumt, dass die fünf Jahre andauernde Beziehung überaus problematisch gewesen sei. Als die Frau Mutter wurde, hatte sie ihm vor allem verheimlich, dass er gar nicht der Vater ist. Der hatte das erst lange nach der Trennung durch einen Vaterschaftstest in Erfahrung bringen können. Problematisch erschien es auch, dass das Paar nur rund zwei Wochen nach dem angeblichen Übergriff gemeinsam in den Urlaub gefahren war und es dabei zu einvernehmlichen Sex gekommen sei.

Wenn Oberstaatsanwalt Jan Köhler schon vor dem eigentlichen Plädoyer feststellte, dass aus seiner Sicht keine Verurteilung in Frage komme, dann vor allem deshalb, weil die Frau nachweislich psychisch krank ist. Sie leidet an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. „Von dieser Krankheit ist bekannt, dass sie sich auf den Wahrheitsgehalt einer Aussage auswirken kann“, so der Anklagevertreter. „Es ist völlig unmöglich, überhaupt daran zu denken, meinen Mandanten daraufhin zu verurteilen“, so Verteidiger Alexander Schmidtgall.

Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft beantragten Freispruch. Wenngleich der Staatsanwalt schon davon ausging, dass es irgendeinen Vorfall gegeben hat, den die Frau als nicht richtig empfunden hab. Nachweisen könne man das aber nicht. Anders die Verteidigung. „Ich bin mir sicher, es gab diesen Vorfall nicht“, stellte Alexander Schmidtgall unmissverständlich klar. Einzig Nebenklagevertreter Ralph Pittroff, der die Interessen des vermeintlichen Opfers vertrat, forderte eine Verurteilung. Der Angeklagte habe von seiner Mandantin etwas gewollt, was die Frau nicht wollte und das sei nicht korrekt gewesen, so Pittroff.

Richterin Nicole Allstadt sah in der Aussage der Frau so viele Unwägbarkeiten, dass man sich bei einer Verurteilung in den Bereich der Spekulation begeben würde. Der Vorfall könne sich so zugetragen habe, aber ein Tatnachweis sei nicht zu führen. „Wir werden das nicht auflösen können“, sagte die Richterin, und weiter: „Es bleibt völlig offen, was an diesem Abend geschah.“

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19.11.2021

Von Schleuserring zur Prostitution gezwungen / Kein Pass, kein Aufenthaltsrecht: Verfahren gegen 25-jährige Frau aus Nigeria ausgesetzt

Kulmbach. Sie wurde von einem kriminellen Netzwerk nach Italien geschleust und zur Prostitution gezwungen. Mit Mühe und Not konnte sich die 25-jährige Frau aus Nigeria im Jahr 2018 nach Deutschland durchschlagen. Ihre in der Heimat zurückgebliebene Familie wird seitdem bedroht und erpresst. Dem Bruder wurde bereits Gewalt angetan, weil er die geforderten 30000 Euro nicht bezahlen konnte. Nun musste sich die 25-Jährige, die derzeit in einem Flüchtlingsheim im Landkreis Kulmbach lebt, wegen unerlaubten Aufenthalts ohne Pass und wegen eines Vergehens gegen das Ausländergesetz vor Gericht verantworten. Hintergrund ist, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde und sie keine Papiere besitzt.

Über ihren Verteidiger Rainer Frisch aus Erlangen ließ die Frau, die weder lesen noch schreiben kann, erklären, dass sie mit der Sache komplett überfordert sei. Ein ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer der sich um sie kümmert, hatte bereits einen Termin in der nigerianischen Botschaft in Berlin vereinbart, doch konnte die Frau diesen Termin nicht wahrnehmen. Hintergrund ist, dass sie eine kleine Tochter im Kleinkindalter hat, die beaufsichtigt werden muss. Außerdem ist die junge Frau aktuell schwanger. Stundenlanges Warten gehöre in der Botschaft zur Tagesordnung, erläuterte der Betreuer. Das sei für die Frau derzeit nicht machbar. Zumal sie aufgrund der angespannten Situation auch unter immensen psychischen Problemen leidet. Die Angeklagte sei bereits in Behandlung, eine entsprechende Therapie sei geplant. „Die Angeklagte müsste schon aus psychischen Gründen Schutz bekommen“, so der Helfer

Immerhin konnte sie bereits eine Geburtsurkunde auftreiben, die von den Behörden mittlerweile auch als echt identifiziert wurde. In afrikanischen Ländern könne ein Antrag auf entsprechende Papiere oft Jahre dauern, sagte der Sachbearbeiter von der Regierung von Oberfranken. Der Zeuge berichtete, dass der Asylantrag der jungen Frau als unzulässig abgelehnt worden sei. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, hatte diese Entscheidung inzwischen auch bestätigt. Somit sei die Frau ausreisepflichtig. Über ihre Mitwirkungspflichten sei sie mehrfach belehrt worden. Ob sie diese Belehrungen allerdings auch verstanden hat, ist mehr als fraglich.

Seine Mandantin leide unter einer schweren krankhaften Störung und sei nicht in der Lage, ihre Pflichten zu erfüllen, sagte der Verteidiger. Die Frau habe wegen der kriminellen Schleuserbande auch bereits bei der Polizei vorgesprochen und Anzeige erstattet. Das Verfahren sei allerdings eingestellt worden, weil eine Strafverfolgung von Deutschland aus nicht möglich sei, so hieß es. „Meine Mandantin ist einfach komplett überfordert“, sagte der Anwalt.

Das alles ändere nichts an der Tatsache, dass die Frau ausreisepflichtig ist und sich um einen Pass bemühen muss, so Richterin Sieglinde Tettmann. Sie setzte das Verfahren erst einmal auf unbestimmte Zeit aus, um abzuwarten, ob sich die Angeklagte in naher Zukunft um einen Pass oder um entsprechende Ersatzpapiere bemüht. „Das Gericht will nicht in Abrede stellen, dass die Angeklagte Schlimmes erlebt hat“, sagte Tettmann. Könne die Frau ernsthafte Bemühungen um einen Pass nachweisen, sei es durchaus vorstellbar, das Verfahren ohne Schuldspruch und damit Strafe einzustellen.

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10.11.2021

Angeklagter: „Sekundenschlaf nach Corona-Impfung“ / An Betonwand entlanggeschrammt – 500 Euro wegen Vortäuschens einer Straftat

Kulmbach. Das hätte schlimm enden können: Auf der Autobahn A70 in Höhe von Thurnau schrammte ein 19-jähriger Mann aus dem Landkreis an der Betonwand entlang. Der Polizei erklärte er später, dass er von einem Lkw abgedrängt worden sei. Die Beamten fanden allerdings schnell heraus, dass dies so nicht stimmen könne. Wegen des Vortäuschens einer Straftat musste er sich nun vor dem Jugendrichter verantworten.

„Ich bin normalerweise absolut fit und jeden Tag mit dem Auto unterwegs“, sagte er vor dem für Jugendsachen zuständigen Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner. Einen Tag vor dem Unfall am 16. Mai dieses Jahres sei er allerdings geimpft worden. In der Folge habe er zehn Stunden durchgeschlafen, danach sei er auf der Autobahn gefahren und für Sekunden wieder in den Schlaf gefallen.

Der Angeklagte hielt daraufhin an und setzte vom Seitenstreifen einen Notruf ab. Sein Fahrzeug, zu allem Überfluss auch noch ein Leihwagen, war danach ziemlich lädiert. Als die Beamten auf dem nächsten Pendlerparkplatz eintrafen, tischte der junge Mann ihnen nun auf einmal die Geschichte mit dem Lkw auf. Wahrscheinlich hatte er das so unglaubwürdig getan, dass die Polizisten sofort den Braten rochen.

Vor Gericht wurde nun schnell klar, warum der Angeklagte so in Panik geraten war. Nicht nur, dass dies sein erster Unfall überhaupt war, nein, er macht derzeit auch noch eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Die Geschichte mit dem Sekundenschlaf wäre da gar nicht gut gekommen. So hatten ihn das auch seine Kumpels geraten, die er beim Warten auf die Polizei anrief.

„Wären sie doch nur bei der Wahrheit geblieben, dann wäre gar nichts passiert“, sagte Richter Berner zum Angeklagten. Mit den 1000 Euro Selbstbeteiligung, die er an die Mietwagenfirma zahlen musste, kam er sowieso noch gut davon, schließlich benötigte der Pkw einen komplett neuen Kotflügel.

Für die Anwendung des deutlich milderen Jugendstrafrechts hatte sich bereits die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe ausgesprochen. Aufgrund von Reifeverzögerung sei der Angeklagte mit der Situation überfordert gewesen und dann absolut jugendtypisch reagiert. Auch sein Lebenslauf sei nicht gerade gradlinig verlaufen. So hatte er bereits eine erhebliche Vorstrafe wegen Computerbetrugs in 17 Fällen auf seinem Konto und musste deshalb einen Jugendarrest absitzen.

Die letztlich auch verhängte Geldauflage von 500 Euro hatte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft so beantragt. Der Angeklagte habe eine falsche Verdachtslage hervorgerufen und sei bereits vorbestraft. Auf der anderen Seite habe er den Sekundenschlaf aber schnell eingeräumt und dabei Schuldeinsicht und Reue gezeigt.

Das sah auch Richter Berner so. Er sprach von einem „klassischen Fall des jugendtypischen Fehlverhaltens“, weil der Angeklagte planlos und ziellos gehandelt habe. Bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht wäre die Strafe deutlicher ausgefallen, so Berner. Auf seinen Führerschein hat die Verurteilung zumindest von Seiten des Gerichts keine Auswirkungen. Die 500 Euro gehen zu Gunsten der Kreisverkehrswacht.

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09.11.2021

Großdealer belastet Kleinkonsumenten / 49-jähriger Arbeiter aus dem Landkreis wegen mutmaßlicher Crystal-Geschäfte vor Gericht

Kulmbach Für einen 49-jährigen Arbeiter aus dem Landkreis steht viel auf dem Spiel. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Crystal in großem Stil für sich und zur weiteren Veräußerung angekauft zu haben. Bewahrheitet sich dieser Vorwurf muss er ziemlich sicher mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe rechnen. Hintergrund ist, dass der Mann nicht zum ersten Mal wegen Drogen mit dem Gesetz in Berührung gekommen ist und noch eine Bewährungsstrafe offen hat.

Dafür sprechen die belastenden Aussagen eines italienischen Großdealers aus Bamberg, der wegen des Handels mit zehn Kilogramm (!) Crystal derzeit in der JVA Bayreuth eine langjährige Freiheitsstrafe absitzt. Dagegen sprechen die Lebensumstände des Mannes, der seit vielen Jahren einer geregelten Arbeit nachgeht, sozial völlig eingeordnet lebt und den dessen Chef in höchsten Tönen lobt.

Konkret soll der Angeklagte in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt sechsmal jeweils zehn Gramm Crystal zum Grammpreis von 50 bis 60 Gramm von dem Italiener angekauft haben. Ziel sei der gewinnbringende Weiterverkauf gewesen, heißt es in der Anklageschrift. Den Ankauf von dreimal jeweils 20 Gramm Haschisch gab der Angeklagte unumwunden zu.

Mit Crystal habe er aber nichts zu tun, sagte er zum Auftakt der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht. Er werde völlig zu Unrecht belastet. Den Großdealer hatte er über eine Bekannte in Eger kennengelernt. Danach habe man sich ab und zu mal getroffen, auch wegen der Haschisch-Geschäfte. Das sei aber auch schon alles gewesen. Mehr könne schon deshalb nicht sein, da er während der zurückliegenden Jahre jeweils montags bis freitags auf Montage in Berlin sei und er sich nur am Wochenende im Kulmbacher Raum aufhalte.

Von geregelten sozialen und finanziellen Angelegenheiten sprach die Bewährungshelferin des Angeklagten. Der Angeklagte sei genügsam und zufrieden, falle niemanden zur Last und habe sein Leben im Griff. Von gelegentlichem Haschischkonsum machte der Angeklagte auch gegenüber seiner Bewährungshelferin kein Geheimnis.

Über den italienischen Großdealer sei man auf den Kulmbacher gekommen, so einer der ermittelnden Polizisten. Eine Hausdurchsuchung sei aber ohne Ergebnis gewesen. Rauschgiftutensilien mit entsprechenden Anhaftungen habe man zwar gefunden, aber nichts, was auf Crystal hindeuten könnte.

Man sei praktisch die komplette Arbeitswoche in Berlin zusammen, berichtete der Chef des Angeklagten, Bauleiter und Ingenieur einer Firma für Abbrüche und Schadstoffsanierungen aus Niederbayern. Nie habe er irgendwelche Ausfälle seines Mitarbeiters festgestellt oder Probleme mit ihm gehabt. „Er war stets zuverlässig, für mich ein absolut wertvoller Mitarbeiter“, so der Chef. Auch ihm gegenüber hatte er nicht verheimlicht, dass er ab und zu an den Wochenenden „etwas raucht“.

Dann wurde der Großdealer aus der JVA Bayreuth vorgeführt. Er habe einen Dealer zur Verteilung des Stoffes vor Ort gesucht, der „anständig Crystal vor Ort vertickt“, sagte der 52-jährige, der zuletzt offiziell für eine Security-Firma gearbeitet hatte. Ursprünglich wollte er den Angeklagten dafür gewinnen, doch der sei nicht der Typ dazu gewesen. Trotzdem war er sich sicher, dem Angeklagten mindestens fünf Mal etwas geliefert zu haben. Vier Mal direkt an seinen Wohnort im Landkreis, einmal gut verpackt hinter eine Ortstafel geklebt. Insgesamt sollen es 70 bis 80 Gramm gewesen sein.

Obwohl der Mann eine Wohnung in Asch hatte, verbrachte er das Rauschgift nicht selbst nach Oberfranken. Die Päckchen seien stets hinter dem Spoiler eines Autos verklebt von einer Bekannten nach Bamberg gefahren worden. Dort habe ein weiterer „Mitarbeiter“ das Rauschgift portioniert, ehe es zum Kunden gebracht wurde. Kassiert hatte der Großdealer selbst. Zumindest bis er schließlich erwischt wurde. „Da habe ich dann reinen Tisch gemacht“, sagte er vor Gericht, und weiter: „Dass ich kein Engel bin, ist klar.“

Doch kann das Gericht sein Urteil auf die Aussage eines einzigen Zeugen stützten, noch dazu eines Schwerstkriminellen, der nicht zum ersten Mal eine langjährige Haftstrafe wegen Drogengeschäften absitzen muss? Verteidiger Alexander Schmidtgall bezweifelte dies. Er beantragte deshalb die Vorladung weiterer Zeugen aus dem Umfeld des Großdealers, um dessen Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Auch weitere Ermittler der Polizei sollen gehört werden. Die Verhandlung wird am 30. November fortgesetzt.

17.12.2021

Tüte Gras auf dem Tisch und Crystal an der Ortstafel/ 49-jähriger Arbeiter aus dem Landkreis muss wegen Drogen-Geschäften ins Gefängnis

Kulmbach. Wegen des Besitzes und des Erwerbs von Crystal in mehreren Fällen und in nicht geringer Menge hat das Schöffengericht in Kulmbach einen 49-jährigen Arbeiter aus dem Landkreis zu zwei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Das Gericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte einmal sieben Gramm und viermal jeweils zehn Gramm Crystal sowie dreimal jeweils 20 Gramm Haschisch erworben hatte. Nicht nachgewiesen werden konnte ihm der ursprünglich ebenfalls angeklagte Handel mit den Drogen. 

Das Gericht ließ sich für die Beratung des Urteils ungewöhnlich viel Zeit. Zu weit lagen die Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidiger Alexander Schmidtgall auseinander. Während der Anklagevertreter drei Jahre Haft gefordert hatte, plädierte Schmidtgall auf acht Monate mit Bewährung. Dazu kommt, dass der Angeklagte eine offene Bewährungsstrafe von fünf Monaten hat, die er jetzt alles Wahrscheinlich auch noch mit absitzen muss. Hintergrund ist, dass der Mann nicht zum ersten Mal wegen Drogengeschichten mit dem Gesetz in Berührung gekommen ist.

Dies ist umso verwunderlicher, als dass sein Arbeitgeber, als auch die Bewährungshelferin nur positives über den Angeklagten zu berichten wussten. Man sei praktisch die komplette Arbeitswoche in Berlin zusammen, berichtete sein Chef, der Bauleiter einer Firma für Abbrüche und Schadstoffsanierungen aus Niederbayern. Nie habe er irgendwelche Ausfälle seines Mitarbeiters festgestellt oder Probleme mit ihm gehabt. „Er war stets zuverlässig, für mich ein absolut wertvoller Mitarbeiter“, hatte der Chef bereits am ersten von insgesamt drei Verhandlungstagen verlauten lassen. Auch ihm gegenüber hatte er nicht verheimlicht, dass er ab und zu an den Wochenenden „etwas raucht“.

Von geregelten sozialen und finanziellen Angelegenheiten sprach die Bewährungshelferin. Der Angeklagte sei genügsam und zufrieden, falle niemanden zur Last und habe sein Leben im Griff. Von gelegentlichem Haschischkonsum machte der Angeklagte auch gegenüber seiner Bewährungshelferin kein Geheimnis. Das hatte der Mann auch vor Gericht unumwunden zugegeben, genauso wie den Ankauf von dreimal jeweils 20 Gramm Haschisch. „Früher war er ziemlich hoch dabei, aber jetzt hat er alles im Griff“, sagte eine gute Bekannte des Angeklagten, die am letzten Verhandlungstag zu den Gewohnheiten des Mannes im Zusammenhang mit den Drogen befragte wurde. Dass mal eine Tüte Gras auf dem Tisch lag, das habe sie schon gesehen, mehr aber nicht.

Auf die Spur des Angeklagten waren die Ermittler durch einen italienischen Großdealers aus Bamberg gekommen, der wegen des Handels mit stattlichen fünfzehn Kilogramm Crystal derzeit in der JVA Bayreuth eine Freiheitsstrafe von über sieben Jahren absitzt. Dem Großdealer hatte er über eine Prostituierte in Eger kennengelernt. Danach habe man sich ab und zu mal getroffen, auch wegen der Haschisch-Geschäfte. Das sei aber auch schon alles gewesen. Der Großdealer war sich dagegen sicher, das Crystal an den Angeklagten geliefert zu haben, vier Mal direkt an seinen Wohnort im Landkreis, einmal gut verpackt hinter eine Ortstafel geklebt, ein anderes Mal am Altkleidercontainer versteckt.

Verteidiger Schmidtgall hatte sich in seinem Plädoyer gegen den Antrag auf eine dreijährige Haftstrafe durch den Staatsanwalt gewehrt. Die Forderung stützte sich allein auf zwei Belastungszeugen einer davon ein Schwerstkrimineller, der andere eine tschechische Prostituierte. „Man kann doch diesen Aussagen nicht glauben und darauf eine Verurteilung stützen“, sagte Schmidtgall, der fest davon überzeugt war, dass sein Mandant mit irgendwelchen Crystal-Geschäften etwas zu tun hat.

Das Gericht glaubte dagegen der detailreichen Schilderung des Großdealers. „Es liegt doch auf der Hand, dass da kriminelle Geschäfte gemacht wurden“, sagte die vorsitzende Richterin. Darüber hinaus sei der Name des Angeklagten gleich mehrfach in der Telefonüberwachung aufgetaucht, außerdem habe sich der Angeklagte immer wieder erfolgreich um Haar- und Urinproben gedrückt, mit denen der Drogenkonsum hätte nachgewiesen werden können. „Es gibt keinen vernünftigen Zweifel daran, dass der Angeklagte nicht nur Haschisch, sondern auch Crystal erworben hat.“

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08.11.2021

Zwangsräumung lief aus dem Ruder / Polizisten angegriffen und beleidigt - Verhandlung wird fortgesetzt

Pegnitz/Kulmbach. Zwei Polizisten und ein Gerichtsvollzieher rückten am Morgen des 20. April in der Pegnitzer Blumenstraße an, um die Wohnung eines 54-jährigen Mannes, der mittlerweile in Kulmbach untergekommen ist, zu räumen. Da rastete er komplett aus und wollte zunächst flüchten. Als dies nicht gelang, setzte er sich gegen die Beamten zur Wehr. Wegen des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung, musste er sich jetzt vor dem Amtsgericht in Bayreuth verantworten. Weil die als Zeugen geladenen Polizisten aus unbekannten Gründen nicht erschienen waren, wurde die Verhandlung erst einmal unterbrochen.

Die halbe Straße war zusammengekommen, als der Angeklagte mit Handschellen gefesselt aus dem Haus geführt und auf dem Boden fixiert wurde. Er sei während des Einsatzes immer aggressiver geworden, heißt es in der Anklage. Erst habe er versucht, sich dem Griff der Beamten zu entziehen, dann habe er einem der Polizisten mit seinen schweren Wanderstiefeln so heftig gegen das Schienbein getreten, dass der Beamte einen Bluterguss und heftige Schmerzen erlitt. Auch von einem gezielten Kopfstoß war die Rede, der soll allerdings den Polizisten verfehlt haben.

Doch damit noch nicht genug. Die Beamten ordneten nach den Zwischenfällen die Unterbringung des Mannes im Bezirkskrankenhaus an. Das wollte er mit allen Mitteln verhindern. Er wurde erneut aggressiv, setzte sich zur Wehr und beleidigte die Polizeibeamten mit üblen Ausdrücken.

Vor Gericht schilderte der Angeklagte das Geschehen ganz anders. Er habe auf der Treppe des Mehrfamilienhauses den Halt verloren und sei abgerutscht. Deshalb sei er mit dem Fuß nach vorne geraten und habe dabei wohl den Polizisten erwischt. Von einem Fluchtversuch oder gar einer bewussten Tätlichkeit könne keine Rede sein.

Außerdem hab er ganz normale Wanderschuhe getragen, keine Arbeitsschuhe mit Stahlkappen, wie von der Polizei behauptet. Auch die Sache mit dem Kopfstoß sei ganz anders gewesen. Er habe mit seinem Kopf an die Wand geschlagen, um sich selbst zu verletzen. „Ich wollte ins normale Krankenhaus, nicht ins Bezirkskrankenhaus.“ Obwohl er danach stark geblutet hatte, war sein Plan allerdings nicht aufgegangen.

Natürlich sei er aufgeregt gewesen. Er stellte auch nicht in Abrede, dass er deshalb etwas lauter geworden sei. Beleidigungen habe er aber zu keinem Zeitpunkt ausgestoßen. Er habe sich gedemütigt gefühlt, schließlich sei die halbe Blumenstraße zusammengelaufen, während er rund 30 Minuten lang auf dem kalten Steinboden gefesselt liegen und so auf den Krankenwagen warten musste. Im Übrigen habe er sich auch deshalb so über die Zwangsräumung so echauffiert, weil damals der Inzidenzwert angeblich bei 200 gelegen habe.

Aus dem Bezirkskrankenhaus wurde der Angeklagte nach wenigen Tagen wieder entlassen. Weil er keinen festen Wohnsitz hatte, kommt er seitdem bei einem Bekannten in Kulmbach unter. Von dort aus musste er, obwohl extrem klamm bei Kasse, mit dem Zug zur Verhandlung nach Bayreuth fahren. Für die Rückfahrt nach Kulmbach bekam er ein Ticket vom Gericht spendiert. Die Verhandlung wird am 15. November fortgesetzt.

15.11.2021

Zwangsräumung lief aus dem Ruder: Angeklagter in Abwesenheit verurteilt / Polizisten getreten und beleidigt – Geldstrafe gegen 54-Jährigen

Pegnitz/Kulmbach. Wegen Körperverletzung, Beleidigung und wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte hat das Amtsgericht einen 54-jährigen Mann am zweiten Verhandlungstag zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je zehn Euro (1400 Euro) verurteilt. Der Mann war bei der Zwangsräumung seiner damaligen Wohnung in Pegnitz komplett ausgerastet, mittlerweile lebt er in Kulmbach.

Das Besondere an dem Urteil ist, dass es Amtsrichterin Christiane Breunig in Abwesenheit des Angeklagten sprach. Schon am ersten Verhandlungstag hatte sich der Angeklagte lautstark darüber beschwert, dass er komplett ohne Einkommen sei und deshalb nicht wisse, wie er von Kulmbach aus zu der Verhandlung nach Bayreuth gelangen soll. Irgendwie hatte er es am ersten Verhandlungstag aber dann doch geschafft, für die Rückfahrt bekam er ein Ticket vom Gericht. Diesmal wartete das Gericht hat über eine halbe Stunde auf den Mann, der dann doch nicht mehr auftauchte.

Also verhandelte die Richterin kurzerhand ohne ihn, was die Strafprozessordnung durchaus zulässt. Schließlich waren die beiden Polizisten, die bei der Zwangsräumung am 20. April dieses Jahres in einem Mehrparteienhaus in der Pegnitzer Blumenstraße dabei waren, als Zeugen geladen. Sie seien damals vom Gerichtsvollzieher zu der Räumung hinzugezogen worden, weil mit Widerstand zu rechnen gewesen sei, sagte einer der beiden Beamten. Tatsächlich hatte sich der Mann von Beginn an aggressiv gezeigt, habe wie wild gestikuliert und lautstark geschimpft. Die Wohnung sei ziemlich vermüllt und verwahrlost gewesen, erinnerte sich der andere Polizist. Auf das Angebot, ihm eine Obdachlosenunterkunft zuzuweisen, sei er nicht eingegangen, er wolle lieber im Wald schlafen, habe er den Beamten gesagt. Später hatte er dann aber wohl einen Bekannten in Kulmbach gefunden, bei der er unterkommen konnte.

Weil die Lage zu eskalieren drohte, habe man beschlossen, den Angeklagten dem Amtsarzt vorzuführen und ihn anschließend ins Bezirkskrankenhaus zu verbringen. Sicherheitshalber legten ihm die Beamten Handfesseln an. Dagegen wehrte sich der Mann allerdings heftig, trat einem der Beamten ans Schienbein und wollte ihm einen Kopfstoß verpassen, was der Polizist durch eine Ausweichbewegung gerade noch verhindern konnte. Auch später im Bezirkskrankenhaus seien fünf Mann nötig gewesen, um den Mann zu fixieren. Weil er sich körperlich nicht mehr wehren konnte, tat er dies verbal und beleidigte einen der Beamten als „Schwuchtel“.

Bereits am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte angegeben, dass er auf der Treppe des Mehrfamilienhauses den Halt verloren habe und sei abgerutscht sei. Deshalb sei er mit dem Fuß nach vorne geraten und habe dabei wohl den Polizisten erwischt. Von einem Fluchtversuch oder gar einer bewussten Tätlichkeit könne keine Rede sein. Außerdem habe er ganz normale Wanderschuhe getragen, keine Arbeitsschuhe mit Stahlkappen, wie es in der Anklage stand. Auch die Sache mit dem Kopfstoß sei ganz anders gewesen. Er habe mit seinem Kopf an die Wand geschlagen, um sich selbst zu verletzen. „Ich wollte ins normale Krankenhaus, nicht ins Bezirkskrankenhaus.“ Obwohl er danach stark geblutet hatte, war sein Plan allerdings nicht aufgegangen. Er habe sich damals gedemütigt gefühlt, während er rund 30 Minuten lang auf dem kalten Steinboden gefesselt liegen und so auf den Krankenwagen warten musste.

Mit ihrem Urteil von 140 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro entsprach das Urteil exakt dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Bemerkenswert ist, dass der Mann bis jetzt noch keinen Eintrag in seinem Strafregister hatte. Wie er das Geld aufbringen soll, steht allerdings in den Sternen. In Kulmbach ist er lediglich bei einem Bekannten untergekommen, einer Arbeit geht er nicht nach.

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05.11.2021

Umparken ohne Nummernschild: Tuning-Fan landete vor Gericht / Verfahren wegen Kennzeichenmissbrauchs gegen Geldauflage eingestellt

Kulmbach/Himmelkron. In der Tuning-Szene geht es darum, sein aufgemotztes Auto ins beste Licht zu rücken. Nummernschilder stören da nur. So ist es gängige Praxis, bei den regelmäßigen Treffen, die Kfz-Kennzeichen vorübergehend abzumontieren. Sieht einfach besser aus auf den Fotos, die danach im Internet die Runde machen. So hat das auch ein 21-jähriger Mechatroniker aus dem Nachbarlandkreis Kronach praktiziert. Weil er später sein Auto umparkte und dabei 150 Meter Wegstrecke ohne Nummernschilder zurücklegte, musste er sich jetzt wegen Kennzeichenmissbrauchs vor Gericht verantworten. Bestraft wurde er nicht, das Verfahren gegen ihn wurde nach einigem Hin und Her wieder eingestellt. Eine Geldauflage muss er trotzdem bezahlen, 600 Euro an das Bayerische Rote Kreuz.

Nun könnte man fragen, hat die Polizei nichts Besseres zu tun? Ganz so einfach ist es nicht, war das Treffen mit rund 600 Leuten und 300 aufgemotzten Fahrzeugen am Abend des 7. August dieses Jahres auf dem Himmelkroner Autohof ja gar nicht angemeldet. Es wurde nur über einschlägige Internetforen beworben. Die Polizei bekam trotzdem Wind davon und postierte sicherheitshalber mal eine uniformierte Streife auf dem Gelände. Sicherheitshalber unter anderem auch deshalb, weil in jüngster Zeit immer wieder einmal das Phänomen illegaler Wettrennen auftauchte. In Himmelkron blieb in dieser Hinsicht alles ruhig, abgesehen davon, dass der eine oder andere Tuning-Fan mal seinen Sportauspuff röhren ließ.

Den einzigen Straftatbestand, den die Beamten feststellen konnten, war die Umpark-Aktion des 21-jährigen Kronachers. Der habe die Nummernschilder an seinem Pkw entfernt, um nicht erkannt zu werden, hieß es in der Anklage. Von wegen: Statt des amtlichen Nummernschildes hatte der junge Mann ein eigenes Schild mit einem Verweis auf seinen Instagram-Account angebracht. „Das ist so üblich, um sein Fahrzeug auch im Netz optimal präsentieren zu können“, erklärte er vor Gericht. Die Fahrstrecke hatte er im Nachhinein per Google-Maps genau ausgemessen und war auf 150 Meter gekommen. Den Großteil davon auf den privaten Parkplätzen der dortigen Supermärkte. Lediglich die Kulmbacher Straße habe er überqueren müssen. Außerdem beteuerte der Angeklagte, während des Umparkens von einem auf den anderen Parkplatz, höchstens 30 Stundenkilometer schnell gefahren zu sein.

Ordnungsgemäß zugelassen und versichert war das Auto, und die Nummernschilder hatte der Angeklagte vorübergehend im Fußraum seines Wagens verstaut. Trotzdem durchsuchten die Beamten das Fahrzeug ganz gründlich und hielten die gesamte Aktion im Bild fest. Beobachtungen, dass der Angeklagte unerkannt bleiben wollte, habe er nicht gemacht, sagt ein Polizeibeamter aus Stadtsteinach als Zeuge vor Gericht. Gleichwohl sei die Veranstaltung keine offizielle gewesen.

Richterin Sieglinde Tettmann, der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Angeklagte einigten sich schließlich auf die Einstellung des Verfahrens. Der Angeklagte gilt damit nicht als vorbestraft. Objektiv habe der Angeklagte den Tatbestand des Kennzeichenmissbrauchs zwar erfüllt, sagte Tettmann. Eine Absicht oder den Willen, etwas zu vertuschen, könne man aber nicht erkennen. „Man sollte die Sache nicht zu hoch hängen“, so die Richterin.

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04.11.2021

Mit Heroin gegen Familienprobleme / Geldstrafe gegen 37-Jährigen wegen Drogenerwerbs

Kulmbach. 100 Gramm Heroin hatte ein Mann im Gepäck, als er im vergangenen Jahr auf der Rückfahrt von Holland auf dem Nürnberger Hauptbahnhof festgenommen wurde. Bei der Auswertung seiner Telefonüberwachung führte eine Spur auch nach Kulmbach. Nahe der Klostergasse hatte der Großdealer einem 37-jährigen Arbeiter aus Weidenberg Ende des vergangenen Jahres in zwei Fällen jeweils eine kleine Menge Heroin verkauft. Wegen des Erwerbs wurde er jetzt vor dem Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 35 Euro (875 Euro) verurteilt.

„Ich war einfach psychisch nicht gut drauf“, verteidigte sich der Mann vor Gericht. Er habe Familienprobleme gehabt und sei sehr traurig gewesen. Da sei ihm der Dealer mit dem Heroin gerade recht gekommen. Er habe ihm versprochen, dass sein Stoff sehr viel Morphium enthält und er deshalb besonders gut schlafen könne.

Nichts davon war natürlich wahr. Der Stoff soll eher von schlechter Qualität gewesen sein. In einer Whatsapp-Nachricht sprach der Angeklagte sogar davon, dass ihm ein Fake-Stoff angedreht worden sei und warf dem Dealer vor, das Heroin mit zermahlenem Aspirin gestreckt zu haben. Der Angeklagte beteuerte aber auch, dass er weder vorher, noch nachher irgendein Drogengeschäft getätigt habe.

Tatsächlich könne man die Qualität nur durch aufwändige Laboruntersuchungen feststellen, so ein Rauschgiftfahnder der Polizei. Optisch könne man das nicht einschätzen. Seiner Erfahrung nach würde Heroin in Holland aber nicht gestreckt. Dafür sorgten dann die Verkäufer hier vor Ort, die das Rauschgift für den Endkonsumenten aufbereiten.

Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft stand der Erwerb des Heroins fest. Nachdem der Angeklagte nicht vorbestraft war und schon bei der Polizei alles zugegeben hatte, forderte die Anklagevertreterin die letztlich auch verhängte Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu jeweils 35 Euro. Dem schloss sich Verteidiger Oguzhan Celim aus Nürnberg an und auch Richterin Sieglinde Tettmann urteilte gemäß der Anträge. Sie gehe davon aus, dass es wirklich eine einmalige Verfehlung des Angeklagten gewesen sei. Auch wenn es sich nur um sehr geringe Mengen des Rauschgifts gehandelt habe, sei die Geldstrafe notwendig. „Heroin ist eine harte Droge, da gibt es im Regelfall keine Einstellung“, so die Richterin.

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04.11.2021

Beleidigungen aus Frust über den Lockdown / 47-jährige Frau aus Kulmbach wegen mehrfacher Beleidigung zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Aus Frust über den lange anhaltenden Lockdown und, weil ihr auch noch die Wohnung gekündigt wurde, drehte eine 47 Jahre alte Frau mitten in der Nacht die Musik kräftig auf. Natürlich ließen sich die Nachbarn das nicht bieten und riefen die Polizei. Die Beamten rückten gleich vier Mann hoch an. Doch anstatt leiser zu machen, teilte die Frau kräftig aus und überzog die Ordnungshüter mit üblen Schimpfworten.

Trotz zweier offener Bewährungen kam die Frau noch einmal mit einer Geldstrafe davon. Eine Freiheitsstrafe stand schon im Raum. Doch Richterin Sieglinde Tettmann ging davon aus, dass es sich um eine einmalige Entgleisung handelte. Teuer wurde es trotzdem, denn die Geldstrafe wurde mit 50 Tagessätzen zu jeweils 35 Euro (1750 Euro) nicht gerade niedrig angesetzt, zumal die Frau von einer Erwerbsunfähigkeitsrente leben muss.

Vor Gericht räumte sie die Beleidigungen ohne irgendwelche Ausflüchte ein und entschuldigte sich dafür. „Ich war so frustriert wegen verschiedener Dinge“, sagte sie, und, dass der Lockdown für sie schon sehr belastend gewesen sei. Ihre beiden erwachsenen Kinder wohnten weit weg, so dass man sich nicht sehen konnte, da habe sie eben mal zur Flasche gegriffen. Nur deshalb sei es so weit gekommen. Aufgrund von Streitigkeiten mit den Nachbarn und ihrem Vermieter sei seiner Mandantin kurz zuvor auch noch die Wohnung gekündigt worden, ergänzte Verteidiger Ralph Pittroff.

Problem bei der Sache war, dass die Angeklagte gleich zwei offene Bewährungen hatte. 2018 wurde sie wegen verschiedener Drogendelikte und wegen des Besitzes einer verbotenen Waffe ebenfalls vor dem Amtsgericht in Kulmbach zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Nicht einmal ein Jahr später kam eine weitere Bewährungsstrafe in Höhe von vier Monaten wegen einer Sachbeschädigung dazu.

Da ist eigentlich keine Bewährung mehr möglich. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah in ihrem Plädoyer allerdings auch, dass die Angeklagte Reue und Einsicht gezeigt hatte. Unter anderem hatte sie an die vier Polizeibeamten Entschuldigungsbrief geschickt. Nachdem aber auch der Bericht der Bewährungshelferin positiv ausfiel, beantragte die Anklagevertreterin 50 Tagessätze zu jeweils 40 Euro (2000 Euro). Verteidiger Pittroff blieb mit 40 Tagessätzen zu jeweils 35 Euro (1400 Euro) deutlich darunter. Seine Mandantin habe von Anfang an alles voll eingeräumt und dem Gericht damit eine langwierige Beweisaufnahme erspart, sagte er.

Richterin Tettmann wählte für ihr Urteil den goldenen Mittelweg. Die Beleidigungen seien als Spontantat aufgrund schwieriger Lebensverhältnisse einzustufen. Eine Freiheitsstrafe sei da nicht notwendig. Sollte die Frau allerdings noch einmal dermaßen ausrasten, müsste sie wohl sämtliche offenen Bewährungsstrafen auch absitzen.

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28.10.2021

Wegen Corona nicht zur Suchtberatung: Frührentner mit Crystal und Drogenpflaster erwischt / Gefängnisstrafe gegen 60 Jahre alten Kulmbacher

Kulmbach. Ein über 40 Jahre lang nahezu unbehandeltes Drogenproblem bringt einen 60 Jahre alten Kulmbacher jetzt geradewegs hinter Gitter. Nicht nur, dass der Mann etliche Vorstrafen wegen der verschiedensten Drogendelikte hat, der ehemalige Fabrikarbeiter ist auch seit langem erwerbsunfähig und lebt von einer kleinen Rente.

Sein Leben hat der Mann ganz offensichtlich längst nicht mehr im Griff. Die Polizisten, die seine Wohnung im Stadtgebiet durchsuchten, riefen zur Sicherheit sogar das Gesundheitsamt, so verwahrlost waren die Räume. Der Boden war vollständig mit den verschiedensten Dingen belegt, man kam kaum durch“, erinnerte sich eine Polizistin. Se beschrieb die Räumlichkeiten als absolut unordentlich und unhygienisch.

Dennoch wurden die Beamten in dem Chos fündig. Insgesamt neun ausgekochte Fentanyl-Pflaster fanden die Beamten. Dabei handelt es sich um ein synthetisches Opioid, das normalerweise als Schmerzmittel bei Narkosen sowie zur Therapie akuter und chronischer Schmerzen eingesetzt wird. Fentanyl fällt aber auch unter das Betäubungsmittelgesetz, weil es in Pulverform zur Streckung von Heroin und ausgekocht zur Herstellung von Crystal verwendet werden kann. Eine Überdosierung führt zu Atemnot und im schlimmsten Fall zum Tod.

Auf die Spur gekommen waren die Beamten dem Angeklagten am 4. März dieses Jahres in der Oberen Stadt. Gegen 20 Uhr hatten sie ihn an der Kreuzung Schießgraben einer Kontrolle unterzogen, weil er sich auffällig verhielt. „Als er uns gesehen hat, wurde er sichtlich nervös und lief immer schneller“, sagte die Polizistin. Die Kontrolle ergab eine geringe Menge Crystal in der Plastikbox sowie ein neues Fentanyl-Pflaster. Erst daraufhin durchsuchten die Beamten auch die Wohnung.

Vor Gericht gab der Mann alles zu. Er habe das Crystal und das Pflaster zehn Minuten zuvor von einem ihm angeblich unbekannten Russen in der Fußgängerzone erworben. Warum der Mann nach seiner letzten Verurteilung im März des vergangenen Jahres weder bei der Suchtberatung, noch bei seinem Bewährungshelfer war, wollte Richterin Sieglinde Tettmann wissen. Weil er Angst vor einer Corona-Ansteckung habe, sagte der Angeklagte. Er gehe so wenig wie möglich raus- „Aber in der Oberen Stadt laufen sie ja auch rum“, so die Richterin. Corona müsse eben für vieles als Ausrede herhalten.

Tatsächlich wurde der 60-jährige allein in den zurückliegenden sieben Jahren fünf Mal wegen Drogendelikten verurteilt. Mal zu Geldstrafe, mal zu Haftstrafe, auch eine kurze Gefängnisstrafe war schon dabei. Angeblich plant der Angeklagte jetzt wieder eine Therapie, gekümmert hat er sich darum aber noch nicht.

Keine Verurteilung, sondern ein medizinisches Gutachten zur Therapierbarkeit seines Mandanten beantragte Verteidiger Frank Stübinger. Nur mit einer Hilfe einer Therapie werde der Angeklagte von den Drogen wegkommen, andernfalls werde es spätestens nach der Entlassung aus dem Gefängnis so weitergehen, wie in der Vergangenheit. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft forderte dagegen die letztlich auch verhängten vier Monate Haft ohne Bewährung. Aufgrund der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, sei keine Bewährung mehr möglich. Nachdem der Angeklagte erst im März 2020 zu drei Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, wird er nun insgesamt sieben Monate absitzen müssen. Um eine Therapie antreten zu können, müsse der Mann selbst aktiv werden. Wenn er angeblich wegen Corona nicht zur Suchtberatung gegangen ist, dann klinge das schon ein wenig nach Ausrede.

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20.10.2021

Kulmbacher Ehepaar vor Gericht: Schwungvoller Handel mit Crystal aufgeflogen

Kulmbach - Einfuhr, Handel, Beihilfe zum Handeltreiben, und Erwerb: Wegen zahlreicher Drogendelikte musste sich ein Ehepaar aus dem Landkreis vor dem Schöffengericht verantworten. Während der 34-jährige Mann freigesprochen wurde, weil ihm nichts nachgewiesen werden konnte, wurde die Verhandlung gegen seine 29-jährige Ehefrau erst einmal unterbrochen. Grund dafür ist, dass ein weiterer Zeuge vernommen werden soll.

Der Frau wirft die Anklage unter anderem vor, im Jahr 2019 in zahlreichen Fällen jeweils kleinere Mengen Crystal erworben zu haben. Außerdem soll sie eine Vielzahl von größeren Geschäften mit Crystal eingefädelt und begleitet haben. Als Lohn bekam sie jeweils eine kleine Menge davon ab. Auch von mehreren Beschaffungsfahrten in die Tschechische Republik war die Rede. Bei einigen Fahrten soll auch der Ehemann dabei gewesen sei.

Genau das konnte aber nicht nachgewiesen werden. Dafür gebe es keine hinreichenden Beweise, sagte die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt bei der Verkündung des Freispruchs. Es gab lediglich vage Äußerungen der Hauptzeugin, die ihre Angaben aber nicht näher präzisieren konnte. Sowohl der Vertreter der Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger Peter Kanev hatten zuvor auf Freispruch plädiert.

Abgetrennt wurde dagegen das Verfahren gegen die Ehefrau des Mannes. Sie hatte in ihrer Vernehmung eingeräumt, einige Kontakte innerhalb der Szene in Kulmbach hergestellt zu haben. Auch den Erwerb und den Verkauf von jeweils einem Gramm Crystal für 100 Euro in einem Fall gab sie zu. Definitiv sei sie aber nie nach Tschechien gefahren und habe Crystal nach Deutschland eingeführt. Aufgrund ihrer schlechten Verfassung hätte sie das damals zum angegebenen Zeitpunkt gar nicht gekonnt, außerdem sei sie kurz zuvor selbst schon einmal vor Gericht gestanden und verurteilt worden. Ihr Ehemann habe ohnehin nie etwas mit Drogen zu tun gehabt.

Bei den Geschäften, die von der Frau eingefädelt wurden, ging es mengenmäßig allerdings so richtig zur Sache. Einmal soll es Crystal für rund 1000 Euro, ein zweites Mal für 1500 Euro gewesen sein. Die Übergaben fanden dabei einmal auf dem Parkplatz beim Kauernburger Schlössla, das andere Mal in Lichtenfels statt. Bei einem weiteren Geschäft war die Menge nicht mehr auszumachen, Übergabeort war der Parkplatz beim Küchenmarkt in Richtung Kieswäsch.

Die Angeklagte will als Lohn für die Vermittlung jeweils nur kleine Menge des Rauschgifts abbekommen haben. „Die wollten sich nicht alleine Treffen, weil sie sich ja nicht gekannt haben“, begründete die Angeklagte ihre Dienste. Eine der Lieferanten, ein tschechischer Staatsbürger, kam dabei jedes Mal aus dem Nachbarland eigens nach Kulmbach. Er hatte die Überführung als Tagesausflug getarnt und war deshalb zusammen mit seiner Frau und dem Kind nach Kulmbach gefahren. Für seine Aussage wurde der Mann von Polizeibeamten aus dem Bezirksklinikum Regensburg vorgeführt, wo er gerade eine Therapie macht.

Hauptzeugin des Verfahrens war eine 42-jährige Büroangestellte aus Kulmbach, die in der hiesigen Szene einen schwungvollen Handel betrieben hatte und deren Verfahren noch aussteht. Durch sie waren die Ermittler überhaupt erst auf die Angeklagte gekommen. Die Frau gab an, über die Angeklagte bestellt zu haben und bei den Geschäften teilweise auch von ihr begleitet worden zu sein. Von den Fahrten nach Tschechien wusste sie allerdings nur vom Hören sagen.

Um die Angaben in einem der umfangreichsten Anklagepunkte zu verifizieren, will das Gericht nun allerdings noch den zweiten Abnehmer hören, mit dem die Angeklagte in mehr als zwei Dutzend fällen Geschäfte gemacht haben soll. Der Mann wurde ebenfalls bereits verurteilt und sitzt seine Strafe in der JVA Amberg ab. Er soll am 30. November zur Fortsetzung des Verfahrens vorgeführt werden.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

30.11.2021

Crystal in Kulmbach: Angeklagte muss ins Gefängnis / Zwei Jahre und acht Monate wegen einer Vielzahl von Drogendelikten

Kulmbach. Weil sie massiv in der hiesigen Drogenszene unterwegs war, muss eine 29 Jahre alte Frau aus dem Landkreis für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Das Schöffengericht unter Nicole Allstadt verurteilte die Altenpflegehelferin unter anderem wegen des Erwerbs und der Veräußerung sowie der Beihilfe und der Anstiftung zum Handeltreiben mit Crystal jeweils in mehreren Fällen und jeweils in nicht geringer Menge. Im Raum steht außerdem der Widerruf einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren, zu der die Frau erst im März 2019 vom Amtsgericht Wunsiedel ebenfalls wegen verschiedener Drogendelikte verurteilt wurde.

Damit hatte die Angeklagte, die mittlerweile clean ist, ihr Leben so einigermaßen auf die Reihe gebracht hat und Mutter eines einjährigen Kindes ist, nicht gerechnet. Zu Beginn der Urteilsverkündung stand sie nahezu vor dem Zusammenbruch, wurde von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt. Richterin Allstadt musste unterbrechen, während sich ihr Bewährungshelferin und Verteidiger Hilmar Lampert um die Frau kümmerten.

Die Frau hatte im Jahr 2019 in zahlreichen Fällen jeweils kleinere Mengen Crystal erworben. Außerdem hatte sie eine Vielzahl von größeren Geschäften mit Crystal zwischen einem tschechischen Lieferanten und einer 42-jheigen Büroangestellten aus Kulmbach eingefädelt und begleitet. Als Lohn bekam sie jeweils eine kleine Menge davon ab. Die Angeklagte hatte in ihrer Vernehmung eingeräumt, einige Kontakte innerhalb der Szene in Kulmbach hergestellt zu haben.

Bei den Geschäften, die von der Frau eingefädelt wurden, ging es mengenmäßig allerdings so richtig zur Sache. Einmal soll es Crystal für rund 1000 Euro, ein zweites Mal für 1500 Euro gewesen sein. Die Übergaben fanden dabei einmal auf dem Parkplatz beim Kauernburger Schlössla, das andere Mal in Lichtenfels statt. Bei einem weiteren Geschäft war die Menge nicht mehr auszumachen, Übergabeort war der Parkplatz beim Küchenmarkt in Richtung Kieswäsch. Die Angeklagte will als Lohn für die Vermittlung jeweils nur kleine Menge des Rauschgifts abbekommen haben.

Zu Beginn des drei Verhandlungstage dauernden Prozesses, der schon Ende Oktober begonnen hatte, war auch der 34-jährige Ehemann mitangeklagt. Er wurde zwischenzeitlich freigesprochen, weil ihm nichts nachgewiesen werden konnte

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte mit drei Jahren zwei Monaten sogar eine noch höhere Strafe gefordert. Hintergrund sei, dass die Angeklagte an einer Serie von Taten mit vier gewichtigen Fällen innerhalb kürzester Zeit mitgewirkt habe. Und das alles, obwohl sie erst wenige Monate zuvor vom Amtsgericht in Wunsiedel zu zwei Jahren mit Bewährung verurteilt worden sei. „Die Angeklagte hatte sich diese Verurteilung nicht als Warnung dienen lassen und ist schon mehrfach rückfällig geworden.“, sagte der Staatsanwalt

Verteidiger Hilmar Lampert aus Bayreuth stellte dagegen die Bemühungen seiner Mandantin in den Mittelpunkt, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. So lebe die Frau seit Ende 2019 nachweislich drogenfrei und habe sich mittlerweile eine gute Perspektive erarbeitet und erkämpft. Zu den Vorwürfen der Beihilfe und der Anstiftung sagte der Verteidiger, dass eine Mandantin lediglich Tipps gegeben habe. Mit den ihr als Lohn versprochenen kleinen Crystal-Mengen habe sie nur ihre eigene Sucht befriedigen wollen.

Das Schöffengericht sah dies anders. Mit der Bewährungsstrafe aus dem Jahr 2019 habe sich die Angeklagte die letzte Warnung nicht zu Herzen genommen. „Mir ist klar, dass das ein schwerer Schlag für sie ist“, sagte Richterin Allstadt zur Angeklagten und fügte an: „Auch wenn mir das persönlich leid tut“. Immerhin hätten sich die Lebensverhältnisse der Angeklagte tatsächlich stabilisiert. Eine Freiheitsstrafe, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne, also eine Strafe von zwei Jahren oder darunter, sei aber aufgrund der Vielzahl von Taten, aufgrund der erheblichen Mengen, die in den Verkehr gebracht wurden sowie aufgrund der schnellen Rückfallgeschwindigkeit nicht möglich.

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25.10.2021

Betrunken und ohne Führerschein aus dem Staub gemacht / 31-jähriger aus dem Landkreis Lichtenfels muss mit Gefängnisstrafe rechnen

Kulmbach. Für einen 31-jährigen Angestellten aus dem Landkreis Lichtenfels geht es um einiges. Im Raum steht eine Gefängnisstrafe wegen einer wiederholten Trunkenheitsfahrt. Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wurde allerdings zunächst einmal ausgesetzt. Hintergrund ist, dass der Mann keine Angaben zur Sache machte und das Gericht deshalb umfangreiche Nachermittlungen in Auftrag gab.

Der Angeklagte soll vor ziemlich genau einem Jahr am 23. Oktober 2020 frühmorgens gegen 3.20 Uhr mit seinem Kleintransporter auf der Bundesstraße B289  in Höhe von Mainleus gefahren sein Als ihn die Polizei am nächsten Tag dingfest machen konnte, war er noch immer mit über 1,1 Promille alkoholisiert. Zurückgerechnet auf die Nacht müsste er gegen 3 Uhr also deutlich über 1,2 Promille Alkohol im Blut gehabt haben.

Doch damit nicht genug. Er soll in Mainleus gegen einen Verkehrsspiegel gefahren sein, so dass der Spiegel nicht mehr zu gebrauchen war, den Sachschaden gab die Gemeinde mit rund 1000 Euro an. Ohne irgendwelche Feststellungen zu ermöglichen, habe der Mann daraufhin seine Fahrt fortgesetzt, hieß es in der Anklage. Wie er am nächsten Morgen von der Polizei als Fahrer ermittelt wurde, ist nicht bekannt. Sicher ist allerdings warum er, wenn er denn wirklich der Fahrer war, die Unfallflucht begangen hat: der Angeklagte ist nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft musste also gleich vier Tatbestände auflisten, deren sich der Mann schuldig gemacht habe: fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahren ohne Führerschein, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Trunkenheit im Verkehr.

Als wäre das alles noch nicht genug, kommt auch noch hinzu, dass der Angeklagte nicht nur eine Bewährung offen hat, sondern schon mehrfach im Zusammenhang mit Alkohol im Straßenverkehr auffällig wurde. „Man sieht schon allein an den Vorstrafen, dass da ein Alkoholproblem vorliegt, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Deshalb besitzt er auch keinen Führerschein mehr. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte nach einem Rechtsgespräch schon vorab verlauten lassen, dass er keine Bewährungsstrafe mehr sehe.

Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach gab zu bedenken, dass sein Mandant seine Alkoholproblematik erkannt hat und bereit sei, sich damit auseinanderzusetzen. Sein Mandant habe bereits eine 14-tägige Entgiftung hinter sich, lebe seit Wochen abstinent und befinde sich bereits in einer Therapievorbereitung.

Das große Problem dieses Verfahrens ist es nun, dass der Angeklagte keine Angaben zur Sache machte und auch während der Ermittlungen wohl kaum gemacht hat. Um ein Urteil zu sprechen müsste das Gericht dem Angeklagten die Trunkenheitsfahrt aber glasklar nachweisen. Deshalb sollen nun Anwohner aus Mainleus ausfindig gemacht haben, die vielleicht etwas vom Unfallgeschehen mitbekommen haben. Außerdem will das Gericht weitere Zeugen aus dem Umfeld des Mannes laden. Da dies alles nicht innerhalb der üblichen Drei-Wochen-Frist möglich ist, setzte das Gericht die Verhandlung auf unbestimmte Zeit aus. Ein neuer Termin wird von Amts wegen bestimmt.

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22.10.2021

„Glasklarer Fall der Urkundenfälschung“ / Falsche Kennzeichen, falsche Plaketten: 34-jähriger Kulmbacher zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Egal, ob damit gefahren wird oder nicht: wer ein Kennzeichen an einem Fahrzeug anbringt, das nicht für dieses Auto ausgegeben wurde, macht sich strafbar, zumal wenn die Plaketten für Zulassung und TÜV-Untersuchung gefälscht werden. Ein 34-jähriger Mann aus Kulmbach hat genau dies getan. Wegen Urkundenfälschung wurde er nun zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (1350 Euro) verurteilt.

Der Mann hatte seinem Cousin einen schrottreifen Audi A4 abgekauft und wollte das Fahrzeug vermutlich für den Weiterverkauf überführen. Doch schon dabei gab das Auto den Geist auf. So stellte er es bei einem Bekannten im Stadtgebiet ab. Der Parkplatz war aber anderweitig vermietet, so dass die Mieter die Polizei riefen. Die Beamten merkten gleich, dass da etwas faul war und stellten das Kennzeichen mit den gefälschten Plaketten sicher. Dabei tauchte auch der Angeklagte auf. Was blieb ihm anderes übrig, als alles noch an Ort und Stelle zuzugeben?

Das Auto sollte am nächsten Tag abgeholt werden, erklärte der Mann vor Gericht. Aus Angst davor, abgeschleppt zu werden, wenn er das Auto ohne Kennzeichen einfach irgendwo abstelle, habe er das falsche Kennzeichen angeschraubt. Das Fahrzeug war bereits seit einem Jahr abgemeldet, sagte der ermittelnde Beamte von der Polizeiinspektion Kulmbach. Die angebrachten Kennzeichen seien aktuell gar nicht ausgegeben worden und die aufgeklebten Plaketten hätten so seltsam ausgesehen, dass sofort klar gewesen, hier stimmt etwas nicht.

Dummerweise hatte der Angeklagte ein ellenlanges Vorstrafenregister wegen der verschiedensten Straftaten von Sachbeschädigung über Diebstahl bis hin zum Drogenbesitz. Interessant ist die letzte Straftat. Am Parkplatz Schwedensteg hatte der Angeklagte im April dieses Jahres von einem parkenden Auto die Kennzeichen entwendet. Per Strafbefehl wurde deshalb zu 750 Euro verdonnert. Nachdem davon noch nicht ein Cent beglichen wurde, ist diese Geldstrafe am Ende in das aktuelle Urteil einbezogen worden.

Eine noch höhere als die letztlich verhängte Strafe hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft mit 100 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro beantragt. Der Anklagevertreter sprach von einem „glasklaren Fall der Urkundenfälschung“. Zwar habe der Angeklagte alles zugegeben, doch habe er auf der anderen Seite eine umfangreiche Vorstrafenliste. Das nannte Verteidiger Alexander Schmidtgall „ein bisschen übertrieben“ und beantragte eine mit 30 Tagessätzen deutlich niedrigere Strafe. Es sei zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr von seinem Mandanten ausgegangen, denn der wollte ja gar nicht mit dem Auto fahren.

„Es ist und bleibt trotzdem eine Urkundenfälschung“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte habe damit schließlich täuschen wollen. Wenn die Strafe mit 90 Tagessätzen doch etwas niedriger als von der Staatsanwaltschaft gefordert ausfiel, dann deshalb, weil der Angeklagte nicht erst vor Gericht, sondern schon vor Ort alles zugegeben hat. Ob man ihn sonst erwischt hätte, sei gar nicht einmal so sicher.

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21.10.2021

Kein Geld, kein Ticket: Geldstrafe gegen notorischen Schwarzfahrer / 60-jähriger aus dem Landkreis wegen Erschleichens von Leistungen verurteilt

Kulmbach. Weil er drei Mal beim Schwarzfahren mit dem Zug von Neuenmarkt nach Bayreuth erwischt wurde, ist ein 60-jähriger Mann aus dem Landkreis zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (600 Euro) verurteilt worden. Der Schuldspruch lautete auf Erschleichen von Leistungen in drei Fällen. Als Motiv für sein wiederholtes Fahren, ohne vorher ein Ticket gelöst zu haben, gab der Mann an, in beengten finanziellen Verhältnissen zu leben.

Das ist fast noch übertrieben, denn der gelernte Werkzeugmacher hat eigentlich schon seit Jahren überhaupt kein Einkommen mehr. Er lebt ausschließlich vom Geld seiner pflegebedürftigen Mutter. Dabei hätte der 60-Jährige durchaus Anspruch auf Hartz IV. Das aber will er nicht. „Ich möchte dem Staat nicht auf der Tasche liegen“, sagte er vor Gericht. Eine noble Einstellung, meinte Richterin Sieglinde Tettmann. Schwarzfahren sei aber trotzdem eine Straftat.

Zu den drei Fahrten war es zwischen Februar und April dieses Jahres gekommen. Einfach hätte der Fahrpreis bei 6,60 Euro pro Ticket gelegen. „Mir gegenüber hat er angegeben, dass er seine Geldbörse verloren hat“, berichtete ein Zugbegleiter von der DB Regio in Bayreuth.

Diesmal wurde der Angeklagte aus der Justizvollzugsanstalt Hof vorgeführt. Er war im Mai 2018 wegen Fahrens ohne Führerschein und wegen einer Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, hatte damals aber die Auflage, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten, nicht erfüllt.

Anhörungstermine bei Gericht ließ er daraufhin verstreichen, worauf Haftbefehl erlassen wurde. In der Folge verschanzte sich der Angeklagte bei sich zuhause. Immer wenn die Polizei kam, war er nicht anzutreffen. Als er sich irgendwann nicht mehr verleugnen konnte, flüchtete er mit einem Sprung aus dem Fenster und wurde geschnappt. Nun muss er die sieben Monate im Gefängnis absitzen.

Eine wesentlich höhere als die letztlich verhängte Geldstrafe hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer mit 60 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (900 Euro) beantragt. Der Angeklagte hatte nämlich noch eine zweite Vorstrafe aus dem Jahr 2017. Damals wurde er betrunken und ohne Führerschein am Steuer eines Fahrzeugs erwischt. Verteidiger Werner Brandl gab zu bedenken, dass sein Mandant überhaupt kein Einkommen hat und beantragte eine Geldstrafe von lediglich 40 Tagessätzen.

Richterin Sieglinde Tettmann blieb in ihrem Urteil bei 60 Tagessätzen. Da der Angeklagte in äußerst beengten finanziellen Verhältnissen lebt, setzte sie die Tagessatzhöhe mit zehn Euro der eines Hartz-IV-Empfängers gleich. Der Schaden sei relativ gering, die Fahrtstrecke relativ kurz gewesen und der Angeklagte habe Schuldeinsicht gezeigt, begründete die Richterin das Urteil. Außerdem lebe der Mann am Existenzminimum.

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18.10.2021

Gepöbelt, gestänkert, geschubst / Letzte Chance für 34-jährigen Pegnitzer: Gericht setzte Strafe noch einmal zur Bewährung aus

Pegnitz. Das war knapp für einen 34-jährigen Mann aus Pegnitz. Weil er im Streit  einem 25 Jahre alten Nachbarn die Finger so umgebogen hatte, dass der eine langwierige Kapselverletzung an der rechten Hand davon trug, wäre er vor dem Amtsgericht beinahe mit sechs  Monaten Gefängnis bestraft worden. Trotz seiner insgesamt zwölf Vorstrafen bekam er von Richterin Christiane Breunig allerdings noch einmal eine letzte Chance und sie setzte die von der Staatsanwaltschaft geforderten sechs Monate zur Bewährung aus.

Selbstverständlich war das nicht, denn der Angeklagte hatte seinen Nachbarn nicht nur grundlos angegriffen, er hatte wohl auch vorher Drogen konsumiert. „Kann schon sein, dass ich was genommen habe“, sagte er vor Gericht. Der Nachbar hatte das gleich gerochen und auch an den rot unterlaufenen Augen gesehen. Dafür spricht auch, dass der Angeklagte bereits mehrere Vorstrafen wegen Drogendelikten hatte.

Der Vorfall hatte sich am 27. Mai dieses Jahres abends gegen halb neun in Pegnitz ereignet. Der Nachbar saß mit einem Bekannten im Hof des Mehrfamilienhauses, um sein Feierabendbier zu genießen. Vielleicht waren die beiden etwas laut, jedenfalls fühlte sich der Angeklagte in seiner Wohnung gestört und stürmte nach draußen. „Er war ganz aggressiv“, erinnerte sich der Nachbar. Dann habe der Angeklagte angefangen, zu pöbeln und zu stänkern. Im Zuge einer Rangelei sei es dann zu den Quetschungen an der Hand gekommen.

Drei Wochen lang habe er nicht arbeiten können, noch heute spüre er bei bestimmten Situationen Schmerzen. „Er hat mir auch meine Brille heruntergeschossen“, sagte der Nachbar, der mittlerweile eine Ersatzbrille angefertigt bekam, weil die alte Brille total verkratzt und nicht mehr zu gebrauchen war. Schmerzensgeld und Verdienstausfall werde er deswegen auch noch geltend machen, kündigte der Nachbar an.

Der Angeklagte selbst bestritt den Vorfall mehr oder weniger. Streit habe es gegeben, eine Schubserei auch, doch für die Verletzung wollte er nicht verantwortlich sein. „Im Gegenteil“, so der Angeklagte. Er sei vom Nachbarn grundlos bedroht worden, habe aber keinen Bock auf Stress gehabt und das Weite gesucht. Wenn die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Strafe ohne Bewährung forderte, dann deshalb, weil der Angeklagte massiv vorbestraft ist, derzeit keiner Arbeit nachgeht und keine sozialen Bindungen hat.

Richterin Breunig wollte dem Angeklagten dagegen noch eine letzte Chance geben, weil er sich nun schon seit mehreren Jahren straffrei führe. „Ich gehe davon aus, dass sie sich jetzt am Riemen reißen“, sagte sie. Als Bewährungsauflage legte sie 100 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit nach näherer Weise des Bewährungshilfevereins Fähre e.V. fest. Alternativ dazu kann der Angeklagte auch 800 Euro an die Fähre überweisen. Die Bewährungszeit setzte das Gericht auf vier statt der üblichen drei Jahre an. In dieser Zeit darf der Angeklagte keine Straftat begehen, andernfalls muss er die sechs Monate doch noch absitzen. „Stellen sie bloß nichts mehr an“, gab die Richterin dem Angeklagten noch mit auf den Weg.

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14.10.2021

Missstände in Altenpflegeeinrichtung / Pflegerin deckte alles auf und muss sich jetzt selbst vor Gericht verantworten

Kulmbach. Weil sie offensichtliche Missstände in einem Alten- und Pflegeheim im Landkreis angeprangert hatte, muss sich eine 49-jährige Pflegerin vor Gericht verantworten. Der Prozess scheiterte im ersten Anlauf und wurde erst einmal auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Grund dafür ist, dass weitere umfangreiche Nachermittlungen notwendig sind und eine ganze Reihe weiterer Zeugen geladen werden muss.

Von menschenunwürdigen und menschenverachtenden Praktiken war die Rede, von Geldunterschlagungen und arbeitsrechtlichen Problemen, von Mobbing und vom Wegsperren dementer Bewohner. Angeklagte waren dabei nicht etwa die dafür Verantwortlichen, sondern die Altenpflegerin, die sich damit an den ehemaligen Chamer Landrat und amtierenden Präsidenten des Bayerischen Roten Kreuzes Theo Zellner gewandt hatte.

Zwei konkrete Fälle hatte die Frau, die mittlerweile längst woanders arbeitet, aufgegriffen. Einmal soll die Heimleiterin sie angewiesen haben, einer angeblich im Sterben liegenden Frau keine Medikamente und Infusionen mehr zu verabreichen, da sie das Zimmer bereits jemanden anders versprochen habe. Im zweiten Fall soll die Heimleiterin verhindert haben, dass einem Patienten mit offenen Wunden eine dringend notwendige Krankenhausbehandlung ermöglicht worden sei. Einer internen Prüfung zufolge hatte sich beides nicht als wahr erwiesen und so muss sich die Frau jetzt wegen übler Nachrede und wegen Verleumdung verantworten.

Sämtliche Vorwürfe werden zurückgewiesen, erklärte ihr Verteidiger Karsten Schieseck gleich zu Beginn der Verhandlung. Seine Mandantin habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, den Ruf der Heimleitung zu schädigen. Ihr sei es lediglich um die betroffenen Bewohner gegangen. „Ziel war es, Missstände abzustellen und eine sachgerechte Pflege zu ermöglichen.“ Deshalb habe sie sich auch nicht an die Presse gewandt, sondern den Brief an den BRK-Präsidenten geschrieben.

Sämtliche Geschehnisse hatte sie in einem Tagebuch festgehalten. „Ich konnte das alles nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren“, sagte die Frau, die einige Semester Medizin studiert hatte, eine Ausbildung als Krankenpflegerin und eine weiter Ausbildung als Altenpflegerin hat. Viele Bewohner hätten ja längst mitbekommen, was in dem Heim läuft, da das Personal ständig wechselte. Bereits vor dem Brief an den Präsidenten habe sie sich bereits an den Kulmbacher Landrat Klaus Peter Sölllner und an den damaligen BRK-Kreisgeschäftsführer Jürgen Dippold gewandt, doch passiert sei nichts.

Unterstützung bekam die Angeklagte von einer damaligen Kollegin, die als Zeugin geladen war. Sie bestätigte, dass ihr die Heimleiterin aufgetragen hätte, der sterbenskranken Frau keine Medikamente mehr zu geben, weil das Zimmer ohnehin einige Tage später benötigt werde. Sie habe sich daraufhin mit der Ärztin der Frau kurzgeschlossen, die von einer solchen Anweisung nichts wusste. Auch der Senior mit den offenen Wunden hätte nach Ansicht der Zeugin längst in ein Krankenhaus eingewiesen werden müssen, was aber von Seiten der Heimleitung verhindert worden sei. Sie selbst habe dem physischen und psychischen Druck auch nicht mehr standgehalten und habe gekündigt. „Ich wollte zum Wohle der Bewohner einiges umsetzen, doch es wurden uns immer wieder Steine von der Heimleitung in den Weg gelegt“, sagte die Zeugin.

Eine ganz andere Auffassung vertrat die ebenfalls als Zeugin geladene Heimleiterin, die mit Rechtsanwalt Alexander Schmidtgall als Zeugenbeistand gekommen war. Sie bezichtigte die Angeklagte offen der Lüge und sprach von hinterhältigen Machenschaften. Regelmäßig seien Ärzte im Heim gewesen, nichts laufe ohne deren Verordnung“, so die Heimleiterin. Die Frau sprach von einer Hetzkampagne gegen ihre Person und von Trittbrettfahrern, die sie in den sozialen Medien durch den Kakao gezogen hätten. „Die haben mein Leben zerstört“, sagte die Frau, die noch immer an der Spitze des betreffenden Heimes steht, und holte zum Gegenschlag aus. Die Angeklagte habe in Wirklichkeit Stundenbetrug begangen.

Richterin Sieglinde Tettmann entschloss sich nach über vier Stunden Verhandlungsdauer, zahlreiche weitere Zeugen zu laden, unter anderem die Ärzte der beiden mittlerweile verstorbenen Heimbewohner und die ermittelnden Polizeibeamten. Außerdem will das Gericht die Pflegedokumentation genau überprüfen.

Ein neuer Termin wird von Amts wegen bestimmt.

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12.10.2021

Belächelt, bedrängt und bedroht: Ehemaliger Vorstand des SV Burghaig wegen Untreue vor Gericht

Kulmbach. Weit über 17000 Euro soll der frühere Vorstand des SV Burghaig aus der Vereinskasse genommen und für private Zwecke verwendet haben. Wegen Untreue sollte ihm deshalb vor dem Amtsgericht der Prozess gemacht werden. Die Verhandlung scheiterte allerdings im ersten Anlauf und wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt erteilte der Kriminalpolizei ungewöhnlich umfangreiche Nachermittlungsaufträge.

Grund dafür ist, dass dem Angeklagten viele der insgesamt 74 angeklagten Einzelfälle nicht so einfach nachgewiesen werden konnten. Der Mann behauptete, den größten Teil des Geldes eben doch für Vereinszwecke ausgegeben zu haben. War dies nicht der Fall, dann habe er das Geld im Nachhinein der Vereinskasse erstattet. In einigen Punkten waren die Transaktionen auch gar nicht mehr so genau nachzuvollziehen, da es nicht nur Konten, sondern auch eine Barkasse gab.

Laut Anlageschrift hatte der Mann fast 15000 Euro abgehoben und für private Zwecke verbraucht. Mit den restlichen gut 2000 Euro soll er private Dinge finanziert haben. Staatsanwalt Stefan Käsbohrer ging in der Anklageschrift davon aus, dass der 48-Jährige sich damit eine Einnahmequelle von erheblichem Umfang und von erheblicher Dauer verschafft habe und warf dem Mann gewerbsmäßige Untreue in 74 Fällen vor.

„Das wird sich so nicht darstellen lassen“, sagte Verteidiger Frank Stübinger gleich zu Beginn der Verhandlung. Wenn auch eine schludrige Kassenführung nicht in Abrede gestellt wird, so seien die Verwendungen doch sehr wohl für den Verein getätigt worden.

Beim Durchgehen verschiedener Einzelposten wurde allerdings schnell klar, dass der Angeklagte sehr wohl private Ausgaben vom Vereinskonto getätigt hatte. So beglich er beispielsweise eine Zahnarztrechnung seiner Ehefrau mit der EC-Karte des Vereins. Er habe damals nur die EC-Karte des Vereins einstecken gehabt und seine private Karte vergessen, erklärte er. Irgendwann einmal sollte das dann mit Sanierungsmaßnahmen des Sportplatzes verrechnet werden. Auch Telekommunikation samt Internet liefen über das Vereinskonto, allerdings nicht nur die Ausgaben des Vereines, sondern auch die privaten Kosten wurden dabei offensichtlich hineingerechnet. Dies sei technisch nicht anders möglich gewesen, sagte der Angeklagte.

Er habe dem Verein niemals Schaden zufügen wollen, beteuerte er. Vielleicht sei ihm da und dort mal ein Fehler unterlaufen. Der Großteil der Ausgaben seien aber Vereinsausgaben gewesen, ob Farbe zur Platzmarkierung aus dem Baumarkt, die notwendige Steuersoftware oder Trainingsanzüge.

Eine ganz andere Aussage kam von der Hauptbelastungszeugin, der damaligen Kassiererin, die alles aufgedeckt und zur Anzeige gebracht hatte. „Es gab ganz, ganz viele Unstimmigkeiten“, sagte die Frau. Für sie sei die Verwendung des Geldes völlig unerklärlich gewesen. Habe sie das zur Sprache gebracht, sei sie vom Angeklagten zunächst belächelt, dann bedrängt und schließlich sogar bedroht worden. Sie solle gefälligst von ihrem Amt zurücktreten, habe ihr der Angeklagte nahegelegt. Dabei habe schon die Gemeinnützigkeit des ganzen Vereins auf dem Spiel gestanden. Es habe bereits Kontosperren und Pfändungen für das Vereinskonto gegeben. „Ich habe gesehen, wie es abwärts geht und wollte den Verein für meine Söhne retten“, sagte die Zeugin sichtlich bewegt.

Von Verschleierungen und Doppelbuchungen seitens des Angeklagten sprach die ermittelnde Kommissarin der Kripo in Bayreuth. Private Abbuchungen seien gängige Praxis gewesen. Dabei sei es ja gar nicht seine Aufgabe gewesen, die Kasse zu übernehmen. Ein Beispiel für die Masche des Angeklagten war ein Streuwagen, für den der Angeklagte 300 Euro von einem Sponsoren in bar bekommen haben soll. Die Spende tauchte nirgends auf, der Vorsitzende kaufte den Streuwagen und belastete das Vereinskonto mit 300 Euro.

Das alles sei extrem schwierig nachzuvollziehen, sagte der Zeuge, der seit 2019 die Kasse führt. Als er die Summe der Bargeldabhebungen erfuhr, die der Vorsitzende zuvor getätigt haben soll, musste er selbst schlucken. Auch 2019 habe es noch Bargeldabhebungen gegeben, aber längst nicht mehr in der Höhe. „Irgendwann hatten wir die Faxen dick und haben die EC-Karte des Vereins einfach zerschnitten“, sagte er.

Richterin Allstadt sprach von einer zahlentechnisch sehr schwierig durchdringbaren Materie und will jetzt weitere Zeugen hören. Beispielsweise die Kassenprüfer, die immer wieder Unregelmäßigkeiten festgestellt hatten. Außerdem sollen weitere Zeugen aus dem Vereinsumfeld vernommen werden und sämtliche Kontoauszüge noch einmal geprüft werden, um das Dickicht aus Buchungen, Barabhebungen und Überweisen zu durchdringen.

Ein neuer Termin wird von Amts wegen bestimmt.

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07.10.2021

Tritte und Schläge in der Oberen Stadt / Zwei Männer wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht

Kulmbach. Mit Fäusten brutal zu Boden geschlagen und dann mit Füßen „wie gegen einen Fußball“ gegen den Kopf des Opfers getreten: die Vorwürfe gegen zwei jeweils 32 Jahre alte Männer wiegen schwer. Beide müssen sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten. Zum Prozessauftakt verweigerten beide die Aussage. Allerdings gab es einige Zeugen, die sie schwer belasteten. Das eigentliche Opfer gehört seltsamerweise nicht dazu.

Der Vorfall hatte sich am 9. Oktober des vergangenen Jahres kurz vor Mitternacht in der Oberen Stadt vor dem Lokal „Pina“ ereignet. Die beiden Angeklagten sollen grundlos auf zwei Brüder losgegangen sein, einen von beiden mit Fäusten zu Boden geschlagen und danach mehrfach gegen Kopf und Rumpf getreten haben. Die beiden Brüder erlitten bei der Schlägerei Verletzungen, der am Boden liegende soll eine blutende Wunde davon getragen haben. Sogar eine Fensterfront des gegenüberliegenden türkischen Kulturvereins soll bei der Auseinandersetzung zu Bruch gegangen sein.

Nun müsste man meinen, dass die beiden Brüder ein Interesse daran haben, dass die Schuldigen auch entsprechend bestraft werden. Doch Fehlanzeige. Der eine Bruder kam trotz Zeugenladung gar nicht, der andere konnte oder wollte sich an nichts mehr erinnern. Einer ihrer beiden Söhne lebe mittlerweile in Österreich, erklärte die Mutter, die plötzlich im Gerichtssaal aufgetaucht war. Das ändere nichts daran, dass er als Zeuge vor Gericht erscheinen muss, antwortete Richterin Sieglinde Tettmann. Anstatt die Mutter anzurufen hätte der junge Mann ja auch im Gericht anrufen und sich entschuldigen können. Mögliche Konsequenzen ließ die Richterin erst einmal offen.

Der andere Bruder, ein 20 Jahre alter Bauhelfer aus Kulmbach, wurde aus der Justizvollzugsanstalt vorgeführt, wo er sich derzeit in Untersuchungshaft befindet. „Ich weiß gar nichts mehr, ich war so betrunken“, sagte der Zeuge. Tatsächlich hatte er rund 2,5 Promielle Alkohol im Blut. Auch Drogen soll er vorher konsumiert haben. Die beiden Angeklagten kannte er nicht. Schmerzen hatte er am nächsten Tag schon verspürt, doch wo die herkamen konnte er sich nicht erklären.

Die Aussage stand im eklatanten Widerspruch zur Aussage einer Bekannten der beiden Brüder. „Er war nicht betrunken“, behauptete die 19-Jährige aus Helmbrechts. Sie sei damals mit den beiden Brüdern unterwegs gewesen, als einer der Angeklagten im „Pina“ plötzlich angefangen habe zu stänkern. Die Brüder seien dann mit dem Störenfried ins Freie und als sie dazu kam sei die Schlägerei schon in vollem Gange gewesen. Einen der beiden Angeklagten beschrieb sie als sehr aggressiv, deshalb sie auch die Polizei gerufen, die gleich darauf mit Blaulicht in die Obere Stadt kam.

Ein weiterer Zeuge, ein Anwohner, hatte das Ganze von seinem Wohnzimmerfenster aus beobachtet und zumindest teilweise mit dem Handy gefilmt. „Die Lärmkulisse war extrem, deshalb bin ich ja auch wach geworden“, sagte der Zeuge. Er konnte die Angeklagten eindeutig als die Schläger identifizieren.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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11.10.2021

Opfer wollten nichts mehr von der Tat wissen / Tritte und Schläge in der Oberen Stadt: Verfahren gegen hohe Geldauflage eingestellt

Kulmbach. Das Amtsgericht hat ein Verfahren gegen zwei Männer eingestellt, die sich ursprünglich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten mussten. Den beiden jeweils 32 Jahre alten Angeklagten, ein Lackierer aus dem Landkreis Bayreuth und ein Lagerarbeiter, der mittlerweile in Berlin lebt, wurde vorgeworfen, vor ziemlich genau einem Jahr eine Schlägerei in der Oberen Stadt angezettelt zu haben. Weil sich die Zeugenaussagen eklatant widersprachen und die beiden Opfer ganz offensichtlich kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung hatten, entschied Richterin Sieglinde Tettmann auf die Einstellung des Verfahrens. Die beiden Männer müssen allerdings eine relativ hohe Geldauflage von jeweils 1000 Euro berappen.

Den Angeklagten wurde ursprünglich vorgeworfen, am 9. Oktober 2020 kurz vor Mitternacht in der Gaststätte „Pina“ grundlos einen Streit mit zwei Brüdern angezettelt zu haben. Die Auseinandersetzung fand erst drinnen, dann draußen statt, erst flogen nur Worte, schon bald Fäuste. Einen der Brüder soll einer der Angeklagte brutal niedergeschlagen haben, so dass der Mann zu Boden ging. Danach soll ihn der andere Angeklagte mehrfach getreten haben, so dass er eine blutende Kopfverletzung davon trug.

Nun müsste man meinen, dass die beiden Geschädigten ein Interesse an einer Verurteilung der beiden Schläger haben. Doch Fehlanzeige. Einer der beiden erschien trotz Ladung erst gar nicht vor Gericht und ließ seine Mutter ausrichten, dass er mittlerweile in Österreich wohnt. Der andere wurde aus dem Gefängnis vorgeführt und gab an, sich an nichts mehr erinnern zu können. „Ich war sturzbetrunken, ich weiß nicht einmal mehr, mit wem ich an diesem Abend unterwegs war“, sagte der 22-Jährige, der wegen einer anderen Sache in Untersuchungshaft sitzt. Auch die beiden Angeklagten will er angeblich noch nie gesehen haben.

„Er war überhaupt nicht betrunken“, widersprach eine 19-jährige Bekannte, die mit den beiden Brüdern an jenem Abend unterwegs war. „Für mich war er ganz normal“, so die junge Frau, die sich noch genau daran erinnern konnte, dass einer beiden Angeklagten sehr aggressiv gewesen sei, als er auf ihren Bekannten losging. Am Ende habe einer der Brüder heftig an der Lippe geblutet, der andere aus der Nase.

Ein Anwohner hatte die Szene sogar vom Wohnzimmer aus mit dem Handy gefilmt. Obwohl er auf die andere Seite hinaus schläft, war der 41-Jährige vom Lärm auf der Straße wach geworden. So richtig trug das Handy-Video allerdings auch nicht zur Aufklärung des Sachverhaltes bei, auch wenn der Mann im Gerichtssaal zumindest einen der Angeklagten eindeutig als den Schläger identifizierte.

„In diesem Verfahren ist der Wurm drin“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann, nachdem auch andere Augenzeugen trotz Ladung nicht vor Gericht erschienen waren. Im Einvernehmen mit dem Vertreter der Staatsanwalt entschied sie sich schließlich für die Abkürzung des Verfahrens, um aufwändige Nachermittlungen zu vermeiden, zumal die beiden angeblichen Opfer so überhaupt kein Interesse an mehr an der Sache zeigten. Die Geldauflage von jeweils 1000 Euro geht an die Hilfsorganisationen „Ärzte ohne Grenzen, beziehungsweise an „German Doctors“.

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07.10.2021

Neun Monate wegen acht Gramm / Eklat vor dem Amtsgericht: Zeugin stürmte eigenmächtig aus dem Saal

Kulmbach. Wegen des Erwerbs von acht Gramm Crystal zum Eigenverbrauch hat das Amtsgericht einen 43 Jahre alten Kulmbacher zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Urteilsspruch lautete außerdem auf Beleidigung, weil der Angeklagte bei einer Polizeikontrolle auf das Dienstfahrzeug der Beamten gespuckt hatte. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft den gelernten Maurer auch noch wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung angeklagt. Weil sich das angebliche Opfer aber plötzlich nicht mehr dran erinnern konnte, stellte Richterin Sieglinde Tettmann diesen Punkt der Anklage kurzerhand ein.

Dabei hatte das vermeintliche Opfer, eine 52-jährige Frau aus Kulmbach zuvor noch für einen Eklat im Gerichtssaal gesorgt. Ausgerechnet sie, die damals die Anzeige erstattet hatte, sagte jetzt; „Da war eigentlich gar nichts“. Als der Vertreter der Staatsanwaltschaft daraufhin etwas lauter wurde, verließ die Frau den eigenmächtig Saal, nicht ohne vorher noch die Tür lautstark zuzuknallen. Draußen am Gang wurde die Zeugin dann aber doch erst einmal daran gehindert, das Gerichtsgebäude zu verlassen. Die nach eigenen Angaben psychisch angeschlagene Frau nahm kurzerhand mit ihrem Betreuer Kontakt auf. Da allerdings hatte die Richterin längst erkannt, dass eine weitere Befragung sinnlos wäre. Staatsanwaltschaft und Gericht kamen deshalb überein, diesen Punkt der Anklage im Hinblick auf die zu erwartende Strafe wegen des Drogenerwerbs einzustellen. Nun wurde die Zeugin formal entlassen und durfte gehen.

Den Drogenerwerb räumte der Angeklagte ein. Seiner Erinnerung nach seien es aber nur zwei bis drei Gramm Crystal und nicht etwa acht bis neun Gramm gewesen. Er hatte den tschechischen Dealer, der damals in Kulmbach lebte und mittlerweile im Gefängnis sitzt, auch nicht mit Geld bezahlt, sondern ihm im Austausch eine Dolby-Surround-Anlage als Gegenleistung überlassen. „Er wollte das Zeug loswerden, da habe ich ihm halt das Angebot mit der Anlage gemacht“, sagte der 42-Jährige.

Der ermittelnde Polizeibeamte sagte aus, dass die Beamten über einen verdeckten Ermittler auf den tschechischen Dealer gekommen waren. Der Mann soll regelmäßig Crystal nach Kulmbach eingeschleust haben. Der Blick auf die Kontakte seines Smartphones habe dann zu einem Bekannten des Angeklagten und letztlich zu ihm selbst geführt.

Das Bespucken des Polizeiautos bei der Kontrolle auf dem Netto-Parkplatz räumte der Angeklagte unumwunden sein. Legte aber Wert auf die Feststellung, dass er das Fahrzeug danach wieder sauber gewischt habe.

Eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragt. Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach plädierte dagegen auf acht Monate, schließlich sei sein Mandant damals drogenabhängig gewesen und habe alles sofort eingeräumt. Ob das Bespucken des Polizeifahrzeugs wirklich als Beleidigung gewertet werden könne, stellte der Verteidiger in Frage. „Ich würde das nicht gleich anzeigen“, sagte er.

Richterin Tettmann wählte mit neun Monaten den goldenen Mittelweg. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, weil der Mann inzwischen sein Leben in den Griff bekommen hat, sei fast einem Jahr drogenfrei lebt und eine Arbeitsstelle in Aussicht hat. Als Auflage muss er 1000 Euro an die Initiative „Keine Macht den Drogen“ zahlen. Das Bespucken eines Polizeifahrzeugs stellte für das Gericht allerdings sehr wohl eine Beleidigung dar. „Jemandem vor die Füße zu spucken, heißt jemandem seine Missachtung auszudrücken“, sagte Tettmann. Auch wenn man die Spucke danach wieder abwischt.

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30.09.2021

Arzt ohne Führerschein unterwegs / Verfahren gegen Geldauflage eingestellt

Kulmbach. Am 15. Juli des vergangenen Jahres wurde einem Arzt aus dem Raum Kulmbach der Führerschein entzogen, weil er zu viele Punkt im Verkehrsregister angesammelt hatte. Trotzdem soll er zwei Tage später mit seinem Wagen auf öffentlichen Straßen gefahren sein. Nun musste sich der 69-Jährige, der nicht mehr praktiziert, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vor dem Amtsgericht verantworten. Weil sich die Sache nicht mehr hundertprozentig aufklären ließ, stellte das Gericht das Verfahren kurzerhand ein. Allerdings muss der 69-Jährige eine Geldauflage in Höhe von 900 Euro an den Hospizverein überweisen.

Laut Landratsamt sei ihm der Bescheid über den Entzug der Fahrerlaubnis am Freitag, den 15. Juli zugestellt worden. Er habe aber erst am Montag drauf seinen Briefkasten geleert, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Ralph Pittroff erklären. Die Schwarzfahrt soll aber bereits am Sonntag gewesen sein. „Mein Mandant leert nicht jeden Tag seinen Briefkasten“, so der Anwalt. Zwischenzeitlich habe der Angeklagte seine Fahrerlaubnis nach Ablegung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) auch wieder bekommen. Sie war ihm entzogen worden, weil er mehrfach zu schnell auf Autobahnen unterwegs war.

Ganz offensichtlich steckt hinter dem Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis allerdings viel mehr als nur ein Verkehrsdelikt. Spätestens bei der Aussage seiner mittlerweile getrennt lebenden Ehefrau wurde klar, dass es um eine überaus strittige Trennung geht. Da war die Rede von GPS-Sendern, die an ihrem Fahrzeug angebracht waren, von einem früheren Urteil gegen den Angeklagten wegen Nachstellung im Zusammenhang mit der Trennung und vom Vorwurf, der Mann hätte ihr Auto gestohlen. In Wirklichkeit wusste sie bloß nicht mehr genau, wo in Kulmbach sie es abgestellt hatte.

Auch die Anzeige wegen des Fahrens ohne Führerschein war wohl von der Frau erfolgt. In ihrer Zeugenaussage war sie sich sicher, dass sie mit eigenen Augen gesehen habe, dass ihr Ex-Mann an jenem 17. Juli mit dem Auto gefahren war. Eine Datumsverwechslung schloss die Frau kategorisch aus.

Er habe doch gar keinen Grund, ohne Führerschein zu fahren, beteuerte der frühere Arzt noch einmal. Unter anderem habe sich eine frühere Sprechstundenhilfe in der fraglichen Zeit bereiterklärt, Fahrdienste für ihn zu übernehmen. Um die Aussage der Zeugin zu überprüfen, hätte das Gericht die Verhandlung aussetzen und weitere Polizeibeamte laden müssen, die während des Ermittlungsverfahrens mit der Sache betraut waren.

Richterin Sieglinde Tettmann und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gingen den pragmatischeren Weg. Sie stellten das Verfahren vorläufig ein. Der Angeklagte erklärte sich dazu bereit, sechs mal 150 Euro an den Kulmbacher Hospizverein zu bezahlen. Damit ist die Sache vorerst vom Tisch.

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30.09.2021

Unterhaltsrückstand in fünfstelliger Höhe / Jahrelang nichts gezahlt: 54-jähriger Gärtner zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Weit über 10000 Euro soll ein 54-jähriger Mann, der mittlerweile im Baden-Württembergischen Main-Tauber-Kreis lebt, mit Unterhaltungszahlungen für seinen heute 17 Jahre alten Sohn im Rückstand sein. Wegen Verletzungen der Unterhaltspflicht musste er sich deshalb vor dem Amtsgericht verantworten. Da der gelernte Gärtner über keinerlei Einkommen verfügt und vom Geld seiner jetzigen Partnerin lebt, urteilte das Gericht auf eine relativ niedrige Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (600 Euro).

Das Unterhaltsrecht setzt sehr hohe Anforderungen, klärte Richterin Sieglinde Tettmann den Angeklagten, der ohne Anwalt schienen war, auf. Jeder Vater müsse alles nur Erdenkliche unternehmen, um sein Kind ernähren zu können, denn jedes Kind habe Anspruch auf Unterhalt. Genau das habe der Angeklagte aber nicht getan, das wurde in der Verhandlung schnell klar.

Der Mann gab an, eine Zeit lang sogar obdachlos gewesen zu sein und im Wald gelebt zu haben. Trotzdem habe er noch in seinem erlernten Beruf weitergearbeitet, bis er es körperlich einfach nicht mehr durchgehalten habe und ihm ein Burnout zum Aufhören gezwungen habe. Heute sei er aufgrund seiner körperlichen und psychischen Probleme gar nicht mehr in der Lage zu arbeiten.

Ein ärztliches Attest hatte der Angeklagte dafür allerdings nicht. Wie auch? Er besitzt schon seit vielen Jahren keine Krankenversicherung mehr und kann gar nicht zum Arzt gehen. Dazu kommt, dass es sich bei den ausstehenden Unterhaltszahlungen wohl nur um die Spitze des Eisbergs handelt, da nur der Zeitraum von März 2018 bis Januar 2021 angeklagt war. Ganz offensichtlich hatte der Mann aber auch davor keine Zahlungen geleistet.

Sie habe gegen ihren Ex-Mann bereits einen vollstreckbaren Titel erwirkt, sagte die Ex-Frau des Angeklagten. Bis 2008 habe er Unterhalt bezahlt, da war der Sohn erst vier Jahre alt. Danach sei nur noch gelegentlich Geld geflossen, ab 2014 dann gar nichts mehr. Heute ist der Sohn 17 Jahre alt und besucht noch die Schule.

Eine mit 700 Euro etwas höhere Geldstrafe hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft im ihrem Plädoyer beantragt. Der Angeklagte zeige sich weder einsichtig, noch in irgendeiner Form bemüht, an der Situation etwas zu ändern, so die Anklagevertreterin, die dem Mann seine schwierigen persönlichen und vor allem wirtschaftlichen Verhältnisse zu Gute hielt. Auch, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war, sollte sich positiv auswirken.

Richterin Sieglinde Tettmann blieb mit 600 Euro geringfügig unter dem Antrag. Sie ging zu Gunsten des Mannes davon aus, dass er wirklich keine schwereren körperlichen Arbeiten verrichten könne. Zumindest hätte das Gegenteil nur mit Hilfe eines langwierigen und teuren Gutachtens bewiesen werden können. Leichtere Tätigkeiten wären aber schon möglich gewesen, doch der Angeklagte habe in dieser Hinsicht rein gar nichts unternommen. „Da sehe ich keine andere Möglichkeit, als eine geringe Gelstrafe zu verhängen“, sagte Tettmann. Zahlt der Mann die Strafe nicht, kann er einen Antrag stellen, die 60 Tagessätze abzuarbeiten. Klappt auch das nicht, muss er die 60 Tage im Gefängnis absitzen. Die Unterhaltsforderungen bleiben allerdings bestehen. Sie verjähren erst nach 30 Jahren.

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28.09.2021

Schmuck und Münzen für über 10000 Euro mitgehen lassen / Putzfrau aus dem Landkreis muss ins Gefängnis

Kulmbach. Weil sie von ihrer Putzstelle wertvollen Goldschmuck, Uhren und Münzen im Gesamtwert von weit über 10000 Euro mitgehen ließ, muss eine 55-jährige Frau aus dem Landkreis ins Gefängnis. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt verurteilte die mehrfach vorbestrafte Putzfrau zu zwei Einzelstrafen von zusammen zwei Jahren und sieben Monaten. Eine Bewährungsstrafe sei nicht mehr in Betracht gekommen, die Gesamtumstände sprächen eindeutig dagegen, sagte die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung nach fast vier Stunden Verhandlungsdauer.

Die Frau hatte die Wertsachen aus Schränken im Schlafzimmer und im Gästezimmer des Hauses, in dem sie eine Putzstelle angenommen hatte, gestohlen und per Internet an ein Goldankaufsunternehmen in München weiterverkauft. Die Anklage listete unter anderem Anhänger, Broschen. Ringe, ein Collier, Manschettenknöpfe und wertvolle Sammelmünzen auf. Allein eine Armbanduhr soll über 4000 Euro wert gewesen sein, eine weitere Uhr knapp 1500 Euro.

Das alles ist möglicherweise auch nur die Spitze des Eisbergs, denn die Geschädigte Hauseigentümerin bezifferte den Schaden gegenüber der Polizei auf rund 30000 Euro. Tatsächlich flossen schon vor dem angeklagten Tatzeitraum Mai 2018 bis Mai 2020 größere Summen vom Goldankauf auf das Konto der Angeklagten. Das allerdings war nicht Gegenstand der Anklage und wurde deshalb auch nicht weiter aufgeklärt.

Als wesentliches Motiv für ihr Handeln gab die Frau ihre Spielsucht an. Aufgrund chronischen Geldmangels habe sie angefangen, bei verschiedenen Online-Casinos zu spielen. Im Falle eines größeren Gewinns hätte sie die Sachen zurückkaufen und auch zurückgeben wollen. Das ging allerdings gründlich daneben. Erstens blieb, wie zu erwarten, der größere Gewinn aus. Zweitens ist es bei dem Goldankaufunternehmen üblich, dass die Ware sofort eingeschmolzen wird. „Das konnte ich ja nicht wissen, ich dachte, das funktioniert so wie bei einem Pfandleihhaus“, sagte die Angeklagte.

Bei genauerem Hinsehen wurde allerdings auch deutlich, dass die Frau unter einer Vielzahl von physischen und psychischen Problemen leidet. Sie ist tatsächlich ernsthaft erkrankt, allein die Verlesung ihres Medikamentenplanes nahm ungewöhnlich lange in Anspruch. Auch psychisch ist die Frau aufgrund jahrelanger familiärer Schwierigkeiten beeinträchtigt. Von Depressionen war die Rede, auch von einem Suizidversuch. Bei einem Psychotherapeuten ist sie seit geraumer Zeit in Behandlung, eine stationäre Therapie wegen der festgestellten Spielsucht hatte sie in Aussicht. Auch die Verhandlung musste mehrfach unterbrochen werden, nachdem der Angeklagte dermaßen schlecht wurde, dass sie sich übergeben musste.

Auf der anderen Seite ist die Frau bereits mehrfach vorbestraft und zwar immer wieder wegen Diebstahls. Zuletzt kam sie im Mai wegen mehrerer Ladendiebstähle in Kulmbach mit einer Geldstrafe davon. Wegen einer weiteren Verurteilung aus dem Jahr 2017 zu sechs Monaten war die Bewährung noch offen. In einem medizinischen Gutachten wurden der Angeklagten zwar Impulskontrollstörungen diagnostiziert, eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit liege allerdings nicht vor.

Mit insgesamt drei Jahren hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sogar eine noch höhere als die letztlich ausgesprochene Strafe beantragt. Besonders der hohe Entwendungsschaden, die hohe Rückfallgeschwindigkeit, die vielen einschlägigen Vorstrafen und die offene Bewährung ließen keine Bewährungsstrafe mehr zu. Verteidiger Ralph PIttroff sah dies anders. Er plädierte auf zwei Jahre mit Bewährung. Man müsse der Angeklagten die Chance geben, ihre Glücksspielsucht behandeln zu lassen, sagte der Anwalt.

Das Schöffengericht war nach längerer Beratung anderer Meinung. Der Schuldspruch lautete auf Diebstahl und Betrug in zahlreichen Fällen. „Wir sehen, dass sie sich in einer schwierigen Situation befinden“, sagte Richterin Allstadt zur Angeklagten. Trotzdem habe sie sich bisherige Strafen nicht als Warnung dienen lassen. Die Richterin sah den Justizvollzug sogar als Chance dafür an, dass die Frau aus ihrem Elend herausgerissen wird und sich neu besinnen kann.

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21.09.2021

Kuscheltier, Lippenstift und Lederarmbänder geklaut / Jugendrichter: 19-jährige muss Sozialstunden leisten

Kulmbach. Trotz einer ganzen Straftatenserie mit Diebstählen und Betrügereien und einem Gesamtschaden von rund 350 Euro hat das Amtsgericht das Strafverfahren gegen eine 19-Jährige eingestellt. Die junge Frau muss allerdings 60 sogenannte Sozialstunden leisten. Hintergrund ist, dass die Angeklagte an einer psychischen Störung leidet und sich zu den Tatzeitpunkten im April und Mai dieses Jahres in einer extremen Ausnahmesituation befunden hat.

Die Frau hatte bei einem Drogeriemarkt im Bayreuther Rotmaincenter unter anderem eine Tasse, ein Kuscheltier, ein Spielgerät Make-Up und zwei Lippenstifte im Gesamtwert von 165 Euro entwendet. Sie wurde beim Verlassen des Geschäftes von einem Ladendetektiv gestellt und musste noch vor Ort die Fangprämie in Höhe von 50 Euro aufbringen.

Doch damit nicht genug. Obwohl die leidenschaftliche Reiterin damals gar kein Pferd mehr besaß, bestellte sie bei verschiedenen Verkäufern in ganz Deutschland jede Menge Reitutensilien, ohne je dafür die Rechnung zu bezahlen. Staatsanwältin Katharina Hecht zählte unter anderem eine Dressurschabracke für 33 Euro von einer Verkäuferin aus der Nähe von Straubing, eine weitere Dressurschabracke für 45 Euro aus Brandenburg und einen Pferdestriegel für 20 Euro aus Sachsen-Anhalt auf. Dazu kommen laut Anklage der Kauf von zwei Lederarmbändern aus Nordrhein-Westfalen und eines Armani T-Shirts für 45 Euro aus München. Nicht eine Rechnung hatte die junge Frau beglichen, alle Geschädigten gingen deshalb zur Polizei und stellten Strafantrag.

Die Angeklagte räumte ohne Umschweife alles ein, sie habe das ungewollt gemacht, ohne darüber nachzudenken. Die Folgen habe sie einfach ausgeblendet. Erst bei der Polizei habe sie registriert, was sie angestellt hatte. „Ich habe die Sachen ja gar nicht gebraucht“, sagte sie. Sie habe rein aus Verzweiflung gehandelt. „Ist ja auch sinnlos, Pferdesachen zu kaufen, wenn man gar keine Pferde hat“, pflichtete ihr der für Jugendsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner bei.

Tatsächlich stellte sich heraus, dass die junge Frau aufgrund erheblicher Mobbing-Vorkommnisse mit gewalttätigen Übergriffen während ihrer Schulzeit an einer schweren Angststörung leidet und deshalb auch in Behandlung ist. Sogar von Suizidgedanken war schon die Rede. Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Kulmbacher Landratsamtes berichtete von einer Angststörung, von einer verzögerten sozialen Reife und von Entwicklungsauffälligkeiten aufgrund massiven Mobbings. Die Taten seien in einem Ausnahmezustand geschehen, von weiteren Straftaten sei aber nicht mehr auszugehen. Er schlug deshalb vor, die Angeklagte trotz ihrer Volljährigkeit als Heranwachsende im Sinne des Jugendstrafgesetzes zu behandeln und das Verfahren gegen eine Arbeitsauflage einzustellen.

Staatsanwältin Hecht und Richter Berner sahen das genauso und legten die Zahl der zu leistenden unentgeltlichen und gemeinnützigen Arbeitsstunden nach Weisung der geschwister-Gummi-Stiftung auf 60 fest.

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15.09.2021

„Selten sinnlose Aktion“ Bücherschrank in Brand gesteckt / 21-jähriger Berufsschüler zu Jugendstrafe verurteilt

Kulmbach Der Bücherschrank des Lions Clubs am Holzmarkt ist noch immer nicht vollständig repariert. Auch rund ein halbes Jahr nach seiner mutwilligen Zerstörung fehlen noch immer die Glastüren. Nach jedem Regenguss werden die darin aufbewahrten Bücher nahezu unbrauchbar. Schuld an der Misere sind zwei junge Männer, die den Schrank samt den Büchern am 24. März kurz vor Mitternacht in Brand gesteckt und dabei einen Sachschaden von fast 9000 Euro angerichtet haben.

Einer der beiden Männer, ein 21-jähriger Berufsschüler und Praktikant aus Kulmbach, musste sich jetzt vor dem für Jugendsachen zuständigen Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner verantworten. Er wurde wegen Diebstahls und wegen der Sachbeschädigung zu einer Jugendstrafe von 90 Sozialstunden und zu einer sechs Monate andauernden sozialen Trainingsmaßnahme bei der Caritas verurteilt. Dabei war die Geschichte mit dem Bücherschrank nicht der einzige Anklagepunkt.

Noch in derselben Nacht vom 24. auf den 25. März dieses Jahres entwendete der Angeklagte zusammen mit seinem Kumpel einen Rattan-Tisch und einen dazugehörigen Stuhl vom Gelände der AWO-Seniorenwohnanlage. Auch das war noch nicht alles: gut zwei Wochen später brachen die beiden die Räumlichkeiten des türkischen Imbisses nahe der Kieswäsch auf. Die Beute: ein gefrorener Döner-Spieß und jede Menge Pizzen aus der Tiefkühltruhe.

Während der polizeilichen Ermittlungen hatte der Angeklagte bereits alles eingeräumt. Vor Gericht wollte er zunächst nicht so mit der Sprache heraus. Er habe an diesem Tag gesoffen und sei betrunken gewesen, sagte er schließlich. Mit Büchern hatte der junge Mann, der einräumte, an einer Lese- und Rechtschreibschwäche zu leiden, ohnehin nicht so viel am Hut. „Es ist halt passiert, ich kann es nicht mehr rückgängig machen“, sagte er genervt. Eine Zahlungsaufforderung vom Lions Club habe er bereits erhalten, bezahlt habe er aber noch nichts.

Was den Tisch und den Stuhl von der Seniorenwohnanlage angeht, so legte der Angeklagte großen Wert darauf, dass man beides wieder zurückgebracht habe, wenn auch erst ein paar Wochen später. Ein wirklicher Schaden sei also gar nicht entstanden. Den Einbruch in den türkischen Imbiss räumte er ebenfalls ein, konnte dafür aber keine Erklärung liefern. An Hunger habe es aber nicht gelegen, schließlich war ja alles tiefgefroren.

Auch den Termin bei der Jugendgerichtshilfe, in dem der persönliche Werdegang erörtert werde sollte, ließ der Angeklagte trotz Vorladung unentschuldigt sausen. Immerhin war von ihm selbst zu erfahren, dass er einen Förderschulabschluss hat und derzeit ein Praktikum bei einem Handwerksbetrieb absolviert. Ansonsten war sein Lebensweg geprägt von familiären und schulischen Problemen. Auch wegen Drogenbesitzes wurde er schon einmal verurteilt.

Die letztlich verhängte Strafe von 90 unentgeltlichen und gemeinnützigen Arbeitsstunden nach näherer Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung und die Teilnahme an einer sozialen Trainingsmaßnahme hatte bereits die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer gefordert. Dabei handelt es sich um eine, im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht wesentlich mildere Jugendstrafe. Dabei soll der Resozialisierungsgedanke und nicht die Bestrafung im Vordergrund stehen. Möglich ist die nur, weil der Angeklagte zur Tatzeit das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und aufgrund seiner verzögerten Entwicklung eher einem Jugendlichen, als einem Erwachsenen gleichzusetzen ist.

Richter Berner sprach in seiner Urteilsbegründung von einer „selten sinnlosen Aktion“.  „Diese Tat ist an Sinnlosigkeit kaum zu überbieten“, sagte er. Der Angeklagte sei gerade noch mal um einen Jugendarrest herumgekommen, schließlich war ein relativ hoher Sachschaden entstanden.

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14.09.2021

Smartphones, Laptops und eine Kamera online vertickt aber nie geliefert / 42-jähriger Kulmbacher wegen Ebay-Betrugs im großen Stil vor Gericht

Kulmbach. Wegen einer ganzen Serie von Ebay-Betrügereien muss sich ein 42-jähriger Mann aus Kulmbach seit Dienstag vor dem Schöffengericht verantworten. Der Angeklagte hatte Smartphones, Laptops und eine hochwertige Kamera im Internet hauptsächlich bei Ebay, vereinzelt aber auch bei anderen Online-Plattformen wie dem Facebook Marketplace oder bei Shpock zum Kauf angeboten, die Ware nie geliefert, aber das Geld einbehalten. Weil der Mann aufgrund einer Erkrankung zeitlich nur beschränkt verhandlungsfähig ist, wurde der Prozess auf zwei Wochen vertagt.

Insgesamt sind es zehn Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs, die der Staatsanwalt für die Zeit von Ende 2018 bis Anfang 2020 auflistet. Gewerbsmäßig deshalb, weil der Angeklagte mit den Scheingeschäften eine nicht unerhebliche Einnahmequelle generierte und damit zumindest eine Zeitlang seinen Lebensunterhalt bestritt. Den Gesamtschaden, den er durch seine Betrügereien angerichtet hatte, beziffert die Anklage auf rund 4200 Euro.

„Ich gebe alles zu“, sagte der Mann zu Beginn der Verhandlung. Daraufhin bremste ihn sein Pflichtverteidiger Frank Stübinger erst einmal aus. So pauschal wird das alles nicht eingeräumt“, stellte der Anwalt klar. Tatsächlich will der Angeklagte zumindest zwei Notebooks tatsächlich besessen und auch verschickt haben. Angekommen sind sie den bisherigen Ermittlungen zufolge trotzdem nicht. Die beiden Käufer müssen deshalb wahrscheinlich zum nächsten Termin anreisen und als Zeugen aussagen. Auch der Verkauf der Kamera ist unklar. Der Apparat hatte wohl seiner damaligen Lebensgefährtin gehört, die nicht in Kulmbach lebt. Wo die Kamera geblieben ist, weiß keiner der Beteiligten.

Hintergrund der Taten ist, dass der Angeklagte ausschließlich von einer Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 321 Euro im Monat leben muss. Allein seine Miete liegt aber schon bei 400 Euro. Deshalb habe er bislang auch nichts zurückzahlen können. „Es ist alles für den täglichen Bedarf draufgegangen“, sagte er.

Dem Angeklagten wird außerdem ein Diebstahl vorgeworfen. Er soll in der Wohnung eines Bekannten im Ruhrgebiet dessen Mobiltelefon im Wert von 1249 Euro geklaut haben. Das stimme definitiv nicht, behauptete der Mann. Das Handy sei von Anfang für ihn bestimmt gewesen, er habe monatlich die Vertragskosten in Höhe von 40 Euro überwiesen.

Die Vorsitzende des Schöffengerichts Nicole Allstadt deutete bereits an, dass weitere Anklagen wegen ähnlicher Delikte anhängig sind. Ob Strafen im Fall einer Verurteilung aber jemals vollstreckt werden könne sei fraglich, sagte die Richterin spielte damit wohl auf die desolate finanzielle Situation des Mannes genauso wie auf seinen schlechten Gesundheitszustand an.

Die Verhandlung wird mit der Einvernahme weiterer Zeugen am 28. September fortgesetzt.

28.09.2021

Mit Scheingeschäften 4000 Euro ergaunert / E-Bay-Betrugsserie: Haftstrafe gegen 42-jährigen Kulmbacher

Kulmbach. Wegen einer E-Bay-Betrugsserie hat das Schöffengericht einen 42-jährigen Mann aus Kulmbach zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann in sechs Fällen Smartphones auf verschiedenen Internet-Plattformen verkauft, aber nie geliefert hat. Damit richtete er einen Gesamtschaden von rund 4000 Euro an. Weil der Angeklagte auch noch ein weiteres Smartphone im Wert von rund 1200 Euro bei einem Bekannten geklaut hatte, lautete der Urteilsspruch auf Betrug in sechs Fällen und auf Diebstahl.

Ob der Mann die Strafe auch tatsächlich absitzen muss, steht in den Sternen. Hintergrund ist, dass er an einer schweren Krankheit leidet. Sie führte dazu, dass er bereits 2015 seinen Beruf als Kraftfahrer an den Nagel hängen musste und zum Frührentner erklärt wurde. Die kleine Erwerbsunfähigkeitsrente reicht aber hinten und vorne nicht aus, so dass er sich mit den E-Bay-Betrügereien eine fortlaufende Einnahmequelle verschaffen wollte. Das Gericht stufte die Taten deshalb auch als gewerbsmäßig ein, was sich strafverschärfend auswirken sollte.

Die Krankheit des Angeklagten ist auch der Grund dafür, dass man an zwei verschiedenen Tagen verhandeln musste, da der Mann nur beschränkt verhandlungsfähig war und nur eine bestimmte Verhandlungsdauer zugelassen war. Bereits eine Haftstrafe aus dem Jahr 2017 musste der Angeklagte aufgrund seiner Haftunfähigkeit nicht antreten. Sie wurde vorerst auf das Jahr 2023 vertagt.

Insgesamt waren es zehn Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs, die die Anklage für die Zeit von Ende 2018 bis Anfang 2020 aufgelistet hatte. Vier davon wurden im Laufe der Verhandlung eingestellt, da Einzelheiten nicht mehr genau nachvollzogen werden konnten. Den Schaden, den der Mann durch die Scheingeschäfte angerichtet hatte, wurde dennoch auf knapp 4000 Euro beziffert. Bereits am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte die Taten weitgehend eingeräumt. Das Geld sei für den täglichen Bedarf draufgegangen, erklärte er.

Die letztlich auch verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren hatte bereits die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gefordert. Der Angeklagte habe nicht unerhebliche Schäden angerichtet, sei bereits vielfältig und auch einschlägig, also wegen Betrugs, vorbestraft und habe deshalb sogar schon Haftstrafen verbüßen müssen. Aufgrund der Gesamtumstände reiche es nicht für eine positive Sozialprognose, die für eine Bewährungsstrafe notwendig wäre. Selbst Verteidiger Frank Stübinger hatte nicht genügend Argumente, die für eine Bewährungsstrafe gesprochen hätten. Allerdings fiel sein Antrag mit einem Jahr und acht Monaten niedriger aus.

Das Schöffengericht unter Nicole Allstadt schloss sich schließlich der Staatsanwaltschaft an und entschied auf zwei Jahre. Die vorsitzende Richterin rechnete es dem Angeklagten dabei hoch an, dass er keinen Hehl aus seinen Betrugstaten gemacht und sich geständig und kooperativ verhalten hatte. „Das zeigt, dass ein gewisses Unrechtsbewusstsein vorhanden ist“, sagte Allstadt. Freilich steht die Strafe aufgrund der schweren Erkrankung erst einmal auf dem Papier. Wann und gegebenenfalls ob der Angeklagte überhaupt ins Gefängnis muss, ist völlig offen.

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10.09.2021

Streit auf Supermarktparkplatz war eskaliert / 53-jährger Monteur aus dem Bamberger Landkreis muss 900 Euro an gemeinnützige Einrichtung bezahlen

Kulmbach. Wegen eines Abbiegefehlers waren sich ein Monteur aus Scheßlitz und ein vietnamesischer Koch aus Kulmbach so in die Haare geraten, dass die lautstarke Auseinandersetzung in wüsten Beschimpfungen und Bedrohungen endete. Vor dem Amtsgericht bekam der 53-jährige Monteur dafür jetzt die Quittung. Das Verfahren gegen ihn wurde zwar eingestellt, doch muss er als Auflage 900 Euro an eine wohltätige Organisation überweisen.

Die Streithähne wollten am Samstagnachmittag des 16. Januar dieses Jahres mit ihren Fahrzeugen gerade den Real-Parkplatz verlassen und rechts in die Albert-Ruckdeschel-Straße einbiegen. Der Monteur hat dabei wohl vergessen, zu blinken, da fuhr der Koch einfach links um ihn herum. Der Angeklagte zeigte ihn daraufhin den Vogel. Damit hätte das Ganze eigentlich schnell beendet sein können.

Doch ganz im Gegenteil. Beide bogen im Anschluss auf den Aldi-Parkplatz ein, wo es zu einer wüsten Schreierei mit den übelsten Ausdrücken kam. Der Vietnamese ist dabei unglaublich ruhig geblieben und hat eigentlich gar nichts gesagt“, erinnerte sich eine unmittelbare Zeugin des Vorfalls, eine 52 Jahre alte Journalistin aus dem Kulmbacher Raum an das Geschehen. Der Angeklagte habe dagegen aufgedreht. „Er ist immer wütender geworden, die Beschimpfungen sind immer mehr entgleist“, so die Zeugin.

Konkret soll er den Vietnamesen unter anderem als „Idioten“, „Kanaken“, „Sozialschmarotzer“ und „chinesische (!) Virenschleuder“ bezeichnet haben. Anschließend habe er dem Vietnamesen den Weg zum Aldi-Markt versperrt und gedroht haben: „Mein nächsten Mal fahr ich dich tot“.

„Hier werden Märchen erzählt“, tönte der Angeklagte zunächst lautstark im Gerichtssaal. Seine Verteidigerin Maren Basler aus Bamberg konnte ihren Mandanten gerade noch bremsen und erläuterte, dass der Angeklagte aufgrund mehrerer schwerer Erkrankungen emotional sehr aufgebracht sei. Sein aufbrausendes Verhalten ist nicht böswillig gemeint“, sagte die Rechtsanwältin. Normalerweise gehe ihr Mandant aufgrund seiner Erkrankungen jeder Auseinandersetzung aus dem Weg.

Leider nicht an jenem Samstagnachmittag in Kulmbach. Der Angeklagte räumte den Vorfall zwar ein, relativierte das Geschehen allerdings. So habe er den Vietnamesen zwar beleidigt, aber nicht bedroht, schon gar nicht mit dem Tod. Außerdem seien auch von Seiten des Vietnamesen Beleidigungen in seiner Richtung gefallen. Auch den vergessenen Blinker stellte der Angeklagte in Abrede. Er sei in seinem Leben schon mindestens drei Millionen Kilometer gefahren, da wisse er genau, wann er zu Blinken habe, und wann nicht.

Der Vietnamese räumte ein, nicht alles verstanden zu haben. Den gezeigten Vogel konnte er aber schon deuten und, dass es Schimpfworte waren, das habe er sehr wohl kapiert. „Der war total aggressiv, ich fühlte mich schon bedroht“, sagte der Vietnamese.

Aufgrund der schweren Beleidigungen und Beschimpfungen, die sich über mehrere Minuten hinzogen, hatte die Augenzeugin per Handy die Polizei verständigt. „Beim nächsten Mal mach ich dich platt, so dass du nicht mehr aufstehst“, diese Worte hatte die Zeugin ganz genau verstanden. Ob der der Vietnamese das allerdings auch so verstanden hatte, darüber kamen schnell Zweifel auf. Zum einen sprach er gar nicht deutsch, so dass ihn im Gerichtssaal wurde eine Dolmetscherin zur Seite gestellt werden musste. Zum anderen konnte er sich gar nicht mehr an die Worte, die gefallen waren erinnern.

Verteidigerin Basler warf dabei die Frage auf, ob man jemanden beleidigen oder mit Worten bedrohen kann, der das Gesagte gar nicht versteht. Kurzerhand ersparte sich das Gericht die Einvernahme weiterer Zeugen und beendete das Verfahren per Einstellung. Die 900 Euro aus der Geldauflage sollen an die Deutsche Hirntumorhilfe e.V., eine unabhängige, gemeinnützige Organisation zur Förderung der neuroonkologischen Forschung, gehen.

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09.09.2021

Ein Auto, vier Betrogene / Zahlungsfähigkeit vorgetäuscht: 41-jähriger Mann muss ins Gefängnis

Kulmbach. Wegen vier Betrugsverfahren, die sich alle um ein und dasselbe Fahrzeug drehen, musste sich ein 41-jähriger Mann aus dem Landkreis vor dem Amtsgericht verantworten. Am Ende schickte ihn Richterin Sieglinde Tettmann für ein Jahr hinter Gitter. Grund dafür war unter anderem, dass er 15 Eintragungen in seinem Vorstrafenregister hatte, die Betrügereien während einer offenen Bewährung in anderer Sache begangen hatte und eine hohe kriminelle Rückfallgeschwindigkeit an den Tag legte. Hafterfahrung hat der Betreiber eines Hausmeisterservice bereits. Zum einen musste er bereits mehrere Freiheitsstrafen verbüßen, zum anderen wurde er in Fußfesseln aus der JVA vorgeführt, weil gerade eine weitere Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.

Der Angeklagte hatte „unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit“, bei einem Privatmann einen BMW für 5000 Euro erworben. Für die Anzahlung von 300 Euro und eine erste Rate von gut 400 Euro reichte es gerade noch, auf den Restbetrag wartet der Verkäufer noch heute. Dann schloss der Angeklagte per Internet eine Haftpflichtversicherung ab, erhielt auch gleich eine vorläufige Deckungszusage, doch konnte er nicht einmal die Erstprämie in Höhe von 450 Euro begleichen.

Doch damit noch lange nicht genug. Vier Wochen später fuhr er mit dem Wagen bei einem Pfandleihhaus in Nürnberg vor, versetzte das Auto, das ihm ja gar nicht gehörte, und mietete es gleichzeitig gegen eine monatliche Gebühr zurück. Auf der Miete in Höhe von knapp 150 Euro pro Monat blieb das Pfandleihhaus mehrere Monate lang sitzen. Zu alle Überfluss wurde kurz darauf auch noch eine größere Reparatur fällig, weil eine Bremse und ein Radlager erneuert werden mussten und die hintere Achse eine Beschädigung aufwies. Auf die gut 3000 Euro wartet das Autohaus in Naila vergebens. Allerdings hat das Autohaus das Fahrzeug kurzerhand einkassiert und unter Verschluss gestellt.

In der Hauptverhandlung blieb dem Angeklagten nichts anderes übrig, als alles zuzugeben. Er habe das Auto damals gebraucht, um zur Arbeit zu kommen, erklärte er. So habe er sich einfach nicht anders zu helfen gewusst. Natürlich sei ihm klar gewesen, dass er ein Auto, das ihm gar nicht gehört, nicht so einfach versetzen darf.

„Er hatte angegeben, dass er das Fahrzeug geerbt hat“, erinnerte sich der Filialleiter des Nürnberger Autohauses. Im Kaufvertrag habe er versichert, dass ihm das Auto gehört. Der Servicemeister des Nailaer Autohauses gab an, dass Barbezahlung bei Abholung vereinbart gewesen sei. Nun stehe das Auto auf dem Werksgelände und niemand sei dafür zuständig. „Hätte ich ihn gekannt, dann hätte ich mich nicht auf eine Ratenzahlung eingelassen“, sagte der Verkäufer des Wagens, ein 32-jähriger Mechaniker aus Ahornberg. Der Mann hat inzwischen auch eine Rechtsanwältin eingeschaltet, um vielleicht doch noch an sein Geld zu kommen. Die Chancen dafür stehen schlecht, denn der Angeklagte hatte bereits die eidesstattliche Versicherung abgelegt. Wenn er jetzt seine Gefängnisstrafe absitzt, wird er die offenen Rechnungen kaum begleichen können.

Eine mit einem Jahr und zwei Monaten noch höhere Gefängnisstrafe hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer beantragt. „So viele Vorstrafen, immer wieder neue Straftaten und nicht einmal eine offene Bewährung dient dem Angeklagten als Warnschuss“, zeigte sich der Vertreter der Anklagebehörde fassungslos. Verteidiger Werner Brandl sah dagegen eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten als ausreichend an. Sein Mandant arbeite daran, seine finanziellen Verhältnisse in Ordnung zu bringen und sei jetzt selbständig tätig, erklärte der Anwalt.

Richterin Tettmann konnte dem nicht beipflichten. Unter anderem sprächen die vielen Vorstrafen und der hohe Schaden eindeutig dagegen. „Ein Auto, das einem nicht gehört, kann man nicht verkaufen“, erläuterte sie noch einmal. Deshalb sei eine Gefängnisstrafe unumgänglich. Dabei hielt sie dem Angeklagten aber auch zu Gute, dass er sich nicht persönlich bereichern wollte, sondern, dass es ihm lediglich darum ging, über die Runden zu kommen.

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09.09.2021

Freie Meinung gegen Volksverhetzung / Twitter-Posts gegen Flüchtlinge: 55-jähriger Mann aus dem Landkreis zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Wegen Volksverhetzung hat das Amtsgericht einen 55-jährigen Handwerker aus dem Landkreis zu einer Geldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (1400 Euro) verurteilt. Der Mann hatte über seinen Twitter-Account insgesamt sieben Posts veröffentlicht, die nach Ansicht von Gericht und Staatsanwaltschaft dazu geeignet waren, den öffentlichen Frieden zu stören.

Konkret hatte der Mann unter anderem dazu aufgerufen, „Invasoren“ zurückzuschicken, die Bundeswehr einzusetzen, „um Deutschland gegen Invasoren zu schützen“, und die „feindliche Übernahme durch Invasoren“ zu verhindern. Auch von „Parasiten“ war dabei mehrfach die Rede.

Seine Posts hätten sich ausschließlich gegen diejenigen gerichtet, die Grenzzäune stürmen und die sich gewaltsam Zutritt zu einem anderen Land verschaffen, verteidigte sich der 55-Jährige. Niemals habe er zu Gewalt gegen Flüchtlinge aufgerufen. Er habe ja auch das Wort Flüchtlinge in keinem der Posts erwähnt. Invasoren seien seiner Meinung nach Gewaltverbrecher. „Leute, die Grenzzäune stürmen, sind keine Migranten“, so die Ansicht des Angeklagten. Außerdem gebe es an den deutschen Grenzen ja gar keine Zäune.

Da sich das Wort „Invasoren“ wie ein Roter Faden durch die Posts zog, legte Verteidiger Ralph Pittroff eine Definition des Wortes vor. Darin hieß es: „Invasoren sind Menschen, die unter Androhung oder Anwendung von Gewalt in fremdes Hoheitsgebiet eindringen“. Damit sah Pittroff die Einlassung seines Mandanten bestätigt. Darüber hinaus sah der Verteidiger die Twitter-Nachrichten völlig aus dem Zusammenhang gerissen. So habe sein Mandant lediglich auf die Kommentare anderer Twitter-Nutzer geschrieben. Eine der Nutzerinnen war die frühere langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete und Bundesvertriebenenpräsidentin Erika Steinbach, die bereits vor Jahren aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik aus ihrer Partei ausgetreten war.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft nannte die Einlassungen des Angeklagten und seines Verteidigers Augenwischerei. Der Bezug zu nach Deutschland einreisenden Flüchtlingen sei eindeutig. Der Anklagevertreter beantragte deshalb eine deutlich höhere Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro (4200 Euro). Im Strafbefehl, den der Angeklagte zuvor erhalten und gegen den er Einspruch eingelegt hatte, war sogar von 120 Tagessätzen mal 40 Euro (4800 Euro) die Rede.

Verteidiger Ralph Pittroff sah dagegen keinen Tatnachweis erbracht, dass sein Mandant tatsächlich Flüchtlinge gemeint und zum Hass angestachelt habe. Sein Mandant habe lediglich auf andere Posts geantwortet. Da man deren Wortlaut nicht kenne, fehle der Gesamtzusammenhang. Pittroff: „Einen rechtlich relevanten Zusammenhang zu Flüchtlingen gibt es nicht.“ Der Verteidiger brachte außerdem das Grundgesetz ins Spiel, das ein Recht auf freie Meinungsäußerung vorsieht. Somit sei kein strafbares Verhalten gegeben, sagte Pittroff und forderte Freispruch.

Der Post sei ganz klar gegen Flüchtlinge gerichtet gewesen, meinte dagegen Richterin Sieglinde Tettmann in der Urteilsbegründung. Allerdings setzte sie die Strafe deutlich niedriger an. Weil der Mann derzeit keine Arbeit hat und von Hartz IV lebt, legte sie den Tagessatz auf nur zehn Euro fest, so dass die Gesamtstrafe bei 1400 Euro und nicht wie noch im Strafbefehl bei 4800 Euro liegt. Die Menschen, die Grenzzäune stürmen sind ja Flüchtlinge, sagte die Richterin. Wenn der Angeklagte die Bundeswehr dazu aufrufe, gegen diese Menschen vorzugehen, dann sei das eine Anstachelung zu Hass und Feindseligkeit vor Millionen potentiellen Twitter-Nutzern.

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08.09.2021

Sexuelle Übergriffe in Jugendhilfeeinrichtung / 20-Jahre alter Bewohner zu Jugendstrafe verurteilt

Kulmbach. Wegen der Vergewaltigung eines Mitbewohners in der Jugendhilfeeinrichtung Fassoldshof hat das Amtsgericht in Kulmbach einen 20-jährigen ehemaligen Bewohner zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Der junge Mann hatte zugegeben, in mehreren Fällen sexuelle Handlungen an dem Gleichaltrigen vorgenommen zu haben. Der Urteilsspruch lautete deshalb auf Vergewaltigung, weil die Handlungen des Angeklagten in vier Fällen mit einem Eindringen in den Körper des Mitbewohners gegen dessen Willen verbunden waren.

Glück im Unglück war es für den Angeklagten, dass er aufgrund erheblicher Reifeverzögerungen und einer in ganz besonderem Maß belastenden Biographie nach dem wesentlich milderen Jugendstrafrecht, bei dem der Erziehungsgedanke und nicht die Strafe im Vordergrund steht, verurteilt wurde. „Nach Erwachsenenstrafrecht wäre der Angeklagte für mehrere Jahre der Freiheit beraubt worden“, sagte der für Jugendsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner in der Urteilsbegründung. Soll heißen: Nach Erwachsenenstrafrecht wäre der Angeklagte im Gefängnis gelandet.

Das Schöffengericht verhängte gegen den Angeklagten außerdem eine ganze Reihe von Auflagen. So muss der junge Mann 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten, künftig jede zumutbare Arbeitsstelle annehmen und bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Begeht er in den kommenden drei Jahren eine Straftat, so muss er die zwei Jahre doch noch absitzen.

Mit einer Bewährungsstrafe kam der Angeklagte vor allem auch deshalb davon, da er über seinen Pflichtverteidiger Tobias Liebau aus Bayreuth sämtliche Taten in vollem Umfang einräumen ließ. Damit konnte das Gericht auf die Einvernahme sämtlicher Zeugen, vor allem aber auch auf des Opfers verzichten. Der Verhandlungstag wurde damit nicht nur entscheidend abgekürzt, dem Mitbewohner wurde auch eine peinliche Befragung erspart.

Laut Verteidigung gab es zwischen dem Angeklagten und dem Mitbewohner eine Beziehung, wenn auch „eine schwierig zu beurteilende Beziehung“, wie er es nannte. Beide seien füreinander dagewesen, sagte der Anwalt. „Wir waren ziemlich gute Freunde“, so der Angeklagte. Irgendwann habe dann einer mehr als der andere gewollt, womit der Angeklagte sich selbst meinte. Mittlerweile habe er die Einrichtung auf eigenen Wunsch verlassen und lebe in der Nähe seiner Mutter in Niederbayern.

Klar wurde während der Verhandlung aber auch, dass der Mann ganz offensichtlich ein medizinisches Problem hat. So war er aufgrund von Verhaltensstörungen zuletzt in einem psychiatrischen Krankenhaus stationär in Behandlung. Zur Sprache kamen auch früherer Drogengeschichten und ein zur Tatzeit ausschweifender Alkoholmissbrauch. Eine Vorstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung hatte der Angeklagte bereits.

Mit dem Urteil folgte das Schöffengericht exakt der Forderung von Staatsanwalt Stefan Käsbohrer. Der Anklagevertreter verhehlte seine Zweifel daran nicht, ob der Angeklagte die Bewährung straffrei durchsteht. Probleme sind vorprogrammiert, mit Blick auf die Überforderungssituation, in der sich der Angeklagte nach abgebrochener Malerlehre derzeit befindet. Verteidiger Liebau hatte ebenfalls auf eine Bewährungsstrafe, allerdings nur in der Höhe von eineinhalb Jahren plädiert.

Irgendwie habe das Ganze etwas unerklärliches, sagte Richter Berner in seiner Urteilsbegründung. Er spielte damit zum einen auf die Schwere der Sexualstraftaten an, zum anderen aber auch auf die Beziehung, die Täter und Opfer führten. So soll das Opfer ausgerastet sein, als es erfuhr, dass der Angeklagte wegen der seiner Taten die Einrichtung verlässt. Das Opfer hatte sogar ein eigenes Strafverfahren bekommen, weil es den Angeklagten daraufhin gewürgt hatte.

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03.09.2021

Crystal und Heroin am Autohof / Drogenprozess wegen mangelhafter Videoaufzeichnung geplatzt

Kulmbach/Himmelkron. Nicht immer kann man sich auf die Aufzeichnungen von Überwachungskameras verlassen. Im Fall eines 38-jährigen Mannes aus Bad Berneck, der sich wegen eines Rauschgiftdelikts vor dem Amtsgericht in Kulmbach verantworten muss, hat Richterin Sieglinde Tettmann jetzt sogar eine Aufbereitung der Videoaufzeichnung durch das Bundeskriminalamt veranlasst. Der Aufwand ist durchaus gerechtfertigt, geht es doch für den Angeklagten darum, ob er für mindestens ein Jahr ins Gefängnis muss, oder nicht.

Der Mann und eine Begleiterin waren vor gut einem Jahr, am 10. Juli 2020 kurz vor Mitternacht, einer Zivilstreife am Autohof in Himmelkron aufgefallen. Als sich die Beamten zu erkennen gaben, wurde der Angeklagte hektisch, so dass sich die Beamten schnell für eine ganzheitliche Kontrolle entschieden. Sie fanden eine Spritze mit einem Rest Heroin, verschiedene Drogenutensilien, eine größere Menge Bargeld in drogentypischer, also relativ kleiner Stückelung und ein verbotenes Springmesser.

Wichtigster Fund war jedoch ein kleines schwarzes Stoffsäckchen, in dem sich eingeschweißt in einer Druckverschlusstüte mehrere Gramm Crystal Meth befanden. Das Säckchen fanden die Ermittler allerdings weder am Körper des Mannes, noch in seinem Auto, sondern auf dem Boden. Lag es da schon oder hat es der Angeklagte schnell weggeworfen? Das waren die Fragen, die das Gericht klären muss. Der Angeklagte bestritt nämlich, mit dem Rauschgift irgendetwas zu tun zu haben.

Fest steht allerdings auch, dass auf dem Säckchen DNA-Spuren des Angeklagten zu finden waren. Doch diese Spuren könnten ja auch übertragen worden sein, beispielsweise durch einen der Polizeibeamten, die zuerst den Angeklagten durchsuchten und dann das Stoffsäckchen sicherstellten.

Zwei der Beamten von der PI Stadtsteinach erklärten, dass sie noch am Autohof alles nur erdenkliche in die Wege geleitet hatten, als bekannt wurde, dass der Angeklagte einschlägig vorbelastet ist. Eine Wohnungsdurchsuchung wurde veranlasst, ein Spürhund angefordert, denn die Fahnder erkannten schnell, dass am Armaturenbrett des Wagens schon einmal manipuliert wurde. Wie das Stoffsäckchen mit der Druckverschlusstüte allerdings auf den Boden kam und wer es wann angefasst hatte, das konnte nach so langer Zeit mit hundertprozentiger Sicherheit keiner mehr sagen.

Aufklärung erhoffte man sich im Gerichtssaal durch die Videoüberwachung der Tankstelle, die alles im Bild festgehalten hatte. Doch alle Beteiligten wurden enttäuscht. Der Tankstellenbetreiber hatte damals wohl nur eine einfache Programmversion, bei der mitten im Bild eine Art Wasserzeichen Teile des Geschehens verdeckte. Man sah zwar den Angeklagten und die Polizeibeamten, auch das Stoffsäckchen mit den Drogen war zu erkennen, doch wie es auf den Boden gekommen war, konnte man nicht erkennen.

„Indizien gibt es, die gegen den Angeklagten sprechen“, sagte Richterin Tettmann, ob die allerdings für eine Verurteilung ausreichen, das sei fraglich. Nun soll die Aufzeichnung mit Hilfe von Spezialisten technisch so aufbereitet werden, dass der Weg des Stoffsäckchens lückenlos nachfolgzogen werden kann. Stellt sich heraus, dass der Angeklagte es loswerden wollte, erwartet ihn wohl eine Gefängnisstrafe, denn er wurde bereits vor geraumer Zeit wegen eines Drogendeliktes zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Ein neuer Termin wird nun von Amts wegen bestimmt.

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02.09.2021

Keine Drogen, kein Schlüssel, kein Führerschein / Aussage gegen Aussage: Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen Geldauflage eingestellt

Kulmbach. Der Aufwand hat sich für die Angeklagte gelohnt: einer 45 Jahre alten Frau aus Linz wurde von der Staatsanwaltschaft wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ein Strafbefehl in Höhe von 2500 Euro zugestellt. Dagegen legte sie Einspruch ein. Mit Erfolg: Vor dem Amtsgericht in Kulmbach wurde das Verfahren jetzt eingestellt, gegen eine Geldauflage von 120 Euro zu Gunsten einer gemeinnützigen Organisation. Der Betrag wurde deshalb so niedrig angesetzt, weil die Frau angeblich kein Einkommen hat. Die Verfahrenskosten gingen zu Lasten der Staatskasse.

Dabei dürften diese Kosten weit über den Betrag der Geldauflage liegen. Ein Zeuge reiste aus dem Raum Gütersloh an, der andere aus Bonn, die Angeklagte kam eigens mit dem Zug aus Linz, ihr Verteidiger aus Brandenburg. Der Österreicherin wurde vorgeworfen, im Oktober 2019 mit dem Auto zwischen Grafengehaig und Walberngrün gefahren zu sein, ohne einen Führerschein zu besitzen. Im Kulmbacher Oberland hatte sie für ein paar Tage zusammen mit drei Männern aus Nordrhein-Westfalen ein Ferienhaus gemietet. Was die vier Personen, die sich im Internet kennengelernt und verabredet hatten, dort zusammenführte, darüber wurde vor Gericht nicht gesprochen.

Irgendetwas muss der Vermieterin aber seltsam vorgekommen sein, zumal einer der beiden Schlüssel für das Ferienhaus plötzlich verschwunden war. Die Vermieterin durchsuchte den Müll und fand einige Dinge, die auf Drogenkonsum hinwiesen. Also schaltete die Vermieterin die Polizei ein, Das mit dem Drogenkonsum stellte sich zwar später als nicht zutreffen heraus und auch die Sache mit dem Schlüssel klärte sich wieder auf, denn den hatte die Angeklagte versehentlich eingesteckt. Trotzdem waren die Beamten schon mal am Ermitteln und fanden heraus, dass die Angeklagte vorbestraft war und keinen Führerschein besitzt. Die Vermieterin hatte aber angegeben, dass die Frau mit dem Auto gefahren sei. So war die Sache ins Rollen gekommen.

Auch vor Gericht blieb die Vermieterin bei ihrer Aussage: „Ich bin mit ganz sicher, die Angeklagte ist gefahren“. Und zwar mit dem Fahrzeug des 56-jährigen Besitzers aus Gütersloh. „Stimmt gar nicht“, sagte der Mann in seiner Zeugenaussage entschlossen. Er habe die Frau am Bahnhof abgeholt und sei die ganze Zeit selbst am Steuer gesessen.

Über ihren Verteidiger Thomas Köntopp ließ die Frau erklären, dass sie zu keinem Zeitpunkt am Steuer saß. Sie vermutete hinter den Anschuldigungen der Vermieterin eine Art Racheakt. Zum einen habe die Vermieterin wohl gemeint, dass man dort zusammen Drogen konsumiert habe, zum anderen habe sie versehentlich den Schlüssel eingesteckt, ihn aber einige Tage später umgehend mit einem Entschuldigungsbrief wieder zurückgeschickt. Außerdem seien alle Beteiligten vorzeitig abgereist, was der Vermieterin wohl auch nicht gepasst habe.

Nach langem Hin und Her und mehreren Gesprächen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigte man sich schließlich darauf, das Verfahren einzustellen. Andernfalls hätte man wohl einen Fortsetzungstermin benötigt, zu dem dann wieder alle Beteiligten aus allen Himmelsrichtungen hätten anreisen müssen. Außerdem hätte das Gericht dann weitere Zeugen gebraucht.

Die Einstellung soll aber ausdrücklich kein Schuldeingeständnis seiner Mandantin sein, darauf legte der Verteidiger großen Wert. Die Geldauflage setzte Richterin Sieglinde Tettmann zu Gunsten der Organisation German Doctors fest.

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26.08.2021

Randale im Friseursalon / 43-jährige Kulmbacherin wegen Beleidigung verurteilt

Kulmbach. Nur einen Tag, nachdem sie wegen einer Trunkenheitsfahrt vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, hat eine 43-jährige Frau aus Kulmbach im Friseursalon im Einkaufszentrum Fritz so richtig aufgedreht. Sie erschien mit mehreren Flaschen Rotwein, nahm immer wieder einen kräftigen Schluck daraus, grölte herum, beschimpfte das Personal mit unflätigen Worten und zur Krönung pinkelte sie auch noch mitten in den Salon. Wegen Beleidigung in zwei Fällen ist sie jetzt zu einer Geldstrafe von 1200 Euro (120 Tagessätze zu jeweils 10 Euro) verurteilt worden.

Der 19-jährigen Auszubildenden war während ihrer Zeugenaussage der Schreck noch immer anzumerken. „Ich dachte, ich bin im falschen Film“, sagte die junge Frau. Sie sei damals total überfordert gewesen und habe sich nicht mehr zu helfen gewusst. Deshalb rief sie ihre Chefin an, die ausgerechnet an diesem Tag Urlaub hatte. Die Chefin eilte, nichts Gutes ahnend, sofort herbei. Die 40-jährige Friseurin wusste aber ebenfalls nicht, wie ihr geschieht. Nachdem ihr die Polizei erklärt hatte, dass sie wegen einer anderen Sache keine Streife schicken könne, habe sie die Security des Centers herbeigerufen. Die führten die Frau schließlich aus dem Salon und erteilten ihr Hausverbot. Zuvor sei die Frau absolut aggressiv gewesen, dann sei sie über dem Waschbecken kurzzeitig eingeschlafen, um danach noch mehr herumzubrüllen. Fremdschämen sei angesagt gewesen, als die Angeklagte auch noch in den Laden urinierte.

Vor Gericht gab die Angeklagte an, keinerlei Erinnerungen mehr an diesen Tag zu haben. In Abrede wollte sie den Vorfall allerdings nicht stellen. Sie hatte sich bereits telefonisch für alles, was vorgefallen war, entschuldigt, und tat dies auch jetzt noch einmal persönlich bei der Chefin und ihrer Auszubildenden.

Die Angeklagte gab an, unter massiven Alkoholproblemen zu leiden. Gleich nach dem Vorfall sei sie zur Entgiftung im Bezirkskrankenhaus gewesen, mittlerweile mache sie eine stationäre Langzeittherapie. Damals habe sie jeden Tag getrunken, immer Rotwein, manchmal schon ab dem Vormittag.

Zehn Vorstrafen hatte sie bereits in ihrem Register, darunter auch einschlägige, also wegen Beleidigung und wegen Trunkenheit im Verkehr. Zuletzt wurde sie am 8. April dieses Jahres zu 900 Euro Geldstrafe verurteilt, weil sie mit satten drei Promille Alkohol im Blut gegen eine Mülltonne gefahren war. Das war am 8. April dieses Jahres, und schon am 9. April kam es zu den unschönen Szenen im Friseursalon.

Schon allein wegen der hohen Rückfallgeschwindigkeit sah der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe für nicht mehr ausreichend an und plädierte auf fünf Monaten mit Bewährung. Weil die Frau eingesehen habe, dass sie etwas gegen ihre Alkoholsucht unternehmen muss, könne man eine günstige Sozialprognose stellen. Verteidiger Frank Laudam aus Bayreuth plädierte dagegen auf eine verminderte Schuldfähigkeit seiner Mandantin, weil die Frau bereits in alkoholisiertem Zustand den Friseursalon betreten hatte. Der Rechtsanwalt sah eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (600 Euro) als ausreichend an.

Richterin Sieglinde Tettmann entschied sich schließlich zwar für eine Geldstrafe, setzte sie mit 1200 Euro jedoch doppelt so hoch an, wie vom Verteidiger beantragt. Die verminderte Schuldfähigkeit sei nicht auszuschließen, zumal mal man keinen Blutalkoholwert habe. Weil die Frau aber zwischenzeitlich entsprechende Maßnahmen zur Bekämpfung ihrer Sucht ergriffen habe, sei keine Bewährungsstrafe notwendig.

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20.08.2021

Nachbarn niedergestreckt und Tür eingetreten / 35-jähriger Kulmbacher schrammte haarscharf am Gefängnis vorbei

Kulmbach. Mitten auf der Bundesstraße B289 bei Mainleus hat ein 35-jähriger Kulmbacher vom Beifahrersitz aus im Wagen seiner Freundin bei voller Fahrt die Handbremse gezogen und in die Gangschaltung gegriffen. Die Frau legte sofort eine Vollbremsung hin und konnte schlimmeres verhindern. Dann soll der Mann seine Freundin aus dem Auto geworfen haben und im volltrunkenen Zustand alleine weitergefahren sein. Ursprünglich war dies alles als Eingriff in den Straßenverkehr sowie als Nötigung und Trunkenheit angeklagt. Doch daraus wurde nichts. Die Freundin hatte inzwischen ihre Aussage zurückgezogen, die Handbremse stellte sich als ohnehin defekt heraus und für die Trunkenheitsfahrt gab es keine Zeugen. Dem Gericht blieb nichts anderes übrig, als die Sache nach stundenlanger Verhandlung einzustellen.

Wenn der 35-Jährige aber trotzdem verurteilt wurde, dann deshalb, weil er rund vier Wochen danach einen Nachbarn niedergeschlagen und verletzt hatte. Außerdem trat der Angeklagte die Wohnungstür des Mannes ein und seine Brille ging zu Bruche. Unter der Einbeziehung eines früheren Urteils wurde er deshalb wegen vorsätzlicher Körperverletzung und zweifacher Sachbeschädigung zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.

Damit schrammte er haarscharf an einer Gefängnisstrafe vorbei, die der Vertreter der Staatsanwaltschaft bereits beantragt hatte. „Sie stehen mit einem Bein im Knast“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann bei der Urteilsverkündung zum Angeklagten. Hintergrund ist, dass der Angeklagte bereits 18 Vorstrafen hat. Nur die Tatsache, dass er eine feste Arbeitsstelle besitzt und vor kurzem Vater wurde, ließ noch einmal eine positive Sozialprognose zu. „Ich hoffe, dass sie diese letzte Chance auch nutzen“, sagte die Richterin zum Angeklagten.

Den hat noch immer alles gestört, erklärte der Angeklagte den Streit mit dem Nachbarn im Treppenhaus. Mal sei die Musik zu laut, mal der Fernseher, dann parke wieder das Auto falsch, so gehe es tagtäglich. Diesmal war es allerdings eine Auseinandersetzung mit der Freundin, die den Nachbarn auf den Plan rief. Er solle sich nicht einmischen, habe er noch gesagt, da sei es im Treppenhaus zu einer Schubserei gekommen, in deren Folge er dem Nachbarn mit der flachen Hand ins Gesicht schlug. Dabei sei dann wohl auch die Brille zu Bruch gegangen. Einen Tritt gegen die Tür bestritt der Angeklagte.

Der 61 Jahre alte Nachbar stellte die Sache ganz anders dar. Die Freundin des Angeklagten habe nur mit Schlafanzug und Bademantel bekleidet geklingelt und um Hilfe gebeten, weil ihr Freund auf sie losgegangen sei. Da sei auch schon der Angeklagte aufgetaucht und habe ausgeteilt. Unter anderem habe er durch die Schläge des Mannes eine blutende Wunde an der Nase erlitten, die im Klinikum behandelt werden musste. Danach sei er telefonisch von einem anonymen Anrufer bedroht werden. Er solle sich schon mal war, anziehen, hieß es da und weiter: „Die Tschechenmafia steht schon bereit“. Der Nachbar war sich sicher, dass der Angeklagte hinter den Anrufen steckt.

Wesentlich spektakulärer war dagegen der Vorfall auf der Bundesstraße bei Mainleus, der sich allerdings nicht mehr aufklären ließ. Zwar hatte eine völlig unbeteiligte Zeugin das streitende Paar am Straßenrand beobachtet und auch die Freundin, die damals zu Fuß ihren Weg fortsetzte hatte in der Folge weinend bei der Notrufzentrale angerufen, doch zog die Frau schon einen Tag später ihre Anzeige wieder zurück. Ursprünglich hatte sie ausgesagt, dass der Angeklagte alleine weitergefahren sei, obwohl er alkoholbedingt absolut fahruntüchtig war. Als die Polizei den Führerschein des Mannes kassierte, wurde der Frau wohl erst die Bedeutung ihrer Aussage bewusst und sie gab an, dass sie sich dermaßen über ihren Freund geärgert hatte, dass sie ihn drankriegen wollte.

Wie der Mann damals wirklich nach Hause gekommen war, blieb offen. Er selbst sagt, er hätte seine Eltern verständigt und sein Vater hätte ihn abgeholt. Die Freundin wiederum sagte aus, dass ihm seine Mutter nach Hause gefahren hatte. Für beides gab es Hinweise. „Die Frage ist nur, wen soll man glauben“, so Richterin Tettmann. Als Bewährungsauflage muss der Angeklagte 1500 Euro an den Bewährungshilfeverein Fähre e.V. zahlen oder wahlweise 150 Sozialstunden ableisten.

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19.08.2021

Marihuana in Mainleus: 22-Jähriger bei Verkehrskontrolle aufgeflogen / Handwerker aus dem Landkreis wegen mehrerer Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt

Kulmbach. Wegen einer Vielzahl von Drogengeschichten musste sich ein 22-jähriger Handwerker aus dem Landkreis vor dem Amtsgericht verantworten. Weil er nach anfänglichem Zögern schließlich doch reinen Tisch machte und damit dem Gericht eine umfangreiche Beweisaufnahme mit weiteren Zeugen und einem zusätzlichen Verhandlungstag erspart hat, kam er mit einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten davon. Der junge Mann muss außerdem 800 Euro als Auflage an den Bewährungshilfevereine Fähre e.V. überweisen oder alternativ dazu 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Weil er unter dem Einfluss von Drogen Auto gefahren ist, wurde außerdem ein vierwöchiges Fahrverbot ausgesprochen.

Der Angeklagte hatte in mehreren Fällen von einem bereits rechtskräftig verurteilten Mann jeweils kleinere Mengen Marihuana angekauft, teilweise, um es selbst zu konsumieren, teilweise aber auch, um es gewinnbringend weiterzuverkaufen. Dingfest gemacht wurde der Angeklagte am 10.Mai des vergangenen Jahres bei einer Verkehrskontrolle in Mainleus. Er hatte noch versucht, das Päckchen mit den knapp 30 Gramm Haschisch, das er in einer Bauchtasche versteckte, wegzuwerfen, doch die Beamten waren ihm schnell auf die Schliche gekommen. Zumal der junge Mann sehr nervös gewesen sei, Schweißperlen auf der Stirn hatte und am ganzen Körper zitterte.

Ein klarer Fall von Drogenkonsum dachten sich die Beamten, die auf dem Gelände der Tankstelle die Kontrolle durchführten. Sicherheitshalber legten sie ihm Handschellen an und brachten ihn zur Blutuntersuchung ins Klinikum. Dort bekamen es die Beamten dann schwarz auf weiß: der Angeklagte hatte vor der Fahrt Drogen konsumiert und stand unter dem Einfluss berauschender Mittel.

Sie hätten den Angeklagten schon länger im Visier gehabt, berichtete der zuständige Drogenfahnder von der Kriminalpolizei in Bayreuth. In entsprechenden Chats auf seinem Mobiltelefon hätten sie auch zahlreiche einschlägige Hinweise gefunden, die auf die Anbahnung und Abwicklung von Drogengeschäften hindeuteten. „Wir fanden auf dem Handy die üblichen Floskeln“, berichtete der Kommissar. „Brauchst du Hilfe“ bedeute beispielsweise nichts anderes als „Soll ich dir Stoff besorgen“. Das Wort „Grünes“ stehe für Cannabis und mit der Frage „Hast du Zeit für mich?“ sollte der Termin der Übergabe festgelegt werden.

Weitere Zeugen, mit denen der Angeklagte Geschäfte abgewickelte, hatten angeblich kaum noch Erinnerungen an die Geschäfte. „Ich habe längst damit abgeschlossen“, sagte ein 22-jähriger Auszubildender. Er hatte zumindest gesehen, dass beim gemeinsamen Konsumieren mit dem Angeklagten Marihuana in ZIP-Beutelchen verpackt auf dem Tisch lag.

Während Staatsanwältin Sabine Hauck eine Bewährungsstrafe von acht Monaten beantragt hatte, plädierte Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach auf die letztlich auch ausgesprochenen sechs Monate. Richterin Sieglinde Tettmann hielt dem Angeklagten zugute, dass zumindest ein Teil der Betäubungsmittel nicht in den Umlauf gelangt seien, dass es sich bei Marihuana um eine weiche Droge handelt und, dass der Angeklagte durch das Einräumen mehrerer Taten wesentlich zur Verfahrensvereinfachung beigetragen hatte. „Jetzt darf aber nichts mehr vorkommen, sonst wird es kritisch“, gab sie dem jungen Mann noch mit auf dem Weg. Soll heißen: Wird der Angeklagte noch einmal mit Drogen erwischt, wird aus den sechs Monaten ganz schnell eine Haftstrafe ohne Bewährung, die der Mann dann auch im Gefängnis absitzen muss.

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19.08.2021

Ins Heim abgeschoben und Konto leer geräumt / Verfahren gegen Schwiegertochter mangels Beweise eingestellt

Kulmbach. Knapp 11000 Euro soll eine 61-jährige Rentnerin aus Kulmbach von Konto ihrer betagten Schwiegermutter abgeräumt haben. Weil ihr das nicht nachgewiesen werden konnte, musste das Gericht ein Verfahren gegen die Frau wegen Untreue einstellen. Die Frau hatte ihrem mittlerweile getrennt lebenden Ehemann die Tat in die Schuhe geschoben, während der angab, von nichts gewusst zu haben. „Gelogen worden ist das schon“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Die Frage ist nur, von wem.

Die an Demenz leidende Seniorin war im Herbst 2018 in ein Pflegeheim gekommen. Weil sich keiner der Angehörigen um sie gekümmert hatte und auch keinerlei Kosten übernommen wurden, wandte sich das Heim an das Gericht, dieses wiederum setzte eine Betreuerin ein. Diese Frau musste bei der Überprüfung der Vermögensverhältnisse der alten Dame schon bald feststellen, dass von deren Konto per EC-Karte regelmäßige Abhebungen in nicht unbeträchtlicher Höhe erfolgen. Da erstattete die Betreuerin Anzeige gegen unbekannt. Infrage kamen allerdings nur der Sohn, der eine Kontovollmacht hatte, und die Schwiegertochter.

Nachdem alle Ermittlungen auf die Schwiegertochter hinausgelaufen waren, wurde sie wegen Untreue angeklagt. Sie habe damit nichts zu tun, beteuerte die Frau vor Gericht. Also vernahm das Gericht ihren getrennt lebenden Ehemann. Auch er gab sich ahnungslos: „Was mit dem Geld passiert ist, weiß ich nicht“, sagte der 71-jährige Rentner. Niemals habe er unberechtigterweise Geld von seiner Mutter abgehoben.

Jahrelang habe seine Frau die Mutter gepflegt, irgendwann habe es dann aber nur noch Streit gegeben. Während der letzten eineinhalb Jahre, in denen die Frau zuhause lebte, habe er dann die Pflege übernommen, bis es nicht mehr ging. Erst habe er seine Mutter zur Kurzzeitpflege gegeben, dann in die Obhut eines Pflegeheims. Er selbst habe erst von der Bank und dann von der Polizei von den Untreuevorwürfen erfahren.

Das bestätigte auch sein Sohn, der zugleich Stiefsohn der Angeklagten ist. Das Geld seiner Oma habe seine Stiefmutter verwaltet, behauptete der 38-jährige Arbeiter. Sein Vater habe sich schon deshalb nicht darum kümmern können, weil er gesundheitlich sehr angeschlagen ist.

Ganz so harmonisch, wie geschildert, lief das Familienleben dann aber offensichtlich doch nicht ab. Die Betreuerin gab beispielsweise an, dass die alte Dame im Heim, auch schon während der Zeit vor Corona, nicht ein einziges Mal Besuch vom Sohn oder von der Stieftochter bekommen habe. Auch die Einlieferung in das Heim war anders abgelaufen, als geschildert. „Mit Sack und Pack wurde die alte Frau am Eingang abgestellt, das war es dann“, so die Betreuerin. Eine Sache fehlte damals allerdings bei den Sachen der Seniorin, und das war ihre EC-Karte, mit der die Abhebungen getätigt wurden. Laut der Betreuerin sind die Heimkosten der alten Frau in mittlerweile beträchtlicher Höhe noch immer offen.

Schnell wurde allen Prozessbeteiligten klar, dass die Sache wohl nicht mehr aufzuklären ist. „Alles ist möglich, aber auch nicht möglich“, so beschrieb Verteidiger Frank Stübinger die verfahrene Lage. „Gelogen worden ist auf jeden Fall, wir wissen halt nicht, von wem“, so Richterin Tettmann bei der Verkündung der Verfahrenseinstellung.

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13.08.2021

In Schlangenlinien durch die Stadt / Ohne Führerschein und absolut fahruntüchtig: 62-jährige Frau muss ins Gefängnis

Kulmbach. Führerschein weg, Mann weg, Haus abgebrannt und jetzt muss sie auch noch ins Gefängnis: für eine 61-jährige Frau aus Thüringen läuft es derzeit alles andere als optimal. Im Juni des vergangenen Jahres war sie wieder einmal mit dem Auto unterwegs. Von der Autobahn A70 kommend fuhr sie am Sonntag, 28. Juni gegen 17.15 Uhr, auf der Bundesstraße B85 quer durch Kulmbach, mit knapp 1,6 Promille absolut fahruntüchtig, einen Führerschein hatte sie schon länger nicht mehr. Weil das alles nicht zum ersten Mal der Fall war und bisherige Geld- und Bewährungsstrafen der Kosmetikerin nicht zur Warnung dienten , verurteilte sie Richterin Sieglinde Tettmann jetzt zu acht Monaten ohne Bewährung.

„Sie war in Schlangenlinien unterwegs und raste bei roter Ampel über die Schauerkreuzung“, berichtete ein 64-jährger Motorradfahrer. Der Zeuge hatte zunächst gedacht, dass bei der Frau mit dem Kleinwagen ein medizinisches Problem vorliegt. Deshalb habe er sie auch verfolgt und von unterwegs die Polizei verständigt.

Auf einem Parkplatz bei Untersteinach fand er dann das nagelneue Auto verlassen vor, die Frau hatte sich bei einem polnischen Lkw-Fahrer im Führerhaus versteckt. „Der wusste gar nicht, wie ihm geschah“, berichtete einer der Polizisten, die kurz darauf auf dem Parkplatz eintrafen. Den Beamten gegenüber gab die Angeklagte an, sie sei mit dem Taxi hierhergekommen, mit dem abgestellten Wagen habe sie nichts zu tun.

Für die Polizei genügte ein Blick in die Handtasche der Frau, um das Gegenteil festzustellen. Dort fanden sie nämlich der Autoschlüssel. Was sie nicht fanden, war ein Führerschein. Der war schon lange weg, wie sich später herausstellen sollte. Allerdings nahmen die Beamten deutlich Alkoholgeruch war, so dass für der Fall schnell klar war.

Nicht für die Frau: „Sie hat sich komplett unkooperativ und uneinsichtig verhalten“, sagte der Polizei. Erst sei sie aus dem Führerhaus des Lkw gefallen, dann wollte sie sich losreißen und musste sogar gefesselt werden, ehe es unter erheblichem Widerstand zur Blutentnahme ins Kulmbacher Klinikum ging.

Uneinsichtig war die Frau auch im Mai, als die Verhandlung vor dem Kulmbacher Amtsgericht schon einmal angesetzt war, die 61-Jährige dem Gericht aber unentschuldigt fern blieb. Das Gericht hatte damals einen Haftbefehl ausgestellt, die Frau wurde jetzt von zwei Justizbeamten einer JVA vorgeführt.

Vor Gericht räumte die Angeklagte die Trunkenheitsfahrt ein, auch dass sie keinen Führerschein mehr besitzt, habe sie natürlich gewusst. Hinter der Tat steckten ganz andere Dinge, wie sich im Laufe der Verhandlung herausstellen sollte. Erst war ihr Ehemann auf und davon und ließ sie mit ihren beiden Kindern sitzen, dann brannte im Januar 2020 ihr Wohnhaus aufgrund eines technischen Defektes ab. Weil sie darin auch ihr Kosmetikstudio hatte, konnte sie seitdem nicht mehr arbeiten und rutschte in Hartz-IV ab. „Wenn ich Probleme habe, dann trinke ich schon mal ein Glas Wein“, sagte sie. Sie komme aber auch ganz gut ohne Alkohol aus, wie die zurückliegenden Wochen in der U-Haft gezeigt hätten.

So weit, so gut, wenn da nicht die vielen Vortrafen gewesen wären. Immer wieder wurde sie wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Als dann der Führerschein weg war, hatte sie sich aufs Schwarzfahren verlegt. Zuletzt wurde sie deshalb erst vor wenigen Tagen in Plauen ebenfalls zu acht Monaten ohne Bewährung verurteilt. Eine Strafe, die sie jetzt vielleicht noch zusätzlich absitzen muss.

Die jetzigen acht Monate entsprechen der Forderung der Staatsanwaltschaft, während Verteidiger Werner Brandl auf eine Bewährungsstrafe von vier Monaten plädiert hatte. Der Anwalt begründete seine Forderung mit der hohen emotionalen Belastung durch die persönlichen Lebensumstände seiner Mandantin.

Es spreche einfach zu vieles gegen die Angeklagte, begründete Richterin Tettmann ihr Urteil. Die Frau sei vielfach einschlägig vorbestraft, habe mit knapp 1,6 Promille erheblich über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit gelegen, während ihrer Trunkenheitsfahrt erhebliche Fahrfehler begangen und damit andere Verkehrsteilnehmer gefährdet.

Am meisten schmerzte der Frau wohl der Verlust ihrer nagelneuen Kleinwagens. Den hatte sie sich erst wenige Wochen vor der Trunkenheitsfahrt für rund 10000 Euro gekauft, obwohl sie gar keinen Führerschein hatte. Die Polizei stellte ihn damals sicher, was das Gericht im jetzigen Urteil noch einmal bestätigte. „Wenn die Fahrerlaubnis unanfechtbar entzogen wurde, warum kauft man sich dann ein Auto?“, äußerte die Richterin ihr Unverständnis über das Verhalten der Frau.

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12.08.2021

Krank, nicht kriminell / Bewährungsstrafe: 44-jähriger Frührentner beleidigte und bespuckte Bedienung im Café Roberts

Kulmbach. Weil er im Cafe Roberts in Kulmbach eine Bedienung beleidigt und bespuckt hatte, ist ein 44 Jahre alter Frührentner aus dem Landkreis Bayreuth zu fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Während der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Mann offenbar physisch und psychisch stark angeschlagen ist.

Der Vorfall hatte sich am späten Nachmittag des 20. Juli des vergangenen Jahres ereignet. Das Café war gut gefüllt, als der Mann zahlen wollte. Weil die Bedienung nicht sofort kam und wohl auch ein wenig gestresst war, rastete der Mann total aus. Er bemühte eine ganze Reihe von Schimpfwörtern, ehe er aufstand und der Frau ins Gesicht spuckte. „Ich war total perplex, das war echt demütigend“, sagte die Frau in ihrer Zeugenaussage. Das gesamte Café habe den Vorfall mitbekommen.

Doch damit nicht genug. Zwei zufällig vorlaufende Mitarbeiterinnen der Kulmbacher Sicherheitswacht waren auf den Vorfall aufmerksam geworden und wollten vor dem Café die Personalien des Mannes feststellen. Ach da packte er wieder den gesamten Kanon an Schimpfworten aus. Eingestellt wurde ein weiterer Vorfall, der sich rund sechs Wochen später in der Baille-Maille-Himmelkron zugetragen hatte. Im Streit um seinen und den Hund einer Passantin, beleidigte er die Frau ebenfalls heftig mit mehreren unflätigen Worten.

Vor Gericht zeigte sich der Angeklagte einsichtig, verwies aber auch auf seine Erkrankung. Er befinde sich wegen extrem starker chronischer Schmerzen seit Jahren in Behandlung. Er räumte auch ein, dass die Schmerzen mittlerweile auf seine Psyche geschlagen hätten und sich unter anderem in Schlaflosigkeit, ständiger Unruhe und vor allem in leichter Reizbarkeit bemerkbar machten. Dazu komme, dass er damals medikamentös völlig falsch eingestellt war. Das sei mittlerweile behoben, auch werde er in wenigen Wochen eine Therapie im Bezirkskrankenhaus beginnen, einen Termin dafür hatte er bereits.

Ein forensisch-psychiatrisches Gutachten untermauerte die Aussage des Mannes. Auch seine Betreuerin bestätigte die starken Nervenschmerzen und den allgemein labilen Gesundheitszustand des Mannes. „Normalerweise ist er ein lieber, ruhiger Mensch“, sagte die Altenpflegerin, die ihn mittlerweile täglich betreuen muss.

Den Streit in der Baille-Maille-Allee begründete der Angeklagte mit einem Missverständnis. Sein Schäferhund habe sich von ihm losgerissen, so dass er zu Boden ging und zu bluten begann. Da habe er den Hund zurückgezogen. Die Passantin ging allerdings davon aus, der Mann würde den Hund schlagen und stellte den Angeklagten zur Rede. Daraufhin sei er explodiert, was er mittlerweile sehr bereue.

Es waren allerdings nicht die einzigen Vorfälle, bei denen der Frührentner mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war. Fünf Vorstrafen hatte er bereits, unter anderem wegen verschiedener Drogengeschichten, wegen Hausfriedensbruch, Körperverletzung und auch schon zwei Mal wegen verschiedener Beleidigungen.

Mit ihrem Urteil von fünf Monaten auf Bewährung blieb Richterin Sieglinde Tettmann ein Monat unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach hatte eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (1800 Euro) beantragt. Sein Mandant sei krank und nicht kriminell, gab Schmidtgall zu bedenken. Richterin Tettmann sah den Angeklagten zwar auf einen guten Weg, allerdings habe er eine Vielzahl von Schimpfwörtern vor einer Vielzahl von Leuten lauthals ausgesprochen und mit dem Anspucken gerade in Corona-Zeiten Angst und Schrecken verbreitet. Der Angeklagte muss zusätzlich 500 Euro an das Kulmbacher Tierheim zahlen, er wird der Führung eines Bewährungshelfers unterstellt und darf sich in den kommenden drei Jahren nicht mehr zu Schulden kommen lassen. Andernfalls müsste er die Bewährungsstrafe doch noch absitzen.

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06.08.2021

Randale im Impfzentrum / Personal beleidigt und mit Bombe gedroht: Pizzabäcker muss ins Gefängnis

Kulmbach. Hoch her ging es am Nachmittag des 25. Januar im Impfzentrum an der Fitz-Hornschuch-Straße. Die Stimmung war aufgeheizt, die Nerven lagen blank, viele, die einen Termin hatten, kamen offensichtlich erst einmal gar nicht dran. So auch die Freundin eines 36-jährigen Pizzabäckers aus Hof. Der Mann fing an, herumzuschreien, das Personal zu beleidigen, zeigte den Stinkefinger und drohte am Ende sogar noch mit einer Bombe. Wegen Beleidigung, Bedrohung und Störung des öffentlichen Friedens wurde er deshalb jetzt zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

Natürlich hätte es unter normalen Umständen nicht gleich eine Haftstrafe gegeben. Der Angeklagte hatte allerdings schon acht Vorstrafen, jedes Mal Bedrohungen, Beleidigungen oder Sachbeschädigungen, jedes Mal das gleiche Muster und fast jedes Mal auch die gleichen Ausdrücke. Bei der letzten Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe war noch nicht einmal die Bewährungszeit abgelaufen. Ein weiteres Verfahren, bei dem er ebenfalls seine Ex-Freundin bedroht haben soll, steht noch aus.

Sein Ausraster im Impfzentrum hat aber auch noch einen anderen Grund: der Angeklagte war mit fast 2,5 Promille Alkohol im Blut schwer betrunken. Dazu kommt, dass ihm bereits eine emotionale Störung attestiert wurde und er unter Betreuung steht.

So kam es, dass er an jenem 25. Januar seine Freundin eigentlich nur zu deren Impftermin begleiten wollte. Weil dort nichts vorwärts ging, begann er herumzuschreien, das Personal mit unflätigen Ausdrücken zu beschimpfen und den Beschäftigten den Stinkefinger zu zeigen. Doch damit nicht genug. Als er mehr oder weniger hinausgeworfen wurde, drohte er auch noch, alle mit einer Bombe in die Luft zu sprengen.

Vor Gericht bereute der Angeklagte, was er getan hatte. „Mit tut das alles wirklich sehr leid“, sagte er mehrmals. Aus freien Stücken hatte er sich bei den drei Beschäftigten, die er beleidigt hatte, sogar mit einem langen handschriftlichen Brief entschuldigt. „Der Brief kam von Herzen, das hat man gemerkt“, sagte einer der Betroffenen, ein Security-Mitarbeiter aus Bayreuth. Der Zeuge sagte aber auch, dass es die meist älteren Leute im Impfzentrum schon mit der Angst zu tun bekamen, als sich der Angeklagte plötzlich so daneben benahm.

Bereits die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe gefordert. Die Anklagevertreterin wollte sogar acht Monate Gefängnis. Verteidiger Ralph Pittroff sah dagegen eine Geldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro (2800 Euro) als ausreichend an.

Doch Geldstrafen hätten auch bisher nichts gebracht, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Immer wieder habe der Angeklagte ähnlich gelagerte Taten begangen und sich weder von Geldstrafen, noch von Bewährungsstrafen beeindrucken lassen. Ihr Urteil lautete deshalb auf sechs Monate ohne Bewährung wegen Beleidigung, Bedrohung und Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung einer Straftat.

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05.08.2021

Keine Führerschein aber starke Alko-Fahne / 500 Meter gefahren: 46-jährigerMann muss hinter Gitter

Kulmbach. 500 Meter weit ist ein 46 Jahre alter Mann mit einem Leichtfahrzeug gefahren, ohne Führerschein, aber stark betrunken. Dafür muss er nun ein halbes Jahr ins Gefängnis. Hintergrund ist, dass der gelernte Maurer bereits 21 Vorstrafen hatte, die meisten davon wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Trunkenheit im Verkehr. Meist kam er mit Geld- oder Bewährungsstrafen davon, einige Male musste er seine Strafen aber auch schon absitzen.

Leichtfahrzeuge, das sind die kleinen vierrädrig motorisierten Fahrzeuge, die deutlich leichter und kleiner sind als normale Autos. Sie können und dürfen in der Regel auch nicht schneller fahren als 40 oder 45 Stundenkilometer. Mit einem dieser Kleinfahrzeuge war der Angeklagte am 25. November des vergangenen Jahres von der Wohnung eines Bekannten in Mainleus zu einem benachbarten Einkaufsmarkt gefahren um für den Bekannten etwas zu besorgen. Der Markt lag zwar in Sichtweite, doch der Angeklagte hatte mit dem Laufen krankheitsbedingt so seine Schwierigkeiten, also nahm er das Fahrzeug.

Prompt geriet er in eine Polizeikontrolle. Ausfallerscheinungen hätte der Mann außer einer etwas verwaschenen Sprache kaum gehabt, erinnerte sich einer der Polizisten, die Fahne sei aber schon deutlich vernehmbar gewesen. Die Beamten stellten eine absolute Fahruntüchtigkeit mit 1,5 Promille fest, Führerschein hatte der Mann schon länger keinen mehr.

Er habe nur ein einziges Bier getrunken, beteuerte der Angeklagte. „Da muss wohl noch Restalkohol vom Vorabend dagewesen sein“, mutmaßte er. Tatsache ist, dass der Mann seit Jahrzehnten mit Alkoholproblemen zu kämpfen hat, davon aber nichts wissen will. Er habe kein Alkoholproblem, sagte er auch jetzt wieder. Früher als Maurer auf dem Bau, da sei schon das eine oder andere Bierchen geflossen. Doch wegen seiner Krankheiten könne er mittlerweile nicht mehr arbeiten und leben von Hartz-IV.

Fest steht aber auch, dass der Angeklagte seit 1993 und dann immer wieder wegen Trunkenheitsdelikten verurteilt wurde. Erst zu Geldstrafen, dann zu Bewährungsstrafen und zuletzt bereits mehrfach zu kleineren Gefängnisstrafen. Bewährungsauflagen hatte er fast nie eingehalten, auch jetzt hatte er von sich aus den Kontakt zum Bewährungshelfer abgebrochen. Der Gerichtstermin war bereits vor geraumer Zeit einmal angesetzt, auch da war der Angeklagte nicht erschienen, so dass er jetzt von der Polizei vorgeführt werden musste.

Eine Gefängnisstrafe hatte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragt. Während Verteidiger Werner Brandl auf eine Geldstrafe plädierte. Es sei ja kein richtiges Auto, sondern nur ein Leichtfahrzeug, die Fahrstrecke sei mit 500 Metern extrem kurz gewesen und er sei nicht aus Eigennutz gefahren, sondern habe für jemanden eingekauft, gab der Verteidiger zu bedenken.

Richterin Sieglinde Tettmann ließ das nicht gelten. Der Angeklagte sei schon so oft betrunken und ohne Führerschein unterwegs gewesen, er stehe unter einer offenen Bewährung, noch dazu wegen einer einschlägigen Straftat, also auch wegen Trunkenheit im Verkehr, und die Bewährungen der Vergangenheit hätten nie so richt8ig funktioniert. Damit könne sie dem Angeklagten keine positive Sozialprognose erstellen, die für eine Bewährungsstrafe notwendig wäre. Der Angeklagte darf außerdem vor Ablauf von zwei Jahren keinen neuen Führerschein beantragen, was aber aufgrund der Vorgeschichte auch danach ohnehin schwierig sein dürfe.

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04.08.2021

Ecstasy-Tabletten am Soccer Court / 19-jähriger Azubi muss 50 Sozialstunden ableisten

Kulmbach. Ausgerechnet den stark frequentierten Soccer Court hatte sich ein 19-jähriger Auszubildender aus dem Landkreis ausgesucht, um dort seine Ecstasy-Tabletten zu verticken. Vor Gericht gab es dafür jetzt die Quittung. Der für Jugendsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner verurteilte ihn zu 50 Sozialstunden. Das heißt, der junge Mann muss 50 Stunden unentgeltliche gemeinnützige Stunden Arbeit nach Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung ableisten.

Im Sommer des vergangenen Jahres hatte der Angeklagte von einem Dritten mehrere Ecstasy-Tabletten angekauft. Wer der Dealer war, blieb offen, der 19-Jährige wusste angeblich nicht einmal seinen Namen. Dann hatte er die Betäubungsmittel an zwei Gleichaltrige weiterverkauft. Ob er das wirklich zum Selbstkostenpreis von zehn Euro getan hat, konnte ebenfalls nicht mehr geklärt werden. „Die haben mich bedrängt, also hab ich ihnen das Zeug gegeben“, sagte der Angeklagte. Er selbst habe auch eine Zeit lang Ecstasy konsumiert, „um seine Feierlaune zu steigern“, wie er bei der Jugendgerichtshilfe angab.

Heute habe er keinen Kontakt mehr zu den beiden Abnehmern. Er habe sich insgesamt von der Szene distanziert und habe auch mit Drogen nichts mehr am Hut. Das Gericht glaubte ihm das sogar, denn der junge Mann hatte neben einer berufsvorbereitenden Maßnahme bereits 30 Stunden bei einer Suchtberatungsstelle Hilfe gesucht. Außerdem hatte er zuvor schon wegen seiner Drogengeschichte massiven Ärger mit der Führerscheinstelle bekommen. Vorerst wurde er gar nicht zur Prüfung zugelassen, was wiederum zu Problemen mit seiner Ausbildungsstelle führte.

Sicherheitshalber hatte das Gericht einen der Ecstasy-Abnehmer als Zeugen geladen. Der heute 20-jährige gab an, insgesamt fünf Pillen vom Angeklagten zum Preis von zehn Euro pro Tablette gekauft zu haben. Eine hatte er bereits genommen, als ihn die Polizei am Pavillon aufgriff. Trotzdem sei er noch bei klarem Kopf gewesen und wisse noch ganz genau, dass er die Tabletten vom Angeklagten habe.

Obwohl erst 19 Jahre alt, hatte der Angeklagte bereits mehrere Vorstrafen, unter anderem wegen Sachbeschädigung, Diebstahls in jeweils mehreren Fällen und eben auch wegen einer Drogengeschichte. Jedes Mal kam er mit einer Arbeitsauflage davon. So auch diesmal wieder, was er allein der Tatsache zu verdanken hat, dass er vor dem Gesetz noch als Heranwachsender gilt und ihm Staatsanwaltschaft und Gericht Reifeverzögerungen attestierte.

„Damit spüren sie noch nicht die volle Härte des Gesetzes“, sagte Richter Berner. Hintergrund ist, dass im Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht, nicht die Bestrafung. Mit 50 Arbeitsstunden entsprach das Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft. Zu Gute hielt das Gericht dem Angeklagten, dass er alles zugegeben, sich mittlerweile von Drogen abgewandt und von selbst bei der Suchtberatung Hilfe gesucht hatte.

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03.08.2021

Kulmbacher missbraucht das eigene Kind

Weil er in mehreren Fällen sexuelle Handlungen an seiner Tochter vorgenommen hatte, ist ein 43-jähriger Mann aus dem Landkreis vom Schöffengericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden.Das Mädchen war bei den angeklagten vier Vorfällen zwischen zehn und 14 Jahren alt. Zum Prozessauftakt hatte der Angeklagte jede Schuld von sich gewiesen, während das heute 21-Jahre alte Opfer die Vorwürfe noch einmal wiederholte. Nachdem eine Sachverständige der jungen Frau uneingeschränkte Glaubwürdigkeit attestiert hatte, urteilte das Gericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt auf sexuellen Missbrauch von Kindern und von Schutzbefohlenen.

Der Angeklagte war von der Mutter des Opfers längst geschieden. Das Mädchen kam immer nur stundenweise, meist an den Wochenende, auf Besuch zum Vater. Insgesamt vier Übergriffe hatte die Staatsanwaltschaft aufgelistet, die stets nach dem gleichen Muster erfolgt sein sollen. Erst soll der der Angeklagte das Mädchen gestreichelt und geküsst haben, dann soll es zu intimen Berührungen mit sexuellen Hintergrund gekommen sein. Tatorte waren zweimal die Couch im Wohnzimmer des Mannes, einmal das Auto, ein weiteres Mal das Ehebett.

"Nichts davon ist wahr", sagte der Angeklagte vor Gericht. Weder habe er sexuelle Neigungen zu Kindern, noch habe er irgendwelches pornografisches Material auf seinem Computer oder sonst wo. Wenn ihn seine Tochter nach Jahren mit derart schweren Vorwürfen überziehe, dann könne er sich das nur mit dem aufgestauten Frust der jungen Frau erklären. Schon in der Schule sei die Tochter als notorische Lügnerin aufgefallen.

Als weiteren Grund für die Vorwürfe vermutete der Angeklagte die Scheidung von seiner zweiten Frau. "Da wurde allerhand schmutzige Wäsche gewaschen", sagte er. Sogar die Polizei sei wegen angeblicher häuslicher Gewalt im Einsatz gewesen, ein Verfahren gegen ihn sei allerdings eingestellt worden.

Die Tochter aus der erster Ehe, also das angebliche Opfer, und die zweite Ehefrau hätten plötzlich einen auffällig guten Draht zueinander entwickelt, sich die ganzen Vorwürfe ausgedacht, so erklärte der Angeklagte. Die Kinder, die er mit seiner zweiten Ehefrau hat, darf er seit der Scheidung nicht mehr sehen.

Ein ganz anderes Bild ergab sich bei der Zeugenvernehmung des Opfers. Dabei bestätigte sie die Anklage in vollem Umfang. Sie sei erst über vier Jahre nach dem letzten Vorfall zur Polizei gegangen, nachdem sie sich zunächst ihrem damaligen Freund und dann der geschiedenen zweiten Frau ihres Vaters anvertraut habe. Die Frau sei es auch gewesen, die sie ermuntert habe, Anzeige zu erstatten. Hintergrund sei ihrer Aussage zufolge, dass die gemeinsame Kinder des geschiedenen Paares heute genau in dem Alter sind, in dem auch sie gewesen sei, als der Angeklagte übergriffig geworden sei. 

Auch die geschiedene Frau musste als Zeugin aussagen. Sie berichtete, dass beim gemeinsamen Zusammentreffen mit der Tochter meist eine "komische Stimmung" geherrscht habe. Oft sei die Laune der jungen Frau schlagartig gekippt.

Die Sachverständige, Psychologin Gabriele Drexler-Meyer aus Nürnberg, hatte dem Opfer uneingeschränkte Glaubwürdigkeit attestierte und keine Hinweise dafür gefunden, dass der Frau irgendetwas eingeredet worden sei. Deshalb forderte der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten. Die junge Frau sei noch immer nachhaltig beeinträchtigt, sagte der Anklagevertreter. Verteidiger Frank Stübinger plädierte dagegen auf Freispruch. Sein Mandant habe die Tochter nie angefasst, sagte der Rechtsanwalt. Die Initiative zur Anzeigeerstattung sei allein von der Ex-Ehefrau gekommen.

Das sah die Schöffenkammer anders und blieb mit ihrem Urteil von zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis nur knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Übergriffe seien keinesfalls im unteren, sondern eher im oberen Bereich anzusiedeln, sagte Richterin Allstadt. Sie wertete es zu Lasten des Angeklagten, dass er versucht hatte, seine Tochter als Lügnerin darzustellen.

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29.07.2021

Geld weg statt großer Liebe / Nigerianer aus dem Landkreis soll bei Love-Scamming als Geldbote fungiert haben

Kulmbach. „Love-Scamming“ nennt man das Phänomen des Internetbetruges mit vorgetäuschter Liebe, um an das Vermögen eines anderen zu kommen. Die Masche ist immer die gleiche: Über soziale Medien wird eine Art Liebesverhältnis aufgebaut. Ist das Vertrauen erst einmal erschlichen, wird eine Notlage vorgetäuscht und um Geld gebeten. Fast 120000 Euro hat ein unbekannter Dritter mit dem Namen „Fred“ auf diese Art von mehreren Frauen aus Holland und aus Osteuropa erschwindelt. „Geldbote“ soll dabei ein 34-jähriger Nigerianer aus dem Landkreis Kulmbach gewesen sein. Er muss sich derzeit wegen Geldwäsche vor dem Amtsgericht in Kulmbach verantworten.

Irgendwann waren die Banken, bei denen der Mann seine Konten hat, stutzig geworden. Binnen nicht einmal eines Viertel Jahres waren von Mai bis Anfang Juli 2019 auf den Konten in mehreren Dutzend Überweisungen exakt 116669,15 Euro aus dem Ausland eingegangen. Meist noch am selben Tag, aber spätestens am Folgetag hatte der Angeklagte, der derzeit eine Lehre als Mechatroniker macht, das Geld in bar abgehoben. Da wurde die Kriminalpolizei aktiv. Heraus kam die Geschichte mit dem „Love“- beziehungsweise „Romance-Scamming“ („Liebesbetrug“).

„Fred“, der wahrscheinlich gar nicht so heißt, und der aus Kamerun stammt, gab sich bei den über Single-Börsen kennen gelernten Damen mal als Pilot, mal als Bodybuilder aus, der urplötzlich in Schwierigkeiten steckte. Der eine sitze unschuldig im Gefängnis und benötige Geld für Lebensmittel, der andere komme nicht an dringend notwendige Arzneimittel heran, wenn ihn die angebliche Dame seines Herzens nicht gleich Geld schickt. Offensichtlich lässt die Aussicht auf die große Liebe jeglichen Verstand aussetzen, anders ist es nicht zu erklären, dass, ohne den anderen je zu Gesicht bekommen zu haben, solche Summen überwiesen werden. Der höchste Betrag im vorliegenden Fall lag immerhin bei einer Einzelüberweisung von fast 40000 Euro. Überwiesen wurde das Geld freilich nicht direkt an „Fred“, sondern an den Angeklagten. Der hatte die Aufgabe den Betrag im Umfeld des Nürnberger Hauptbahnhofes an den angeblichen Bruder von „Fred“ in bar zu übergeben. Freilich gab es auch von dem nur einen Vornamen, er nannte sich „Ben“.

Von all dem will der Angeklagte nichts gewusst haben. Ihn habe „Fred“, den er nach seiner Flucht aus Nigeria 2014 in Italien kennengelernt habe, erzählt, dass er immer mal wieder Autos von Deutschland nach Afrika verkaufe. Nachdem weder er noch sein angeblicher Bruder „Ben“ ein Bankkonto in Deutschland besaß, habe der der Angeklagte gerne ausgeholfen und seine Bankverbindung zur Verfügung gestellt. Das war ein Fehler, denn Geldwäsche ist dem Gesetz zufolge keine reine Vorsatztat, es gibt auch den Straftatbestand der „leichtfertigen Geldwäsche“.

„Ist ihnen denn das Ganze nicht irgendwann einmal komisch vorgekommen“, wollte Richterin Sieglinde Tettmann vom Angeklagten wissen. „Nein“, sagte der 34-Jährige. Er habe seinem Freund „Fred“ vertraut und niemals gedacht, dass er etwas Böses im Schilde führt. „Ich war zu blauäugig und hätte nie geglaubt, dass der mich so missbrauchen würde.“ Deutlicher wurde der ermittelnde Sachbearbeiter der Kripo in Bayreuth. „Da hätte man schon drauf kommen können, dass da ein krummes Ding dahinter steckt“, sagte der Beamte. „So Mega-seriös war das ja nun wirklich nicht.“

Nachdem die Verhandlung am Nachmittag bereits deutlich länger lief als geplant, das Gericht aber noch einmal alle Auszüge überprüfen möchte, wurde die Verhandlung kurzerhand unterbrochen. Zusammen mit der für Wirtschaftsdelikte zuständigen Staatsanwaltschaft in Hof sollen nun weitere rechtliche Fragen abgeklärt werden, ehe die Verhandlung in der kommenden Woche fortgesetzt werden soll.

05.08.2021

Bodybuilder Bobby und Pilot Daniel zockten leichtgläubige Frauen ab / Prozess um „Love-Scamming“: Geldbote aus Mainleus verurteilt

Kulmbach. Im Prozess um das sogenannte „Love-Scamming“, also dem Internetbetrug mit vorgetäuschter Liebe, hat das Amtsgericht am zweiten Verhandlungstag einen 34-jährigen Nigerianer aus dem Landkreis Kulmbach verurteilt. Der Mann fungierte als eine Art Geldbote für zwei Hintermänner aus Nigeria, die zwei Frauen aus Holland und Tschechien um insgesamt über 114000 Euro gebracht haben. Der Angeklagte hatte bis zuletzt beteuert, nichts von den üblen Machenschaften gewusst zu haben. Für das Urteil spielte dies keine Rolle, denn in den entsprechenden Paragraphen ist schon die „leichtfertige Geldwäsche“ strafbar.

Deshalb kam der Mann auch mit einer Bewährungsstrafe von neun Monaten davon. Viel schlimmer dürfte für ihn allerdings sein, dass exakt 114300 Euro als Wertersatz für die Taterträge eingezogen werden. Wie der Angeklagte das bei seinem derzeitigen Lehrlingslohn von 710 Euro schaffen soll, steht in den Sternen.

„Love-Scamming“ ist deshalb so perfide, weil die Täter mit den meist gutbetuchten älteren, aber immer leichtgläubigen Frauen über einen längeren Zeitraum in sozialen Medien eine Beziehung aufbauen, ihnen die große Liebe vorgaukeln und ihnen eine gemeinsame Zukunft versprechen. Zu den Frauen kommen die Täter über Single-Börsen im Internet. Ist erst einmal genügend Vertrauen hergestellt, schwindeln die Täter den Frauen eine Notlage vor, in die sie unverschuldet geraten seien und wegen der sie plötzlich größere Summen benötigten.

Im vorliegenden Fall hatten die Täter, sie nannten sie Fred und Ben und kamen offensichtlich ebenfalls aus Nigeria, den Weg des Geldes verschleiert, indem sie den Angeklagten als Geldboten eingesetzt. Ihm spielten sie vor, dass sie Autos in Europa aufkaufen und nach Afrika weitervermitteln. So erklärten sie ihm auch die ständigen hohen Geldeingänge. Der Mann hatte es ganz offensichtlich geglaubt.

Fred, den der Angeklagten 2014 bei seiner Flucht aus Nigeria kennengerlernt hatte, gab sich bei den Damen mal als Pilot Daniel, das andere Mal als Bodybuilder Bobby aus. Der eine sitze unschuldig im Gefängnis und benötige Geld für Lebensmittel, der andere komme nicht an dringend notwendige Arzneimittel heran, wenn ihn die angebliche Dame seines Herzens nicht gleich Geld schickt, so lauteten die abenteuerlichen Geschichten, die den leichtgläubigen Frauen aufgetischt wurden. Eine der Frauen soll sogar ihr Haus verkauft haben, um zu helfen.

Irgendwann aber waren die Banken, bei denen der Angeklagte seine Konten hat, stutzig geworden. Meist noch am selben Tag, aber spätestens am Folgetag hatte er, der derzeit eine Lehre als Mechatroniker macht, das Geld in bar abgehoben und dem Mittelsmann mit dem Namen Ben am Nürnberger Hauptbahnhof in bar übergeben.

„Das hätte ihnen doch klar sein müssen, dass da irgendetwas nicht stimmt“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann in der Urteilsbegründung. „Warum haben die Gelder aus Holland und Tschechien in erheblicher Höhe auf dem Weg nach Italien einen Umweg über Deutschland genommen und wurden dann auch noch auf offener Straße in bar übergeben“, fragte sich die Richterin, um gleich die Antwort zu geben: „Weil etwas faul ist.“ So etwas sehe man doch in jedem Gangsterfilm. Geld in bar zu verschieben, nannte Tettmann den Gipfel der Verschleierung, Und von all dem will der Angeklagte, den sie als intelligent und aufgeweckt beschrieb, nichts geahnt haben? „Wenn er nur einmal die Augen aufgemacht hätte, dann hätte er gemerkt, was da los ist.“

Die Bewährungsstrafe von neun Monaten hatte zuvor bereits Staatsanwältin Sabine Hauck beantragt. Verteidiger Ralph Pittroff hatte dagegen auf Freispruch plädiert. Sein Mandant habe nichts anderes getan, als Geld weiterzugeben, das ihm nicht gehörte, weil er kein Krimineller sein wollte. Die Haupttäter des „Love-Scammings“ bezeichnete Pittroff als professionelle Berufsbetrüger, die besonders geschickt vorgegangen seien und damit nicht nur die beiden Frauen, sondern auch den Angeklagten getäuscht hätten. „Die Leichtfertigkeit des Nicht-Erkennens lag nicht vor“, so der Verteidiger. Sein Mandant habe darauf vertraut, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

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29.07.2021

Falsches „Pickerl“ am Auto / Geldstrafe wegen Urkundenfälschung gegen Kfz-Händler aus dem Landkreis

Kulmbach. Weil er in mehreren Fällen grüne Umweltplaketten vergeben hatte, obwohl die entsprechende Schadstoffklasse gar nicht vorlag, ist ein 52-jähriger Kfz-Händler aus dem Landkreis zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu jeweils 25 Euro (1750 Euro) verurteilt worden. Ursprünglich waren die Ermittler wohl von einem schwungvollen Handel mit den grünen „Pickerln“ ausgegangen, denn der Mann musste sogar eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen. Vor Gericht blieb davon allerdings wenig übrig. Drei der insgesamt angeklagten fünf Fälle wurden eingestellt, bei den beiden verbliebenen Fällen urteilte das Gericht einmal auf Urkundenfälschung, das andere Mal auf Beihilfe.

In einem Fall hatte er eine grüne Plakette an einem Fahrzeug angebracht und den Wagen verkauft. Ordnungsgemäß wäre eine gelbe Plakette gewesen. Im zweiten Fall hatte er einem Kunden eine grüne Plakette mitgegeben, die eigentlich gar keine amtliche sondern nur ein Deko-Aufkleber war. Ähnlich war es bei den eingestellten Fällen. Einmal soll der Mann mit dem betreffenden Kleintransporter sogar zu einer großen Werkstattkette gefahren sein, um sich nach der richtigen Plakette zu erkundigen. Dort sei ihm die grüne mitgegeben worden, was sich im Nachhinein als falsch herausstellte. Nachprüfen ließ sich das alles nicht mehr so genau, da einige der Fälle bereits weit über drei Jahre zurücklagen und die Zeugen alle nur noch schwache Erinnerungen an derartige Details hatten.

Er habe sich damals überhaupt nicht richtig mit der Sache befasst, sagte der Angeklagte vor Gericht. Schließlich gebe es in der Region ja auch keine Umweltzonen. Er räumte sogar freimütig ein, sich irgendwann mal im Internet die täuschend echt aussehenden Deko-Aufkleber bestellt zu haben. Allerdings nur aus Jux und Tollerei. „Ich habe doch nicht gedacht, dass ich da gleich eine Straftat begehe“, so der Kfz-Händler.

Verteidigerin Verena Grohs aus Bayreuth stellte dabei infrage, ob der Tatbestand der Urkundenfälschung überhaupt erfüllt ist, wenn ihr Mandant doch überhaupt kein Kennzeichen in den Aufkleber eingetragen habe. Fraglich sei auch, ob es sich bei den Deko-Aufklebern um eine Urkunde handle, da ja nicht einmal kein Siegel drauf sei. Der Angeklagte selbst gab an, dass ihm einer der Kunden einen solchen Deko-Aufkleber regelrecht abgeschwatzt habe. „Das war ein absoluter Blödsinn, nicht mehr und nicht weniger“, so der Angeklagte, der nachweislich nichts dafür verlangt hatte und der auch sonst keinen Profit aus der Sache zog.

Einer der Zeugen konnte bestätigen, dass ihm in der Filiale der Werkstattkette tatsächlich die grüne Plakette für das betreffende Auto mitgegeben wurde, obwohl das Fahrzeug gar nicht die entsprechende Norm erfüllte. Ein anderer Kunde war tatsächlich mit dem Deko-Aufkleber von der Polizei angehalten worden. Er bekam in der Folge ebenfalls ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung und wurde zu 30 Tagessätzen verurteilt. Ohne Plakette in einer Umweltzone hätte es lediglich eine Verwarnung über 50 Euro gegeben.

Nach langem Hin und Her einigten sich schließlich Staatsanwältin Sabine Hauck, Verteidiger Verena Grohs und Richterin Sieglinde Tettmann darauf, drei der fünf Fälle einzustellen. Für die verbliebenen beiden forderte die Anklagevertreterin eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu jeweils 25 Euro, die Verteidigerin von 60 Tagessätzen zu 25 Euro. Richterin Tettmann wählte den goldenen Mittelweg mit 70 Tagessätzen. Die Tagessatzhöhe ist deshalb immer die gleiche, weil sie sich nach dem Einkommen des Angeklagten richtet. Der Angeklagte habe Schuldeinsicht und Reue gezeigt, sei nicht vorbestraft und habe keinerlei persönlichen Vorteil erlangt, waren sich alle Prozessbeteiligten einig.

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21.07.2021

Leicht bekleidet aber schwer betrunken / Auf offener Straße eingeschlafen: 19-Jährige Schülerin wehrte sich gegen Polizisten

Kulmbach. Freund weg, Fitnessstudio geschlossen und die Familie im Nacken: das wurde einer 19-jährigen Schülerin aus Kulmbach zu viel. Sie ließ sich bei der Geburtstagsparty ihrer Freundin mal so richtig volllaufen Kurz nach zwei Uhr am frühen Morgen des 18. Oktober wurde sie in der Oberen Stadt im Freien schlafend, leicht bekleidet und mit rund zwei Promille Alkohol im Blut angetroffen und ermahnt, doch schnellstens nach Hause zu gehen.

Die junge Frau ging aber nicht nach Hause. Zwei Stunden später kam die Polizei wieder vorbei, erneut mussten die Beamten feststellen, dass die 19-Jährige schon wieder auf offener Straße eingeschlafen war. Zu ihrem eigenen Schutz wollten die Beamten sie nun in Gewahrsam nehmen. Schließlich war die Herbstnacht bereits empfindlich kühl und die Frau hatte nur wenig an. Als sie das mitbekam, rastete sie allerdings völlig aus, wehte sich mit Händen und Füßen, schlug wild um sich und traf dabei auch mehrfach die Beamten. Die Polizei musste die Frau sogar mit vereinten Kräften gewaltsam zu Boden bringen, um ihr Handschellen anzulegen und sie mit auf die Wache nehmen zu können.

Wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in mehreren Fällen musste sich die angehende Pflegehelferin jetzt vor dem für Jugendsachen zuständigen Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner verantworten. Ja, sie habe sich damals massiv gewehrt, dabei sei die polizeiliche Maßnahme ja nur zur ihrem eigenen Schutz gewesen, zeigte sie sich mittlerweile einsichtig. Sie habe sich auch sofort danach bei den Beamten entschuldigt.

Die Angeklagte räumte auch ein, zuvor den 21. Geburtstag ihrer Freundin gefeiert zu haben. Bei der Party sei wenig gegessen, dafür umso mehr getrunken worden. Vor allem sie selbst habe dem Alkohol zugesprochen, weil sie auch noch kurz zuvor ihr Freund verlassen hatte und sie unter Liebeskummer gelitten hatte. „Unter normalen Umständen wäre das alles gar nicht passiert“, so die Angeklagte.

Ein gänzlich unbeschriebenes Blatt war die junge Frau allerdings nicht. Schon vor zwei Jahren musste sie sich einmal wegen Körperverletzung und Bedrohung vor dem Jugendrichter verantworten und kam damals mit einer kleinen Geldauflage davon. Auch diesmal sei das Geschehen wieder absolut jugendtypisch, sagte Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Kulmbacher Landratsamtes. Die Angeklagte habe völlig unüberlegt und enthemmt gehandelt und dabei alkoholbedingt über die Stränge geschlagen. Als Hintergrund vermutete er, dass die Pandemie wohl massive Spuren bei der Angeklagten hinterlassen hatte. Sie habe ihrem Hobby nicht nachgehen können, weil die Fitnessstudios geschlossen hatten, war monatelang in der elterlichen Wohnung zum Homeschooling gezwungen und habe dann auch noch unter dem Frust wegen der Auseinandersetzung mit dem Freund gelitten.

Richter Berner rund der Vertreter der Staatsanwaltschaft kamen deshalb auch schnell überein, das Verfahren gegen eine Arbeitsauflage einzustellen. „Mitte Oktober draußen zu übernachten, das ist ein Zeichen, dass sie völlig von der Rolle waren“, sagte Berner zu der jungen Frau. Sie muss nun 40 Stunden gemeinnützige Arbeit nach näherer Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung ableisten.

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20.07.2021

Marihuana und Munition: Angeklagter machte reinen Tisch / Trotz zahlreicher Drogendelikte: Geständnis bewahrte 22-Jährigen vor Haftstrafe

Kulmbach. Selten, dass ein Angeklagter so offen und ehrlich vor Gericht seine Drogengeschichten einräumt, wie das ein 22-jähriger Arbeiter aus Neuenmarkt jetzt getan hat. Das machte sich gut vor Gericht und so kam der Angeklagte trotz einer Vielzahl von Drogengeschäften mit einer Bewährungsstrafe von neun Monaten davon.

Schuldig gesprochen wurde der Mann vom Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt wegen des Erwerbs von Drogen in 20 Fällen, wegen der Abgabe von Drogen an Minderjährige in drei Fällen und außerdem wegen des Besitzes von 15 Schuss Kartuschmunition. „Es ist schon auffallend, wie ehrlich sie sind und wie offen sie mit ihrem Problem umgehen“, sagte die vorsitzende Richterin zum Angeklagten. Zuvor hatte der über seinen Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach erklären lassen, dass er sich schuldig im Sinne der Anklage bekenne und alle Vorwürfe eins zu eins einräume.

Der Angeklagte hatte Ende 2019 bis Anfang 2020 in mindestens 20 Fällen jeweils zwischen fünf und 13 Gramm Marihuana bei einem anderweitig Verfolgten zum Preis von zehn bis 13 Euro pro Gramm angekauft. Den Dealer hatte er über seine eigene Verwandtschaft kennengelernt. „Er war meine Quelle“, gab der Angeklagte freimütig zu. In einem weiteren Fall hatte er von einem ehemaligen Arbeitskollegen unentgeltlich eine kleinere Menge Marihuana angenommen.

Am schwersten wog jedoch der Vorwurf, einem unter 18-jährigen Schüler in drei Fällen jeweils zwei Gramm Marihuana verlauft zu haben. Der Schüler habe ihn gefragt, ob er etwas besitze, da habe er es ihm halt gegeben, sagte der Angeklagte. Finanziellen Nutzen habe er daraus keinen ziehen wollen. „Ich habe es mehr oder weniger zum Einkaufspreis weitergegeben.“ Nicht wissen konnte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt, dass die Abgabe von Drogen an Minderjährige ein Verbrechen ist. „Der Gesetzgeber wollte damit deutlich machen, wie ernst die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Betäubungsmittel ist“, musste er sich jetzt von der Vertreterin der Staatsanwaltschaft erklären lassen.

Nach seinem Konsumverhalten befragt gab der Angeklagte auch noch offen und ehrlich zu, zuletzt vor eineinhalb Wochen einen Joint geraucht zu haben. Wegen Drogen und auch wegen Alkohols hatte er bereits seinen Führerschein abgeben müssen. Nun will er ihn wieder zurück. Leicht wird das nicht, denn er muss dafür eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) machen, die wiederum ein Jahr vollkommene Abstinenz voraussetzt.

Nachdem sowohl die Anklagevertreterin, als auch Verteidiger Stübinger auf neun Monate mit Bewährung plädiert hatten, war es für das Schöffengericht ein Einfaches, das richtige Strafmaß zu finden. Der Angeklagte muss außerdem 2500 Euro als Geldbuße an die Jugendwerkstatt der Geschwister-Gummi-Stiftung überweisen und Kontakt zur Suchtberatungsstelle aufnehmen. Ihm wird jeglicher Drogenkonsum verboten, was er durch regelmäßige Drogenscreenings, also Haar- und Urintests, nachweisen muss. „Vor allem ihre Ehrlichkeit war ein Bonus, der sich in der Strafzumessung niedergeschlagen hat, damit haben sie sich die Bewährung verdient“, sagte Richterin Allstadt zum Angeklagten.

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16.07.2021

11000 Euro Schaden an geparktem Fahrzeug: Unfallverursacher machte sich aus dem Staub / 30-Jährige bekommt Fahrverbot und saftige Geldstrafe

Kulmbach. Weit über 11000 Euro Schaden hat ein 30 Jahre alter Handwerker aus dem Landkreis beim Aufprall seines Wagens an einer geparkten hochwertigen Limousine verursacht. Doch anstatt sich um den Schaden zu kümmern, traf er sich gleich in der Nachbarschaft mit Freunden zum Feiern. Irgendwie hatte dem Mann die Sache aber doch nicht losgelassen. Als er zu später Stunde noch mal nach dem Rechten sehen wollte, lief er der Polizei praktisch genau in die Arme.

Nun musste er sich wegen der Unfallflucht vor Gericht verantworten. Gegen einen entsprechenden Strafbefehl hatte er zuvor Einspruch eingelegt, weil darin der Führerscheinentzug vorgesehen war. Erfolg hatte er mit seinem Einspruch insofern, als dass er nun mit fünf Monaten Fahrverbot davon kam. Die Geldstrafe fiel mit 50 Tagessätzen zu jeweils 75 Euro (3750 Euro) jedoch deutlich aus.

Der Vorfall hatte sich am frühen Abend 16. Dezember 2019 in Rugendorf ereignet. Beim Einbiegen in die betreffende Straße habe er nach rechts geblickt und damit automatisch nach links gelenkt, erklärte seine Verteidigerin Sabrina Meier aus Kronach. Er will sogar einen Aufprall gehört haben, sei aber davon ausgegangen, dass dies die Mauer oder der Randstein gewesen sei. An seinem eigenen Auto habe er keinen Schaden, lediglich ein paar kleine Kratzer erkennen können.

Er habe die Sache sofort eingeräumt und sich beim Geschädigten entschuldigt, verteidigte ich der Angeklagte. Auch der Schaden sei längst reguliert. „Ich ärgere mich am meisten über mich selbst“, sagt der Mann vor Gericht.

Das mit der Mauer wollte der Vertreter der Staatsanwaltschaft dem Angeklagten nicht so recht glauben. Hintergrund war, dass wegen der Sache sogar ein Gutachten bei einem Kfz-Sachverständigen in Auftrag gegeben wurde. Darin hieß es, dass aufgrund der Schäden am gegnerischen Fahrzeug ein lautstarker Schlag erfolgt sein muss. „Das Geräusch muss an der Schmerzgrenze des Hörbaren gewesen sein“, hieß es im Gutachten.

Der Angeklagte räumte daraufhin ein, dass er im Auto lautstark Musik gehört habe und ohnehin mit den Gedanken ganz woanders gewesen sei. Er hatte zu dieser Zeit wohl recht viel um die Ohren, weil er eine schwere Operation hinter sich und eine weitere vor sich gehabt habe.

Die letztlich auch verhängte Geldstrafe in Höhe von 3750 Euro, aber eben auch einen Führerscheinentzug beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. Knackpunkt war dabei der extrem hohe Sachschaden. Schon bei einem Schaden von 1500 Euro sei die Anklagebehörde angehalten, einen Fahrerlaubnisentzug zu beantragen. Bei Schäden über 5000 Euro sei der Führerscheinentzug sogar zwingend.

Das sah die Verteidigerin anders. Ihr Mandant habe reinen Tisch gemacht, sei nicht vorbestraft und fahre seitdem einwandfrei. Darüber hinaus sei der Angeklagte beruflich und aufgrund seiner Operationsgeschichten dringend auf sein Fahrzeug angewiesen.

Auch Richterin Sieglinde Tettmann hielt ein Fahrverbot statt eines Führerscheinentzug für ausreichend, aus Gleichbehandlungsgründen müsse es mit fünf Monaten aber auch ordentlich ausfallen. Vor allem hielt sie dem Angeklagten zu Gute, dass er sich entschuldigt hatte und umgehend dafür sorgte, den Schaden zu regulieren.

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08.07.2021

Schluss gemacht: 22-Jähriger rastete komplett aus / Mechaniker wegen mehrfacher Körperverletzung und Sachschädigung verurteilt

Kulmbach. Das hatte sich eine 19-Jährige aus dem Landkreis einfacher vorgestellt: sie wollte kurzerhand mit ihrem Freund, einem 22-jährigen Mechaniker aus Kulmbach Schluss machen und fuhr zu ihm, um ihre Sachen abzuholen. Irgendwie hatte sie wohl schon geahnt, dass es so einfach nicht werden würde, deshalb nahm sie sicherheitshalber eine Freundin mit. Sie hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass der Mann so heftig ausrasten würde. Wegen mehrfacher Körperverletzung und Sachbeschädigung fand er sich jetzt auf der Anklagebank des Kulmbacher Amtsgerichtes wieder.

Zunächst schlug der 19-jährige Angeklagte die Haustür so schwungvoll zu, dass er den Fuß seiner Ex-Freundin einklemmte und für eine heftige Prellung sorgte. Dann wollte er auf sie losgehen, doch mutig stellte sich deren Freundin, eine ebenfalls 19-Jährige aus dem Landkreis, dazwischen. Vollkommen außer sich schubste er die Frau zu Boden, trat laut Anklage zwei Mal mit den Fuß nach ihr und traf sie dabei an der Schulter. Sie war mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen und erlitt zahlreiche Blaue Flecken und ebenfalls Prellungen.

Doch damit nicht genug. Der Streit schaukelte sich so auf, dass der Angeklagte eine Tüte mit verschiedenen Sachen der Freundin auf ihr Auto knallte und mit dem Fuß mehrere Male dagegen trat. Das Ergebnis: Dellen und Kratzer auf der Motorhaube, der Sachschaden wurde angeblich sogar mit 3500 Euro angegeben.

Einen Teil der Vorwürfe räumte der Angeklagte gleich zu Beginn der Hauptverhandlung ein. Er habe die Haustür zugeschlagen, aber nicht mitbekommen, dass da noch ein Fuß dazwischen ist. Er sei zuerst von der Freundin der Ex beleidigt und geschubst worden. Da habe er zurückgeschubst und dabei sei die Frau gestürzt. Getreten haben will er sie aber nicht, nur das Auto. Das sei allerdings aufgrund früherer Unfälle heftig demoliert und ohnehin nur noch zwischen 400 und 700 Euro wert gewesen.

Die Ex und deren Freundin berichteten in ihren Zeugenaussagen von den Tritten, während die Mutter des Angeklagten, die angeblich alles aus einem Fenster beobachtet hatte, laut polizeilicher Aussage keine Tritte gesehen haben will. Aufschluss brachten einmal mehr ein Smartphone, das die Freundin der Ex im Gerichtssaal überraschend aus der Tasche zog.

Die Zeugin zeigte dem Gericht, was ihr der Angeklagte einige Tage später über einen Messaging-Dienst geschrieben hatte. Darin entschuldigte sich der Angeklagte wortgewaltig und theatralisch für seine Taten und räumte ein, dass er sich einfach nicht mehr unter Kontrolle gehabt hatte. Er bereue alles, was passiert sei, zutiefst und bat inständig um Entschuldigung für sein Verhalten. Wenn es also wirklich nur um einen harmlosen Schubser, gegangen wäre, dass hätte er das ja nicht geschrieben. „Diese Nachricht klingt tatsächlich nicht nach einem Schubser“, sagte Richterin Tettmann.

Da räumte der Angeklagte nach einigem hin und her ein, dass er damals so in Rage gewesen sei, dass er sich eigentlich gar nicht mehr richtig an die Sache erinnern könne. Dann ging alles ganz schnell. Richterin Tettmann verurteilte den jungen Mann wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen, was umgerechnet drei Monaten Haft entsprechen würde. Den Tagessatz legte sie auf zehn Euro fest, weil der Angeklagte derzeit auf Jobsuche ist. Mit 900 Euro Geldstrafe kam der 22-Jährige dabei verhältnismäßig gut davon.

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07.07.2021

Neugier und Abenteuerlust als Motiv / Student landete wegen Marihuana-Konsums auf der Anklagebank

Kulmbach. Auch kleinste Mengen illegaler Drogen können schon ausreichen, um vor Gericht zu landen. Das ist auch gut so, denn durch den Eindruck einer Hauptverhandlung kann das Gericht gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden noch einen Umdenkprozess bewirken und jungen Leuten die Gefahren des Drogenkonsums vor Augen führen. Im Fall eines 20 Jahre jungen Studenten aus dem Landkreis war das gar nicht mehr nötig. Er hatte nach dem Genuss einer kleinen Menge Marihuana schon genug und konnte dem Gericht glaubhaft darlegen, dass er von Drogen künftig die Finger lassen wird.

„Ich hatte gar keinen Geschmack daran gefunden, mir wurde nur schlecht“, sagte er vor Gericht. Wegen des Erwerbs von Betäubungsmitteln musste er sich trotzdem verantworten. Angeklagt war der 20-Jährige, weil er zusammen mit einem Kumpel in mindestens fünf Fällen jeweils fünf Gramm Marihuana von einem Bekannten zum Preis von elf Euro pro Gramm erworben haben soll.

„Das stimmt allerdings so nicht“, gab der Angeklagte zu Protokoll. Es habe lediglich einen einzigen Kauf gegeben und da seien es höchstens drei Gramm gewesen. Ihm sei bekannt gewesen, dass der Bekannte konsumiert und an den Stoff kommt. Also wollten es er und sein Kumpel auch einmal ausprobieren. Über den Massaging-Dienst Telegram hatte man Kontakt aufgenommen und die Bestellung aufgegeben.

„Wir wussten gar nicht, wie man das eigentlich konsumiert, also haben wir uns im Internet erst einmal schlau gemacht“, sagte der Angeklagte. Das Ergebnis war dann allerdings mehr als ernüchternd: „Wir hatten beide nicht einmal ansatzweise die Idee, das nochmal zu probieren“. Man habe die rund drei Gramm auch gar nicht komplett konsumiert, sondern den Rest einfach weggeworfen. Er habe schon die ganze Zeit im Hinterkopf gehabt, dass er etwas Verbotenes macht, sagte der Angeklagte. „Ich weiß, dass es ein dummer Fehler war und ich habe daraus gelernt, zeigte er sich reumütig.

Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Landratsamtes hatte, wie in solchen Fällen üblich, bereits ein ausführliches Gespräch mit dem Angeklagten geführt. Auch er zeigte sich überzeugt, davon, dass der junge Mann kein Suchtproblem habe. Die ganze Sache sei menschlich längst bewältigt. Jugendtypischer könne eine Tat nicht ausfallen, sagte der Experte. Wenn der Angeklagte auch keinerlei Reifeverzögerungen aufweise, so sei doch von jugendtypischen Fehlverhalten aufgrund von Neugier, Abenteuerlust und dem Reiz des Verbotenen auszugehen.

Gegen den Kumpel wurde ebenfalls ein Verfahren eingeleitet, das mittlerweile vergleichsweise glimpflich mit einer Einstellung gegen 250 Euro endete. Der für Jugendsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner stellte deshalb auch das vorliegende Verfahren ein, allerdings nicht gegen eine Geldauflage, sondern gegen eine Arbeitsauflage. Nach Weisung der Jugendgerichtshilfe seines Studienortes muss der Mann innerhalb der kommenden sechs Monate 25 Stunden unentgeltliche Arbeit leisten. Schwer dürfte ihm das nicht fallen, denn der Angeklagte war schon immer im sozialen Bereich ehrenamtlich engagiert.

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02.07.2021

Geklauter Gin als Geschenk / Hochprozentig und hochpreisig: Student ließ Alkoholika mitgehen

Kulmbach. Vor Gericht bereute er die Sache zutiefst, doch beim Blick auf seine einschlägige Vorstrafe wollte ihm keiner mehr so recht Glauben schenken: Wegen eines Ladendiebstahls im Kulmbacher Kaufland ist ein 26 Jahre alter Student aus Bayreuth zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (1350 Euro) verurteilt worden.

Der Urteilsspruch von Richterin Sieglinde Tettmann lautete auf „Diebstahl mit Waffen“. Hintergrund ist, dass sich der Mann zunächst in der Getränkeabteilung den Gin ausgesucht hatte und sich dann in der Haushaltswarenabteilung ein Küchenmesser nahm, um damit dich Sicherungsetiketten an den Flaschen zu entfernen.

In der Hauptverhandlung gab der Angeklagte alles zu. „Ich stelle mich der Verantwortung für den Mist, den ich gebaut habe“, sagte er. Gleichzeitig gab er aber auch klar und deutlich zu verstehen: „Ich sehe mich nicht als Räuber oder Schwerkriminellen“. Nach Entfernung der Sicherungsetiketten habe er das Messer wieder in einem Regal abgelegt.

Als Grund für den Diebstahl sagte der Mann. Dass er sich bei einem Bekannten nicht habe lumpen lassen und die beiden Flaschen als Geschenk überreichen wollen. Also versteckte er die Flaschen in eine mitgebrachte Einkaufstüte, während er die dort ebenfalls befindliche Apfelschorle aufs Kassenband legte und bezahlte. Das alles hatte der Ladendetektiv beobachtet.

Der Detektiv stellte den Angeklagten gleich hinter der Kasse, doch da gab der Student Fersengeld und es kam zu einer abenteuerlichen Verfolgungsjagd. Der Mann sei Richtung Ausgang und dann weiter in die Blaich gerannt. „Er war ziemlich schnell und ich zu langsam“, entschuldige sich der Ladendetektiv. Später hatte sich der Student im Keller eines Wohnhauses in Richtung Ängerlein verschanzt, wo ihn der inzwischen aufs Auto umgestiegene Detektiv zusammen mit der Polizei festnehmen konnte. Die zwei Flaschen Gin blieben unversehrt.

Stutzig macht bei der Geschichte allerdings die Tatsache, dass der Angeklagte bereits im Juli 2019 ebenfalls in Kulmbach in einem Baumarkt einiges mitgehen ließ. Darunter einen Akkuschrauber samt Ladegerät, eine Zange, einen Adapter und zwei Anschlüsse für den Gartenschlauch. Alles in allem im Gesamtwert von über 110 Euro. Per Strafbefehl wurde er damals zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro verurteilt.

„So viel dazugelernt haben sie da offensichtlich nicht“, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft zum Angeklagten und beantragte die letztlich auch so verhängte Geldstrafe in Höhe von 1350 Euro. Genauso wie Richterin Tettmann stufte die Anklagevertreterin die Tat aufgrund der Gesamtumstände als minderschweren Fall ein.

Für eine Verurteilung wegen "Diebstahls mit Waffen“ reicht ein abstraktes Gefährdungpotenzial aus. Das bedeutet: Auch wenn man ein Messer nur einstecken hat und es gar nicht einsetzt, liegt dem Gesetz zufolge der Diebstahl mit Waffen vor. Im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte das Messer nur kurzzeitig in der Hand, um die Sicherungsetiketten zu entfernen. Allerdings erkannte das Gericht auf einen minderschweren Fall, bei dem die Mindeststrafe bei drei Monaten liegt. Drei Monate haben 90 Tage und so kam das Gericht bei der Geldstrafe auf 90 Tagessätze. Die Tagessatzhöhe leitet sich aus dem Einkommen ab. Da der Student mehr oder weniger von seinen Eltern lebt und sich durch Nachhilfe ein Taschengels dazu verdient, sah das Gericht 15 Euro als ausreichend an.

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02.07.2021

Angeklagter wirft Polizei Rassismus vor / Widerstand gegen Polizei und betrunken auf dem Rad: 29-jähriger Eritreer muss ins Gefängnis

Kulmbach. Weil er sich der Feststellung seiner Personalien durch die Polizei widersetzt hatte und weil er betrunken mit dem Fahrrad gefahren ist, muss ein 29-jähriger Eritreer aus Kulmbach vier Monate ins Gefängnis. Insgesamt wird sein Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt aber deutlich länger dauern. Der Angeklagte wurde erst 2019 zu einem Jahr und neun Monaten wegen verschiedener Drogengeschichte verurteilt. Damals noch auf Bewährung. Weil er sich aber nicht an die Auflagen gehalten hatte, muss er nun auch diese Strafe absitzen. Möglich ist aber auch, dass der Mann nach einer gewissen Zeit in seine Heimat abgeschoben wird, weil derzeit vor dem Verwaltungsgericht eine Klage in Sachen Aufenthaltsstatus anhängig ist.

Zu den Auflagen gehörte unter anderem ein striktes Alkoholverbot, weil man wusste, dass der 29-Jährige unter Alkoholeinfluss zu Straftaten neigt. Das hatte sich jetzt bewahrheitet. Zusammen mit einem Bekannten hatte sich der Angeklagte am Nachmittag des 10. September im Bereich des Kulmbacher Bahnhofs aufgehalten und Passanten angepöbelt. Zwei Polizeibeamte nahmen sich der beiden an, doch die zeigten sich uneinsichtig. Weil sie sich nicht ausweisen konnten, sollten sie mit auf die Wache.

Damit war der Angeklagte gar nicht einverstanden und widersetzte sich den polizeilichen Maßnahmen. Unter anderem riss er sich auf der Wache gewaltsam vom Arm des Polizisten los und ballte seine Fäuste, so dass die Beamten keine Fingerabdrücke nehmen konnten. Bei einer anschließenden Blutentnahme stellten die Polizisten knapp 1,3 Promille Alkohol fest.

Eine weitere Anklage betraf eine Trunkenheitsfahrt. Mit knapp zwei Promille Alkohol im Blut und damit absolut fahruntüchtig soll der Angeklagte am Abend des 20. Juni in der Kronacher Straße mit dem Fahrrad unterwegs gewesen sein.

„Das stimmt“, sagte der Eritreer in der Hauptverhandlung. Er habe schlicht und ergreifend nicht gewusst, dass man nicht betrunken Fahrrad fahren darf, gab er zu Protokoll. In seiner Heimat sei das keine Straftat, er habe sich absolut sicher gefühlt und auch nur eine kurze Fahrstrecke zurückgelegt.

Den Widerstand gegen die Polizisten stritt er allerdings ab: „Ich bin schon etliche Male kontrolliert worden und habe nie irgendeinen Widerstand geleistet“. Vielmehr gebe es Polizisten vor Ort, die sich sehr aggressiv gegen Ausländer verhalten. „Ich beschuldige den Beamten ganz konkret des Rassismus“, sagte der Angeklagte. Alle seine Landsleute hätten Angst vor genau dem Polizisten und einem seiner Kollegen.

Ein Beamter, der damals in der mobilen Bahnhofsüberwachung eingesetzt war, bestätigte dagegen die Widerstandshandlungen. „Der Angeklagte hat uns immer wieder bei unseren Kontrollmaßnahmen gestört“, sagte der Polizist. Der Angeklagte habe versucht, sich aus dem Führungsgriff zu entreißen und sich der Abnahme seiner Fingerabdrücke widersetzt.

Tatsächlich stellten auch die Ärzte, die später die Blutentnahme durchführten ein „latent aggressives Verhalten“, eine „gereizte Stimmung“ und einen „sehr auffälligen Gesamteindruck“ fest. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft plädierte wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr auf acht Monate ohne Bewährung. Der Angeklagte habe während einer offenen Bewährung gleich zwei neue Taten begangen und sei damit ein Bewährungsversager, fand die Anklagevertreterin deutliche Worte.

Verteidiger Ralph Pittroff sah dagegen eine Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro als ausreichend an. Sein Mandant habe sich bereits vollständig in Polizeigewahrsam befunden und hätte gar nicht fliehen können, insofern sei die Widerstandshandlung am untersten Rand.

Richterin Sieglinde Tettmann entschied schließlich auf vier Monate ohne Bewährung. Auch sie stufte die Widerstandshandlungen im untersten Bereich ein. Allerdings habe der Angeklagte eine erhebliche Vorstrafe, bei der die Bewährung schon nicht durchgehalten hatte, weil er gegen entsprechende Auflagen verstoßen hatte.

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01.07.2021

Angriff mit Schubkarre / Verfahren gegen 46-jährige Frau aus dem Landkreis eingestellt

Mainleus. Eine Schubkarre als Tatwerkzeug für eine gefährliche Körperverletzung, das gab es wahrscheinlich noch nie vor dem Amtsgericht. Eine 46-jährige landwirtschaftliche Helferin aus dem Landkreis soll ihre Vermieterin mit voller Wucht gerammt und sie dabei verletzt haben. In der Hauptverhandlung stellte sich das Ganze dann aber eher als heftiger Streit denn als tätlicher Angriff dar, der sich so nach und nach aufgeschaukelt hatte und schließlich eskaliert war. Alle Beteiligten kamen daraufhin dem Angebot von Gericht und Staatsanwaltschaft nach, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage zu Gunsten einer gemeinnützigen Organisation einzustellen. Die Angeklagte ist damit nicht vorbestraft

Der Vorfall hatte sich am 28. November des vergangenen Jahres in Mainleus ereignet. Dort hatte die Angeklagte seit Jahren Pferdeboxen angemietet. Nun wurde ihr aufgrund vorangegangener Streitigkeiten plötzlich gekündigt. Gerade als sie mit ihrem Freund, einem Bekannten und dessen Sohn die Boxen ausräumen wollte, stellte sich ihnen die Vermieterin in die Quere. Es ging dabei um Dachlatten, Paletten und bis zu zwei Meter lange Kanthölzer. Die Vermieterin behauptete, das alles gehöre ihr und wollte den Abtransport vermeiden.

Es kam wie es kommen musste. Zunächst gelang es der Angeklagten noch, einfach um die Frau herumzufahren, dann aber stellte sie sich so in den Weg, dass auch das nicht mehr ging. Was dann passierte, darüber gehen die Schilderungen auseinander. Die Vermieterin sagte, dass die Frau kräftig ausgeholt habe, ehe sie ihr die vollbeladene Schubkarre mit Schwung in die Oberschenkel gerammt habe. Und das, wo doch die Vermieterin nach einer Kreuzbandverletzung eine Schiene trug und ohnehin schon lädiert war. Sie habe erheblich Schmerzen erlitten, die blauen Flecken seien erst nach einer bis eineinhalb Wochen wieder vergangen.

Eine ganz andere Version brachte die Angeklagte vor. „Ich weiß gar nicht, ob ich sie überhaupt berührt habe, und wenn, dann nur ganz leicht und auf jeden Fall ohne Absicht“, sagte die Frau. Vielmehr sei sie danach von der Vermieterin weggedrückt worden und wäre beinahe zu Boden gegangen. So bestätigte das auch einer der beteiligten Zeugen, der Sohn ihres Bekannten. „Es war kein bewusster Angriff der Angeklagten“, gab der 31-jährige zu Protokoll. Zuvor hätten sich die beiden Frauen lautstark „angezickt“.

Für Richterin Sieglinde Tettmann und Staatsanwältin Anja Lettenbauer war zu diesem Zeitpunkt längst klar, dass sie Sache wohl kaum mehr hundertprozentig zu klären ist, zumal es auch schon eine zivilrechtliche Auseinandersetzung gab, ein angestrebter Täter-Opfer-Ausgleich nicht zustande gekommen war und die Angeklagte mittlerweile ein offizielles Betretungsverbot für das Grundstück habe.

Nach einer Unterredung mit ihrem Verteidiger Christoph Müller stimmte die Angeklagte dem Angebot der Einstellung schließlich aber dann doch zu. Als Geldauflage muss die Angeklagte innerhalb des nächsten halben Jahres 600 Euro an den Hospizverein Kulmbach überweisen.

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01.07.2021

„Notsituation in Anführungszeichen“ / Weil er ohne Führerschein unterwegs war: Hohe Geldstrafe gegen 35-jährigen Arbeiter aus dem Landkreis

Kulmbach. Bereits zum vierten Mal wurde ein 35 Jahre alter Arbeiter aus dem Landkreis ohne Führerschein erwischt. Während er zuletzt zu einer kurzen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde, kam er diesmal mit einer, allerdings relativ hohen Geldstrafe davon.

Grund dafür war eine Notsituation, zumindest hatte das der Angeklagte so empfunden. Der Mann hatte einen wichtigen Termin bei der Sparkasse, den er zuvor schon mehrfach verschoben hatte und den er nun nicht mehr verschieben konnte. Mit seiner Freundin wollte er losfahren, doch die Frau hatte einen Reifenplatzer und so setzte er sich kurzerhand selbst ans Steuer, nachdem er den Reifen gewechselt hatte. Es spielte für ihn keine Rolle, dass er zu diesem Zeitpunkt gar keinen Führerschein mehr hatte.

Fast schon bei der Sparkasse in der Fritz-Hornschuch-Straße angekommen, gerieten die beiden völlig unvermittelt in eine Polizeikontrolle. „Er hat gleich zugegeben, dass er gar keinen Führerschein mehr hat und war insgesamt sehr kooperativ“, sagte der Polizeibeamte vor Gericht. Der Zeuge konnte auch bestätigen, dass ein kaputter Reifen noch im Fahrzeug lag. Allerdings hatte die Freundin des Angeklagten auf ihn nicht unbedingt den Eindruck gemacht, dass sie fahruntauglich gewesen sei. Im Gegenteil, die Frau sei nach der Kontrolle ja auch weitergefahren. Der Angeklagte hatte zuvor angegeben, dass seine Freundin „mit den Nerven völlig fertig“ gewesen und nah am Zusammenbruch gewesen sei und stark gezittert habe. Deshalb habe er das Steuer übernommen.

Eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (3600 Euro) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis beantragte Staatsanwältin Anja Lettenbauer. Sie hielt dem Angeklagten dabei zu Gute, dass er von Anfang an geständig gewesen sei, dass die Fahrstrecke relativ kurz war und, dass es sich, zumindest aus Sicht des Angeklagten, um eine Notsituation gehandelt habe.

Mit 80 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (3200 Euro) blieb Richtern Tettmann in ihrem Urteil nur knapp darunter. Der Angeklagte habe spontan gehandelt, die Strecke sei nicht wirklich lang gewesen und der Mann habe sich sofort kooperativ gezeigt. Allerdings verhängte Tettmann nicht die von der Anklagevertreterin ebenfalls geforderte Sperrfrist von einem Jahr für eine neue Fahrerlaubnis. Die letzte Fahrt des Angeklagten ohne Führerschein habe bereits über fünf Jahre zurückgelegen, die jetzige Fahrt sei „zumindest in Anführungszeichen eine Notsituation“ gewesen, so dass dem Mann die Chance nicht verwehrt werden soll, irgendwann doch wieder den Führerschein zu bekommen. So einfach wird das allerdings nicht. Einen Versuch, seine Fahrerlaubnis wieder zu bekommen, hatte der Angeklagte schon unternommen, er hatte aber die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) zur Beurteilung seiner Fahreignung nicht bestanden.

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24.06.2021

Krank, obdachlos und drogenabhängig / 26-jähriger Kulmbacher muss ins Gefängnis

Kulmbach. Wer einmal in den Drogensumpf hinein geraten ist, kommt nur schwerlich wieder heraus. Das hat jetzt schmerzlich ein 26-jähriger Mann erfahren, der sich wegen einer Vielzahl von Fällen vor Gericht verantworten musste und der jetzt den Gang ins Gefängnis antreten muss. Richterin Sieglinde Tettmann verurteilte den Kulmbacher wegen des Erwerbs und des Besitzes von Betäubungsmitteln in 16 Fällen zu neun Monaten Haft ohne Bewährung.

Keine Arbeit, keine Wohnung, Schicksalsschläge, Krankheiten und die falschen Freunde, davon ist das Leben des Mannes geprägt. Kein Wunder, dass er nicht mehr den rechten Weg fand. Zwischen Februar und Juni 2020 hatte er von einem anderweitig Verfolgten in mindestens 16 Fällen jeweils zehn Gramm Marihuana erworben. Bei einer Razzia in seiner damaligen Wohnung wurden am 17. Juni außerdem eine geringe Menge Haschisch, eine größere Menge Marihuana und zwei Ecstasy-Tabletten gefunden. Keine zwei Wochen später wurde er vor der Obdachlosenunterkunft in Kulmbach erneut mit einer kleineren Menge Marihuana im Rucksack angetroffen.

Größtes Problem für den jungen Mann war, dass er Ende 2017 schon einmal wegen verschiedener Drogengeschichten verurteilt wurde. Damals hatte er einen regen Handel betrieben und unter anderem auch an Minderjährige verkauft. Deshalb wurde er, ebenfalls in Kulmbach, zu zwei Jahren verurteilt, die Strafe wurde teilweise auf Bewährung ausgesetzt, weil er gleichzeitig eine Therapie machen konnte.

Diese Therapie war zunächst auch erfolgreich, doch als ihm seine Wohnung gekündigt wurde, er in die Obdachlosenunterkunft umzog und seine Freundin mit ihm Schluss machte, ging der Drogenkonsum erneut von vorne los. Dazu kam, dass ihm sein damaliger Lieferant immer wieder bedrohte, weil er gegen den Mann ausgesagt hatte. Die Folgen waren wiederkehrende Angstzustände und Panikattacken bis hin zum kompletten Zusammenbruch in einer Disko. Damals lag der Angeklagte zwei Tage lang im Koma.

„In Extremsituationen gab es immer wieder Rückfälle“, sagte der Angeklagte. Sein Verteidiger Ralph Pittroff aus Kulmbach erklärte, dass die Panikattacken zuletzt der Hauptgrund für den Drogenkonsum gewesen seien. Tatsächlich gab es auch nach Auskunft des ermittelnden Kripo-Beamten keinerlei Hinweise darauf, dass der von Hartz IV lebende Angeklagte mit Drogen gehandelt hätte.

Verteidiger Pittroff hatte in seinem Plädoyer sechs Monate mit Bewährung gefordert. Sein Mandant habe reinen Tisch gemacht, aufgrund der Lebensumstände und zahlreicher persönlicher Beeinträchtigungen seien die Drogen für den Mandanten mit der Zeit zu einer Art Medikament geworden. Das sah der Vertreter der Staatsanwaltschaft anders. Der Angeklagte habe ein völlig ungelöstes Drogenproblem, sagte er und plädierte auf die letztlich auch verhängten neun Monate ohne Bewährung.

Sie sehe keine günstige Prognose, begründete Tettmann ihr Urteil. Der Angeklagte besitze keiner Stabilität, was ein erneuter Rückfall erst im März dieses Jahres zeige. Daneben habe der Mann unter einschlägiger Bewährung gestanden und trotz engmaschiger Hilfe durch Bewährungshelferin, Betreuer und Job-Center eine Vielzahl von Taten begangen.

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23.06.2021

Zusammenstoß bei Betzenstein: Ausflug in die Fränkische endete mit zwei kaputten Bikes / Verfahren gegen Unfallverursacher gegen hohe Geldauflage eingestellt

Bayreuth/Betzenstein. Dieses Überholmanöver ging komplett daneben: Einem 50-jährigen Mann aus Pottenstein ging es am 14. Juli des vergangenen Jahres auf der Staatsstraße bei Betzenstein wegen eines vor ihm fahrenden Traktors mir Rückewagen zu langsam voran. Ausgerechnet in einer absolut unübersichtlichen Kurve überholte er noch im Ortsbereich mit seinem Cabrio das Gespann. Es kam wie es kommen musste: vier Motoradfahrer, die gerade zu einem Ausflug durch die Fränkische gestartet waren, kamen ihm entgegen.

Die ersten beiden, zwei Brüder aus Heroldsberg, mussten eine Vollbremsung hinlegen, zogen die Maschinen nach links und prallten aufeinander. Zum Glück gab es außer einer gestauchten Hand keinen Personenschaden zu beklagen. Allerdings kam es zu einem erheblichen Sachschaden. An beiden Bikes war ein Schaden von zusammen fast 10000 Euro entstanden. Ohne sich darum zu kümmern, war der Verursacher damals weitergefahren.

Die Polizei konnte ihn allerdings schnell ausfindig machen. Wegen fahrlössiger Körperverletzung und wegen Unfallflucht musste er sich nun vor Gericht verantworten. Über seinen Verteidiger Rainer Deuerlein ließ der Mann erklären, dass er von dem Zusammenstoß nichts mitbekommen habe. Aufgrund der Zeugenaussagen komme er wohl als Verursacher in Betracht. „Wenn etwas passiert ist, dann tut es mir sehr leid, aber ich habe wirklich nichts davon mitbekommen“, sagte der Angeklagte. Er habe zwar schon noch die Erinnerung, dass es knapp war, doch habe er dem Vorfall keinerlei Beachtung geschenkt und sei schnurstracks nach Hause gefahren.

Für die Biker war der Ausflug in die Fränkische dagegen schnell beendet. „Ich fahre seit meinem 16. Lebensjahr Motorrad, aber das war mein erster Unfall“, sagte der 27-jährige Mechaniker, der als zweiter in der kleinen Kolonne fuhr. Noch heute habe er ein Problem, wenn ein dunkles Fahrzeug auf ihn zukommt. Seinen Schaden habe er selbst übernommen, und der war nicht ohne. Bei der Kollision mit der Maschine des vor ihm fahrenden Bruders war der Kühler geplatzt und die gesamte Seitenverkleidung abgesprungen. Der Gutachter kam auf rund 5800 Euro.

Immerhin hatte die Versicherung des Mannes den Schaden am Bike des Bruders übernommen. Gut 4000 Euro kamen dort zusammen. „Der Knall war deutlich zu hören“, sagte der Bruder, der dem Angeklagten noch Lichthupe gab, doch vergebens. Auch der Traktorfahrer, ein 31-jährger Mann aus Betzenstein, hatte den Knall deutlich gehört, obwohl sein Gefährt eine vollverglaste Kabine hatte. „Es war ein richtiger Patscher“, sagte er. Auch die Frau, die hinter dem Angeklagten gefahren war, hatte das Gericht geladen. Sie hatte noch versucht, den Unfallverursacher dingfest zu machen und war ihm nachgefahren. Doch vergebens, sie hatte ihn nicht mehr einholen können.

„Es kann dem Angeklagten nicht widerlegt werden, dass er die Kollision visuell nicht wahrgenommen hat“, zog Amtsrichter Stefan Kolb Bilanz. Ob er den Zusammenprall gehört hat, sei fraglich. Nachdem der Angeklagte nicht vorbestraft war und nicht einmal einen Eintrag im Verkehrsregister, also nicht einen einzigen Punkt in Flensburg, hatte, kamen alle Beteiligten überein, das Verfahren einzustellen. Allerdings gegen eine relativ hohe Geldauflage. 1500 Euro muss der Pottensteiner an den Bewährungshilfeverein „Fähre“ bezahlen, weitere 500 Euro an den geschädigten Motorradfahrer.

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23.06.2021

Diebstahl in der Familie / Spardose des Bruders und Geldbörse der Mutter geplündert - Lehrling muss Arbeitsstunden ableisten

Kulmbach. Das hatte selbst der Chef des Kulmbacher Amtsgerichts Christoph Berner bisher kaum erlebt: Eine Mutter zeigt ihren eigenen Sohn an, weil der die Familie hemmungslos bestohlen hat. „Normalerweise schreckt man doch vor sowas zurück“, konnte Berner seine Verwunderung nicht verhehlen. Hintergrund war, dass der angeklagte 20-Jährige schon in der Vergangenheit mehrfach wegen Auffälligkeiten in psychiatrischer Behandlung war und wohl spielsüchtig ist.

Der Lehrling hatte sich zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 in vier Fällen an den Spardosen und Geldbörsen seiner Mutter, seines Bruders und seines Stiefvaters bedient und dabei einen Geldbetrag von zusammen 235 Euro erbeutet. Ein weiterer Versuch, eine Geldkassette aufzubrechen, schlug fehl, allerdings war die Kassette danach nicht mehr zu gebrauchen.

„Naja, ein komisches Gefühl war es schon, aber das war mir in diesem Moment egal“, gab der junge Mann in erschreckender Offenheit zu. Für die im Gerichtssaal anwesende Mutter war der Gang zur Anzeigeerstattung bei der Polizei gewiss nicht leicht, doch wusste sie anscheinend nicht mehr aus noch ein. Auch während der Verhandlung brach die Frau in Tränen aus, als sie von dem desolaten Verhältnis zu ihrem Sohn berichtete. Zurückbezahlt hatte er bislang nur einen Teil des Geldes, entschuldigt hatte er sich noch gar nicht. „Eine Entschuldigung wäre wohl das allermindeste gewesen“, wunderte sich Richter Berner.

Ein Blick auf das bisherige Leben des jungen Mannes durch den Vertreter der Jugendgerichtshilfe brachte zum einen zahlreiche Konflikte im familiären Alltag zu Tage, aber auch eine massiv belastete Biographie, die den Angeklagten schon in jungen Jahren traumatisiert zurückließ. Einen Ausweg hatte der 20-Jährige dort gesucht, wo es bestimmt keinen Ausweg gibt: im Online-Glücksspiel. Obwohl er selbst zugab, spielsüchtig zu sein, hatte er bislang noch nicht den Weg zur Suchtberatung gefunden.

Richter Berner verurteilte den Angeklagten am Ende zu 50 Stunden gemeinnütziger und unentgeltlicher Arbeit nach Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung und machte ihm zur Auflage, die Suchtberatung aufzusuchen. Obwohl der junge Mann zur Tatzeit schon über 18 Jahre alt war, entschied das Gericht aufgrund der besonderen Umstände auf die Anwendung des deutlich milderen Jugendstrafrechts. Möglich ist dies, weil der Angeklagte bis zum 21. Geburtstag juristisch als Heranwachsender gilt. Jede Jugendstrafe ist vom Erziehungsgedanken geprägt und nicht von einer eigentlichen Bestrafung.

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22.06.2021

Fenster ausgehebelt, Tresor geknackt, 12000 Euro erbeutet / Indizienprozess um Einbruch in Netto-Markt

Kulmbach/Untersteinach. Weit über 12000 Euro hatten der oder die Täter beim Einstieg in den Untersteinacher Netto-Markt Ende August, Anfang September 2019 erbeutet. Sie waren über ein Fenster eingestiegen, hatten zuvor das Fenstergitter ausgehebelt, die Alarmanlage ausgeschaltet und den Metalltresor mit einem Flex-Werkzeug aufgebrochen. Die Polizei hatte daraufhin einen heute 61-jährigen Mann aus Thüringen aufgrund von DNA-Spuren als Täter ermittelt. Er muss sich in Kulmbach vor Gericht verantworten.

Der IT-Techniker bestreitete zum Prozessauftakt sämtliche Vorwürfe. Die gefundenen Spuren könnten entweder eine Alt-DNA sein oder durch eine Sekundärübertragung entstanden sein, sagte er. Dazu muss man wissen, dass der Angeklagte eine überaus kriminelle Vergangenheit besitzt, mit der er offen umgeht. Bis 2010 war er zusammen mit einem anderen in zahlreiche Märkte in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und ganz vereinzelt auch in Nordbayern (Neustadt bei Coburg) eingestiegen und hatte die Tageseinnahmen aus den Tresoren entwendet. Sogar im Fernsehen wurde darüber schon der MDR-Sendung „Kripo live“ berichtet. Er wurde verurteilt, saß bereits im Gefängnis und hatte 2016 noch einmal versucht, den Tresor eines Verbrauchermarktes in Suhl zu knacken, was allerdings daneben ging. Seitdem sei es zu keinem Bruch mehr gekommen, versicherte er. Er sei schon körperlich gar nicht mehr in der Lage dazu, leide an einem Schaden der Bandscheiben und der Wirbelsäule und habe Arthrose.

Für die Tatsache, dass zumindest minimale Spuren in Untersteinach dem Angeklagten zugeordnet werden konnten, gibt es mehrere Erklärungen. So gab der Mann offen zu, dass er während seiner kriminellen Vergangenheit immer wieder die verschiedensten Märkte „aufgeklärt“ hatte. Mit „Aufklären“ meinte er allerdings wohl eher auskundschaften. „Ich gehe davon aus, dass der Netto-Täter von Untersteinach meine DNA irgendwo aufgenommen und weitergetragen hat“, sagte er. Auch im Zuge der polizeilichen Ermittlungen könne eine Spurenübertragung denkbar sein, zumal schon 20 Nanogramm Zellmaterial ausreichen, um zu einem Ergebnis zu kommen.

Für den Kommissar von der Spurenermittlung in Bayreuth war die Sache allerdings nicht so kompliziert. „Wenn ich mich nicht in einem Gebäude befunden habe, dürfte man normalerweise auch keine DNA von mir dort finden“, sagte er. Für ausgeschlossen hielt er es, dass die Polizei DNA von irgendjemand mitbringt. Jede Kripo besitze eigene Spurensicherungskoffer, für jeden Tatort würden eigene Handschuhe verwendet.

Die beiden Sachverständigen, die zum Prozess geladen waren, wollten dagegen eine Sekundärübertragung grundsätzlich nicht ausschließen. Grundsätzlich könne sich DNA über Jahre hinweg an einem Ort halten, sagte eine Biologin vom Rechtsmedizinischen Institut der Universität Erlangen. Freilich werde eine solche Spur durch Umwelteinflüsse oder Reinigungsmaßnahmen beeinträchtigt, doch überdauern könne sie schon einige Jahre, sogar im Außenbereich. Die Sachverständige sagte aber auch, dass Spuren aus Untersteinach dem Angeklagten zuzuordnen seien.

Zum gleichen Ergebnis kam eine weitere Sachverständige für forensische Spuren, die eigens von einem Institut in Köln angereist war. Sie sagte aus, dass es zwei Spuren gebe, die eindeutig vom Angeklagten stammen müssen. Bei allen anderen Spuren sei eine gesicherte Zuordnung nicht möglich. DNA-Spuren könnten zwar Jahre überdauern, allerdings sei dann auch meisten kein vollständiges Profil mehr erhalten.

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24.06.2021

Angeklagter freigesprochen: Einbruch in Netto-Markt bleibt ungeklärt

Kulmbach/Untersteinach. Der 61-jährge Mann aus Thüringen, der in Kulmbach angeklagt war, weil er den Tresor des Netto-Marktes in Untersteinach aufgebrochen haben soll, ist freigesprochen worden. Nach dem Grundsatz „In dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“) konnte dem Mann eine Tatbeteiligung nicht nachgewiesen werden. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte zuvor noch eine dreijährige Haftstrafe wegen besonders schweren Diebstahls beantragt, weil einige DNA-Spuren des Mannes sichergestellt werden konnten.

Das Gericht folgte dagegen in erster Linie zwei Sachverständigen. Die beiden Biologinnen von den Rechtsmedizinischen Instituten in Erlangen und Köln konnten eine Sekundärübertragung nicht ausschließen. Grundsätzlich könne sich DNA über Jahre hinweg an einem Ort halten, waren sich die beiden Expertinnen einig.

Bei dem Einbruch Ende August/Anfang September 2019 waren hatten der oder die Täter weit über 12000 Euro erbeutet. Sie waren über ein Fenster eingestiegen, hatten zuvor das Fenstergitter ausgehebelt, die Alarmanlage ausgeschaltet und den Metalltresor mit einem Flex-Werkzeug aufgebrochen. Die Polizei hatte daraufhin den heute 61-jährigen Mann aus Thüringen aufgrund von DNA-Spuren ermittelt.

Der Angeklagte hatte von Anfang an jede Tatbeteiligung bestritten. Der Mann räumte aber offen ein, dass er bis 2010 in zahlreiche Verbrauchermärkte in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und in Nordbayern eingestiegen war. Sogar im Fernsehen wurde darüber schon der MDR-Sendung „Kripo live“ berichtet. Er wurde dafür zu Gefängnisstrafen verurteilt. Als Erklärung für das Auffinden seiner DNA-Spuren sagte er, dass der mögliche Täter die Spuren irgendwo aufgenommen und weitergetragen haben könnte. Schließlich habe er jahrelang zahlreiche Märkte ausgekundschaftet und dabei seine DNA hinterlassen.

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17.06.2021

Kaufsucht und Kleptomanie / 33-jähriger Bayreuther muss wegen zahlreicher Tankbetrügereien ins Gefängnis

Kulmbach/Bayreuth. Wegen einer umfangreichen Serie von Tankbetrügereien muss ein 33-jähriger Mann aus Bayreuth ins Gefängnis. Das Amtsgericht in Kulmbach verurteilte den gelernten Betonbauer zu zehn Monaten ohne Bewährung. Der Mann hatte seinen Wagen in 13 Einzelfällen an Zapfsäulen im Raum Bayreuth/Kulmbach immer wieder betankt und war dann einfach weggefahren oder hatte sich unter den verschiedensten Ausreden aus dem Staub gemacht. Insgesamt kam es zwischen Januar und August 2020 zu einem Gesamtschaden von über 500 Euro. Von dem Geld ist bis heute nichts zurückbezahlt.

„Ich gestehe alles“, sagte der Mann, der aus der Justizvollzugsanstalt Hof vorgeführt wurde, zu Beginn der Hauptverhandlung. Ihm blieb aber auch kaum etwas anderes übrig. In sämtlichen Fällen muss ihm klar gewesen sein, dass die Tankstellen per Video überwacht werden und er somit beobachtet wird. Doch damit nicht genug. Meist machte er sich erst dann aus dem Staub, als er dem Kassenpersonal eine abenteuerliche Ausrede aufgetischt hatte. Einmal funktionierte angeblich seine EC-Karte nicht mehr, dann wollte er schnell zur nächsten Bank, um Geld zu holen, ein anderes Mal war der Geldbeutel plötzlich weg, dann ging plötzlich die Bezahl-App auf seinem Handy nicht mehr, und so weiter. Einmal war er so dreist, dass er sogar noch eine Schachtel Zigaretten verlangte und auch bekam.

Am Ende waren alle Prozessbeteiligten davon überzeugt, dass mit dem Angeklagten etwas nicht stimmt. Er selbst sprach von „Kaufsucht und Kleptomanie“, so habe das auch ein Gefängnispsychologe bereits festgestellt. Sein Verteidiger Andreas Schwarz sprach von einer Wahrnehmungsstörung und einem psychologischem Problem seitens seines Mandanten. „Kein normal überlegender Mensch begeht Tankbetrug in vielfacher Anzahl und hinterlegt dann auch noch seine Daten“, sagte der Rechtsanwalt. Tatsächlich hatte der Angeklagte in einem Fall seinen Fahrzeugschein, in einem anderen Fall die Karte seiner Krankenkasse hinterlegt. In einigen Fällen musste er auch ein Formular mit seiner Adresse ausfüllen. Auch hier machte er zutreffende Angaben. „Das war doch ganz klar, dass da irgendwann eine dicke Rechnung präsentiert wird“, wunderte sich Richterin Sieglinde Tettmann.

In den zurückliegenden fünf Jahren hatte es der Angeklagte auf elf Eintragungen in seinem Vorstrafenregister gebracht, die meisten davon wegen verschiedener Betrügereien. Zwei Mal wurde er deshalb auch schon zu Bewährungsstrafen verurteilt. In beiden Fällen war er den Auflagen, also beispielsweise jeden Wechsel des Wohnsitzes dem Gericht mitzuteilen, nicht nachgekommen, so dass er die Strafen teilweise absitzen musste. So auch jetzt wieder in der JVA Hof. Davor war er nicht nur als Kfz-Mechaniker und Spediteur tätig, sondern zeitweise auch als Security im Asylbewerberheim in Bayreuth.

Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung hatte bereits die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragt. 13 Fälle über einen längeren Zeitraum, das spreche für eine hohe kriminelle Energie, sagte die Anklagevertreterin, die den 33-Jährigen als beharrlichen Wiederholungstäter bezeichnete. Verteidiger Andreas Schwarz plädierte dagegen auf eine Bewährungsstrafe. Sein Mandant lebe in einer Beziehung, habe einen festen Wohnsitz und sei von 2004 bis 2017 durchgehend einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. „Mein Mandant braucht keine Haft, sondern Hilfe, um wieder auf den rechten Weg zu kommen“, so der Anwalt.

Richterin Tettmann sah dies anders. Trotz Kenntnis laufender Verfahren habe der Angeklagte eine ganze Serie neuer Straftaten begangen und damit immer weiter gemacht. Da gebe es noch viel aufzuarbeiten, sagte die Richterin eine positive Sozialprognose könne sie dem Angeklagten zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben, zumal er bisherige Bewährungen auch nicht durchgehalten habe.

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16.06.2021

Leichtgläubigen Rentner um 550 Euro gebracht / 22-Jähriger Kulmbacher kam noch einmal mit Bewährung davon

Kulmbach. Sie haben das Vertrauensverhältnis zu einem befreundeten Rentner schamlos ausgenutzt und dessen Konto um 550 Euro erleichtert. Deshalb mussten sich die beiden 21- und 22-jährigen Männer aus Kulmbach jetzt vor Gericht verantworten. Obwohl der Jüngere noch mehr auf dem Kerbholz hatte, wurde das Verfahren gegen ihn vorläufig gegen eine Arbeitsauflage eingestellt. Grund dafür ist, dass er sich derzeit wegen einer massiven Persönlichkeitsstörung in einer Therapieeinrichtung befindet. Der ältere der beiden Angeklagten hätte dagegen aufgrund seiner vielen Vorstrafen und einer offenen Bewährung um ein Haar eine Gefängnisstrafe antreten müssen. Weil er ein rückhaltloses Geständnis abgelegt und den entstandenen Schaden wieder gut gemacht hatte, kam er noch einmal mit Bewährung davon, das Urteil lautete unter Einbeziehung einer Vorstrafe auf ein Jahr und vier Monate.

Die beiden hatten Freundschaft mit einem Rentner geschlossen, der sie leichtgläubig in seine Wohnung in Kulmbach ließ. Am 10. Juli des vergangenen Jahres verwickelte der jüngere den Mann in ein Gespräch und lenkte ihn somit davon ab, dass der ältere sich an seiner Brieftasche zu schaffen machte. Dort bewahrte der leichtsinnige Rentner nicht nur seine EC-Karte auf, sondern auch die dazugehörige PIN-Nummer. Damit verschwand er zur nächsten Sparkasse und erleichterte das Konto des Mannes um 550 Euro.

„Wir haben zusammen das gesamte Geld in der nächsten Spielothek ausgegeben“, gestand der Angeklagte. Der Rentner hatte den Verlust erst viel später bei der Lektüre seiner Kontoauszüge bemerkt. Er habe sich mittlerweile schon tausendmal entschuldigt und zumindest seinen Teil der Beute, 275 Euro, zurückbezahlt. Irgendwie habe man schon gehofft, dass der Mann den Verlust gar nicht bemerkte, gab der Angeklagte offen zu.

Der mitangeklagte 21-jährge bestätigte die Angaben seines damaligen Kumpels und sprach von einem „Gemeinschaftsprojekt“. Er hatte damals bei einem Bekannten gewohnt, dem er außerdem ein Sparschwein mit 150 Euro Inhalt gestohlen haben soll. Als der Mann ihm später zur Rede stellte, soll er ihm zudem heftig beleidigt haben. Der 21-Jährige wurde zu der Verhandlung aus dem Bezirksklinikum in Bayreuth vorgeführt. Wegen seines massiven Alkohol- und Drogenkonsums und einer behandlungsbedürftigen Persönlichkeitsstörung mit Tendenz zur Selbstverletzung ist er dort wohl für längere Zeit untergebracht. Deshalb sah das Gericht auch von einer Strafe ab und stellte das Verfahren gegen ihn vorläufig ein. Nach Abschluss der Therapie muss der 75 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.

Bleibt der heute 22-Jährige, der im Gegensatz zum Mitangeklagten ein massives Vorstrafenregister hatte. Wegen einer Vielzahl von Haschischgeschäften wurde er erst im Juni 2017 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Die damals festgelegte Bewährungszeit war noch nicht verstrichen. Allerdings hatte sich seitdem vieles in seinem Leben zum Besseren gewandt. Er steht mittlerweile in Arbeit, spricht regelmäßig bei der Suchtberatung und auch bei einer psychiatrischen Beratungsstelle vor. Der Mann hatte trotz junger Jahre schon vieles mitmachen müssen. Unter anderem war er in absolut desolaten Verhältnissen als Kind drogenabhängiger Eltern aufgewachsen und ist mittlerweile Vollwaise.

Das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner schloss sich deshalb auch dem Antrag von Staatsanwalt Christopher Feulner an, der auf ein Jahr und vier Monate auf Bewährung plädiert hatte. Verteidiger Werner Brandl sah ein Jahr und zwei Monate als ausreichend an.

Allerdings setzte das Gericht eine ganze Reihe an Auflagen fest. So muss sich der Angeklagte jeglicher illegaler Drogen enthalten, was regelmäßig durch Drogenscreenings überprüft wird. Außerdem muss er weitere Termine bei der Suchtberatung und bei der psychologischen Beratungsstelle wahrnehmen, bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt und darf seine derzeitige Arbeit nicht aus freien Stücken abbrechen. „Wenn jetzt noch einmal etwas passiert, dann ist es vorbei“, sagte Richter Berner am Ende zum Angeklagten.

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15.05.2021

Drogengeschäfte im Wiesweiherpark / 21-Jähriger Mann wegen mehrerer Marihuana-Geschichten vor Gericht

Pegnitz/Bayreuth. Auch wenn es „nur“ die relativ weiche Droge Marihuana war: Ein heute 21-jähriger Arbeiter aus Pegnitz hatte das Gift in durchaus größeren Mengen nicht nur angekauft, sondern auch konsumiert und teilweise gewinnbringend weiterverkauft. Vor Jugendrichter Alois Meixner legte er weitgehend ein Geständnis ab, obwohl er von zwei seiner Lieferanten im Vorfeld bedroht worden war. „Wenn er etwas aussage, werde er „was auf die Fresse“ bekommen, so ließen sie ihm wissen. Sein Geständnis wurde am Ende belohnt: Wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und wegen mehrerer Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde der Angeklagten nach Jugendstrafrecht zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Anfang des vergangenen Jahres war der zur Tatzeit als heranwachsender geltende junge Mann aufgeflogen, Beamte durchsuchten seine Wohnung in Pegnitz. In den Monaten zuvor hatte er laut Anlage unter anderem zusammen mit seinem Cousin 150 Gramm Marihuana von einem Dealer in Bayreuth zum Preis für zehn Euro pro Gramm angekauft. Weitere 150 Gramm tauschten in Pegnitz den Besitzer. Weitere 100 Gramm soll er von seinem Cousin gekauft haben. Damit war der 21-Jährige also nicht nur des Erwerbs und des Besitzes sondern auch des Handeltreibens und der Veräußerung von Drogen angeklagt.

Verantworten musste sich der Pegnitzer außerdem wegen eines Körperverletzungsdeliktes. Bei einer Clubparty in der Alten Brauerei soll er mit einen großen schweren Glasaschenbecher auf einen Studenten geworfen haben, der angeblich zuvor seine Freundin beleidigte. Glücklicherweise verfehle der Aschenbecher sein Ziel um Haaresbreite. Er wäre dennoch geeignet gewesen, eine schwerere Verletzung herbeizuführen, so Staatsanwalt Jan Köhler.

Zum Prozessauftakt räumte der Angeklagte die Vorwürfe ein. Lediglich in einem der Anklagepunkte seien es nicht 150, sondern höchstens 15 Gramm Marihuana gewesen. Zwischen 25 und 50 Prozent des gesamten Rauschgiftes will er weiterverkauft haben, den Rest habe er selbst konsumiert. Mittlerweile sei er aber komplett clean. Schon vor der Hausdurchsuchung habe er aufgehört, Drogen zu nehmen. „Da erspart man sich einen Haufen Ärger“, zeigte sich der Angeklagte geläutert.

Er widersprach allerdings dem im Vorfeld von verschiedener Seite geäußerten Vorwürfen, dass er auch bekifft Auto gefahren sei. „Wir sind nicht ein einziges Mal unter dem Einfluss von Drogen mit dem Auto unterwegs gewesen“, sagte der ebenfalls 21 Jahre alte Cousin, der wegen seiner Drogengeschichten schon verurteilt wurde.

Ein weiterer Zeuge, ein 19-jähriger Pizzabäcker will aber genau das gesehen haben. „Am Wiesweiherpark haben sie zusammen konsumiert, dann sind sie mit dem Auto weggefahren“, sagte der Zeuge. Der Pizzabäcker verwickelte sich allerdings mehrfach in Widersprüche. So will er nur ein einziges Mal in der Wohnung des Angeklagten gewesen sein, trotzdem hatte er einmal gar keine Drogen gesehen, ein anderes Mal drei bis vier Gramm, und wieder ein anderes Mal eine größere Menge.

Auch die Geschichte mit dem Aschenbecher war nicht mehr so richtig aufzuklären. Er habe den Aschenbecher auf den Studenten geworfen, weil der zuvor seine Freundin beleidigt habe, gab er zu. Allerdings will er nicht auf den Mann gezielt haben, er habe ihn vielmehr mit den Wurf nur erschrecken wollen. Warum ihm der Student später in den Finger biss, wurde ebenfalls nicht geklärt, weil es nicht Gegenstand der Anklage war.

Der Student sagte genau das Gegenteil aus: „Völlig eindeutig, dass ich getroffen werden sollte“, so der junge Mann. Allerdings stritt er den Biss in den Finger ab. Sicher war nur, dass der Aschenbecher danach in viele Teile zersprungen war.

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10.06.2021

E-Bay und Facebook ließen Paketdieb auffliegen / Zalando-Paket entwendet: Bewährungsstrafe gegen 35-jährigen Kulmbacher

Kulmbach. Kommissar E-Bay macht es möglich: Schneller als die Polizei hatten die Bestohlene und ihr Freund den Dieb eines Zalando-Paketes mit Hilfe des Internets ausfindig gemacht. Sie fahndeten einfach bei E-Bay-Kleinanzeigen nach dem Inhalt des Paketes und würden fündig. Tatsächlich hatte der ermittelte 35-jährige Mann aus der Nachbarschaft die im Treppenhaus abgelegte und fast 300 teure Paketsendung einfach mitgenommen und im Netz zum Kauf angeboten. Deshalb wurde er jetzt mit fünf Monaten auf Bewährung bestraft.

Der Einlassung des Arbeiters schenkten weder Gericht noch Staatsanwaltschaft Glauben. Er will das Paket herrenlos, beschädigt und ohne Adressaufkleber zwischen den Abfalleimern für Papier vor dem Haus gefunden haben. „Das ist nicht nachvollziehbar“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. „Kein Mensch nimmt etwas mit, was er von vornherein für Abfall hält.“

So nach und nach räumte der Angeklagte dann schon ein, dass er das Logo eines Sportartikelherstellers habe durchschimmern sehen. Tatsächlich waren in dem Paket drei Paar Sportschuhe und ein T-Shirt im Gesamtwert von exakt 282,20 Euro. Seine Freundin habe ihm noch geraten, das Paket zurück zu legen, doch das habe er nicht getan, weil er befürchtete, sich dann erst recht verdächtig zu machen.

Also behielt er das T-Shirt, das zufällig seine Größe hatte, einfach für sich und ein Paar der Sportschuhe schenkte er dem Großvater seiner Freundin. Die anderen beiden Paare platzierte er bei E-Bay. „Die Sachen waren teilweise sogar in seinem Auto“, sagte die Bestohlene, eine 53-jährige Angestellte. Die Frau hatte sofort Anzeige erstattet, als sie die Benachrichtigung des Paketdienstes in ihrem Briefkasten fand und kein Paket vorgefunden habe. Über E-Bay war sie zusammen mit ihrem Freund auf die Facebook-Seite und damit auf den Namen des Angeklagten gekommen. Als der auch noch ein Foto seines Autos mit auffälligen Aufklebern gepostet hatte, das gerade vor ihrem Haus parkte, mussten die Beamten nur noch zugreifen.

Problem beim Angeklagten war dessen umfangreiches Vorstrafenregister. Für Polizei und Justiz in Kulmbach ist er ein „alter Bekannter“. So hatte er bereits 17 Vorstrafen in seinem Register, weitere zwei Straftaten stehen noch zur Aburteilung aus. Mehrfach musste er schon Haftstrafen absitzen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft plädierte trotzdem auf eine Bewährungsstrafe, schließlich befinde sich der Angeklagte in einer festen Arbeitsstelle und zahle regelmäßig seine Schulden ab. Verteidiger Frank Stübinger beantragte dagegen einen Freispruch. Wenn überhaupt, dann handle es sich allenfalls um eine Fundunterschlagung, die sei aber gar nicht angeklagte gewesen.

Das sah Richterin Tettmann anders. Sie urteilte auf die fünf Monate mit Bewährung wegen Diebstahls. Es gebe keinen vernünftigen Zweifel daran, dass der Angeklagte das Zalando-Paket gesehen und die Gelegenheit genutzt hatte, es mitzunehmen. „Alles andere ist unglaubwürdig“, sagte die Richterin. Schließlich sei der Angeklagte damals in einer miserablen finanziellen Situation gewesen und da sei er eben der Versuchung erlegen, die Ware zu Geld zu machen. Allerdings habe er sein Fehlverhalten letztlich doch eingeräumt, gehe einer Arbeit nach, lebe in einer festen Beziehung und trage regelmäßig seinen Schuldenberg ab. Der wird jetzt noch größer werden, denn als Bewährungsauflage muss der Angeklagte 1000 Euro an den Bewährungshilfeverein „Fähre e.V.“ bezahlen.

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01.06.2021

Jahrelang in Drogenszene verstrickt / Krankenhaus statt Gefängnis: Gericht gewährte Therapie

Bayreuth. Wegen einer Vielzahl von Drogengeschichten hat das Amtsgericht einen 28-jährigen Mann aus Schnabelwaid zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Diese Haftstrafe steht allerdings vorerst einmal nur auf dem Papier. Der drogenabhängige Angeklagte musste direkt nach der Urteilsverkündung im Justizgebäude den Weg ins Bezirkskrankenhaus zur Entgiftung und anschließend in eine stationäre Langzeittherapie in die Drogenklinik nach Hochstadt antreten.

Die Polizei stand auf dem Gerichtsflur schon bereit, denn gegen jungen Mann lag ein Haftbefehl vor. Nun hat er die Chance, dass die Staatsanwaltschaft die Vollstreckung der Strafe erst einmal zurückstellt, wenn die Therapie funktioniert. „Nutzen sie diese Chance, ansonsten geht ihr weiteres Leben den Bach runter“, sagte der vorsitzende Richter Daniel Götz zum Angeklagten.

Egal on Marihuana, Ecstasy, Crystal oder Fentanylpflaster, der 28-Jährige hatte alles angekauft, um es anschließend weiter zu veräußern. Mit dem Gewinn finanzierte er seine eigene Sucht. Die Geschäfte gingen in der Regel im Stadtgebiet von Bayreuth über die Bühne. In der Richard-Wagner-Straße etwa, wo er im Juli des vergangenen Jahres 150 Gramm Marihuana aus dem Heizungskeller eines befreundeten Dealers für sieben Euro pro Gramm übernahm, um es mit Aufschlag an verschiedene Abnehmer weiterzuverkaufen. Nur wenige Tage später ging es wieder um 150 Gramm, in einem dritten Fall um 100 Gramm Marihuana, etwa ein Fünftel davon konsumierte er jeweils selbst.

In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres machte er dann zusätzlich Geschäfte mit Crystal, Ecstasy-Tabletten und mit Fentanylpflaster, einem starken Schmerzmittel, das abhängig macht und das für den Konsum normalerweise ausgekocht wird. Besonders schwer wog, dass er mehrere Gramm Marihuana auch an ein Mädchen verkauft hatte, das damals noch nicht volljährig war.

Nach seiner Festnahme am 14. Januar dieses Jahres musste der Angeklagte eine knappe Woche in Untersuchungshaft. Mit der Auflage, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden, war der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt worden. Nachdem im Mai die Meldungen ausblieben, wurde der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt. Trotzdem erschien der Angeklagte jetzt vor Gericht.

Er habe sich nicht melden können, weil er weder Geld für die Fahrt von Schnabelwaid nach Bayreuth hatte, noch ein Handy besaß, das war bei seiner Verhaftung von der Polizei kassiert worden, erklärte er vor Gericht. Zuletzt sei auch seine Beziehung in die Brüche gegangen, so dass er nicht einmal mehr wusste, wo er unterkommen soll.

Tatsächlich aber hatte er es, wie auch immer, geschafft, für den Tag der Verhandlung einen Termin zur Entgiftung im Bezirkskrankenhaus zu bekommen. Das Gericht ließ das natürlich sofort nachprüfen und staunte nicht schlecht, als es per Fax informiert wurde, dass er noch bis 14 Uhr aufgenommen werden könne. Ziel sei nach etwa zwei Wochen die Zuführung zu einer stationären Therapie im Hochstadt, sagte sein Verteidiger Karsten Schieseck. Einen Platz habe er dort bereits, lediglich die Zusage zur Kostenübernahme stand noch aus.

Der Angeklagte sei bei seiner Festnahme durchaus kooperativ gewesen, berichtete der Kommissar von der Kripo in Bayreuth. Durch seine Hilfe habe man auch anderer Dealer habhaft werden können, so der Beamte. Richter Daniel Götz formulierte es später in der Urteilsbegründung drastischer. Der Angeklagte habe ganz viele Leute aus der Szene hingehängt, erste Repressalien habe er deshalb in Form von Hassbotschaften auf dem Handy auch schon zu spüren bekommen.

Für das Gericht war dies allerdings ein klarer Fall, trotz einer langen Vorstrafenliste Milde walten zu lassen, und dem Angeklagten die Möglichkeit zu geben, einen Schlussstrich zu ziehen. Nun gilt es für den 28-Jährigen die Therapie durchzustehen. Ohne Therapie hat er nicht die geringste Aussicht auf ein normales Leben. Schafft er das nicht, muss er für zwei Jahre ins Gefängnis.

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27.05.2021

13-jährigen Alkohol eingeflößt: Da rastete der Vater aus / Angeblichen Übeltäter bedroht und beleidigt

Mainleus. Mit über 1,7 Promille Alkohol im Blut lag ein 13-jähriger aus Mainleus auf dem Real-Parkplatz in Kulmbach, als er von Passanten gefunden und nach Hause gebracht wurde. Die Mutter erkannte sofort den Ernst der Lage und verständigte einen Rettungswagen, der den Jungen aufgrund seines miserablen Zustandes in die Kinderklinik nach Bayreuth brachte. Schuld daran sein soll ein Bekannter des 13-Jährigen. Er hatte den Alkohol besorgt und soll ihn dem Jungen eingeflößt haben. Das dachte zumindest der Vater des Buben und machte den Bekannten, einen polizeibekannten Jugendlichen, ausfindig. Doch damit nicht genug. Der Vater soll dem Bekannten heftig beleidigt, bedroht und ihm Schläge angedroht haben. Wegen versuchter Nötigung landete der 54-Jährige jetzt auf der Anklagebank.

„Du kriegst die Fresse voll“, soll der Mann dem Bekannten seines Sohnes hinterhergerufen haben. Auch die Drohung, dass er ihm das Genick brechen werde, ist einem Polizisten zufolge gefallen. Ob es tatsächlich auch Beleidigungen wegen der Hautfarbe des Bekannten gab, konnte nicht bewiesen werden. Der 54-Jährige hatte den Jugendlichen als Rädelsführer einer Truppe ausgemacht, die am frühen Abend des 5. Juni 2020 auf dem Real-Parkplatz kräftig zechte.

Aus Gruppenzwang habe er halt mitgemacht, erinnerte sich der 13-Jährige vor Gericht. „Es war eine saublöde Idee“, so der Zeuge sichtlich zerknirscht. Viel mehr Erinnerungen hatte er nicht.  Er sprach von einem Blackout, räumte allerdings auch ein, dass ihm der Alkohol, zwei Flaschen Hugo und ein selbst gemixtes Getränk in einer 0,5-Liter-Flasche, nicht etwa eingeflößt worden sei. Immerhin habe er zwei bis drei Tage stationär in der Kinderklinik verbringen müssen.

Als er den Zustand seines Sohne gesehen habe, sei er sofort aufs Fahrrad und haben den Schuldigen gesucht und noch in Mainleus gefunden, so der Angeklagte. „Er war verbal nicht der freundlichste und ich war auch auf 10000“, sagte der Mann. Natürlich sei er da laut geworden. Der „Übeltäter“ habe mehrfach versucht, abzuhauen, nachdem er die Polizei verständigt hatte. Einer der Polizisten, die damals vor Ort waren, sagte über den Übeltäter jetzt aus: „Der steht bei uns dauerhaft auf der Matte.“ Alle auf der Dienststelle würden ihn kennen. Trotzdem sei eine Anzeige wegen des angeblichen Einflößens von Alkohol damals eingestellt worden, weil es dafür keine Beweise gegeben habe. Der Bekannte, der eigentlich Hauptzeuge des Verfahrens gewesen wäre, hatte sich entschuldigt, weil er sich angeblich wegen Corona in Quarantäne befinde.

Am Ende zeigte das Gericht Verständnis für das Verhalten des Vaters und stellte das Verfahren mit Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Verteidiger Ralph Pittroff kurzerhand gegen eine Geldauflage in Höhe von 600 Euro zu Gunsten des Kinderschutzbundes ein. Eine gewisse Mitschuld des Bekannten an der Alkoholintoxikation des Sohnes sei nicht auszuschließen, der Angeklagte habe einfach überreagiert, als ihm der elende Zustand seines Sohnes bewusst geworden sei, so die Richterin Sieglinde Tettmann. An der Strafbarkeit der Drohungen und Beleidigungen führe dennoch kein Weg vorbei.

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21.05.2021

Aus Zeitdruck nicht um Schaden gekümmert / Geldstrafe und Fahrverbot gegen Paketzustellerin wegen Unfallflucht

Kulmbach. Der Fall ist bezeichnend für die gesamte Branche: Eine Paketzustellerin ist im Oktober in Presseck beim Rangieren gegen einen steinernen Pfosten gestoßen und hat dabei einen Sachschaden von rund 1800 Euro angerichtet. Als sie sofort bei ihrem Chef anrief, um zu fragen, was sie denn nun machen solle, gab der ihr zur Antwort: „weiterfahren“. Zu groß ist der Zeitdruck gerade vor dem Hintergrund der in Corona-Zeiten explodierenden Online-Bestellungen. Nicht bewusst war der 25-Jährigen, dass sie damit den Tatbestand der Unfallflucht erfüllt. Vor dem Amtsgericht wurde sie nun zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (2000 Euro) verurteilt.

Viel schlimmer dürfte sie allerdings das Fahrverbot von einem Monat treffen. Ihr neuer Arbeitgeber habe ihr bereits angekündigt, dass er keinen Fahrer über Wasser halten kann, der nicht einsatzbereit ist. Trotz vieler positiver Umstände sei das Fahrverbot unerlässlich, dass gebe der Gesetzgeber so vor, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Zumal sie sich mit einem Monat ohnehin schon am untersten Rand befinde.

Da sollte es auch nichts helfen, dass ihr Verteidiger Stefan Klüber aus Hof in seinem Plädoyer an das Gericht appelliert hatte, ein Fahrverbot zu vermeiden. „Meine Mandantin ist doch auf den Führerschein angewiesen“, sagte er. Richterin Tettmann legte der Angeklagten nahe, doch noch einmal mit ihrem neuen Arbeitgeber zu sprechen, ob es nicht möglich sei, das vierwöchige Fahrverbot eventuell mit einen Urlaub zu überbrücken.

Einen Tag nach dem verhängnisvollen Zusammenprall hatte die Frau erfahren, dass nach ihr gefahndet wird. Sie hatte sich sofort bei der Polizei gemeldet und war sogar nach Presseck gefahren, um mit dem Hauseigentümer, dem die beschädigte Säule gehört, Kontakt aufzunehmen. Der Mann ließ zugleich mitteilen, dass er kein Interesse an einer Strafverfolgung der jungen Frau habe. Aber all das sollte nichts helfen.

Das Verhältnis zum damaligen Arbeitgeber sei ohnehin angespannt gewesen, auf seine Mandantin sei immenser Druck ausgeübt worden, sagte der Verteidiger. Gleich nach dem Unfall hatte der Arbeitgeber ihr erklärt, er werde sich schon selbst um die Sache kümmern. „Darauf hat sich meine Mandantin verlassen“, sagte Rechtsanwalt Klüber. Natürlich kümmerte sich der Arbeitgeber um gar nichts. Erst als sie sich am Tag danach die Säule angesehen habe, sei ihr die Sache so richtig bewusst geworden, so die Angeklagte. Die steinerne Säule hatte einen Riss und musste wohl komplett ersetzt werden.

Bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte neben der Geldstrafe ein Monat Fahrverbot gefordert. Richterin Tettmann sagte in ihrer Urteilsbegründung, dass die Angeklagte in der Sache komplett überfordert gewesen sei. Indem sie zuerst den Chef anrief statt sich beim Grundstückseigentümer   zu melden, habe sie sich leider falsch verhalten. Auch wenn die Angeklagte nicht vorbestraft war, alles zugegeben, sich entschuldigt und Reue gezeigt hatte, sei der Schaden doch relativ hoch, so dass man nicht um ein Fahrverbot herumkomme.

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21.05.2021

Freihändig und mit Drogen im Gepäck / Angeklagter aus Neuenmarkt zu relativ hoher Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. In einer Hand eine Leberkässemmel, in der anderen das Handy, so radelte ein 23-Jähriger freihändig durch Neuenmarkt. Einer Polizeistreife kam das gleich komisch vor. Sie stoppte den Handwerker, überprüfte seine Personalien und fand in seinem Rucksack fast zwei Gramm Marihuana. Weiter knapp zehn Gramm rückte der junge Mann anschließend bei der Durchsuchung seiner Wohnung heraus. Wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln musste er sich nun vor dem Amtsgericht verantworten. Weil er schon drei Mal wegen verschiedener Drogengeschichten mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, wurde er nun zu einer relativ hohen Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (3000 Euro) verurteilt.

„Was wäre, wenn Marihuana straffrei wäre?“ Diese Frage stellte Verteidiger Hilmar Lampert aus Bayreuth zunächst in den Raum. Er wollte damit sagen, dass sein Mandant nicht der typische Drogenkonsument sei. Im Gegenteil: der junge Man habe schon als Jugendlicher wegen seiner ADHS-Krankheit (Hyperaktivität) immer wieder mal Marihuana genommen. Immer wieder habe es seitdem Phasen gegeben, in denen der Angeklagte nicht konsumierte. Im Grund möchte sein Mandant auch dauerhaft von der Droge wegkommen, doch gerade im vorliegenden Fall sei er wieder einmal an die falschen Freunde geraten.

Das sei aber nun vorbei. Durch seine Freundin bewege sich der Mandant mittlerweile in einem ganz anderen Kreis und habe auch schon freiwillig mehrere Termine bei der Suchtberatung wahrgenommen. Ob das alles so stimmt, ist nach der Aussage eines Polizeibeamten wohl eher zu bezweifeln, denn der Beamte der Inspektion Stadtsteinach berichtete, dass der Angeklagte erst vor zwei bis drei Wochen bei einer Verkehrskontrolle auffällig wurde. Der junge Mann hatte dabei nicht nur Alkohol im Blut, sondern soll auch drogenauffällig Erscheinungen gezeigt haben. Ein Untersuchungsergebnis liege allerdings noch nicht vor, so dass diese Sache bei der Urteilsfindung keine Rolle spielen sollte. Zuletzt war der Angeklagte erst im August zu einer Geldstrafe wegen Drogenbesitzes verurteilt worden.

Die letztlich auch verhängte Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro hatte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragt. Der Angeklagte sei einschlägig vorbestraft und habe dabei eine massive Rückfallgeschwindigkeit an den Tag gelegt. Verteidiger Lampert wollte eine niedrigere Strafe erreichen und plädierte auf 40 Tagessätze zu jeweils 50 Euro (2000 Euro). Seinem Mandanten sei von Anfang an klar gewesen, dass das Ganze eine Dummheit war.

„Es wird langsam eng“, nahm Richterin Sieglinde Tettmann den Angeklagten ins Gebet. Wenn jetzt noch etwas passiert, sei eine Freiheitsstrafe unausweichlich. „Wir haben auch schon wegen eines Gramms Leute einsperren müssen“. Immerhin hielt sie dem Angeklagten zu Gute, dass er sich kooperativ gezeigt hatte und die zu Hause gebunkerten Drogen freiwillig herausrückte. Außerdem handle es sich bei Marihuana um eine weiche Droge, die in diesem Fall ausschließlich zum Eigenverbrauch bestimmt gewesen sei. Knapp zwölf Gramm sei aber eben auch eine nicht gerade verschwindend geringe Menge, da müsse die Geldstrafe schon deutlich ausfallen.

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20.05.2021

Laterne beim Ausparken gerammt / 31-Jähriger Mann muss ins Gefängnis

Kulmbach. Betrunken und ohne Führerschein hat ein 31-jähriger Kulmbacher im August des vergangenen Jahres zu mitternächtlicher Stunde in der Oberen Stadt einen Laternenmast umgefahren. Das kommt ihn jetzt teuer zu stehen, denn das Amtsgericht verurteilt ihn wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einem halben Jahr Gefängnis ohne Bewährung.

Die Strafe kommt natürlich nicht von ungefähr. Trotz relativ junger Jahre hat der Angeklagte bereits 14 Vorstrafen, viele davon einschlägig, also auch wegen Schwarzfahrens oder wegen Trunkenheit im Verkehr. Fast wäre die Strafe noch höher ausgefallen, denn ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft dem Mann auch noch vorgeworfen, nach dem Zusammenprall mit dem Lichtmast Fahrerflucht begangen zu haben. Das allerdings konnte nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Die Polizei hatte damals die Verfolgung aufgenommen und konnte das Fahrzeug mit dem Angeklagten und seinem Kumpel am Schwedensteg stellen. Wer von der Oberen Stadt bis zum Schwedensteg gefahren ist, blieb offen. Einiges sprach tatsächlich dafür, dass die beiden in der Oberen Stadt tatsächlich noch die Plätze getauscht hatten.

Fest stand dagegen, dass der Angeklagte über 1,5 Promille Alkohol im Blut hatte. Nach langem Hin und Her räumte er auch ein, dass er es war, der in das Fahrzeug eingestiegen und beim Ausparken gegen den Masten geprallt ist. An alles weitere hatte er angeblich keine Erinnerung mehr.

Ein Anwohner hatte damals die Polizei gerufen, eigentlich wegen einer Ruhestörung, doch als er aus dem Fenster blickt, sah er wie das Auto gegen die Laterne prallte. „Ich gehe davon aus, dass beide Personen betrunken waren, so wie die herumgeschrien haben“, sagte der Zeuge. Das bestätigte so auch ein weiterer Anwohner, der durch den Lärm geweckt wurde. Doch auch er konnte in der Dunkelheit nicht genau ausmachen, wer am Steuer saß.

Er sei so schwer betrunken gewesen, dass er keinerlei Erinnerung mehr an den Vorfall habe, so der Kumpel des Angeklagten. „Ich habe mich damals von meiner Ex-Frau getrennt, da war ich fast jeden Tag besoffen“, sagte der 26-Jährige. Der Mann ist auch der Halter des Fahrzeugs. An ihn hatte sich das Bayernwerk deshalb auch wegen der kaputten Laterne gewandt. Der Schaden in Höhe von über 500 Euro sei auch schon beglichen worden, so der entsprechende Sachbearbeiter. Vom wem, das konnte er nicht mehr nachvollziehen.

Auch bei der Polizei hatte der Angeklagte kein gutes Bild abgegeben. Bei der Überprüfung des Fahrzeugs am Schwedensteg habe er die polizeilichen Maßnahmen so sehr gestört, dass er gefesselt und in Gewahrsam genommen werden musste, sagte der Beamte, der damals vor Ort war.

Eine noch höhere Freiheitsstrafe ohne Bewährung hatte der Vertreter der Staatsanwalt mit acht Monaten „ohne“ beantragt. Die Unfallflucht könne dem Mann nicht nachgewiesen werden, wohl aber alles andere. Verteidiger Ralph Pittroff plädierte dagegen noch einmal auf eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro. Sein Mandant habe die Tat letztlich zugegeben, der Schaden sei reguliert worden, außerdem habe er sich um Arbeit bemüht.

Das sah Richterin Sieglinde Tettmann anders. Aufgrund der Gesamtumstände sei keine positive Sozialprognose mehr möglich, Ale bisherigen Verurteilungen hätten beim Angeklagten nichts bewirkt. Sie urteilte auf sechs Monate ohne Bewährung, zusätzlich darf die Fahrerlaubnisbehörde dem Angeklagten innerhalb der nächsten drei Jahre keinen neuen Führerschein ausstellen.

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19.05.2021

Sexuelle Übergriffe auf Tochter und Stieftochter / Missbrauchsvorwürfe gegen 51-jährigen Kulmbacher vor Gericht

Kulmbach. Wegen sexueller Übergriffe auf seine Tochter und seine Stieftochter muss sich ein 51-jähriger Mann aus Kulmbach vor der Jugendschöffenkammer des Amtsgerichts verantworten. Dem Handelsvertreter wird vorgeworfen, die Mädchen in zahlreichen Fällen unsittlich berührt zu haben. Außerdem soll er sich in einem Internet-Chat mit einer weiteren Person über sexuelle Handlungen mit Minderjährigen ausgetauscht haben. Auch auf seinem Computer sollen einige Bilder gespeichert gewesen sein.

Nichts davon ist wahr, ließ der Mann zum Prozessauftakt über seinen Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth erklären. Sein Mandant habe zu keinem Zeitpunkt sexuelle Übergriffe ausgeübt. Der Angeklagte besitze auch keine pädophilen Neigungen und sei sich keiner Schuld bewusst. Vielmehr führte der Verteidiger die schweren Anschuldigungen auf einen erbitterten Streit mit der Noch-Ehefrau um das Umgangsrecht mit den Kindern zurück. Während der Mann die Übergriffe auf die zur Tatzeit 15- bis 16-jährige Stieftochter „voll und ganz“ von sich wies, sei es mit der fünfjährigen leiblichen Tochter tatsächlich zu Berührungen gekommen, allerdings in völlig normalem Vater-Kind-Verhältnis ohne jeglichen sexuellen Hintergrund.

Die weiteren Vorwürfe, den Chat mit einer dritten Person und den Besitz von insgesamt sieben einschlägigen Dateien, lies der Angeklagte teilweise einräumen. Allerdings beinhalte der Chat mit sexuellen Inhalten keinerlei strafbare Inhalte oder gar Hinweise auf irgendwelche Straftaten. Auch bei den sieben Bilddateien sei keinesfalls nachzuweisen, dass sie verboten wären.

Obwohl der Angeklagte noch immer offiziell mit der aus Gambia stammenden Frau verheiratet ist, ist sie mittlerweile in ein Frauenhaus gezogen. Die Stieftochter, die aus einer früheren Beziehung der Frau stammt, ist seit einem Suizidversuch mittlerweile in einer Klinik untergebracht. Das Umgangsrecht mit seiner leiblichen Tochter darf der Angeklagte nur noch begleitend ausüben. „Damit hat seine Noch-Ehefrau mit der ganzen Sache bereits einen Teilsieg errungen“, sagte der Verteidiger.

Mit ihrer Aussage belastete die Stieftochter den Angeklagten allerdings schwer. Der Mann habe sich ihr in eindeutig sexueller Absicht genähert, und zwar immer morgens, wenn er sie geweckt hatte. Es sei mehrere Wochen lang regelmäßig zu Berührungen gekommen, er habe ihren Körper mehrfach gestreichelt. Auch als sie sich in der Kche einmal einen Tee zubereitete, sei der Angeklagte unvermittelt von hinten an sie herangetreten und habe ihre Brüsste umklammert. Die junge Frau sagte aber auch, dass ihr der Angeklagte nie zwischen die Beine gefasst und sie immer nur über der Kleidung gestreichelt habe.

Ihren Suizidversuch führte die Frau hauptsächlich auf das Geschehen mit ihrem Stiefvater zurück. Obwohl sie bereits 2016 im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland gekommen war und sogar die deutsche Sprache gut beherrscht, habe sie hier kaum Anschluss gefunden. Zuletzt hatte sie eine Ausbildung zur Näherin begonnen. Mit ihrer Mutter habe sie „nicht wirklich“ über das Geschehen gesprochen.

Der vorsitzende Richter der Jugendschöffenkammer Christoph Berner nannte die Lage relativ unübersichtlich, zumal es verschiedene Aussagen der jungen Frau in den bisherigen polizeilichen und gutachterlichen Vernehmungen gebe. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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18.05.2021

Übergriff in Jugendhilfeeinrichtung: Betreuerin litt unter Todesangst / 21-Jähriger Angeklagter soll Erzieherin schwer verletzt haben

Kulmbach. Übergriffe in Jugendhilfeeinrichtungen kommen immer wieder einmal vor. Ein Vorfall vom 18. Februar 2020 in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung Fassoldshof sticht allerdings gleich aus mehreren Gründen heraus. Zum einen war er so heftig, dass eine 55-jährige Betreuerin dabei schwer verletzt wurde, zum anderen, weil zwei während des Vorfalls im Raum anwesenden Personen so gut wie nichts davon mitbekommen haben. Schließlich hat die Frau nicht nur mit den immensen medizinischen und psychischen Folgen zu kämpfen, sondern muss sich nun auch noch mit ihrem Arbeitgeber herumschlagen. Schuld sein soll ein heute 21-jähriger Bewohner der Einrichtung, der sich deshalb vor dem Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten muss.

Für ihre Zeugenaussage war die Betreuerin extra aus einer oberbayerischen Spezialklinik angereist, wo sie sich noch immer wegen des Vorfalls in Behandlung befindet. Laut Anklage soll sie der 21-Jährige mit beiden Händen von hinten so schwer gewürgt haben, dass die Frau unter anderem einen Bruch des Zungenbeins, massive Einblutungen in den Stimmbändern und schwere Verletzungen des Kehlkopfes davon trug. Das sind „nur“ die körperlichen Folgen. Aktuell befindet sie sich in stationärer Trauma-Therapie. Sie ist seit dem Vorfall, also seit rund eineinhalb Jahren, krankgeschrieben und leidet noch immer massiv unter den Folgen der Tat, was für sämtliche Prozessbeteiligte während ihrer Zeugenaussage nicht zu übersehen war.

Der Angeklagte blieb aber trotzdem dabei, er habe nichts gemacht. Vor allem habe er die Frau zu keinem Zeitpunkt gewürgt. Er habe höchstens den Arm um sie gelegt und sie aufgefordert, ihre provokante Art zu lassen. Unumstritten ist allerdings, dass der Angeklagte die Frau zuvor mit einem Feuerzeug einschüchtern wollte, auch von anzüglichem Verhalten war die Rede. Während der Verhandlung stellte sich auch heraus, dass es wohl schon einmal einen Vorfall mit einem Betreuer gegeben habe und, dass der Angeklagte schon einmal wegen verschiedener Auffälligkeiten an einem Anti-Aggressionstraining teilnehmen musste. Ob der Übergriff vielleicht auch die Rache dafür war, dass die Betreuerin rigoros gegen Drogen vorgegangen ist und wohl etwas aufgedeckt hatte, konnte nicht geklärt werden.

Auch am Tattag habe er wieder versucht, sie zu umarmen. Als sie ihm dann auch noch eine Zigarette verweigerte, sei er absolut aggressiv geworden. „Ich bin jetzt auf Aggressionslevel zwei“, soll er lautstark getönt haben, ehe er mit seinem Feuerzeug eine Stichflamme erzeugte und damit nur „daumenbreit“ vor dem Gesicht der Betreuerin herumfuchtelte. Schließlich sei er mit schnellen Schritten hinter die Frau und habe sie mit beiden Armen in den Würgegriff genommen. Ihre Gegenwehr habe er lediglich dazu zum Anlass genommen, noch fester zuzudrücken. „Mir wurde schwarz vor Augen, ich hatte massive Todesangst“, sagte die Frau unter Tränen im Gerichtssaal. Für Verwunderung sorgte, dass sie trotz allem die Nachtschicht noch durchzog, ehe sie am nächsten Tag zur Polizei ging.

Für Verwunderung sorgte auch, dass ein Kollege von ihr und ein weiterer Bewohner gleichzeitig in dem Büroraum anwesend waren und beide den Ernst der Lage offensichtlich nicht erkannten. Der Bewohner berichtete von absolut provokantem und unangemessenem Verhalten des Angeklagten. Auch, dass er den Arm u, den Hals der Betreuerin legte, habe er beobachtet, dass er dabei auch zudrückte, will der Zeuge aber nicht bemerkt haben. Schwere Vorwürfe machte sich auch der Kollege. „Wenn ich bemerkt hätte, wie gefährlich das ist, hätte ich doch eingegriffen“, sagte der Mann. Die beiden Tatzeugen hatten erst im Anschluss den Ernst der Lage erkannt, als die Frau auf der Toilette zu weinen begann.

Zu allem Überfluss muss sich die Frau nun auch noch mit ihrem Arbeitgeber herumschlagen, der, so ihre Aussage, die Verletzungen in Frage stellt und die Sache am liebsten gar nicht zur Anzeige gebracht hätte. Arbeitsrechtliche Konsequenzen seien ihr sogar schon angedroht worden, für den Fall, dass sie weiter über den Vorfall spreche. „Bis heute bin ich nicht einmal gefragt worden, wie es mir geht“, sagte die Frau, die von einem immens gestörten Verhältnis zu ihrem Vorgesetzten sprach.

Zwischenzeitlich wurde der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1500 Euiro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft und der Vertreter der Nebenklage hatten auf gefährliche Körperverletzung in der Variante einer lebensgefährdenden Bedrohung plädiert und enstsprechend höhere Strafen beantragt.

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14.05.2021

Angeblicher Reichsbürger verurteilt / Anwalt kritisierte Polizei ungewöhnlich heftig - Freispruch wegen falschen Datums gefordert

Kulmbach. Das war keine alltägliche Verkehrskontrolle am 22. Januar 2020 auf der A9 kurz hinter dem Autobahndreieck Bayreuth/Kulmbach. Ein zur Fahndung ausgeschriebener 54-jähriger Mann aus dem Landkreis Bamberg wurde der Reichsbürgerszene zugeordnet. Also rückten die Beamten mit drei Streifenwagen und sechs Beamten an. Wie zu erwarten war, widersetzte er sich und wehrte sich gegen die Maßnahmen der Beamten. Es half nichts, er wurde trotzdem festgenommen und noch am selben Tag in die Justizvollzugsanstalt verbracht. Grund dafür war, dass er eine zuvor verhängte Geldstrafe nicht bezahlt hatte. Nun wurde er auch noch wegen Widerstands und eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt.

Die Verhandlung verlief schon deshalb kurios, weil es verschiedene Ansichten über das Datum der Kontrolle gab. Während in der Anklageschrift vom 14. Januar 2020 die Rede war und alle Beteiligten den 14. Januar in ihren ursprünglichen schriftlichen Zeugenaussagen angegeben hatte, sollte sich herausstellen, dass die Kontrolle in Wirklichkeit am 22. Januar 2020, also eine Woche später stattfand. „Damit ist die Anklage falsch und hätte längst zurückgenommen werden müssen“, sagte Verteidiger Christian Barthelmes aus Bamberg. Als Konsequenz forderte er in seinem Plädoyer schon deshalb einen Freispruch.

Überhaupt kritisierte der Anwalt die Polizei ungewöhnlich heftig. Während alle Beamten in ihren schriftlichen Einlassungen zu der Kontrolle unisono das Gleiche geschrieben hätten, einschließlich des falschen Datums, machten sie in ihren Aussagen vor Gericht in wesentlichen Punkten voneinander abweichende Aussagen. Als zweifelhaft bezeichnete der Anwalt auch das Vorgehen bei der eigentlichen Kontrolle. „Die Polizei hätte die Situation eskalieren lassen, die Maßnahmen seien nicht rechtmäßig gewesen, so Barthelmes.

Tatsächlich hatte der Angeklagte bei der Kontrolle die Zentralverriegelung seines Pkw eingeschaltet und den Beamten nicht geöffnet. Erst als er das Fenster einen Spalt öffnete, setzten sich die Beamten mit brachialer Gewalt durch, rissen die Tür auf, zogen den Angeklagten aus dem Wagen und brachten ihn zu Boden. Weil er sich bedroht fühlte, hatte einer der Beamten den Mann einen Faustschlag verpasst, bevor er ihn fesseln konnte.

Dazu habe es keinen Anlass gegeben, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger erklären. Ihm sei die Manpower der Polizei einfach zu groß gewesen, er habe sich bedroht und eingeschüchtert gefühlt und die Panik bekommen. Einen Angriff gegen die Beamten habe es von seiner Seite aus aber nicht gegeben. „Ich habe in keinster Weise Widerstand geleistet und ich habe niemanden verletzt“, sagte der Angeklagte. Im Gegenteil: Ihm sei körperliche Gewalt angetan worden.

Wenn, dann sei dies zur Eigensicherung geschehen, sagte einer der Beamten. Der Faustschlag seitens der Polizei sei notwendig gewesen, um den Widerstand des Mannes zu brechen. Angeblich soll der Angeklagte auch geäußert haben, dass es sich bei der Polizei um eine illegale Gruppierung handle, die keinerlei Befugnisse habe. „Er hat zu keiner Sekunde versucht, kooperativ zu sein“, so ein Beamter, der den Angeklagten als „sturen Bock“ bezeichnete.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte in ihrem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten und zwei Wochen auf Bewährung. Der Mann habe eine Rechtsfeindliche Gesinnung an den Tag gelegt, sagte die Anklagevertreterin. Richterin Sieglinde Tettmann beließ es dann aber doch bei einer Geldstrafe in Höhe von 135 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (2025 Euro). Zusätzlich muss der Angeklagte an den verletzten Polizeibeamten 300 Euro zahlen und die Kosten der Verhandlung übernehmen. Weil sein Führerschein zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls gesperrt war, gab es auch ein weiteres Fahrverbot von noch einmal einem Monat.

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14.05.2021

Tankrechnung wegen Maskenpflicht nicht beglichen / Asthma-Patient muss dem Gericht ärztliches Attest vorlegen

Kulmbach. Weil er keinen Mundschatz trug, wurde ein 36 Jahre alter Mann aus den Räumen der Tankstelle in Himmelkron hinausgeworfen. Dort wollte er eigentlich seine Tankrechnung in Höhe von knapp 75 Euro für sein Wohnmobil bezahlen. Wegen Unterschlagens von Kraftstoff wurde er nun angeklagt.

Weil er auch im Gericht während der Verhandlung einen Mundschutz hätte tragen müssen, war der Mann zu der für Freitag vor dem Amtsgericht anberaumten Verhandlung gar nicht erschienen. Er schickte stattdessen seinen Verteidiger Richard Freitag aus Saalfeld vor. Sein Mandant könne aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen, erklärte der Anwalt. Sein Mandant leide an Asthma.

Obwohl ursprünglich das persönliche Erscheinen des Mannes angeordnet war, verhandelte Richterin Sieglinde Tettmann trotzdem. Verteidiger Freitag erklärte, dass sein Mandant bei dem Vorfall im September des vergangenen Jahres sehr wohl hätte zahlen wollen und auch schon mit gezogenem Geldbeutel im Verkaufsraum stand, doch es sei ihm nicht gestattet worden. Mittlerweile sei die Tankrechnung ohnehin längst beglichen.

Der Angeklagte habe die Angelegenheit damals mit einem Kollegen vor der Tür klären wollen, darauf habe sich ihr Kollege aber nicht eingelassen, berichtete eine Kassiererin der Tankstelle, die als Zeugin geladen war. Offensichtlich wollte der Mann wirklich im Freien seine Rechnung begleichen, während der Kollege davon ausgegangen war, dass es zu einem gewalttätigen Übergriff gekommen wäre. Tatsächlich gab es eine lautstarke Auseinandersetzung. Sie jedenfalls habe die strikte Anweisung, nur Kunden mit Masken einzulassen. Andernfalls müssten die Kunden die Geschäftsräume sofort verlassen. „Außerdem hätte er ja auch bei uns eine Maske kaufen können“, so die Zeugin.

Tatsächlich ist auf den Bildern der Überwachungskamera zu sehen, wie der Angeklagte ohne Maske im Verkaufsraum steht und seinen Geldbeutel bereit zum Zahlen in der Hand hält. Verteidiger Freitag betonte vor Gericht deshalb noch einmal, dass sein Mandant zahlungswillig gewesen sei.

Richterin Sieglinde Tettmann ordnete deshalb an, dass der Angeklagte nun zwei Wochen Zeit habe, dem Gericht ein entsprechendes ärztliches Attest vorzulegen. Geschieht das, wird die Sache ohne Auflagen eingestellt. Kommt kein Attest, gibt es eine neue Verhandlung, zu der dann auch weitere Beschäftigte der Tankstelle geladen werden sollen.

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11.05.2021

Drogen aus Liebe vertickt / Geldstrafe trotz Abgabe von Marihuana an eine Minderjährige

Kulmbach. Er wollte bei seiner Freundin gut da stehen und hat sie mit rund 1,6 Gramm Marihuana überrascht. Die Überraschung ging für den 23-Jährigen allerdings gewaltig nach hinten los. Die Sache flog auf und der Arbeiter landete vor Gericht. Dummerweise war die Freundin erst 17 Jahre jung und damit noch nicht volljährig. Die Abgabe von Drogen an Minderjährige gilt als Verbrechen, für die der Gesetzgeber hohe Strafen vorsieht. Die Verhandlung fand deshalb vor dem Schöffengericht statt.

Dort holte der junge Mann das Beste für sich heraus. Weil er von Anfang an alles zugegeben hatte und es sich bei 1,6 Gramm Marihuana um eine relativ geringe Menge einer nach Rechtsprechung weichen Droge handelt, gingen alle Prozessbeteiligten von einem Minderschweren Fall aus. Weil der Angeklagte auch noch die beiden Männer benannt hatte, von denen er die Drogen bekam, sah das Gericht von der in solchen Fällen üblichen Freiheitsstrafe ab und blieb bei einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (3600 Euro). 

„Ich wollte ihr helfen, da hab ich ihr diesen blöden Gefallen getan“, sagte der Angeklagte. Er hatte die junge Frau wenige Monate zuvor über das Internet kennengelernt. Weil die Frau damals psychisch instabil war und schon vorher hin und wieder Drogen konsumiert hatte, sei er auf die Idee gekommen, Marihuana zu beschaffen. Angeblich will der Angeklagte den Stoff gratis von einem Bekannten bekommen haben.

Dummerweise rauschte die junge Frau mit dem Marihuana im Gepäck noch am selben Tag in eine Kontrolle der zivilen Einsatzgruppe der Polizei. Als die Beamten den Stoff fanden, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihren Lieferanten zu nennen. Der Angeklagte habe von Anfang an alles zugegeben und seine Lieferanten offen gelegt, sagte der ermittelnde Beamte der Kriminalpolizei.

Eine deutlich höhere als die letztlich verhängte Geldstrafe beantragte Staatsanwältin Kathrin Hecht mit 120 Tagessätzen zu jeweils 43 Euro (5160 Euro). Verteidiger Stephan Schultheiß aus Bayreuth plädierte dagegen auf die später auch ausgesprochene Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro. Hintergrund ist, dass Geldstrafen von über 100 Tagessätzen im polizeilichen Führungszeugnis auftauchen. Jeder spätere potentielle Arbeitgeber des Angeklagten würde also von der Sache Wind bekommen.

Das muss nicht sein, so Verteidiger. Schultheiß. Der Angeklagte habe durch sein Handeln die Zuneigung der jungen Frau gewinnen wollen, „sein Motiv war Liebe“, so der Anwalt. Deshalb sei sein Mandant auch einen Schritt gegangen, denn er unter normalen Umständen nie gegangen wäre. Sein ohnehin nicht vorbestrafter Mandant habe einen Fehler gemacht, den er längst aufrichtig bereut habe. Schultheiß: „Wenn das kein minderschwerer Fall ist, was dann?“

Sie gehe davon aus, dass der Angeklagte aus der Geschichte gelernt habe, sagte die Vorsitzende Richterin Nicole Allstadt. „Hoffen wir, dass es bei der einmaligen Geschichte bleibt“, so Allstadt weiter.

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07.05.2021

Streit um Kosten beim Frauenarzt / 30-jährge Frau aus Kulmbach wegen Betruges verurteilt

Kulmbach. Wegen Betrugs hat das Amtsgericht in Kulmbach eine 30 Jahre alte Frau zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro verurteilt. Die Angeklagte hatte bei ihrer Frauenärztin einen Gentest ihres ungeborenen Kindes im Hinblick auf mögliche Trisomie durchführen lassen. Weil es sich dabei nicht um eine kassenärztliche Leistung handelte, gab sie ihre Kontodaten für die Abbuchung der knapp 300 Euro an. Dabei war ihr aber klar, dass die Einziehung des Geldes scheitern muss, weil auf dem Konto Ebbe herrschte und sie erst kurz zuvor eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte.

Eigentlich sollte der Vater den Test zahlen. So sei es auch ausgemacht gewesen, darauf habe sie sich verlassen. Das tat er aber nicht, denn kurze Zeit später stellte sich heraus, dass ihr damaliger Freund gar nicht der Vater ist. Trotzdem war sich die Angeklagte „zu hundert Prozent“ sicher, dass der Freund zugesagt hatte, die Kosten zu übernehmen.

Der dachte aber gar nicht daran. Zum einen hatte er kurz zuvor selbst eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und hatte damit also auch kein Geld. Zum anderen sagte er aus: „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals gesagt zu haben, dass ich die Kosten für den Test übernehme.“ Schließlich sei ihm ja auch lange genug vorgegaukelt worden, dass das Kind von ihm sei, so äußerte sich der Auszubildende in seiner Zeugenaussage.

Problem bei der Sache war, dass die Frau bereits vier Mal vorbestraft war, drei Mal davon einschlägig, also ebenfalls wegen Betrugs. Zuletzt hatte sie das Job-Center um über 3600 Euro gebracht, weil sie Einkünfte aus einer Arbeitsstelle verschwiegen hatte. Dafür wurde sie erst 2019 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, die noch nicht abgelaufen war.

Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft war der Tatbestand des Betruges klar erfüllt. Aufgrund der Vorstrafen kam für die Anklagevertreterin nur eine Freiheitsstrafe von vier Monaten in Betracht. Da mittlerweile einigermaßen stabile Lebensverhältnisse eingetreten seien, könne man die Strafe zur Bewährung aussetzen.

Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach vertrat eine andere Auffassung. Seine Mandantin sei mehr oder weniger spontan in die Sache hineingerutscht und habe sich darauf verlassen, dass der Freund die Kosten übernimmt. Er beantragte deshalb eine nur geringe Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (400 Euro).

Das Urteil lautete dann zwar auch nur auf eine Geld- und nicht auf eine Bewährungsstrafe, allerdings fiel sie mit 100 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (1000 Euro) deutlich höher aus, als von der Verteidigung gefordert. Ganz aufzuklären sei es nicht mehr, ob es Absprachen über die Zahlungsmodalitäten gegeben habe oder nicht, so Richterin Sieglinde Tettmann. „Vielleicht war das Ganze auch nur ein Missverständnis“, sagte sie. Wenn sie dann aber doch zu Gunsten einer Geldstrafe für gegen eine Bewährungsstrafe entschied, dann deshalb, weil die Angeklagte mittlerweile eine positive Entwicklung genommen, ihre finanziellen Angelegenheiten angepackt und begriffen hatte, dass sie sich nicht blind auf andere verlassen kann. „Auf der Kippe stand die Sache aber schon“, sagte die Richterin im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe und die offene Bewährung. Die knapp 300 Euro für den Gentest hat mittlerweile der neue Freund der Angeklagten übernommen.

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07.05.2021

Sex gegen Blüten / 35-jähriger Arbeiter bezahlte Schäferstündchen mit Kaufladengeld seiner Kinder – Geldstrafe wegen Falschgeld und Betrugs

Kulmbach. Weil er die sexuellen Dienstleistungen einer Bekannten mit Falschgeld bezahlt hatte, ist ein 35-jähriger Arbeiter aus dem Landkreis Hof vom Kulmbacher Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 4000 Euro (100 Tagessätze zu jeweils 40 Euro) verurteilt worden. Der verheiratete Mann hatte die Blüten im Internet bestellt, angeblich waren sie für den Kaufladen seiner Kinder gedacht.

Trotzdem nahm er die Scheine zu einem Treffen mit einer Bekannten in den Videokabinen des Erotikmarktes in Himmelkron mit. Dort hatte er sich mit der 23-jährgen Frau aus Kulmbach zum Sex verabredet. Für die an chronischer Geldnot leidende junge Frau scheint es offensichtlich das Normalste der Welt gewesen zu sein, so an Geld zu kommen.

Als der Angeklagte der Frau nach dem Schäferstündchen im schummrigen Licht der Videokabinen das Geld überreichte, hatte sie noch gar nichts bemerkt. Erst bei Tageslicht und im Beisein ihrer Freundin fühlten sich die Scheine nicht mehr wie echtes Geld, sondern wie Blüten an. Daraufhin fuhr sie wutentbrannt zur Wohnung des Mannes und machte mächtig Rabatz, so dass sogar die Ehefrau des Angeklagten Wind von der Sache bekam. Trotzdem sei sie weggeschickt worden, so dass ihr nächster Weg zur Polizei führte.

Vor Gericht sprach der Angeklagte von einer ganz dummen Geschichte. „Ich habe die Sache sofort bereut“, sagte er. „Es war eine total dämliche Aktion.“ Schon vorher hatte er der Frau einmal finanziell unter die Arme gegriffen und ihr 300 Euro ohne Gegenleistung gegeben. Diesmal aber wollte er schon eine Gegenleistung für die 200 Euro haben und so sei man auf die verhängnisvolle Idee gegenkommen, die Schulden mit sexuellen Dienstleistungen abzuarbeiten.

Ob denn die Ehefrau sauer gewesen sei, als sie von der Sache erfahren hatte, wollte Richterin Sieglinde Tettmann wissen: „“Naja, beigeistert war sie nicht gerade“, räumte der Angeklagte ein. Mittlerweile sei aber alles wieder im Lot. Er habe auch sofort mit der Polizei kooperiert und das restliche Spielgeld herausgerückt.

„Die Scheine sehen wirklich aus, wie echtes Geld“, bestätigte der ermittelnde Beamte der Kriminalpolizei in Bayreuth. Doch spätestens bei Tageslicht müsste auch der Laie bemerken, das mit den Scheinen etwas nicht stimme.

Wegen des Inverkehrbringens von Falschgeld und wegen Betrugs forderte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (6000 Euro). Wenn Richterin Sieglinde Tettmann dann doch deutlich darunter blieb, dann vor allem deshalb, weil der Angeklagte die Tat in vollem Umfang gestanden und von Anfang an alles zugegeben hatte. Negativ ins Gewicht fielen mehrere Vorstrafen wegen Betruges, die allerdings schon rund zehn Jahre zurück lagen.

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06.05.2021

Frau weg, Job weg, Wohnung weg / 35-Jähriger Kulmbacher schrammt wegen Drogenbesitzes haarscharf am Gefängnis vorbei

Kulmbach. Arbeit verloren, Wohnung verloren und jetzt wäre ein 35-jährger Mann aus Kulmbach wegen einer Drogengeschichte fast noch ins Gefängnis gekommen. Fast, denn soweit wollte Richterin Sieglinde Tettmann dann doch nicht gehen und den momentan wohnsitzlosen Angeklagten wegen des Besitzes zweier geringer Mengen Marihuana einsperren. Viel hätte allerdings nicht gefehlt, denn der Kulmbacher war bereits umfangreich vorbestraft und hatte eine offene Bewährung in seinem Vorstrafenregister.

Im November des vergangenen Jahres hatte der Angeklagte wieder einmal einen heftigen Streit mit seiner mittlerweile getrennt lebenden Ehefrau. Sogar die Polizei musste anrücken. Die Beamten erteilten dem Mann einen Platzverweis und nahmen ihn wegen einer ernst zu nehmenden Suizidandrohung mit auf die Dienststelle. Dort rückte er eine kleine Metalldöschen heraus, in dem sich eine geringe Menge von weniger als einem Gramm Marihuana befand. Doch damit nicht genug. Auch im Februar krachte es wieder in der Wohnung des streitlustigen Ehepaars. Wieder musste die Polizei anrücken, diesmal zog der Angeklagte aus einem Küchenkasten eine geringe Menge Tabak-Marihuana-Gemisch hervor. „Ich hatte halt wieder Stress zuhause“, sagte er.

Das alles wäre wohl kaum der Rede wert, wenn der Angeklagte nicht insgesamt zwölf Vorstrafen hätte. Etliche davon waren wegen Erwerbs, Besitzes und Handels mit Drogen, jeweils in zahlreichen Einzelfällen. Wirklich ins Gefängnis musste er deswegen noch nicht, immer kam er mit Bewährungsstrafen davon. Hintergrund ist eine schwere Suchterkrankung. Zwei Mal waren entsprechende Therapien gescheitert, sogar im Bezirkskrankenhaus war er für längere Zeit schon stationär untergebracht. Nun strebt er wieder eine Langzeittherapie an. Sogar einen Platz hat er schon, doch noch keine Zusage für eine Kostenübernahme.

Für die Staatsanwaltschaft war das Maß trotzdem voll, zumal eine weitere Drogengeschichte, diesmal geht es um den Besitz von drei Gramm Marihuana, im Raum steht. Der Anklagevertreter beantragte eine Haftstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung. Der Angeklagte habe keinen festen Wohnsitz, keine Arbeit, Therapien seien gescheitert, eine Bewährung stehe offen, da sei keine positive Sozialprognose mehr möglich.

Verteidiger Andreas Piel sah das anders. Sein Mandant habe alles versucht und sei immer wieder in Arbeit gestanden. Der Angeklagte habe im Leben aber auch riesengroßes Pech gehabt. Trotzdem gebe er aber auch diesmal nicht auf, um aus seinen schwierigen Lebensumständen herauszukommen. Der Verteidiger beantragte die letztlich auch verhängte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (1800 Euro). Immerhin bekommt der Angeklagte derzeit noch Arbeitslosengeld, von dem er die Strafe zahlen kann. Wegen seiner Suchterkrankung hatte ihm sein letzter Arbeitgeber gekündigt.

„Die Frage ist, muss man den Angeklagten wegen zweier Fälle einer weichen Droge in jeweils äußerst geringer Menge wirklich einsperren“, so Richterin Tettmann. Sie meinte nein und zählte noch einmal die besonderen Umstände auf, die eine Bewährung begründen. Unter anderem habe der Angeklagte die Drogen freiwillig herausgegeben, beiden Fällen sei ein heftiger Streit mit seiner Ehefrau vorausgegangen, er habe sich nachweislich um einen Therapieplatz bemüht und nehme momentan keine Drogen.

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27.04.2021

Drogenerlöse für Geschenke und Glücksspiel / Weil er reinen Tisch machte: 42-Jähriger Münchberger kam gerade noch mit Bewährung davon - Kritik an polizeilichen Ermittlungen

Kulmbach. In erheblichem Umfang hat ein 42-jähriger Arbeiter aus Münchberg mit der gefährlichen Droge Crystal gedealt. Im Strafprozess vor dem Kulmbacher Schöffengericht war es deshalb keineswegs selbstverständlich, dass der nicht vorbestrafte Mann tatsächlich mit einer Bewährungsstrafe davon kommt. Nur seinem Verhalten während der Verhandlung ist es zu verdanken, dass er nicht ins Gefängnis muss. Der Mann hatte reinen Tisch gemacht, erhebliche Aufklärungsarbeit geleistet und nichts beschönigt.

Wegen des Besitzes von Crystal und des Handelstreibens damit verurteilte ihn das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt in sechs Fällen zu eineinhalb Jahren auf Bewährung. Das Gericht setzte allerdings einen ganzen Katalog an Auflagen fest, die den Angeklagten in den kommenden Jahren immer wieder an seine Taten erinnern werden. So muss er 75 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, regelmäßige Termine bei der Suchtberatung wahrnehmen und wird alle drei Monate zum Haar- und Urintest (Drogenscreening) einbestellt. Zusätzlich muss er 4460 Euro bezahlen, dabei handelt es sich um die Summe, die er mit seinen Drogengeschäften umgesetzt hatte. Am schwersten dürfte es den Angeklagten allerdings treffen, dass er wegen des Verfahrens seinen Job verloren hat.

Der Mann hatte von einer mittlerweile ebenfalls dingfest gemachten Frau aus Weißenfels in mehreren Einzelfällen insgesamt 65 Gramm Crystal angekauft. Den Stoff verkaufte er in kleineren Mengen an die verschiedensten Abnehmer hauptsächlich im Kulmbacher Raum. Einen Teil davon zwackte er für sich ab und konsumierte auch gerne mal selbst. Die Sache schien durchaus lohnenswert, denn während er seiner Dealerin 40 Euro pro Gramm bezahlen musste, vertickte er den Stoff zu einem Grammpreis von 100 Euro, einmal sogar auch noch „gestreckt“, also mit Nahrungsergänzungsmittel gemischt.

Lange ging das freilich nicht gut. Schon bald geriet er in Himmelkron an einen verdeckten Ermittler der Polizei, dem er zwei Mal jeweils rund zehn Gramm, beim dritten Mal gleich 15 Gramm verkaufen wollte. Da schlug die Falle zu, seine Wohnung wurde durchsucht. Jede Menge Drogenutensilien wurden sichergestellt, aber auch ein verbotenes Spingmesser. Sogar eine Fahrt unter dem Einfluss von Drogen von Münchberg nach Himmelkron konnten die Beamten dem Angeklagten im Zuge der Ermittlungen nachweisen.

Über seinen Verteidiger Stephan Schultheiß aus Bayreuth ließ der Angeklagte sämtliche Vorwürfe einräumen. Er bedauere zutiefst, dass es so weit gekommen ist. Ob der Mann das eigenommene Geld wirklich für Geschenke und für das Glücksspiel ausgegeben hatte, konnte so nicht festgestellt werden. Auch um den eigenen Lebensunterhalt aufzubessern und seine eigene Sucht zu befriedigen, habe er die Gewinne verwendet.

Kritik an der Polizei gab es vor allem von Seiten der Verteidigung, dass man den Angeklagten nicht gleich beim ersten Mal dingfest machte, sondern noch zwei weitere Geschäfte in die Wege leitete. „Ein Anlauf hätte gereicht, um den Nachweis für Drogenhandel in nicht geringer Menge zu erbringen“ sagte Schultheiß. Es mute schon etwas eigenartig an, dass man so lange zuschaut, so der Rechtsanwalt, der auch von einer „Tatprovokation“ sprach. „Es kann nicht sein, dass die Polizei Fälle generiert, um die dann abgeurteilt zu bekommen“, schimpfte Schultheiß.

Eine gewissen Tatförderung sei sicher auch durch die Ermittlungsbehörden erfolgt, pflichtete ihm sogar Richterin Allstadt bei, während Staatsanwalt Stefan Käsbohrer die Polizisten verteidigte. Schließlich seien mit den Probenkäufen auch Drogen sichergestellt worden, die damit nicht in den Umlauf gelangten.

Eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten hatte der Staatsanwalt beantragt. Er sei lange hin- und hergerissen gewesen, ob es für eine Bewährung reicht, nun habe er aber keinen Zweifel mehr daran, dass sich der Angeklagte die Bewährung verdient habe. Verteidiger Schultheiß plädierte auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Sein Mandant habe seine Dealerin und seine Abnehmer benannt und damit erhebliche Aufklärungshilfe geleistet.

Schon allein durch den Jobverlust habe der Angeklagte die Konsequenzen seines Handels deutlich zu spüren bekommen, sagte Richterin Allstadt in der Urteilsbegründung. Sowohl der Angeklagte und sein Verteidiger sowie der Staatsanwalt verzichteten auf Rechtsmittel, so dass das Urteil sofort rechtskräftig wurde und nicht mehr angefochten werden kann.

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20.04.2021

Hausarrest, Bußgeld, Sozialstunden und Entzug des Führerscheins / Abiturient hatte über 38 Gramm Haschisch im Rucksack

Kulmbach. Sein Ausflug in die Welt des Rauschgifts dürfte damit abgeschlossen sein: Über 38 Gramm Haschisch hatte ein 19-jähriger Abiturient aus Kulmbach in seinem Rucksack, als er und seine drei Mitfahrer im August des vergangenen Jahres auf der Bundesstraße bei Burgkunstadt von der Polizei angehalten wurden. Ein Bluttest ergab: der junge Mann hatte zuvor auch Drogen konsumiert. Jetzt wurde er von Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner zu 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit verdonnert.

Doch damit ist es noch lange nicht getan. Mindestens genauso schwer dürften die zwei Monate Hausarrest gewesen sein, die von den Eltern als Strafe verhängt wurden. 500 Euro betrug das Bußgeld für das Fahren unter Drogeneinfluss, das bereits verhängt wurde, und der Führerschein ist zu allem Überfluss auch noch weg. Wenn er ihn wieder zurück möchte, dann muss der eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) machen.

„Ich habe gleich danach sofort wieder mit den Drogen aufgehört“, beteuerte der junge Mann vor Gericht. Wegen des Lockdowns habe er eine Art Ventil gesucht und eben mal was ausprobiert. „Es war idiotisch, ich stehe auch dafür gerade“, beteuerte der Angeklagte, der bislang noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.

Einig waren sich die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und Verteidiger Till Wagner, dass es sich bei der Drogengeschichte um ein jugendtypisches Vergehen gehandelt habe und der Angeklagte, wenngleich er bereits Heranwachsender war, zu einer Jugendstrafe zu verurteilen sei. Die fällt in der Regel wesentlich milder aus, weil dabei der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht.

Die Anklagevertreterin plädierte auf 100 Stunden gemeinnützige Arbeit, der Verteidiger dagegen auf eine Anzahl von Sozialstunden, die am untersten Rand liegen sollte. Fraglich ist es nach den Worten des Anwalts, ob es da überhaupt noch einer Verurteilung bedürfe, sein Mandant sei mit Hausarrest, Führerscheinentzug und Bußgeld doch eigentlich schon genug gestraft.

„Eine Verurteilung braucht es schon“, so Richter Berner. In seiner Urteilsbegründung sprach er von einer jugendtypischen Verfehlung. „Sie wollten halt mal wissen, wie es ist“, sagte er zum Angeklagten, glaubte ihm aber, dass er wieder Abstand davon genommen habe und die Tat ernsthaft bedauere. Die vorgefundene Menge gehe über einen bloßen Probekonsum weit hinaus und deute auf mehrfachen und höheren Konsum hin. Gelichwohl sei der Angeklagte bislang nicht vorbestraft gewesen, habe ein Geständnis abgelegt und auch das Rauschgift konnte sichergestellt und eingezogen werden. „Eine Meisterleistung war es nicht, so Berner.

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20.04.2021

Notruf betätigt und mit Waffe gedroht / Verfahren wegen eingeschränkter Schuldunfähigkeit eingestellt

Kulmbach. Für ihn war es ein Notfall: Zwei Mal wählte ein 21-jähriger Arbeiter aus der Werkstatt für Behinderte in Himmelkron die Notrufnummer der Polizei. Weil sich nichts tat, gab er beim zweiten Mal vor, im Besitz einer Schusswaffe zu sein. Wirklich bestrafen wollte das Gericht den unter Betreuung stehenden Mann dafür nicht. Ein Gutachten sagte aus, dass seine Schuldfähigkeit aufgrund eingeschränkter Wahrnehmungsstörungen eingeschränkt sei. Trotzdem war der junge Mann wegen des zweifachen Missbrauchs von Notrufen und des Vortäuschens einer Straftat angeklagt und so fand das Gericht eine salomonische Lösung: es stellte das Verfahren kurzerhand gegen die eher symbolische Zahlung von 100 Euro ein.

Mit Hilfe der im Gerichtssaal anwesenden Eltern und des Verteidigers Ralph Pittroff konnte die Sache schnell aufgeklärt werden. Man traf sich an der Kieswäsch zu einem Bierchen und wollte anschließend den Onkel des Mannes in Mainleus besuchen. Die Eltern waren schon mal vorgegangen, der Angeklagte wollte nachkommen. Doch der hatte ganz plötzlich vergessen, wo der Onkel eigentlich wohnt. Seim Handy funktionierte nicht mehr, weil es ein Prepaid-Handy war. Die einzige Nummer, die der Angeklagte noch wählen konnte war die Notrufnummer der Polizei.

Die wählte er dann auch. Doch anstatt seine Situation zu schildern, forderte er an jenem Sonntagnachmittag im Juni des vergangenen Jahres einen Transport, wie auch immer sich der Angeklagte den vorstellte. Nachdem die Polizei dem nicht nachkam, rief er eine viertel Stunde später noch einmal an. Diesmal wurde der Angeklagte deutlicher. Er habe eine Schusswaffe dabei, sagte er. Da wurden die Beamten hellhörig, ermittelten Nummer und Standort und sahen nach dem Rechten.

„Die Polizei hat andere Aufgaben, als Leuten ihren Heimweg zu zeigen“, sagte der für Jugendsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner und machte damit deutlich, dass es sich zweifelsfrei um eine Straftat handle. Schließlich sei das Ganze ja keine Notsituation gewesen, so Berner. Für den Angeklagten war es dagegen schon eine Notsituation, das machten die Eltern deutlich. Ihr Sohn habe nicht gewusst, wie er sie erreichen könne, er sei danach total verängstigt, aufgewühlt und aufgelöst gewesen. Er hatte sich im Eifer des Gefechts sogar noch an einer Bierdose so sehr verletzt, so dass er danach im Klinikum behandelt werden musste.

Er habe schon Zweifel daran, dass der Angeklagte seine Handlungen wirklich überdenken konnte, so Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Kulmbacher Landratsamtes. Der junge Mann sei auf Hilfestellungen angewiesen und sei sich der Tragweite seines Tuns nicht bewusst gewesen. Ein Gutachten des Bezirkskrankenhauses bescheinigte dem Angeklagten zwar eine eingeschränkte, aber keine aufgehobene Schuldfähigkeit.

Die Geschichte sei Unglücksselig in jeder Hinsicht, sagte Richter Berner. Aber irgendeine Konsequenz müsse die Sache schon haben, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft mit Blick auf das Erwähnen einer Schusswaffe. Um dem Angeklagten jenseits aller Worte noch etwas mitzugeben, einigten sich alle Beteiligten darauf, das Verfahren gegen die Zahlung von 100 Euro einzustellen. Das entspricht in etwa einem Monatslohn, den der Angeklagte in der Werkstatt für Behinderte neben seinen Hartz-IV-Leistungen bekommt.

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20.04.2021

„Unverständlich und Unerträglich“ / 21-jähriger wegen verschiedener Drogengeschichten verurteilt

Kulmbach. Das hatte selbst Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner noch nicht erlebt: Binnen weniger Wochen wurde ein mittlerweile 21-jähriger Arbeiter gleich viermal mit seinem Fahrzeug von der Polizei kontrolliert und jedes Mal stand er unter Drogen. Doch damit nicht genug. Der junge Mann musste seine Fahrerlaubnis bei der Führerscheinstelle des Landratsamtes abgeben und fuhr daraufhin kaltschnäuzig mit dem Auto wieder nach Hause. „Das alles ist nicht nur unverständlich, sondern auch unerträglich“, sagte Berner. Sein Fehlverhalten muss der 21-jährige jetzt teuer bezahlen. Er wurde wegen Erwerbs und Besitzes von Drogen, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Drogeneinfluss in mehreren Fällen zu insgesamt 3500 Euro verurteilt.

Dabei hatte der Angeklagte noch Glück, denn der für Jugendsachen zuständige Amtsgerichtschef entschied entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf die Anwendung von Jugendstrafrecht, weil der junge Mann zur Tatzeit noch als Heranwachsender galt. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte eine wesentlich höhere Geldstrafe nach dem Erwachsenenstrafrecht gefordert.

Amtsgerichtsdirektor Berner setzte allerdings noch einen ganzen Katalog an Auflagen fest. So schickte er den Angeklagten zur Suchtberatung des Diakonischen Werkes, er muss sich jeglichen Konsums von Drogen enthalten, was ein Jahr lang penibel durch entsprechende Screenings überprüft wird, und er darf vor Ablauf eines Jahres keinen neuen Führerschein beantragen. Letzteres wird ohnehin nicht leicht werden, da der Angeklagte aufgrund der Vorgeschichte auf jeden Fall eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) machen muss.

Der 21-Jährige wurde im zurückliegenden September einmal mit einer geringen Menge Crystal, ein anderes Mal mit gut einem Gramm Marihuana erwischt. Im September, im Oktober und noch einmal zu Beginn dieses Jahres kontrollierten die Beamten den Mann mal im Ortsbereich von Mainleus, ein anderes Mal auf dem Parkplatz eines Verbrauchermarktes insgesamt vier Mal, jedes Mal stand er unter dem Einfluss von Drogen. Anfang des Jahres hatte er außerdem seinen Führerschein schon abgegeben.

In der Hauptverhandlung ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Karsten Schieseck alles einräumen. Er habe sich keinerlei Gedanken über sein Verhalten gemacht und sei durch falsche Freunde in die Sache hineingerutscht. Seit Anfang dieses Jahres lebe er allerdings vollkommen abstinent. Er habe es geschafft mit Hilfe seiner Familie und mit Hilfe von Kraftsport, von den Drogen vollständig weg zu kommen, ohne unter Entzugserscheinungen zu leiden. „Er hat jetzt begriffen, dass er entsprechend verantwortungsvoll handeln muss“, sagte Verteidiger Schieseck.

Eine wesentlich höhere Geldbuße von insgesamt 5500 Euro hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gefordert. Obwohl der junge Mann zur Tatzeit Heranwachsender gewesen sei, könne sie keine Jugendverfehlung erkennen. Der Angeklagte besitze schließlich ein eigenes Auto und habe ein festes Einkommen, begründete sie ihren Antrag und forderte die Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht.

Das sah sowohl Verteidiger Schieseck, der eine entsprechend niedrigere Geldauflage beantragte, als auch Richter Berner anders. Bei seinem Mandanten lägen ohne jeden Zweifel Reifeverzögerungen vor, sagte Schieseck. Richter Berner ergänzte in seinem Urteilsspruch, dass der multiple Drogenkonsum über einen längeren Zeitraum und in erheblich Mengen eher auf jugendtypisches Verhalten hindeute. Berner: „Erst vor nicht allzu langer Zeit ist der Angeklagte aufgewacht und verfolgt seitdem einen positiveren Lebenswandel.“

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16.04.2021

Freundin schwer misshandelt und brutal verprügelt / 32-jähriger wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor Gericht

Kulmbach. Dieser Beziehungsstreit lief nicht nur aus dem Ruder, er führte auch zur endgültigen Trennung des Paares und für den 32-jährigen Staplerfahrer aus dem Landkreis direkt auf die Anklagebank. Der Mann hatte seine damalige Freundin in der gemeinsamen Wohnung so stark misshandelt und verprügelt, dass die Frau neben zahlreichen anderen Verletzungen auch einen komplizierten Nasenbeinbruch davontrug.

Auf der Anklagebank zeigte der Mann zum einen Reue, zum anderen aber auch erhebliche Erinnerungslücken. Die haben einen Grund: seinen starken Alkoholmissbrauch. Eigentlich wollte er an diesem Samstag im Oktober nur mithelfen, eine Fassade zu streichen, doch wie so oft kam er auch diesmal wieder stockbetrunken nach Hause. Eine ganze Flasche Wodka und zwei Bier will er getrunken haben, obwohl er der Freundin schon so oft zuvor versprochen hatte, in Zukunft nüchtern zu bleiben.

Die 31-jährige Freundin hatte das alles schon geahnt und längst mit einer Freundin vereinbart, dass sie bei ihr übernachten werde. Als der Angeklagte das erfuhr, rastete er total aus. Er versperrte die Tür des Gästezimmers, warf die Frau brutal zu Boden, setzte sich auf sie, packte sie an den Haaren und stieß den Kopf immer wieder zu Boden. Mindestens zehnmal soll er mit Fäusten auf die Frau eingeschlagen haben, ehe er sich zu allem Überfluss auch noch würgte und ihr einen Kopfstoß verpasste. Die Anklage lautete nicht nur auf gefährliche Körperverletzung, sondern auch auf Freiheitsberaubung.

Das Opfer erlitt einen Bruch des Nasenbeins und Verletzungen am Nasenrücken, außerdem Prellungen am Hinterkopf und an der Schulter sowie blaue Flecken am ganzen Körper. Klar, dass die Beziehung damit am Ende war, denn noch während der Übergriffe konnte sie per Handy eine Nachricht an ihre Freundin schicken, die sofort die Polizei verständigte. Der Angeklagte musste noch an Ort und Stelle seine Sachen packen und die gemeinsame Wohnung verlassen

„Wir haben uns gestritten, was dann passiert ist, kann ich nicht mehr sagen“, so der Angeklagte vor Gericht. Wenn er etwas getrunken habe, sei er nicht mehr bei klarem Verstand. Deshalb habe er sich jetzt auch Hilfe gesucht, habe eine Entgiftung im Bezirksklinikum gemacht, mehrere Termine bei der Suchtberatung wahrgenommen und strebe eine Alkoholtherapie an. Nicht verschweigen konnte er allerdings, dass es trotz aller Bemühungen auch schon einen Rückfall gab. Er hat mittlerweile eine eigene Wohnung in Bayreuth, die Ex-Freundin ist in der einst gemeinsamen Wohnung im Landkreis Kulmbach geblieben.

Für Erstaunen sorgte die Ex-Freundin, weil sie dem Angeklagten trotz allem mittlerweile verziehen hatte. „Wenn er nichts trinkt, dann ist er ein ganz anderer“, sagte sie. Später ergänzte sie ihre Aussage: „Wenn er nüchtern ist, dann ist er wirklich kein schlechter Mensch“. Trotzdem stand für sie aber auch fest: „Das war das Ende unserer Beziehung.“ In dem Ausmaß sei so etwas vorher noch nie passiert. Neben den körperlichen Schäden habe sie auch unter Angstzuständen gelitten.

Deutlicher wurde ihre Freundin. Sie sei völlig fertig gewesen und habe richtig unter Schock gestanden, beschrieb sie den Zustand der 31-Jährigen. Über den Angeklagten sagte: „So aggressiv hätte ich ihn wirklich nicht eingeschätzt.“

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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16.04.2021

Aggressiv, alkoholisiert und wenig kooperativ / Nach Sex mit der Freundin Polizisten beleidigt

Kulmbach. Weil er sich bei einem Schäferstündchen von der Polizei gestört fühlte, hat ein 35-jähriger Arbeiter aus Kulmbach die Beamten gleich mehrfach beleidigt. Erst rief er ihnen den Ausdruck „Hurensöhne“, zu dann präsentierte er stolz seine Tätowierung mit dem Kürzel „ACAB“. Das steht für die Parole „All cops are bastards“, was wörtlich übersetzt heißt: „‚Alle Polizisten sind Bastarde“. Am Ende brachte ihm sein Verhalten eine Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro (1500 Euro) ein. Ohne die Belehrung von Richterin Sieglinde Tettmann ganz abzuwarten, verließ der Angeklagte nach dem Urteilsspruch wutschnaubend den Gerichtssaal.

Der Angeklagte selbst war der Meinung, dass er die Beamten nicht beleidigt habe. Klar war aber schon, dass er mit der Polizei auf Kriegsfuß steht, was alleine an den bisherigen 15 Vorstrafen deutlich wird. Sogar kleinere Haftstrafen musste der Mann schon absitzen.

In jener Nacht am 16. August des vergangenen Jahres ging es bei der trauten Zweisamkeit mit seiner Freundin wohl hoch her. „Wir hatten Sex miteinander, kann schon sein, dass es etwas lauter wurde“, räumte der Angeklagte ohne Umschweife ein. Eine Nachbarin hatte die Polizei verständigt, sie dachte wohl eher an einen Beziehungsstreit, denn auch wegen Übergriffe auf die Freundin musste die Polizei schon zur Wohnung des Mannes anrücken.

Der Angeklagte machte die Tür erst einmal nicht auf. Ganz ignorieren wollte er die Polizisten dann aber doch nicht. Die Beschimpfung „Hurensöhne“ soll laut vernehmbar aus dem Dachfenster des Paares gekommen sein. Als die Beamten sich dann doch Zutritt zur Wohnung verschaffen konnten, soll der Angeklagte, nur mit Boxershorts bekleidet, stolz die fragwürdige Tätowierung gezeigt und das Kürzel auch noch in Richtung der Polizei laut ausgerufen haben.

„Der Angeklagte war aggressiv, alkoholisiert und wenig kooperativ“, erinnerte sich einer der Beamten. Zumindest für den Ausdruck „Hurensöhne“ soll er sich sogar entschuldigt haben. Er sei aber nicht davon ausgegangen, dass sich die Beamten durch das Kürzel ACAP angesprochen fühlen.

Nach der Verlesung der 15 Vorstrafen, mehrere wegen Beleidigung, aber auch wegen Trunkenheit, Drogengeschichten und Körperverletzung, wurde bekannt, dass bereits mehrere neue Verfahren gegen den 35-Jährigen laufen. Einmal soll er seine Ex-Frau beleidigt haben, ein anderes Mal hatte er eine Verhandlung vor dem Familiengericht verbotenerweise auf sein Handy aufgenommen. „Sie haben das seltene Talent, in jedes Fettnäpfchen zu treten“, wunderte sich Richterin Tettmann.

Mit ihrem Urteilsspruch blieb sie ein wenig unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro beantragt hatte. Sämtliche Beleidigungen kamen ohne vernünftigem Zweifel vom Angeklagten, begründete die Richterin den Urteilsspruch. Sie hielt ihm zu Gute, dass er alkoholbedingt enthemmt war und sich entschuldigt hatte. „Da haben sie wieder einmal überregiert“, sagte sie zum Angeklagten, der lautstark protestierend den Gerichtssaal verließ.

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15.04.2021

Erbitterter Nachbarschaftsstreit geht in die nächste Runde / Arzt geohrfeigt: Hausfrau muss sich wegen Körperverletzung vor Gericht verantworten

Neudrossenfeld. Sogar beim Bürgermeister sollen die beiden beteiligten Familien schon gewesen, doch nicht einmal der konnte einen langjährigen und erbitterte Nachbarstreit beenden. Also müssen sich die Gerichte damit beschäftigen. Neun Verfahren gab es allein seit 2016 und ein Ende ist nicht in Sicht.

Im Mittelpunkt stehen eine 63 Jahre alte Hausfrau aus Neudrossenfeld und ihr Nachbar, ein 46-jähriger Arzt. Angeklagte war diesmal die Hausfrau wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Sie soll dem Arzt an einem Sonntagnachmittag im Juni des vergangenen Jahres mit der linken Hand ohne nachzuvollziehenden Grund eine heftige Ohrfeige verpasst haben.

„Das stimmt nicht, kein Wort davon ist wahr“, wehrte sich die Frau gleich zu Beginn der Verhandlung energisch und schilderte den Vorfall genau andersherum. Sie habe beim Aussteigen aus dem Auto von ihrem Nachbarn „eine geschmiert“ bekommen, und zwar so heftig, dass sie zu Boden gegangen und ihre Brille davon geflogen sei. Danach sei sie mit ihrem Mann gleich in die Notaufnahme des Klinikums gefahren und habe Anzeige erstattet.

Der Nachbar dagegen brachte eine gänzlich andere Version ins Spiel. „Sie hat mit eine geklebt und ich habe lediglich eine Abwehrbewegung gemacht“, gab der Mediziner zu Protokoll. Kurz zuvor hätten die Frau und deren Mann fast seinen Sohn überfahren, da wollte er die Nachbarin zur Rede stellen. „Ich schlage doch keine älteren Damen“, so der Arzt. Die Frau habe sich danach fallen lassen und um Hilfe gerufen, daraufhin sei er auch noch vom Ehemann der Angeklagten angepöbelt worden.

Schnell wurde klar, dass ein seit Jahren schwelender Streit hinter der Sache steckt. Seit Jahren würden sie und ihr Familie bedroht. Immer wieder habe der Nachbar versucht, sie ins Gefängnis zu bringen, behauptete die Hausfrau. Ein Beamter der Polizeiinspektion Kulmbach bestätigte, dass es immer wieder Anzeigen gebe. Er selbst bearbeite den Komplex bereits seit 2019 und immer wieder komme etwas neues dazu. So wie ein weiteres Verfahren, dass bereits bei der Staatsanwaltschaft anhängig ist. Dabei soll die Frau das Pferd des Arztes mit Schnee beworfen haben. Der wiederum soll seinen Hund auf den Sohn der Angeklagten gehetzt haben.

„Das mit dem Nachbarschaftsstreit wird so weitergehen“, befürchtete Richterin Sieglinde Tettmann und gab zu bedenken, dass dies für beide Seiten völlig unergiebig sei. „Legen sie den Streit doch endlich mal ad acta“, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Bis es soweit ist, will das Gericht erst einmal weitere Zeugen vernehmen. Darunter auch der Arzt aus der Notaufnahme des Klinikums, der die Angeklagte kurz nach dem Vorfall behandelt hatte. Er soll klären, ob die Frau wirklich verletzt gewesen sei. Dann sollen ein weiterer Polizeibeamter, der damals vor Ort war, und der Ehemann der Frau gehört werden. Die Verhandlung wird am 6. Mai fortgesetzt.

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06.05.2021

Nachbarschaftsstreit vorerst beendet / Arzt geohrfeigt: Hausfrau zu 300 Euro Geldstrafe verurteilt

Neudrossenfeld. Ein spektakulärer Nachbarschaftsstreit hat vor dem Amtsgericht nun ein ganz und gar unspektakuläres Ende gefunden. Weil sie ihren Nachbarn eine Ohrfeige verpasst hatte, ist eine 63 Jahre alte Hausfrau aus Neudrossenfeld zu zehn Tagessätzen zu jeweils 30 Euro verurteilt worden. Die Strafe fiel deshalb relativ niedrig aus, da sich die Frau am Ende einsichtig gezeigt hatte und weil sie bei dem Streit selbst verletzt wurde. Ob mit dem Urteil Frieden zwischen den Parteien einkehren wird, steht in den Sternen. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann.

Neun Verfahren gab es allein seit 2016. Diesmal hatte die Angeklagte an einem Sonntagnachmittag im Juni des vergangenen Jahres ihrem Nachbarn, einem 46-jährigen Arzt, mit der linken Hand eine Ohrfeige verpasst. Zunächst hatte die Frau den Vorfall genau andersherum geschildert. Sie habe beim Aussteigen aus dem Auto von ihrem Nachbarn „eine geschmiert“ bekommen, und zwar so heftig, dass sie zu Boden gegangen und ihre Brille davon geflogen sei. Danach sei sie mit ihrem Mann gleich in die Notaufnahme des Klinikums gefahren und habe Anzeige erstattet. Der Mediziner hatte dagegen zu Protokoll gegeben, dass ihm die Frau „eine verpasst“ und lediglich eine Abwehrbewegung gemacht habe.

Grund für die Auseinandersetzung war ein Vorfall am Vormittag des gleichen Tages. Da soll der Ehemann der Angeklagten auf eine Gruppe spielender Kinder zugefahren sein und sie mächtig erschreckt haben. Eines der Kinder war der Sohn des Arztes, der seitdem angeblich an Angstzuständen und Panikattacken leidet.

Schon am ersten Verhandlungstag wurde schnell klar, dass ein seit Jahren schwelender Streit hinter der Sache steckt. Um Licht ins Dunkel zu ringen wurden jetzt zum zweiten Verhandlungstag die beiden Polizisten, die damals vor Ort waren, und der Arzt der Notaufnahme geladen. Von der Einvernahme des Ehemannes der Angeklagten sah Richterin Tettmann ab, da er bereits bei der Polizei erklärt habe, dass er nicht genau sagen könne, wer wen geschlagen hätte. Der Mann war zum fraglichen Zeitpunkt damit beschäftigt, das Auto einzuparken. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass seine Frau zugeschlagen hat, hieß es.

Nach langem Hin und Her kamen Staatsanwaltschaft und Verteidiger Andreas Piel überein, den ursprünglichen Einspruch gegen einen entsprechenden Strafbefehl auf die Rechtsfolgen zu beschränken. Das bedeutet, die Frau hatte sich entschlossen, die Ohrfeige gegen den Nachbarn einzuräumen. Im Gegenzug wurde ihr eine mildere Strafe als die ursprünglich angedachten 20 Tagessätze in Aussicht gestellt.

Richterin Tettmann schloss sich daraufhin dem Antrag von Verteidiger Piel an und urteilte auf 300 Euro. Zu Gunsten der Angeklagten sei zu sehen, dass sie sich der Vernunft gebeugt und Einsicht gezeigt habe. „Das soll honoriert werden“, so Tettmann. Außerdem habe die Angeklagte selbst auch Verletzungen erlitten. In dem Nachbarschaftsstreit hatte sogar schon der Bürgermeister versucht, zu schlichten. Doch nicht einmal ihm war es gelungen. Wie zu vernehmen war, sollen die nächsten Anzeigen bereits vorliegen.

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15.04.2021

Kleine Delle oder großer Schaden / Verhandlung wegen Unfallflucht ausgesetzt – Gutachter soll Sachverhalt klären

Kulmbach. Es passiert jeden Tag zig-mal. Man parkt sein Auto, will aussteigen, doch die Parklücke ist so eng, dass man mit der Fahrertür den Wagen daneben berührt. Einem 37-jährigen Mann aus Kulmbach wurde das jetzt zum Verhängnis. Wegen einer angeblichen Unfallflucht muss er sich vor Gericht verantworten. Weil der Sachverhalt dort nicht so ohne weiteres zu klären war, wurde die Verhandlung erst einmal ausgesetzt und ein Kfz-Sachverständiger eingeschaltet.

Zu dem Vorfall war es im Juli des vergangenen Jahres in der Webergasse gekommen. Dort, wo das Parken ohnehin durch die schräg gestellten Parkbuchten erschwert wird, soll der Mann beim Einsteigen mit der Tür gegen das benachbarte Fahrzeug einer 48-jährigen Frau gestoßen sein. Die Frau besaß den Wagen erst seit zwei Wochen, die Werkstatt errechnete einen angeblichen Schaden von rund 1800 Euro brutto.

Dabei war es nur eine kleine Delle im rechten hinteren Kotflügel, und keinesfalls ein größerer Schaden, so der Sachbearbeiter der Polizei. Die Eigentümerin selbst will die Delle erst gesehen haben, nachdem sie den Staub vom Lack gewischt hatte. „Ich habe jedenfalls keinen Schaden feststellen können“, sagte dagegen der Angeklagte. Er sei sogar noch ausgestiegen, doch gesehen habe er gar nichts.

Die Zeugin, die gerade zufällig in der Nähe war, berichtete dagegen, dass sich der Mann in keiner Weise um die Sache gekümmert habe. Zwei Mal habe sie es knallen gehört, doch der Angeklagte sei eben nicht ausgestiegen. Er habe den Rückwärtsgang eingelegt und sei einfach weggefahren. Gerade das Kennzeichen habe sie noch notieren können. „Er war aufgebracht und ich war wütend“, beschrieb die Frau die Situation.

Eine weitere Zeugin brachte endgültig Verwirrung in die Angelegenheit, denn sie konnte zwar bestätigen, dass der Angeklagte nicht ausgestiegen war, doch hatte sie nur einen einzigen Knall gehört. „Sonst habe ich mich rausgehalten, weil es mich ja nicht direkt betroffen hat“, so die Frau.

„Mir sind die Aussagen einfach zu unterschiedlich“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Für sie stand fest, dass der Angeklagte nicht einfach so hätte wegfahren dürfen, als er von der Wagenbesitzerin auf einen Schaden angesprochen wurde. Einer ins Spiel gebrachte Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld widersetzte sich die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, da manch anderer Angeklagter in vergleichbaren Fällen schon bei einem deutlich geringeren Schaden verurteilt worden sei.

Also einigten sich alle Beteiligten darauf, einen Gutachter zu beauftragen, ob der Schaden an dem Pkw aus technischer Sicht tatsächlich durch den Angeklagten verursacht wurde. Das kann freilich dauern, außerdem könnte das Gutachten teurer werden als die Beseitigung des Kratzers. Ein neuer Termin muss nun von Amts wegen festgesetzt werden.

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13.04.2021

Letzte Chance für Neuanfang / Ein Jahr vier Monate für Einfuhr, Handel und Besitz von Crystal – Geständnis in letzter Minute

Kulmbach. Weil er zehn Gramm der hochgefährlichen Droge Crystal aus Tschechien nach Oberfranken eingeführt und mindestens 1,5 Gramm davon weiterverkauft hat, ist ein 53-jähriger Mann aus Kulmbach zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Lange hatte der Mann die Taten abgestritten. Erst als ihm eine Bewährungsstrafe für den Fall eines vollumfänglichen Geständnisses in Aussicht gestellt wurde, konnte er sich im letzten Moment dazu durchringen, doch noch die Wahrheit zu sagen. Dem Gericht blieb damit eine umfangreiche Beweisaufnahme mit vielen Zeugen und eventuell sogar mehreren Verhandlungstagen erspart. Zehn Gramm Crystal bedeutet immerhin rund 100 Konsumeinheiten. Andernorts wird für das Gramm bei guter Qualität sogar bis zu 150 Euro bezahlt.

Pech für den Hilfsarbeiter: die 41-jährige Kulmbacherin, der er die 1,5 Gramm verkauft hatte, packte irgendwann umfangreich aus. Nicht nur den Angeklagten, sondern auch zahlreiche andere Personen aus der Drogenszene lieferte sie damit ans Messer. Die selbst auch lange Jahre abhängige Frau macht derzeit eine Therapie und erschien zur Aussage vor dem Schöffengericht zusammen mit ihrem Rechtsanwalt Alexander Schmidtgall als Zeugenbeistand.

Schon öfter habe sie von dem Angeklagten Crystal bekommen. Der Grammpreis habe immer so bei 80 bis 100 Euro pro Gramm gelegen, wobei die Qualität gar nicht schlecht gewesen sei. Der Angeklagte habe im Vorfeld bei potentiellen Abnehmern Geld eingesammelt und sei dann mit dem Zug nach Tschechien gefahren, um das Crystal zu kaufen. Unter zehn Gramm sei er nicht zurückgekommen, wusste die Frau. Die Übergabe sei dann in der Wohnung des Mannes in der Kulmbacher Innenstadt über die Bühne gegangen.

Genau das hatte der Angeklagte zum Auftakt der Hauptverhandlung noch geleugnet. Immer dann, wenn er gerade mal Geld hatte, habe er Drogen konsumiert, das räumte er offen ein. Doch will er das Crystal von einer ihm unbekannten Person am Bahnhof bekommen haben. „Ich habe gar nichts an niemanden verkauft“, beteuerte der Angeklagte, um keine halbe Stunde später das Gegenteil zu verkünden.

Ursächlich für den Sinneswandel war zum einen die klare Aussage der Zeugin. Staatsanwalt Jan Köhler und die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt ließen durchblicken, dass sie wenig Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Frau haben, sie sich selbst auch noch einer Verhandlung stellen muss. Als der Staatsanwalt dann auch noch ankündigte, sich durchaus auch eine Erweiterung des Verfahrens vorstellen zu können, weil die Zeugin von weiteren Abnehmern sprach, setzte beim Angeklagten ein Umdenkprozess ein. Nach langem Hin und Her entschloss er sich, alles zuzugeben und damit reinen Tisch zu machen.

Das wurde dann auch belohnt. Staatsanwalt Köhler beantragte die letztlich auch verhängte Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Nachdem der Mann in Arbeit steht und beteuerte, selbst keine Drogen mehr zu konsumieren, werde er ihm die Chance zu einen Neuanfang geben. Mit einem Jahr und drei Monaten blieb Verteidiger Ralph Pittroff nur geringfügig darunter. Strittig war lediglich die bei Bewährungsstrafen meist übliche Geldauflage. Der Anklagevertreter wollte 2000 Euro zu Gunsten einer gemeinnützigen Organisation, der Verteidiger hielt 500 Euro angesichts des geringen Einkommens seines Mandanten für ausreichend.

Die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt gab dem Angeklagten neben der Verurteilung wegen der Einfuhr, des Handelstreibens und des Besitzes von Crystal in nicht geringer Menge auf, 1000 Euro als Geldauflage an die AWO zu bezahlen. Der Mann muss außerdem jeden Konsum von Drogen unterlassen, Kontakt zur Suchtberatung aufnehmen und in den kommenden zwei Jahren alle drei Monate ein Drogen-Screening durchführen lassen, um feststellen zu können, ob der Angeklagte wirklich keine Drogen mehr nimmt.

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13.04.2021

Drogengemeinschaft belieferte auch Minderjährige / 28-jähriger Mann aus Neuenmarkt kam gerade noch einmal mit Bewährung davon

Kulmbach. Wegen zahlreicher Drogengeschäfte hat das Schöffengericht in Kulmbach einen 28-jährigen Mann aus Neuenmarkt zu eineinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt. Dem Arbeiter konnten rund 100 Fälle der Abgabe und der Beschaffung von jeweils kleineren Marihuana-Mengen nachgewiesen werden. Fast zum Verhängnis wäre es ihm dabei geworden, dass er die Drogen in einigen Fällen auch an Minderjährige vertickt hatte, zwei Mal an eine damals 15- Jährige, das andere Mal an einen 17-jährigen Schüler.

Wenn der Angeklagte trotzdem mit einer Bewährungsstrafe davonkam, dann deshalb, weil er nicht vorbestraft war, alles zugegeben hatte, einer geregelten Arbeit nachgeht und weil er letztlich nur derjenige war, der den eigentlichen Dealer unterstützt hatte. Eingefädelt hatte die Drogengeschäfte ein anderer Mann, gegen den ein gesondertes Verfahren läuft. Der jetzige Angeklagte hatte für seine Helferdienste auch kein Geld, sondern vielmehr regelmäßig einen Joint bekommen.

Aufgeflogen war die „Drogengemeinschaft“, wie sie Staatsanwalt Jan Köhler bezeichnete, durch entsprechende Hinweise, durch eine Telefonüberwachung und durch die polizeiliche Observation. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Gruppe entweder n einer Kneipe oder in der Skateranlage traf. Aufbewahrt hatte der Kopf der Gruppe das Rauschgift bei sich in einem „Bunker“, zu dem der Angeklagte sogar den Schlüssel besaß. Dort hat er freien Zugang, portionierte und verpackte das Marihuana und verkaufte es an die jeweiligen Abnehmer. Als Lohn für seine Tätigkeiten konnte der Angeklagte seinen Eigenkonsum mit dem benötigten Rauschgift decken. Woher der Stoff stammte, wurde nicht bekannt, wahrscheinlich hatte der Kopf der Gruppe das Gift aus Tschechien nach Oberfranken eingeführt, mutmaßten die Ermittler.

In der Hauptverhandlung machte der Angeklagte keine Angaben. Über seinen Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth ließ er erklären, dass er alles einräume und bedauere. Lediglich das wahre Alter des 17-jährigen Abnehmers wollte er nicht gewusst haben. Sein Mandant habe so gehandelt, um seinen eigenen Konsum zu decken und weil er mit dem Kopf der Gruppe befreundet gewesen sei, erklärte der Verteidiger. Mittlerweile konsumiere sein Mandant keine Drogen mehr und lebe seitdem abstinent.

Die letztlich auch verhängten eineinhalb Jahre auf Bewährung hatte bereits Staatsanwalt Köhler in seinem Plädoyer beantragt. „Der Angeklagte war zwar nicht der Kern der Drogengemeinschaft, aber auch kein unwesentlicher Bestandteil davon“, so der Anklagevertreter. Verteidiger Schieseck sah eine Bewährungsstrafe von einem Jahr als ausreichend an, um auf das Fehlverhalten seines Mandanten zu reagieren. Der Angeklagte habe in keiner Form versucht, Geld damit zu verdienen. „Er fand es cool und hat halt mitgemacht.“

Das sah das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Nicole Allstadt anders. „Auch wenn der Angeklagte nur der zweite Mann war und ein anderer die Strippen zog, so hat er dennoch einen wesentlichen Beitrag zu den Drogengeschäften geleistet.“, sagte sie. Als Auflage gab sie dem Angeklagten auf, 1500 Euro an die Geschwister-Gummi-Stiftung zu überweisen und sich jeglichen Drogenkonsums zu enthalten. Dies muss der Mann in den kommenden zwei Jahren vierteljährlich mit einem Drogen-Screening, also einer Haar- und Urinuntersuchung, nachweisen. Ein Verstoß könnte ihm die Bewährung kosten, so dass der Angeklagte die Strafe doch noch absitzen muss. Ganz ausgeschlossen ist das nicht, denn der Angeklagte wurde bei einer Routinekontrolle im März doch tatsächlich mit einer Kräuter-Mischung im Gepäck erwischt.

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09.04.2021

Gefährliches Wettrennen auf der B303 / Aussage gegen Aussage: Verfahren gegen Geldauflage eingestellt

Kulmbach. In Zukunft möglichst defensiv fahren und sich im Straßenverkehr bloß nicht auf irgendwelche Streitigkeiten einlassen. Diesen Tipp gab Richterin Sieglinde Tettmann einen 59-jährigen Mann aus Neuenmarkt mit auf dem Weg. Der Mechaniker musste sich ursprünglich wegen einer Straßenverkehrsgefährdung und wegen Nötigung vor Gericht verantworten. Das Verfahren wurde nach einigem Hin und Her zwar eingestellt, doch muss der Mann 500 Euro als Geldauflage an die Kreisverkehrswacht Kulmbach überweisen.

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, Ende April des vergangenen Jahres auf der Bundesstraße B303 zwischen Ludwigschorgast und Neuenmarkt nicht zugelassen zu haben, dass ein 41-jährigen Pkw-Lenker überholt. Erst soll er ganz langsam gefahren sein, als der 41-Jährige deshalb überholte, soll er so heftig beschleunigt haben, dass der Mann nicht vorbei kam. Als sich der Überholende dann wieder zurückfallen ließ, bremste der Angeklagte angeblich auch wieder ab. Das gefährliche Spiel wiederholte sich laut Anklage mehrmals. Erst der aufkommende Gegenverkehr habe das Ganze beendet und der 41-Jährige habe gerade noch einscheren können. Es sei lediglich einem Zufall zu verdanken, dass es nicht zu einem Unfall mit Personenschaden kam, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft bei der Verlesung der Anklageschrift.

Vor Gericht stand dann aber Aussage gegen Aussage. Der Angeklagte drehte die Sache ins Gegenteil und gab an, dass der 41-Jährige mehrfach äußerst dicht auf sein Fahrzeug aufgefahren sei. Er habe sich bedrängt gefühlt sei deshalb sogar froh gewesen, als er schlussendlich überholt hatte. Dabei habe er ihm auch noch durch ein Abbremsen ermöglicht, einzuscheren. Der 41-jährige blieb dagegen bei seiner Version. Sogar noch dreckig angegrinst habe ihn der Angeklagte. Er sei nachher mit den Nerven ganz fertig gewesen und habe sogar gezittert, so brenzlig sei die Situation gewesen.

Das Ganze hatte allerdings noch ein Nachspiel. Kurz vor Neuenmarkt hielten beide an, wobei der 41-Jährige den Angeklagten zur Rede stellte. Er habe die Autotür aufgerissen und ihn beschimpft, sagte der Angeklagte. Ob er ihm wegen seines Verhaltens auch Schläge angedroht haben soll, konnte nicht mehr geklärt werden. „Ich habe ihn gefragt, ob er noch ganz dicht ist“, räumte der 41-Jährige ein. Danach fuhren beide unabhängig voneinander zur Polizei nach Kulmbach.

Nach langen Diskussionen kam Richterin Tettmann zu dem Schluss, dass der Tatbestand der Straßenverkehrsgefährdung nicht erfüllt ist. Nachdem auch noch das entgegenkommende Auto angehalten hatte und sich der Fahrer als Zeuge zur Verfügung stellen wollte, stand für sie fest, dass die Situation so brenzlig, wie ursprünglich beschrieben nicht gewesen sein konnte. Bleibt der Vorwurf der Nötigung, der sich nach Einschätzung aller Beteiligten aufgrund der verschiedenen Aussagen aber nicht mehr genau klären lässt. Die Richterin stellte kurzerhand das Verfahren mit Zustimmung aller Beteiligten ein. Der bislang unbescholtene Angeklagte gilt damit nicht als vorbestraft, sofern er die 500 Euro an die Kreisverkehrswacht überweist.

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08.04.2021

Geldstrafe und Führerscheinentzug: Trunkenheitsfahrt nach Ehestreit / 43-jährige Frau aus Kulmbach hatte über drei Promille Alkohol im Blut

Kulmbach. Das klingt rekordverdächtig. Mit satten drei Promille war eine 43-jährige Frau aus Kulmbach am 26. Juni des vergangenen Jahres gegen halb neun Uhr abends in ihren Pkw gestiegen und losgefahren. Rund 20 Meter weiter war die Fahrt zu Ende. Die Frau stieß gegen eine Mülltonne, der laute Schlag rüttelte die gesamte Nachbarschaft auf. Wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr musste sich die Frau jetzt vor Gericht verantworten.

Sie habe sich nicht anders zu helfen gewusst und sei nach einem heftigen Ehestreit vor ihrem gewalttätigen Mann geflüchtet, sagte die Frau vor Gericht. Der Ehemann habe sie nicht zum ersten Mal heftig beleidigt und erniedrigt. Auch gewalttätig sei der Mann angeblich immer wieder geworden, es habe sogar deshalb schon Anzeigen gegen ihn gegeben. „Ich wollte einfach nur weg, weil ich Angst hatte, dass er mir wieder etwas antut“, sagte die Frau. Aufgrund der hohen Promillezahl habe sie nicht mehr klar denken können. Die Frau sagte aber auch, dass die Fahrt ein Riesenfehler gewesen sei. Sie bereue das Ganze zutiefst und gab zu, zuvor mehrere Flaschen Wen getrunken zu haben.

Er sei durch einen lauten, dumpfen Knall regelrecht aufgeschreckt, sagte ein Nachbar. Er sei daraufhin gleich raus auf die Straße und habe gesehen, wie die Frau aus dem Auto kam und sich dabei mühsam hochangeln musste. Ein Polizeibeamter, der zufällig privat bei einem Nachbarn zum Grillen eingeladen war, berichtete ebenfalls von einem lauten Schlag, als die Angeklagte mit ihrem Wagen an einem angrenzenden Grundstück hängen blieb. Er habe daraufhin seine Kollegen verständigt, denn die Frau sei aus Sicht der Polizei alles andere als eine Unbekannte gewesen. Während er verhindern konnte, dass sich die Angeklagte erneut ans Steuer setzt, habe sie wirre Geschichten erzählt und sei ihm sogar um den Hals gefallen. Der Ehemann der Angeklagten habe sich während der gesamten Zeit nicht einmal blicken lassen.

Deshalb habe man die Frau auch in Gewahrsam genommen. Weil zuhause niemand war, habe man sie wegen der offensichtlich extrem hohen Alkoholisierung für die Nacht in die Ausnüchterungszelle verbracht, berichtete einer der Polizeibeamten, die vor Ort waren. Im ärztlichen Untersuchungsbericht war später von torkelndem Gang, lallender Aussprache und benommenem Bewusstsein die Rede. Der Blutwert von 3,05 Promille bestätigte schließlich schlimmste Vorahnungen.

Beim Blick in das Vorstrafenregister der Frau wurde auch klar, dass sie tatsächlich polizeibekannt ist. Darunter waren mehrere Drogendelikte, aber auch Straßenverkehrsdelikte, wie Fahren trotz Fahrverbots oder eben Trunkenheit im Verkehr. Zwei Mal wurde ihr schon der Führerschein entzogen, erst 2019 wurde ihr die Fahrerlaubnis wieder neu erteilt.

Eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft diesmal. Nachdem die Frau mittlerweile von Hartz-IV leben muss, setzte er die Höhe des Tagessatzes auf zehn Euro fest. Ihr Anwalt sah dagegen keine Vorsatztat und sah vor allem wegen der kurzen Fahrstrecke von 20 Metern 30 Tagessätze als ausreichend an.

Dem folgte Richterin Sieglinde Tettmann nicht. Sie urteilte auf 90 Tagessätze zu jeweils zehn Euro sowie zu einer Führerscheinsperre von noch einem Jahr. Das bedeutet, die Frau darf vor dem Ablauf von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis beantragen. „Dass bei einem solchen Wert der Führerschein weg ist, ist doch klar“, sagte Tettmann. Schließlich stelle die Angeklagte eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar.

Bereits in der kommenden Woche hat die Frau erneut einen Gerichtstermin. Diesmal geht es um die Scheidung von ihren Ehemann.

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08.04.2021

Trotz Hausverbots: 25-jähriger tauchte immer wieder am Bahnhof auf / Bewährungsstrafe wegen Hausfriedensbruch und Polizeibeleidigungen

Kulmbach. Der Kulmbacher Bahnhof scheint auf einen 25-jährgen Mann eine magische Anziehungskraft zu haben. Immer wieder zog es ihn dorthin, obwohl er eigentlich Hausverbot hat. Eigentlich heißt, dass er den Bahnsteig zum Ein- und Aussteigen benutzen darf. Wie sollte er sonst nach Hause nach Neuenmarkt kommen. Dort aufhalten, beispielsweise um Alkohol zu konsumieren, das darf er allerdings nicht. Genau das hat er aber immer wieder getan. Diesmal nicht ohne Folgen: Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten. Zusätzlich muss er 80 Stunden unentgeltliche, gemeinnützige Arbeit leisten, sofern das aufgrund der Corona-Beschränkungen wieder möglich ist.

Eigentlich waren die für Bahnhöfe zuständigen Beamten der Bundespolizei am 25. September kurz nach 17 Uhr nur deshalb auf ihn aufmerksam geworden, weil er den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz nicht trug. Doch schnell erkannten die Polizisten, wen sie da vor sich hatten. Insgesamt sechs Mal verstieß er schon gegen das Hausverbot der Deutschen Bahn. Darauf angesprochen gab der Angeklagte nicht etwa klein bei, sondern setzte seinen Weg zu einem Kumpel in das Bahnhofsinnere fort, nicht ohne auch noch die eine oder andere Beleidigung fallen zu lassen.

Über seinen Verteidiger Werner Brandl aus Kulmbach ließ der Angeklagte einräumen, dass er seinen Kumpel am Bahnhof getroffen habe. Offene Beleidigungen habe er dagegen nicht ausgesprochen. Er habe dagegen nur so vor sich hingemurmelt und sei wohl fälschlicherweise davon ausgegangen, dass dies niemand hört.

Zumindest in einem Fall hatten es die Beamten aber klar und deutlich gehört, was der Angeklagte so über die Polizei dachte. „Wir haben ihn mehrfach aufgefordert, zu gehen“, sagte einer der Beamten. Das habe der Angeklagte aber nur unter erheblichen Protest getan. Zumindest eine Beleidigung sei so laut gewesen, dass sie Passanten auf dem Bahnsteig hören konnten. „Wir haben es eindeutig vernommen, dass die Beleidigungen an uns gerichtet waren“, so der zweite Polizist.

Neben den Verurteilungen wegen Hausfriedensbruch am Kulmbacher Bahnhof hatte der junge Mann auch Vorstrafen unter anderem wegen Sachbeschädigung und wegen einer Drogensache. Er hat keinen Beruf gelernt, lebt derzeit von Hartz-IV und steht unter Betreuung.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte eine Bewährungsstrafe von sieben Monaten, vor allem wegen der massiven einschlägigen Vorahndungen und der enormen Rückfallgeschwindigkeit des Mannes. „Es gibt doch genug andere Orte in Kulmbach, an denen man sich treffen könnte“, sagte der Anklagevertreter. Verteidiger Brandl sah dagegen eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro wegen des Hausfriedensbruchs als ausreichend an. Die Beleidigungen habe sein Mandant „nur so im Weggehen“ gemurmelt, eine Beleidigungsabsicht liege damit nicht vor.

Richterin Sieglinde Tettmann urteilte auf fünf Monate mit Bewährung. Zumindest eine Beleidigung sei laut Zeugen laut und deutlich vernehmbar gewesen, sagte sie. Sie habe nicht den geringsten Zweifel, dass der Angeklagte damit gerechnet habe, dass die Polizisten das auch hören, wenn es nicht sogar seine Absicht gewesen sei. Tettmann nannte es schlichtweg nicht nachvollziehbar, wenn der Angeklagte immer wieder gegen das Hausverbot am Bahnhof verstößt. Eine Geldstrafe reiche deshalb nicht mehr aus.

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08.04.2021

Vom Ex-Freund brutal überfallen / 39-jähriger Kulmbacher wegen Körperverletzung zu Bewährungsstrafe verurteilt

Kulmbach. Es war eine ziemlich schwierige Beziehung. In diesem Punkt waren sich der Angeklagte und seine Ex-Freundin einig. Was sich am 24. August des vergangenen Jahres morgens gegen halb acht Uhr in der Wohnung der Frau in Mainleus zutrug, geht aber weit darüber hinaus. Der Mann hatte sich Zutritt zur Wohnung verschafft und war dort komplett ausgerastet.

Er packte die Frau mehrfach hintereinander, würgte sie und warf sie brutal zu Boden. Das Opfer erlitt unter anderem ein Schleudertrauma, eine offene blutende Wunde am Arm, Prellungen und Schürfungen. Sogar einen Haarbüschel hatte ihr der Angeklagte ausgerissen.

Vor Gericht wurde schnell klar, dass Eifersucht nur der äußere Grund für den Ausraster war. Der Mann leidet seit vielen Jahren an einer psychischen Störung, wegen der er immer wieder auch schon in Behandlung war. Wegen früherer Taten hatte er allerdings auch die gerichtliche Weisung bekommen, weder Alkohol, noch Drogen zu konsumieren. Dagegen hatte er ganz offensichtlich vor der Tat immer wieder einmal verstoßen.

Der 39-jährige äußerte in der Hauptverhandlung mehrfach sein Bedauern. „Es tut mir leid, es kommt ganz bestimmt nie mehr vor“, sagte er. Dies ist insofern glaubhaft, als dass die Beziehung längst beendet ist und er seit dem Vorfall, von einer Entschuldigungs-SMS abgesehen, keinerlei Kontakt mehr zu der Frau hatte.

Noch immer sichtlich geschockt, berichtete die Frau, dass sie Todesangst ausgestanden habe. Der Angeklagte sei so richtig wütend auf sie gewesen, da habe er sie am Kopf gepackt und zu Boden gestoßen. Sie habe Herzrasen bekommen und um Hilfe gerufen, was den Angeklagten wohl noch mehr wütend gemacht habe. Die Frau äußerste aber auch ein wenig Verständnis für ihren Ex-Freund. Sie habe gewusst, dass er unter einer Krankheit leide. „Er hatte wohl einen Psychoseschub“, mutmaßte sie.

Nach dem Vorfall hatte sich der Angeklagte aus freien Stücken in psychiatrische stationäre Behandlung ins Bezirkskrankenhaus in Bayreuth begeben, so der ermittelnde Polizeibeamte. Zuvor habe der Angeklagte immer wieder mal einen Joint geraucht und verschiedene Tabletten eingenommen, sagte sein Bewährungshelfer. Seit dem Vorfall und dem anschließenden Klinikaufenthalt habe es allerdings keine derartigen Weisungsverstöße mehr gegeben. Entsprechende Screenings seien negativ gewesen.

Die letztlich auch ausgesprochene Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung hatte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer gefordert. Der Angeklagte sei zwar psychisch krank, er sei aber dennoch in der Lage gewesen, sein Unrecht zu erkennen. Der Anklagevertreter sprach sich außerdem für eine Bewährungsauflage von 80 unentgeltlichen Arbeitsstunden aus.

Davon sah Richterin Sieglinde Tettmann in ihrem Urteil ab, ganz einfach deshalb, weil es derzeit Corona-bedingt kaum entsprechende Angebote gebe. Ansonsten folgte sie aber voll und ganz der Argumentation der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe alles zugegeben, er habe glaubhaft Reue gezeigt und sich bei der Frau entschuldigt. Da er in ein engmaschiges Betreuungsnetz eingebunden sei, könne die Strafe auf Bewährung ausgesetzt werden. Die Richterin sagte aber auch, dass die Frau von der psychischen Erkrankung des Mannes und der damit verbundenen Gefahren durchaus gewusst habe. Mit einem derartigen Angriff habe sie freilich nicht rechnen können.

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01.04.2021

Geschubst, geschlagen und getreten / 43-jähriger Kulmbacher muss wegen Gewaltausbrüchen gegen seine Verlobte ins Gefängnis

Kulmbach. Weil er seine Verlobte gleich mehrfach brutal vermöbelt hatte, muss ein 43-jähriger Mann aus Kulmbach ein Jahr lang ins Gefängnis. Außerdem ordnete das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Das bedeutet, der alkoholkranke Angeklagte muss eine mindestens eineinhalb Jahre dauernde Therapie gegen seine Sucht machen.

Der gravierendste Vorfall hatte sich am frühen Abend des 3. Januar 2020 vor dem Edeka-Markt am Goldenen Feld ereignet. Dort hatten sich der Angeklagte, seine Verlobte und einige Kumpels getroffen und miteinander Bier und Schnaps konsumiert. Irgendwann gab ein Wort das andere, die Situation eskalierte und unter dem Vorwand der Eifersucht schlug der Angeklagte die 37-jährige Frau unvermittelt nieder. Der Beweisaufnahme zufolge schubste er sie zu Boden und schlug auf sie ein. Ob er dabei, wie ursprünglich angeklagt, auch auf sie eingetreten und dabei ihren Kopf getroffen hatte, konnte nicht mehr nachgewiesen werden.

Er habe kaum noch Erinnerungen an das Geschehen, sagte der Angeklagte und verwies auf seinen vorausgegangenen stundenlangen Alkoholkonsum. Tatsächlich stellten die Beamten eine Blutalkoholkonzentration von über 1,6 Promille fest. Auch von Drogen war die Rede. Allerdings will der Mann im Vorfeld auch immer wieder von der Verlobten geschlagen worden sein. „Da habe ich halt auch mal zugelangt und mich gewehrt“, sagte er. Sicher war er sich aber, dass er nicht gegen den Kopf der Frau getreten habe.

Die Verlobte, also das Opfer der Gewaltausbrüche, machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie beantragt, dass die Strafanträge wieder zurückgenommen werden sollen, was so allerdings gar nicht möglich ist.

Eine zweite Auseinandersetzung mit der Verlobten listete die Vertreterin der Staatanwaltschaft für Mitte Juni auf. Tatort war damals der Grünzug zwischen Stadthalle und Schwedensteg. Hier hatte der Angeklagte der Frau zwei Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen, so dass sie erhebliche Schmerzen erlitt. „Zuerst hat sie ihm eine geklatscht“, erinnerte sich ein Spaziergänger, der gerade seinen Hund ausführte. „Anfangs habe ich gedacht, das ist Spaß, aber dann ist der Angeklagte völlig ausgetickt“, berichtete der Mann, der sofort die Polizei verständigte.

In weiteren Anklagepunkten muss sich der Angeklagte außerdem wegen mehrfachen Hausfriedensbruchs verantworten. Er hatte sich immer wieder im Gebäude des Kulmbacher Bahnhofs aufgehalten, obwohl er Hausverbot hatte. Das räumte er ein, einmal wollte er nur Tabak kaufen, ein anderes Mal musste er auf die Einkäufe seiner Verlobten aufpassen. Laut Anklage hatte sich der Angeklagte zuvor regelmäßig mit einer Gruppe Gleichgesinnter am Bahnhof getroffen, um Alkohol zu konsumieren.

Eine etwas höhere als die letztlich ausgesprochene Haftstrafe hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft mit einem Jahr und drei Monaten gefordert. Verteidiger Ralph Pittroff sah dagegen neun Monate als ausreichend an. Sowohl Anklage als auch Verteidigung sprachen sich für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, also für eine Therapie gegen die Alkoholabhängigkeit des Mannes, aus, da andernfalls weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten seien.

Richterin Sieglinde Tettmann urteilte auf ein Jahr Gefängnis wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung und wegen Hausfriedensbruchs in drei Fällen. Nachdem die Tritte gegen den Kopf nicht nachgewiesen werden konnten, spielte der ursprünglich angeklagte Vorwurf der vollendeten gefährlichen Körperverletzung keine Rolle mehr. Die Richterin ging von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit aufgrund des Alkohols, aber auch aufgrund der emotionalen Ausnahmesituation des Angeklagten aus. „Solange die Alkoholabhängigkeit besteht, wird es weitere Straftaten geben“, sagte Tettmann. Deshalb könne sie keine positive Sozialprognose stellen und deshalb komme auch keine Bewährungsstrafe in Betracht. Wenn die ebenfalls angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erfolgreich sein soll, müsse der Angeklagte aber auch bereit sein, aus dem Milieu aussteigen. Der Weg ins Gefängnis ist für den 32-Jöährigen nicht weit. Wegen anderer Straftaten sitzt er bereits in der Justizvollzugsanstalt ein. Zum Prozess wurde er in Fußfesseln vorgeführt.

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26.03.2021

Notorischer Schwarzfahrer muss ins Gefängnis / Gefälschter Führerschein und Drogen im Blut: 36-jähriger Kulmbacher zu fünf Monaten Haft verurteilt

Kulmbach. Da half auch der ausländische Führerschein aus dem Internet nichts: Weil er gleich zweimal binnen weniger Wochen ohne Fahrerlaubnis angehalten wurde, hat das Amtsgericht einen 36-jährigen Arbeiter aus Kulmbach zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Der Mann will allen Ernstes geglaubt haben, dass sein im Internet für 1400 Euro erworbener italienischer Führerschein Gültigkeit besitzt. Seinen „echten“ Führerschein hatte er schon seit fast zehn Jahren nicht mehr. Um ihn wiederzubekommen, hätte er eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) machen müssen.

Zunächst wurde der Angeklagte am 25. August gegen 22.35 Uhr an der Bushaltestelle in Unterbrücklein kontrolliert. Eigentlich wollten die Beamten seine Lebensgefährtin unter die Lupe nehmen, weil an deren Motorrad das Kennzeichen verrutscht war. Bei der Überprüfung des Angeklagten stellte sich aber schnell heraus, dass er keinen richtigen Führerschein besitzt. Der Mann legte stattdessen völlig undurchsichtige Dokumente vor, die sich bei näherer Begutachtung als Totalfälschung erwiesen.

Er habe geglaubt, der Internetführerschein sei gütig, sagte der Angeklagte und berichtete, dass er das angebliche Dokument von einem Online-Unternehmen über eine angebliche Rechtsanwaltskanzlei im brandenburgischen Oranienburg erhalten hatte. „Diese Firma müsste man mal aushebeln“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann und blickte zum Vertreter der Staatsanwaltschaft. Da sollte man schon einmal nachforschen, um diesen Leuten das Handwerk zu legen.

Konkret hatte das Unternehmen einen, ja ganz offensichtlich, getürkten Wohnsitznachweis inklusive Mietvertrag für 185 Tage in Italien und eine, niemals vorhandene, Bestätigung des Kraftfahrbundesamtes versprochen. Für den Polizeibeamten, der die Kontrolle in Unterbrücklein leitete, war aber schon vor Ort klar, dass der EU-Führerschein aus dem Netz nichts taugt. Das Material habe nicht gestimmt, die Einprägungen seien lediglich per Laserdruckverfahren erfolgt, die optischen Farbelemente hätten gefehlt und bei genauer Hinsicht sei der Druck sogar schief gewesen. „Da haben wir gar kein Gutachten mehr gebraucht, es war augenscheinlich klar, dass es sich nicht um ein echtes Dokument handelt“, so der Polizist.

Doch damit nicht genug. Die Beamten mussten vor Ort auch noch feststellen, dass der Angeklagte merklich unter Drogen stand. Der ärztliche Untersuchungsbericht geht ganz klar davon aus, dass der Mann berauschende Mittel in seinem Blut hatte, im Bericht ist sogar ausdrücklich von Crystal Meth die Rede.

Als würde das nicht schon alles genügen, wurde der Mann am 18.Oktober erneut kontrolliert. Diesmal in einem Pkw in der Friedrich-von-Schiller-Straße in Bayreuth. Natürlich konnte er wieder keinen Führerschein vorweisen, diesmal nicht einmal einen gefälschten.

Beim Blick ins Vorstrafenregister des Angeklagten wurde klar, dass es sich bei ihm um einen notorischen Schwarzfahrer handelt. Gleich dreimal wurde er bereits wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt. Besonders bemerkenswert aber war, dass der Mann zuletzt eine Freiheitssstrafe von sechs Jahren wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung absitzen musste. Die anschließende Unterbringung wurde teilweise auf Bewährung ausgesetzt. Sonst wäre er noch gar nicht auf freiem Fuß.

Eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung forderte deshalb auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. Der Angeklagte sei erheblich vorbestraft, stehe unter offener Bewährung, habe berauschende Substanzen im Blut gehabt und gleich mehrere Straftatbestände erfüllt. Verteidiger Wolfgang Schwemmer sah dies anders und beantragte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen lediglich wegen der zweiten Fahrt. Die erste Fahrt könne nicht bestraft werden, weil sein Mandant von der Rechtmäßigkeit des angeblichen Führerscheins ausgegangen sei. Als nicht juristisch gebildeter Mensch habe er sich darauf verlassen, dass der Führerschein ein ordentliches Dokument sei. „Mein Mandant ist der Betrogene“, sagte Schwemmer und plädierte für die erste Fahrt auf Freispruch.

Bei Richterin Sieglinde Tettmann kam er damit nicht durch. Neben den fünf Monaten ohne Bewährung entschied sie außerdem auf eine Sperrfrist von einem Jahr, vor deren Ablauf der Angeklagte keine neue Fahrerlaubnis beantragen dürfe. Ein fingierter Mietvertrag, ein erfundener Wohnsitz in Italien, eine angebliche Stellungnahme des Kraftfahrtbundesamtes, das alles hätte den Angeklagten doch stutzig machen müssen. „Das macht der Angeklagte dem Gericht nicht weiß, dass er wirklich gedacht hat, es geht mit rechten Dingen zu“, so Tettmann. Zumal man hierzulande eine MPU von ihm gefordert hatte. Die zweite Schwarzfahrt mache das Kraut dann aber endgültig fett, Hier habe der Angeklagte bereits gewusst, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft. Bei einem derartigen Verhalten könne sie keine positive Sozialprognose mehr erteilen, was im Klartext bedeutet: Der Angeklagte muss für fünf Monate ins Gefängnis.

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25.03.2021

Eigene Wohnungstür eingetreten / 250 Euro Schaden: 53-jährger Kulmbacher zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Ein 53-jähriger Handwerker aus Kulmbach war einkaufen gegangen und hatte seinen Wohnungsschlüssel vergessen. Also trat er beim Nachhause kommen kurzerhand seine eigene Wohnungstür in einem Kulmbacher Mehrfamilienhaus ein. Seiner Vermieterin gefiel das gar nicht. Weil der Mann ohnehin mit der Miete im Rückstand war, erstattete sie kurzerhand Anzeige. Wegen Sachbeschädigung hat ihn das Amtsgericht jetzt zu 600 Euro Geldstrafe verurteilt.

Er habe noch versucht, seine Vermieterin zu erreichen, sagte der Angeklagte in der Hauptverhandlung. Doch vergebens, die 82-Jährige Wohnungseigentümerin war gerade nicht da. Also trat er kurzerhand mit dem Fuß mehrmals so heftig gegen sie Wohnungstür, dass ein Sachschaden von rund 250 Euro entstand.

„Ist doch alles längst wieder gerichtet“, so der Angeklagte. Er habe ein neues Türschloss angebracht, neue Griffe und eine Verblendung. „Nichts ist gerichtet“, sagte dagegen die Wohnungseigentümerin in ihrer Zeugenaussage. So könne man das nicht lassen, das sei schon eine neue Tür notwendig. Die Baumärkte seien die ganze Zeit geschlossen gewesen, wo hätte er denn da eine neue Tür besorgen sollen, so der Angeklagte.

Ganz offensichtlich ist die beschädigte Wohnungstür bei dem Mietverhältnis nur eines von vielen Problemen. Nach Aussage der Vermieterin lautet der Mietvertrag gar nicht auf den Angeklagten, sondern auf dessen Bruder. Trotzdem bewohne der Angeklagte die Räumlichkeiten. Ein Polizeibeamter berichtete außerdem von einer angeblich gestohlenen Satellitenschüssel, deren Verbleib allerdings bislang nicht geklärt werden konnte. Auch eine Urkundenfälschung stehe im Raum, so der Beamte von der Inspektion in Kulmbach.

In seinem Vorstrafenregister waren beim Angeklagten bereits mehrere Strafen wegen Diebstahls, Sachbeschädigung, Hehlerei und Körperverletzung aufgelistet. Sogar eine dreijährige Haftstrafe musste er bereits wegen schweren Diebstahls in zahlreichen Fällen absitzen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (800 Euro). Die Höhe des Tagessatzes ist mit zehn Euro deshalb relativ niedrig angesetzt, weil der Mann derzeit nur einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht. Der Anklagevertreter hielt dem Mann dabei zu Gute, dass er die Beschädigung zugegeben und die Tür zumindest provisorisch wieder repariert hatte. Verteidiger Ralph Pittroff aus Kulmbach sah 40 Tagessätze zu zehn Euro (400 Euro) als ausreichend an. Sein Mandant bereue die Sachbeschädigung und habe Schuldeinsicht gezeigt.

Nicht nur weil es die goldene Mitte ist, sondern auch, weil sie es für angemessen hielt, entschied Richterin Sieglinde Tettmann auf 60 Tagessätze zu jeweils zehn Euro. Der Angeklagte habe alles zugegeben, es habe sich um eine Spontantat gehandelt und er habe sogar noch versucht, die Vermieterin zu erreichen. Wenn der Schaden auch noch nicht wieder gutgemacht wurde, so habe der Angeklagte dennoch die Funktionsfähigkeit der Wohnungstür mittlerweile selbst wieder hergestellt.

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18.03.2021

„Übler Terror auf Kindergartenniveau“ / Vermieterin soll wichtigen Antrag aus Briefkasten gefischt haben

Kulmbach- Ursprünglich war eine Verletzung des Briefgeheimnisses angeklagt, dann ging es aber doch um einen Diebstahl. Eine 68-jährige Frau aus dem Landkreis soll ihrem 44-jährigen Mieter einen Brief von der Arbeitsagentur aus dessen Briefkasten gestohlen haben. Mit fatalen Folgen: Der Mann, der gerade eine Umschulung zum Koch machte, konnte keinen Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe stellen, ihm gingen seitdem 300 Euro pro Monat durch die Lappen.

„Ich habe keinen Brief aus dem Kasten genommen“, behauptete die Frau. Dumm nur, dass sie einer Nachbarin genau den Brief mit dem Antrag gezeigt hatte, den der angehende Koch vermisste. Sie hatte wohl nicht damit gerechnet, dass die Nachbarin ein schlechtes Gewissen bekam und sich in der Folge bei der Polizei erkundigte, was sie jetzt machen soll. Die Beamten rieten ihr, couragiert auszupacken. Das tat sie in der Folge auch, erzählte dem Koch von dem Vorfall und der erstattete umgehend Anzeige.

Schnell stellte sich vor Gericht heraus, dass die Angeklagte wohl mehr oder weniger darauf aus war, Streit zu suchen. Es sei ja nicht das erste Mal, dass ihm ein Brief nicht erreicht habe, berichtete der Koch. Lange habe er ein gutes Verhältnis zu seiner Vermieterin gehabt, als deren Mann vor zwei Jahren verstorben war, änderte sich das ganz plötzlich. Die Frau versuchte ihn und seiner Familie immer wieder Steine in den Weg zu legen. Mal verteilte sie Glasscherben im Hof, mal warf sie Hackfleisch an die Scheibe, dann klopfte sie nachts lautstark gegen die Wohnungstür und so weiter. Der Koch sprach von üblem Terror auf Kindergartenniveau. Sogar bei seinem Arbeitgeber habe sie schon versucht, ihn schlecht zu machen. Seitdem die Angeklagte das Haus verkauft hat und weggezogen ist, könnten er und seine Familie endlich wieder in Ruhe und Frieden leben.

Nun hing alles von der Aussage der Nachbarin ab. Die 49-jährige Rentnerin gab an, dass ihr die Angeklagte tatsächlich den Brief der Arbeitsagentur mit dem Antrag gezeigt habe. „Die kriegen jetzt kein Geld mehr“, soll sie noch mit schadenfrohem Unterton hinzugefügt haben. Angeblich lag der Brief neben den Mülltonnen, was allerdings keiner so recht glaubte, zumal bekannt wurde, dass die Frau sogar einen Schlüssel zum Briefkasten ihres Mieters besaß. Auf die Aufforderung der Nachbarin hin, den Brief sofort dem Koch auszuhändigen soll die Frau noch geprahlt haben, dass sie das Schriftstück lieber schreddern werde.

Die Anklage beruhte auf einen Strafbefehl über 100 Tagessätze zu jeweils 30 Euro (3000 Euro), gegen den die Angeklagte Einspruch eingelegt hatte. Nur deswegen war es überhaupt zu einer mündlichen Verhandlung gekommen. Richterin Sieglinde Tettmann sah das Urteil aus dem Strafbefehl nach der Beweisaufnahme auch weiterhin als gerechtfertigt an und appellierte an die Angeklagte, den Einspruch zurückzunehmen. Nach längerer Beratung mit ihrem Verteidiger Wolfgang Tiedtke tat sie das dann auch, wenn auch zähneknirschend. Ob der Koch nun einen neuen Antrag bei der Arbeitsagentur stellen kann und ihm das ihm zustehende Geld nachträglich noch ausbezahlt wird, steht noch nicht fest.

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18.01.2021

Zähnefletschende Hunde und ausländerfeindliche Ausdrücke / Streit beim Gassi gehen war eskaliert – Geldauflage zu Gunsten des Tierheims

Kulmbach. Alle Beteiligten haben sich geärgert, für alle war die Situation belastend, doch was wirklich passiert ist, das war nicht mehr herauszufinden. Deshalb stellte das Amtsgericht ein Verfahren gegen eine 28-jährige Angestellte aus dem Landkreis wegen verschiedener Beleidigungen kurzerhand ein. Die Frau muss zwar 500 Euro als Geldauflage an das Kulmbacher Tierheim überweisen, damit ist die Sache dann aber auch vom Tisch. „Auch wenn diese Lösung für alle unbefriedigend ist, sie dient dem Frieden“, begründete Richterin Sieglinde Tettmann ihre Entscheidung.

Dabei wogen die Vorwürfe schwer. Beim Gassi gehen soll die Angeklagte auf einem Feldweg zwischen Neuenmarkt und Wirsberg eine andere Frau und deren Schwester als „Schlampen“, „Schlitzaugen“, „Fidschis“ und als „Hundefresser“ beleidigt haben. Die Frau, die in der Mongolei geboren wurde, aber in Kulmbach aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, erstattete sofort Anzeige und zeigte sich noch heute geschockt von dem Vorfall.

Wenn es ihn denn gegeben hat, denn die Angeklagte behauptete steif und fest: „Ich habe niemanden beleidigt“. Es sei zwar zum Streit wegen der Hunde gekommen, aber die Beleidigungen seien zu keinem Zeitpunkt gefallen. Also ging das Gericht erst einmal der Ursache der Auseinandersetzung auf den Grund. Die Angeklagte und ihre Begleiter hatten drei Hunde, zwei Bulldoggen und einen Mischling dabei, die zunächst frei herumliefen aber dann an die Leine genommen wurden, als die Zeugin mit einem Welpen in Sichtweit war. Dann sei die Zeugin die Angeklagte und ihre Begleiter heftig angegangen, habe deren Hunde als „Drecksköter“ bezeichnet und einen Streit vom Zaun gebrochen, in dessen Verlauf von einem der Begleiter schon einmal ein Stinkefinger gezeigt wurde. Mehr sei nicht gewesen, so die Angeklagte.

Die Zeugin dagegen sprach von faschistischen Aussagen und ausländerfeindlichen Ausdrücken. Sie stehe noch heute unter Schock, ihre Schwester traue sich nicht einmal mehr alleine aus dem Haus. „Das war schon ein äußerst traumatisierenden Erlebnis“, sagte die 25-Jährige. Die Zeugin berichtete von extrem aggressiven Kampfhunden und von einer sehr beängstigenden Situation, zumal die Angeklagte sogar gedroht habe, ihr die Hunde auf den Hals zu hetzen.

Da meldete sich die Angeklagte noch einmal zu Wort. Sie sei alles andere als rechtsradikal und verwahre sich dagegen in die rechte Ecke gestellt zu werden, sagte sie. Von ihren Hunden gehe keinerlei Gefahr aus. Außerdem wollte sie die Zeugin nun wegen Verleumdung anzeigen.

„Ob wir jemals herausfinden, wer da gelogen hat, ist fraglich“, sagte Richterin Tettmann und warnte davor, die Sache noch weiter hochzuschaukeln. Während im ursprünglichen Strafbefehl, gegen den die Angeklagte Einspruch eingelegt hatte, noch von 30 Tagessätzen und jeweils 30 Euro (900 Euro) die Rede war, schlug sie vor, die Sache gegen 500 Euro zu Gunsten des Kulmbacher Tierheims einzustellen. Die Angeklagte und auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmten nach einigem Hin und Her zu. Andernfalls hätte sich die Verhandlung mit den unterschiedlichsten Aussagen wohl noch Stunden hingezogen und am Ende wäre man nicht schlauer gewesen, als zu Beginn.

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17.03.2021

Nacktfotos statt Smalltalk / 20 Jahre alter Kulmbacher wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt

Kulmbach. Was einmal im Internet ist, kursiert dort unter Umständen ewig und ist nicht mehr einzufangen. Das ist vielen, vor allem jüngeren Leuten, gar nicht klar. Sie können die Folgen ihres Handels oft nicht abschätzen. Deshalb stecken die entsprechenden Gesetze einen engen Rahmen ab. Das musste jetzt ein zur Tatzeit 20 Jahre alter Mann aus Kulmbach erfahren. Er hatte über den Messaging-Dienst Snapchat Kontakt zu einem damals 13-jährigen Mädchen aufgenommen und Nacktbilder sowie Videos verschickt. Vom Amtsgericht wurde er deshalb wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe und zu gemeinnützigen Arbeitsstunden verurteilt.

Der junge Mann hatte dem Kind unter anderem intime Fotos von sich geschickt, darunter auch Bilder, die zeigten, wie er an sich Manipulationen vornimmt. Die 13-Jährige schickte dem Angeklagten daraufhin ebenfalls Fotos, die sie in eindeutigen Posen zeigten. Sichtlich beschämt räumte der Handwerker die Vorkommnisse ein. Irgendetwas habe die Sache damals in seinem Kopf ausgelöst, er habe keine Kontrolle mehr über sein Handeln gehabt.

Dabei hatte alles ganz harmlos angefangen. Er habe Snapchat heruntergeladen und sei dann zufällig auf die 13-Jährige aus dem Nachbarlandkreis Bayreuth gestoßen. Zunächst habe man sich mit Smalltalk begnügt, doch dann seien die Chats in eine andere Richtung gegangen. Nach einigem Hin und Her hatten sich die beiden sogar zu einer persönlichen Begegnung verabredet.

Das ging allerdings gründlich daneben, denn die Mutter des Mädchens bekam Wind von der Sache und stellte den jungen Mann zur Rede. Weil der sich zuerst wohl nicht so ganz einsichtig gezeigt hatte, drohte sie nicht nur mit der Polizei, sondern schaltete die Beamten dann auch wirklich ein. Irgendwann stand die Kripo vor der Tür des Angeklagten und beschlagnahmte unter anderem sein Smartphone.

Wenn der junge Mann relativ glimpflich davon kam, dann vor allem deshalb, weil das Gericht bei der Urteilsfindung die wesentlich mildere Jugendstrafe anwendete. Der Angeklagte war zur Tatzeit Heranwachsender im Sinne des Gesetzes. Weil der junge Mann sowohl unter schulischen Problemen, als auch unter Schwierigkeiten während seiner inzwischen abgebrochenen Lehre litt, verzichtete Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner darauf, den Angeklagten nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen. In diesem Fall wäre die Strafe deutlich höher ausgefallen, weil nach Erwachsenenstrafrecht schon die Mindeststrafe bei sechs Monaten liegt. Bei der Anwendung von Jugendstrafrecht steht dagegen nicht das Ziel einer Strafe, sondern der Erziehungsgedanke im Vordergrund.

Ein weiterer Punkt, der für den Angeklagten sprach, war die Tatsache, dass er sich von pädophilem Gedankengut ganz klar distanziert hatte und sich für sein Handeln sichtlich schämte. Oberstaatsanwalt Jan Köhler hatte dennoch eine Arbeitsauflage von 80 Stunden gefordert. Richter Berner beließ es bei der Hälfte, also bei 40 Arbeitsstunden nach näherer Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung. Zusätzlich muss der Mann aber 400 Euro an Avalon, der Fachberatungsstelle für die Opfer von sexualisierter Gewalt in Bayreuth, überweisen.

Die heutigen technischen Möglichkeiten und die Reife derer, die sie nutzen, stünden in einem eklatanten Missverhältnis, sagte Berner. Wenn die Bilder erst einmal im Netz sind, könne man sie nicht mehr kontrollieren. Junge Leute könnten nicht abschätzen, was später einmal damit passiert. Berner ging aber auch davon aus, dass die Sache dem Angeklagten als Lehre dienen und er sich nicht mehr auf derartige Chats einlassen wird.

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09.03.2021

Powersound, dröhnender Bass und riskante Fahrweise / Hohe Geldstrafe wegen missglücktem Überholmanöver

Kulmbach. Bei einem schweren Verkehrsunfall am 15. Juli 2019 auf der Kulmbacher Umgehung Höhe Real hatten alle Beteiligten einen Schutzengel. Trotz eines waghalsigen Überholmanövers gab es am Ende außer kleineren Blessuren nur Blechschäden. Die allerdings waren beträchtlich. Der Verursacher, ein heute 22-jähriger Elektriker aus dem Landkreis, wurde jetzt vor dem Amtsgericht wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung, Körperverletzung und Unfallflucht zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu jeweils 53 Euro (3710 Euro) verurteilt. Zusätzlich muss er seinen Führerschein noch einen Monat lang abgeben und die Kosten des Verfahrens tragen. Billig wird das nicht, zum einen nahm die Verhandlung mehrere Anläufe und benötigte unter anderem einen Kfz-Sachverständigen, außerdem wurde einem sogenannten Adhäsionsantrag stattgegeben. Darin werden zivilrechtliche Ansprüche gleich im Strafverfahren thematisiert. Das bedeutet, der Angeklagte muss wohl auch für die Schäden der anderen Fahrzeuge aufkommen.

Der Angeklagte war mit seinem Pkw kurz nach 20 Uhr auf die Bundesstraße B289 in Richtung Untersteinach aufgefahren und hatte kurz danach ein vor ihm fahrendes Fahrzeug überholt. Ein Kleintransporter kam ihm entgegen, der Fahrer, ein 24-jähriger Mechatroniker aus Mainleus musste in die Eisen steigen, eine nachfolgende 25-jährige Auszubildende konnte daraufhin nicht mehr bremsen und fuhr mit großer Wucht auf den Kleintransporter auf. Obwohl der Unfallverursacher, der 22-jährige Angeklagte dies im Rückspiegel noch beobachtete, setzte er seine Fahrt fort, ohne anzuhalten.

Der Schaden an dem wenige Monate alten Kleintransporter wurde auf rund 18000 Euro beziffert, der Pkw der jungen Frau erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden, der mit rund 8000 Euro angegeben wird. Außer leichten Blessuren, wie Schürfwunden und Kratzern erlitten beide Unfallbeteiligte keine äußeren Verletzungen. Die Frau war allerdings kurzzeitig ohne Bewusstsein und erlitt einen Schock. Sie musste anschließend drei Wochen lang zuhause bleiben.

Bereits bei einem früheren Verhandlungstermin hatte der Angeklagte angegeben, dass der Gegenverkehr aus seiner Sicht beim Ansetzen des Überholvorgangs noch weit genug entfernt gewesen sei. Den Unfall habe er im Außenspiegel zwar gesehen, doch habe er das Geschehen nicht mit seinem Überholvorgang in einen Zusammenhang gebracht.

Klarheit brachte nun ein Sachverständiger mit einem eigens angefertigten Gutachten. Der Angeklagte habe den Überholvorgang ohne ausreichende Sicht gestartet, sagte er. Außerdem hätte der Angeklagte noch genügend Zeit gehabt, den Überholvorgang abbrechen zu können. Zur Untermauerung seiner Aussage hatte der Sachverständige umfangreiche Computersimulationen im Gerichtssaal gezeigt und eine ganze Reihe komplizierter Berechnungen angefertigt.

Die Zeugen wurden ebenfalls bereits beim zurückliegenden Termin gehört. Dabei sagte der Fahrer des Transporters aus, dass es ohne seine Vollbremsung zum Frontalzusammenstoß gekommen wäre. Die Auszubildende, die auf den Transporter auffuhr, konnte nach dem Zusammenstoß gar nicht aus eigener Kraft aussteigen, so tief saß der Schock. Bei ihr hatte sogar der Airbag ausgelöst. Eine interessante Aussage kam vom Fahrer des Fahrzeugs, das der Angeklagte überholt hatte. Er sah später in Untersteinach den Unfallverursacher wieder und stellte fest, dass aus dem Fahrzeug des jungen Mannes Powersound und dröhnende Bässe nach außen drangen. Der Zeuge hatte sich auch das Kennzeichen des Fahrzeugs gemerkt und es der Polizei gemeldet.

Die letztlich auch verhängte Geldstrafe hatte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer gefordert. Der Angeklagte habe aus Gleichgültigkeit den anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber rücksichtslos überholt, sagte der Anklagevertreter. Verteidiger Till Wagner dagegen forderte Freispruch und ging von einem Augenblickversagen seines Mandanten aus. „Er hat es einfach falsch eingeschätzt und dachte, er kommt vorbei“, lautete die Erklärung des Verteidigers.

Dem widersprach Richter Christoph Berner in der Urteilsbegründung energisch. Der Angeklagte habe über eine Sichtweite von 350 Metern verfügt, notwendig wären 850 Meter und damit mehr als das doppelte gewesen, sagte er. Somit hätte er den Überholvorgang gar nicht beginnen dürfen.

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05.03.2021

Familienstreit statt Familienfest / Sohn hatte Messer nach dem Vater geworfen

Kulmbach. Immer öfter landen Familienstreitigkeiten vor Gericht. Aber nicht etwa vor dem Familiengericht, sondern vor dem Strafrichter. Jetzt musste sich ein 22-jähriger Auszubildender aus dem Landkreis verantworten, weil er unter anderem ein Messer nach seinem Vater geworfen haben soll. In der Verhandlung stellte sich das Ganze dann aber doch nicht so dramatisch dar, wie es zunächst klingt. Der Messerwurf wurde sogar eingestellt.

Für den Ostersonntag 2020 hatten alle Beteiligten ein schönes Familienfest geplant. Doch es kam grundlegend anders, alles lief komplett aus dem Ruder. Vater und Sohn gerieten nach kürzester Zeit in Streit, was darin endete, dass der 22-Jährige seinem Vater ein Messer und ein Trinkglas nachgeworfen hatte. Doch damit nicht genug. Der Vater und seine Lebensgefährtin holten die Polizei. Als die Beamten drei Mann hoch mit Hund eintrafen, wollte der Angeklagte sie mit dem Handy filmen. Das gefiel wiederum den Beamten nicht und so entstand ein Gerangel, in dessen Folge zwei Polizisten zu Boden gingen, ehe der Angeklagte gefesselt werden konnte.

Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn sei damals recht angeschlagen gewesen, erklärte Verteidiger Christian Kreitmaier im Namen seines Mandanten. Dennoch habe er sich auf Ostern mit dem Vater gefreut. Doch es sollte anders kommen. Der Vater wollte den Sohn aus dem Haus werfen. Daraufhin sei die Situation eskaliert. Ein Messer und ein Glas seien tatsächlich geflogen, doch keinesfalls gezielt, sondern meilenweit daneben. Das Messer sei im Gebüsch gelandet, das Glas zehn Meter daneben. Eine Verletzungsabsicht habe aber zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.

Auch die Widerstandshandlungen beim anschließenden Polizeieinsatz seien längst nicht so dramatisch gewesen, wie in der Anklageschrift vorgetragen. Nur wenige Sekunden habe sein Mandant aus einem Fenster des oberen Stockwerks gefilmt, als die Polizeibeamten eintrafen. Dann sei es zu einem beiderseitigen Missverständnis gekommen. Die Polizisten hätten lediglich verlangt, warum auch immer, die Aufnahme löschen, der Angeklagte habe dagegen gedacht, die Beamten wollten ihm das Handy abnehmen. Das folgende Gerangel bestritt der Angeklagte nicht, er stellte aber auch unmissverständlich fest, dass es von ihm aus keine aktive Gegenwehr gegeben habe. „Es tut mir sehr leid, dass es zu diesem Einsatz kommen musste“, entschuldigte sich der Angeklagte noch im Gerichtsaal.

Wenn die angeklagten Messer- und Gläserwürfe schließlich doch eingestellt wurden, dann vor allem deshalb, weil der Vater davon gar nichts mitbekommen hatte. Er band zu dem Zeitpunkt gerade seine Schuhe. Außerdem waren sich alle Beteiligten einig, dass es sich um eine rein familiäre Angelegenheit gehandelt habe, die damaligen Probleme seien mittlerweile aus der Welt geschafft worden. Vor Gericht berief sich der Vater auf sein Aussageverweigerungsrecht. Seine damals ebenfalls mitanwesende Lebensgefährtin sagte aus, dass sie zwar erschrocken sei, dass das Messer aber tatsächlich weit neben ihrem Partner gelandet sei.

Beim anschließenden Polizeieinsatz hatte der Angeklagte selbst einige Blutergüsse erlitten. Wie er dafür bestraft wird, wird sich zeigen, die Verhandlung wird fortgesetzt.

Bleibt noch zu berichten, dass der Vater seine Strafanzeige zurückgezogen hat, und, dass sich alle Beteiligten längst wieder vertragen. „Wir haben uns schon lange wieder ausgesprochen“, so der Angeklagte und die Lebensgefährtin des Vaters ergänzte: „Wir haben mittlerweile ein gutes Verhältnis, besuchen und gegenseitig und kochen sogar miteinander.“ Vielleicht feiern sie auch das kommende Osterfest miteinander.

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04.03.2021

Katzenelend im Landkreis / Tiere waren abgemagert und ausgezehrt: Halterin zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Weil sie 47 Katzen auf ihrem Anwesen gehalten hat und die meisten davon schwer erkrankt, abgemagert und ausgezehrt waren, ist eine 61-jährige Frau aus dem Landkreis ursprünglich per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (900 Euro) verurteilt worden. Dagegen legte sie Einspruch ein, der jetzt vor dem Amtsgericht in Kulmbach verhandelt wurde. Mit Erfolg: Wegen eines Vergehens nach dem Tierschutzgesetz kam sie nun mit 60 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (600 Euro) davon. Grund für die Reduzierung der ursprünglich festgesetzten Geldstrafe ist, dass die Frau nachweislich am Existenzminimum lebt.

Nach entsprechenden Hinweisen hatte das Veterinäramt am 4. Februar des vergangenen Jahres die 47 Katzen auf dem Anwesen der Frau entdeckt. 39 davon nahmen die Kontrolleure kurzerhand mit. 21 Katzen waren total abgemagert. Insgesamt 31 litten an teilweise chronischen Erkrankungen, wie einer schmerzhaften Maulschleimhauentzündung oder hochgradigen eitrigen Ohrenentzündungen. Bei drei Tieren war es notwendig, sie sofort einzuschläfern. Als Grund für die miserablen Zustände, in denen sich die Katzen befanden, stellten die Veterinäre des Landratsamtes eindeutig mangelhafte hygienische Bedingungen fest.

Die Angeklagte erklärte während der Verhandlung, dass die Tiere von verschiedenen Bauerhöfen stammten. Dort habe sie die Katzen eingesammelt und auf eigene Kosten behandeln lassen. Auf ihrem Anwesen habe sie dann die weitere Behandlung auf Homöopathie umgestellt. Bei vielen der Tiere sei es lange nicht klar gewesen, woran sie leiden. Sie habe alles Menschenmögliche getan, um zu helfen. „Nur der liebe Gott weiß, was gelaufen ist“, sagte sie. Dabei habe sie zu keinem Zeitpunkt Hilfe von Dritten, auch nicht vom Amt bekommen. Die Frau stellte auch heraus, dass sie sich bereits seit 40 Jahren mit Tieren beschäftige. Wenn sie nun ein Urteil akzeptiere, dann nur, damit sie endlich mit der Sache abschließen könne, so die Angeklagte, die damit andeutete, dass sie ihrer Meinung nach wohl schon ein wenig zu Unrecht auf der Anklagebank sitze.

Wenn Richterin Sieglinde Tettmann in ihrem Urteil letztlich die Geldstrafe doch um ein Drittel reduzierte, dann nur deshalb, weil die Frau vom Hartz-IV-Regelsatz und damit am Existenzminimum leben muss. In einem solchen Fall ist eine Tagessatzhöhe von zehn Euro bei den meisten Gerichten obligatorisch. Dazu kommt, dass die Angeklagte bislang nicht ein einziges Mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.

Allerdings, und auch das sagte die Richterin in der Urteilsbegründung, seien hohe Behandlungskosten entstanden, weil eine Vielzahl von Katzen betroffen war. Der Vertreter der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer noch eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (700 Euro) gefordert. Nun muss die Frau nun auch noch die Prozesskosten bezahlen.

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25.02.2021

Kinderpornos auf dem PC / 41-Jähriger aus dem Landkreis Kulmbach kam mit Bewährungsstrafe davon

Kulmbach. Wegen der Verbreitung und des Besitzes von kinderpornographischen Bilder und Videos hat das Amtsgericht einen 41-jährigen Mann aus dem Kulmbacher Landkreis zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Zusätzlich muss der Angeklagte 3000 Euro an die Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Avalon in Bayreuth zahlen und er darf eine bereits begonnene psychotherapeutische Behandlung nicht eigenmächtig abbrechen.

Über eine halbstaatliche Organisation in Amerika, in der sich Messaging-Dienste, Softwareunternehmen und staatliche Ermittler zusammengeschlossen haben, waren die deutschen Fahnder auf den Mann aus dem Kulmbacher Land gekommen. Die amerikanischen Ermittler hatten die Dateien mit den auffälligen Inhalten festgestellt und die IP-Adresse des Angeklagten den deutschen Kollegen übermittelt.

Bei einer Wohnungsdurchsuchung im Juni des vergangenen Jahres fanden sie auf verschiedenen Speichermedien, wie externen Festplatten, über 4000 Bilder mit eindeutig kinderpornographischem Bezug. Zusätzlich wurden rund 900 Videodateien mit ebenfalls kinderpornographischem Inhalt sichergestellt. Sie hatten eine Spielzeit von über 50 Stunden. Über eine externe Sachverständigenfirma konnte die Polizei nachvollziehen, dass der Mann auch selbst über bestimmte Internetplattformen verschiedene Bilder hochgeladen hatte.

Über seinen Verteidiger Tobias Liebau aus Bayreuth ließ der Angeklagte die Vorwürfe in vollem Umfang einräumen. Sein Mandant habe bereits aus eigenem Entschluss eine Therapie bei einem Psychiater begonnen. Dem entschädigungslosen Einzug seines PCs, der externen Festplatten und seiner Mobiltelefone stimmte er noch im Gerichtssaal zu.

Gegenüber den Beamten hatte der Angeklagte anfangs noch versucht zu leugnen und behauptet, dass er keine kinderpornographischen Bilder besitzt. Er betreibe ein offenes W-LAN, in das sich auch ein anderer hätte einwählen können, behauptete der Mann nach Angaben des Sachbearbeiters von der Kriminalpolizei in Bayreuth. Doch schon bald konnten die Beamten den Angeklagten überführen, zu erdrückend war die Beweislast.

Eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren beantragte Staatsanwalt Eik Launert, während Verteidiger Liebau zwölf Monate als ausreichend einstufte. Mit ihrem Urteil wählte Richterin Sieglinde Tettmann die goldene Mitte. Als Hauptgrund für die Bewährung nannte sie das Geständnis des Mannes, mit dem eine „umfangreiche und unschöne Beweisaufnahme“ erspart werden konnte. Ohne Geständnis hätten alle Beteiligten sämtliche der unappetitlichen Bilder und Videos sichten müssen, was wahrscheinlich mehrere Verhandlungstage in Anspruch genommen hätte.

Die Bewährungsstrafe sei auch deswegen gerechtfertigt, weil der Angeklagte gezeigt habe, dass er an sich arbeite und eine entsprechende Therapie begonnen habe. Die muss er allerdings laut richterlichem Urteil nun auch fortsetzen und darf sie auf keinen Fall von sich aus beenden. Ebenso muss er die 3000 Euro an Avalon zahlen. Macht er das nicht, muss er mit einem Widerruf der Bewährung rechnen. Die wahrscheinlich schwerste Strafe für den Angeklagten hat allerdings nicht das Gericht, sondern die Ehefrau des Mannes ausgesprochen. Sie hatte sich bereits von ihm getrennt.

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25.02.2021

Per ICE von Köln nach Kulmbach: Ohne Ticket war schon in Bonn Endstation / Geldstrafe wegen Schwarzfahrens - 28-Jährige muss 700 Euro bezahlen

Kulmbach. Eigentlich wollte sie die rund 450 Kilometer von Köln nach Kulmbach fahren. Doch schon nach etwa 30 Kilometern war in Bonn Endstation. Ein Kontrolleur der Deutschen Bahn hatte die 28-jährige Frau aus Kulmbach beim Schwarzfahren mit dem ICE erwischt. Vor dem Amtsgericht in Kulmbach wurde sie deshalb jetzt wegen „Erschleichens von Leistungen“ verurteilt. Statt der knapp 100 Euro für die einfache Fahrt muss sie nun eine Geldstrafe in Höhe von 700 Euro (70 Tagessätze zu jeweils zehn Euro) bezahlen.

Die junge Frau steht nicht nur unter Betreuung, sie gab auch zu, drogenabhängig zu sein. Deshalb habe sie sich eine entsprechende Therapieeinrichtung im Raum Köln ansehen wollen, in die sie wahrscheinlich schon bald umziehen wird. Ein entfernter Bekannter hatte sie nach Köln gefahren. Doch der Mann scheint nicht der zuverlässigste gewesen zu sein. Nach der Besichtigung war er plötzlich weg und kam nicht wieder. „Er hat mich einfach an einer Tankstelle sitzen gelassen“, sagte die Frau, die kein Geld einstecken hatte und die derzeit noch an einer stationären Entwöhnungsbehandlung in der Suchtklinik Hochstadt teilnimmt. Also machte sie sich auf zum Kölner Hauptbahnhof und bestieg den ICE in Richtung Nürnberg, um wieder nach Hause zu kommen.

10,60 Euro hätte die Fahrt von Köln nach Bonn gekostet, sagte der Zugbegleiter, der die Frau erwischt hatte. 60 Euro fordere die Bahn jetzt zusätzlich von ihr, denn zum Fahrpreis komme noch eine Art „Fangprämie“ dazu. Der Zugbegleiter wusste auch, dass die Frau nach ihrem Rauswurf später von einem Verwandten aus Kulmbach abgeholt wurde.

Wegen verschiedener Drogendelikte war die von Hartz-IV lebende Angeklagte schon in der Vergangenheit immer wieder aufgefallen und mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Zuletzt wurde sie erst vor wenigen Monaten mit Betäubungsmitteln erwischt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Jetzt forderte Staatsanwalt Eik Launert 80 Tagessätze, schließlich sei die letzte Verurteilung noch gar nicht so lange her. Verteidiger Ralph Pittroff aus Kulmbach sah dagegen 50 Tagessätze als ausreichend an. Richterin Sieglinde Tettmann urteilte auf 70 Tagessätze. Die Höhe eines Tagessatzes liegt bei Hartz-IV-Empfängern obligatorisch bei zehn Euro. Die Angeklagte habe spontan gehandelt, habe von Anfang an alles zugegeben und sei ohne Geld weit weg von zuhause sitzen gelassen worden, das alles hielt ihr Tettmann zu Gute.

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25.02.2021

Trunkenheitsfahrt kommt Handwerker teuer zu stehen / Angeklagter wollte an der Tankstelle Bier holen

Kulmbach. Mit seinem Fahrrad war ein Handwerker aus dem Landkreis am 18. Juli zu mitternächtlicher Stunde auf dem Weg zur nächsten Tankstelle, um Bier zu besorgen. Problem dabei: er hatte bereits kräftig getankt und fast 1,9 Promille Alkohol im Blut. Bei Kauerndorf geriet der Radfahrer in eine Polizeikontrolle. Weil er bereits kurz vorher dort schon einmal mit seinem Pkw aufgetaucht war, wurde er nun gleich wegen zweier Fälle der Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Richterin Sieglinde Tettmann entschied auf eine relativ hohe Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu jeweils 35 Euro (6300 Euro). Doch damit nicht genug: der Angeklagte muss außerdem für eineinhalb Jahre auf seinen Führerschein verzichten.

Die Beamten hatten an der Kontrollstelle ein Fahrzeug angehalten, bei dem eines der Abblendlichter nicht funktionierte. Mit vereinten Kräften versuchten die Polizisten und der Fahrzeuglenker, das Licht herzurichten. Da kam der Angeklagte mit seinem Pkw angefahren und wollte helfen. Doch die Beamten schickten ihn kurzerhand wieder weg. Keiner der Beamten hatte bemerkt, dass der Angeklagte bereits hochgradig alkoholisiert war. „Uns ist nichts aufgefallen, sonst hätten wir ihn ja nicht weiterfahren lassen“, sagte ein Polizist.

Wäre der Angeklagte nun zuhause geblieben, wäre die Trunkenheitsfahrt niemals ans Licht gekommen. Dummerweise war ihm aber das Bier ausgegangen, so dass er sich kurzerhand entschied, noch einmal mit dem Fahrrad zur Tankstelle zu fahren, um Nachschub zu besorgen. Wieder musste er an der Polizeikontrolle vorbei, doch diesmal schnappte die Falle zu.

„Als wir ihn anhielten, verhielt er sich aggressiv und war sehr auf Konfrontation aus“, sagte einer der Beamten. Ein freiwilliger Alkoholtest sei vehement abgelehnt worden, erinnerte sich sein Kollege. Also brachte man den Angeklagten zum Bluttest ins Krankenhaus Stadtsteinach. Das Ergebnis von exakt 1,87 Promille bedeutete absolute Fahruntüchtigkeit.

Zunächst versuchte sich der Handwerker vor Gericht herauszureden. Er habe zwar vier halbe Bier im Laufe des vorangegangenen Tages getrunken, jedoch auf den gesamten Tag verteilt, dazwischen habe er immer etwas gegessen, so dass er nie und nimmer fast 1,9 Promille haben könne, sagte er. Wenn der Wert später bei der Kontrolle mit dem Fahrrad so hoch war, dann nur deshalb, weil er unmittelbar davor zuhause eine halbe Flasche Scotch Whisky geleert habe.

Diese Taktik sollte aber nicht aufgehen, zumal Richterin Tettmann und Staatsanwalt Eik Launert ein Sachverständigengutachten in den Raum stellten. Nach langem Hin und Her und einem ausführlichem Rechtsgespräch ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Christoph Müller erklären, dass die Höhe der Werte zwar nicht ganz nachvollziehbar seien, die Vorwürfe aber im Sinne der Gesamtbetrachtung eingeräumt würden. Zumindest ein teures Sachverständigengutachten hatte sich der Mann damit erspart.

Problem bei der Sache war aber, dass er bereits neun Vorstrafen in seinem Register hatte, darunter zwei Trunkenheitsfahrten, drei Fahrten ohne Führerschein und ohne Versicherung, aber auch eine Drogengeschichte und eine vorsätzliche Körperverletzung. Fast ein Jahr lang musste der Mann bereits im Gefängnis verbringen.

Staatsanwalt Launert beantragte dennoch eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten sowie eine zusätzliche Geldauflage von 3000 Euro. Verteidiger Müller plädierte dagegen auf eine Geldstrafe von unter 90 Tagessätzen. Mit ihrem Urteil von 180 Tagessätzen zu jeweils 35 Euro ging Richterin Tettmann weit darüber hinaus. Der Angeklagte habe mannigfaltige einschlägige Vorstrafen, sagte sie. „Wenn er so weiter macht, besteht die Gefahr, dass er wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerät.“ Auch an der Führerscheinsperre von eineinhalb Jahren führe kein Weg vorbei: „Dass bei so etwas der Schein weg ist, ist ja klar“, so Tettmann und bereitete den Mann schon einmal darauf vor, dass er bei dieser Vorgeschichte zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis wohl auch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) machen müsse.

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25.02.2021

Diebstahl kommt Hartz-IV-Empfänger teuer zu stehen / Aufmerksamer Verkäufer hatte Ladendieb beobachtet

Kulmbach. Mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (900 Euro) muss ein 60 Jahre alter Mann aus dem Landkreis den Diebstahl eines Kopfhörers im Wert von knapp 30 Euro büßen. Der arbeitslose Maurer hatte am 18. August des vergangenen Jahres in einem Verbrauchermarkt in der Albert-Ruckdeschel-Straße den Kopfhörer aus der Verpackung genommen und war ohne zu bezahlen durch die Information nach draußen gegangen. Dabei hatte ihn nicht nur ein Verkäufer beobachtet, sondern auch eine Überwachungskamera aufgezeichnet.

Er habe den Kopfhörer für sein Handy benötigt, aber kein Geld gehabt, also habe er die Ware kurzerhand eingesteckt, bekannte sich der Mann vor Gericht schuldig. „Den Kopfhörern konnten wir nicht mehr verkaufen, und mussten ihn abschreiben“, sagte der Verkäufer. Auch im Markt habe der Angeklagte gleich zugegeben, dass er geklaut habe. Viel mehr blieb ihm aber auch nicht übrig.

Allerdings war es nicht der erste Diebstahl des 60-Jährigen. Im Laufe der zurückliegenden Jahre und Jahrzehnte hatte er es auf ein umfangreiches Strafregister mit insgesamt elf Eintragungen gebracht. Mehrfach wegen Diebstahls, aber immer wieder auch wegen Trunkenheit im Verkehr wurde er bereits zu Geldstrafen verurteilt.

Eine Bewährungsstrafe von drei Monaten forderte Staatsanwalt Eik Launert wegen des umfangreichen Vorstrafenregisters und wegen der Tatsache, dass die Ware nicht mehr verkauft werden konnte. Zusätzlich beantragte der Anklagevertreter 100 gemeinnützige, unentgeltliche Arbeitsstunden.

Richterin Sieglinde Tettmann entschied dagegen auf eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Weil der Angeklagte derzeit von Hartz-IV-Leistungen am Existenzminimum leben muss, setzte sie den Tagessatz auf zehn Euro an. Sie rechnete dem Angeklagten zu Gute, dass er tatsächlich kein Geld besaß, die Tat eingeräumt hatte und das Diebesgut einen relativ geringen Wert hatte.

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23.02.2021

Mit gefälschten Rezepten gegen Angststörungen / Keine Strafe trotz krimineller Energie – 20-Jähriger muss zur ambulanten psychotherapeutischen Betreuung

Kulmbach. Der Vorwurf wog schwer: ein 20-Jähriger soll im Darknet täuschend echt aussehende Rezeptvordrucke bestellt und darauf mit dem Namen seiner damaligen Hausärztin unterschrieben haben. Dann verordnete sich der Auszubildende selbst Schmerzmitteln und ein Psychopharmaka. Letzteres löste er in der Kasendorfer Apotheke ein. Der Schwindel flog natürlich auf und so landete der junge Mann wegen Urkundenfälschung vor dem Jugendrichter. Wenn er am Ende ohne Geld- oder Freiheitsstrafe davon kam, dann deshalb, weil einmal aufgrund erheblicher Reifeverzögerungen das wesentlich mildere Jugendstrafrecht zur Anwendung kam. Zum anderen sah das Gericht, dass sich der Angeklagte aufgrund akuter Angststörungen in einer absoluten Notlage befand. Allerdings ordnete Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner die Teilnahme an einer ambulanten psychotherapeutischen Betreuung an.

„Ich wollte so schnell wie möglich runter von den Zeug“, sagte der 20-Jährige. Doch als seine Hausarztpraxis das Mittel von jetzt auf gleich absetzten wollte, ging ihm das dann doch zu schnell. Er habe extreme Angst gehabt, seine Ausbildungsstelle zu verlieren, wenn er wieder eine Panikattacke bekomme. Der Auszubildende berichtete von heftigen Krampfanfällen und von Todesangst. „Mit schnürt es den Hals zu“, sagte er. Deshalb er die Psychopharmaka dringend benötigt.

Beim Surfen auf den Seiten verschiedener Online-Apotheken sein er dann auf einer Seite gelandet, die ganz klar dem Darknet zuzuordnen ist. Unter falschem Namen bestellte er dort einige Rezeptvordrucke, die auch eine Art Stempel seiner Kulmbacher Hausarztpraxis trugen. Er unterzeichnete die „Rezepte“ und fuhr, damit es weniger auffällt, zur Einlösung nach Kasendorf. Aus heutiger Sicht nannte er es einen Glücksfall, dass der Schwindel daraufhin aufgeflogen war. „Sonst wäre ich nicht so schnell weggekommen, von dem Zeug“. Er habe sich selbst beweisen wollen, dass er es schaffe, sagte er. Deshalb war er von sich aus in eine Entzugsklinik gegangen, wo schon ein kurzer Aufenthalt genügte. Seitdem habe er nichts mehr genommen.

Woher die Angststörungen aller Wahrscheinlich nach kamen, stellte sich beim Blick in das Vorstrafenregister des Angeklagten schnell heraus. Er war trotz seiner jungen Jahre schon sechsmal mit der Justiz in Konflikt geraten. Jedes Mal wegen irgendwelcher Drogengeschichten. Einen Jugendarrest musste er schon absitzen, zu Sozialstunden wurde er schon verurteilt und ein Fahrverbot hatte er auch schon bekommen. Das sei aber nun alles vorbei, beteuerte er. Er habe sich von den falschen Freunden komplett gelöst. Die Augen geöffnet haben dürfte ihn wohl auch, dass er von einem früheren Bekannten brutal zusammengeschlagen wurde, als er vor Gericht gegen ihn aussagte.

Staatsanwalt Christopher Feulner forderte trotzdem neben der psychotherapeutischen Gesprächstherapie eine Geldauflage von 600 Euro. Schließlich habe der Angeklagte eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt, indem er die Mittel unter falschem Namen im Darknet bestellte und dann auch noch außerhalb von Kulmbach einlöste.

Das sah Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner anders. Im Jugendstrafrecht gehe es darum, erzieherisch auf den Angeklagten einzuwirken. Das sei am besten mit einer psychotherapeutischen Gesprächstherapie möglich. Eine Geldauflage werde dagegen keine Wirkung haben, da sie der Azubi aufgrund seiner geringen Vergütung ohnehin nicht bezahlen könne und er jetzt schon auf die Unterstützung durch den Vater angewiesen sei. Der Richter sah auch die schwierige Lage, in der sich der 20-jährige befunden habe. Letztlich sei es ihm ja darum gegangen, seine Ausbildungsstelle zu behalten. Durch die freiwillige Einweisung zu einer Entgiftungsmaßnahme sehe er auch, dass dem jungen Mann der Ernst der Lage durchaus bewusst sei.

Strafe genug dürfte für ihn sein, dass sein Computer von Amts wegen eingezogen wurde, weil er als Tatmittel galt. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen.

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18.02.2021

Schüsse aus dem Schlachthaus / 55-jähriger Handwerker hielt Harsdorf stundenlang in Atem – Bewährungsstrafe wegen Widerstands und verbotenem Waffenbesitzes

Harsdorf/Kulmbach. Den 2. März des zurückliegenden Jahres werden viele Harsdorfer wohl nicht so schnell vergessen. Halb Harsdorf war aufgeschreckt, weil sich ein 55-jähriger Handwerker nach einem Familienstreit in seinem Häuschen verschanzt hatte und wild um sich schoss. Erst nach fast fünf Stunden konnte ein Sondereinsatzkommando der Polizei nachts um 1.30 Uhr die Sache friedlich beenden. Jetzt musste sich der Mann wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und wegen verbotenem Waffen- und Munitionsbesitzes vor Gericht verantworten.

Zunächst klang die Meldung am 2. März um 21.21 Uhr ganz harmlos. Es ging um einen Familienstreit, der sich im Nachhinein als völlig unbegründet erwies. Trotzdem drohte der Mann, offensichtlich gesundheitlich stark beeinträchtigt und noch dazu alkoholisiert, damit, sich das Leben zu nehmen. Also verschanzte er sich in einem ehemaligen Schlachthaus und beleidigte lautstark die eintreffenden Polizeibeamten. Als er aber plötzlich mehrfach mit einem Revolver aus dem Fenster schoss, war den Beamten vor Ort der Ernst der Lage klar. Sofort forderten die ein Sondereinsatzkommando der Polizei an.

Das SEK stellte später ein komplettes Waffenarsenal in dem Schlachthaus sicher, darunter neun Kampfmesser, ein Samurai-Schwert, eine Soft-Air-Waffe, ein Beil, den Revolver und jede Menge täuschend echte Spielzeugpistolen. Der Angeklagte wurde in Handschellen abgeführt und in das Bezirkskrankenhaus eingeliefert, das er nach ein paar Tagen allerdings relativ schnell wieder verlassen konnte.

Nun saß er also auf der Anklagebank und wusste gar nichts mehr. Er habe kurz nach dem Vorfall seinen zweiten Schlaganfall erlitten. Erst im Bezirkskrankenhaus habe er damals erfahren, was er alles angerichtet habe. „Ich kann mich wirklich an nichts mehr erinnern“, sagte er sichtlich geknickt, wunderte sich aber noch immer über den Aufwand, den die Polizei damals wegen ihm betrieben hatte.

Als Zeugen waren einige Polizisten geladen. Sie alle beschrieben den Einsatz alles andere als alltäglich. „Es war eine echte Ausnahmesituation“, sagte ein 34 Jahre alter Kommissar aus Kulmbach. „Das war wirklich nicht ohne“, so ein Beamtin der Polizeiinspektion Kulmbach. Eine Polizisti aus Stadtsteinach räumte ein, dass sie das Geschehen nachts noch immer verfolge. „Ich habe ja schon einiges erlebt, aber das war schon eine echte Hausnummer“, so die Frau.

Die letztlich auch verhängten zehn Monate auf Bewährung hatte bereits die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer beantragt. Die Anklagevertreterin hielt dem Mann dabei zu Gute, dass er alkoholbedingt enthemmt und in einer Ausnahmesituation gehandelt habe, und, dass ein möglicher Suizid im Raum stand. Auch die Entschuldigung des Mannes bei allen Polizeibeamten im Gerichtssaal spreche für den Angeklagten, der ohne Verteidiger erschienen war. Wenn die Strafe auf Bewährung ausgesetzt werden könne, dann vor allem deshalb, weil der Angeklagte bis auf ein Straßenverkehrsdelikt noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten war und weil er gesundheitlich angeschlagen sei.

Das sah auch Richterin Sieglinde Tettmann so. Zusätzlich zu den zehn Monaten auf Bewährung setzte sie eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro oder alternativ 100 unentgeltliche Arbeitsstunden fest. Das aufgefundene Waffenarsenal gebe schon zu denken, sagte die Richterin. Gleichwohl stehe der Angeklagte in Arbeit und sei familiär eingebunden, was für eine Bewährung spreche. Ob der Filmriss beim Angeklagten wirklich auf seine Krankheit oder auf Verdrängung zurückzuführen sei, könne nicht genau festgestellt werden. Sicher aber sei: „Die Sache war nicht ohne.“

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18.02.2021

Beleidigung nach Hundeattacke / „Schlampe“ kostete 800 Euro – Verteidiger kritisierte FFP2-Maske der Zeugin

Kulmbach. Die Kinder, vier und sieben Jahre alt, haben einen Riesenschreck bekommen, als im September in Kulmbach zwei Mischlingshunde plötzlich laut bellend aus einem Gartengrundstück heraus auf sie zurasten. Die Kinder fingen an zu weinen und klammerten sich an ihrer Mutter fest. „Diesen Weg an dem Grundstück vorbei kann ich heute mit den Kindern nicht mehr gehen, solche Angst haben sie“, sagte die Mutter vor Gericht. Dort trafen jetzt die Frau und der Hundehalter wieder aufeinander, weil der Halter, ein 24-jähriger Arbeiter aus Kulmbach, die Mutter wegen des Vorfalls als „Schlampe“ bezeichnet haben soll. 

In der Verhandlung stand Aussage gegen Aussage. Der Vorfall mit den Hunden sei zutreffend, sagte der Angeklagte, das Wort „Schlampe“ sei aber nicht gefallen. Die Frau dagegen blieb bei ihrer Aussage, der Angeklagte habe laut gesagt: „Ich bring den Hund rein, bevor ich die Schlampe umbringen muss“.

Sie sei mit den Kindern spazieren gegangen, als die Hunde bellend auf sie zurasten, berichtete die Mutter der Kinder. Als der Halter dazukam habe er die Hunde weggeführt, sei aber gar nicht auf sie und ihre Kinder eingegangen. „Der hat uns völlig ignoriert“, sagte die Frau. Dabei hätte sie ihn aber gerne zur Rede gestellt. „Ich hätte von ihm Einsicht erwartet“, so die Zeugin. Schließlich würden die Hunde dort öfter durch die Gegend streunen. „Das geht halt einfach nicht“, so die Mutter weiter. Sie war sogar noch einmal tags darauf zu dem Mann gekommen, um ihm die Gelegenheit einer Entschuldigung zu geben, doch auch da habe er sie nur ignoriert. Da erst habe sie die Anzeige erstattet.

Die Frau habe wegen den Hunden lautstark herumgebrüllt, sagte dagegen der Angeklagte in seiner Vernehmung. Die Hunde hätten gebellt und er habe sie daraufhin weggeführt, aber das sei es dann auch schon gewesen. Zu einer Beleidigung sei es nicht gekommen, war sich der Mann ganz sicher. Er hatte deshalb bereits einen Strafbefehl über 800 Euro wegen der Beleidigung erhalten und dagegen Einspruch eingelegt. Auf das Angebot des Gerichts, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 500 Euro zu Gunsten des Tierheims einzustellen ging er auch nicht ein. Er habe die Frau nicht beleidigt, das Wort „Schlampe“ sei nicht gefallen, beteuerte er.

Wenig zur Wahrheitsfindung beitragen konnte die Ehefrau des Angeklagten. Sie hatte den Streit zwar vom Fenster aus verfolgt, konnte aber nicht sicher sagen, ob sie auch wirklich alles gehört hatte. Schließlich hätten die Kinder geweint, die Hunde gebellt und die beiden erwachsenen Personen seien laut gewesen.

So unterschiedlich die Auffassungen der Beteiligten waren, so unterschiedlich fielen auch die Plädoyers aus. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah den Sachverhalt bestätigt, sie forderte eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils 53 (!) Euro (1590 Euro).

Ganz anders Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach. Er sah den Sachverhalt alles andere als bestätig und beantragte einen Freispruch nach dem Rechtsgrundsatz „In dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“). Die Mutter der Kinder habe durchaus Belastungseifer gezeigt, weil sie die Anzeige ihren eigenen Worten zufolge „schon aus Prinzip“ erstattet habe.

Außerdem rügte der Rechtsanwalt, dass die Zeugin während der Vernehmung ihre FFP2-Maske aufbehielt. Rechtlich sei dies zwar nicht zu beanstanden, doch könne er als Verteidiger die Aussage nicht richtig einschätzen, wie er keine Mimik wahrnehmen kann. Dies aber wäre gerade im vorliegenden Fall sehr wichtig gewesen. „Die Gesichtszüge einer Zeugin sind entscheidend für die Einordnung ihrer Aussage“, so der Verteidiger. Tatsächlich weist Richterin Tettmann jeden Zeugen zu Beginn seiner Aussage daraufhin, dass er im Zeugenstand die Maske abnehmen könne, wenn er möchte, dies aber nicht unbedingt tun müsse. Dass ein Zeuge seine Maske dann wirklich aufbehält, ist allerdings extrem selten.

Mit ihrem Urteil von 20 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro blieb Richterin Tettmann weit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die ausgesprochene Geldstrafe entsprach exakt dem ursprünglichen Strafbefehl. Zweifel, dass die Zeugin nicht die Wahrheit sagt, habe sie keine, so die Richterin in der Urteilsbegründung. Sie hielt dem Angeklagten aber trotzdem zu Gute, dass er in der Situation erheblich gestresst gewesen sei und sich deshalb eben kurzzeitig nicht mehr habe beherrschen können.

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12.02.2021

Aus Frust an Transporter der Johanniter ausgetobt / 24-jähriger Kulmbacher kam noch einmal mit Bewährung davon

Kulmbach. Weil er sich aus Frust an einem Fahrzeug der Johanniter-Unfallhilfe regelrecht ausgetobt hatte, wäre ein 24-jähriger Handwerker aus Kulmbach beinahe hinter Schloss und Riegel gekommen. Nur weil zwei Geldstrafen aus früheren Verurteilungen erst nach dem Ausraster verhängt und bereits teilweise bezahlt wurden, kam der Angeklagte noch einmal mit einer Bewährungsstrafe davon. Wegen Sachbeschädigung verurteilte ihn das Kulmbacher Amtsgericht zu fünf Monaten. Zusätzlich muss er eine Geldauflage von 1500 Euro an den Bewährungshilfeverein „Fähre e.V.“ überweisen.

Nachdem seine Freundin kurz zuvor mit ihm Schluss gemacht hatte, ertrank der 24-Jährige zunächst seinen Frust im Alkohol. Zuhause angekommen parkte ausgerechnet ein Kleinbus der Johanniter-Unfallhilfe vor seiner Wohnung. Mehrfach trat er mit seinem fußballerisch gestählten Fuß von verschiedenen Seiten so heftig dagegen, dass ein Sachschaden von rund 2500 Euro entstand.

Er habe gar nicht gesehen, dass es ein Fahrzeug der Unfallhilfe war, sagte der Handwerker vor Gericht. Jedenfalls habe der Kleinbus so eng vor der Gartentür geparkt, dass er mit seinem Kasten Bier kaum mehr durchgekommen sei. Dann gab es offensichtlich einen Filmriss, denn das Nächste, was der Mann wusste, ist, dass er von der Polizei geweckt wurde.

Die Beamten hatte eine aufmerksame Nachbarin alarmiert. „Wir saßen auf der Terrasse und haben plötzlich laute Schläge gehört“, sagte die 20-jährige Angestellte aus der Nachbarschaft. Dann habe sie den Angeklagten beobachtet, wie er mehrere Male gegen die Seite des Fahrzeugs getreten hatte. Sie habe noch „hey“ gerufen, was der Angeklagte mit beleidigenden Ausdrücken quittierte.

Der Fahrer der Johanniter, der das Auto, wie schon oft zuvor, dort abgestellt hatte, bekam von dem Vorfall gar nichts mit. Er saß in seiner Wohnung in der Nachbarschaft und hörte über Kopfhörer Musik. Erst als ihm die Nachbarin eine Messenger-Nachricht übermittelte, wurde er auf das geschehen aufmerksam.

Problem bei der Strafzumessung war, dass der 24-Jährige bei der Justiz alles andere als ein unbeschriebenes Blatt ist. Trotz seines jungen Alters hatte er seit dem Jahr 2012 bereits neun Eintragungen im Vorstrafenregister aufzuweisen. Darunter war auch eine offene Bewährung wegen einer Drogengeschichte. Wegen einer Körperverletzung und einer Beleidigung gab es danach zwei Geldstrafen.

Für den Vertreter der Staatsanwaltschaft ein klarer Fall, dass es diesmal keine Bewährung mehr geben darf. Jede Strafe sei der Versuch, den Angeklagten davon abzuhalten, dass er keine Straftaten mehr begeht. Genau das habe beim Angeklagten bislang nicht funktioniert. Der Anklagevertreter forderte deshalb unter Einbeziehung der beiden Geldstrafen eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung in Höhe von sieben Monaten.

Verteidiger Andreas Piel fand trotzdem auch Gründe, die für eine nochmalige Bewährung sprechen. Sein Mandant habe sich in einer Stresssituation befunden, nehme aus freien Stücken seit einem halben Jahr regelmäßig Termine bei der Suchtberatung wahr, um seine Alkoholproblem in den Griff zu bekommen, und habe mittlerweile eine Lehre abgeschlossen. Piel forderte deshalb sechs Monate mit Bewährung.

Das alles berücksichtigte auch Richterin Sieglinde Tettmann in ihrem Urteil von fünf Monaten auf Bewährung. „Ich gehe davon aus, dass es Ihnen wirklich leid tut“, sagte die Richterin zum Angeklagten und ermahnte ihn gleichzeitig aufzupassen: „Die nächste Krise kommt bestimmt“, sagte sie. Die Geldauflage in Höhe von 1500 Euro kann der junge Mann auch in Arbeitsstunden umwandeln, er müsste dann 150 Stunden gemeinnützige Arbeit nach näherer Weise der „Fähre“ leisten.

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05.02.2021

Showdown am Sportplatz / Junges Pärchen eingekesselt und provoziert – Geldstrafe für Faustschlag

Kulmbach. Es waren Szenen wie im Wilden Westen, am 5. Juli des vergangenen Jahres nachts gegen 2 Uhr zwischen Marktleugast und Marienweiher. Ein 24 Jahre alter Arbeiter aus dem Nachbarlandkreis Hof war gerade mit seiner Verlobten auf dem Heimweg, als er von zwei Fahrzeugen vorne und hinten eingekesselt wurde. In Marienweiher auf Höhe des Sportplatzes kam es mitten auf der Straße zum Showdown. Ein Fahrzeug versperrte dem Pärchen den Weg, der 24-Jährige stieg aus und es kam zu einem Gerangel. Weil er in der Folge einen anderen niedergeschlagen haben soll, musste sich der Arbeiter jetzt vor dem Amtsgericht verantworten.

Zu den Hintergründen der Geschichte war wenig zu erfahren. Die sieben oder acht Verfolger in den anderen beiden Fahrzeugen sollen alle Bekannte der Verlobten gewesen sein, die mit dem Angeklagten ganz offensichtlich ein Problem haben. Woran das liegt, wurde auch nicht geklärt. Vielleicht an der Vergangenheit des Angeklagten, der trotz junger Jahre bereits eine umfangreiche Vorstrafenliste hat und der erst knapp zwei Jahre zuvor aus der Haftanstalt entlassen wurde.

Doch diesmal war er wohl wirklich mehr Opfer als Täter. Nach anfänglichem Zögern und langem Hin und Her räumte er ein, dass er damals schon ein wenig aggressiv regiert und einem der Kontrahenten einen Schlag verpasst hatte. Von Zusammenschlagen, von heftigen Schmerzen und sogar von einem bewusstlosen Zusammensacken des angeblichen Opfers, wie ursprünglich angeklagt, war allerdings keine Rede mehr. „Mein Mandant hat sich halt provozieren lassen“, sagte Verteidiger Alexander Schmidtgall.

So ganz ohne war der Tatbeitrag der Verfolger tatsächlich nicht. Trotzdem hatte man sich einige Tage später getroffen und darauf geeinigt, alle Anzeigen wieder zurückzunehmen. Tatsächlich hatte die Verlobte des Angeklagten die Fahrer der beiden Fahrzeuge wegen Nötigung im Straßenverkehr ebenfalls zur Anzeige gebracht. Die Anzeige wegen Körperverletzung gegen den Angeklagten konnte allerdings nicht mehr zurückgenommen werden.

Wäre der Angeklagte nicht schon mehrfach einschlägig vorbestraft und hätte er nicht noch eine offene Bewährung gehabt, wäre die Sache wahrscheinlich gar nicht bis zur Verhandlung gekommen, sondern spätestens mit einem Strafbefehl erledigt worden. So aber saßen bereits alle Beteiligten bereit zur Zeugenaussage auf den Bänken vor dem Sitzungssaal.

Nachdem sich Richterin Sieglinde Tettmann mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger besprochen hatten, kamen alle Beteiligten zu dem Ergebnis, aus dem Vorfall keinen Mammutprozess machen zu wollen und die Sache mit einer Geldstrafe zu beenden. Anklagevertreter und Verteidiger beantragten in seltener Übereinstimmung die letztlich auch verhängte Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro (1500 Euro) wegen vorsätzlicher Körperverletzung.

„Viel ist die Sache nicht wert“, so Richterin Tettmann. Sie gab dem Angeklagten mit auf dem Weg, künftig besser aufzupassen und sich nicht in derartige Sachen hineinziehen zu lassen. „Versuchen sie einfach, diesen Leuten aus dem Weg zu gehen“, so die Richterin. Dem Gericht war freilich auch klar, dass dies im vorliegenden Fall gar nicht so einfach gewesen sei.

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04.02.2021

Streit und Stress aus Eifersucht / Verfahren wegen Körperverletzung eingestellt

Kulmbach. Weil er seinen früheren Arbeitskollegen schwer verprügelt haben soll, musste sich ein 33 Jahre alter Mann aus Kulmbach vor dem Amtsgericht verantworten. Wenn die Sache letztlich aber doch vorläufig eingestellt wurde, dann deshalb, weil sämtliche Angaben widersprüchlich waren und weil das angebliche Opfer wohl auch kräftig austeilen konnte. Allerdings muss der Angeklagte als Auflage 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Ursprünglich hatten sich die Streithähne mal ganz gut verstanden. Doch weil der Angeklagte immer wieder die Frau des angeblichen Opfers „angebaggert“ haben soll, wurde das Verhältnis zunehmend schlechter. Dabei sah es so aus, als dass an diesen Vorwürfen gar nichts dran ist. Ihr Ex-Mann – mittlerweile hat sich das Paar getrennt – sei extrem eifersüchtig, sagte die Frau als Zeugin vor Gericht. Das sei es immer wieder zu „Streit und Stress“ gekommen.

Angeklagte war eine Auseinandersetzung am 23. Februar vergangenen Jahres auf offener Straße im Stadtgebiet von Kulmbach. Der Angeklagte soll den 35-Jährigen mehrfach mit der Hand ins Gesicht geschlagen und mit dem Fuß in den Bauch getreten haben. So dass der Mann blutende Verletzungen erlitt.

Eine Ohrfeige räumte der Angeklagte ein, mehr aber nicht. „Ich habe mir nicht anders zu helfen gewusst“, sagte der Mann vor Gericht. Er sei vom angeblichen Opfer zuvor wochenlang immer wieder wüst beschimpft worden. An jenem Tag habe er den Mann zur Rede stellen wollen, aber da sei der mit einer Taschenlampe auf ihn losgegangen. Tatsächlich lagen dem Gericht Chat-Verläufe vor, aus denen üble Drohungen und Beleidigung ersichtlich waren. „Er denkt wohl, dass ich mit seiner Frau etwas habe“, sagte der Angeklagte. Daran sei freilich nichts, beteuerte er.

Das angebliche Opfer teilte in seiner Zeugenaussage vor Gericht mächtig aus. Der 35-Jährige beschrieb den Angeklagten als Psychopathen und Drogenabhängigen. „Der versucht schon seit Jahren bei meiner Frau zu landen“, sagte der Mann. Tatsächlich sei er bei der Auseinandersetzung am 23. Februar an Bauch und Brust getroffen worden, und das, obwohl er erst kurz zuvor aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wo er wegen eines schweren Verkehrsunfalls behandelt wurde. Zu einem Gespräch sei es am besagten Tag gar nicht gekommen. Der ist ja gleich ausgetickt“, so der Zeuge.

In Einvernehmen mit der Vertreterin der Staatsanwaltschaft entschloss sich Richterin Sieglinde Tettmann trotz einiger Vorstrafen des Angeklagten, das Verfahren gegen den Angeklagten einzustellen. „Sie müssen aufpassen, dass sie sich beim nächsten Mal besser im Griff haben, sonst könnte das böse enden“, gab sie dem Angeklagten noch mit auf den Weg. Die 100 Arbeitsstunden muss der Angeklagten innerhalb der kommenden vier Monate nach näherer Weisung des Bewährungshilfevereins „Fähre e.V.“ leisten.

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04.02.2021

Handschellen wegen Feuerzeugdiebstahl /2,49 Euro Schaden: Gericht ordnete Nachermittlungen an

Kulmbach. Auch wenn es nur um einen angeblichen Diebstahl von zwei Feuerzeugen im Wert von 2,49 Euro geht, hat das Amtsgericht trotzdem Nachermittlungen veranlasst und die Hauptverhandlung er einmal auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Dem 29-jährigen Angeklagten aus Kulmbach wirft die Staatsanwaltschaft den Feuerzeugdiebstahl in einem Verbrauchermarkt im Landkreis vor. Der Mann widersprach dagegen in der Hauptverhandlung entschieden und nannte das Ganze ein „Riesenmissverständnis“.

Er sei, wie jeden Mittag, in seiner Pause mit einem Arbeitskollegen im Markt gewesen und habe ohne groß darüber nachzudenken, die Packung mit den beiden Feuerzeugen in seine Arbeitshose gesteckt. Im Vorkassenbereich habe er sie dann, wie schon oft zuvor, beim Metzger zusammen mit einer Leberkäsesemmel bezahlen wollten. Doch noch ehe es dazu kam, sei ein rabiater Ladendetektiv aufgetaucht. Der Detektiv habe einen Riesenwirbel gemacht und ihn vor den Augen aller in Handschellen abgeführt.

Für die Unschuld des Angeklagten sprach, dass der Verbrauchermarkt weder eine „Fangprämie“ verlangt, noch ein Ladenverbot ausgesprochen habe. Der Angeklagte räumte ein, dass er sich schon „ein bisschen“ gewehrt habe. Schließlich sei der Detektiv gleich laut geworden, habe ihm die Hand auf den Rücken gedreht und ihn vor allen Leuten in Richtung Angestelltenzimmer gezogen. „Ich habe gleich gesagt, dass das alles Quatsch ist“, sagte der 29-Jährige. Doch der Detektiv verständigte trotzdem die Polizei. Bis zu dem Vorfall habe er mit vielen Beschäftigten im Markt ein freundschaftliches Verhältnis gehabt. Doch mittlerweile betrete er den Laden in der Mittagspause nicht mehr regelmäßig, weil ihm die Sache noch immer überaus peinlich sei.

Von einer „Konfliktsituation“ sprach der Ladendetektiv in seiner Aussage. Er habe den Angeklagten dabei beobachtet, wie er die Feuerzeuge in seine Arbeitshose gesteckt habe und damit durch den Kassenbereich gegangen sei. Da habe er ihn gestellt. Weil sich der Mann wehrte und lautstark herumschrie, habe er ihm die Handschellen angelegt. Sogar die Faust habe der Angeklagte erhoben, rechtfertigte sich der Ladendetektiv.

„Ganz korrekt war ihr Verhalten nicht“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann zum Angeklagten. Der lehnte aber eine Einstellung wegen geringer Schuld gegen eine Geldauflage ab. „Ich bin mir wirklich gar keiner Schuld bewusst“, sagte er. Das Gericht ordnete deshalb Nachermittlungen vor allem zu den Zahlungsmodalitäten in diesem Verbrauchermarkt an. So soll überprüft werden, ob es wirklich möglich ist, Ware auch im Vorkassenbereich zu bezahlen. Außerdem soll der Arbeitskollege des Angeklagten als Zeuge geladen werden. Ein neuer Termin wird dann vom Gericht bestimmt.

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29.01.2021

Motocross auf öffentlichen Straßen / 34-jähriger Kulmbacher wegen Fahrens ohne Führerschein und ohne Versicherungsschutz verurteilt

Kulmbach. Keine Zulassung, keine Versicherung, kein Führerschein und kein Helm: so drehte ein 34-Jahre alter Mann aus Kulmbach immer wieder seine Runden auf der Motocross-Maschine. Vor dem Amtsgericht gab es dafür jetzt die Quittung. Er wurde wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen des Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne Versicherungsvertrag zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro (1800 Euro) verurteilt

Der Angeklagte selbst bestritt die Vorwürfe. Er sei am angeblichen Tattag, den 16. Mai dieses Jahres, lediglich auf dem eigenen Grundstück hin und hergefahren, mehr nicht, behauptete er. Er führt die entsprechende Anzeige seiner Nachbarn auf einen seit Jahren schwelenden Streit zurück, der von überhängenden Ästen bis hin zu Dingen reicht, die unter der Gürtellinie angesiedelt sind. Ihm sei auch bekannt, dass er mit seiner Motocross-Maschine nicht auf öffentlichen Straßen fahren darf, schließlich habe er früher selbst aktiv Motorsport betrieben und sei noch heute oft an den Wochenenden auf Motocross-Strecken unterwegs.

Der Nachbar und seine Ehefrau bestätigten dagegen ihre Angaben aus der polizeilichen Anzeige. Sie seien keineswegs Denunzianten, sagte der Mann. Doch nachdem der Angeklagte schon mehrfach mit dem Fahrzeug auf der öffentlichen Straße ohne Versicherungsschutz unterwegs gewesen sei, habe er sich in der Pflicht gewesen. Er sei selbst in der Versicherungsbranche tätig und wisse um die oft schlimmen Folgen im Falle eines Unfalls. „Es geht mir nicht darum, was da passiert ist, sondern darum, was passieren hätte können“, sagte er.

Leicht sei ihnen die Entscheidung, eine Anzeige zu erstatten, nicht gefallen, sagte die Ehefrau. Aber nachdem es immer wieder vorgekommen ist, dass der Angeklagte ohne Kennzeichen und ohne Zulassung unterwegs war, habe man sich dazu entschlossen.

Der Nachbar räumte auch ein, dass es im Nachbarschaftsverhältnis nicht gerade zum Besten steht, doch er beteuerte, dass dies nichts mit der Anzeige zu tun habe. Allerdings sagte er auch, dass er wegen der Anzeige in der Folge von der Mutter des Angeklagten bedroht worden sei. Die Frau habe ihn unter Druck setzen und erpressen wollen und mit einer Gegenanzeige wegen sexueller Belästigung gedroht, wenn er seine Aussagen nicht revidiere.

Für die Staatsanwaltschaft war schnell klar, dass an den Schwarzfahrten etwas dran sein muss. Noch deutlicher könnten Zeugenaussagen kaum sein, sagte der Anklagevertreter. Negativ sollten sich auf den 34-Jährigen seine insgesamt 16 Vorstrafen auswirken. Von Beleidigungen und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetzt über Diebstähle und Sachbeschädigungen bis hin zu Trunkenheit im Verkehr und Wohnungseinbrüchen war im Vorstrafenregister so alles enthalten, was das Strafgesetzbuch hergibt. Auch eine Haftstrafe musste der Mann bereits verbüßen.

Richterin Sieglinde Tettmann entschied dann auch auf die bereits von der Staatsanwaltschaft beantragte Geldstrafe von 1800 Euro. Vielleicht sei der Angeklagte ja wirklich nur auf dem Grundstück gefahren, doch eben an einem anderen Tag und an einem anderen Zeitpunkt, so die Richterin. An den Fahrten auf öffentlichen Straßen hatte sie keinen Zweifel. Zu Gute hielt sie dem Angeklagten, dass es sich ganz offensichtlich wohl nur um kurze Fahrtstrecken gehandelt habe und dass die Fahrten nur wenige Minuten gedauert hätten. In vergleichbaren Fällen seien andere in ganz Deutschland unterwegs. Zu Lasten des Mannes wertete sie das umfangreiche Vorstrafenregister, das auch bereits einschlägige Strafen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

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26.01.2021

Gasdiebstahl konnte nicht bewiesen werden: 50 Jahre alter Pegnitzer schrammte trotzdem haarscharf am Gefängnis vorbei

Bayreuth/Pegnitz. Nebenkostenabrechnungen sorgen häufig für Ärger. Mal werden Positionen aufgeführt, die gar nicht abgerechnet werden dürfen, mal fehlt dies, mal steht jenes zu viel drauf. Im Falle eine 50 Jahre alten Pegnitzers war praktisch gar nichts mehr nachzuvollziehen, weil es gar keine Nebenkostenabrechnung gab. Der Handwerker landete vor Gericht, weil er seinen Gashahn manipuliert haben soll. Die Anlage lautete auf Diebstahl von über 1430 Kubikmeter Gas im Wert von knapp 900 Euro.

Wenn die Sache eingestellt wurde, dann vor allem deshalb, weil nicht mehr festgestellt werden konnte, wer die bereits im März 2017 angebrachte Sperre entfernt hat. Der Angeklagte schwörte Stein und Bein, dies nicht getan zu haben. Tatsache war aber auch, dass die Bayernwerk Netz GmbH um die fast 900 Euro gebracht wurde, weil zwischen März 2017 und Mai 2019 Gas verbraucht wurde und genau in dieser Zeit bewohnte der Angeklagte die zu dem Gashahn gehörende Wohnung in einem Mehrfamilienhaus.

Er wisse nicht einmal sicher, ob die Energiezufuhr laut Mietvertrag in den Nebenkosten enthalten ist oder nicht, sagte der Mann. Er jedenfalls habe keinen Vertrag mit dem Bayernwerk abgeschlossen. Sein damaliger Vermieter habe ihm aber auch keine Nebenkostenabrechnung erstellt. „Könnte ja sein, dass da noch ein Guthaben auf die Vorauszahlungen drauf ist“ mutmaßte er. Wenn er in Rückstand geraten wäre, dann hätte sich der Vermieter doch sicher gemeldet.

Wenn der Angeklagte aber trotz der Einstellung haarscharf am Gefängnis vorbeischrammte, dann deshalb, weil es noch einen zweiten Anklagepunkt gab. Der lautete auf Fahren ohne Fahrerlaubnis. Dabei handelt es sich um ein Delikt, das im Normalfall keine Haftstrafe nach sich zieht. Nicht jedoch, wenn man schon mehrere entsprechende Vorstrafen hat und zum insgesamt neunten Mal erwischt wurde.

Diesmal befuhr der Angeklagte am frühen Abend des 8. September die Bundesstraße B2 von Bronn in Richtung Weidensees, als er einer Streife der Polizei begegnete. Natürlich war der Angeklagte längst amtsbekannt. Ihm blieb nichts anderes übrig, als bei der entsprechenden Kontrolle alles einzuräumen.

Vor Gericht nannte er die Fahrt einen „Blödsinn“ und eine „hirnrissige Idee“. Er habe sich beruflich in Weidensees aufgehalten und wollte nach Hause. Er habe weder seine Frau noch Kollegen erreicht und so sei er halt selbst gefahren. Ähnlich war es zuletzt im Februar 2019, im Juli 2016 oder im Mai 2016. Mit einem Unterschied: damals war der Angeklagte auch noch alkoholisiert. Aber das habe er mittlerweile in Griff, versicherte er.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte trotzdem eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Der Angeklagte sei massiv einschlägig vorbestraft, alle bisherigen Maßnahmen hätten keinerlei Wirkung gezeigt, so ihre Begründung.

Richter Holger Gebhardt sah es anders und nannte eine nochmalige Bewährung noch einmal als vertretbar. Der Angeklagte sei gerade dabei, beruflich wieder Fuß zu fassen, er habe deutlich unter Beweis gestellt, dass er wirklich arbeiten möchte und er habe sein damaliges Alkoholproblem in den Griff bekommen. „Jetzt darf aber nichts mehr passieren“, sagte der Richter zum Angeklagten. „Bei der nächsten Kleinigkeit wird die Berufung ratzfatz widerrufen“, kündigte er an. Als Bewährungsauflage setzte das Gericht eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro zu Gunsten des Bewährungshilfevereins „Fähre e.V.“ und eine Führerscheinsperre von zweieinhalb Jahren fest. Außerdem wird dem Angeklagten ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.

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22.01.2021

Eifersucht trieb seltsame Blüten: Lebensgefährtin per GPS überwacht / Verfahren wegen Nachstellung gegen Geldauflage eingestellt

Kulmbach. Wegen des Vorwurfs der Nachstellung musste sich ein 53 Jahre alter Beamter aus dem Landkreis vor dem Amtsgericht verantworten. Der Mann hatte unter anderem am Fahrzeug seiner damaligen Lebensgefährtin einen GPS-Tracker eingebaut, um die Frau auf Schritt und Tritt überwachen zu können. Das Gericht stellte das Verfahren zwar ein, allerdings nur gegen eine Geldauflage in Höhe von 2100 Euro. Außerdem muss der Angeklagte mit einem internen Disziplinarverfahren rechnen.

Der Tracker war nicht die einzige Aktivität, mit der die 48-jährige überwacht werden sollte. Der Angeklagte versteckte zuvor bereits ein Handy mit eingeschaltetem Signal im Fahrzeug, mit dessen Hilfe jeder Aufenthaltsort der Lebensgefährtin nachvollzogen werden konnte. Als die Frau später über eine Mitfahrzentrale zum Geburtstag ihrer Mutter ins Ausland fuhr, versteckte er ein weiteres Handy in ihrer Reisetasche, um auch dort jeden Aufenthalt nachvollziehen zu können.

Er habe seine damalige Lebensgefährtin nicht überwachen wollen, sagte der Angeklagte in der Hauptverhandlung. Er habe aber gehört, dass die Frau in Kreisen verkehrt, die ihm in seinem Beruf nachteilig werden könnten. Außerdem habe er sich schützen wollen, weil die Frau angeblich Kontaktbeschränkungen während des ersten Lockdowns im Frühsommer missachtet habe. Dann hätte er sie wenigstens zur Rede stellen können. „Ich fand das ein geeignetes Mittel, um zu wissen, woran ich bin“, räumte er offen ein.

Die Tatsache, dass sich die Frau mittlerweile längst von ihm getrennt hatte, zeigt, dass die Überwachungsmaßnahmen eher das falsche Mittel waren. Richterin Sieglinde Tettmann nannte die Erklärungen des Angeklagten wenig nachvollziehbar, zumal die Geschichte mit dem Handy in der Reisetasche lange vor Corona war. Außerdem sei keinerlei Notsituation erkennbar, die eventuell noch als Rechtfertigung dienen könnte. „Da hätte man schon Hemmungen haben müssen“, so die Richterin.

Sie habe sich schon beeinträchtigt gefühlt und mittlerweile die Trennung vollzogen, sagte die mittlerweile in Nürnberg lebende Frau. Schon aufgrund des seltsamen Verhaltens ihres damaligen Lebensgefährten habe sie vermutet, dass etwas nicht stimmt. Als sie ihn deshalb zur Rede stellte, habe er überrascht und verlegen reagiert und die Vermutung geäußert, dass sie sich mit mehreren Männern getroffen habe. „Er hat sie so komisch benommen, weil er eifersüchtig war“, so die Frau. Bei den Handys habe sie noch nichts unternommen, als sie aber im Juli vergangenen Jahres auf den GPS-Tracker stieß sei sie zur Polizei gegangen.

In Einvernehmen mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und mit Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach stellte Richterin Tettmann das Verfahren vorläufig ein. Der Angeklagte muss als Auflage 2100 Euro in Raten an den Verein Avalon, eine in Bayreuth beheimatete Notruf- und Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt, überweisen.

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22.01.2021

Joint am Autohof / 30 Jahre alter Berliner wegen Drogenbesitzes zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Wegen eines knappen Gramms Marihuana und eines Joints hat das Amtsgericht einen 30 Jahre alten Mann aus Berlin zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (1600 Euro) verurteilt. Der Mann, der als Beruf Spieleentwickler angab, wurde im Zuge einer Routinekontrolle beim Autohof in Himmelkron erwischt.

„Als er uns entdeckt hat, ließ er den Joint augenblicklich fallen und verhielt sich auffällig“, sagte der Beamte der Verkehrspolizeiinspektion in Bayreuth, die mit der Kontrolle befasst war. Auf die Frage, ob er noch mehr Rauschgift dabei habe, soll er zuerst mit nein geantwortet haben. Doch bei der genaueren Untersuchung fanden die Polizisten in der Bauchtasche ein kleines Plastikdöschen, in dem das Marihuana versteckt war.

Auch wenn es nur ein knappes Gramm und ein Joint gewesen sei, so könne sie das Verfahren nicht einfach einstellen, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. In Bayern sei die Handhabung von Drogendelikten wesentlich strenger als etwa in Berlin, klärte sie den Angeklagten auf. Außerdem hatte der Mann bereits eine einschlägige Vorstrafe. Wegen Handeltreibens und wegen des Besitzes von Drogen wurde der 30-Jährige im Jahr 2016 vom Amtsgericht in Nürnberg zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Er selbst ließ über seinen Verteidiger Domenic Ipta aus Kulmbach zwar erklären, dass er keine weiteren Angaben zur Sache macht, gab aber zu, dass die Betäubungsmittel ihm gehörten. Eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (2400 Euro) forderte deshalb der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Der Anklagevertreter hielt dem Berliner zu Gute, dass es sich nur eine geringe Menge gehandelt habe, allerdings sei der Mann bereits wegen eines Drogendeliktes vorbestraft. 20 Tagessätze sah dagegen der Verteidiger als ausreichend an, die Vorstrafe liege bereits fünf Jahre zurück, sein Mandant sei zwischenzeitlich vollständig resozialisiert.

Richterin Tettmann wählte mit ihren Urteil von 40 Tagessätzen genau die Mitte  Aufgrund des Geständnisses, der geringen Menge und der Tatsache, dass es sich im Gegensatz etwa zu Crystal bei Marihuana um eine sogenannte weiche Droge handelt, sei die Geldstrafe trotz der nicht unbedeutenden Vorstrafe ausreichend. Als Verurteilter muss der Angeklagte außerdem die Kosten des Verfahrens tragen.

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21.01.2021

Mit Mitbewohner auf Diebestour / Ulvi K. in Kulmbach vor Gericht - Diebstähle und Sachbeschädigungen in den Himmelkroner Heimen

Kulmbach. Wegen einer ganzen Reihe von Diebstählen und kleineren Sachbeschädigungen in den Himmelkroner Heimen musste sich am Donnerstag Ulvi K. vor dem Amtsgericht in Kulmbach verantworten. Der mittlerweile 43-jährige ist im Jahr 2004 vom Landgericht in Hof wegen Mordes an der damals neunjährigen Peggy Knobloch zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zehn Jahre später wurde er in einem Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Bayreuth freigesprochen. Danach war er noch ein Jahr lang in einer psychiatrischen Klinik in Bayreuth untergebracht, seitdem lebt er in einer betreuten Wohneinrichtung in Himmelkron.

Zusammen mit einem Mitbewohner soll er dort im April und Mai 2019 in mehreren Fällen immer wieder in verschiedene Räumlichkeiten der Diakonie eingestiegen sein und verschiedene Gegenstände entwendet haben. Dabei waren erhebliche Sachschäden entstanden, die in der Regel weit über dem Wert des Diebesgutes lagen.

In einem Fall waren die beiden gewaltsam in Kellerräume eingedrungen, hatten nach stehlenswerten Gegenständen gesucht, aber nichts gefunden. In einem anderen Fall warfen Ulvi K. und sein Mitbewohner ein Fenster zu einem Gemeinschaftsraum ein, erbeuteten fünf Pfandflaschen im Gegenwert von 1,25 Euro, richteten dabei aber einen Sachschaden von 300 Euro an. Zu den sonstigen Gegenständen, die beide erbeutet hatten, gehörten eine Kabeltrommel, ein Akku-Schrauber, eine Heißklebepistole und verschiedenes Werkzeug.

Ein weiterer Anklagepunkt zielte darauf ab, dass Ulvi K. gegen Weisungen der Führungsaufsicht verstoßen hatte. Ihm war unter anderem auferlegt worden, sich von Kindern fernzuhalten und keinen Alkohol zu konsumieren. Letzteres hatte er allerdings getan, denn gleich zweimal war ein entsprechendes Screening positiv.

Im Prozess machte Ulvi K. keine Angaben. Sein damaliger Mitbewohner, gegen den ein gesondertes Strafverfahren läuft, das noch nicht abgeschlossen ist, räumte die Taten freimütig ein, hatte aber wenig konkrete Erinnerungen. Der 22-Jährige ist mittlerweile außerhalb von Bayern untergebracht. Er gab an, „ohne nachzudenken“ die Taten begangen zu haben. „Es war irgendwie unüberlegt“, sagte der junge Mann, der Ulvi K. bereits im August 2018 kennengelernt hatte.

Der Zeuge sprach von einer ganz normalen Freundschaft. Ulvi K. soll sich aber dem Vernehmen nach aber zu dem jungen Mann hingezogen gefühlt haben. „Die fanden sich gegenseitig interessant“, sagte eine Betreuerin. Ulvi K. habe in seinem jungen Mitbewohner einen möglichen Partner gesehen. Er habe um ihn geworben, während der junge Mann die Aufmerksamkeit genossen habe.

Der Versuch von Verteidigerin Hanna Henning aus Hungen, Ulvi K. in ein günstiges Licht zu rücken, seinen Tatbeitrag möglichst gering darzustellen und die Schuld an den Diebstählen und Sachbeschädigungen dem Zeugen in die Schuhe zu schieben, ging so allerdings nicht auf. Beim Diebstahl eines Lautsprechers sei der Zeuge nur daneben gestanden, während ihn Ulvi K. an sich genommen hatte. Auch bei einem Fenster, das aufgrund eines vorhergehenden Einbruchs der beiden zu Bruch gegangen war und das mittlerweile mit einem Holzverschlag gesichert war, sei es Ulvi K. gewesen, der den Verschlag abgerissen hatte, um erneut einzusteigen.

Was den Verstoß gegen das Alkoholverbot anging, berichtete der zuständige Bewährungshelfer, dass sich Ulvi K. beim ersten positiven Screening noch mit einem Hustensaft herausreden konnte, den ihm seine Mutter gegeben habe. Aber auch die nächste Alkoholkontrolle sei deutlich positiv ausgefallen, so dass daraufhin Strafanzeige wegen eines Verstoßes gegen die Weisungen der Führungsaufsicht erfolgte. Am Rande wurde bekannt, dass Ulvi K. wohl zuvor mit seiner Betreuerin auf dem Baille-Maille-Fest in Himmelkron war.

Der Prozess wurde am frühen Abend unterbrochen. Er wird in drei Wochen fortgesetzt.

11.02.2021 (Fortsetzung)

Mit Mitbewohner auf Diebestour / Diebstähle und Sachbeschädigungen: Ulvi K. verurteilt

Kulmbach. Wegen seiner Beteiligung an einer Diebstahlsserie und zahlreichen kleineren Sachbeschädigungen in Einrichtungen der Himmelkroner Heime hat das Amtsgericht den 43-jährigen Ulvi K. zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (800 Euro) verurteilt. Zusammen mit einem Mitbewohner war der geistig behinderte Ulvi K. im April und Mai 2019 in mehreren Fällen immer wieder in verschiedene Räumlichkeiten der Diakonie eingestiegen und hatte dort verschiedene Gegenstände entwendet. Dabei waren erhebliche Sachschäden entstanden, die in der Regel weit über dem Wert des Diebesgutes lagen.

Unter anderem hatte das Duo einen Akku, eine Heißkleberpistole, eine Taschenlampe, Nägel und Werkzeug, eine Bierflasche, Leergut und eine Lautsprecherbox entwendet. Die beiden waren in der Regel gewaltsam in Gemeinschafts- und Kellerräume eingedrungen, um nach stehlenswerten Gegenständen zu suchen. Beim Diebstahl von fünf Pfandflaschen im Wert von 1,25 Euro, richteten sie einen Sachschaden von 300 Euro an. Ein weiterer Anklagepunkt zielte darauf ab, dass Ulvi K. gegen Weisungen der Führungsaufsicht verstoßen hatte. Ihm war unter anderem auferlegt worden, keinen Alkohol zu konsumieren. Letzteres hatte er allerdings getan, denn gleich zweimal war ein entsprechendes Screening positiv.

Während der beiden Verhandlungstage hatte Ulvi K. keine Angaben gemacht. Sein damaliger Mitbewohner, gegen den ein gesondertes Strafverfahren läuft, hatte die Taten allerdings freimütig eingeräumt. Während der ebenfalls beeinträchtigte Mann von einer ganz normalen Freundschaft sprach, hatte sich Ulvi K. aber stark zu ihm hingezogen gefühlt, was auch eine Betreuerin so bestätigte.

Eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (1200 Euro) hatte Staatsanwältin Sandra Staade gefordert. Im Gegensatz zu Verteidigerin Hanna Henning aus Hungen sah es die Anklagevertreterin als erwiesen an, dass sich die beiden Bewohner der Einrichtung dazu verabredet hatten, eine Vielzahl von Diebstählen zu begehen. Nachdem Ulvi K. einmal einen Stein in ein Fenster geworfen, einmal Schmiere gestanden und eine entwendete Lautsprecherbox bei sich aufbewahrt hatte; habe er einen nicht unerheblichen Tatbeitrag geleistet. Scharfe Kritik übte die Staatsanwältin am Verhalten der Verteidigerin, die den mutmaßlichen Mittäter bereits am ersten Verhandlungstag so in die Mangel genommen hatte, dass der Mann in Tränen ausbrach und die Verhandlung länger unterbrochen werden musste.

Verteidigerin Henning forderte dagegen Freispruch für Ulvi K. in sämtlichen Anklagepunkten. Hauptgrund dafür: aufgrund seiner geistigen Behinderung sei ihr Mandant nicht schuldfähig. Darüber hinaus leider der mutmaßliche Mittäter und Hauptbelastungszeuge an Autismus in Verbindung mit einer Borderline-Störung. Seine Angaben seien deshalb nicht verwertbar. Bei den Diebstählen sei ihr Mandant lediglich dabei gewesen und habe keinen Tatbeitrag geleistet. Er sei von dem Mittäter instrumentalisiert und benutzt worden. Auch den Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht sah die Anwältin so als nicht gegeben an, weil sie die Weisung eines Alkoholverbots als nicht rechtsfehlerfrei einstufte.

Dem widersprach Richterin Sieglinde Tettmann mit ihrem Urteil. Sie habe nicht den geringsten Zweifel an der Vernehmung des Zeugen, denn Autismus sei nicht gleich Autismus. Der Zeuge habe gezeigt, dass er in der Sache folgen könne und er sei auch glaubwürdig. Nachdem die meisten Sachen bei dem mutmaßlichen Mittäter zu finden waren, sei Ulvi K. aber lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Zur geistigen Behinderungen des Angeklagten sagte die Richterin, dass Ulvi K. sehr wohl wisse, dass man nicht stehlen und nichts kaputt machen dürfe. Keine Zweifel gebe es schließlich auch am Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht. Tettmann: „Alkohol enthemmt, das weiß jeder und genau im Zeitraum des Alkoholgenusses fanden ja auch die Diebstähle statt.“ Die Tagessatzhöhe von zehn Euro ergibt sich aus dem Gesetz und entspricht dem geringen Einkommen von Ulvi K., das dem eines Hartz-IV-Empfängers gleichzusetzen ist.

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19.01.2021

Ungewöhnliche Liebesbeziehung vor Gericht / Verkehrte Welt: Angeklagter räumt sexuellen Missbrauch ein, doch Opfer bestreitet die Taten

Bayreuth. Von einem völlig außergewöhnlichen Fall sprachen alle Prozessbeteiligten: Wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornographischer Schriften hat das Amtsgericht in Bayreuth einen heute 23 Jahre alten Mann aus dem südlichen Bayreuther Landkreis zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Vorkommnissen hatte der Angeklagte im vorliegenden Fall alles eingeräumt, während das Opfer die Taten bestritt. „Das habe ich noch nie erlebt“, sagte Richter Alois Meixner bei der Urteilsverkündung.

Der Angeklagte, der im Landkreis Kulmbach aufgewachsen war, ging 2016 eine intime Beziehung zu einem damals 12-jährigen Jungen ein, die mindestens zwei Jahre lang anhielt. Alles geschah im gegenseitigen Einvernehmen, niemals war Gewalt im Spiel, trotzdem erfüllen sexuelle Handlungen eines über 18-Jährigen zu einem Kind unter 14 Jahren den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs.

Die Beziehung ging sogar so weit, dass der Angeklagte für einen Zeitraum von zwei Monaten zu der Familie des Jungen gezogen war. Für Verwunderung sorgte die Tatsache, dass dies auch noch mit Billigung der Mutter des Kindes geschah. Die Frau, die trotz Ladung nicht zu der Verhandlung in Bayreuth erschienen war, soll es als ganz normal empfunden haben, dass der Angeklagte im Bett des Kindes schläft.

Kurios mutet es dabei an, dass die Polizei nicht etwa wegen dieser Vorfälle beim Angeklagten zuhause auftauchte, sondern weil er ein Foto mit kinderpornographischem Inhalt im Internet hochgeladen hatte. Also beschlagnahmten die Beamten Handy und Laptop des Angeklagten und fanden dabei weitere kinderpornographische Dateien. Von sich aus und ohne danach gefragt zu werden, berichtete der Angeklagte dabei freimütig über seine Beziehung zu dem Jungen. „Hätte er das nicht getan, wären wir darauf gar nicht gekommen“, so ein Sachbearbeiter der Kriminalpolizei in Bayreuth.

Vor Gericht wiederhole der Angeklagte sein Geständnis. Über seinen Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth ließ er erklären, dass es sich um eine „Liebesbeziehung“ gehandelt habe und zu dabei keinen Zeitpunkt Gewalt eine Rolle gespielt habe. Sein Mandant sehe mittlerweile ein, dass er etwas falsch gemacht hat. Aus freien Stücken habe er sich deshalb mittlerweile auch in Therapie begeben. Der Angeklagte beteuerte, trotz der aufgefundenen kinderpornographischen Bildern nicht pädophil zu sein. „Es war das erste und letzte Mal, dass ich so etwas gemacht habe“, sagt er. Zu dem Jungen, der mittlerweile in einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche untergebracht ist, hat der Angeklagte bereits seit über zwei Jahren keinen Kontakt mehr.

Die letztlich auch verhängten zwei Jahre auf Bewährung beantragte Staatsanwalt Jan Köhler. Der Anklagevertreter sprach von einem sehr schweren Tatvorwurf, sah aber auch das vollumfängliche Geständnis ohne irgendwelche Ausflüchte, ohne jede fadenscheinige Erklärung. Dazu komme, dass der Angeklagte sozial eingeordnet lebt, einer festen Arbeit nachgeht und sich in Therapie begeben habe.

Wenn sein Mandant nicht von sich aus die Karten auf den Tisch gelegt hätte, dann wäre ihm nichts nachzuweisen gewesen, so Verteidiger Schieseck. Der Angeklagte habe im Gegensatz zu dem Jungen und dessen Mutter in völliger Offenheit über die Sache gesprochen. Nicht zuletzt aufgrund der Inanspruchnahme therapeutischer Hilfe setze sich sein Mandant auch mit der Tat auseinander. Schieseck beantragte eine Jugendstrafe auf Bewährung.

Neben den zwei Jahren auf Bewährung setzte Richter Meixner als Auflagen 75 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit fest. Außerdem muss der Angeklagte zu einer sexualtherapeutischen Behandlung. Das Gericht ging davon aus, dass es sich tatsächlich um eine echte „Liebesbeziehung“ gehandelt habe. Kritik übte der vorsitzende Richter an der Mutter des Jungen, die ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihrem minderjährigen Kind nicht nachgekommen sei.

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15.01.2020

Faustschlag kommt 23-Jährigen teuer zu stehen / Weil er auf seine Nachbarin losgegangen ist, muss ein Handwerker aus Kulmbach ins Gefängnis

Kulmbach. Dieser Faustschlag brachte ihn direkt ins Gefängnis: Weil ein 23-jähriger Handwerker aus einem Kulmbacher Ortsteil seine Nachbarin kräftig und unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dabei nicht unerheblich verletzt hatte, muss der Mann sechs Monate ins Gefängnis. Hintergrund ist, dass der 23-Jährige bereits mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraft ist und wegen einer anderen Schlägerei noch eine offene Bewährung hatte.

Der Angeklagte war Anfang Juli dieses Jahres bei einer privaten Feier mit seiner 44 Jahre alten Nachbarin so heftig in Streit geraten, dass er kurzerhand aufzog und zuschlug. Die Frau traf er dabei unterhalb des linken Auges, sie erlitt dabei eine Schädelprellung und einen Bluterguss, der sich bis zur Schläfe hinzog. Die Frau war über zehn Tage krankgeschrieben. Noch heute spürt sie jeden Wetterumschwung, auch psychisch hat die Aktion Spuren bei ihr hinterlassen.

„Es war eine völlig sinnlose Aktion“, sagte der Ang4eklagte sichtlich zerknirscht während der Verhandlung. Er könne sich das Ganze überhaupt nicht mehr erklären. Mit rund 1,4 Promille Alkohol im Blut sei er auch nicht völlig betrunken gewesen, so dass er nicht mehr wusste, was um ihn herum passiert. Offensichtlich hatte die ebenfalls alkoholisierte Frau ihrem Nachbarn vorgeworfen, dass er ihrer Tochter einige Tage zuvor eine Pizza ins Gesicht geschmissen hatte, was der Angeklagte aber rigoros abstritt.

Am Ende war es der Vater des Angeklagten, der die Eskalation beendete. Er nahm seinen Sohn kurzerhand in den Schwitzkasten und verhinderte damit letztlich schlimmeres. Der Angeklagte hatte die Tragweite seines Handels allerdings inzwischen sehr wohl erkannt. Er überwies der Frau aus eigenem Entschluss heraus fast 1000 Euro Schmerzensgeld, bezahlte über die Krankenkasse die Behandlungskosten und entschuldigte sich bei ihr.

Die Frau litt allerdings noch immer merklich unter dem geschehen. „Nach dem Schlag war ich erst einmal wie weg“, sagte sie. Von Nachbarschaft könne seitdem sowieso keine Rede mehr sein, seit dem Vorfall gebe es keinen Kontakt mehr. Welche Kreise der Faustschlag damals zog, zeigt, dass die Polizei damals gleich mit mehreren Streifen vor Ort war.

Ein Blick auf die Vorstrafenliste des jungen Mannes zeigte, dass sein Problem wohl der Alkohol ist. Schon mehrfach schlug er ohne einen zu rechtfertigenden Grund zu, wenn er vorher getrunken hatte. Zuletzt im Juli 2017 beim Bayreuther Bürgerfest. Mit 1,9 Promille Alkohol im Blut schlug er einen anderen nieder und wurde deshalb zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.  

Nicht zuletzt deshalb forderte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Strafe von acht Monaten ohne Bewährung. Der Angeklagte habe nicht nur mehrere einschlägige Vorstrafen und eine offene Bewährung, er habe auch gegen die Weisung des Alkoholverbots verstoßen, sagte sie. Verteidiger Alexander Schmidtgall sprach dagegen von einer spontanen Entgleisung seines Mandanten. Er habe alle Anstrengungen unternommen, um die Sache wieder gutzumachen. Schmidtgall plädierte auf fünf Monate mit Bewährung. 

Dieser Argumentation folgte Richterin Sieglinde Tettmann nicht. Bei drei Vorstrafen wegen Körperverletzung könne sie keine Bewährungsstrafe mehr aussprechen, sagte sie und verurteilte den Angeklagten zu sechs Monaten „ohne“. Damit muss der 23-Jährige wohl zusätzlich auch die sechs Monate aus dem früheren Urteil mit absitzen, was unterm Strich ein ganzes Jahr Gefängnis bedeuten könnte.

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14.01.2021

Beziehungsstreit lief aus dem Ruder / Außenspiegel demoliert: 31-jähriger Kulmbacher schrammte haarscharf am Knast vorbei

Kulmbach. Immer, wenn er Alkohol getrunken hat, rastet er aus. So geschehen auch am Abend des 8. Mai auf offener Straße in der Nähe des Eulenhofes. Nach einem lautstarken Streit mit seiner Lebensgefährtin trommelte ein 31-jähriger Arbeiter auf das Auto, in das sich die junge Frau geflüchtet hatte. Der rechte Außenspiegel ging dabei samt Blinklicht und Abdeckung zu Bruch. Auch wenn der Schaden „nur“ bei rund 200 Euro lag, stand für den Angeklagten aufgrund mehrerer Vorstrafen und einer offenen Bewährung eine Menge auf dem Spiel.

Wenn der Mann noch einmal haarscharf an einer Gefängnisstrafe vorbeischrammte, dass nur deshalb, weil er ein Geständnis abgelegt und sich bereits um Schadenswiedergutmachung bemüht hat. „Jetzt ist aber das Ende der Fahnenstange erreicht“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann, die den Angeklagten zu drei Monaten auf Bewährung verurteilte. „Wenn noch einmal etwas passiert, dann wandern sie in den Knast“, so die Richterin zum Angeklagten.

Wieder einmal hatte sich eine Nichtigkeit zu einem heftigen Streit hochgeschaukelt. Die 23 Jahre alte damalige Lebensgefährtin konnte sich gerade noch in das Auto ihrer Freundin retten und die Türen von innen verriegeln, um sich vor dem Angeklagten zu schützen. Der ließ das aber nicht so ohne weiteres auf sich sitzen, schlug gegen das Auto und erwischte dabei den Spiegel. Noch an Ort und Stelle hatte der Mann sein Fehlverhalten erkannt und versprochen, für den Schaden aufzukommen, doch die Lebensgefährtin fuhr mit ihrer Freundin schnurstracks zur Polizei.

„Es war schon eine Ausnahmesituation“, sagte die Freundin und Eigentümerin des Wagens. Schließlich komme es ja nicht alle Tage vor, dass sich jemand an ihrem Auto zu schaffen macht. Streitereien habe es zwischen den beiden öfter gegeben, vor allem immer dann, wenn der Angeklagte alkoholisiert gewesen sei. Sie jedenfalls habe schon Angst gehabt, als es an diesem Tag dermaßen eskalierte.

Auch die Lebensgefährtin selbst berichtete von einem heftigen Übergriff. Es habe dem Angeklagten, von dem sie sich vor etwa vor einem viertel Jahr endgültig getrennt habe, wohl nicht gepasst, dass sie sich an jenem Tag mit ihrer Freundin verabredet hatte.

Vor dem Amtsgericht in Kulmbach war der Angeklagte kein Unbekannter. Mehrfach wurde er schon verurteilt, unter anderem wegen verschiedener Drogengeschichten und wegen Fahrens ohne Führerschein. Zuletzt stand er im Juli vor Richterin Tettmann, weil er in der Oberen Stadt einen anderen mit einem Gürtel ins Gesicht geschlagen hatte und danach auf einem Polizisten losgegangen war. Damals gab es ebenfalls eine Bewährungsstrafe, allerdings in Höhe von acht Monaten.

Als Bewährungsauflage setzte das Gericht diesmal eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro fest, die der Angeklagte in Raten an die Diakonie Kulmbach überweisen muss. Zusätzlich ist der Mann gehalten, vier Termine bei der Suchtberatung wahrzunehmen. Von einem Anti-Aggressionstraining, wie es die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gefordert hatte, sah das Gericht ab, ganz einfach deshalb, weil aufgrund der Corona-Pandemie derartige Angebote bis auf weiteres ausgesetzt sind.

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12.01.2020

Fassoldshof: Übergriff auf Betreuerin / Angeklagter soll junge Frau gewürgt haben - Wegen Corona-Verdacht: Prozess „geplatzt“

Kulmbach. Einmal mehr hat Corona einen Prozess vor dem Amtsgericht „platzen“ lassen. Weil die Hauptbelastungszeugin an der Einlasskontrolle angab, an Geruchs- und Geschmacksstörungen zu leiden, ging Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner am Dienstagvormittag auf Nummer sicher und setzte eine umfangreich geplante Verhandlung wegen einer gefährlichen Körperverletzung kurzerhand aus. Ein neuer Termin werde von Amts wegen bestimmt, das könne aber dauern, sagte er.

Angeklagte war ein 21-jähriger damaliger Bewohner der Kinder- und Jugendeinrichtung Fassoldshof in Mainleus. Der junge Mann soll am 18. Februar des vergangenen Jahres eine Betreuerin unvermittelt angegriffen und mindestens drei Minuten heftig gewürgt haben. Laut Anklageschrift, die Staatsanwalt Christopher Feulner vorgetragen hatte, erlitt die Frau nicht unerhebliche Verletzungen, darunter gefährliche Einblutungen und ein Hals-Wirbel-Trauma.

Der Angeklagte stellte in seiner kurzen Einlassung die Sache ganz anders dar. Er habe zwar seinen Arm um den Hals der Frau gelegt, aber nicht zugedrückt, so behauptete er. Er habe einen schlechten Arbeitstag hinter sich gehabt, sagte der junge Mann, der damals in einem Handwerksbetrieb im Landkreis tätig war. Da habe die Betreuerin dumme Kommentare und schnippische Sprüche losgelassen, deshalb sei er von hinten an die Frau herangetreten und habe den Arm um sie gelegt. „Aber ohne böse Absichten“, beteuerte er.

Wie es zu den schwerwiegenden Verletzungen gekommen ist, konnte nicht mehr geklärt werden, denn schon läutete das Telefon am Richterpult und die Bediensteten der Einlasskontrolle vermeldeten, dass die Hauptbelastungszeugin den Geruchs- und Geschmacksstörungen leide. Nach langer Beratung mit Staatsanwalt Feulner, Verteidiger Ralph Pittroff und dem Vertreter der Nebenklage Wolfgang Schwemmer entschied Berner, die bis dahin vor der Tür wartende Zeugin nicht ins Justizgebäude zu lassen und den Prozess kurzerhand auszusetzen.

„Wann wir uns wieder treffen, weiß ich noch nicht“, sagte der Amtsgerichtsdirektor zum Angeklagten und deutete damit an, dass einige Zeit verstreichen werde, bis ein neuer Termin gefunden ist. Dem jungen Mann gab er derweilen auf, noch einmal genau über die Sache nachzudenken. Sämtliche geladenen Zeugen, die trotz widriger Wetterverhältnisse schon auf dem Weg ins Gericht waren, konnten wieder den Heimweg antreten.

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04.01.2021

Notorischer Schwarzfahrer muss ins Gefängnis / Leistungserschleichung und Sachbeschädigung: 43jähriger Pegnitzer zu Haftstrafe verurteilt

Pegnitz/Bayreuth. 21 Mal wurde er schon verurteilt, mehrere Haftstrafen musste er bereits verbüßen und auch diesmal wird sein nächster Weg wieder ins Gefängnis führen. Kurz nachdem er aus der JVA entlassen wurde, entschloss sich der polizeibekannte 43-jährige Pegnitzer immer mal wieder, seine Kumpels in Marktredwitz zu besuchen. Doch wie sollte er hinkommen, ohne Geld? Also fuhr er schwarz mit dem Zug und prellte die DB Regio und andere Gesellschaften in 14 Einzelfällen um insgesamt fast 150 Euro.

In einer der ersten Verhandlungen vor dem Amtsgericht im neuen Jahr gab es dafür die Quittung. Richterin Christiane Breunig verurteilte den gelernten Maler und Lackierer wegen Leistungserschleichung in 14 Fällen und wegen einer zusätzlichen Sachbeschädigung zu fünf Monaten Haft ohne Bewährung. „Die Dunkelziffer lassen wir bei den Schwarzfahrten mal weg“, sagte die Richterin und deutete damit an, dass es sich bei den 14 angeklagten Fällen wohl nur um die Spitze des Eisbergs gehandelt habe.

Während die Schwarzfahrten völlig unstrittig waren, wurden zwei andere Anklagepunkte genauer unter die Lupe genommen. Der 43-Jährige soll im Juli und August dieses Jahres mit seinen Schuhen gegen die Haustür und die Wände des städtischen Mehrfamilienhauses, in dem er wohnt, getreten sein. Beide Male mussten Handwerker die Spuren des Vandalismus beseitigen, jedes Mal fielen Kosten von über 400 Euro an.

„Das stimmt nicht, das war ich nicht“, sagte der Angeklagte vor Gericht. Zumindest in einem Fall gab es aber einen Zeugen, einen Anwohner, der den 43-Jährigen zu mitternächtlicher Stunde beobachtet hatte. Der Anwohner hatte auch festgestellt, dass sämtliche Abdrücke identisch sind. Trotz seiner Beobachtungen zeigte der Rentner vor Gericht aber keinen Belastungseifer. Er nahm den Angeklagten sogar noch in Schutz und berichtete, dass man dem Mann mehrfach das Namensschild vom Briefkasten gerissen hatte. „Vielleicht hat er deshalb aus Frust gegen die Tür und gegen die Wände getreten“, mutmaßte der Zeuge. Vielleicht sei der Angeklagte aber auch nur betrunken gewesen und habe nicht mehr gewusst, was er macht.

Da es für den zweiten Vorfall keine Zeugen gab, stellte das Gericht diesen Anklagepunkt kurzerhand ein, so dass es bei der einen Sachbeschädigung und den 14 Schwarzfahrten blieb. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine Haftstrafe von sieben Monaten. Eine Bewährung kam für den Anklagevertreter nicht in Frage. Keine Arbeit, kein Einkommen, aber viele Vorstrafen, da deute alles auf eine negative Sozialprognose hin.

Richterin Breunig blieb mit fünf Monaten geringfügig darunter, redete dem Mann aber deutlich ins Gewissen. 14 Mal schwarzfahren binnen weniger Monate, das zeige, dass der Angeklagte absolut beratungsresistent sei und aus seinen bisherigen Verurteilungen nichts gelernt habe. „Wenn ich mich in eine Zug setze, dann weiß ich doch, dass ich ein Ticket brauche“, sagte die Richterin. Nicht nur die Schwarzfahrten zeigten, dass der Angeklagte erhebliche Probleme habe, sich an die Rechtsordnung zu halten.

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17.12.2020

Unfallflucht mit Einkaufswagen / Kollision konnte nicht bewiesen werden - 64-jähriger Kulmbacher freigesprochen

Kulmbach. Weil er mit seinem Einkaufswagen ein Auto beschädigt und ohne sich darum zu kümmern, das Weite gesucht haben soll, musste sich ein 64-jähriger Mann aus Kulmbach vor dem Amtsgericht verantworten. Wenn am Ende ein Freispruch stand, dann deshalb, weil nicht mit der notwendigen Sicherheit bewiesen werden konnte, ob der Kratzer am Fahrzeug der 58-Jährigen wirklich von dem Einkaufswagen stammte.

Angeklagte war der Mann wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. „Diese Anklage macht keinen Sinn“, sagte Verteidiger Achim Riedel aus Kulmbach gleich zu Beginn der Verhandlung. Der Anwalt hegte Zweifel daran, ob ein Einkaufswagen überhaupt als Fahrzeug gewertet werden kann, denn der Schaden wurde ja mit dem Einkaufswagen verursacht. Auf einem anderen Blatt stand, dass der Angeklagte danach mit seinem Pkw weggefahren war.

Wie in derartigen Verfahren meistens, hatte beide Beteiligte völlig konträre Auffassungen vom Unfallgeschehen. Er habe den Rewe-Markt an der Lichtenfelser Straße gerade mit seinem Einkaufswagen verlassen, als der 58-Jährige relativ schnell an ihm vorbeigefahren sei, so der Angeklagte. „Ich wäre ja fast überfahren worden“, sagte er und verwies auf die Zebrastreifen an den Ein- und Ausgängen des Marktes. „Wollen sie mich überfahren“, habe er noch gerufen, worauf der 58-Jährige im Fahrzeug eine abweisende Handbewegung gemacht habe.

Ganz ausschließen wollte der Angeklagte eine Kollision nicht. Einen Schlag habe er aber nicht gehört, von einem Schaden habe er nicht mitbekommen. Danach habe er seinen Einkauf eingeladen, sei nochmal zum Bäcker und schließlich sei er weggefahren. Niemand habe ihn während dieser Zeit auf einen angeblichen Unfall angesprochen oder gar seine Personalien verlangt.

Ganz anders schilderte der 58-Jährige das Geschehen. Er habe einen Schlag vernommen und noch gedacht, dass vielleicht einer der ausgestellten Blumenkübel unter sein Fahrzeug gerollt sein könnte. Realisiert habe er auch, dass ihm der Angeklagte etwas nachgerufen habe. Erst nach dem Einparken habe er den langen Kratzer an der Beifahrerseite seines Fahrzeugs gesehen. Da habe er den Angeklagten gerade wegfahren sehen und gerade noch das Kfz-Kennzeichen notieren können. Der Schaden am Fahrzeug wurde inzwischen auf rund 2500 Euro beziffert.

Für Staatsanwaltschaft und Verteidigung war schnell klar, dass am Ende des Verfahrens ein Freispruch stehen muss. Der Vorwurf der Unfallflucht sei nicht mehr aufrechtzuerhalten, sagte der Anklagevertreter. Ob der Kratzer am Fahrzeug wirklich in Verbindung mit dem Unfallgeschehen steht, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Ebenso wenig könne man einen Zusammenstoß zwischen Fahrzeug und Einkaufswagen nachweisen.

Die gleiche Auffassung vertrat die Verteidigung. Es gebe berechtigte Zweifel, ob die Schäden am Auto gänzlich auf diese mögliche Kollision zurückzuführen seien, sagte Rechtsanwalt Achim Riedel. Sein Mandant habe auch davon ausgehen müssen, dass kein Interesse an einer Feststellung seiner Personalien bestand.

So sah es denn auch Richterin Sieglinde Tettmann. „Es bleiben Zweifel“, sagte sie und nannte es schon etwas merkwürdig, dass der vermeintlich Geschädigte nicht gleich angehalten habe, nachdem er einen Schlag hörte, sondern erst einmal einparkte. Wie bei einem Freispruch üblich fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu Lasten der Staatskasse.

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11.12.2020

Mit Mietwagen auf Diebestour / DJ-Equipment im Wert von 10000 Euro aus der Mainleuser Spinnerei entwendet - 41-jähriger Mechaniker aus dem Ruhrgebiet muss ins Gefängnis

Kulmbach/Mainleus. Fast wäre das Mill-Festival 2019 auf dem ehemaligen Spinnereigelände in Mainleus geplatzt. In der Nacht zur Veranstaltung vom 5. auf den 6. April 2019 wurde das gesamte DJ-Equipment entwendet. Zum Glück für die vielen aus nah und fern angereisten Fans konnte der Veranstalter damals noch kurzfristig für Ersatz sorgen und so stand den elektronischen Klängen und wummernden Bässen am Abend nichts mehr im Weg. Der 41-jährige Mechaniker aus Gladbeck, der die komplette Anlage in der Nacht davor entwendet hatte, muss jetzt ins Gefängnis. Das Amtsgericht verurteilte ihn unter Einbeziehung einer Vorstrafe zu einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung.

Die Tat hatte in der Szene für großes Aufsehen gesorgt, die Medien berichteten damals bundesweit über den Coup. Bereits am Vortag hatte der DJ aus dem Raum Bayreuth seine Anlage installiert, darunter zwei CD-Player, zwei Plattenspieler und ein Mischpult, alles Profigeräte im Gesamtwert von zusammen rund 10000 Euro. Doch am Morgen war dann alles weg. Der Angeklagte hatte sich in der Nacht über eine aufgebrochene Tür Zutritt zur den Spinnereigebäuden verschafft.

Was für ein Zufall, dass der Veranstalter aus purem Zufall die Nummer eines Münchner Pkw aufgeschrieben hatte, der ihn am Abend in der Nähe der Spinnerei aufgefallen war. Das Fahrzeug hatte sich der Angeklagte bei einer Mietwagenfirma eigens für den Diebstahl geliehen. So war man schnell auf den Mann gekommen, der die Sachen später über den e-Bay-Kleinanzeigenmarkt vertickt hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Mann wegen gewerbsmäßigen Diebstahls angeklagt. Das konnte am Ende so zwar nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, doch sprach vieles dafür, dass sich der Angeklagte auf den Diebstahl hochwertigen DJ-Equipments spezialisiert hatte und dafür bundesweit auf Beutezug war.

Zum einen hatte der Angeklagte 18 Vorstrafen, die meisten davon wegen Eigentumsdelikten, zum anderen hatte er sich, wohl um die Taten zu verschleiern, für seine Diebestouren immer wieder Mietwagen genommen und war dabei meist über ein Wochenende jeweils so um die 1000 Kilometer gefahren. Und das, obwohl er selbst zwei oder drei Autos auf sich angemeldet hatte. Auch hohe Zahlungseingänge im mittleren fünfstelligen Bereich auf sein Konto spielten im Prozess eine Rolle.

Verteidiger Stephan Prinz aus Essen war besonders daran gelegen, seinen Mandant in einem günstigen Licht darzustellen. So zählte er auf, dass der 41-jährige verheiratet ist, eine vierjährige Tochter hat, im elterlichen Handwerksbetrieb gelernt hatte und mittlerweile als Geschäftsführer an der Spitze dieses Betriebes steht. Wie es dann immer wieder zu den Straftaten kommen konnte, wusste sich der Angeklagte auch nicht zu erklären. Er strebe aber mittlerweile eine Therapie an, versprach der Anwalt.

Gericht und Anklagevertretung imponierte dies wenig. War es doch seit dem Mainleuser Raubzug schon wieder zu zwei Straftaten gekommen, deren Urteile, einmal vier Monate auf Bewährung wegen Hausfriedensbruchs, das andere Mal eine Geldstrafe wegen eines Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz, in das jetzige Urteil einbezogen wurden. Unter anderem hatte der Angeklagte im August des vergangenen Jahres mit Funkgerät um den Hals und verkleidet als Mitglied der Technik-Crew das Gelände des „Strandfieber Electro Festivals“ am Hartensbergsee im niedersächsischen Vechta ausspioniert. Der Schwindel war gerade noch rechtzeitig aufgeflogen und der Angeklagte konnte festgenommen werden.

Staatsanwalt Jan Köhler beantragte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren. Der Anklagevertreter ging dabei von erwerbsmäßigem Handeln aus, weil sich der Mainleuser Raubzug in mehrere gleichgelagerte Vorfälle einreihe. Verteidiger Prinz stellte keinen konkreten Antrag, wollte aber eine Bewährungsstrafe von unter einem Jahr erreichen.

Richterin Sieglinde Tettmann entschied schließlich auf ein Jahr und drei Monate sowie auf die Einziehung von 6000 Euro, das ist der angenommen Zeitwert der entwendeten Gegenstände. Sie sehe den guten Willen des Angeklagten, ein straffreies Leben zu führen durchaus, doch außer Absichtsbekundungen sei wenig Konkretes festzustellen. Positiv sei auch, dass der Angeklagte in geordneten Verhältnissen lebe, doch habe ihn dies auch in der Vergangenheit nicht davon abgehalten, Straftaten zu begehen.

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10.12.2020

Mit fremden Auto in die Flutmulde gerast / Drogen und Alkohol und kein Führerschein: Auszubildender kam gerade noch mit Geldstrafe davon

Kulmbach. Dieser Unfall hatte für großes Aufsehen gesorgt: Am Abend des 7. April war ein 22-jähriger Mann in Folge hoher Geschwindigkeit mit einem Renault von der Straße beim Schwimmbad abgekommen, fuhr den Abhang Richtung Weißer Main hinunter und kam in der Flutmulde kurz vor dem Flusslauf zu stehen. Trotz erheblicher Verletzungen konnte er sich aus dem Fahrzeugwrack befreien und rannte davon. Vor dem Amtsgericht wurde er nun zu einer Geldstrafe von 170 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro (3400 Euro) verurteilt. Was den Schuldspruch angeht, hat der Auszubildende gleich vier Straftatbestände erfüllt: fahrlässige Trunkenheit im Verkehr, Fahren ohne Führerschein, Unfallflucht und den unbefugten Gebrauch eines Kraftfahrzeuges.

Nicht nur wegen rund einem Promille Alkohol war der junge Mann fahruntüchtig, in seinem Blut wurden außerdem Rückstände von Marihuana gefunden. Einen Führerschein hatte er sowieso nicht, der wurde ihm wegen verschiedener Drogengeschichten bereits vor einiger Zeit entzogen. Was besonders erschwerend hinzukam war, dass ihm der Renault gar nicht gehörte. Eine Bekannte, die am Schwimmbadparkplatz zusammen mit einer Freundin eine Runde drehen wollte, hatte ihm den Fahrzeugschlüssel leichtsinnigerweise kurz mal in die Hand gedrückt. Grund für die überstürzte Flucht des Mannes war, dass er eine offene Bewährung hatte und fürchtete, sofort wieder ins Gefängnis gebracht zu werden.

Für die Polizei war es allerdings ein leichtes, den flüchtigen Fahrer ausfindig zu machen. Aufgrund der zersplitterten Scheiben war klar, dass der Mann dringend ärztliche Hilfe benötigt und so stießen die Beamten in der Notaufnahme des Klinikums auf den Angeklagten, als ihm dort gerade die stark blutende Wunde an der Stirn genäht wurde. „Wir hätten ihn aber auch so ausfindig machen können“, berichtete ein Polizeibeamter und verwies auf die vielen Blutspuren im Wagen, insbesondere auf dem ausgelösten Fahrerairbag.

Der Angeklagte selbst hatte nur noch dunkle Erinnerungen an das Geschehen. Er habe zuvor Ärger mit einem Kollegen gehabt und sich zu einer Aussprache am Schwimmbadparkplatz getroffen. Dabei sei Bier getrunken worden. Auch den Konsum von Marihuana davor räumte er offen ein. Darüber hinaus sei er aufgrund erheblicher familiärer Probleme in den Wochen davor „komplett durch den Wind“ gewesen. Was ihn geritten habe, das Fahrzeug der Bekannten an sich zu nehmen und damit eine Runde zu drehen, sei ihm bis heute völlig schleierhaft. Der Ernst der Lage sei ihm aber durchaus bewusst gewesen: „Ich hätte mir dabei auch das Genick brechen können.“

Die Besitzerin des Autos, eine 22-jährige Verkäuferin aus Kulmbach, wundert sich dagegen noch heute, warum sie dem entfernt Bekannten am Schwimmbadparkplatz ihre Kfz-Schlüssel ausgehändigt hatte. Sie hatte sich dort mit einer Freundin verabredet, um eine Runde zu laufen. Weil sie in ihren Leggins keine Hosentasche hatte, habe sie nicht gewusst, wohin mit dem Schlüssel. Weil sie den Angeklagten und dessen Kollegen kannte, habe sie die beiden Männer einfach gebeten, auf den Schlüssel aufzupassen.

Spätestens beim Anruf der Polizei kurze Zeit später wusste die Frau, dass sie einen Riesenfehler gemacht hatte. Das Auto hatte einen Totalschaden, der auf rund 2000 Euro beziffert wurde. Dazu kommen Abschlepp- und Bergungskosten in Höhe von rund 500 Euro. Sogar ein Kranwagen sei notwendig gewesen, um das Fahrzeug aus der Flutmulde zu heben. Alle Beteiligten können von Glück reden, dass kein Öl ins Gewässer gelangt war.

Eine noch etwas höhere als die später verhängte Geldstrafe hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft mit 180 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro (3600 Euro) in seinem Plädoyer beantragt. Verteidiger Andrea Piel forderte wegen der schlechten Einkommenssituation seines Mandanten eine niedrigere Straße von 150 Tagessätzen zu je zehn Euro. Wenn die Forderungen doch relativ hoch ausfielen, dann vor allem deswegen, weil der Angeklagte zweimal wegen Drogendelikten vorbestraft ist und zuletzt sogar eine Teil einer Gefängnisstrafe verbüßen musste. Die Reststrafe wurde ihm auf Bewährung erlassen.

Neben der letztlich ausgesprochenen Geldstrafe von 3400 Euro entscheid Richterin Sieglinde Tettmann außerdem auf eine Führerscheinsperre von einem Jahr. Das heißt, der Angeklagte darf vor Ablauf eines Jahres keine neue Fahrerlaubnis beantragen. Die Richterin verhehlte nicht, dass für sie nach Aktenlage zunächst klar gewesen sei, dass der Angeklagte ins Gefängnis muss. Wenn er nun doch mit einer Geldstrafe davongekommen sei, dann wegen der besonderen Lebensumstände, wegen der eigenen Verletzungen und wegen der Reue, die der Mann vor Gericht glaubhaft machen konnte. Darüber hinaus habe sich der Angeklagte von Drogen losgesagt, von seinem bisherigen Umfeld getrennt und eine vielversprechende Ausbildung begonnen.

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08.12.2020

Exhibitionist muss ins Gefängnis / Rentner aus Kulmbach zu Gefängnisstrafe verurteilt

Kulmbach. Zum wiederholten Mal hat er vor Schülerinnen im Stadtgebiet von Kulmbach seine Hose heruntergelassen und sein Geschlechtsteil gezeigt. Nun muss der Rentner, der im Juni 70 Jahre alt wurde, für acht Monate ins Gefängnis. Bei fünf einschlägigen Vorstrafen komme eine Strafe auf Bewährung nicht mehr in Frage, sagte Amtsgerichtsgerichtsdirektor Christoph Berner am Dienstag nach dreistündiger Verhandlung.

Laut Anklage hatte sich der frühere Handwerker am 11. November des vergangenen Jahres gegen 14.30 Uhr im Bereich der Amphoren an der Zentralen Omnibushaltestelle in Kulmbach vor zwei zwölfjährigen Mädchen entblößt. Vor Gericht entschied sich der Angeklagte, keine Angaben weder zu seiner Person, noch zu den Vorwürfen zu machen. Über seinen Verteidiger Werner Brandl aus Kulmbach ließ er erklären, dass er die Vorwürfe bestreite. Es könne durchaus sein, dass er sich im Bereich des ZOH aufgehalten habe, weil er öfter mit dem Stadtbus unterwegs sei. Auf keinen Fall aber habe er die Hosen heruntergelassen, um sich sexuell zu erregen. Wenn, dann höchstens, um zu urinieren.

Die Verhandlung wurde im Mai schon einmal begonnen, dann aber wegen der geforderten Einholung eines Sachverständigengutachtens ausgesetzt. Anthropologe Andreas Düring vom Institut für Forensisches Sachverständigenwesen war eigens aus München angereist. Er hatte die schwierige Aufgabe, anhand von Videoaufzeichnungen verschiedener Überwachungskameras rund um das ZOH festzustellen, ob der Angeklagte auch wirklich der Mann ist, der damals von den Kameras aufgenommen wurde. Anhand vieler verschiedener Merkmale und Vergleiche mit den erkennungsdienstlichen Aufnahmen stellte der Sachverständige fest, dass der Angeklagte zu über 99 Prozent der Mann ist, der genau zur Tatzeit am Tatort war und dort auf die beiden Mädchen traf.

Eine Einvernahme der beiden Mädchen war bereits im Mai erfolgt. Sie seien heftig erschrocken und hätten Ekel empfunden, sagten die beiden Schülerinnen, die eigentlich bei den dortigen Amphoren ein Selfie machen wollten. Beide hätten zunächst gedacht, der Mann wolle pinkeln, weil er die Hosen komplett heruntergelassen hatte. Zumindest eine der beiden sagte damals aber auch ausdrücklich: „Ich habe ihn nicht pinkeln sehen“. Der Angeklagte habe einfach nur so dagestanden. Zusammen mit den Eltern waren die beiden noch am gleichen Tag zur Polizei gegangen.

Ein Blick auf die Vorstrafenliste zeigte eindrucksvoll, dass der Mann ein Problem hat. 13 Vorstrafen hatte er im Laufe seines bisherigen Lebens schon angesammelt, fünf davon wegen exhibitionistischer Handlungen. In Kulmbach war er unter anderem zuletzt im Bereich des Kriegerdenkmals mehrfach als Exhibitionist in Erscheinung getreten und hatte vor ahnungslose Schülerinnen seine Hose geöffnet. Neun Monate musste er damals schon ins Gefängnis.

Die schließlich auch verhängten acht Monate hatte bereits Staatsanwältin Katrin Hecht in ihrem Plädoyer beantragt. Aufgrund der Videoaufnahmen, des Gutachtens und der Aussage der beiden Mädchen sei der Angeklagte eindeutig überführt. Verteidiger Brandl sah dies ganz anders. Er sah Differenzen in den Aussagen der Mädchen, beispielsweise, als es um die Frage ging, ob der Angeklagte eine Mütze getragen hatte, oder nicht. Nicht auszuschließen sei es außerdem, dass sein Mandant tatsächlich vor Ort war, und zwar um wirklich zu pinkeln.

Darauf ließ sich Amtsgerichtsdirektor Berner nicht ein. Ausschließlich der Angeklagte und keine zweite Person, sei unmittelbar zur Tatzeit am Tatort gewesen. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass der Angeklagte uriniert habe. Fest stehe dagegen, dass der Angeklagte sein entblößtes Geschlechtsteil den Mädchen präsentiert habe, um sich sexuell zu erregen. Alles andere sei völlig abwegig.

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04.12.2020

Schmerzmittel im BH / 28-jährige Frau hatte im Klinikum Medikamente gestohlen

Kulmbach. Der Vorwurf klang auf dem ersten Blick absolut spektakulär: Eine junge Frau soll im Klinikum Medikamente gestohlen haben. Bei näherem Hinsehen blieb davon allerdings nur wenig übrig. Bei den Medikamenten handelte es sich um mehrere spontan und wahllos entnommene Packungen aus einem Schrank in der Notaufnahme, außerdem war die Frau ganz offensichtlich alkoholbedingt nicht mehr ganz bei Sinnen.

Eingeliefert wurde die 28-jährige Verkäuferin aus dem Landkreis am Abend des 2. April, weil sie zuvor hingefallen war und sich dabei das ganze Gesicht aufgeschrammt hatte. Sie konsumierte zuvor am Fuße des Festungsbergs zusammen mit drei anderen Personen zwei Literflaschen Wodka und brachte es dabei auf eine Blutalkoholkonzentration von über 2,6 Promille.

Nachdem die Frau ins Klinikum gebracht wurde, kümmerte sich zunächst ein Krankenpfleger um sie und wollte ihr Blut abnehmen. Als er kurz das Zimmer verließ, hörte einen lauten Schlag. „Zuerst habe ich gedacht, der Patientin ist etwas passiert“, sagte er als Zeuge vor Gericht. Als er wieder in das Zimmer eilte, erblickte er zuerst einen umgefallenen Infusionsständer und er sah, wie die Frau aus einem Medikamentenschrank mehrere Packungen Schmerzmittel, Blutdrucksenker sowie Herztabletten entnahm und bei sich in den Büstenhalter stopfte. Da rief er zunächst einen Kollegen, später die Polizei herbei, denn die Frau wollte die Tabletten nicht mehr herausrücken.

Die Frau hatte daran kaum mehr eine Erinnerung. „Ich weiß nur noch, dass ich in der Ausnüchterungszelle der Polizei aufgewacht bin“, erklärte sie vor Gericht. Unumwunden gab die 28-Jährige zu, dass sie damals noch an einem jahrelangen Alkoholproblem gelitten habe. Nachdem ihr Verlobter kurze Zeit danach in Juni an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums schwer erkrankt und ganz plötzlich verstorben war, habe bei ihr ein Umdenkprozess stattgefunden.

Tatsächlich hatte sie ihr Leben seitdem wieder auf die Reihe gebracht. Eine stationäre Therapie, zu der sie sich freiwillig begeben hatte, war bislang erfolgreich, sie geht regelmäßig zur Nachsorge und ist bei den Anonymen Alkoholikern. Auch eine Arbeit hat sie zwischenzeitlich wieder gefunden. „Ich trinke wirklich keinen Alkohol mehr, ich bin absolut clean“, versicherte sie vor Gericht.

Daneben wurde der Frau auch vorgeworfen, wenige Tage später nach dem Vorfall im Klinikum während eines Trinkgelages bei der Bahnunterführung am Pörbitscher Weg einen Polizisten beleidigt zu haben. Der Beamte erteilte der Frau dort wegen der damaligen Corona-Beschränkungen einen Platzverweis. Die Angeklagte wollte nicht, dass der Polizist sie mit seiner Body-Kamera filmt und da rutschte ihr die Beleidigung heraus. Leugnen war zwecklos, denn das Gericht sah sich während der Verhandlungen die Aufnahmen der Body-Cam an.

Dabei war die Frau in der Vergangenheit immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten. 2015 wurde sie wegen Straßenverkehrsgefährdung und Unfallflucht zu einer Geldstrafe verurteilt, 2018 wegen Beleidigungen, Sachbeschädigung, einem tätlichen Angriff auf einen Polizisten und Körperverletzung zu sechs Monaten auf Bewährung. In beiden Fällen war Alkohol die eigentliche Ursache. Eine weitere Verhandlung wegen des Diebstahls zweier Wodka-Flaschen steht demnächst vor dem Berufungsrichter in Bayreuth an.

Wegen Beleidigung und Diebstahl beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (1500 Euro). Verteidiger Werner Brandl plädierte auf 80 Tagessätze zu jeweils 15 Euro (1200 Euro). Letzterem schloss sich auch Richterin Sieglinde Tettmann in ihrem Urteil an. Die Angeklagte sei auf einem guten Weg, sagte sie. Die Angeklagte habe massiv alkoholbedingt enthemmt gehandelt, sie habe sich, soweit es ihr möglich war, geständig gezeigt und bereue die Vorkommnisse.

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04.12.2020

Panik und falsch verstandene Freundschaft / Doch kein Drogenbesitz: Angeklagter aus Hamburg wurde in Kulmbach freigesprochen

Kulmbach Die weite Anreise von Hamburg nach Kulmbach hat sich für einen 25-jährigen Industriekaufmann aus der Hansestadt gelohnt. Ursprünglich wegen des Besitzes von Drogen angeklagt, wurde der junge Mann vom Amtsgericht freigesprochen. Grund dafür war: Er konnte dem Gericht glaubhaft machen, dass nicht er der Besitzer der relativ kleinen Menge Kokain war, sondern ein damaliger Bekannter.

Beide wurden am 8. Dezember vor zwei Jahren kurz vor der Autobahnausfahrt Bayreuth einer Kontrolle unterzogen. Die Beamten hatten den richtigen Riecher, denn sie fanden im Handschuhfach in einem Brillenetui tatsächlich das Kokain. Der Angeklagte saß damals auf dem Beifahrersitz und wollte ganz offensichtlich aus falsch verstandener Freundschaft seinen Bekannten nicht ans Messer liefern. Also erfand er eine haarsträubende Geschichte, wie das Rauschgift in das Auto gekommen sein soll. Beide wollten damals übers Wochenende einen Verwandten in München besuchen. Per Strafbefehl wurde der Mann in der Folge zu 25 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (1000 Euro) wegen des Drogenbesitzes verurteilt.

Nun wurde das Verfahren aufgrund begründeter Zweifel allerdings wieder aufgenommen. Tatsächlich sollte sich jetzt herausstellen, dass ein Bekannter des Angeklagten das Rauschgift bei einem anderen Mann nahe Hamburg erworben hatte. Das sagte nicht nur der Angeklagte, sondern auch seine Freundin und eine Bekannte. Der Name des Verkäufers und seine Adresse lagen mittlerweile vor. Die Freundin war sogar Augenzeugin des zweifelhaften Geschäftes. „Ich habe mich noch gewundert und fand das gar nicht gut“, sagte die Studentin vor Gericht

Er habe von Anfang an nichts mit Drogen zu tun haben wollen, so der Angeklagte und habe die Sache sehr skeptisch gesehen. Als dann die Polizei zu mitternächtlicher Stunde mit Blaulicht plötzlich auf der Autobahn auftauchte, sei er komplett in Panik geraten. „Ich war plötzlich so was von panisch“, sagte er vor Gericht. Seinem damaligen Freund habe er nicht gleich ans Messer liefern wollen. Auch in der Folge hatte er sich aufgrund eine lange geplanten größeren Auslandsaufenthaltes nicht um die Sache gekümmert. Sein Bekannter habe ihm dagegen immer wieder versprochen, die Sache in Ordnung zu bringen, was aber nie geschehen sei. Deshalb gehe man sich mittlerweile auch aus dem Weg. „Es gibt keine Freundschaft mehr“, bestätigten die Freundin, die Bekannte und auch der Vater des Angeklagten. Sie alle waren eigens aus Hamburg zu dem Prozess in Kulmbach angereist.

Nicht gekommen war dagegen der Bekannte, obwohl auch er als Zeuge geladen war. Ausgerechnet am Tag der Verhandlung hatte er Erkältungssymptome bei sich festgestellt und sich wegen Corona-Verdachtes freiwillig in Quarantäne begeben. Ein entsprechendes Telefax hatte er dem Gericht geschickt.

Juristisch war die Sache damit klar. Dem Besitz der Droge konnte man dem Angeklagten damit nicht mehr nachweisen, denn Besitzer war eindeutig der Bekannte. Auch die Beihilfe zum Handel mit Drogen schied aus, ebenso eine Begünstigung oder Strafvereitelung. Also entscheid Richterin Sieglinde Tettmann auf einen Freispruch und die Aufhebung des ursprünglichen Strafbefehls. Das Gericht sei davon überzeugt, dass sich der Angeklagte nicht des unerlaubten Besitzes von Drogen schuldig gemacht habe. Zuvor hatte bereits die Vertreterin der Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger Wolfgang Schwemmer auf Freispruch plädiert, weil sich der Sachverhalt so nicht bestätigt habe

Mit dem Freispruch ist die Sache allerdings noch lange nicht erledigt. Nun wird die Staatsanwaltschaft einen Prozess gegen den Bekannten und den Drogenlieferanten anstrengen und der jetzt freigesprochene Angeklagte wird dann jeweils als Zeuge aussagen müssen.

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02.12.2020

„Spitze des Eisbergs“: Drogen zur Stressbewältigung / 60 Sozialstunden für zehn Gramm Marihuana – 20-jähriger zu Jugendstrafe verurteilt

Kulmbach. Wegen zwei Rauschgiftgeschäften musste sich ein 20 Jahre alter Mann aus dem Landkreis vor dem Jugendrichter verantworten. Weil er zum ersten Mal im Zusammenhang mit Drogen vor Gericht stand, kam der Auszubildende mit einer Arbeitsauflage davon. Er muss innerhalb der kommenden sechs Monate 60 unentgeltliche Sozialstunden nach näherer Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung ableisten. Außerdem schickte ihn der für Jugendstrafsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner zur Suchtberatung der Diakonie.

Der junge Mann hatte im Mai dieses Jahres innerhalb einer Woche in Mainleus gleich zwei Mal von einem ehemaligen Schulfreund Marihuana erworben. Einmal gut drei Gramm für 50 Euro, das andere Mal fast sieben Gramm zum Preis von 100 Euro. Das räumte der Angeklagte vor Gericht auch offen ein. Er habe gehörigen Stress gehabt in seiner Ausbildung, deshalb habe er zur Droge gegriffen.

Ganz offensichtlich waren die angeklagten Fälle auch nur die Spitze des Eisbergs. Im September und Oktober befand sich der Angeklagte drei Wochen lang freiwillig zur Entgiftung in der Drogenklinik Hochstadt, eine Woche mehr als eigentlich notwendig. Nun aber sei er clean und komme damit gut zurecht. „Es wird auf jeden Fall nichts mehr vorkommen“, versprach er vor Gericht. Den Kontakt zu seinem früheren Drogenumfeld habe er zwischenzeitlich sogar vollständig abgebrochen.

Die Suchtproblematik des jungen Mannes schien tatsächlich von größerem Umfang zu sein. Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe des Landkreises Kulmbach berichtete von größeren Problemen im Zusammenhang mit Alkoholkonsum. Der Angeklagte sei nach einem heftigen Absturz auch schon mal mit Platzwunden und einem offenen Knie in der Ausnüchterungszelle der Polizei aufgewacht. Aufgrund von Schwierigkeiten im familiären Umfeld sei der junge Mann daher auch eher einem Jugendlichen als einem Erwachsenen gleichzustellen.

So forderte der Vertreter der Staatsanwaltschaft die letztlich auch verhängten 60 Sozialstunden und den Kontakt zur Suchtberatung. Der Angeklagte habe alles zugegeben und dem Gericht damit eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart. Außerdem scheine er sein Problem erkannt zu haben, indem er sich aus freien Stücken einer Entgiftung unterzogen habe. Der Anklagevertreter erwähnte aber auch eine Vorahndung, die im Vorstrafenregister des Mannes zu finden war. Der heute 20-Jährige wurde wegen eines Ladendiebstahls bereits vor zwei Jahren zu Arbeitsstunden verurteilt. Die Beute damals: drei Dosen Energy-Drink.

Der Angeklagte scheine eingesehen zu haben, dass er sich auf dem falschen Weg befindet, zeigte sich Richter Berner überzeugt. Mit Hilfe der Arbeitsauflage und der Pflicht, die Suchtberatung aufzusuchen, soll deshalb erzieherisch auf den jungen Mann eingewirkt werden. Das Gericht stellte aber auch klar, dass dem Angeklagten ein Arrest droht, wenn er die Sozialstunden nicht ableistet oder die Suchtberatung abbricht.

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27.11.2020

Absacker endete im Klinikum / Angeklagter soll mit abgebrochener Bierflasche auf zwei Männer eingestochen haben

Kulmbach. Anfang Februar war es Stadtgespräch: Ein junger Mann aus Eritrea soll am frühen Morgen des 1. Februar kurz nach vier Uhr in der Oberen Stadt vor dem Lokal „Sohle“ auf zwei andere Männer, 43 und 48 Jahre alt, losgegangen sein. Mit einer abgebrochenen Bierflasche soll er den beiden Schnittwunden an den Händen zugefügt haben, die später im Klinikum genäht werden mussten. Nun muss sich der junge Mann wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten.

Zum Prozessauftakt stand Aussage gegen Aussage. Er habe die beiden nicht geschlagen und er habe auch nicht mit einer Flasche auf die beiden eingestochen, so der Angeklagte. „Ich sagte nur, die sollen mich in Ruhe lassen.“ Es sei ganz anders gewesen. Die beiden seien auf ihn losgegangen, da habe er die Flasche abgebrochen und mit den Scherben herumgefuchtelt, um die beiden auf Distanz zu halten. Getroffen habe er aber niemanden.

Er habe nur darum gebeten, dass sie ihn in Frieden lassen sollen, doch das hätten sie nicht getan. „Die beiden Männer waren sehr aggressiv“, so der Angeklagte. Sie hätten ihn am Hals erwischt und an der Hand habe er selbst eine Schnittwunde davongetragen. Warum die beiden auf ihn losgegangen sind, konnte sich der junge Mann nicht erklären. „Vielleicht, weil ich der einzige Schwarze war“, mutmaßte er. Er glaube schon, dass die beiden etwas gegen ihn als Ausländer gehabt hatten.

Dem widersprach eines der beiden vermeintlichen Opfer, das mit einem Kumpel zu einem Absacker in der Sohle getroffen hatte, energisch. Der Angeklagte sei schon im Lokal aufgefallen und habe herumgestresst, sagte der 43-Jährige. Er habe die Leute, vor allem Mädels, blöd angesprochen und sei auf Stänkern aus gewesen. Da habe er ihn vor dem Lokal zur Rede stellen wollen, doch weit sei er nicht gekommen, schon habe der Angeklagte zugestochen. Wie genau und vor allem womit, das konnte der Mann nicht erklären. Plötzlich habe er stark geblutet und die Bedienung habe den Notarzt gerufen

Das geschilderte Verhalten des Angeklagten konnten allerdings der zweite Beteiligte, der 48-jährige Kulmbacher, und auch ein weiterer Augenzeuge so nicht bestätigen. „Mit ist der Angeklagte in der Sohle vorher nicht aufgefallen“, sagte der 48-Jährige und auch der Zeuge bestätigte überraschend: „Niemand ist mir negativ aufgefallen“. Dazu kommt, dass die beiden Opfer ganz offensichtlich stark betrunken waren. Der Ältere hatte einen Alkoholpegel von 2,5 Promille, beim 43-Jährigen sei es gar nicht möglich gewesen, überhaupt zu messen, hieß es in den Protokollen.

Dafür hatte der Zeuge gesehen, wie der Angeklagte vor dem Lokal gleich zwei Flaschen gegen den Boden geschlagen hatte, bis sie zerbrochen waren. Als die Streithähne aneinander geraten waren, habe er noch versucht zu schlichten. „Ich wollte doch nur, dass Ruhe einkehrt“, sagte der Zeuge. Doch da war es offensichtlich schon zu spät.

Zuerst kam der Notarztwagen, dann die Polizei. Fest steht allerdings auch, dass der 43-Jährige eine tiefe Schnittwunde an der Hand erlitten hatte, die mit fünf Stichen noch in der Nacht genäht wurde. Zwölf Tage lang war der Mann arbeitsunfähig. Beim zweiten Opfer war die Verletzung nicht so gravierend. Der Mann hatte lediglich eine kleinere Schnittwunde am Zeigefinder erlitten, die nach wenigen Tagen ausgeheilt war.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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30.11.2020

Widersprüche und offenen Fragen / Angebliche Stiche mit abgebrochener Flasche konnten nicht mehr geklärt werden – Verfahren eingestellt

Kulmbach. Eingestellt hat das Amtsgericht das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen einen jungen Mann aus Eritrea (wir berichteten). Ursprünglich wurde ihm vorgeworfen am frühen Morgen des 1. Februar kurz nach vier Uhr in der Oberen Stadt vor dem Lokal „Sohle“ auf zwei andere Männer, 43 und 48 Jahre alt, mit einer abgebrochenen Bierflasche losgegangen zu sein. Beide hatten Schnittwunden an den Händen erlitten, die später im Klinikum genäht werden mussten.

„Es konnte nicht mehr geklärt werden, wie es im Detail zu den Verletzungen kam“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Nicht auszuschließen sei es beispielsweise, dass die Männer ohne Zutun des Angeklagten selbst in die Scherben gefasst haben.

Der junge Eritreer hatte von Anfang an bestritten, auf die beiden eingestochen zu haben. Er wollte nur in Ruhe gelassen werden. Seiner Aussage nach waren die beiden vermeintlichen Opfer auf ihn losgegangen. Der Angeklagte verschwieg dabei nicht, dass er eine Flasche abgebrochen und mit den Scherben herumgefuchtelt hab, um die beiden auf Distanz zu halten. Er beschrieb die beiden als aggressiv und mutmaßte, dass sie etwas gegen ihn gehabt hätten, weil er Ausländer sei.

Einer der Männer gab an, dass der Angeklagte schon im Lokal aufgefallen sei und Streit gesucht habe. Da habe er ihn lediglich zur Rede stellen wollen. Einen angeblichen Stich konnte er nicht beschreiben, er habe plötzlich stark geblutet. Der zweite Beteiligte, der nur eine leichtere Schnittwunde am Finger erlitten hatte, konnte das so allerdings nicht bestätigen. Ihm war der junge Eritreer nicht aufgefallen, ebenso wenig wie einem unbeteiligten Zeugen. Beide Männer waren zudem stark alkoholisiert. Der Eine hatte einen Alkoholpegel von 2,5 Promille, beim anderen war es gar nicht möglich, die Blutalkoholkonzentration überhaupt zu messen.

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26.11.2020

Crystal im Kinderzimmer und Geld in der Tupper-Dose/ 38-jähriger Kulmbacher wegen Drogenbesitzes zu hoher Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Die Anklage hörte sich gefährlich an: Diebstahl, Körperverletzung und Drogenbesitz. All das wurde einem 38 Jahre alten Handwerker aus Kulmbach vorgeworfen. Am Ende der Verhandlung vor dem Amtsgericht blieb davon aber kaum mehr etwas übrig. Lediglich ein halbes Gramm Crystal. Dafür wurde der Mann zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (3200 Euro) verurteilt. Vom Vorwurf des Diebstahls wurde er freigesprochen, die angebliche Körperverletzung wurde eingestellt.

Hintergrund der ganzen Sache ist zum einen ein Beziehungsstreit, zum anderen eine Drogenkarriere. Beides scheint aber vorbei, denn mittlerweile hat sich das Pärchen verlobt und den Drogen hat der Angeklagte längst abgeschworen. Anfang des Jahres sah dies noch ganz anders aus. Damals hatte die 39 Jahre alte Freundin Anzeige gegen den Angeklagten erstattete, weil er angeblich eine Tupper-Dose mit fast 400 Euro Inhalt aus der gemeinsamen Wohnung gestohlen haben soll. Das angesparte Geld gehörte einer Arbeitskollegin, die es der Frau zur Aufbewahrung überlassen hatte.

„Die Dose ist wieder da“, jubelte der Angeklagte während der Verhandlung. Erst vor kurzem sei sie wieder aufgetaucht und zwar in den Tiefen eines Schlafzimmerschrankes. Sogar das Geld sei noch drin gewesen. Klar habe man zuvor die gesamte Wohnung auf den Kopf gestellt. Wie dieses Missgeschick passieren konnte, dafür hatte der Mann keine Erklärung.

Der Diebstahl war damit vom Tisch, auch wenn, wie es der Staatsanwalt später ausdrückte, „zwischen den Zeilen schon etwas bleibt“. Einen Tatnachweis könne man jedenfalls nicht führen und so wurde der Mann wegen des Diebstahls freigesprochen.

Ganz ähnlich musste das Gericht mit dem Vorwurf der Körperverletzung verfahren. Die Freundin und jetzige Verlobte sagte aus, dass es eine ganz harmlose Schubserei war. Sie sei zwar mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen, doch habe sie dabei weder Schmerzen noch eine Verletzung erlitten. Freilich sei der Angeklagte früher öfter mal handgreiflich geworden, was an seinem Drogenkonsum gelegen habe, doch jetzt lege sie die Hand für ihn ins Feuer, dass da nichts mehr passiert. Tatsächlich hatte die Frau bereits bei der Polizei deutlich gemacht, dass sie kein Interesse an einer Strafverfolgung habe, so dass der Tatvorwurf kurzerhand eingestellt wurde.

Bleibt noch die Drogengeschichte. Das halbe Gramm Crystal habe sich bei der Durchsuchung der Wohnung ausgerechnet im Kinderzimmer befunden, berichtete ein Polizeibeamter. Vor Gericht benannte der Mann sogar seinen Lieferanten. Auch wieder nur zwischen den Zeilen war zu entnehmen, dass das halbe Gramm wohl nur die Spitze des Eisbergs war, doch das war nicht Gegenstand der Verhandlung.  

So forderte der Vertreter der Staatsanwaltschaft am Ende drei Monate auf Bewährung wegen Drogenbesitzes. Die Forderung fiel deshalb relativ hoch aus, weil der Mann kein unbeschriebenes Blatt war und bereits vier Vorstrafen auf seinem Konto hatte.

Richterin Sieglinde Tettmann beließ es aber dann doch bei einer Geldstrafe über 3200 Euro. Schließlich habe es sich um eine relativ geringe Menge zum Eigenverbrauch gehandelt, der Angeklagte habe damals unter Suchtdruck gehandelt und sei mittlerweile fest entschlossen, sein Leben in die Hand zu nehmen.

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26.11.2020

Laute Musik und mit den Gedanken woanders: Zusammenstoß nicht bemerkt / Unfallflucht kam 57-jähriger Frau aus dem Landkreis teuer zu stehen

Kulmbach. Weil sie beim Ausparken ein anderes Fahrzeug erwischt hat und sich ohne um den Schaden zu kümmern einfach weitergefahren ist, verurteilte das Landgericht eine 57 Jahre alte Verkäuferin aus dem Landkreis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro (750 Euro). Damit hatte die Frau noch Glück, denn das Gericht verzichtete auf ein ursprünglich im Strafbefehl ausgesprochenes Fahrverbot.

Die Angeklagte war am 17. Januar mit ihrem Wagen rückwärts aus dem Parkplatz eines Verbrauchermarktes am Goldenen Feld in Kulmbach auf die Hauptstraße gefahren und hatte dabei ganz offensichtlich ein parkendes Fahrzeug übersehen. An der Fahrertür und am beheizbaren Außenspiegel dieses Fahrzeug war dadurch ein Schaden in Höhe von knapp 700 Euro entstanden. Der Schaden an ihrem eigenen Fahrzeug lag sogar bei satten 2500 Euro.

Trotzdem will die Frau nichts von dem Anstoß bemerkt haben. „Ich habe das wirklich überhaupt nicht wahrgenommen“, beteuerte sie vor Gericht. Ein eigens eingeholtes Gutachten eines Kfz-Sachverständigen sagte allerdings etwas anderes. Optisch hätte die Fahrerin den Crash tatsächlich nicht bemerken müssen, jedoch akustisch, denn der Anstoß müsste unüberhörbar gewesen sein, so hieß es in dem Gutachten.

Das wollte die Angeklagte nicht wahrhaben und ließ sich daraufhin extra von einem HNO-Arzt untersuchen. Der stellte aber keine Auffälligkeiten fest. Als einige Erklärung blieb der Frau damit die laute Musik, die aus dem Autoradio kam und eventuell auch der Termindruck, den sie an diesem Abend hatte und der dafür sorgte, dass ihre Gedanken ganz woanders waren.

Der geschädigte Fahrzeuglenker war jedenfalls noch am gleichen Abend zur Polizei gegangen und hatte Anzeige gegen unbekannt erstattet. Die Beamten fanden durch Befragungen am Ort des Geschehens schnell die Frau als Verursacherin heraus. Zwischenzeitlich hatte sie sich auch selbst bei der Polizei gemeldet, nachdem die den beträchtlichen Schaden an ihrem eigenen Fahrzeug entdeckt hatte.

Im ursprünglichen Strafbefehl, gegen den die Frau Einspruch eingelegt hatte, war noch von einer etwas höheren Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu jeweils 35 Euro (875 Euro) die Rede, sowie von einem Fahrverbot. Letzteres wäre für die Frau eine echte Katastrophe gewesen, das sie beruflich auf ihren Führerschein angewiesen ist und die Busverbindungen von ihrem Wohnort aus nach Kulmbach eher sporadisch sind. Das sah auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft so, der bereits in seinem Plädoyer, genauso wie Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach einen Verzicht auf das Fahrverbot beantragte.

Richterin Sieglinde Tettmann hielt der Frau ihr äußerst kooperatives Verhalten und den relativ niedrigen Fremdschaden zu Gute. Außerdem hatte die Frau den Schaden des Unfallgegners längst reguliert und selbst einen hohe Schaden an ihrem eigenen Fahrzeug erlitten. Als Verurteilte muss die Frau nun auch noch die Kosten des Verfahrens tragen.

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25.11.2020

Tschechische Zigaretten kamen teurer als gedacht / Junger Mann wegen unerlaubter Einreise verurteilt – Arrest und Gefängnisstrafe drohen

Kulmbach. Er war mit einem gültigen Visum nach Deutschland eingereist, das immer wieder auf eine gewisse Zeit verlängert wurde. Damit besaß ein 20 Jahre alter Afghane aus Kulmbach zwar eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis, doch durfte er damit nicht ins Ausland reisen, schon gar nicht ohne Papiere und auch nicht zum Zigarettenholen nach Tschechien. Genau das hat der junge Mann aber getan. Er wurde deshalb wegen unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthalts vom Jugendschöffengericht zu einer Geldauflage in Höhe von 400 Euro verurteilt. 

Das allerdings war nicht der entscheidende Punkt im Verfahren gegen den Afghanen. Wegen einer Drogengeschichte hat ihn das Amtsgericht erst im Januar zu eineinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt. Als Auflage wurden damals zusätzlich 200 unentgeltliche Arbeitsstunden festgelegt. 36 Stunden davon hat er seitdem abgelegt, mehr nicht. Und genau das wurde ihm nun zum Verhängnis.

Nicht nur, dass der für Jugendstrafsachen zuständige Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner deswegen bereits zwei Wochen Ungehorsamsarrest verhängt hatte, die Staatsanwaltschaft stellte bereits einen Widerrufsantrag für die Bewährungsstrafe. Das würde bedeuten, dass der junge Afghane die eineinhalb Jahre im Gefängnis absitzen müsste und danach im für ihn ungünstigsten Fall abgeschoben werden könnte.

Die Fahrt nach Tschechien räumte der Angeklagte vor Gericht unumwunden ein. Er sei ganz spontan mitgefahren, als seine Freundin und deren Mutter zum Zigarettenholen nach Tschechien aufbrachen. So recht sei ihm das auch gar nicht klar gewesen, dass er das eigentlich gar nicht darf. Deshalb habe er auch keine Papiere mit sich geführt.

Das viel größere Problem mit den nicht abgeleisteten Arbeitsstunden erklärte der Angeklagte damit, dass er seit September einer geregelten Arbeit als Gebäudereiniger nachgehe und deshalb keine Zeit für die Sozialstunden gefunden habe. Diese Erklärung stellte den vorsitzenden Richter Berner allerdings wenig zufrieden. „Sie spielen mit ihrer Freiheit, wenn sie der Arbeitsauflage nicht nachkommen“, sagte er. Die Geduld des Gerichts sei erschöpft. Auf die Frage, warum er denn zwischen Januar und September nur 36 Stunden abgeleistet habe, wusste der Angeklagte nicht so recht eine Antwort.

Nur Gutes wusste dagegen Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Kulmbacher Landratsamtes über den Angeklagten zu berichten. Der 20-Jährige habe sich gut integriert, habe Arbeit gefunden, zumindest zeitweise das Gymnasium besucht und die Weichen für eine geordnete Lebensführung gestellt. Außerdem sei der Afghane ein echtes Sprachtalent, das sieben Sprachen beherrsche. Das Verhalten, des jungen Mannes, dem er eine positive Sozialprognose ausstellte, könne deshalb nur mit Reifeverzögerungen erklärt werden, weshalb die Jugendgerichtshilfe auch die Verhängung einer Jugendstrafe wegen der unerlaubten Einreise vorschlug.

Sowohl Anklagevertreterin Sandra Staade als auch Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach kamen dem nach. Die Oberstaatsanwältin beantragte die letztlich auch verhängten 400 Euro, der Verteidiger 200 Euro beziehungsweise eine Aufstockung der in dem anderen Verfahren verhängten Arbeitsstunden um 50. Der Verstoß sei eher geringfügig, außerdem habe es sich bei der unerlaubten Einreise um eine Spontantat gehandelt, die der Angeklagte auch ohne Umschweife zugegeben habe.

Das alles ändert aber nichts daran, dass der Angeklagte die noch fehlenden Arbeitsstunden ableisten und Anfang Januar zwei Wochen in den Ungehorsamsarrest einrücken muss. Ob auch die Bewährungsstrafe widerrufen und er die eineinhalb Jahre ins Gefängnis muss, ist noch nicht entschieden.

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20.11.2020

Beleidigungen, Drogen, Übergriffe / 23-jähriger Mann soll seine Freundin schwer misshandelt haben

Kulmbach. Fälle häuslicher Gewalt sind vor Gericht immer besonders heikel. Vor allem dann, wenn Aussage gegen Aussage steht. Vor diesem Hintergrund hat das Amtsgericht einen besonders strittigen Fall jetzt auch auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, damit weitere Ermittlungen getätigt und weitere Zeugen befragt werden können.

Laut Anklage soll ein 23 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Hof in drei Fällen brutal gegen seine Freundin vorgegangen sein. Einmal soll er sie gegen eine Wand gestoßen und ihr dabei eine Platzwunde am Kopf zugefügt haben. In einem weiteren Fall soll er sie mit der Hand ins Gesicht geschlagen und im dritten Anklagepunkt soll er sie gepackt und in einen Straßengraben gestoßen haben. Dabei habe die Frau blaue Flecken und Risswunden erlitten, hieß es in der Anklage. In einem vierten Anklagepunkt ging es darum, dass der Angeklagte seine Freundin in sozialen Netzwerken wiederholt persönlich angegriffen und beleidigt habe. Ausdrücke wie Schlampe oder Hure sind dabei noch die harmlosesten gewesen.

Doch gleich zu Beginn der Verhandlung stellte sich heraus, dass alles auch ganz anders sein könnte. „Hier sitzt der falsche auf der Anklagebank“, sagte Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach. Sein Mandant werde fälschlicherweise als Täter dargestellt. Es gebe aber Zeugen und vor allem jede Menge Chatverläufe, die eindeutig die Unschuld seines Mandanten belegen.

Hintergrund sei es, so der Anwalt, dass die junge Frau unter massiven psychischen Problemen leidet und deshalb auch schon in stationärer Behandlung war. Darüber hinaus habe sie auch ein Drogenproblem und gelte als Crystal-Konsumentin. Die genannten Verletzungen habe sich die junge Frau aufgrund ihrer Krankheit alle selbst zugefügt. Sen Mandant habe nicht zuletzt wegen dieser massiven Probleme die Beziehung mittlerweile längst beendet. Die Beleidigungen per SMS gab der Angeklagte dagegen zu. Nachdem die Frau auf sozialen Medien mit Fotos geprahlt habe, die sie mit anderen Männern zeigten, sei ihm der Gaul durchgegangen und er habe sich zu den Beleidigungen hinreißen lassen.

Der Angeklagte berichtete von haarsträubenden Erlebnissen mit seiner Ex-Freundin. Einmal habe sie auf der Autobahn bei voller Fahrt die Tür aufgerissen und Sachen aus dem Auto geworfen, ein anderes Mal habe sie so „wild und hemmungslos“ mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen, bis sie beinahe ohnmächtig geworden sei, ein weiteres Mal habe sie sich tatsächlich zweimal mit einem Messer in die Brust gestochen. In der Folge sei die junge Frau zur psychischen Behandlung dann auch in eine Bezirksklinik eingewiesen worden.

Ähnliche sei auch bei den angeklagten Vorfällen geschehen. Nach einem Streit sei die Frau im Badezimmer so heftig gestürzt, dass sie die Platzwunde davon trug und dabei kurzzeitig sogar das Bewusstsein verlor. Er habe damit genauso wenig zu tun, wie mit dem Schlag ins Gesicht oder mit dem Stoß in den Straßengraben. Die eine oder andere Ohrfeige wollte der Angeklagte dabei gar nicht ausschließen. „Ich wollte, dass sie wieder zur Vernunft kommt, wenn sie sich mal wieder nicht unter Kontrolle hatte.“ Irgendwann habe er es dann allerdings eingesehen, dass das Ganze keinen Sinn habe. „Wenn ich jede einzelne Auseinandersetzung aufschreiben würde, könnte ich ein ganzes Buch damit füllen“, sagte er.

Verteidiger Schmidtgall ließ nicht unerwähnt, dass es schon mal ein Verfahren gegeben habe, bei dem die Frau einen anderen Mann nach dem gleichen Muster fälschlicherweise schwer belastete. Für ihn stehe fest, dass es die Vorfälle so nicht gegeben habe. Rechtsanwalt Hilmar Lampert aus Bayreuth, der die als Nebenklägerin auftretende Frau vertrat, warf dem Angeklagten dagegen „Ausreden und Vernebelungstaktiken“ vor. Noch immer lasse der Angeklagte die Frau nicht in Ruhe und versuche beispielsweise über deren Arbeitgeber Informationen über sie herauszubekommen.

Was wirklich stimmt, will das Gericht nun bei einem neuen Termin herausfinden. Bis dahin sollen unter anderem weitere Chatverläufe ausgewertet, weitere Personen aus dem Umfeld von dem Angeklagten und dem vermeintlichen Opfer befragt sowie weitere polizeiliche Ermittlungen angestellt werden.

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20.11.2020

Nachbarschaftsstreit vor Gericht / 33 Jahre alter Kulmbacher wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt

Kulmbach. Eigentlich ging es nur um das Fahren ohne Fahrerlaubnis. Dafür hat das Amtsgericht einen 33 Jahre alten Mann aus Kulmbach zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (4500 Euro) verurteilt. In Wirklichkeit steckte allerdings ein seit langem schwelender Nachbarschaftsstreit dahinter, bei dem es um zugeparkte Straßen, um störende Hunde, um Verstöße gegen die Corona-Kontaktbestimmungen und um ganz andere Dinge ging.

Der Nachbar, ein 79 Jahre alter Rentner, hatte den angeklagten Chef einer kleinen Baufirma wieder einmal bei der Polizei gemeldet. Einmal soll er im März, das andere Mal im Mai ohne Führerschein eines seiner Firmenfahrzeuge gesteuert haben. Die Fahrt vom Mai gab der Angeklagte ohne Umschweife zu. Er habe etwas Dringendes besorgen müssen und sei an besagtem Samstag tatsächlich die zwei bis drei Kilometer von sich zuhause bis zum Real in Kulmbach selbst gefahren.

Die zweite Fahrt allerdings stritt der 33-Jährige vehement ab. Er sei zwar gefahren, aber als Beifahrer. Wenn der Zeuge etwas anderes behaupte, dann stimme dies nicht. Der Angeklagte berichtete von nahezu täglichen Streitereien, von ständigen Anzeigen, hauptsächlich wegen der angespannten Parksituation in der kleinen Stichstraße in einem Kulmbacher Stadtteil. Allein im laufenden Jahr sollen es schon 46 Anzeigen und Meldungen gewesen sein, nicht nur bei der Polizei, auch bei der Stadt, beim Ordnungsamt und beim Landratsamt. Sogar handgreiflich soll der Senior schon geworde sein.

Dem widersprach der Mann in seiner Zeugenaussage entschieden. Ständig unternehme der Angeklagte etwas anderes, nur um ihn zu ärgern. Aus diesem Grund führe er auch ein ausführliches Protokoll über sämtliche Vorgänge, das auch dem Gericht zur Beurteilung vorlag. „Die Situation ist einfach unzumutbar, irgendetwas ist immer los“, schimpfte der Rentner. Aktuell stehe beispielsweise ein abgemeldetes Fahrzeug schon seit Wochen direkt gegenüber seiner Ein- und Ausfahrt. Von 46 Anzeigen wusste der Zeuge allerdings nichts. So um die fünf könnten es schon gewesen dein, mehr nicht.

Ursprünglich sei die Polizei wegen angeblicher Verstöße gegen die Corona-Kontaktbeschränkungen gerufen worden, sagte eine Polizisten von der Kulmbacher Inspektion. Erst später habe sie erfahren, dass der Angeklagte keinen Führerschein hat. Woher der Nachbar das wusste, wurde nicht bekannt.

Nachdem der Angeklagte eine der beiden vorgeworfenen Fahrten ohne Führerschein zugegeben hatte und für die andere weitere umfangreiche Ermittlungen notwendig gewesen wären, stellte Richterin Sieglinde Tettmann den einen Anlagepunkt kurzerhand ein.

Hauptproblem des Angeklagten war allerdings seine umfangreiche Vorstrafenliste. Auf satte 17 Einträge brachte es der Mann wegen aller nur erdenklichen Straftaten. Sogar eine dreieinhalbjährige Haftstrafe musste er unter anderem wegen schweren Bandendiebstahls schon verbüßen.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte dennoch eine Geldstrafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, mit 120 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (6000 Euro) allerdings deutlich höher als die letztlich von Gericht verhängte. Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach plädierte auf 70 Tagessätze zu jeweils 45 Euro (3215 Euro).

Richterin Tettmann wählte mit 4500 Euro den goldenen Mittelweg. Der Angeklagte habe zwar 17 Vorstrafen, aber keine einzige davon wegen eines Verkehrsdelikts. „Ich hoffe, dass dies ein einmaliger Ausrutscher war“, sagte sie. Die Richterin sah auch von einer Sperrfrist zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ab. Es spreche alles dafür, dass sich der Angeklagte wieder gefangen hat und gerade dabei sei, wieder auf die Füße zu kommen. Eine Führerscheinsperre wäre da eher kontraproduktiv.

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10.11.2020

Mit verbotenen Ecstasy-Pillen gegen Depression / Azubi aus Kulmbach zu Geldauflage verurteilt

Kulmbach. Fünf Ecstasy-Tabletten hatte ein 20-jähriger Auszubildender aus Kulmbach im Gepäck, als er am 15. August dieses Jahres in Kulmbach von der Polizei kontrolliert wurde. Vor dem Amtsgericht in Kulmbach gab es jetzt die Quittung dafür. Jugendrichter Christoph Berner verurteilte ihn wegen des Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Geldauflage in Höhe von 800 Euro sowie zu mehreren Terminen bei der Suchtberatung.

Den Besitz von insgesamt sechs Ecstasy-Pillen, eine hatte er bereits konsumiert, begründete der Angeklagte mit schweren Depressionsrückfällen. Tatsächlich befindet er sich deshalb schon länger in ärztlicher Behandlung, außerdem steht er auch unter gesetzlicher Betreuung. Dazu kommt, dass der Auszubildende mit seinen Arbeitskollegen Probleme hat und angeblich gemobbt wurde. Da seien ihm die Tabletten gerade richtig gekommen. Nach der Einnahme fühle sich alles leicht und unbeschwert an, alles Negative ziehe an einem vorüber, erklärte er, der auch zugab, schon vorher immer wieder mal „etwas genommen“ zu haben. Das alles ändert allerdings nichts daran, dass Ecstasy „keine Bagatelldroge, sondern eine sehr gefährliche Droge ist“, wie Amtsgerichtsdirektor Berner unmissverständlich feststellte.

Die letztlich auch verhängte Geldauflage von 800 Euro und die Weisung, Termine bei der Suchtberatung wahrzunehmen, hatte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer gefordert. Immerhin sei der Angeklagte trotz seines jungen Alters bereits viermal mit der Justiz in Konflikt geraten. Einmal erhielt er eine Geldstrafe wegen einer Unfallflucht. Weitere Verfahren unter anderem wegen Diebstahls, Urkundenfälschung und Betrugs wurden gegen entsprechende Auflagen eingestellt. Da der Angeklagte noch keine 21 Jahre alt ist, sei er aufgrund von Reifeverzögerungen zumindest zum Tatzeitpunkt einem Jugendlichen gleichzusetzen. Der Anklagevertreter sprach sich deshalb für die Anwendung der milderen Jugendstrafe aus.

Das sah auch Jugendrichter Berner so. Er sah allerdings von der Forderung der Staatsanwaltschaft ab, für die kommenden zwölf Monate ein Drogenscreening beim Angeklagten durchzuführen. Der Angeklagte habe glaubhaft machen können, dass er seit dem Vorfall keine Drogen mehr konsumiert habe. Bei einem Drogenscreening wird mit Hilfe von unangekündigten Urinkontrollen überprüft, ob die jeweilige Person tatsächlich drogenfrei ist.

Die Geldauflage über 800 Euro soll dabei an den Suchtarbeitskreis des Kulmbacher Landratsamtes gehen, so legte es Berner fest. Der Richter hielt dem jungen Mann zugute, dass er den Besitz der Tabletten von Anfang an eingeräumt hatte und dass er mehreren persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten ausgesetzt gewesen sei. Mit einem Wechsel der Arbeitsstelle zum 1. Dezember könne er nun hoffen, dass zumindest die beruflichen Probleme der Vergangenheit angehören. „Lehrjahre sind halt keine Herrenjahre“, gab der Jugendrichter dem Angeklagten noch mit auf den weg. Als Verurteilter muss der junge Mann zusätzlich zu der Geldauflage auch die Kosten des Verfahrens tragen.

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10.11.2020

Quarantäne-Ende mit Hitlergruß gefeiert / Keine rechtsradikale Gesinnung: 19-jähriger Azubi zu Geldstrafe und Arbeitsauflage verurteilt

Neuenmarkt/Kulmbach. Die ganze Familie stand unter Quarantäne. Klar, dass man das Ende gerne feiern möchte. Ein 19-jähriger Auszubildender aus Neuenmarkt schaute dabei etwas zu tief ins Glas. In Neuenmarkt stellte er sich an eine Straße, schlug die Hacken zusammen und zeigte vorbeifahrenden Autofahrern den Hitlergruß. Die fanden das ganz und gar nicht lustig und alarmierten die Polizei. Wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurde der junge Mann jetzt vom Jugendrichter zu einer Geldauflage von 200 Euro und zusätzlich zu 20 Sozialstunden verurteilt.

„Nüchtern hätte ich das nicht gemacht“, räumte der 19-Jährige vor Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner ein. Er sei nicht mehr bei Sinnen gewesen, weil er zuvor mit Freunden einen über den Durst getrunken habe. Hintergrund war, dass sich die gesamte Familie vorher zwei Wochen Corona-bedingt in Quarantäne begeben musste und just an diesem Tag das langersehnte Ende gekommen war. Darüber hinaus hatte der Angeklagte auch noch einen persönlichen Schicksalsschlag zu verkraften. Jede Form von Ausländerfeindlichkeit wies er strikt von sich.

Dummheit und Frustration, das alles kam dabei zusammen, sagte der Angeklagte, der erst im vergangenen Jahr wegen Diebstahls in zwei Fällen zu 65 Stunden unentgeltlicher Arbeit verurteilt wurde. Richter Berner bezeichnete den Hitlergruß als „direkten Weg, um mit den Strafverfolgungsbehörden in Kontakt zu kommen“. Nachdem der Azubi zur Tatzeit noch keine 21 Jahre alt war und damit dem Gesetz zufolge als Heranwachsender galt, sprach sich Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Kulmbacher Landratsamtes für die Anwendung des milderen Jugendstrafrechts aus. Alkohol, Frust und Protest, das alles spreche für ein jugendtypisches Verhalten.

Das sah auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft so. Der Anklagevertreter beantragte eine Arbeitsauflage von 40 Stunden oder wahlweise eine Geldauflage von 400 Euro. Der 19-Jährige sehe sich schließlich nicht zum ersten Mal mit der Justiz konfrontiert. Amtsgerichtsdirektor Berner entschied pragmatisch auf 20 Stunden unentgeltliche, gemeinnützige Arbeit und zusätzlich zu 200 Euro. Das Geld muss der Angeklagte innerhalb der kommenden drei Monate an die Geschwister-Gummi-Stiftung überweisen, die Arbeitsstunden binnen der nächsten vier Monate nach Weisung der gleichen Organisation ableisten.

Auch Berner sprach von Biographie-bedingten Reifeverzögerungen, hielt dem jungen Mann aber auch zugute, dass er den Vorfall bedauere und vor Gericht Einsicht und Reue gezeigt habe. Der Angeklagte habe sich zur Tatzeit in einer schwierigen und belastenden Lebenssituation befunden. „Wichtig ist es, dass hinter der Tat keine rechtsradikale Gesinnung steht“, sagte Berner. Das habe der Angeklagte glaubhaft belegen können.

Als Verurteilter mit eigenem Einkommen hat der Angeklagte neben der Geldauflage auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.

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06.11.2020

Crystaltütchen in den Pobacken / Drogen und Diebstähle: 29-jähriger Arbeiter aus Kulmbach verurteilt

Kulmbach. Wegen einer umfangreichen Straftatenserie muss ein 29-jähriger Arbeiter aus Kulmbach ein Jahr ins Gefängnis. Das Amtsgericht verurteilte den Mann wegen Hausfriedensbruchs, Drogenbesitzes, Diebstahls in mehreren Fällen und wegen des Führens einer unerlaubten Waffe. Insgesamt lagen gegen den 29-Jährigen acht verschiedene Anklagepunkte vor.

Alles in allem war es eher Kleinkriminalität, wegen der sich der Mann schuldig gemacht hatte. Eine Handyhülle, eine Speicherkarte und eine Unterhose bei Rewe, ein Paar Winterschuhe für seine Freundin bei Deichmann, zwei Laugenstangen bei Real oder ein Eis bei der Edeka: es waren in den einzelnen Fällen keine großen Beträge, trotzdem kam unterm Strich eine umfangreiche Diebstahlserie zusammen. Außerdem hatte der 29-Jährige den Edeka-Verbrauchermarkt am Goldenen Feld trotz Hausverbots betreten uns bei einer Kontrolle in einer Spielothek am Holzmarkt ein Tütchen Crystal und einen Teleskopschlagstock mit sich geführt, genauso wie ein verbotenes Einhandmesser bei einem der Ladendiebstähle.

Während der Hauptverhandlung räumte der damals von Hartz IV lebende Angeklagte die Taten ein. Er habe Hunger gehabt, aber keine Möglichkeit mehr an Geld zu kommen, deshalb habe er die beiden Laugenstangen geklaut. Eine davon sei für seine Freundin gewesen, die vor dem Markt wartete. Auch die Schuhe von Deichmann im Wert von 49,99 Euro seien für seine Freundin gedacht gewesen, allerdings hatte er auf der Flucht einen Schuh verloren, so dass auch dieser Anklagepunkt als völlig sinnlos gewertet werden muss.

Besonders schwer sollte ein Diebstahl wiegen, bei dem der Angeklagte ein verbotenes Einhandmesser einstecken hatte. Damit machte er sich des Diebstahls mit Waffen schuldig. Es sei ein handelsübliches Mehrzweckmesser gewesen, argumentierte der junge Mann, er habe nicht gewusst, dass dies verboten ist, schließlich sei das Messer doch frei verkäuflich. Doch nicht alles, was man kaufen kann, ist auch erlaubt, musste er sich vom Gericht belehren lassen. Nach dem Waffengesetz sein das Mitführen eines solchen Messers eindeutig verboten.

Ein kurioses Detail brachte der als Zeuge geladene Polizist ins Spiel, der den Angeklagten in der Spielothek am Holzmarkt kontrolliert hatte. Das Päckchen Crystal hatte der Angeklagte doch tatsächlich in seinen Pobacken versteckt. Außerdem führte er dabei auch einen Teleskopschlagstock mit sich. Als die Beamten den Angeklagten deshalb sicherheitshalber zur weiteren Überprüfung auf die Dienststelle mitnehmen wollten, gelang ihm die Flucht. Doch schon am nächsten Tag konnte der 29-Jährige im Umfeld der Dr.-Stammberger-Halle wieder geschnappt werden. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung stellten die Beamten ein weiteres Klappmesser, ein Tierabwehrspray und mehrere Injektionsspritzen sicher.

Größtes Problem für den Angeklagten waren seine zahlreichen Vorstrafen, meist einschlägig, also wegen Diebstahls oder Drogendelikten. Mehrfach musste er schon kurze Haftstrafen verbüßen. Der erste Ladendiebstahl der aktuellen Serie ereignete sich kurz nachdem er wieder einmal aus der Haft entlassen wurde.

Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, während Verteidiger Ralph Pittroff aus Kulmbach auf acht Monate plädierte. Richterin Sieglinde Tettmann blieb dazwischen bei genau einem Jahr. Obwohl der Angeklagte mittlerweile wieder eine Arbeit hat und so gesehen auf einem guten Weg ist, könne bei der Vielzahl von Taten, bei der hohen Rückfallgeschwindigkeit und den vielen Vortrafen keine Bewährungsstrafe mehr ausgesprochen werden. Wegen des Schlagstockes, im Fachjargon als Hiebwaffe bezeichnet, brummte die Richterin dem Angeklagten außerdem eine Geldbuße von 500 Euro auf. Während der Verhandlung wurde auch bekannt, dass gegen den Mann bereits eine weitere Anklage vorliegt. Diesmal hatte er mehrere Aschenbecher geklaut.

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05.11.2020

Schnaps und Champagner für über 2000 Euro geklaut / Videoüberwachung sorgte für schnellen Fahndungserfolg - Geldstrafe für den dritten Mann

Kulmbach. Dieser Ladendiebstahl war an Dreistigkeit kaum zu überbieten: drei Männer betraten den Edeka-Verbrauchermarkt am Goldenen Feld, wählten in der Spirituosen-Abteilung seelenruhig die edelsten und teuersten Schnäpse, Brände und Champagnersorten aus und fuhren mit zwei Einkaufswagen schnurstracks bei der Eingangstür wieder hinaus. Einfach so, ohne zu bezahlen. Einer aus dem Trio, ein 35-jähriger polnischer Staatsangehöriger aus Hamburg musste sich jetzt wegen Diebstahls vor dem Amtsgericht verantworten. Weil er nicht vorbestraft war und mittlerweile einer geregelten Arbeit nachgeht, kam er mit einer Geldstrafe von 85 Tagessätzen in Höhe von 25 Euro (2125 Euro) davon.

Erst wollte er den Diebstahl bestreiten und ließ über seinen Verteidiger Oskar Derkacz aus München eine entsprechende Erklärung verlesen. Dann legte das Gericht die DVD mit den Aufnahmen aus der Überwachungskamera ein. Auf dem Großbildschirm war praktisch die gesamte Tat aus verschiedenen Perspektiven gestochen scharf und in Farbe zu sehen. Eifrig füllten die drei Täter ihre beiden Einkaufwägen randvoll unter anderem mit 13 Flaschen vom teuersten Champagner, 42 Flaschen Jack Daniels und vielen weiteren alkoholischen Getränken im Gesamtwert von 2285 Euro. Danach spazierten die beiden anderen seelenruhig zurück Richtung Eingang, schlenderten durch die Obstabteilung und fuhren mit den Wagen unbemerkt von den Passanten einfach nach draußen. Der Angeklagte fungierte dabei als eine Art „dritter Mann“, der vorweg ging, und schaute, ob die Luft rein ist.

Die Polizei konnte aufgrund der hervorragenden Qualität der Aufnahmen die drei Ladendiebe schnell ermitteln. Dabei stellte sich auch heraus, dass gegen die drei in Wuppertal ebenfalls ein Verfahren wegen gemeinsamen Ladendiebstahls anhängig ist. Die Tatausführung dort war nahezu identisch, allerdings ließen die Männer dort ihre Wagen mit Waren im Gesamtwert von rund 1800 Euro stehen. Offenbar waren sie gestört worden.

Nach langem hin und her und einem ausführlichen Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen kamen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht überein, dass der Angeklagte die Tat doch zugibt und seinen Einspruch gegen einen entsprechenden Strafbefehl auf die Rechtsfolge beschränkt. Das heißt: Während in dem Strafbefehl noch von einer Geldstrafe mit über 100 Tagessätzen die Rede war, wurde ihm im Falle seines Geständnisses nun eine niedrigere Straße in Aussicht gestellt. Geldstrafen von unter 100 Tagessätzen erscheinen nicht im polizeilichen Führungszeugnis.

Der Vorfall tue seinem Mandanten sehr leid, er habe sich von seinem bisherigen Umfeld losgesagt und ein neues Leben beginnen, ließ er nun über seinen Verteidiger erklären. Staatsanwaltschaft und Verteidigung plädierten nun auf die letztlich auch verhängten 85 Tagessätze zu jeweils 25 Euro. Dabei kam unter anderem zur Sprache, dass der Mann nicht vorbestraft war, dass er jetzt angeblich auf dem rechten Weg sei und für Frau und Kinder zu sorgen habe. Nachweisbar wäre ihm die Tat auch so gewesen, sagte Richterin Sieglinde Tettmann während der Urteilsverkündung: „Der Angeklagte ist als der dritte Mann identifiziert“. Ob die beiden Mittäter schon verurteilt wurden, kam in der Verhandlung nicht zur Sprache.

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05.11.2020

Klamotten aus Container gefischt / Geldstrafen für Altkleiderdiebstahl: Pärchen aus Mainleus verurteilt

Kulmbach. Haarscharf am Gefängnis vorbeigeschrammt ist ein junger Mann aus Mainleus. Er hatte zusammen mit seiner Freundin auf dem Parkplatz eines Verbrauchermarktes zwei Pullover und drei Hosen von einem Altkleidercontainer entwendet und wurde deshalb wegen Diebstahls verurteilt.

Wenn die Staatsanwaltschaft deshalb eine Gefängnisstrafe beantragte, dann deshalb, weil der Hartz-IV-Empfänger zahlreiche Vorstrafen, einige davon einschlägig, also auch wegen Diebstahls, und weil er gleich zwei offene Bewährung hatte. Richterin Sieglinde Tettmann ließ es aber dann doch nicht so weit kommen und urteilte auf eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro. Seine Freundin, die ihm dabei half, die Kleidungsstücke zu nehmen, kam mit 60 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro davon.

Dabei ließ sich nicht einmal mehr klären, ob die Altkleider wirklich aus dem Container gezogen wurden, oder nur davor lagen. Die beiden Angeklagten sagten aus, dass die Sachen in Plastiktüten vor und neben dem Container lagen. Ein Paketdienstfahrer und Pizzaauslieferer, der die beiden beobachtet und bei der Polizei gemeldet hatte, wollte gesehen haben, wie die beiden die Kleidungsstücke aus dem Container gefischt haben.

Hintergrund der Tat war es, dass der Angeklagte erst kurz zuvor aus dem Gefängnis entlassen wurde und nichts zum Anziehen hatte. Er besaß auch kein Geld, so dass der Altkleidercontainer die einzige Chance war, an etwas zum Anziehen zu kommen. „Er hatte keine Klamotten, was hätten wir machen sollen“, sagte seine Freundin. Das Zeug sei auch schon recht abgetragen gewesen und hätte bereits kleine Löcher gehabt, so der Angeklagte. Also suchten sie sich einige Sachen aus und verstauten sie in einer mitgebrachten Stofftasche.

Keinesfalls aber hätten die Altkleider einen Wert von 60 Euro gehabt, wie es noch in der Anklage stand und wie es der Betreiber der Sammelfirma angegeben hatte. Am Ende einigte man sich auch zehn Euro. Nicht einmal die Polizei hatte sich m Zuge der Ermittlungen die Mühe gemacht, die Wohnung des Paares zu durchsuchen. „Aufgrund der Verhältnismäßigkeit hätte eine Wohnungsdurchsuchung keinen Sinn gemacht“, sagte der ermittelnde Polizist. „Außerdem hätten wir ja gar nicht gewusst, wonach wir suchen sollen.“

Wenn am Strafe doch relativ hoch ausfiel, dann wegen des Vorlebens der beiden. Der Angeklagte brachte es auf sechs, seine Freundin auf drei Vortrafen. Erst am 2. März wurde der Mann aus dem Gefängnis entlassen, der Altkleiderdiebstahl wird auf den 29. April datiert. Die Rückfallgeschwindigkeit sei damit schon enorm, waren sich Staatsanwaltschaft und Gericht einig. Der Angeklagte musste zuletzt einsitzen, weil er mit einer fremden EC-Karte fast 2500 Euro ergaunert hatte.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte wegen der drei Hosen und zwei Pullover eine Gefängnisstrafe von drei Monaten ohne Bewährung gefordert. Ob die Kleidungsstücke dabei wirklich aus dem Container gefischt wurden oder nur davor lagen, spiele dabei keine Rolle. Verteidiger Andreas Piel plädierte dagegen auf 50 Tagessätze zu jeweils zehn Euro.

Für Richterin Tettmann ging das Motiv für den Altkleiderdiebstahl in Richtung Notlage, weil der Angeklagte weder Kleidung noch Geld besaß. Sie stufte die letztlich ausgesprochene Geldstrafe von 900 Euro dennoch als notwendig ein, weil der Mann zwei offene Bewährungen hatte. Die Freundin des Mannes kam mit 600 Euro davon, denn die ausgewählten Klamotten waren ausnahmslos Kleidungsstücke für Herren.

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05.11.2020

Rasen mähen um Mitternacht / Angeklagter fuhr alkoholisiert mit dem Traktor: Geldstrafe wegen Trunkenheit im Verkehr

Kulmbach. Kein Führerschein, alkoholbedingt absolut fahruntüchtig und dann auch noch die Spuren eines Joints im Blut: so steuerte ein 38-jähriger Mann aus dem Landkreis am 28. Juni gegen Mitternacht seinen Rasenmähertraktor über eine Staatsstraße im Kulmbacher Oberland. Klar, dass die Polizei den Mann kontrollierte, zumal das Gefährt auch keine Beleuchtung hatte. Wegen Trunkenheit im Verkehr musste sich der Hilfsarbeiter jetzt vor dem Amtsgericht verantworten. Er wurde zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro verurteilt.

„Das war wirklich ein dummer Fehler“, sagte der von Hartz IV lebende Mann vor Gericht. Es sei ihm schon bewusst gewesen, dass er eigentlich nicht mehr fahren darf. Er habe allen Ernstes zu mitternächtlicher Stunde noch den Rasen eines Trainingsplatzes gemäht und musste im Anschluss daran, es war bereits wenige Minuten nach Mitternacht, rund 200 Meter am Rand der Staatsstraße entlang fahren. Ausgerechnet dabei kam ihm die Streife der Stadtsteinacher Polizei in die Quere.

„Als er uns sah, hat er schnell noch eine Flasche Bier in den Graben geworfen“, sagte der Polizeibeamte. Trotzdem musste er sich einem Alkoholtest unterziehen, denn der Geruch sei deutlich wahrnehmbar gewesen. Das Ergebnis lag bei 1,26 Promille. Doch damit nicht genug. Bei der anschließenden obligatorischen Blutprobe wurde auch noch festgestellt, dass der Angeklagte kurz zuvor Drogen konsumiert haben muss. Einen Joint bei einer Feier am Abend zuvor gab er zu.

Fast zum Verhängnis wurde dem Angeklagten sein umfangreiches Vorstrafenregister. Zehn Einträge waren dort seit 2005 verzeichnet. Darunter gleich mehrfach Drogendelikte, Betrügereien, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen. Immer wieder wurde der Angeklagte zu Geldstrafen verurteilt, einmal sogar zu einer Freiheitsstrafe, von der er einen Teil absitzen musste. Seinen Führerschein hatte er schon lange abgeben müssen, wegen seiner Drogensucht.

Damit sei aber schon lang Schluss, stellte der Angeklagte klar. Seit einer Therapie habe er keinerlei Probleme mehr mit Rauschgift. Zwei bis dreimal habe er auf Partys an einem Joint gezogen mehr nicht. Dummerweise auch an Abend des 28. Juni.

Eine wesentlich höhere als die letztlich verhängte Geldstrafe hatte die Staatsanwaltschaft gefordert. Der Anklagevertreter plädierte auf 90 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (1350 Euro). Mit 1,26 Promille sei der Angeklagte über der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit gewesen, dazu kamen die vielen, teils einschlägigen Vorstrafen.

Richterin Sieglinde Tettmann blieb mit den verhängten 700 Euro deutlich darunter. Der Angeklagte sei zwar absolut fahruntüchtig gewesen, habe aber nur eine mit 200 Meter extrem kurze Strecke zurückgelegt, noch dazu zu einer Uhrzeit, zu der kaum jemand unterwegs gewesen sei und darüber hinaus auch noch mit einer „selbstfahrenden Arbeitsmaschine“, wie der Rasenmähertraktor im Amtsdeutsch korrekt heißt. Mit einem Pkw oder gar einem Lkw wäre die Sache wohl anders ausgegangen. „Das Ganze war wirklich eine Schnapsidee“, so die Richterin.

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23.10.2020

Angeklagter legte kuriosen Auftritt hin / Kein Siegel auf der Ladung - Rechtmäßigkeit der Justiz angezweifelt

Kulmbach. Mit einem schwierigen Fall hatte es das Amtsgericht am Freitag zu tun. Eigentlich ging es lediglich um eine Zwangsvollstreckung nicht entrichteter Rundfunkgebühren in Höhe von 227 Euro. Dem Angeklagten aus dem Kulmbacher Landkreis, von dem weder Alter noch Beruf zu erfahren war, ging es aber vielmehr darum, alles und jedes anzuzweifeln, so dass Richterin Sieglinde Tettmann die Verhandlung nach wenigen Minuten wieder aussetzte.

Das begann schon vor der Verhandlung an der Einlasskontrolle. Dort weigere sich der Angeklagte den für alle, auch für Richter, Staatsanwälte, Wachtmeister und Gerichtspersonal, vorgeschriebenen Mundschutz aufzusetzen. Erst auf den dezenten Hinweis der Richterin hin, dass dies einem unentschuldigtem Fernbleiben gleichkomme, setzte der Mann seine Maske auf.

Doch damit noch lange nicht genug. Noch bevor die Richterin überhaupt zu Wort kam, zweifelte er lautstark die Rechtmäßigkeit der Ladung an. Diese sei nicht rechtskräftig, weil sie keine Unterschrift trage. Ersatzweise wäre der Angeklagte auch mit einem Siegel zufrieden gewesen. Nächster Streitpunkt war das Mobiltelefon des Mannes. Zuerst weigerte er sich, das Gerät auszuschalten, abnehmen ließ er es sich auch nicht. Ob er damit wirklich Videoaufzeichnungen im Gerichtssaal anfertigte, was streng verboten ist, blieb offen.

Dann zog der Mann seine nächste Trumpfkarte. Ob das Gericht überhaupt legitimiert sei, wollte er wissen, und ob Richterin Tettmann auch wirklich eine Legitimation als Richterin besitze, dafür wollte er einen Beweis sehen. Er selbst nahm es dagegen mit den Angaben zu seiner Person nicht so genau. Lediglich seinen Vornamen gab er an. „Ich bin nicht der, den sie aufgerufen haben“, verkündete er siegessicher. Der als Zeuge geladene Gerichtsvollzieher legte allerdings ein Lichtbild vor, aus dem zweifelsfrei hervorging, dass es sich um den Angeklagten handelt.

Im Stehen folgte er dann der Verlesung der Anklageschrift, in der es um die 227 Euro Rundfunkgebühren ging und um völlig undurchsichtige Forderungen seitens des Angeklagten an die Justiz. Da forderte er amtliche Nachweise über die Legitimation des Gerichtsvollziehers und jede Menge andere Dinge bis hin zur Gründungsurkunde des Staates, andernfalls, und da leitete sich dann auch der Vorwurf der versuchten Erpressung und Nötigung ab, forderte er einmal 500000 Euro, ein zweites Mal schon glatte fünf Millionen Euro.

Doch daraus wurde nichts. Auch nicht aus seiner Verteidigungsstrategie. Einen Befangenheitsantrag gegen ihre Person nahm Richterin Tettmann zur Kenntnis. Bis darüber entschieden ist, setzte sie die Hauptverhandlung aus. „Trotz alledem“, sagte der Angeklagte beim Hinausgehen in Richtung Richtertisch, „wünsche ich ihnen einen schönen Tag.“

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22.10.2020

Hitlergruß, Punkrock, Zechprellerei / 27-jähriger Techniker wegen Körperverletzung vor Gericht

Kulmbach. Eigentlich geht es nur um einen einzigen Faustschlag, doch der hatte es in sich. Ein 27-jähriger Techniker aus Kulmbach soll einen 38-jährigen Arbeiter mit der rechten Faust mitten ins Gesicht geschlagen haben. Das Opfer trug einen Nasenbeinbruch davon, wurde mit dem Krankenwagen zur Erstversorgung ins Klinikum gebracht und ein paar Tage später operiert. Drei bis vier Wochen lang dauerten die Schmerzen an.

Das Geschehen rund um den Faustschlag beschäftigte das Kulmbacher Amtsgericht mehrere Stunden lang. Das war von Kopfnüssen die Rede, von linksextremer Musik, von angeblicher Zechprellerei und von einem Hitlergruß. Schauplatz des Geschehens war die Spielothek Fly am Kressenstein. Am 22. Februar dieses Jahres feierte der Angeklagte dort mit zwei anderen Personen, während das spätere Opfer beim Ausschenken und Bedienen half und als eine Art DJ für die Musik zuständig war.

Die Musik war auch gleich der erste Streitpunkt zwischen dem 27-Jährigen und 38-Jährigen. Die Rede war von „linksextremer Musik“, die das Opfer später als Punkrock titulierte. Die Gruppe um den Angeklagten wollte das nicht hören und forderte andere Musik. Da sah das spätere Opfer die tätowierten Runen am Unterarm des Angeklagten und regte sich darüber aus. Ob die Beschimpfung „Nazi“ wirklich gefallen ist, konnte nicht geklärt werden. Jedenfalls will die Bedienung gesehen haben, wie der Angeklagte den Hitlergruß zeigte. Das Opfer selbst sah das nicht, will aber gehört haben, wie der Angeklagte „88“ rief, ein in bestimmten Kreisen bekannter Code für „Heil Hitler“, weil das „h“ der achte Buchstabe des Alphabets ist.

Doch damit nicht genug. Als die Gruppe um den Angeklagten die Spielothek verlassen wollte, forderte die Bedienung eine Bekannte des Angeklagten auf, ihre Rechnung zu begleichen. Ob es dabei um drei, neun oder 21 Euro ging, auch das konnte bislang nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Die Frau jedenfalls war der Auffassung bereits bezahlt zu haben, wobei das spätere Opfer angeblich die Tür nach draußen versperrte. Erst auf den Vorhalt hin, dass dies Freiheitsberaubung sei und man jetzt die Polizei rufe, habe der Mann wieder aufgesperrt.

Draußen im Freien ging der Streit weiter bis die Situation eskalierte und es zum dem verhängnisvollen Faustschlag gekommen sein soll. Ob die Faust wirklich flog, ist offen. Der Angeklagte äußerte sich in der Verhandlung nicht zu den Geschehen, sein Bekannter schilderte den Vorfall ganz anders. Das angebliche Opfer soll dem Angeklagten eine Kopfnuss verpasst haben, eine zweite habe der Angeklagte mit dem Ellbogen abgewehrt, daher auch die Verletzungen, so der Bekannte.

„Stimmt nicht“, so das Opfer. Der Angeklagte habe aufgezogen und ihm den Schlag verpasst. Seine Brille sei in hohem Bogen davongeflogen und er sei voller Blut gewesen. Von einer Kopfnuss könne dagegen überhaupt keine Rede sein. Die junge Frau, die der Zechprellerei beschuldigt wurde, will davon nichts mitbekommen haben. Sie habe erst am übernächsten Tag davon erfahren, da sie die Spielothek durch den Notausgang verlassen habe. Das wiederum steht im krassen Gegensatz zu anderen Aussagen, denen zufolge die Frau bei der Auseinandersetzung nicht nur dabei gewesen, sondern sogar der Grund für die Auseinandersetzung gewesen sein soll.

Weil mehrere solcher Widersprüche im Raum stehen und weitere Zeugen vernommen werden sollen, unterbrach Richterin Sieglinde Tettmann die Verhandlung und legte einen Fortsetzungstermin auf den 30. Oktober fest. Bis dahin sollen auch ein Plan der Spielothek und Fotos von der Örtlichkeit vorgelegt werden, damit alle Beteiligten den Ablauf des Geschehens besser nachvollziehen können.

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02.11.2020

Kopfnuss oder Faustschlag / Tathergang konnte nicht mehr geklärt werden: Verfahren gegen 27-jähriger Techniker wegen Körperverletzung eingestellt

Kulmbach. Eigentlich war es um einen Faustschlag gegangen, mit dem ein 27-jähriger Techniker aus Kulmbach einem 38 Jahre alten Arbeiter das Nasenbein zertrümmert haben soll. Was sich allerdings wirklich am 22. Februar dieses Jahres im Umfeld der Spielothek „Fly“ am Kressenstein ereignet hatte, das konnte das Amtsgericht trotz zweier Verhandlungstage und trotz aufwändiger Einvernahme zahlreicher Zeugen nicht mehr klären. Das Verfahren gegen den 27-Jährigen wurde deshalb am Freitag kurzerhand eingestellt.

Der Angeklagte hatte im „Fly“ zusammen mit zwei anderen Personen gefeiert, während das spätere Opfer beim Ausschenken und Bedienen half und als eine Art DJ für die Musik zuständig war. Zuerst war man wegen der Musik in die Haare geraten, dann soll der 27-Jährige den Hitlergruß gezeigt haben, später soll eine Begleiterin des Angeklagten ihre Zeche nicht haben zahlen wollen.

Irgendwie waren in der Folge die Streithähne so aneinandergeraten, dass die Situation später im Eingangsbereich der Spielothek eskalierte. Ob seine Faust wirklich geflogen ist, blieb offen, denn der Angeklagte hatte sich während der Verhandlung und auch nicht während der polizeilichen Ermittlungen nicht dazu geäußert. Währenddessen schilderte sein Bekannter den Vorfall ganz anders. Das angebliche Opfer soll dem Angeklagten eine Kopfnuss verpasst haben, eine zweite habe der Angeklagte mit dem Ellbogen gerade noch abwehren können, daher auch die Verletzungen, so der Bekannte.

Davon könne keine Rede sein, so das vermeintliche Opfer. Der Angeklagte habe aufgezogen und ihm den Schlag verpasst. Seine Brille sei in hohem Bogen davongeflogen und er sei voller Blut gewesen. Sicher ist nur, dass das Opfer einen Nasenbeinbruch davon trug, so steht es auch im Notfallformular, des Klinikums, das Richterin Sieglinde Tettmann am zweiten Verhandlungstag verlas. Der 38-Jährige wurde mit dem Krankenwagen zur Erstversorgung ins Klinikum gebracht und ein paar Tage später operiert. Drei bis vier Wochen sollen die Schmerzen angedauert haben.

Was die Wahrheitsfindung so schwierig machte, fassten alle Beteiligten am zweiten Verhandlungstag noch einmal zusammen. Nahezu alle Beteiligten und damit auch alle Zeugen waren alkoholisiert, zudem bestätigten sämtliche Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten dessen Version, während die Zeugen aus dem Umfeld des Opfers dessen Tathergang bestätigten. Damit stand Aussage gegen Aussage, eine Aufklärung ist da kaum mehr möglich. Obwohl der Angeklagte bereits mehrfach, unter anderem auch wegen Körperverletzungsdelikten, vorbestraft war, einigten sich alle Beteiligten darauf, der Sache nicht weiter auf den Grund zu gehen und das Verfahren ohne Auflagen einzustellen.

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20.10.2020

Gesicht mit Glasscherbe aufgeschlitzt / Bluttat in der Oberen Stadt: 29-jähriger Mann wegen gefährlicher Körperverletzung zu Bewährungsstrafe verurteilt

Kulmbach. Das hätte auch anders ausgehen können: Mit einer abgebrochenen Bierflasche war ein 29-jähriger Mann im Juni des vergangenen Jahre in der Oberen Stadt auf einen 35 Jahre alten Kontrahenten losgegangen und hatte ihn dabei schwer verletzt. Das Opfer erlitt zentimeterlange Schnittwunden im Gesicht, am Arm und an der Hand. Noch am nächsten Tag sollen die Blutlachen im Bereich zwischen Apotheke und Cafe Roberts zu sehen gewesen sein. Jetzt bekam der 29-Jährige vor dem Amtsgericht die Quittung dafür: er wurde zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Damit ist es für den Hartz-IV-Empfänger aber noch lange nicht getan. Er muss 2500 Euro Schmerzensgeld an das Opfer, 600 Euro Bewährungsauflage an eine gemeinnützige Organisation und die Kosten des Verfahrens bezahlen.

Angeblich sollen der Tat Beleidigungen und Provokationen voraus gegangen sein. Er habe sich gedemütigt und bedroht gefühlt, sagte der Angeklagte, der in Berlin lebt und nur zu Besuch in Kulmbach war. Auch will er als Flüchtling tituliert und als Ausländer beschimpft worden sein, was beides allerdings gar nicht zutrifft.

Für Provokationen gab es während der mehrere Stunden andauernden Verhandlung keine Hinweise. „Das erscheint uns schon ein wenig konstruiert“, sagte Richterin Nicole Allstadt am Ende bei der Urteilsbegründung. Vielmehr sei es wohl so gewesen, dass der junge Mann Anschluss gesucht habe, ihm von der Gruppe des späteren Opfers aber unmissverständlich und wohl auch nicht gerade im freundlichsten Tonfall klar gemacht wurde, dass er sich schleichen soll.

Daraufhin rastete der Angeklagte komplett aus. Mit Schuld daran ist auf jeden Fall der Alkohol, denn die Blutentnahme ergab später einen Wert von rund zwei Promille. Sicher ist auch, dass der Angriff mit der Flasche nur um Haaresbreite eine Blutarterie verfehlte und der Schnitt im Gesicht nahe der Schläfe beinahe ins Auge gegangen wäre. Der mögliche Verlust des Augenlichts war für das Opfer jedenfalls gar nicht so abwegig.

Der Aussage eines der Beteiligten zufolge hatte der Angeklagte schon zuvor in der Kneipe gestänkert und vom Aufschlitzen mit einer Glasscherbe gefaselt. „Ich dachte das wär ein Witz“, sagte der 37-jährige Zeuge aus Kulmbach. Kurze Zeit später, das Pina hatte gerade geschlossen, gab es dann tatsächlich einen solchen verhängnisvollen Angriff. „Wir haben ihn mehrmals aufgefordert, uns in Ruhe zu lassen“, sagte das Opfer. Dann sei alles ganz schnell gegangen und das Blut sei nur so gespritzt. Wegen der schweren Verletzungen sei er mit dem Notarztwagen ins Klinikum gebracht worden. Zwei der Wunden wurden genäht, zehn Tage war er krankgeschrieben, sogar eine Tätowierung am Unterarm wurde zerstört. Ein Polizist soll noch zum Opfer gesagt haben: „Sie sehen aber übel aus.“

Eine noch weitergehende Strafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Grund dafür: Der Angeklagte war bereits einschlägig, also wegen Körperverletzung vorbestraft. Auf Bewährung könne sie deshalb plädieren, weil der Angeklagte zum 1. November einen Arbeitsvertrag als Citylotse für Berlin-Touristen in der Tasche hat und weil er sozial eingeordnet lebt. Nebenklagevertreter Frank Stübinger forderte im Namen des Opfers ein Jahr auf Bewährung, ebenso Verteidiger Ralph Pittroff. Beide hatten sich zuvor im Zuge eines Adhäsionsverfahrens darauf geeinigt, dass der Angeklagte dem Opfer 2500 Euro Schmerzensgeld zahlen muss. Beim Adhäsionsverfahren können zivilrechtliche Ansprüche gleich im Strafverfahren mit entschieden werden.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt urteilte schließlich auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monate wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Gericht hielt dem Angeklagten unter anderem zu Gute, dass er von Beginn an alles zugegeben, sich aufrichtig beim Opfer entschuldigt hatte und, dass er alkoholbedingt enthemmt gewesen sei. „Einen auch nur ansatzweise Recht zu fertigenden Grund für den Angriff gab es freilich nicht“, sagte Allstadt, die außerdem als Bewährungsauflage die Zahlung von weiteren 600 Euro an die medizinische Nothilfeorganisation German Doctors festsetzte.

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07.10.2020

Drogen in der Packstation / 20-jähriger Azubi zu Geldauflage und Sozialstunden verurteilt

Kulmbach. Gleich zweimal hatte ein 20-jähriger Auszubildender aus Kulmbach Drogen aus dem Darknet bestellt. Beide Male handelte es sich um Marihuana, in beiden Fällen waren es jeweils über 40 Gramm. Vor dem Jugendrichter musste der junge Mann dafür jetzt die Quittung kassieren. Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner verurteilte ihn wegen versuchten Erwerbs von Drogen in zwei Fällen zu einer Geldauflage von 900 Euro und zu 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Zusätzlich muss der junge Mann Termine bei der Suchtberatung wahrnehmen und die Kosten des Verfahrens tragen.

Im Juni des vergangenen Jahres waren es 45,5 Gramm, im März dieses Jahres 42,5 Gramm Marihuana. Woher die Drogen genau kamen, blieb offen. Sicher ist, dass sie in die Packstation beim Real geliefert wurden. Angeblich habe der Angeklagte ein Teil davon verkaufen wollen, um einen Gewinn zu erzielen, doch das konnte letztlich nicht bewiesen werden. Nicht mehr ins Gewicht sollte fallen, das der Azubi bei sich zuhause auch noch ein Gramm Marihuana aufbewahrte.

Der 20-Jährige machte zunächst keine Angaben, was bedeutet hätte, dass bei einem dann notwendigen Fortsetzungstermin ein ermittelnder Polizeibeamter aus Sachsen gehört hätte werden müssen. Der Sachbearbeiter von der Polizei in Kulmbach berichtete von einer Wohnungsdurchsuchung und von der Beschlagnahme der Post an den jungen Mann. Im zweiten Fall war die Polizei dann schneller an der Station und konnte das Rauschgift, verpackt in kleinen Tüten als erste in Empfang nehmen. Der Name des Absenders war natürlich ein Fantasiename, weitere Ermittlungen seien in dieser Hinsicht ergebnislos geblieben, so berichtete der Beamte.

Nach langem Hin und Her und einigen Besprechungen ließ der Angeklagte dann doch über seinen Verteidiger erklären, dass er die Vorwürfe einräume, machte darüber hinaus aber auch weiterhin keine Angaben. Allerdings war er dann doch kein so unbeschriebenes Blatt, wie zunächst vermutet. Bereits im Augst 2018 war er schon einmal mit einem Haschischbrocken in der Tasche erwischt worden. Damals sah die Staatsanwaltschaft noch von einer Strafverfolgung ab.

Ihm gegenüber habe der Angeklagte glaubhaft geäußert, dass er in Sachen Drogen einen Schlussstrich gezogen habe, sagte Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Landkreises Kulmbach. Der junge Mann lebe sozial angepasst, habe sein Abi in der Tasche, mache eine Ausbildung und habe eine konkrete Lebensplanung. Trotzdem sprach sich Fürst für die Anwendung des wesentlich milderen Jugendstrafrechtes aus, weil er längst noch nicht auf eigenen Füßen stehe und in das elterliche Umfeld eingebunden sei.

Für eine Arbeitsauflage von 120 Stunden hatte sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft ausgesprochen. Der Anklagevertreter wollte über die Suchtberatungstermine hinaus auch eine regelmäßige Abstinenzkontrolle und die Einziehung des Laptops, was letztlich für das Gericht aber doch nicht in Frage kam. Verteidiger Volker Beermann aus Bayreuth plädierte auf die letztlich auch verhängte Kombination von Geldauflage und Arbeitsstunden, deren Höhe er offen ließ.

Der Angeklagte muss nun die gegen ihn verhängten 900 Euro binnen eines Zeitraums von vier Monaten an die Jugendsozialarbeit der Geschwister-Gummi-Stiftung überweisen. Im gleichen Zeitraum muss er ebenfalls nach Weisung der Stiftung die 30 Arbeitsstunden ableisten. Die Aufarbeitung der Drogenproblematik beim Angeklagten sah Richter Berner noch nicht abgeschlossen. Deshalb schickte er den Angeklagten auch zur Drogenberatung. Seinen Laptop darf er allerdings behalten.

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02.10.2020

Street Art oder Sachbeschädigung / 25-jähriger Kulmbacher soll für Schmierereien im Stadtgebiet verantwortlich sein – Prozess wurde vertagt

Kulmbach. Ein 25-jähriger Auszubildender aus Kulmbach soll für zahlreiche Schmierereien im Stadtgebiet verantwortlich sein. Dabei geht es um besprühte und bemalte Gegenstände wie Verteilerkästen und Zigarettenautomaten sowie Gebäude, Türen, Tore und Wände in Unterführungen. Ob es der Angeklagte allerdings wirklich war, das steht noch lange nicht fest. Das Gericht muss dazu erst eine ganze Reihe weiterer Zeugen hören. Die Verhandlung wurde deshalb auf den 23. Oktober vertagt.

Nach Recht und Gesetz muss die Täterschaft des jungen Mannes für jede Einzeltat zweifelsfrei feststehen. Davon ist man meilenweit entfernt, denn alles, was man bislang Belastendes hat, ist eine Sprühdose, die der Angeklagte mit sich führte, sowie zahlreiche Dosen und Farben, die bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt wurden.

Sein Mandant sei durchaus jemand, der das macht, sagte Verteidiger Alexander Schmidtgall. Graffitis seien nämlich auch legal möglich, in Bayreuth etwa oder am neuen Wohnort des Angeklagten. Auch ein Zeuge, ein Kumpel des jungen Mannes, bestätigte, dass der Angeklagte sich durchaus für Hip-Hop und Street Art interessiere, und da gehörten die Graffitis zweifellos dazu.

Der Verteidiger bemängelte auch, dass die Polizei „schlampig ermittelt“ habe. So hätten sich die Beamten auf bestimmte Schriftzüge konzentriert und überall im Stadtgebiet, wo sie ähnliche Züge fanden, hätten sie es dem Angeklagten zugerechnet. „Locke Nr. 19“ lautet einer dieser markanten Schriftzüge, gemeint ist damit ein in bestimmten Kreisen bekannter Rapper aus Berlin.

Was die einen Street Art nennen, bezeichnen die anderen als üble Schmierereien und als Sachbeschädigung. Am Tor eines Anwesens in der Oberen Stadt hatte der Eigentümer nun schon zum zweiten Mal damit zu kämpfen. Die sachgerechte Beseitigung durch einen Malerfachbetrieb koste ihm jedes Mal 150 Euro, sagte der Mann vor Gericht.

Der Angeklagte selbst sagte gar nichts und schwieg während der gesamten Verhandlung. Laut Staatsanwaltschaft geht es unter anderem um besprühte Bahnunterführungen am Bahnhof und an der Weinbrücke, um Verteilerkästen und Trafohäuschen am Goldenen Feld und in der Luitpoldstraße sowie um besprühte Zigarettenautomaten, Mülleimer und Hinweisschilder in der Hardenbergstraße und in der Melkendorfer Straße. Allein bei der Unterführung Weinbrücke wurde der Schaden auf rund 5000 Euro beziffert. Insgesamt beläuft sich der Schaden auf einen fünfstelligen Bereich.

Auf den Angeklagten gekommen waren die Ermittler durch einen Zeugen, der zusammen mit dem Angeklagten am Baggersee bei Mainleus die Hinterlassenschaften einer Grillparty im Gebüsch entsorgen wollte. Der Mann hatte sich das Kfz-Kennzeichen der Müllsünder notiert und der Polizei gemeldet. Bei ihren Ermittlungen waren die Polizisten dann auch auf eine Farbsprühdose gestoßen, die zweifelsfrei dem Angeklagten zugerechnet werden konnte. Ganz in der Nähe war am gleichen Tag eine Unterführung frisch besprüht worden.

Nun will das Gericht die beiden Begleiterinnen der Männer hören, die Familie des Zeugen und die polizeilichen Ermittler. Zweifelhaft fest steht dagegen, dass der Angeklagte auch noch rund eineinhalb Gramm Marihuana und nochmal eineinhalb Gramm Marihuana-Tabak-Gemisch in seinem Besitz hatte. Das Rauschgift fanden die Ermittler in seiner Wohnung. Den Besitz der Drogen räumte der Angeklagte unumwunden ein.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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23.10.2020

Graffitis, Farbdosen und Müll / Obwohl ihm nur eine Tat nachgewiesen werden konnte: 25-jähriger Azubi verurteilt

Kulmbach. Wegen Sachbeschädigung und unerlaubten Besitzes von Drogen hat das Amtsgericht einen 25-jährigen Auszubildenden zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (900 Euro) verurteilt. Laut Anklage sollte der Mann für zahlreiche Schmierereien im Stadtgebiet verantwortlich sein. Übrig blieb nach zwei Verhandlungstagen aber nur ein einziges Graffiti in einer Unterführung an der Pillauer Straße nahe Neuseidenhof. Alle anderen Graffitis und Schmierereien konnten dem Angeklagten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Ursprünglich ging es um eine ganze Reihe von besprühten und bemalten Gegenstände wie Verteilerkästen und Zigarettenautomaten sowie Gebäude, Türen, Tore und Wände in Unterführungen. Neben beschmierten Bahnunterführungen listete die Staatsanwaltschaft auch mehrere Kästen und Trafohäuschen am Goldenen Feld und in der Luitpoldstraße sowie besprühte Zigarettenautomaten, Mülleimer und Hinweisschilder in der Hardenbergstraße und in der Melkendorfer Straße auf.

Ein Urteil setzt allerdings voraus, dass die Täterschaft des Angeklagten für jede Einzeltat zweifelsfrei feststeht. Doch davon war das Gericht trotz zweier Verhandlungstage und einer Vielzahl von Zeugen weit entfernt. An belastenden Indizien hatte man am Ende lediglich mehrere Sprühdose, Schablonen und weitere Utensilien, die bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt wurden.

Dabei hatte der 25-Jährige nie in Abrede gestellt, dass er sich für Hip-Hop und Street Art interessiere, und dass er sich in der Szene als Graffiti-Künstler verstehe. An vielen Orten, unter anderem in Bayreuth, aber auch an seinem neuen Wohnort Dresden sei dies an vielen Stellen ja auch legal möglich.

Auf den Angeklagten gekommen waren die Ermittler durch einen Zeugen, der zusammen mit dem Angeklagten nahe der Unterführung bei Neuseidenhof die Hinterlassenschaften einer Grillparty im Gebüsch entsorgen wollte. Der Mann hatte sich das Kfz-Kennzeichen der Müllsünder notiert und der Polizei gemeldet. Bei ihren Ermittlungen waren die Polizisten dann auch auf eine Farbsprühdose gestoßen, die zweifelsfrei dem Angeklagten zugerechnet werden konnte. Ganz in der Nähe war am gleichen Tag eine Unterführung frisch besprüht worden.

Eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (1500 Euro) hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft gefordert. Wenn der Angeklagte nur wegen einer einzigen Tat bestraft werden könne, so mag dies nicht der Weisheit letzter Schluss sein, so der Anklagevertreter. Gleichwohl sei es trotz aller Ermittlungen nicht gelungen, dem Angeklagten die Taten wirklich nachzuweisen. Das sah auch Verteidiger Alexander Schmidtgall so, der eine niedrigere Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je zwölf Euro (960 Euro) beantragte.

Unterm Strich blieb Richterin Sieglinde Tettmann auch darunter und entscheid auf 900 Euro. Es reicht einfach nicht, ein paar Spraydosen zu besitzen, um den Angeklagten zu verteilen. Somit habe kein Tatnachweis erbracht werden können. Vermutlich wird der Angeklagte der Deutschen Bahn als Eigentümerin der Unterführung auch den entstandenen Sachschaden für die Reinigung der Unterführung in Höhe von 2000 Euro ersetzen müssen.

Wenn der Angeklagte nicht nur wegen der Sachbeschädigung, sondern auch wegen Drogenbesitzes verurteilt wurde, dann deshalb, weil er bei der Wohnungsdurchsuchung rund eineinhalb Gramm Marihuana und nochmal eineinhalb Gramm Marihuana-Tabak-Gemisch in seinem Besitz hatte.

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30.09.2020

21-jähriger Schläger muss zweieinhalb Jahre ins Gefängnis / Mitangeklagter Azubi kam mit Dauerarrest davon

Kulmbach. Wegen mehrerer Straftatenserien muss ein 21-jähriger Kulmbacher für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Der junge Mann hatte mehrere Schlägereien angezettelt und seine Opfer dabei teilweise heftig verletzt. In das Urteil einbezogen wurde eine Vorstrafe von zwei Jahren, ebenfalls wegen Schlägereien, aber auch wegen Sachbeschädigungen, Hausfriedensbruch, Beleidigungen und Bedrohungen. Diese Strafe sitzt der Angeklagte bereits in der Justizvollzugsanstalt Ebrach ab. Zum Prozess vor dem Jugendschöffengericht wurde er in Fußfesseln vorgeführt. Ein mitangeklagter ebenfalls 21-jähriger Auszubildender, der bei einer der Schlägereien ebenfalls nicht gerade zimperlich zugelangt hatte, wurde zu 100 Arbeitsstunden verurteilt.

Beide wollten einem anderen ohne nachvollziehbaren Grund eine heftige Abreibung verpassen. Sie trafen sich bei der Wohnung des Opfers in Kulmbach, zettelten einen heftigen Streit an, ließen Fäuste sprechen und gingen am Ende mit einem abgebrochenen Stuhlbein auf den Mann los. Er erlitt heftig blutende Verletzungen am Kopf und erhebliche Schmerzen. Zu weiteren Schlägereien, an denen aber nur der Haupttäter beteiligt war, kam es auf dem Real-Parkplatz, in einer Wohnung in der Hans-Hacker-Straße und vor einer Kneipe in der Oberen Stadt. Dort hatte der Mann auch die Eingangstür zum Lokal Pina eingetreten und dabei einen Sachschaden von 2000 Euro verursacht. Bei nahezu allen Vorfällen war der Mann erheblich alkoholisiert.

Über seinen Verteidiger Ralph Pittroff ließ der 21-jährige Hauptangeklagte alles einräumen. Das war nicht selbstverständlich, hatte Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner doch insgesamt 13 Zeugen geladen. Durch das Geständnis konnte auf alle verzichtet werden. Bei einer Vernehmung hätte die Verhandlung wohl bis in die Abendstunden gedauert.

Der Verteidiger betonte allerdings auch, dass sämtlichen Schlägereien wechselseitige Streitgespräche, gegenseitige Beleidigungen und Streitereien vorausgegangen waren. Ein wenig relativierte der Verteidiger auch den Tatbeitrag seines Mandanten. Wenn von einem Faustschlag die Rede sei, könne es auch nur eine Watschn gewesen sein, beim Tritt gegen die Eingangstür des Pina scheint die Tür wohl schon zuvor einen Riss gehabt zu haben, so der Anwalt. Alles in allem übernehme sein Mandant allerdings die Verantwortung.

Damit wäre der 21-Jährige im Normalfall wohl locker mit einer Bewährungsstrafe aus dem Sitzungssaal gegangen, wenn da nicht seine, trotz des jungen Alters, so umfangreiche Vorstrafenliste wäre. Sie reichte von Pöbeleien im Fritz-Einkaufszentrum bis hin zum Zeigen des Hitlergrußes auf dem Kulmbacher Weihnachtsmarkt. Immer wieder hatte er auch wehrlose Schüler am ZOB provoziert und verprügelt. Richter Berner sprach von einer „massiven und breitgestreuten Straffälligkeit über einen längeren Zeitraum hinweg“. Deswegen wurde der 21-Jährige im vergangenen Jahr auch zu zwei Jahren verurteilt. Zunächst auf Bewährung, doch weil der junge Mann die Bewährungsauflagen in keinster Weise erfüllte, wurde er im Februar festgenommen, seitdem muss er die Strafe in Ebrach absitzen.

Die letztlich auch verhängte Haftstrafe von insgesamt zweieinhalb Jahren hatte bereits Staatsanwalt Jan Köhler in seinem Plädoyer gefordert. Er nannte das Vorstrafenregister des Angeklagten „beeindruckend, natürlich im negativen Sinne“. Verteidiger Pittroff hielt dagegen zwei Jahre und vier Monate für ausreichend. „Sie haben alle Chancen gehabt“, sagte Richter Berner zum Angeklagten. Auffällig sei, dass es immer nur um Kleinkriminalität gehe. Schwerkriminalität sei bislang ausgeblieben, jedoch sei der Angeklagte von einem straffreien Leben weit entfernt.

Der mitangeklagte Azubi kam mit 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach näherer Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung davon. Er war nur bei der ersten Schlägerei dabei und, wie es dessen Verteidiger Andreas Piel ausdrückte, „eine Randfigur des Tatgeschehens“. Trotzdem hatte sich Staatsanwalt Köhler beim Mitangeklagten für einen Dauerarrest ausgesprochen.

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29.09.2020

Ende des Lockdowns mit einem Joint gefeiert / Geldstrafe und Arbeitsauflage gegen angehenden Studenten

Kulmbach. Es war nur ein Joint, aber auch der ist, aus gutem Grund, verboten. So ganz scheint sich das bei jungen Leuten noch immer nicht herumgesprochen zu haben. Weil er 0,7 Gramm Marihuana mit sich geführt hat, ist ein 20 Jahre alter angehender Stundet aus Kulmbach zu 100 Euro und zehn Stunden gemeinnützige Arbeit verurteilt worden.

Er habe sich etwas gönnen wollen, räumte der 20-jährige freimütig vor Gericht ein. Zusammen mit einigen Freunden hatte er sich am Nachmittag des 12. Mai an der Kieswäsch getroffen, um die Aufhebung des Lockdowns zu feiern. Mit dabei: die Polizei, denn die Beamten fahren dort regelmäßig Streife. Zunächst hatte der Angeklagte noch versucht, das Päckchen mit dem Rauschgift verschwinden zu lassen, doch das half nichts, die Polizisten suchten das Umfeld genauestens ab. Dann verweigerte der junge Mann gegenüber der Polizei jegliche Aussage, aber auch das sollte nichts bringen, denn die Lage war eindeutig.

Bei der für Heranwachsende bis zum Alter von 21 Jahren obligatorischen Jugendgerichtshilfe gab er dann alles zu. Der junge Mann habe völlig naiv gehandelt, sagte Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Kulmbacher Landratsamtes. Weil der Angeklagte, sich im Chill-Modus“ befindend, jegliche Konsequenzen ausgeblendet hatte, fand letztlich auch das wesentlich mildere Jugendstrafrecht Anwendung.

Das Problem des jungen Mannes war es, dass er fast auf den Tag genau zwei Jahre zuvor schon einmal mit Rauschgift erwischt wurde. Obwohl es damals gleich 13 Fälle des unerlaubten Erwerbs waren, kam er mit der Einstellung gegen eine Arbeitsauflage von 60 Sozialstunden davon. Zwei Jahre lang habe er absolut nichts mehr genommen, erklärte der er dem Richter. „Ich komme gut aus ohne Raschgift“, sagte er und zeigte sich geläutert. Die jetzige Gerichtsverhandlung habe ihm jetzt noch „den finalen Schubser“ gegeben. Er habe jetzt daraus gelernt und trinke halt lieber mal ein oder zwei Bier, wenn es etwas zu feiern gibt.

Eine doppelt so hohe Geldauflage und doppelt so viele Arbeitsstunden, wie später ausgesprochen, beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Trotz eines soliden Lebenslaufes sei der Angeklagte dem Erwachsenenstrafrecht schon sehr nah, so der Anklagevertreter.

Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner entschied schließlich auf die 100 Euro zu Gunsten der Geschwister-Gummi-Stiftung. In der gleichen Einrichtung muss der Angeklagte nun auch die Arbeitsstunden ableisten. Trotz einschlägiger Vorstrafe wollte sich der junge Mann einen „Luxuskonsum“ gestatten, sagte Berner. Eindringlich redete er ihm ins Gewissen: „Das nächste Mal geht es gravierender aus“. Sollte der Angeklagte nicht innerhalb von zwei Monaten zahlen, muss er mit Ungehorsamsarrest rechnen. Außerdem trägt er als Verurteilter auch die Kosten des Verfahrens.

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24.09.2020

Eigenes Auto aber kein Führerschein / Amtsgericht verurteilte notorischen Schwarzfahrer

Kulmbach. Einen derart notorischen Schwarzfahrer hatte das Kulmbacher Amtsgericht selten zu Gesicht bekommen: ein 55-jähriger Mann aus Rüdesheim brachte es auf 14 Vorstrafen, die meisten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, manchmal auch in Verbindung mit Trunkenheit am Steuer, nur vereinzelt war auch mal eine Unfallflucht oder ein anderer Tatbestand dabei. Mehrfach wurde er zu Geld- und Bewährungsstrafen, zuletzt immer wieder auch zu kleineren Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Doch das alles hielt ihn nicht davon ab, sich erneut hinters Steuer zu setzen und zusammen mit seiner Frau von seinem Wohnsitz im Hessischen zu den Schwiegereltern ins Erzgebirge zu fahren.

Auf der A9 in Höhe von Marktschorgast war der Mann in eine Abstandskontrolle geraten. 25 Meter Abstand hielt er zum Vordermann bei einer Geschwindigkeit von knapp 130 Stundenkilometern eindeutig zu wenig. Als ihm die Behörden den Bußgeldbescheid zustellen wollten, flog die Sache auf.

Ja das stimmt sagte er vor Gericht. Leugnen wäre auch zwecklos gewesen, denn das Gericht hatte ein polizeiliches Beweisfoto vorliegen, auf dem der Angeklagte zweifelsfrei zu erkennen war. Außerdem handelte es sich um sein Fahrzeug. Das machte Richterin Sieglinde Tettmann stutzig. Warum er überhaupt ein Auto besitze, wollte sie wissen, das gehöre mittlerweile der Tochter, beschwichtigte der Mann. Die Tochter sei gerade dabei, den Führerschein zu machen

Der Besuch bei den Schwiegereltern fand allerdings nicht aus Jux und Tollerei statt. Vielmehr seien beide Elternteile schwer krank. Die Frau hatte eine Kopfoperation hinter sich, der Schwiegervater leide an Alzheimer, so dass die Fahrt tatsächlich notwendig war. Man hätte freilich auch die Bahn nehmen können, was der Angeklagte angeblich jetzt auch gerne macht.

Wäre es nach der Vertreterin der Staatsanwaltschaft gegangen, dann müsste der Angeklagte wohl bald eine Haftstrafe antreten. Die Anklagevertreterin hatte sieben Monate ohne Bewährung gefordert. Bei diesem Vorstrafenregister reiche eine Geldstrafe nicht mehr aus, sagte sie. Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach beantragte ebenfalls sieben Monate, allerdings mit Bewährung.

So lautete dann auch das Urteil, das Richterin Sieglinde Tettmann ausführlich begründete. Der Angeklagte habe alles zugegeben, auch dass er die extrem lange Fahrstrecke von 400 Kilometer zu den Schwiegereltern und zurück gefahren ist. Das hätte er so gar nicht zugeben müssen. Auch, dass es sich nicht um eine „Luxusfahrt“ gehandelt habe, rechnete die Richterin dem Angeklagten zugute. Sollte er noch einmal erwischt werden, müsse er gleich zwei offene Bewährungen absitzen, was eine längere Gefängnisstrafe bedeuten würde. „Dieses Risiko sollten sie nicht eingehen“, ermahnte sich den Angeklagten.

Damit der Mann den Ernst der Lage diesmal auch wirklich erkennt, setzte die Richterin noch eine ganze Reihe an Auflagen fest. So legte sie die Bewährungszeit auf ungewöhnlich lange fünf Jahre fest, drei Jahre davon stellte sie dem Angeklagten einen Bewährungshelfer zur Seite. Außerdem muss er  1000 Euro an den Bewährungshilfeverein „Fähre e.V.“ in Bayreuth überweisen. Bringt er, der von Sozialleistungen lebt, das Geld nicht auf, muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit nach näherer Weisung der „Fähre“ leisten. Wollte der Mann vielleicht doch noch den Führerschein machen, so darf ihm die Behörde nicht vor Ablauf von 18 Monaten eine neue Fahrerlaubnis erteilen.

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24.09.2020

Wegen einiger Getränkekisten: Haftstrafe gegen 23-Jährigen

Kulmbach. Von einer „Schnapsidee“ war mehrfach die Rede, auch wenn das Diebesgut vornehmlich aus Bierkästen, gefüllt mit Limonade und Cola-Mix bestand. Für einen 23-jährigen Mann aus Kulmbach hat diese „Schnapsidee“ jetzt aber böse Folgen. Er wurde am Donnerstag vor dem Amtsgericht in Kulmbach zu fünf Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Insgesamt wird er damit wohl zweieinhalb Jahre einsitzen müssen, denn der Hilfsarbeiter hatte noch eine offene Bewährungsstrafe von zwei Jahren wegen Besitz und Handel von Drogen.

„Einsperren oder nicht“, das war für Richterin Sieglinde Tettmann die große Frage. Eigentlich waren es nur einige Getränkekästen im Gesamtwert von knapp 150 Euro, die er zusammen mit einem Kollegen vom Gelände der Kulmbacher Brauerei in der Gummistraße entwendet hatte. Dafür kommt man eigentlich nicht ins Gefängnis. Doch der junge Mann hatte mehr auf dem Kerbholz. Schon 2017 wurde er wegen einer Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt, 2018 dann erstmals wegen einer Drogengeschichte und 2019 schließlich vom Landgericht in Bayreuth zu zwei Jahren wegen Drogenbesitzes und –handels in nicht geringer Menge und in einer Vielzahl von Fällen. Drei Jahre lang dürfe er sich jetzt nichts mehr zu Schulden kommen lassen, wurde er damals vor dem Richter in Bayreuth belehrt, aber keine drei Monate später kam es zum Diebstahl der Getränkekisten und damit wieder zu einer Straftat.

Noch dazu war der 23-jährige zusammen mit einem 46-jährigen Mann aus dem Landkreis über eine Zeitarbeitsfirma bei der Brauerei als Lagerhelfer beschäftigt. Irgendwann zwischen Weihnachten und Silvester 2019 waren die beiden zu mitternächtlicher Stunde auf die Idee gekommen, Limo- und Spezikästen für sich abzuzwacken und ins eigene Auto zu laden. Gesagt, getan: sie nahmen einen Hubwagen, luden auf, der Kollege fuhr damit zur Drehtür, der Angeklagte nahm die Kästen von außen entgegen und verstaute sie in seinem Wagen.

Nicht gerechnet hatten die beiden mit dem aufmerksamen Wachdienst. Er habe gleich einen Kollegen und schließlich die Polizei herbeigerufen. Der Kofferraum war voll, die Rücksitze des Fahrzeugs seien sogar umgeklappt gewesen und auf dem Hubwagen hätten weitere Kisten gestanden, sagte der Mann von der Security-Firma. Ob sie nicht ein Auge zudrücken könnten, wenn sie alles wieder zurückstellen, seien er und sein Kollege von den beiden gefragt worden, doch darauf hätten sie sich nicht eingelassen. In der Folge wurden beide Männer fristlos entlassen. Das Verfahren gegen den Kollegen wurde zwischenzeitlich gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.

Der Angeklagte äußerte zwar sein Bedauern über die Tat, versuchte sie aber damit zu relativieren, dass er bei seinem früheren Arbeitgeber ganz selbstverständlich jede Woche zwei Kästen habe mitnehmen dürfen. „Ich dachte, das wäre dort auch so“, sagte er. Warum er dann gleich das gesamte Auto noch dazu zu mitternächtlicher Stunde beladen hatte, ließ er offen.

Die letztlich auch verhängte Freiheitsstrafe von fünf Monaten hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gefordert. Grund dafür sei die ungünstige Sozialprognose aufgrund der hohen kriminellen Energie. Verteidiger Johannes Driendl aus Bayreuth beantragte dagegen eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu jeweils 1500 Euro. Sein Mandant stehe in Arbeit und sei sich sehr wohl bewusst, dass er das nicht hätte machen dürfen. Außerdem habe das gesamte Diebesgut sichergestellt werden können.

Dem folgte Richterin Tettmann nicht. Die bisherigen Verurteilungen, vor allem zuletzt die zwei Jahre auf Bewährung, seien beim Angeklagten ganz offensichtlich nicht angekommen. Anders könne man es sich nicht erklären, dass der junge Mann gemeinschaftlich handelnd so kurz nach seiner Verurteilung erneut straffällig wurde.

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22.09.2020

Drogen per Darknet / Joints in der Raucherrunde: 24-jährige zu einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung verurteilt

Kulmbach. Wegen zahlreicher Drogengeschichten hat das Schöffengericht in Kulmbach einen 24-jährigen Mann aus dem Landkreis zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. Zusätzlich muss der Arbeiter 1500 Euro als Geldauflage an die Kinder- und Jugendhilfe Oberfranken überweisen.

Wenn der Mann noch einmal mit einer Bewährungsstrafe davon kam, dann deshalb, weil er nicht vorbestraft war, von Anfang an alles zugegeben und mit der Polizei kooperiert hatte, und weil er den Drogen inzwischen abgeschworen hat. Um das zu überprüfen, ordnete die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt an, dass der 24-Jährige vier Mal jährlich zum Drogenscreening muss. Das heißt, der Amtsarzt wird ihn ohne Vorankündigung kurzfristig zum Haar- und Urintest einbestellen. „Wir möchten ein Auge darauf haben, ob sie ihr Versprechen wahr machen und sich wirklich von der Szene fern halten“, sagte die Richterin bei der Urteilbegründung zum Angeklagten.

Der junge Mann war eine zeitlange recht aktiv in der Drogenszene im Kulmbacher Land. Im Urteil ist allein von 20 Einzelfällen die Rede, in denen er vornehmlich Marihuana angekauft hatte. In weiteren Fällen hatte er das Rauschgift anderen überlassen, meist unentgeltlich. Was ihm zum Verhängnis wurde: zwei seiner Abnehmer in den Raucherrunden in einer Kneipe in Neuenmarkt waren noch nicht volljährig. Deshalb landete die Anklage auch vor dem Schöffengericht.

Vor Gericht räumte der Arbeiter alles ein. Über einen Bekannten sei er an Drogen gekommen, schon mit 15 oder 16 habe er erstmals konsumiert. „Neugierig war ich schon immer, und gedacht habe ich mir nichts dabei“, sagte er. Nach dem Tod seiner Großmutter, die für ihn die engste Vertrauensperson war, sei es dann schlimmer geworden mit den Drogen und er sei in ein komplettes Loch gefallen.

Drogen zu verkaufen, sei nie seine Absicht gewesen. In den Raucherrunden habe er meiste die eine oder andere Konsumeinheit anderen überlassen, einfach so, ohne großen Hintergedanken. Um an das Marihuana zu kommen, hatte er sich allerdings schon bemüht und beispielsweise über das Darknet bestellt. Ein anderes Mal gelangte er an die Drogen über einen Dealer mit dem Spitznamen „Stasi“. In drei Fällen probierte der Angeklagte auch mal harte Drogen aus und konsumierte Crystal.

Über eine Querverbindung zu einem anderen Konsumenten, der gerade aufgeflogen war, sei man zum Angeklagten gelangt, sagte der ermittelnde Polizeibeamte von der Kripo in Bayreuth. Nach dem Hinweis habe man mehrere Wochen lang seine Chat-Verläufe überwacht, eine Postbeschlagnahme und eine Telefonüberwachung durchgeführt, bis eindeutig bewiesen war, dass der Angeklagte sowohl konsumiert, als auch abgibt. Der Zugriff inklusive Wohnungsdurchsuchung erfolgte schließlich am 23. Januar dieses Jahres.

Eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie eine Geldauflage von 2500 Euro beantragte Staatsanwältin Anja Lettenbauer. Verteidiger Johannes Driendl aus Bayreuth plädierte auf ein Jahr und zwei Monate und eine entsprechend niedrigere Auflage. Sein Mandant habe sich redlich bemüht, um von den Digen wegzukommen, bereue seine Taten und habe von der Szene „die Schnauze voll“.

Das Gericht unter dem Vorsitz von Nicole Allstadt entschied auf ein Jahr und fünf Monate und auf 1500 Euro Geldauflage. Die Bewährung sei aufgrund der günstigen Sozialprognose möglich. Sie ergebe sich daraus, dass der junge Mann familiär integriert ist, einer Arbeit nachgeht und keine Vorstrafe hat. Künftig sollte der Angeklagte aber auf jeden Fall die Finger von den Drogen lassen, ermahnte ihn die Richterin. Andernfalls könne die Bewährung auch widerrufen werden und der 24-jährige müsste ins Gefängnis.

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08.09.2020

Kickboxangriff oder Fußtritt / 29-jährigem droht empfindliche Gefängnisstrafe – Junge Frau soll sexuell bedrängt worden sein

Kulmbach. Gab es einen heftigen Fußtritt gegen den Kopf einer wehrlos am Boden liegenden Person oder nicht? Vier Stunden lang ging das Schöffengericht in Kulmbach am Dienstag dieser Frage nach. Die Antwort blieb offen. Ein Fortsetzungstermin soll nun für Klarheit sorgen. Dann sollen drei Zeuginnen geladen werden, die zum jetzigen Verhandlungstermin nicht erschienen, unbekannt verzogen oder anderweitig nicht greifbar waren. Für den angeklagten 29-jährigen Schlosser der jetzt in Unterfranken lebt und damals in Kulmbach wohnte geht es um viel. Er hat zwei offene Bewährungen und müsste im Falle einer Verurteilung wegen des Fußtritts wohl insgesamt vier bis fünf Jahre ins Gefängnis.

Zu der Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und einem 22 Jahre alten Afghanen war es am 29. März gegen 23.30 Uhr in einer Spielothek am Kressenstein gekommen. Laut Anklage hat ihm der 29-Jährige zunächst heftig beleidigt, dann ins Freie gezerrt, ihm dort einen Faustschlag ins Gesicht verpasst und den am Boden liegenden gegen den Kopf getreten. Der junge Mann hatte heftige Verletzungen erlitten. Er wurde mit dem Notarzt ins Klinikum und dann weiter nach Erlangen gebracht, wo er in einer Spezialklinik zwei Mal im Gesicht operiert werden und zweieinhalb Wochen stationär verbringen musste. „Ich bin fast daran gestorben“, sagte das Opfer in seiner Zeugenaussage.

Der Angeklagte räumte die Auseinandersetzung und zumindest einen Kickboxtritt ein. Mehr sei aber nicht gewesen. Er habe sich bedroht gefühlt, weil der 22-Jährige von einem Messer gesprochen hatte. Er habe weder ein Messer dabei gehabt, noch von einem Messer gesprochen beteuerte dagegen das Opfer.

Schon über die Vorgeschichte der Auseinandersetzung gibt es zwei völlig verschiedene Versionen. Der Angeklagte sagt, dass der 22-Jährige auf der Toilette der Spielothek eine junge Frau bedrängt und ihr Geld für Sex geboten habe. Kein Wort wahr, sagt dagegen der 22-Jährige. Im Gegenteil: Er habe mitbekommen, wie der Angeklagte mit der Frau Sex hatte und das habe er den anderen berichtet, woraufhin der Angeklagte ausgerastet sei.

De zahlreichen geladenen Zeugen konnten sich eineinhalb Jahre nach dem Vorfall meist nicht mehr mit der notwendigen Sicherheit an das Geschehen erinnern. Einzig zwei junge Frauen aus Kulmbach, die gerade dort unterwegs waren, wollen deutlich gesehen haben, wie der 22-jährige gegen den Kopf getreten wurde. Identifizieren konnten sie den Angeklagten im Gerichtssaal allerdingen nicht mehr. Eine weitere Freundin hatte noch in ihrer polizeilichen Vernehmung unmittelbar nach der Tat von einem Tritt berichtet, konnte sich aber jetzt überhaupt nicht mehr daran erinnern. Ein Freund des Angeklagten konnte sich dagegen an gar keinen Schlag mehr erinnern, dafür aber noch ganz genau an die Drohungen des 22-Jährigen. Er habe ein Messer und werde gleich zustehen, soll der junge Mann lauthals verkündet haben.

Fest steht, dass der Angeklagte eine Drogenvergangenheit hinter sich hat und genau damals zur Tatzeit einen Rückfall erlitten habe. Grund dafür war die Trennung von seiner Freundin und der Rauswurf aus dem Elternhaus. „Ich habe ein Zeit lang auf der Straße gelebt“, sagte der Mann. Was er damit meinte: er war bei verschiedenen Drogenfreunden untergekommen und hat in den Tag gelebt. Nach seinem Umzug nach Unterfranken führe er wieder ein geregeltes Leben und unternehme alles, um sich von Kulmbach und den einstigen Drogenfreunden fern zu halten. Sowohl der Angeklagte als auch das Opfer waren zur Tatzeit erheblich akoholisiert.

Nun will das Gericht bis zum Fortsetzungstermin weitere Zeugen ausfindig machen. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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20.10.2020

Kickboxtritt bringt 29-Jährigen hinter Gitter / Urteil nach vier Verhandlungstagen: Opfer war zur falschen Zeit am falschen Ort

Kulmbach. Ein heftiger Kickboxtritt gegen einen 22 Jahre alten Mann hat einen 29-jährigen Schlosser jetzt hinter Schloss und Riegel gebracht. Nach vier Verhandlungstagen verurteilte ihn das Schöffengericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und elf Monaten ohne Bewährung. Doch damit nicht genug: Weil der Mann aus früheren Verurteilungen noch vier Bewährungsstrafen über zusammen vier Jahre und vier Monate offen hat, könnte der Angeklagte im für ihn ungünstigsten Fall für insgesamt über sechs Jahre eingesperrt werden.

Zu der Auseinandersetzung zwischen dem jetzt in Unterfranken und damals in Kulmbach lebenden Angeklagten und dem 22-Jährigenn war es am 29. März gegen 23.30 Uhr in und vor der Spielothek „Fly“ am Kressenstein gekommen. Der 29-jährige hatte sein späteres Opfer zunächst heftig beleidigt, dann ins Freie gezerrt und ihm dort den Kickboxtritt verpasst. Ursprünglich listete die Anklage noch einen Fußtritt gegen den Kopf des wehrlos am Boden liegenden Mannes auf, doch das konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

Sicher ist dagegen, dass der junge Mann heftige Verletzungen erlitten hatte. Er wurde mit dem Notarzt ins Klinikum und dann weiter nach Erlangen gebracht, wo er in einer Spezialklinik zwei Mal im Gesicht operiert werden und zweieinhalb Wochen stationär verbringen musste.

Der Angeklagte hatte während der vier Verhandlungstage den Kickboxtritt eingeräumt, mehr nicht. Er habe sich bedroht gefühlt, weil der 22-Jährige von einem Messer gesprochen hatte. Ob eine junge Frau aus der Spielothek davor tatsächlich vom späteren Opfer sexuell bedrängt wurde, auch das konnte nicht mehr geklärt werden, weil sich die zahlreichen geladenen Zeugen jetzt, eineinhalb Jahre nach dem Vorfall, meist nicht mehr mit der notwendigen Sicherheit an das Geschehen erinnern konnten. Selbst eine Videoaufzeichnung vom Geschehen im Eingangsbereich des „Fly“ brachte keine neuen Erkenntnisse. Allerdungs war darauf zu sehen, wie der Angeklagte immer wieder versuchte, die Kamera zu verdecken, um die Aufnahmen zu verhindern.

Staatsanwältin Eva Lettenbauer hatte n ihrem Plädoyer eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten gefordert. Die Anklagevertreterin ging davon aus, dass es zu dem zweiten verhängnisvollen Tritt gegen das wehrlos am Boden liegende Opfer gegeben habe. Immerhin hätten dies auch zwei zufällig vorbeikommende Zeuginnen so bestätigt. Anders Verteidiger Alexander Schmidtgall: Auch vier Verhandlungstage hätten die Einlassungen seines Mandanten nicht wiederlegen können. Der Verteidiger stützte sich dabei auf die Zeugen, die einen Tritt gesehen hatten und beantragte ein Jahr und vier Monate.

Das Schöffengericht unter Nicole Allstadt urteilte auf ein Jahr und elf Monate. Der Tritt gegen den am Boden liegenden sei nicht bewiesen. Gleichwohl könne aber auch der Kickboxangriff ausgereicht haben, um dem Opfer die schweren Verletzungen zuzufügen. Als Motiv nannte Allstadt Ärger und Frust des Angeklagten über seine eigene Lebenssituation, die von einer Drogenkarriere geprägt war. Dieser Ärger und dieser Frust hätten sich an jenem Abend eher zufällig an dem Opfer entladen. „Das Opfer war zur falschen Zeit am falschen Ort“, so die vorsitzende Richterin. Aufgrund der vierfach offenen Bewährung bedeute das Urteil für den Angeklagten nun eine wirklich Zäsur, sagte sie und gab dem Mann auf, sich um eine Drogentherapie zu kümmern, um der kommenden Haftstrafe wenigsten noch etwas Positives abgewinnen zu können.

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04.09.2020

Versicherungsverträge auf verstorbene Mutter abgeschlossen – Bewährungsstrafe gegen 34-Jährigen stand auf der Kippe

Kulmbach. Das war wirklich dreist: weil er selbst keinen Versicherungsvertrag mehr bekam, schloss ein 34-jähriger Berufskraftfahrer mehrere Policen über das Internet kurzerhand auf dem Namen seiner längst verstorbenen Mutter ab und zahlte die Beiträge nicht. Natürlich ist die Sache aufgeflogen und der Mann, der damals im Landkreis Kulmbach, heute im Landkreis Kronach lebt, musste sich jetzt vor Gericht verantworten. Obwohl er mehrfach einschlägig vorbestraft war, kam er nochmals mit einer Bewährungsstrafe davon. Wegen Computerbetrugs und Fälschung beweiserheblicher Daten in drei Fällen wurde der Mann zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Zusätzlich muss er 1500 Euro an die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ überweisen.

Er habe nie die Absicht gehabt, zu betrügen, sagte der Angeklagte vor Gericht. Vielmehr habe er sich n einer Notlage befunden. Irgendwie habe er ja auf die Arbeit kommen müssen. Doch auf normalem Weg habe er keinen Versicherungsschutz mehr erhalten, weil er so hoch verschuldet sei, dass er bereits eine eidesstattliche Erklärung abgeben musste. Um den Schufa-Eintrag zu umgehen, sei er dann auf die Idee gekommen, einmal den Namen seines Vaters, beim zweiten und dritten Mal den Namen seiner Mutter anzugeben. Der Vater lebte noch, wusste von den Versicherungen aber nichts. Die Mutter war allerdings bereits 2007 verstorben. Trotzdem funktionierte das Ganze erst einmal, Versicherungsschutz wurde gewährt, auch wenn zunächst kein Beitrag einbezahlt wurde.

Er habe seine eigene Kontonummer und auch sich als Fahrer angegeben, relativierte der Angeklagte seine Schuld. Außerdem seien sämtliche Beiträge in Höhe von zusammen rund 1000 Euro mittlerweile beglichen. „Ich weiß, dass das alles nicht richtig war“, gab der 34-Jährige zu.

Dabei war die Polizei dem Angeklagten eigentlich nur durch Zufall auf die Schliche gekommen. Irgendwie war man in der Kfz-Stelle des Landratsamtes darauf gekommen, dass bei dem Angeklagten kein Versicherungsschutz vorlag. Der zuständige Sachbearbeiter meldete den Verdacht auf einen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz der Polizei. Der Sachbearbeiter wollte den Angeklagten anhören, doch der antwortete nicht. Da forschte der Beamte nach und stellte fest, dass die Mutter des Mannes bereits 2007 verstorben war.

Das war freilich nicht der einzige Betrug im Leben des Angeklagten. Insgesamt hatte er zehn Vorstrafen und deshalb immer mal wieder kürzere Gefängnisstrafen absitzen müssen. Für den Vertreter der Staatsanwaltschaft kam deshalb keine Bewährungsstrafe mehr in Betracht. Er beantragte in seinem Plädoyer zehn Monate ohne Bewährung. Der Angeklagte sei massiv vorbestraft, meist einschlägig, also wegen verschiedener Betrugsdelikte, da könne man ihm keine positive Sozialprognose stellen.

Verteidiger Domenic Ipta aus Kulmbach widersprach dem entschieden. Sein Mandant habe sich in einer Notsituation befunden, weil er auf sein Auto angewiesen war. Außerdem habe sich das Leben seines Mandanten sowohl beruflich als auch privat mittlerweile komplett stabilisiert. Eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten sei deshalb als letzte Chance völlig ausreichend, so der Verteidiger.

Richterin Sieglinde Tettmann entschied auf acht Monate, allerdings mit Bewährung. Der Angeklagte habe für sie glaubhaft geschildert, dass er sein Leben jetzt im Griff habe. Der entstandene Schaden sei mittlerweile beglichen, außerdem habe der Angeklagte dem Gericht mit seinem Geständnis eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart. Gleichwohl sei die Bewährung schon auf der Kippe gestanden, sagte die Richterin. Neben der Geldauflage von 1500 Euro bekommt der Mann künftig auch einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt und er muss die Kosten des Verfahrens tragen.

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04.09.2020

Kulmbacher hielt Einsatzzentrale auf Trab – Geldstrafe gegen 29-Jährigen wegen Missbrauchs von Notrufen

Kulmbach. Insgesamt sechs Mal wählte ein 29-jähriger Mann aus Kulmbach am 10. Januar zwischen 23 und 24 Uhr aus Jux und Tollerei die Notrufnummer und täuschte eine Notlage vor. Dabei befand er sich weder in Gefahr, noch benötigte er Hilfe. Natürlich ist das Ganze strafbar, denn er blockierte nicht nur die Nummer der Einsatzzentrale, sondern setzte auch noch eine Streife der Polizei in Bewegung, die bei dem Mann zuhause nach dem Rechten sehen musste.

Vor Gericht hatte der Angeklagte keinerlei Erinnerung an den Abend. Ausschließen wollte er das geschehen ausdrücklich nicht. Er bedauere sehr, was ihm da passiert sein soll. Schuld daran könne nur der Alkohol sein. Tatsächlich war der Mann längst amtsbekannt, er befindet sich wegen schwerer Depressionen und posttraumatischer Belastungsstörungen in ärztlicher Behandlung und hatte bereits eine längere Alkohol-Therapie und mehrere Entzugsversuche hinter sich. Tatsächlich wurde an dem Abend bei ihm eine Blutalkoholkonzentration von fast zwei Promille festgestellt.

„Ein für den Angeklagten ganz normaler Wert“, sagte ein Beamter der Polizeiinspektion Kulmbach, der den Mann auch schon ganz anders erlebt habe. An jenem Abend habe dem Angeklagten aber nichts gefehlt, er sei quicklebendig gewesen, sagte der Polizist. In der Vergangenheit sei es bei ähnlichen Fällen freilich auch schon zu Widerstandshandlungen gekommen.

Mittlerweile sei er aber seit Monaten „trocken“, beteuerte der Angeklagte. Er trinke keinen Alkohol mehr und auch Drogen habe er abgeschworen. Ganz im Gegensatz zu früher, als er nicht nur Bier, Wein und Wodka, sondern auch Ecstasy und andere harte Drogen konsumiert hatte. Seinen letzten Rückfall in Sachen Alkohol datierte er auf April.

Richterin Sieglinde Tettmann verurteilte den Angeklagten wegen des Missbrauchs von Notrufen schließlich zu 70 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (700 Euro). Die gleiche Strafe hatte zuvor auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer beantragt. Die Tagessatzhöhe ist deshalb relativ niedrig, weil der Mann von Hartz IV leben muss. Auch wenn der Angeklagte binnen kürzester Zeit sechs Mal bei der Einsatzzentrale angerufen hatte, hielt ihm die Richterin zu Gute, dass er alkoholbedingt enthemmt gewesen sei, die Taten nicht abgestritten und Reue gezeigt habe.

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03.09.2020

Griff in die Ladenkasse kurz vor dem Burn-out / Letzte Chance: Verkäuferin aus Kulmbach kam noch einmal mit Bewährungsstrafe davon

Kulmbach. Der Griff in die Ladenkasse hätte eine Verkäuferin aus Kulmbach beinahe ins Gefängnis gebracht. Über 3600 Euro hatte die Frau auf diese Weise ihrem Arbeitgeber entwendet. Weil die Frau völlig überfordert war, sich allein gelassen fühlte und in einer psychischen Ausnahmesituation befand, kam die 39-Jährige noch einmal mit einer Bewährungsstrafe in Höhe von zehn Monaten davon. Sie muss außerdem 1000 Euro an die Aktion „Keine Macht den Drogen“ überweisen und den entstandenen Schaden, soweit noch nicht geschehen, wieder gut machen.

Nicht erst vor Gericht, auch schon während der laufenden Ermittlungen hatte die Frau ihre Taten in vollem Umfang eingeräumt. Ihr Arbeitgeber habe sie völlig allein gelassen, sie habe von Montag bis Samstag täglich zehn Stunden arbeiten müssen und habe dann nicht einmal die Überstunden bezahlt bekommen. Sie sei damals in ein tiefes Loch gefallen, ihr Privatleben sei völlig auf der Strecke geblieben und dann habe sie auch noch zu spielen begonnen. „Sie hat mit schon ein wenig leidgetan“, räumte sogar der ermittelnde Polizist in seiner Zeugenaussage vor Gericht ein. Trotzdem war der Frau die Sache furchtbar peinlich. „Ich schäme mich dafür“, sagte sie. Sie sei schon kurz vor dem Burn-out gestanden.

Das Problem der Angeklagten war es, dass sie nicht zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Schon mehrere Male wurde sie vor allem wegen verschiedener Drogengeschichten zu Geld- beziehungsweise Bewährungsstrafen verurteilt, zuletzt 2016 vom Landgericht in Coburg wegen Drogenbesitzes in 163 Fällen zu einem Jahr und zehn Monaten Haft sowie zur Unterbringung in einer Drogenklinik. Nachdem sie dort als clean entlassen wurde, setzte das Gericht den Strafrest zur Bewährung aus. Genau in dieser Bewährungszeit kam es jetzt zu den Diebstählen aus der Ladenkasse.

Doch selbst die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, in deren Anklage zuvor noch von gewerbsmäßigem Handeln die Rede war, beantragte die letztlich auch verhängte Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Die Angeklagte habe nicht aus Geldnot, sondern aus Überforderung gehandelt. Trotzdem dürfe man nicht den relativ hohen Gesamtschaden und das gewisse Ausmaß an krimineller Energie außer Acht lassen, das die Angeklagte an den Tag gelegt hatte. Eine Bewährungsstrafe sei jetzt die letzte Chance, so die Anklagevertreterin.

Verteidiger Werner Brandl wollte dagegen eine etwas geringere Strafe erreichen, weil die Tat eine klare Auswirkung der hohen psychischen Belastung seiner Mandantin gewesen sei. Darüber hinaus gab der Verteidiger zu bedenken, dass ein Monatslohn sowie das Geld für alle geleisteten Überstunden, die Rede ist von mindestens 100, einbehalten wurde. Der Schaden sei damit bereits beglichen, so die Verteidigung.

Richterin Sieglinde Lettmann blieb trotz der offenen Bewährung bei einer erneuten Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Neben der Geldauflage von 1000 Euro muss ihr die Angeklagte nachweisen, dass der entstandene Schaden tatsächlich als beglichen gilt. Der Frau wird außerdem auch weiterhin ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Sie muss vier Jahre lang jeden Wohnsitzwechsel melden und die Kosten der Verhandlung tragen.

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28.08.2020

Bierwochenbesuch mit Folgen / Zwei Männer aus Kulmbach wegen Angriff aus Polizisten vor Gericht

Kulmbach. Dieser Besuch der Bierwoche lief für zwei Kumpels aus Kulmbach gewaltig aus dem Ruder: Weil sein Bierkrug zu Bruch gegangen war, wollte ein 24-jähriger Mann seinem 44-jährigem Kumpel eins auswischen. Er rief am 28. Juli des vergangenen Jahres gegen halb zwei Uhr nachts bei der Polizei an und meldete, dass sich der Kumpel das Leben nehmen wollte. Weil die Geschichte plausibel klang, rückte die Polizei an und das Unheil nahm seinen Lauf.

Der Kumpel widersetzte sich mit Händen und Füßen seiner Festnahme und ging auf die Beamten los. Der 24-jährige hatte wohl spätestens zu diesem Zeitpunkt gesehen, was er angerichtet hatte und wollte seinem Kumpel zu Hilfe kommen. Auch er setzte sich tatkräftig zur Wehr und wollte die Festnahme verhindern. Doch das alles nützte nichts. Der 44-jährige wurde ins Bezirkskrankenhaus gebracht und musste dort einen kompletten Tag verbringen. Nun landeten beide vor Gericht, unter anderem wegen eines tätlichen Angriffs und wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Außerdem listete die Anklage eine ganze Reihe heftigster Beleidigungen auf.

Doch damit nicht genug. Schon bei der Motorradsternfahrt im April 2019 waren die beiden auffällig geworden. Sie rissen einen Absperrungspfosten aus der Verankerung und trugen in mit sich. Von der Polizei darauf angesprochen, wurden sie ausfällig, widersetzten sich der Feststellung ihrer Personalien und beleidigten die Beamten.

Vor Gericht räumte der 24-jährige alles ein. Schon vor dem Bierwochenbesuch habe man mit Bier und Eierlikör vorgeglüht. Im Zelt habe er dann bestimmt „vier, fünf, sechs Maß“ getrunken. Als durch irgendwelche Umstände sein Bierkrug zu Bruch gegangen war, habe er seinem Kumpel zunächst „eine verpasst“, dann sei er auf die Idee mit dem Anruf bei der Polizei gekommen, um ihm „eins reinzuwürgen“, wie er jetzt offen zugab.

Als er später gesehen habe, dass die Beamten ernst machen und den Kumpel mitnehmen, habe er ihn wieder befreien wollen. „Ich habe großen Mist gebaut“, bekannte der junge Mann kleinlaut. Er könne sich gar nicht erklären, warum er so überreagiert habe. Gleich am nächsten Tag sei er zur Polizei gegangen und habe die Sache richtig gestellt. Die Freundschaft der beiden hatte seit dem Vorfall erheblich gelitten.

Was den Vorfall bei der Sternfahrt anging, beharrte er allerdings darauf, dass die Polizeibeamten nicht uniformiert gewesen seien. Deshalb hätten er und sein Kumpel auf einen Dienstausweis bestanden, was die Beamten verweigert hätten. Warum sie überhaupt den Absperrpfosten aus der Verankerung gerissen hätten, wollte das Gericht wissen. „Wir waren beide betrunken“, lautete die Antwort.

Zur Aufklärung des Geschehens hörte das Gericht eine ganze Reihe von Polizeibeamten, die bei der Bierwoche, als auch bei der Motorradsternfahrt Dienst hatten und mit dem Geschehen konfrontiert waren. Es sei schon einer der gravierenden Einsätze des vergangenen Jahres gewesen, sagte ein Beamter der Bereitschaftspolizei aus Nürnberg. Die Suizidankündigung habe durchaus glaubhaft geklungen, deshalb habe man sämtliche Maßnahmen ergriffen. „Wir hatten ganz schön zu kämpfen, um die Situation in den Griff zu bekommen“, sagte ein weiterer Beamter der Bereitschaftspolizei aus Nabburg. Verbal seien die beiden schon sehr ausfallend gewesen, der 44-Jährige habe den kompletten Wortschatz ausgepackt, so der Polizist.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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27.08.2020

Geschubst, geschlagen und getreten / Opfer schweigt, Angeklagter ohne Erinnerung: 42-jähriger Kulmbacher wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht

Kulmbach. Weil er seine Freundin brutal vermöbelt haben soll, muss sich ein 42-jähriger Mann aus Kulmbach vor dem Amtsgericht verantworten. Unter anderem soll der Angeklagte der am Boden liegenden Frau mit voller Wucht ins Gesicht getreten haben.

Vor Gericht erlebten alle Prozessbeteiligten eine faustdicke Überraschung: Die Frau gab an, mit dem Angeklagten inzwischen verlobt zu sein. Sie konnte das sogar schlüssig erklären und hatte damit ein Aussageverweigerungsrecht. Der Angeklagte selbst beteuerte, alkoholbedingt keinerlei Erinnerungen mehr an den Vorfall zu haben. Also blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als die Zeugen zu vernehmen, doch die entscheidenden Zeugen waren nicht erschienen und teilweise sogar unbekannt verzogen. Nun wird die Verhandlung am 10. September fortgesetzt.

Der Vorfall soll sich am frühen Abend des 3. Januars vor dem Edeka-Markt am Goldenen Feld ereignet haben. Dort traf der Angeklagte auf seine Freundin. Laut Anklage schubste er sie unvermittelt zu Boden, schlug auf sie ein und trat mit den Füßen gleich mehrfach mit voller Wucht gegen ihren Oberkörper und gegen ihren Kopf.

Er habe „keinen Schimmer“ mehr, was den Vorfall betrifft, sage der Angeklagte und verwies auf seinen vorausgegangenen stundenlangen Alkoholkonsum. Tatsächlich stellten die Beamten eine Blutalkoholkonzentration von über 1,6 Promille fest. Erst später bei der Polizei will er erfahren haben, was er angestellt haben soll. Auch von Drogen war die Rede.

„Wir sind verlobt und wollen auf jeden Fall heiraten“, erklärte die 36-jährige Frau feierlich. Im Übrigen möchte sie ihre Anzeige zurückziehen. „Das geht nicht“, klärte sie Richterin Sieglinde Tettmann auf. Beim ursprünglichen Anklagepunkt der gefährlichen Körperverletzung habe die Staatsanwaltschaft ein öffentliches Interesse festgestellt. Die Verlobung und das daraus resultierende Aussageverweigerungsrecht musste das Gericht allerdings akzeptieren, nachdem Angeklagter und Opfer übereinstimmend das Datum ihrer Verlobung nennen konnten und beteuerten, bereits seit drei Jahren ein Paar zu sein. Den Verlobungsring hatte die Frau allerdings zwischenzeitlich schon wieder versetzt, weil sie Geld brauchte.

Keine richtige Erinnerung mehr an den Vorfall hatte ein 24-jähriger Zeuge, der in Fußfesseln aus dem Bezirkskrankenhaus vorgeführt wurde. Der Mann konnte sich lediglich an einen Beziehungsstreit erinnern. Alles andere hatte er von Dritten gehört.

Einer der Polizisten, die zuerst am Ort des Geschehens waren, meinte, dass die Frau keine sichtbaren schweren Verletzungen hatte. Er habe maximal eine Rötung im Gesicht der Frau feststellen können. Sie habe außerdem über Kopfschmerzen geklagt. Allerdings sagte der Polizeibeamte auch, dass der Angeklagte keinesfalls so betrunken gewirkt habe, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen sei.

In zwei weiteren Anklagepunkten muss sich der Angeklagte außerdem wegen Hausfriedensbruch verantworten. Er hatte sich einmal im Dezember, das zweite Mal im Februar im Gebäude des Kulmbacher Bahnhofs aufgehalten, obwohl er Hausverbot hatte. Das räumte er unumwunden ein. Ein Beamter von der Bundespolizei sagte aus, dass der Angeklagte sich regelmäßig mit einer Gruppe Gleichgesinnter am Bahnhof getroffen hatte, um Alkohol zu konsumieren. Mittlerweile habe aber die gesamte Gruppe Hausverbot, so dass sic h das Problem erledigt habe.

Bis zum 10. September will das Gericht nun den Aufenthaltsort der beiden Zeugen ausfindig machen, die der Verhandlung unentschuldigt fern geblieben waren. Außerdem soll eine weitere Zeugin vernommen werden, die den Fußtritt gegen den Kopf der Frau gesehen haben will.

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27.08.2020

Ohne Führerschein, aber mit Drogen: 39-jährige Frau zu hoher Geldstrafe verurteilt

Kulmbach  Diese Fahrt war so richtig teuer: Weil eine 39-jährige Frau aus dem Landkreis Bayreuth von Schwingen aus nach Bayreuth und wieder zurück gefahren war, obwohl sie schon viele Jahre lang keinen Führerschein mehr hatte, wurde sie vom Kulmbacher Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu jeweils 25 Euro (3000 Euro) verurteilt. Grund für die hohe Strafe war zum einen, dass bei der Fahrt auch Drogen im Blut der Angeklagten nachzuweisen waren, zum anderen, dass die Frau massiv vorbestraft war und sogar schon Haftstrafen verbüßen musste.

Vor Gericht gab die Frau alles zu und nannte einen Beziehungsstreit mit ihrem Ex-Freund als ausschlaggebend. Es sei eine schwierige Beziehung gewesen, der Mann habe sie sogar öfter geschlagen. Trotzdem habe man am 2. Februar dieses Jahres in Schwingen gemeinsam feiern wollen, dann war die Frau plötzlich auf die Idee gekommen, zu ihrer Freundin nach Bayreuth zu fahren. Der Ex-Freund rückte dazu sein Fahrzeug heraus, was ihm später ein Verfahren wegen Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis einbrachte, das inzwischen aber eingestellt wurde.

Als die Frau nach einer gewissen Zeit nicht zurück war, kam der Ex-Freund auf die glorreiche Idee, sein Fahrzeug als gestohlen zu melden. Die Polizei ging der Sache nach und stellte die Frau wenig später, es war bereits früher Morgen um 2.50 Uhr, an der Einmündung zur Bundesstraße B85 bei einer Verkehrskontrolle. Die Beamten rochen den Braten schnell, als sich die Frau bei der Angabe ihrer Personalien in Widersprüche verstrickte. Schnell gab sie zu, bereits seit 2007 keinen Führerschein mehr zu besitzen.

Sie habe nicht locker gelassen, bis er das Fahrzeug herausgerückt habe, berichtete der 43-jährige Ex-Freund. „Da hab ich ihr halt den Schlüssel gegeben“, sagte der Mann, der sich nicht so recht festlegen wollte, ob er damals noch mit der Angeklagte liiert gewesen sei. „Unsere Beziehung war eine On- und Off-Beziehung.“

Ursprünglich seien sie wegen eines ganz anderen Einsatzes in Schwingen gewesen, berichtete eine Beamtin der Polizeiinspektion Kulmbach. Dann sei es um das angeblich gestohlene Auto gegangen, doch auch diese Sache habe sich relativ schnell geklärt, nachdem man die Angeklagte kontrollierte.

Die Frau hatte seit 2002 bereits elf, teilweise massive Vorstrafen. Meist wegen verschiedener Drogengeschichten. 2011 wurde sie wegen des Erwerbs von Betäubungsmitten zu einem Jahr und zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Mittlerweile befindet sie sich in ärztlicher Behandlung und nimmt an einer Therapie teil.

Die Geldstrafe in der letztlich auch ausgesprochenen Höhe hatte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft gefordert. Die Umstände der Fahrt seien wirklich nicht gerade ideal gewesen, doch bei den erheblichen Vorstrafen, der langen Fahrtstrecke und der Tatsache, dass Drogen im Spiel waren, müsse die Strafe deutlich ausfallen.

Richterin Sieglinde Tettmann legte als zusätzliche Auflage fest, dass die Angeklagte vor dem Ablauf von weiteren zehn Monaten keinen Führerschein beantragen darf. Dies dürfte freilich nur auf dem Papier stehen, denn ohne Abstinenznachweis und ohne Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) bekommt die Angeklagte derzeit ohnehin keinen Führerschein mehr.

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21.08.2020

Nach Trunkenheitsfahrt: 27-Jähriger rastete komplett aus / Hohe Geldstrafe und Führerscheinsperre gegen Angeklagten aus dem Landkreis

Kulmbach. Diese Nacht ging für einen 27-jährigen Mann aus dem Landkreis völlig daneben. Zuerst wurde er mit fast 1,9 Promille Alkohol im Blut erwischt, danach schoss er völlig über das Ziel hinaus und widersetzte sich mit allen Kräften der Blutentnahme. Wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte hat ihn das Kulmbacher Amtsgericht jetzt zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (4400 Euro) verurteilt. Seinen Führerschein musste der Angeklagte längst abgeben, vor Ablauf von weiteren sechs Monaten darf er keinen neuen beantragen.

Mit diesem Urteil hat der Techniker noch Glück im Unglück, denn die ursprüngliche Anklage sah einen tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte vor. Dann hätte es keine Geldstrafe mehr gegeben, sondern eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten. Nach der Vernehmung aller drei beteiligten Polizeibeamten und des behandelnden Arztes stellte sich allerdings heraus, dass der 27-Jährige nicht gezielt zugetreten, sondern nur wild um sich gestrampelt hatte.

Trotzdem, die Vernunft ist dem Angeklagten in dieser Nacht völlig abhanden gekommen, wie es Staatsanwalt Stefan Hoffmann formulierte. Nach einer feuchtfröhlichen Feier am 26. Oktober des vergangenen Jahres im Kauernburger Schlössla machte ihm seine damalige Freundin Ärger. Deshalb war er mitten in der Nacht noch nach Stadtsteinach gefahren. Nicht auf der Bundesstraße, sondern auch der Ortsverbindungsstraße über Hummendorf. Weil dort nicht kontrolliert wird, wie er dachte.

Freilich fuhr die Polizei in dieser Nacht genau dort Streife. Als die Beamten den Alkoholgeruch wahrgenommen hatten, musste der junge Mann erst einmal blasen. Angesicht des Wertes von fast 1,9 Promille ging es weiter in die Stadtsteinacher Klinik. Kaum dort angekommen rastete der Angeklagte völlig aus. Er habe sich immer mehr hineingesteigert und sich sämtlichen Maßnahmen widersetzt, sagte einer der Beamten. Schon am Klinikeingang sei es losgegangen. Der Angeklagte habe sich allen Anweisungen wiedersetzt, sich gesperrt und mit Händen und Füßen gegen die Blutentnahme gewehrt. Zu zweit habe man ihn dann am Boden fixieren müssen, damit der Arzt zur Tat schreiten konnte.

Inzwischen war aus Kulmbach Verstärkung eingetroffen, denn auch seine Personalien gab der Angeklagte nicht preis und einen Ausweis hatte er nicht dabei. Also wurde der Mann zunächst zur Wache transportiert, wo er den Rest der Nacht in einer Ausnüchterungszelle verbringen musste. Auch das sei alles nicht reibungslos von statten gegangen. Hier habe er sich gegen alles gesträubt, so ein weiterer Polizeibeamter. „Hat er sich denn überhaupt irgendwann einmal beruhigt?“, wollte Richterin Sieglinde Tettmann wissen. „Eigentlich nicht“, antwortete einer der Beamten.

Der Angeklagte räumte vor Gericht die Alkoholfahrt unumwunden ein. Er habe sich so in Rage befunden, da sei ihm „alles wurscht“ gewesen. Getreten habe er nicht, er habe sich lediglich gegen die Blutentnahme wehren wollen, weil er Angst vor Spritzen habe. Sein Problem war es allerdings, dass er innerhalb der zurückliegenden zehn Jahre schon zwei Mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt wurde, dazu zwei Mal wegen Drogengeschichten und einmal wegen gefährlicher Körperverletzung. Erst wenige Wochen vor der jetzigen Trunkenheitsfahrt hatte er den Führerschein zurückbekommen, seit der Fahrt ist er wieder weg.

Das wird er nach dem jetzigen Urteil in den kommenden sechs Monaten auch noch bleiben. Staatsanwalt Hoffmann hatte sogar eine noch längere Sperre von einem weiteren Jahr gefordert. Er wollte auch eine noch höhere Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (6000 Euro). Verteidiger Olaf Schröder wollte dagegen überhaupt keine Sperrfrist mehr, schließlich sei der Führerschein schon so lange weg, außerdem werde sein Mandant über eine langwierige und kostspielige Medizinisch-Psychologische Untersuchung ohnehin nicht herumkommen. Der Anwalt plädierte außerdem auf eine Geldstrafe von nur 90 Tagessätzen.

Richterin Tettmann rechnete dem 27-Jährigen zugute, dass er nicht das mindeste beschönigt und alles zugegeben habe. Nachdem der Führerschein ja schon neun Monaten weg sei, reichten weitere sechs Monate völlig aus.

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14.08.2020

Ladendiebstahl: Knabbereien, Kakao und Katzenfutter geklaut / 53-jährige Frau soll auf Schuldfähigkeit untersucht werden

Kulmbach. Vielfache und massive einschlägige Vorstrafen, mehrfach geplatzte Bewährungen und immer wieder kurze Gefängnisstrafen: ein wenig ratlos wirkten alle Prozessbeteiligten bei einer Verhandlung wegen Diebstahl vor dem Amtsgericht schon. Angeklagte war eine 53-jährige Frau aus Kulmbach, die in einem Verbrauchermarkt am Goldenen Feld im Januar dieses Jahres Lebensmittel im Wert von exakt 17,82 Euro gestohlen hatte. Die Frau ging zu den Selbstbedienungskassen und zog einfach nur einen Teil der Waren über den Scanner. Käse, Knabbereien, Kakao, Müsli-Riegel, Obst und Gemüse steckte sie einfach so ein.

Im Laden war man dagegen längst auf die Frau aufmerksam geworden. Nicht nur, dass sie schon einmal dort beim Klauen erwischt wurde, sie habe sich auch sehr auffällig verhalten, sagte eine der Verkäuferinnen. „Die Vermutung hatten wir jedenfalls schon länger“, so die Verkäuferin. Sie sagte aber auch, dass die Diebin von Anfang an alles ohne Umschweife zugegeben hatte und sich sehr kooperativ zeigte. Ihre einzige Sorge habe ihren Hund draußen vor der Tür gegolten. Mittlerweile hat die Angeklagte ein lebenslanges Ladenverbot.

Bei einem Ersttäter würde die Sache wahrscheinlich gar nicht in einer Verhandlung vor Gericht landen. Anzeige, Fangprämie und Ladenverbot und die Sache wäre erledigt. Nicht aber bei der Angeklagten. Sie ist ganz offensichtlich eine notorische Diebin. 19 Vorstrafen listete Richterin Sieglinde Tettmann auf, seit den 1980er Jahren hatte sich die Angeklagte immer wieder strafbar gemacht, einige Male wegen Drogendelikten, meist wegen Ladendiebstahls. Anfangs gab es immer wieder Bewährungsstrafen, später dann Haftstrafen meist über mehrere Monate ohne Bewährung. Auch zwei Unterbringungen zum Drogenentzug hatte die Frau schon durchgestanden.

Es gebe nichts zu beschönigen, sagte ihr Verteidiger Alexander Schmidtgall. Seine Mandantin sei schwer psychisch krank, leide an schlimmen Depressionen, habe in einer schwierigen gewalttätigen Beziehung gelebt und hatte wohl auch sonst schon viel Schlimmes im Leben mitmachen und schwere Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Ihre Frustration bewältige sie durch die Diebstähle, so der Anwalt. Nötig hätte es die Angeklagte nicht, denn sie befinde sich sogar in einer Festanstellung und besitze eigentlich genug Geld zum Leben.

Die Angeklagte habe auch damals genug Geld dabei gehabt und schäme sich deshalb sehr, so ihr Bewährungshelfer, der ihr nach der letzten Tat im September 2017 zur Seite gestellt wurde. Damals hatte sie im gleichen Markt Tabletten, Pudding, Katzenfutter und Kartoffeln im Wert von 15 Euro geklaut und dafür vor Gericht zehn Monate auf Bewährung bekommen.

Auf Anregung der Verteidigung setzte Richterin Tettmann das Verfahren kurzerhand aus und entschied, einen medizinischen Sachverständigen beizuziehen. Der soll klären, ob die Frau zum Zeitpunkt der Tat überhaupt schuldfähig war oder ob ihre Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Außerdem soll der Mediziner feststellen, welche Kriminalprognose der Angeklagten zu stellen ist. Immerhin hatte sie sich zuletzt von ihrem gewalttätigen Partner getrennt, sich um eine Betreuung bemüht und einen Antrag auf betreutes Wohnen gestellt. Eine Freiheitsstrafe hätte man bei den Vorstrafen nicht mehr zur Bewährung aussetzen können, so die Richterin.

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13.08.2020

Freispruch für den Angeklagten: Viele Opfer aber kein Täter / Geburtstagfeier im Mainleuser Sportheim war aus dem Ruder gelaufen

Kulmbach/Mainleus. Wer ist Opfer, wer ist Täter? Stundenlang hat das Amtsgericht am Donnerstag versucht, herauszufinden, was sich genau bei einer heftigen Auseinandersetzung nach einer Geburtstagsfeier in den frühen Morgenstunden des 29. September 2018 beim Mainleuser Sportheim zugetragen hat. Der Angeklagte gab an, das eigentliche Opfer der Prügelei zu sein, die Zeugen hatten alle verschiedene Versionen des Tatgeschehens auf Lager und eines gemeinsam: mindestens ein, meist aber deutlich mehr Promille Alkohol im Blut. Am Ende stand ein Freispruch für den Angeklagten.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen den 35-jährigen Angeklagten aus Kulmbach lautete auf gefährliche Körperverletzung. Er soll einem 26-jährigen Studenten ein Bierglas gegen den Kopf geschlagen haben, so dass der Mann eine stark blutende Wunde am Ohr erlitt, die umgehend genäht werden musste. Doch damit nicht genug: einem 24-Jährigen soll er danach eine Bierflasche über den Kopf gezogen haben, so dass die Flasche in tausend Splitter zerbrach. Auch dieser junge Mann soll Verletzungen wie Schwellungen und Prellungen davongetragen haben.

Nichts davon sei wahr, sagte der Angeklagte. Ganz i Gegenteil: er sei von den anderen bedrängt, geschubst und zu Boden gebracht worden. Dann hätten die anderen auf ihn eingeschlagen und eingetreten. „Ich dachte, die bringen mich um“, sagte der Angeklagte unter Tränen. Er befindet sich seit dem Vorfall in ärztlicher Behandlung, ihm wurde bereits eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert.

Als dann noch einer rief: „Ich schlachte dich ab, du Schwein“, habe er vollends die Panik bekommen, nach irgendetwas gegriffen und damit wild um sich geschlagen. Das sei wohl die Flasche gewesen, mit der er einen anderen getroffen habe. Er habe noch nie solche Angst im Leben gehabt und habe sich noch nie so hilflos gefühlt, sagte der Angeklagte, dem es damals noch gelungen war zu flüchten und nach Hause zu rennen. Seitdem gehe er kaum noch unter Leute, so sehr habe ihn das Geschehen mitgenommen.

Unter den zahlreichen Beteiligten, die alle als Zeugen geladen waren, fand sich keiner, der den Angeklagten zu Boden gerissen, ihn geschlagen oder getreten haben will. Gegen einige von ihnen gab es zwar entsprechende Ermittlungsverfahren, doch die wurden alle wieder eingestellt. Nicht einmal über den Anlass für die Auseinandersetzung herrschte Einigkeit. Die einen wollen vorher gehört haben, dass der Angeklagte sich negativ über eine der jungen Damen geäußert habe, die anderen wollen zuvor „blöde Bemerkungen“ sowie „beleidigende und sexistische Kommentare“ gehört haben. Denkbar sei auch, dass der Angeklagte deshalb nicht in dem eigens bestellten Großraumtaxi mitfahren wollte oder sollte. Der Taxifahrer soll ihm den Zutritt verwehr haben, weil er noch eine Bierflasche in den Händen hielt.

Der 26-Jährige, der das Bierglas gegen den Kopf bekommen hatte und eine Platzwunde am Ohr erlitt, gab an, nicht zu wissen, ob er das dem Angeklagten zu verdanken habe. Er sei allerdings nicht auf den Angeklagten losgegangen. Ähnlich äußerte sich der 24-Jährige, der die Bierflasche abbekam. Er habe weder geschubst, noch geschlagen oder getreten, ja, er habe den Angeklagten „definitiv“ nicht einmal angefasst, beteuerte er. Auch die weiteren Zeugen hatten das Geschehen nur bruchstückhaft verfolgt, beziehungsweise konnten sich daran nicht mehr richtig erinnern. Sicher ist, dass Anwohner aufgrund des Lärmpegels auf die Straße gegangen waren und umgehend Polizei und Rettung verständigt hatten. Dem Taxifahrer dagegen war die Sache zu dumm, der fuhr mit seinem Kleinbus unverrichteter Dinge wieder davon.

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11.08.2020

Kein Geld, keine Arbeit, aber Hunger / 29-jähriger Kulmbacher wegen mehrerer Ladendiebstähle und anderer Straftaten zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt

Kulmbach. Wegen räuberischen Diebstahls und einer Reihe weiterer Straftaten hat das Schöffengericht in Kulmbach einen 29-jährigen Mann zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Der gelernte Maurer hatte unter anderem ein Fenster bei seiner Lebensgefährtin in der Oberen Stadt eingeworfen und dabei einen Schaden von 1000 Euro verursacht. Außerdem wurde er wegen mehrerer Ladendiebstähle verurteilt.

Kaffee, Zucker, Kaffeeweißer, eine Packung Rostbratwürste und ein Asia-Fertiggericht, das war die rund 18 Euro teure Beute, die der Angeklagte bei seinen Streifzug durch den Kulmbacher Netto-Markt machte. „Ich hatte weder etwas zu essen, noch zu trinken“, sagte er vor Gericht. Damals, Mitte 2019, habe er weder Geld noch eine Arbeit gehabt und sei zeitweise sogar obdachlos gewesen. „Hunger hat man ja trotzdem“, so der Angeklagte.

Verurteilt wurde er schließlich nicht nur wegen des Diebstahls, sondern auch wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Grund dafür ist, dass der 29-Jährige von einem Mitarbeiter des Marktes beobachtet wurde. Der Verkäufer hatte ihn lautstark aufgefordert, stehen zu bleiben, was der Angeklagte natürlich nicht tat. „Ich wollte nur schnell weg“, sagte er. Dummerweise stellte sich ihm ein 66-jähriger Rentner aus Trebgast in den Weg. Der Rentner hatte nach dem Ladendieb gegriffen und wurde dadurch zu Boden geschleudert. Viel sei dabei aber nicht passiert, er habe sich lediglich die Hüfte ein wenig geprellt. „Ich sehe die Sache von der sportlichen Seite“, sagte der 66-Jährige. Für ihn sei das alles längst Schnee von gestern. Gleichwohl war es dem Rentner zusammen mit dem Verkäufer des Markts zu verdanken, dass der Angeklagte dingfest gemacht werden konnte. So verfolgten sie ihn doch tatsächlich vom Markt bis zum Bergophor-Gelände, wo ihn beide schließlich stellen und der Polizei übergeben konnten.

Ein weiterer Diebstahl hatte sich im Februar dieses Jahres im Lidl-Markt in der Albert-Ruckdeschel-Straße ereignet. Hier ließ der Angeklagte zwei Packungen Fertiggerichte im Gesamtwert von 5,25 Euro mitgehen. Eine Verkäuferin hatte ihn erwischt, wie er die Ware in seinen Rucksack packte. Zur Wehr habe er sich damals nicht gesetzt. Vielleicht hatte er dazu auch keine Kraft mehr, denn auch damals sei er eigentlich obdachlos gewesen und habe bei einem Kumpel mehr gehaust als gewohnt.

Im führenden Verfahren war es darum gegangen, dass der Angeklagte am 22. Juni 2019 im Rentamtsgässchen ein Fenster mit einer Holzlatte eingeworfen und einen Schaden in Höhe von 1000 Euro verursacht hatte. Ein Polizist der in seiner Freizeitz gerade zufällig in der Oberen Stadt unterwegs war, hatte das beobachtet und sofort seine Kollegen gerufen. Als sie den Angeklagten festnehmen wollten, habe der sich nicht gerade kooperativ gezeigt, einen Platzverweis grob missachtet und sich schließlich mit Händen und Füssen seiner Fixierung widersetzt.

Zuvor habe es einen heftigen Beziehungsstreit gegeben, berichtete der Angeklagte. Als ihm seine Freundin nicht mehr in die Wohnung lassen wollte, sei das Ganze ausgeartet. Als ihn gleich drei Polizisten zu Boden drückten habe er sich zwar gewunden, nicht aber geschlagen oder getreten. Später stellte sich heraus, dass der Mann zwar nicht alkoholisiert, ein Drogentest aber positiv ausgefallen war.

Die beiden als Zeugen geladenen Polizisten bestätigten diese Version im Großen und Ganzen. Sie hätten lediglich kleinere Schürfwunden an den Knien und an den Ellenbogen erlitten. „Nichts Dramatisches“, wie es einer von ihnen ausdrückte.

Staatsanwalt Christoph Feulner hielt dem Angeklagten unter anderem sein vollumfängliches Geständnis, den geringen Wert des Diebesgutes sowie die geringfügigen Verletzungen der Opfer zu Gute. Da der Mann mittlerweile wieder eine Wohnung und eine feste Arbeitsstelle habe, plädierte er wegen räuberischen Diebstahls, vorsätzlicher Körperverletzung, und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auf eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Verteidiger Ralph Pittroff aus Kulmbach sah acht Monate auf Bewährung als ausreichend an, weil seiner Meinung nach zwar kein räuberischer sondern nur ein einfacher Diebstahl vorlag.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt sah zwar den Tatbestand des räuberischen Diebstahls erfüllt, hielt aber auch acht Monate für ausreichend. Zusätzlich dazu legte sie als Bewährungsauflage 800 Euro zu Gunsten der Kulmbacher Tafel fest.

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06.08.2020

Tumult beim Toilettenhäuschen / Bierfestschlägerei konnte vor Gericht nicht mehr aufgeklärt werden

Kulmbach. Für Verteidiger Karsten Schieseck war es eine „sehr typische Bierwoche mit sehr betrunkenen Akteuren“, für Richterin Sieglinde Tettmann war es ein derart „undurchsichtiges Geschehen“, dass sie das Verfahren gegen einen 28-Jährigen und seinen gleichaltrigen Kumpel, beide aus dem Landkreis Kulmbach, kurzerhand einstellte, obwohl draußen auf dem Gang noch fünf Zeugen warteten.

Vor dem Kulmbacher Amtsgericht ging es wieder einmal um eine Bierwochenschlägerei, die sich am 1. August des zurückliegenden Jahres gegen 0.30 Uhr zwischen Grünzug und Parkplatz Schwedensteg zugetragen haben soll. Die beiden Männer sollen der Anklage zufolge einen 49-Jährigen mit Faustschlägen verletzt und einen 42-Jährigen zu Boden gerissen und ihn mehrfach mit den Füßen getreten haben.

Was wirklich los war konnte allerdings nicht mehr geklärt werden. Zu betrunken waren alle Beteiligten, die vermeintlichen Opfer genauso wie die angeblichen Täter. Die einen hatten so um die zwei Promille, die anderen vier bis fünf Maß Bier. Da ist das Erinnerungsvermögen ein Jahr spöäter nicht mehr das Beste.

Eine Version war die, dass die beiden Jüngeren an den beiden älteren auf Höhe des Toilettenhäuschens vorübergingen und sich über deren Alkoholisierung lustig machten. Die ältere Generation vertrage wohl auch nichts mehr, so oder ähnlich soll ein flapsiger Spruch gelautet haben, der dann zur Eskalation geführt hatte, weil sich die beiden älteren Männer dadurch beleidigt gefühlt haben sollen.

Eine andere Version lief darauf hinaus, dass eines der „Opfer“ ein dringendes Bedürfnis erledigen wollte, das Toilettenhäuschen aber bereits geschlossen war. Als er daraufhin lauthals schimpfte sei er von vier Leuten „eingekesselt“ und geschlagen worden. Ob es wirklich vier Personen waren, oder doch nur die zwei Angeklagten und der Mann wegen seines Alkoholspiegels vielleicht doppelt sah, konnte ebenfalls nicht geklärt werden.

Auch die angeblichen Tritte gegen den Kopf waren plötzlich nicht mehr so sicher. Es könnten auch Schläge gewesen sein, sagte der 42-Jährige. Sicher war jedoch, dass der Mann mehrere Schürfwunden und blaue Flecken erlitten sowie einen Schneidezahn verloren hatte. Sein Kumpel meinte in seiner Zeugenaussage: „Es kann schon sein, dass ich etwas gesagt habe, aber nichts, was rechtfertigt, dass man zu viert auf mich losgeht“, so der 49-Jährige. Er hatte wohl einen heftigen Schlag in die Magengrube bekommen, der ihn daraufhin schwer zu schaffen machte.

Er glaube nicht, dass man bei dieser Lage an die Wahrheit rankommt, sagte Verteidiger Schieseck. Auch sie glaube nicht, dass man in dieser Sache groß weiterkommt, so Richterin Tettmann, die zuvor noch einmal alle polizeilichen Aussagen der übrigen Zeugen durchgegangen war und dabei ebenfalls zahlreiche Widersprüche feststellte. Leider sei es bei derartigen Schlägereien oft so, dass am Ende gar nichts rauskommt, bedauerte die Richterin. Weil die Sache so undurchsichtig ist, stellte sie das Verfahren gegen beide Angeklagte wegen Körperverletzung ohne Auflagen ein. Die Verfahrenskosten gehen nun zu Lasten der Staatskasse.

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06.08.2020

Aussage gegen Aussage: Rachefeldzug wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs / Gericht appellierte an Vernunft der Beteiligten und stellte Verfahren wegen Todesdrohungen ein

Kulmbach. Wenn vor Gericht Aussage gegen Aussage steht, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder, das Gericht klärt die Sache bis ins letzte Detail auf oder es stellt das Verfahren kurzerhand ein und appelliert an die Vernunft beider Parteien. Im Fall eines 52jährigen Mannes und seines 35 Jahre alten früheren Nachbarn, beide aus dem Kulmbacher Landkreis, entschied Richterin Sieglinde Tettmann auf letzteres. Alles andere hätte ein Ping-Pong-Spiel ohne absehbares Ende nach sich gezogen, oder, wie es die Richterin formulierte: „Eine weitere Beweisaufnahme würde die Situation nur verschärfen.

Dabei war der Anlass eigentlich völlig nichtig. Der 52-jährige Angeklagte wurde beschuldigt, zu später Stunde vor dem Wohnhaus des 35-Jährigen aufgetaucht zu sein. Dort soll er ihn herausgeklingelt haben, weil er ihn zur Rede stellen wollte. Als ihn der Jüngere abblitzen ließ, soll der Ältere Todesdrohungen gegen ihn ausgestoßen und mit einer Handbewegung signalisiert haben, dass er ihm bei nächster Gelegenheit die Kehle durchschneiden werde.

Nichts davon sei wahr, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Stephan Schultheiß aus Pegnitz ausrichten. „Der Tatvorwurf wird vollumfänglich bestritten“, so der Rechtsanwalt. Der Zeuge bestätigte dagegen die Vorwürfe. „Ich wollte nichts mit ihm zu tun haben und habe ihn weggeschickt, da hat er mit gedroht, dass er mich umbringen und mir die Kehle durchschneiden wird“, so der Mann.

Natürlich hat der Vorfall eine lange Vorgeschichte.  Der 35-Jährige wirft dem 52-jährigen vor, seine kleine Tochter in sexueller Absicht angefasst zu haben. Ein entsprechendes Verfahren wurde allerdings längst eingestellt, weil nichts bewiesen werden konnte. Seitdem erzähle der Zeuge überall im Ort herum, dass sich sein Mandant des sexuellen Missbrauchs an Kindern schuldig gemacht habe, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger ausrichten. Genau deshalb habe er ihn auch an jenem Abend zur Rede stelle wollen. „Der Angeklagte möchte schlicht und ergreifend seine Ruhe haben“, sagte Rechtsanwalt Schultheiß und warf dem Zeugen eine „Rachefeldzug“ gegen seinen Mandanten vor.

Ganz anders der Zeuge: Er habe früher viel für den Angeklagten getan und das sei nun der Dank dafür. Deshalb sei jetzt auch „Ende im Gelände“, so der Mann. Er sei sehr unglücklich darüber, dass das damalige Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs an seiner Tochter eingestellt wurde, sagte er und deutete damit an, dass er wohl noch immer daran glaube, dass an den Vorwürfen etwas dran sei. Schon früher sei der Angeklagte immer wieder aggressiv geworden und habe seine Exfrau der Lüge bezichtigt. Für seine Aggressionen sei der Mann ohnehin im ganzen Dorf bekannt, ließ der Zeuge kein gutes Haar am Angeklagten.

Nachdem Verteidiger Schultheiß bereits Beweisanträge angekündigt hatte und sich damit eine Verhandlung mit einer Vielzahl an Zeugen abzeichnete, die möglicherweise mehrere Tage dauern könnte, entscheid das Gericht in Einvernehmen mit Staatsanwältin Katrin Hecht und Verteidiger Schultheiß, das Verfahren ohne Auflagen einzustellen. Die weitere Beweisaufnahme würde alles nur noch schlimmer machen, sagte Richterin Tettmann und legte beiden Streithähnen ans Herz, sich künftig am besten aus dem Weg zu gehen.

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31.07.2020

Vollbremsung und Vogel gezeigt / Geldstrafe gegen 58-Jährige wegen Nötigung auf der A70

Kulmbach. Erst hat sie ein anderes Fahrzeug zu einer Vollbremsung gezwungen, dann zeigte sie dem Fahrer auch noch den Vogel. Jetzt hat das Amtsgericht in Kulmbach eine 58-jährige Frau aus Berlin zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (2000 Euro) verurteilt. Außerdem muss die Frau ihren Führerschein für vier Wochen abgeben.

Der Vorfall ereignete sich vor ziemlich genau einem Jahr am 1. August 2019 auf der Autobahn A70 in Fahrtrichtung Bayreuth. Nach der damaligen Baustelle im Gemeindebereich von Wonsees wollte ein 40 Jahre Mann aus dem Raum Würzburg mit seinem Sieben-Sitzer-Bus wieder Gas gebe, doch die 58-Jährige im Mercedes  vor ihm tat nicht der gleichen. „Möglicherweise war sie im Gedanken ganz woanders“, sagte der Mann. Ihm sei das jedenfalls so vorgekommen, zumal sie auch keine Anstalten machte, auf die rechte Spur zu wechseln.

Der Würzburger betätigte deshalb einmal kurz seine Lichthupe, was die Frau offensichtlich derart in Rage brachte, dass sie abrupt in die Eisen stieg und ihre Geschwindigkeit ohne Vorwarnung von geschätzt 120 Stundenkilometer auf etwa die Hälfte verringerte. „Das war schon echt heftig“, erinnerte sich die Freundin des Würzburgers vor Gericht. Im voll besetzten Sieben-Sitzer sei so einiges durcheinander geraten. Die Gurtstraffer hätten angeschlagen, der Kindersitz mit dem kleinen Sohn habe geknallt und alle Mitfahrer seien mächtig erschrocken.

Doch damit nicht genug. De Frau soll dem Würzburger auch noch den Vogel gezeigt haben. Zumindest habe sie mit dem Zeigefinger der rechten Hand eine entsprechende Bewegung in Richtung Kopf gemacht, so die Beifahrerin des Würzburgers, die geistesgegenwärtig ein Handyfoto vom Nummernschild der Angeklagten gemacht hatte.

„Ich bin wirklich mächtig erschrocken“, sagte der Würzburger. Sogar der achtjährige Sohn könne sich heute noch genau an das Auto der Frau erinnern, solch einen Eindruck muss das Geschehen auf das Kind gemacht haben. Die Angeklagte selbst machte in der Hauptverhandlung keine Angaben. Die Freundin des Würzburgers beschrieb aber exakt die auf der Anklagebank sitzende Frau als Fahrerin, so dass Verwechslungen nahezu ausgeschlossen waren.

Nachdem nun eine umfangreiche Beweisaufnahme mit Fortsetzungstermin und weiteren Zeugen im Raum stand, zogen sich Richterin Sieglinde Tettmann mit dem Verteidiger der Frau und dem Staatsanwalt erst einmal zu einer Besprechung zurück. Man einigte sich schließlich darauf, dass die Angeklagte ihren Einspruch gegen einen entsprechenden Strafbefehl zurückzog und auf die Rechtsfolge, also die Strafe beschränkte, was einem Geständnis entspricht.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft und Verteidiger Daniel Herbst waren sich einig, die Strafhöhe bei den bereits genannten 40 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro zu belassen, dafür aber das Fahrverbot von ursprünglich zwei auf einen Monat zu reduzieren. Hintergrund war, dass die Frau weder eine Vorstrafe noch einen Eintrag in ihrem Fahreignungsregister hatte. Offenbar habe sich die Angeklagte über die Lichthupe so sehr geärgert, dass sie dermaßen heftig reagierte, sagte Richterin Tettmann in ihrer Urteilsbegründung. Gefährlich sei die Sache allemal gewesen und teuer wird sie für die Angeklagte nun auch.

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24.07.2020

Geschlagen oder geschubst:  Ausraster kommt Angeklagtem teuer zu stehen / 43-jähriger Mann muss Schmerzensgeld zahlen und Arbeitsstunden ableisten

Kulmbach. Trotz der Einstellung des Verfahrens kommt ein Faustschlag am helllichten Tag auf offener Straße einem 43-jährigen Mann aus Kulmbach teuer zu stehen. Der gelernte Maschinenführer muss dem Opfer 600 Euro Schmerzensgeld zahlen, für dessen Rechtsanwalt aufkommen und 30 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Vor Gericht blieb der Angeklagte dabei, er habe nicht geschlagen, nur geschubst. Der Tatbestand der Körperverletzung ist damit aber trotzdem erfüllt.

Die Ursache für den Ausraster des 43-Jährigen ist völlig banal und kommt tagtäglich zigfach vor. Ein Nachbar hatte das Innere seines Pkw am Straßenrand gereinigt und dabei die hintere Tür offen gelassen. Während alle anderen Autos einfach etwas langsamer daran vorbeifuhren, blieb der Angeklagte stehen und hupte mehrfach. Dann stieg er aus, packte den Nachbarn und schlug ihn ohne Vorwarnung mit der linken Faust ins Gesicht. Der Geschädigte, ein 25-jähriger Servicetechniker, erlitt Prellungen und musste eine Woche lang mit heftigen Kieferschmerzen fertig werden.

Der Nachbar habe ihn mit unflätigen Worten beleidigt, deshalb habe er ihn geschubst, nicht aber geschlagen, sagte der Angeklagte. Der Nachbar sei völlig aggressiv geworden und habe wild in der Gegend umhergestikuliert, weil er nicht an der geöffneten Tür vorbeifuhr. Von einem Faustschlag könne aber keine Rede sein.

„Doch, doch, es war definitiv ein Faustschlag“, beteuerte der Nachbar in seiner Zeugenaussage. Alle anderen Fahrzeuge seien trotz der geöffneten Türe vorbeigefahren, nur der Angeklagte nicht. Der habe zuerst gehupt, dann sei er ausgestiegen, habe ihn an der Kapuzenjacke gepackt und „schon hatte ich die Faust im Gesicht“, so der 25-Jährige. Der Angeklagte soll sogar lautstark gerufen haben: „Willst du noch eine?“ Beleidigungen von seiner Seite schloss der Zeuge aus. Er habe sich nicht einmal gewehrt, nur die Hände schützend vors Gesicht gehalten. Dann habe er die Polizei gerufen und Anzeige erstattet.

Ursprünglich hatte der Geschädigte 1000 Euro Schmerzensgeld gefordert. Er kurz nach dem Vorfall sogar in der Notaufnahme des Klinikums, wo ihm die Kieferprellung attestiert und ein Schmerzmittel verabreicht wurde. Das Gericht entschied am Ende auf 600 Euro, legte aber auch fest, dass der Mann die Kosten der Nebenklage, die Rede ist von weiteren rund 500 Euro, sowie zusätzlich die Gerichtskosten zahlen muss. In Raten versteht sich, denn der Angeklagte ist derzeit auf Arbeitssuche.

Weil sich der Angeklagte letztlich aber dann doch einsichtig zeigte und zumindest zugab, dass er, egal ob Faustschlag oder Schubser, falsch reagiert habe, stellte Richterin Sieglinde Tettmann in Einvernehmen mit Staatsanwältin Janina Leinhäupl das Verfahren ein. Der Angeklagte hat Glück, denn er gilt damit nicht als vorbestraft. Allerdings muss er 30 Stunden gemeinnützige Arbeit nach näherer Weisung des Bewährungshilfevereins „Fähre e.V.“ ableisten.

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22.07.2020

Verkehrsunfall mit schwerwiegenden Folgen / Harley-Fahrer wurde zum Pflegefall – Verursacher schweigt

Pegnitz/Bayreuth. Ein schwerer Verkehrsunfall am 28. Mai 2018 auf der Bundesstraße B2 in Höhe von Bronn hat das Leben eines 59-jährigen Mannes auf dramatische Weise für immer verändert. Der Motorradfahrer erlitt nicht nur einen Oberschenkelbruch, einen Schien- und Wadenbeinbruch, einen Schlüsselbeinbruch und mehrere Rippenbrüche, in der Folge fiel der Mann auch ins Koma, erlitt einen Herzinfarkt und einen Hirnschlag. Mittlerweile ist er ein Pflegefall und lebt in einem Heim.

Unfallverursacher war ein 84-jähriger Rentner. Der Senior muss sich seit einigen Monaten wegen Gefährdung des Straßenverkehrs, und wegen Körperverletzung vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Der Mann wollte von Pegnitz kommend auf die Klumpertaler Straße nach Bronn einbiegen. Weil er ganz offensichtlich zu schnell war und ihm von dort ein Fahrzeug entgegenkam, verriss er das Lenkrad, fuhr auf der B2 in der falschen Fahrbahnrichtung weiter und kollidierte frontal mit dem Motorrad des 59-Jährigen.

In der jetzigen Berufungsverhandlung machte der Mann bislang keine Angaben. Wegen „fehlender körperlicher, geistiger und/oder charakterlicher Eigenschaften“, wie es im Amtsdeutsch korrekt heißt, wurde ihm bereits vor einem Jahr per Gerichtsbeschluss der Führerschein vorläufig abgenommen.

Ausführlich erläuterte dagegen der Sachbearbeiter der Polizei das Geschehen. Schon bei der Unfallaufnahme sei der Angeklagte „ein bisschen durch den Wind“ gewesen. Das habe er noch als relativ normal eingestuft. Ale der 84-Jährige aber auf der Dienststelle vernommen wurde, habe er schon den Verdacht gefasst, „dass da etwas nicht passt“. So hatte sich der Angeklagte beispielsweise nicht ein einziges Mal nach dem Zustand des Opfers erkundigt, sondern nur den Schrottwert seines Mercedes bedauert.

Weil ihm der Mann auch sonst recht wirr daherkam, sei er der Auffassung gewesen, dass der Senior die Lage wohl nicht mehr so richtig einschätzen könne und habe die Sache an die Führerscheinstelle des Landratsamtes weitergegeben. Dort stellte sich heraus, dass der Mann bereits vor wenigen Jahren ganz offensichtlich ebenfalls einen schweren Unfall verursacht hatte. Ein weiteres Mal soll er der Polizei wegen seiner unsicheren Fahrweise aufgefallen sein, so dass bereits damals die Vermutung nahe lag, irgendetwas stimme mit der Fahreignung des Mannes nicht.

Kurios mutet es auch an, dass weder der Polizist, noch die Ersthelfer die schweren Verletzungen des Geschädigten erkannten. Obwohl er in hohem Bogen von seiner Harley in den Graben geflogen war, sei der Mann sogar ansprechbar gewesen und habe noch darum gebeten, dass man seine Frau verständigen möge. „Zum Zeitpunkt der Unfallaufnahme haben wir das nicht als schwerwiegenden Unfall eingestuft“, so der Sachbearbeiter.

Die Verhandlung wird am Montag, 27. Juli um 9.30 Uhr vor dem Landgericht in Bayreuth fortgesetzt.

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27.07.2020

„Einfach über den Haufen gefahren“ / Sachverständiger soll Unfallhergang klären – Prozess um schweren Verkehrsunfall bei Bronn wird fortgesetzt

Pegnitz/Bayreuth. Im Prozess um den schweren Verkehrsunfall auf der Bundesstraße B2in Höhe von Bronn braucht das Landgericht einen weiteren Verhandlungstag. Auf Antrag von Verteidiger Markus Dilg wird nun ein Sachverständiger ein unfallanalytisches Gutachten anfertigen. Wie berichtet solle in 84-jähriger Rentner aus Pegnitz auf der falschen Seite gefahren sein und dabei eine 59-jährigen Motorradfahrer gerammt haben. Der Motorradfahrer erlitt zahlreiche Brüche und in den folgenden Monaten einen Herzinfarkt und einen Hirnschlag. Mittlerweile ist er ein Pflegefall und lebt in einem Heim. Der Unfallverursacher muss sich mittlerweile bereits in einer Berufungsverhandlung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs, und wegen Körperverletzung vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Bei dem 84-jährigen geht es in erster Linie darum, ob er seinen Führerschein noch einmal zurückbekommt.

Nachdem der Sachverständige sein Gutachten erst am nächsten Verhandlungstag vorlegen wird, blieb dem Landgericht für den jetzigen Verhandlungstag lediglich noch ein Augenzeuge zur Vernehmung. Der Bürokaufmann aus Pegnitz bog gerade von der Klumpertaler Straße in Bronn auf die B2 ein, als der Senior an ihm vorbeifuhr. Über seine Rückspiegel wurde er dann Zeuge des schweren Unfalls.

„Das war wirklich krass“, erinnerte sich der Mann vor Gericht an den Unfall, der immerhin schon über zwei Jahre her ist. Das Geschehen habe ihn seitdem immer wieder ziemlich beschäftigt. „Das war wie im Film“, sagte er. Das Auto des Angeklagten sei auf einmal im Gegenverkehr gewesen und frontal auf den Motorradfahrer zugefahren. Dann habe er nur noch gesehen, die der Kradfahrer weggeschleudert wurde und im hohen Bogen in den Graben flog. Der Pkw habe keinerlei Ausweichbewegung gemacht, versicherte der Zeuge. Der Autofahrer habe sein Opfer einfach über den Haufen gefahren.

Er habe dann gleich sofort gewendet und sei an die Unfallstelle zurück, wo sich bereits Ersthelfer um das Unfallopfer kümmerten. In seiner polizeilichen Vernehmung sagte der Zeuge, dass der Senior auf ihn einen ziemlich verwirrten Eindruck gemacht habe. „Der Mann sammelte Teile von der Straße auf und wirkte recht mitgenommen“, so der Zeuge.

Wie berichtet hatte der Angeklagte in der Berufungsverhandlung bislang keine Angaben gemacht. Wegen „fehlender körperlicher, geistiger und/oder charakterlicher Eigenschaften“ wurde ihm bereits vor einem Jahr per Gerichtsbeschluss der Führerschein vorläufig abgenommen.

Verteidiger Markus Dilg wollte außerdem erreichen, dass der Senior nicht mehr an der Hauptverhandlung teilnehmen muss. Sein Mandant verfüge nicht über die ausreichenden Mittel zur Anreise, begründete der Rechtsanwalt seine Forderung. Schon bei dem jetzigen Termin sei die Rückreise nicht gewährleistet. Für die zurückliegenden Termine beantragte der Verteidiger bereits einen Reisekostenzuschuss. Die vorsitzende Richterin Andrea Deyerling machte allerding schnell klar, dass das Gericht ein Erscheinen des Angeklagten sehr wohl für erforderlich halte.

Die Verhandlung wird am Freitag, 7. August um 9 Uhr vor dem Landgericht in Bayreuth fortgesetzt.

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07.08.2020

Videosimulation soll Unfallhergang klären / Prozess um schweren Verkehrsunfall bei Bronn fortgesetzt

Pegnitz/Bayreuth. Mit einem Riesenaufwand hat ein Kfz-Sachverständiger vor dem Landgericht in Bayreuth den schweren Verkehrsunfall auf der Bundesstraße B2 in Höhe von Bronn rekonstruiert. Obwohl der Diplomingenieur stundenlang über Aufprallkräfte, Massepunkte, Stoßanalysen oder Kollisionswinkel referierte, gab es keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse.

Wie berichtet soll der Angeklagte 84-jähriger Rentner aus Pegnitz am 28. Mai 2018 auf der falschen Fahrbahnseite gefahren sein und dabei eine 59-jährigen Motorradfahrer gerammt haben. Der Motorradfahrer erlitt schwerste Verletzungen, mittlerweile ist er nach Herzinfarkt und Hirnschlag ein Pflegefall und lebt in einem Heim. Der Unfallverursacher muss sich derzeit in einer Berufungsverhandlung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs, und wegen Körperverletzung vor Gericht verantworten. Bei dem 84-jährigen geht es in erster Linie darum, ob er seinen Führerschein jemals wieder zurückbekommt.

Penibel versuchte der Kfz-Sachverständige jetzt das Geschehen haarklein zu rekonstruieren. Anhand polizeilicher Fotos, die auf einem Bildschirm stark vergrößert gezeigt und dann analysiert wurden, nahmen alle Prozessbeteiligten noch einmal die Schäden am Unfallfahrzeug sowie am Motorrad in Augenschein. Ausführlich zeigte der Gutachter alle nur denkbare Details auf. Da ging es um die Winkelstellung der Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Aufpralls, um Kratzspuren auf dem Asphalt und um Kollisionsgeschwindigkeiten, die bei beiden Fahrzeugen so um die 40 Stundenkilometer gelegen haben dürfte, was dafür spreche, dass die beiden Beteiligten bereits stark heruntergebremst hatten, ehe es zu dem verhängnisvollen Zusammenprall kam. Zudem gab es Videosimulationen, die den Unfallhergang aus der Sicht der Beteiligten und sogar aus der Sicht eines Zeugen aufzeigten.

Doch statt klärender Antworten traten immer neue Fragen auf. Der Verteidiger des Pegnitzers. Rechtsanwalt Markus Dilg aus Bayreuth, brachte jedenfalls immer wieder neue Vorhalte und kritisierte den Sachverständigen unter anderem deshalb, weil der sein Gutachten nicht ausgedruckt vorlegen konnte. Grund dafür war, dass sich der Sachverständige auf seinem PC einen Virus eingefangen hatte. In einem weiteren Beweisantrag des Gutachters ging es zuletzt um die Frage, ob der Pkw seines Mandanten mit sogenannten Notbremslichtern ausgestattet war. Die will ein Zeuge angeblich flackernd gesehen haben, obwohl das Fahrzeug gar nicht entsprechend ausgestattet gewesen sei.

Zeugen hatten im bisherigen Verlauf der Verhandlung immer wieder ein „absolut krasses Geschehen“ beschrieben. Das Auto des Angeklagten sei auf einmal im Gegenverkehr gewesen und frontal auf den Motorradfahrer zugefahren, daraufhin sei der Kradfahrer weggeschleudert worden und im hohen Bogen in den Graben geflogen. Der Angeklagte selbst hatte im bisherigen Verlauf der Berufungsverhandlung keine Angaben gemacht. Wegen „fehlender körperlicher, geistiger und/oder charakterlicher Eigenschaften“ wurde ihm bereits vor einem Jahr per Gerichtsbeschluss der Führerschein vorläufig abgenommen.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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24.08.2020

Harley-Fahrer hatte keine Chance / 84-Rentner aus Pegnitz wegen fahrlössiger Körperverletzung verurteilt – Vorerst kein neuer Führerschein

Bayreuth. Nach fünf Verhandlungstagen und fast zwei Monaten Verfahrensdauer hat die Berufungskammer des Bayreuther Landgerichtes einen 84 Jahre alten Rentner aus Pegnitz verurteilt. Wegen fahrlässiger Körperverletzung muss der Mann eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (500 Euro) bezahlen. Die Kammer bestätigte auch den Entzug seines Führerscheins. Vor Ablauf eines halben Jahres darf der Senior keinen neuen Führerschein beantragen. Als Verurteilter hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Letzteres dürfte nicht ganz billig werden und ein Vielfaches der eigentlichen Strafe ausmachen. Immerhin wurden auf Betreiben der Verteidigung zwei Sachverständige angefordert, die beide ein ausführliches Gutachten vorgelegt hatten. Einer davon war ein ausgewiesener Experte für unfallanalytische Rekonstruktion von Verkehrsunfällen. Bei fünf Verhandlungstagen dürfte auch die Gerichtskosten erheblich ins Gewicht fallen.

Wie bereits mehrfach berichtet hatte der 84-Jährigen am 28. Mai 2018 auf der Bundesstraße B2 in Höhe von Bronn beim Abbiegen in die Klumpertalstraße einen schweren Verkehrsunfall verursacht. Das damalige Geschehen hat das Leben eines 59-jährigen Motorradfahrers auf dramatische Weise für immer verändert. Der Biker erlitt nicht nur einen offenen Oberschenkelbruch, einen Schien- und Wadenbeinbruch, einen Schlüsselbeinbruch, mehrere Rippenbrüche und Verletzungen der Lunge, in der Folge fiel der Mann auch ins Koma, erlitt einen Herzinfarkt und einen Hirnschlag. Mittlerweile ist der einstige Harley-Fahrer ein Pflegefall und lebt in einem Heim.

Für die Berufungskammer unter der vorsitzenden Richterin Andrea Deyerling stand, wie bereits in erster Instanz für das Amtsgericht, zweifelsfrei fest, dass der Rentner auch der Unfallverursacher war. „Der Motorradfahrer hatte keine Chance“, sagte sie in der Urteilsbegründung. Den Einlassungen der Verteidigung, nachdem aus der Klumpertalstraße ein Fahrzeug gekommen sei, dass auf der falschen Fahrbahnseite fuhr und der Angeklagte deswegen seinen Pkw verrissen habe, schenkte das Gericht keinen Glauben, weil Zeugen gar kein Fahrzeug gesehen hatten. Vielmehr sei der Angeklagte einfach zu schnell gefahren.

Den Entzug der Fahrerlaubnis begründete Richterin Deyerling mit der „Verantwortungslosigkeit“ des Angeklagten, die auch künftig zu befürchten sei und aus der sich eine Gefahr für die Allgemeinheit ergebe. „Mindestens aus charakterlicher Sicht ist der Angeklagte eine Gefahr für den Straßenverkehr“, sagte die Vorsitzende. Ob der Angeklagte auch körperlich und geistig eine Gefahr ist, wird die Fahrerlaubnisbehörde feststellen müssen, wenn der Senior eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis beantragt.

Einen gerichtlichen Gutachter, der über eventuelle körperliche und geistige Mängel urteilen sollte, hatte der Mann nicht von seiner Schweigepflicht entbunden. Wenn es um eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis geht, wird es damit nicht mehr durchkommen.

Zuvor hatte Verteidiger Markus Dilg in seinem Plädoyer eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro, keinen Entzug der Fahrerlaubnis sowie sämtliche Verfahrenskosten zu Lasten der Staatskasse gefordert. Der Verteidiger sah es im Gegensatz zu Gericht und Staatsanwaltschaft als erwiesen an, dass es nur deshalb  zu dem Unfall gekommen sei, wie seinem Mandanten aus der Klumpertalstraße heraus ein Fahrzeug auf der falschen Seite entgegengekommen sei.

Staatsanwalt Christopher Feulner beantragte die letztlich auch verhängte Geldstrafe sowie eine noch längere Führerscheinsperre von noch zehn Monaten. Der Angeklagte sei zu schnell gefahren und habe schon vorher eine riskante Fahrweise gezeigt.

Ganz am Schluss ergriff der Angeklagte, der während der gesamten Berufungsverhandlung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte, dann doch noch das Wort. Es sei sehr belastend für ihn, dass durch sein Fehverhalten ein Mensch zu schwerem Schaden gekommen sei, drückte er sein Bedauern über den Unfall aus.

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17.07.2020

Lebenslanges Hausverbot im Fritz: Cola brachte Angeklagten beinahe hinter Schloss und Riegel / Gericht entschied auf Bewährungsstrafe wegen Hausfriedensbruchs

Kulmbach. Eine Cola im Fritz-Einkaufszentrum in Kulmbach hätte einen 32-jährigen Mann fast hinter Schloß und Riegel gebracht. Vor Gericht rauschte der ehemalige Kulmbacher, der jetzt im Landkreis Hof wohnt, haarscharf am Gefängnis vorbei, weil Richterin Sieglinde Tettmann die ursprünglich von der Staatsanwaltschaft geforderte Gefängnisstrafe in eine Bewährungsstrafe umwandelte.

Der Angeklagte, der lange Zeit obdachlos war, wurde am 12. Februar gegen 17.30 Uhr im Fritz angetroffen, als er sich gerade eine Cola kaufen wollte. So weit, so gut. Wären da nicht die insgesamt acht Vorstrafen, mehrere davon einschlägig, also wegen Hausfriedensbruch, die anderen wegen Betrugs, Beleidigung, Diebstahl und immer wieder wegen Drogenbesitzes. Dazu kommt, dass der Angeklagte in der Vergangenheit immer wieder kurze Haftstrafe absitzen musste, zuletzt Ende 2019 vier Monate wegen Drogenbesitzes und wegen eines Hausfriedensbruchs.

Insgesamt vier Mal hatte ihn die Leitung des Fritz-Einkaufszentrums schon angezeigt, und trotzdem tauchte er immer wieder auf. Zuletzt soll er dort sogar mit Steinen um sich geworfen haben. Deshalb gelte das Hausverbot auch lebenslang, berichtete der Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, der als Zeuge geladen war.

Der Angeklagte räumte ein, dass er im Fritz war und sich dazu von einem Kumpel überreden habe lassen. Nun aber habe er mit seinem bisherigen Leben, das von Obdachlosigkeit und Drogen bestimmt war, abgeschlossen habe. Seine Eltern hätten ihn wieder aufgenommen, dort habe er ein Dach über dem Kopf und mit Drogen habe er auch nichts mehr am Hut.

Vielmehr habe er als gelernter Beikoch wieder mit dem Jobcenter Kontakt aufgenommen, absolviere derzeit ein Bewerbungstraining und strebe eine Umschulung zum Kurierfahrer an. „Ich habe mich echt geändert“, sagte er zur Richterin. Von Kulmbach und seinen dortigen zwielichtigen Freunden habe er ohnehin schon lange die Schnauze voll gehabt.

Staatsanwalt Stefan Hoffmann konnte das alles wenig beeindrucken, Er forderte in seinem Plädoyer eine Haftstrafe von drei Monaten ohne Bewährung. Er könne dem Angeklagten keine positive Sozialprognose erstellen. An der Umschulung zum Kurierfahrer habe er aufgrund der Drogenvergangenheit des Angeklagten große Zweifel. Darüber hinaus hätten die bisherigen Gefängnisstrafen ja auch nicht gerade als Warnung gedient. Im Gegenteil: mit dem jetzigen Hausfriedensbruch habe der Angeklagte eine große Rückfallgeschwindigkeit bewiesen.

Richterin Tettmann machte sich die Entscheidung nicht leicht. Entschied aber dann doch auf Bewährung. Der Angeklagte habe immerhin gezeigt, dass er jetzt aktiv wird. Er habe Kulmbach verlassen, sich von seinem Freundeskreis getrennt und wohne wieder im Elternhaus. „Da sollte man ihm die Chance geben“, begründete sie ihr Urteil von drei Monaten auf Bewährung. „Sie sind noch jung, nutzen sie diese Chance“, sagte die Richterin zum Angeklagten und der bedankte sich artig dafür.

So ganz ohne kam er allerdings dann doch nicht davon. Als Bewährungsauflage muss er 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach näherer Weisung des Bewährungshilfevereins Fähre leisten. Daneben bekommt er einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt und muss jeden Wohnsitzwechsel unaufgefordert der Polizei melden.

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17.07.2020

Brötchentour mit Unfallflucht / Säulen umgefahren – Haftstrafe droht

Kulmbach/Stadtsteinach. Eine völlig unspektakuläre Fahrerflucht könnte einen jungen Mann aus dem Landkreis Hof unter Umständen ins Gefängnis bringen. Ob der 27-Jährige wirklich hinter Schloss und Riegel muss, wird sich am 30. Juli vor dem Amtsgericht entscheiden. Auf diesen Tag hat das Gericht eine Verhandlung vertagt, weil erst noch weitere Zeugen gehört werden sollen.

Der Angeklagte hatte beim Brötchen ausfahren in Stadtsteinach so unglücklich mit seinem Pkw gewendet, dass er eine gemauerte Säule umfuhr. Die Säule war wie bei einer Kettenreaktion auf eine weitere Säule gefallen und hatte auch diese samt Gartenmauer völlig zerstört. Der Schaden lag bei zusammen rund 6500 Euro. Trotzdem kümmerte sich der junge Mann nicht um den Schaden, sondern setzte seine Brötchentour einfach fort.

Vor Gericht räumte er jetzt ein, dass er gegen die gemauerte Säule gestoßen sei. Allerdings will er einen Notizzettel mit Namen und Anschrift bei einem der geschädigten Anlieger hinterlassen haben. Die Tatzeit bezifferte er auch den frühen Morgen zwischen halb drei und halb vier Uhr. „Da habe ich niemanden herausklingen wollen“, begründete der Unfallverursacher sein Verhalten. Allerdings sei bei dem Zusammenstoß auch der Pkw, der offensichtlich gar nicht ihm, sondern seinem Schwager gehörte, beschädigt worden. Deshalb gab er vor Gericht auch an, dass sein Schwager die Sache angeblich regeln wollte.

Nun ist es ja so, dass ein Zettel in einem solchen Fall nicht ausreicht. Darüber belehrte den Angeklagten auch Richterin Sieglinde Tettmann. Im vorliegenden Fall ist allerdings nie ein Zettel aufgetaucht, weder im Briefkasten, noch an der Säule oder an der Haustür oder sonst wo. Auch später hatte sich der Angeklagte nie gemeldet. Am Tatbestand der Unfallflucht würde der Zettel ohnehin nichts ändern, aber eventuell an der Strafhöhe, sagte die Richterin.

Für den 27-Jährigen ist das durchaus von Bedeutung, denn er hat bereits ein umfangreiches Vorstrafenregister und stand unter einer offenen Bewährung. „Es geht schon um was, nämlich darum, ob wir den Angeklagten einsperren müssen oder nicht“, sagte Tettmann. Staatsanwalt Stefan Hoffmann machte derweil bereits deutlich, dass er nicht gerade davon überzeugt sei, dass es den Zettel überhaupt gab, denn dann wäre er ja auch aufgetaucht.

„Hätte sich der Unfallverursacher gemeldet, dann hätte ich die Anzeige längst zurückgezogen“, sagte die Rentnerin aus Stadtsteinach, deren gemauerte Säule umgefahren wurde. Zunächst sei sie von einem relativ kleinen Schaden ausgegangen, dann erst habe sie gemerkt, dass die Säule unter anderem einen großen Riss von oben bis unten hatte und die Gartenmauer drum herum beschädigt wurde. Bei ihrem Nachbarn wurde die schwere Säule sogar aus dem Fundament gerissen, daher auch die relativ hohe Schadenssumme, die mittlerweile sogar ein Gutachter bestätigt hatte. Der Angeklagte hatte sich bei den Anliegern bislang nicht gemeldet. „Das ist echt enttäuschend“, sagte der Nachbar.

Der Angeklagten aber blieb bei seiner Version mit dem Zettel und so bestand er darauf, dass sowohl seine Ehefrau, als auch seine Mutter als Zeugen gehört werden sollen. Beide könnten die Sache mit dem Zettel bezeugen, denn beide seien bei der Brötchentour dabei gewesen. Um die Sache vollends aufklären setzte das Gericht außerdem fest, die Chefin des Brötchendienstes, den Schwager des Angeklagten und den ermittelnden Polizeibeamten ebenfalls zu laden.

Die Verhandlung wird am 30. Juli um 10.30 Uhr vor dem Kulmbacher Amtsgericht fortgesetzt.

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30.07.2020

Trotz hohen Sachschadens: Brötchenfahrer setzte seine Tour einfach fort / Unfallflucht: 27-Jähriger kam noch einmal mit Geldstrafe davon

Kulmbach/Stadtsteinach. Gerade noch einmal die Kurve bekommen hat ein 27-jähriger Mann aus dem Landkreis Hof vor dem Amtsgericht in Kulmbach. Weil er am zweiten Verhandlungstag die ihm vorgeworfene Unfallflucht voll und ganz eingeräumt hatte, blieb ihm eine Gefängnisstrafe erspart.

Der Angeklagte hatte zwar „nur“ zwei gemauerte Begrenzungssäulen umgefahren und sich anschließend aus dem Staub gemacht. Weil er aber eine offene Bewährungsstrafe hatte, wäre ihm eine Gefängnisstrafe nicht erspart geblieben, zumindest dann, wenn das Gericht ihm nachgewiesen hätte, dass er nicht die Wahrheit sagt. Das hatte sich der junge Mann aber dann wohl doch genau überlegt und so kam er mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro (3000 Euro) und drei Monaten Fahrverbot davon.

Der 27-jährige hatte beim Brötchen ausfahren in Stadtsteinach mit seinem Pkw gewendet und dabei eine gemauerte Gartensäule umfuhr. Die Säule war auf eine weitere Säule gefallen und hatte auch diese samt Gartenmauer zerstört. Der Schaden lag bei zusammen rund 6500 Euro. Trotzdem hatte ich der Angeklagte damals nicht um den Schaden gekümmert, sondern seine Brötchentour einfach fortgesetzt.

Noch während des ersten Verhandlungstages hatte er den Zusammenstoß mit der Säule zwar zugegeben, allerdings will er einen Notizzettel mit Namen und Anschrift bei einem der geschädigten Anlieger hinterlassen haben. Das hatte ihm von Anfang an keiner der Prozessbeteiligten geglaubt. Grund dafür war, dass der Zettel, der ohnehin nicht ausgereicht hätte, nie gefunden wurde. Weder im Briefkasten, noch an der Säule oder an der Haustür oder sonst wo, ist dieser Zettel aufgetaucht.

Am jetzigen zweiten Verhandlungstag machte der junge Mann reinen Tisch: „Die Geschichte mit dem Zettel stimmt wirklich?“, fragte Richterin Sieglinde Tettmann und der Angeklagte antwortete kleinlaut mit „nein“. Das war für ihn die Rettung, denn er hatte bereits ein umfangreiches Vorstrafenregister und stand unter der offenen Bewährung.

Staatsanwalt Stefan Hoffmann sah dann auch von einer Gefängnisstrafe ab und forderte 120 Tagessätze zu jeweils 30 Euro (3600 Euro) sowie die drei Monate Fahrverbot. Der Angeklagte habe offenbar die Denkpause zwischen den beiden Verhandlungen genutzt, sagte der Anklagevertreter. Wegen der offenen Bewährung, der hohen Rückfallgeschwindigkeit und der Tatsache, dass er den Schaden bis heute nicht beglichen hat, müsse die Geldstrafe allerdings deutlich höher ausfallen, als in anderen vergleichbaren Fällen.

Verteidigerin Alexandra Wolf sprach sich dagegen für eine geringere Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro (2400 Euro) und einem Fahrverbot von nur zwei Monaten aus. Es sei dem Angeklagten hoch anzurechnen, dass er letztlich doch noch mit der Wahrheit herausgerückt ist, so Richterin Tettmann. Die Geldstrafe müsse aber schon wegen der offenen Bewährung deutlich sein. Als Verurteilter hat der Angeklagte außerdem die Kosten der Verhandlung zu tragen.

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30.09.2019

Amtswechsel an der Spitze der Staatsanwaltschaft Bayreuth: Martin Dippold folgt auf Herbert Potzel

Bayreuth. Wechsel an der Spitze der Staatsanwaltschaft in Bayreuth: der bayerische Justizminister Georg Eisenreich hat den bisherigen Leitenden Oberstaatsanwalt Herbert Potzel in den Ruhestand verabschiedet, gleichzeitig führt er Martin Dippold als Nachfolger in sein neues Amt ein.

„Jeder kann sich hierzulande sicher fühlen, jeder kann in Freiheit leben, jeder kann seine eigene Meinung vertreten: das ist weltweit betrachtet eigentlich die Ausnahmesituation“, sagte der Minister. Doch derartige grundsätzliche Dinge sollte niemand als selbstverständlich hinnehmen. Denn der Rechtsstaat stehe auch vielen Herausforderungen gegenüber. Dazu seien Polizei, Justiz und Politik unabdingbar, so Eisenreich, der sich bei all denjenigen bedankte, die sich täglich für Demokratie und Recht einsetzen.

Herbert Potzels Karriere bei der Justiz hatte 1984 in Bayreuth begonnen. In den zurückliegenden 35 Jahren habe Potzel die Justiz in der Region maßgeblich mitgeprägt, sagte Eisenreich: Ob als Direktor des Amtsgerichtes Kulmbach, als Direktor des Amtsgerichtes Bayreuth oder – zur Krönung seiner Karriere – als Leitender Oberstaatsanwalt in Bayreuth. „Sie haben stets hervorragende Arbeit geleistet und sich als idealer Vorgesetzter erwiesen“, so der Minister.

Nachfolger ist der bisherige stellvertretende Leiter der Staatsanwaltschaft Coburg, Martin Dippold. Mit seiner zupackenden Art habe sich Dippold schon früh zu einer Führungspersönlichkeit entwickelt, sagte der Minister. Er bezeichnete Dippold als Organisationstalent, versierten Juristen und routinierten Staatsanwalt.

Herbert Potzel (65) hatte seine Justizkarriere 1984 als Richter am Landgericht Bayreuth begonnen und war anschließend zur Staatsanwaltschaft Bayreuth gewechselt. Ab 1987 war er zunächst Richter am Amtsgericht Kulmbach, dann am Landgericht Bayreuth, bevor er 1996 als Staatsanwalt als Gruppenleiter zur Staatsanwaltschaft Bayreuth zurückkehrte. Im Juni 2000 wurde Herr Potzel zum Direktor des Amtsgerichts Kulmbach ernannt, ab Oktober 2005 leitete er das Amtsgericht Bayreuth. Seit dem 1. Mai 2013 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand zum 1. Juni 2019 hatte Herr Potzel das Amt des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Staatsanwaltschaft Bayreuth inne.

Martin Dippold (56) begann seine Justizkarriere 1992 als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Bamberg. Ab 1997 war er als Richter zunächst am Amtsgericht Bamberg, dann am Landgericht Bamberg tätig. 2006 wechselte er als Staatsanwalt als Gruppenleiter zur Staatsanwaltschaft Coburg. Ab 2008 war er in dieser Funktion bei der Staatsanwaltschaft Bamberg eingesetzt. 2009 wurde Herr Dippold zum Oberstaatsanwalt befördert und kehrte 2015 zur Staatsanwaltschaft Coburg als ständiger Vertreter des Behördenleiters zurück. Seit 1. Juni 2019 ist er nun Leitender Oberstaatsanwalt in Bayreuth.

Bild: Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (rechts) hat den bisherigen Leitenden Oberstaatsanwalt Herbert Potzel (Mitte) in den Ruhestand verabschiedet, gleichzeitig führt er Martin Dippold als Nachfolger in sein neues Amt ein.

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25.05.2018

Gewaltausbruch am Kulmbacher Bahnhof / 55-jähriger Mann verurteilt – Verkäuferin verlor ihren Job

Kulmbach. Der Staatsanwalt sprach von einer „völlig sinnlosen und blödsinnigen Tat“. Eine unmittelbare Zeugin leidet noch heute psychisch immens unter den Folgen. Trotzdem kam der Täter mit einer dreimonatigen Bewährungsstrafe und 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit davon.

Angeklagt war ein 55-jähriger Mann, der in einer Wohngruppe in der Nähe von Hof lebt. Der gelernte Maler war am 24. und 25. September des vergangenen Jahres auf einer ausgiebigen Zechtour durch mehrere Kulmbacher Kneipen, als er am frühen Morgen des 25. zurück nach Hof fahren wollte. Am Kulmbacher Bahnhof rastete er völlig aus, riss einen Absperrpfosten mit brachialer Gewalt aus der Verankerung und zertrümmerte damit eine Glastür.

Die Verkäuferin, die gegen fünf Uhr früh gerade den dortigen Kiosk aufschloss geriet in Todesangst. Sie hatte den Angeklagten schon öfter am Bahnhof rumhängen sehen. Es habe auch schon mal einen Übergriff auf sie persönlich gegeben, sagte die 53-jährige. Zwar nicht vom Angeklagten, aber vielleicht war sie deshalb so in Panik geraten. Die Frau verständigte zunächst die Polizei, dann ihren Ehemann. Der war sofort zur Stelle, fand seine Frau in miserablem Zustand auf. Kurzerhand sperrte er den Laden wieder zu und fuhr die Frau ins Klinikum. „Daraufhin habe ich die fristlose Kündigung bekommen“, sagte die Zeugin unter Tränen. Im Gerichtssaal sorgte das allgemein für Verwunderung. „Sie können doch gar nichts dafür“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Staatsanwalt Jochen Götz meinte zum Angeklagten: „Da sehen sie mal, was sie angerichtet haben.“

Der Angeklagte hatte seinen Ausraster unterdessen eingestanden. Auch die 862,09 Euro Schaden an der Glastür und dem Pfosten hatte er von seinem letzten Ersparten bereits beglichen und das Geld an die Bahn überwiesen. Warum er so gehandelt hatte, wusste er gar nicht mehr. Ob er den wirklich völlig dicht gewesen sei, wollte die Richterin vom Angeklagten wissen. Der antwortete entwaffnend ehrlich: „Das kann man schon so sagen.“

Viele Vorstrafen hatte der Angeklagte nicht, dafür aber drei einschlägige. Einmal wurde er wegen Vollrausches zu einer Geldstrafe, ein zweites Mal ebenfalls wegen Vollrausch zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Führerschein wurde ihm schon beim ersten Mal abgenommen. Weil er die Bewährungsauflagen nicht erfüllte, musste er die vier Monate im Gefängnis absitzen. Die dritte Vorstrafe sprach das Kulmbacher Amtsgericht wegen Hausfriedensbruch aus. Der Mann musste 300 Euro berappen, weil er sich unberechtigt am Kulmbacher Bahnhof aufgehalten hatte.

Am Ende der Verhandlung sprach Richterin Tettmann eine dreimonatige Bewährungsstrafe wegen Sachbeschädigung gegen den Angeklagten aus, ganz so, wie es zuvor Staatsanwalt Götz beantragt hatte. Sie sprach von einer rohen Tat mit massiven Folgen für die Verkäuferin, die völlig unvermittelt Zeugin eines Gewaltausbruchs wurde. Nach näherer Weisung des Bewährungshilfevereins Fähre muss der Mann zusätzlich 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

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25.05.2018

Pfefferspray-Attacke gegen Nachbarn / Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung kurzerhand eingestellt

Kulmbach/Mainleus. Mit einer Pfefferspray-Attacke eskalierte im November in Mainleus ein Nachbarschaftsstreit. Das Gericht verurteilte den Täter, einen 48-jährigen Arbeiter allerdings aufgrund einiger besonderer Umstände nicht, sondern stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro kurzerhand ein.

Der Angeklagte hatte das Reizgas am frühen Abend des zurückliegenden Jahres seinem 23-jährigen Nachbarn aus unmittelbarer Nähe ins Gesicht gesprüht. Der junge Mann erlitt ein starkes Brennen im Gesicht, das mehrere Stunden lang andauerte. Eine notärztliche Behandlung lehnte der junge Mann ab. Die Anklage von Staatsanwalt Jochen Götz lautete trotzdem auf gefährliche Körperverletzung.

Vor Gericht räumte der Angeklagte die Vorwürfe ein. Schnell wurde klar, da schwelt bereits seit Jahren ein heftiger Nachbarschaftsstreit. So sprach der Mann von regelrechtem Terror. Mitten in der Nacht klingle der 23-jährige bei ihm Sturm, er soll seine Wohnungstür „von oben bis unten“ bespuckt haben und regelmäßig seine Post verschwinden lassen. Sogar die Spiegel seines nagelneuen Autos habe der junge Mann schon mutwillig abmontiert. Mit dem Pfefferspray habe er sich damals lediglich verteidigen wollen.

Auch der junge Mann sprach von einem schlechten Nachbarschaftsverhältnis, obwohl er den Angeklagten schon von klein auf kenne. Ursache für alles war offensichtlich die Tatsache, dass der 23-Jährige schon einige Mal recht laut gefeiert habe und sich der Angeklagte daraufhin immer wieder beim Vermieter beschwerte. „Er hat mit schon mehrfach gedroht, dass ich die Wohnung verliere und ins Gefängnis muss“, so der Zeuge. Er machte auch keinen Hehl daraus, dass er deshalb den Angeklagten immer wieder mal provoziert habe. „In dem Haus habe ich aber mit keinem anderen Probleme, außer mit ihm“, sagte der Zeuge und deutete auf den Angeklagten.

Anlass für die aktuelle Auseinandersetzung samt Pfeffersprayattacke war es, dass die Schuhe des jungen Mannes plötzlich verschwunden waren. Er hatte sie wie immer vor seiner Wohnungstüre stehen lassen, am nächsten Morgen waren sie weg. „Wir haben ganz höflich gefragt, ob er etwas damit zu tun habe“, sagte ein Bekannter des 23-Jährigen, der Augenzeuge der Sprayattacke wurde, glücklicherweise aber nichts von dem Reizgas abbekam. Niemand sei beleidigt worden, so der Zeuge weiter.

Da setzte Staatsanwalt Jochen Götz der Verhandlung kurzerhand ein Ende, indem er die letztlich auch von Richterin Sieglinde Tettmann ausgesprochene Einstellung des Verfahrens anregte. Grund dafür ist auch, dass der junge Mann vor wenigen Monaten aus der Mainleuser Wohnung ausgezogen ist und mittlerweile in Kulmbach lebt. Dazu kommen die besonderen Umstände durch den jahrelangen Nachbarschaftsstreit und der ohnehin minderschwere Fall aufgrund des Pfeffersprays als einzige eingesetzte Waffe. Die 500 Euro Geldauflage muss der Mann an die Notruf- und Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt Avalon in Bayreuth überweisen.

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04.05.2018

Kein Führerschein, aber über drei Promille Alkohol / Bewährungsstrafe wegen Trunkenheitsfahrt – Opfer befanden sich in Todesgefahr

Kulmbach. Das war Glück im Unglück für alle Beteiligten: Mit rund 3,1 Promille Alkohol im Blut hat ein 56-jähriger Mann aus dem Landkreis einen schweren Verkehrsunfall auf der A9 verursacht. Der Sachschaden lag für alle drei beteiligten Fahrzeuge im unteren fünfstelligen Bereich. Zum Glück gab es keine Schwerverletzten. Wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen, Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht wurde der Mann zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Die Beteiligten hatten einen Schutzengel, denn sie hätten genauso gut tot sein können. Der Mann war mit hoher Geschwindigkeit und ohne abzubremsen auf ein Auto geprallt, das in Höhe Himmelkron gerade auf die Autobahn in Richtung Hof gefahren war. Der Wagen schleuderte über alle drei Spuren, schrammte an der Mittelleitplanke entlang und kam in gegensätzlicher Richtung auf der mittleren Spur zu stehen. Dort streifte noch ein weiteres Fahrzeug den Wagen. Der Unfallfahrer scherte sich darum wenig und fuhr erst einmal weiter. Erst einige Kilometer danach stoppte er sein Fahrzeug auf dem Standstreifen und irrte hilflos umher. Führerschein hatte er seit einer Trunkenheitsfahrt im vergangenen Jahr keinen mehr.

Vor Gericht räumte der Mann den Tathergang komplett ein. Auch die Alkoholisierung sei zutreffend. Er wollte von Bayreuth aus zu seiner Mutter fahren, die gerade einen zweiten Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte. Dazu komme, dass erst kurz davor zwei seiner Geschwister kurz nacheinander verstorben waren und sich zu allem Überfluss auch noch seine Lebensgefährtin von ihm getrennt hatte. Ein Alkoholproblem stritt er ab. Der Angeklagte musste aus dem Gefängnis in Hof vorgeführt werden, weil er die Geldstrafe wegen der Trunkenheitsfahrt im zurückliegenden Jahr nicht bezahlt hatte und nun ersatzweise für 80 Tage in Haft genommen wurde.

Noch sichtlich berührt berichtete die Fahrerin des Unfallwagens, in dem ein Musiker der Hofer Symphoniker und dessen Ehefrau saßen, von dem Unfall. Sie sprach von Todesängsten, die sie und ihr Mann ausgestanden hätten. Aus heiterem Himmel habe es plötzlich einen riesigen Schlag getan, Funken seien geflogen, es habe stark nach verbrannten Gummi gerochen, so dass sie zunächst von einem Reifenplatzer ausgegangen war. Dann habe sie auch noch das zweite Fahrzeug touchiert, ehe sie sich zusammen mit ihrem Mann hinter die Leitplanke retten konnte.

Das Auto hatte einen Totalschaden, berichtete ihr Mann. Auch sein Blasinstrument wurde schwer beschädigt und konnte nicht mehr richtig repariert werden, für einen Musiker die totale Katastrophe. Dazu kommt, dass der Mann auch noch ein Schleudertraume erlitt. Von dem Unfallfahrer hatte er gar nichts mitbekommen.

Großes Glück hatte auch der dritte Beteiligte, der den Wagen des Musikers noch streifte. Bei ihm saßen drei kleine Kinder mit im Wagen. „Es war, als ob ein großer schwarzer Container auf dem Mittelstreifen steht“, sagte der 50 Jahre alte Postbeamte, der gerade noch so ausweichen konnte, das Fahrzeug auf dem Mittelstreifen aber trotzdem berührt hatte. Ein zufällig vorbeifahrender Rettungssanitäter aus Rosenheim hatte nicht nur den Notruf abgesetzt, die Unfallstelle abgesichert und Erste Hilfe geleistet, der Mann traf auch wenige Kilometer weiter in Richtung Norden auf das Fahrzeug des Unfallverursachers. „Der Mann machte einen total verwirrten Eindruck, irrte herum und roch stark nach Alkohol“, sagte der Sanitäter. Ihm gegenüber hatte er zugegeben, dass er den Unfall verursacht hatte.

Richterin Sieglinde Tettmann sprach die von der Staatsanwaltschaft geforderte Bewährungsstrafe von sieben Monaten aus. Zusätzlich muss der Angeklagte 100 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit innerhalb der nächsten fünf Monate leisten. Er bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt und darf vor Ablauf der kommenden drei Jahre keinen neuen Führerschein machen. „Sie werden große Schwierigkeiten haben, jemals wieder einen Führerschein zu bekommen“, sagte die Richterin zum Angeklagten. Sie hielt ihm zugute, dass er sich in einer absoluten Lebenskrise befand und ganz offensichtlich ein Alkoholproblem hat. Auf der anderen Seite sei es natürlich auch schon die zweite Trunkenheitsfahrt, wegen der er verurteilt wird. Wegen dieser ersten Fahrt wurde der Mann nach der Verhandlung auch gleich wieder zurück in die Haftanstalt nach Hof gebracht.

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19.04.2018

Nicht gehört, nichts gesehen / Ausländerfeindliche Parolen am Dönerladen – Angeklagter bestreitet Vorwürfe, Prozess wird unterbrochen

Kulmbach. Wieder einmal hat niemand etwas gehört oder gesehen. Dabei waren die Vorfälle gravierend. Nicht nur dass in der Nähe eines Dönerladens am Holzmarkt ausländerfeindliche Parolen wie „Scheiß Türken“ und „Ausländer raus“ gefallen sind, auch eine Flasche flog gegen das Geschäft, eine Scheibe ging zu Bruch, der Sachschaden belief sich auf rund 1500 Euro.

Für die Taten vom 15. September des vergangenen Jahres verantworten muss sich jetzt ein 21-jähriger Mann aus dem Landkreis. Zum Auftakt der Hauptverhandlung behauptete er, dass er nichts mit der Sache zu tun habe. Er sei zwar vor Ort gewesen, habe aber nahe des Bücherschrankes jenseits des Brunnens mit seiner Freundin gestritten. Von den Rufen oder gar vom Flaschenwurf habe er nichts mitbekommen. Erst später will er davon erfahren haben.

Ansonsten habe man in einer Wohnung ganz in der Nähe gefeiert und getrunken. „Ich war schon gut angetrunken“, sagte der Angeklagte und berichtete von einigen Bier und einigen Wodka-Energy-Getränken. Zum Luft schnappen sei man mal eben auf den Holzmarkt gegangen, auch um Zigaretten zu holen. „Nur weil ich eine Glatze habe, bedeutet das noch lange nicht, dass ich ausländerfeindliche Parolen rufe“, sagte der Angeklagte noch.

Für das Gericht stand bereits fest, dass einer der beiden anderen jungen Männer, die damals mit vor Ort waren, für den Flaschenwurf verantwortlich war. Er wurde bereits anderweitig strafrechtlich verfolgt. Es gab allerdings einen Zeugen, der bei der Polizei angegeben hatte, dass der Angeklagte einer der Rufer ausländerfeindlicher Parolen gewesen sei. Das Problem war, genau dieser Zeuge, ein Mitarbeiter des Dönerladens, hatte sich wegen einer Verletzung krank gemeldet.

Die übrigen Zeugen konnten wenig zur Aufklärung des Geschehens beitragen. Die Freundin des Angeklagten bestätigte erwartungsgemäß, dass sie zum Zeitpunkt der Tat am Bücherschrank stand. Mitbekommen habe sie gar nichts. Dummerweise hatte auch der Chef des Dönerladens nicht genau gesehen, wer die Parolen gerufen hatte. Der Angeklagte sei auf jeden Fall dabei gewesen, da war er sich sicher. Doch genau das genügte dem Gericht nicht.

Nach geltenden Gesetzen reiche es eben nicht aus, dabei gewesen zu sein, erklärte Richterin Sieglinde Tettmann. Vielmehr müsse genau feststehen, wer gerufen hat, andernfalls sei keine Verurteilung möglich. „Nur dabei zu stehen, das ist nicht strafbar“, sagte sie. Für den Staatsanwalt waren die Einlassungen des Angeklagten trotzdem unglaubwürdig. Schließlich müsse es doch gewaltig geklirrt und gerumpelt haben. „Vielleicht wollen sie ja auch nicht gesehen haben“, so der Staatsanwalt zum Angeklagten.

Das Angebot einer Einstellung des Verfahrens gegen 15 Arbeitsstunden nahm der von Hartz-IV lebende Angeklagte nicht an. Er sei nicht bereit, irgendwelche Arbeitsstunden zu leisten, denn er sei ja schließlich unschuldig, sagte er. Das Gericht unterbrach deshalb die Sitzung und legte eine Fortsetzung für den 3. Mai fest. Dann soll der Mitarbeiter des Dönerladens geladen werden, der den Angeklagten bei der Polizei als den Rufer der fremdenfeindlichen Parolen ausgemacht hatte.

Bleibt der Mann bei seiner Aussage, könnte es eng werden für den Angeklagten, denn der ist trotz junger Jahre bereits sechsfach, unter anderem wegen Diebstahl, Körperverletzung, Hausfriedensbruch und wegen Drogengeschichten vorbestraft. Sollt sich der Zeuge plötzlich doch nicht mehr erinnern können, dann könnte der Angeklagte aber auch freigesprochen werden.

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19.04.2018

Bierwochenausraster am Kulmbacher Bahnhof / 34-Jähriger Bayreuther griff mit drei Promille im Blut Polizisten an – Hohe Geldstrafe wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt

Kulmbach. Dieser Ausraster nach einem Besuch der Kulmbacher Bierwoche kommt einem 34-jährigen Mann teuer zu stehen. Zuerst lief er am Bahnhof auf der Suche nach einem Zug nach Bayreuth über die Gleise, dann fiel er ins Gleisbett. Als ihm die Polizisten helfen wollten, ging er auf sie los, bedrohte und beleidigte sie ganz heftig.

Dabei wollten sie ihm doch nur helfen und aus seiner misslichen Situation befreien. Wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und wegen Bedrohung in mehreren Fällen hat ihn das Amtsgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 130 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (5200 Euro) verurteilt. Der Mann hatte damals fast drei Promille Alkohol im Blut.

Sichtlich geknickt saß er auf der Anklagebank. Ihm war die Sache absolut peinlich. „Es tut mir aufrichtig leid, es war doch nicht meine Absicht, jemanden zu beleidigen“, sagte er. Bei der für die Bahn zuständigen Bundespolizei in Bayreuth hatte er sich schon entschuldigt. Im Gerichtssaal entschuldigte er sich noch einmal bei den Beamten. Das Ganze war ihm vor allem auch deshalb unangenehm, weil er selbst im Nebenjob als Security tätig ist. „Ich habe oft genug selbst mit solchen wie mir zu tun“, sagte er.

Die Beamten hatten die Todesdrohungen gegen sie allerdings durchaus ernst genommen. „Das war kein alltäglicher Einsatz“, waren sich die als Zeuge geladenen Polizisten einig. Noch dazu, als man später erfahren habe, dass der Mann bereits mit Gewaltdelikten in Verbindung gebrachte wurde.

Er habe einfach den Zug nach Bayreuth erwischen wollen und deshalb wohl die Abkürzung über die Gleise genommen, versuchte er sein Verhalten zu erklären. Als ihn die Beamten von den Gleisen holten, habe er sich angegriffen und bedroht gefühlt. „Dabei wollte ich doch nur nach Hause ins Bett“, sagte er, der zuvor bis zu fünf Maß Bier getrunken hatte.

„Er war auf Streit aus“, sagte einer der Beamten vor Gericht. Die ganze Sache habe sich immer mehr hochgeschaukelt, so ein anderer. Ein dritter konnte sich noch gut an das überaus aggressive Gebaren und den stechenden Blick erinnern. Dann habe er kämpfen wollen, „Mann gegen Mann“, bis man sich entschlossen habe, den Angeklagten in Gewahrsam zu nehmen, ihn zu fesseln und über Nacht in die Ausnüchterungszelle der Polizeiinspektion zu verbringen.

Eine noch höhere Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (7000 Euro) forderte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe die Polizisten mit einer Vielzahl schlimmer Ausdrücke beleidigt und sie mit Fäusten bedroht, sich über einen längeren Zeitraum hin deren Anweisungen widersetzt und sei zudem wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahls und wegen eines Vollrausches vorbestraft.

Mit 130 Tagessätzen zu 40 Euro blieb Richterin Tettmann vor allem deshalb darunter, weil der Angeklagte aufrichtige Einsicht und Reue gezeigt habe. Nicht auszuschließen sei es auch, dass die Einsichtsfähigkeit des Mannes zum Tatzeitpunkt erheblich vermindert gewesen sei. Trotzdem sei es verwerflich, Menschen anzugreifen, die eigentlich helfen wollten. Der Angeklagte sei eine große Gefahr, nicht nur für den Bahnverkehr, sondern auch für sich selbst gewesen.

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19.04.2018

Mitternächtliche Spritztour mit dem Bagger durch Neuenmarkt / Kein Führerschein, aber fast zwei Promille: 22-Jähriger Mann muss vier Monate ins Gefängnis

Neuenmarkt/Kulmbach. Weil er zu mitternächtlicher Stunde mit einem Bagger durch Neuenmarkt gefahren ist, muss ein 22-jähriger Mann vier Monate ins Gefängnis. Hintergrund ist, dass der Angeklagte an jenem 13. Mai 2017 nicht nur fast zwei Promille Alkohol im Blut hatte, sondern auch keinen Führerschein besaß.

Das Urteil war die zweite Hiobsbotschaft für den 22-Jährigen binnen kürzester Zeit. In der gleichen Gerichtsverhandlung musste er erfahren, dass die Bewährung aus einem Urteil vom November 2016 wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte aufgehoben wurde. Zusätzlich zu den vier Monaten Freiheitsstrafe wegen der Baggerfahrt muss er nun weitere neun Monate ins Gefängnis, weil er die Bewährungsauflagen schleifen ließ und beispielsweise Termine beim Bewährungshelfer einfach nicht wahrnahm.

Es war bereits 0.30 Uhr, als sich der Mann am 13. Mai hinter den Steuerknüppel der Baumaschine setzte. Sein Bruder hatte dafür die Schlüssel. Alkoholbedingt war er komplett fahruntüchtig. Weit kam er dabei freilich nicht. Mehrere hundert Meter soll er gefahren sein, zunächst auf einer öffentlichen Straße, dann auf einem Feldweg, ehe er auf einem Maisfeld zum Stehen kam. Mehr als Schritttempo gab der Bagger dabei nicht her.

Entscheidend zur Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung dürfte die Tatsache beigetragen haben, dass er Angeklagte während der Verhandlung zuerst gar nichts sagte und dann seinem Bruder die Schuld in die Schuhe schob. Der sei gefahren, behauptete er, obwohl zwei Zeugen von der Polizei zuvor gegenteilige Aussagen gemacht hatten. Als er merkte, dass er damit nicht durchkommt, ließ er diese Aussage über seinen Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach wieder zurücknehmen und blieb beim Schweigen. „Damit hätten sie fast noch eine weitere Straftat begangen, nämlich die der falschen Verdächtigung“, belehrte Richterin Sieglinde Tettmann den Angeklagten später.

Einer der beiden Polizisten war zufällig ein Anwohner. Er war durch einen lauten Schlag und laute Rufe wach geworden. Er zog sich rasch an, ging ins Freie und sah eine halbe Stunde nach Mitternacht, wie der Bagger langsam an seinem Anwesen vorüber rollte. Sowohl von der Kleidung her, als auch von der Stimme, der Statur und einer auffälligen Kopfbedeckung war für den Anwohner klar, dass der Angeklagte der Fahrer ist. Der Bruder des Angeklagten sei hinten auf dem Motor gesessen.

Zufällig wurde auch eine Polizeistreife, die gerade von einem anderen Einsatz kam auf das geschehen aufmerksam. Der Angeklagte sei auf einem Feldweg hin und her gelaufen und habe herumgeschrien, sein Bruder sei im Maisfeld gelegen, beide erheblich alkoholisiert, beschrieb die Beamtin die Situation. Im Fahrzeug sei dann auch noch eine E-Zigarette gelegen, deren Verpackung wiederum im Rucksack des Angeklagten war.

Damit haben die beiden eindeutig den Angeklagten als Fahrer identifiziert, sagte Richterin Tettmann. Sie gab auch zu bedenken, dass es sich bei den Angeklagten nicht um irgendwelche verschlafene Rentner handle, sondern um geschulte Polizeibeamte, die genau wüssten, wohin sie blicken müssen, um jemanden zu identifizieren.

Eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. Die letzte Bewährung sei gerade erst widerrufen worden, da sei keine neue Bewährung möglich. „Mit einer offenen Bewährung darf ich eben eine solche Dummheit nicht machen, so der Anklagevertreter. Verteidiger Andreas Piel sprach sich dagegen für drei Monate auf Bewährung aus. Sein Mandant habe sein Leben verändert, vor allem die Aufnahme einer Berufstätigkeit habe zur Stabilisierung beigetragen.

Das sah Richterin Tettmann anders, sie blieb mit vier Monaten zwar genau zwischen den Forderungen, sprach die Strafe aber ohne Bewährung aus. „Für jemanden, der eine Vorsatztat unter einer laufenden Bewährung begeht, für den gibt es keine günstige Prognose“, so die Richterin.

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13.04.2018

Spektakuläre Verfolgungsjagd mit der Polizei / Führerschein weg, Auto weg und jede Menge Schulden: 38-jähriger Mann kam mit Bewährungsstrafe davon

Kulmbach. Eine derartige Verfolgungsfahrt hatte es in der Umgebung wohl noch nicht gegeben. Jedenfalls konnte sich keiner der Prozessbeteiligten daran erinnern. Ein 38-jähriger Mann aus dem Landkreis war vor ziemlich genau einem Jahr am 21. April 2017 ganz offensichtlich von allen guten Geistern verlassen und lieferte sich ein Wettrennen mit der Polizei. Weil er damals auch noch mit über 2,2 Promille alkoholisiert war, wurde er jetzt zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung gefordert. Gestraft ist der Mann ohnehin genug. Beispielsweise muss er die 15000 Euro teure Reparatur des Streifenwagens zahlen, den er bei seiner Verfolgungsfahrt gerammt hatte.

Gegen 23.30 Uhr befuhr er an diesem Abend die Staatsstraße durch Ködnitz, als ihn eine Polizeistreife kontrollieren wollte. Trotz Leuchtschrift auf dem Dach des Polizeiwagens und später zusätzlich eingeschaltetes Blaulicht hielt der Angeklagte aber nicht an, sondern beschleunigte sein Fahrzeug auf mindestens 160 Stundenkilometer. So fuhr er erst nach Trebgast, dann zurück nach Feuln, ehe er dort seine Fahrt auf feld- und Flurbereinigungswegen fortsetzte.

Zweimal täuschte er ein Anhalten vor, als die Beamten ausgestiegen waren, gab er aber wieder Vollgas, dass es nur so staubte. Einmal hätte er dabei fast einen Polizisten über den Haufen gefahren. Nach fast einer Stunde und über 20 zurückgelegten Kilometern in Wald und Flur, war die Fahrt schließlich beim Anwesen Eichholz bei Trebgast zu Ende. Dort rammte er zunächst den Streifenwagen mit voller Wucht, dann wollte er mit Gewalt über eine Böschung und setzte schließlich auf einer Steinkante auf.

Doch damit nicht genug: noch immer setzte der Mann alle Hebel in Bewegung, um sich seiner Festnahme zu entziehen. Er wehrte sich verletzte die Besatzung des Streifenwagens, die bereits Verstärkung gerufen hatte, und beleidigte die Beamten mit den üblichen Ausdrücken. Zur Überraschung aller beteiligten sprang bei der anschließenden Durchsuchung des Wagens auch noch ein Hund aus dem Kofferraum.

In der Hauptverhandlung gab der Mann an, kaum noch eine Erinnerung an den Vorfall zu haben. Er stritt die Verfolgungsjagd aber auch nicht ab. Er habe auf der Arbeit den ganzen Tag über Streit, Stress und Ärger gehabt und sich dann am Abend ein paar Bierchen genehmigt. Erst an das Krankenhaus könne es sich dann wieder erinnern, wo er wegen seiner Platzwunden und wegen einer Gehirnerschütterung behandelt wurde.

Für die Streifenwagenbesatzung, ein Polizist und eine Polizistin, war das Ganze überaus spektakulär. Sogar einen Warnschuss in die Luft habe er abgegeben, berichtete der Polizeihauptmeister aus Stadtsteinach. Bei Feuln sei der Angeklagte mit seinem Fahrzeug sogar über einen Graben gesprungen und mit zwei Rädern auf der anderen Seite wieder aufgekommen. Nicht nur im übertragenen Sinne habe er dabei jede Menge Staub aufgewirbelt. „Es war wirklich massiv riskant, sowohl für ihn, als auch für uns“, sagte die Polizistin, ebenfalls aus Stadtsteinach. Sie selbst habe bei der Aktion einige blaue Flecken und eine mehrere Wochen andauernde Verletzung am Fuß erlitten.

Nun war der Angeklagte allerdings bereits in der Vergangenheit immer wieder mit Verkehrsdelikten aufgefallen. Schon mehrfach musste er wegen Alkohol am Steuer seinen Führerschein abgeben, immer wieder wurde er daraufhin wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis bestraft.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft wollte den Angeklagten schon allein deswegen hinter Schloss und Riegel sehen. „Wer nachts mit 160 km/h durch geschlossene Ortschaften fährt, der legt schon eine besondere Rücksichtslosigkeit an den Tag“, so der Anklagevertreter. Verteidiger Ralph Pittroff hielt dagegen sieben Monate auf Bewährung für angemessen. Sein Mandant gehe einer geregelten Arbeit nach und habe von Anfang an nichts abgestritten. Diese Chance könne man ihm schon noch geben, sagte der Verteidiger.

Richterin Sieglinde Tettmann blieb mit einem Jahr und drei Monaten nur knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, setzte die Strafe aber auf Bewährung aus. Zusätzlich muss der Angeklagte eine Geldauflage in Höhe von 1500 Euro an die Aktion „Keine Macht den Drogen“ überweisen und darf vor dem Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis beantragen. Außerdem kommen die 15000 Euro Schaden am gerammten Polizeifahrzeug früher oder später auf ihn zu. „Führerschein weg, Auto weg und jede Menge Schulden: Ich habe ich da wohl selbst ins Aus geschossen“, hatte der Angeklagte bereits in seinem letzten Wort gesagt.

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06.04.2018

Erst ummelden, dann umschrauben / Nummernschilder am falschen Pkw – Pärchen aus dem Landkreis wegen Urkundenfälschung verurteilt

Kulmbach. Wegen Urkundenfälschung hat das Amtsgericht ein Pärchen aus dem Landkreis verurteilt. Die 27-jährige Frau und ihr 30 Jahre alter Ehemann hatten Kfz-Kennzeichen an ihren Wagen angebracht, auf die eigentlich ein anderes, zufällig baugleiches Auto zugelassen war.

Das hatte ganz offensichtlich ein Nachbar beobachtet und weitererzählt. Irgendwie bekam die Polizei davon Wind und kontrollierte das Auto der beiden am 10. Oktober im Stadtteil Ziegelhütten. Tatsächlich war das Nummernschild für ein anderes Fahrzeug ausgegeben worden, das zu Hause in der Garage der beiden stand.

Vor Gericht räumten die beiden Angeklagten den Sachverhalt ein. Es blieb ihnen auch nichts anderes übrig. Allerdings hatten die beiden einige Ausreden parat, mit denen sie bei Amtsrichterin Sieglinde Tettmann allerdings ins Leere liefen. Sie habe so viel Streß gehabt, dass sie keine Zeit fand, ins Landratsamt zu gehen und das Auto umzumelden, sagte die Frau. Außerdem hätten sie von der Versicherung die Auskunft bekommen, dass sie für die Ummeldung 14 Tage Zeit haben, so der Mann.

Da die Autos baugleich sind, hätten sie nicht gedacht, dass es überhaupt ein Problem geben könnte, sagte die Angeklagte. Auf die Idee, dass sich die Versicherung bei einem Schadensfall eventuell weigert zu zahlen, oder dass die TÜV-Laufzeiten unterschiedlich sind, waren die beiden nicht gekommen. Die TÜV-Plakette war es schließlich auch, die sofort für Verwirrung sorgte. Das Schild mit der Plakette hatten die beiden Angeklagten offensichtlich aus Versehen vorne angeschraubt und nicht wie üblich hinten.

Ein Nachbar und dessen Bekannter wollen beobachtet haben, dass die beiden Angeklagten schon seit Tagen mit den umgeschraubten Kennzeichen durch die Gegend fahren. „Die sind täglich damit umhergefahren“, sagte einer der beiden. Bei der Polizei sollen sie sogar noch lautstark protestiert haben, was das soll, das Fahrzeug sei doch schließlich versichert. Auch vor Gericht blieb der Angeklagte dabei, das sei alles keine Absicht gewesen, man habe sich keinen Vorteil verschaffen wollen.

Sehr zum Nachteil sollte es den beiden gereichen, dass sie bei der Justiz keine unbeschriebenen Blätter waren. Die Frau hatte vier, der Mann elf Vorstrafen. Während im Register der Frau drei Jugendstrafen und eine Bewährungsstrafe wegen Betrugs standen, war der Mann bereits mehrfach im Gefängnis, zuletzt 2014 sieben Monate lang wegen Falschgeld.

Selbst wenn beide wirklich geglaubt haben sollen, dass der Nummerntausch rechtens ist, gab der Vertreter der Staatsanwaltschaft zu bedenken: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“ Der Staatsanwalt gab dem Pärchen mit auf den Weg: „Erst ummelden, dann umschrauben.“ Gegen die Frau forderte der Anklagevertreter eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro (4500 Euro). Im Falle des Angeklagten plädierte der Staatsanwalt auf eine Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung. Der Angeklagten habe immer wieder hartnäckig die Rechtsordnung unterlaufen, da sei keine Bewährung mehr möglich.

Richterin Tettmann sah dies anders und urteilte auf drei Monate mit Bewährung. Der Angeklagte habe Arbeit und befinde sich in einer gefestigten Beziehung. Als Auflage muss er allerdings 1000 Euro an den Bewährungshilfeverein „Fähre e.V.“ in Bayreuth überweisen. Auch bei der Angeklagten schraubte die Richterin die Forderung des Staatsanwalts auf 60 Tagessätze zu jeweils 40 Euro (2400 Euro) herunter. Genauso wie ihr Lebensgefährte habe die Frau den Sachverhalt vor Gericht eingeräumt. Die unterschiedlichen Strafen erklären sich im Wesentlichen mit dem unterschiedlichen Vorstrafenregister.

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22.03.2018

Keine Regeln, kein Respekt, da platzte der Lehrerin der Kragen / Kulmbacher Pädagogin vor Gericht: Verfahren wegen Körperverletzung im Amt eingestellt

Kulmbach. Der Beruf des Lehrers ist alles andere als einfach. Zumal in einer Zeit, in der ein völlig harmloser Klaps auf den Hinterkopf gleich als Körperverletzung im Amt angezeigt wird und eine Lawine von Ermittlungen lostritt. So geschehen im Fall einer 57 Jahre alten Fachlehrerin einer Kulmbacher Schule. Nach stundenlanger Verhandlung fällte das Gericht die einzig richtige Entscheidung und stellte das Verfahren ein. Allerdings gegen eine Geldauflage in Höhe von 1500 Euro.

Während der zwölfjährige Schüler schon bei der Polizei zugeben musste, dass er eigentlich kaum Schmerzen erlitten habe, hatte ihm die Lehrerin bereits 400 Euro Schmerzensgeld als Zeichen des guten Willens überwiesen. Der Frau hat der Streit so gesetzt, dass sie sich in psychiatrische Behandlung begeben musste und mittlerweile gegen Abschläge die Frühpension angetreten hat. Sie kritisierte in der Verhandlung auch, dass sie nach dem Vorfall total allein gelassen wurde, sogar von der Schulleitung.

Nach der großen Pause am 27. Januar des vergangenen Jahres wollte die Lehrerin mit den beiden 6. Klassen zum Fachunterricht in den Kochraum gehen, als der zwölfjährige einmal mehr auffällig wurde. Angeblich hatte ihn ein Mitschüler getreten und er schrie laut auf. Da platzte der Lehrkraft der Kragen und sie verpasste dem Schüler einen Klaps gegen den Kopf. Das war alles, eine „schallende Ohrfeige ins Gesicht“, wie teilweise von dem Schüler beschrieben, konnte nicht bewiesen werden. Ebenso wenig konnte das Gericht den ursprünglichen Vorwurf, dass die Frau den Schüler am Pullover gepackt und hochgerissen habe, nachweisen.

Die Lehrerin sei eher nicht so seine Wellenlänge gewesen, sagte der Schüler vor Gericht. Während der Bub in seiner polizeilichen Vernehmung noch von „ein bisschen leichten Schmerzen“ sprach, fand er es jetzt vor Gericht schon schlimm und gab vor, Angst vor der Lehrerin gehabt zu haben.

Eine ganz andere Aussage kam von der Angeklagten. Alle Fachlehrer hätten Probleme mit dieser Klasse gehabt. Eine Gruppe habe massiv versucht, den Fachunterricht zu stören. „Es gab immer Theater, von Anfang an“, sagte die Frau. „Er hat ständig absolut keine Regeln beachtet, kein Respekt, nichts.“ Der Zwölfjährige sei auch an diesem Tag nach der Pause nicht pünktlich im Klassenzimmer erschienen, habe sie schon vorher geschubst und an der Tür zum Klassenzimmer gerüttelt. Da habe sie sich provozieren und zu diesem Klaps hinreißen lassen.

Die Frau berichtete auch davon, wie sie das Gespräch mit den Eltern des Jungen gesucht habe und wie die Mutter einfach den Hörer „draufgeknallt“ habe. Sie hätten es einfach draufankommen lassen. Mit dem Jungen selbst zu sprechen sei schon gar nicht möglich gewesen. Im Gegenteil: danach sei sie von dem Zwölfjährigen, offensichtlich aus Triumpf über die Anzeige gegen sie, regelrecht mit Häme übergossen worden. Die Jugendkontaktbeamtin der Polizei hatte zuvor berichtet, dass die Familie des Buben polizeibekannt sei und dass der Junge schon einmal wegen Diebstahls mit der Polizei zu tun hatte.

Für die Lehrkraft waren die Folgen allerdings verheerend. Erst nach Wochen habe sie gemerkt, wie ihr die ganze Sache zusetzt. Sie habe sich dann in psychiatrischer Behandlung begeben und schließlich für sich den Entschluss getroffen, den Lehrerberuf aufzugeben. „Es war nicht mehr leistbar, es war unerträglich“, sagte die Frau. Als Grund dafür gab sie unter anderem an, dass sie total allein gelassen wurde.

Vor Gericht pflichtete ihr allerdings ein Kollege bei. Die Klasse sei schon relativ schwierig gewesen, sagte der Mann, der ebenfalls als Fachlehrer an der gleichen Schule tätig ist. Einige Schüler hätten halt immer wieder ausprobiert, wie weit sie gehen können, bis der Lehrer entsprechend reagiert. Zu diesen Schülern habe auch der Zwölfjährige gehört. „Man musste ihn schon immer irgendwie zurechtweisen“, so der Lehrer.

Der Fall habe nichts mit dem klassischen Fall einer Körperverletzung im Amt zu tun, machte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft der Verhandlung schließlich ein Ende, indem sie eine Einstellung beantragte. Die Schmerzen seien weit im untersten Bereich angesiedelt, der Zwölfjährige habe sich teilweise selbst widersprochen, von einem richtigen Schlag könne keine Rede sein. Dagegen seien die Konsequenzen für die Angeklagte erheblich. Das sah Richterin Sieglinde Tettmann genauso. Als Geldauflage im untersten Bereich setzte sie 1500 Euro zu Gunsten des Kinderschutzbundes fest. Die Lehrerin ist damit nicht vorbestraft.

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15.03.2018

Haft statt Urlaub: 38-jährige Frau muss wegen mehrfachen Betrugs ins Gefängnis

Kulmbach. Zehn Tage Urlaub auf der Insel Fehmarn zum Nulltarif: wer hätte das nicht gerne. Statt nach Fehmarn muss eine 38-jähige Frau aus dem Landkreis nun aber erst einmal ins Gefängnis. Wegen Betrugs in zwei Fällen verurteilte sie das Amtsgericht zu einem Jahr ohne Bewährung. Die Frau hatte eine Ferienwohnung angemietet, war der Eigentümerin aber bis heute knapp 500 Euro schuldig geblieben. Die Strafe fiel deshalb relativ hoch aus, weil es nicht ihr erster Betrug war. Die 38-Jährige hatte sieben einschlägige Vorstrafen, war bereits zu Freiheitsstrafen verurteilt worden und hat bereits Hafterfahrung.

Über einen Tourismusservice hatte die Frau die Wohnung für sich und ihren Lebensgefährten angemietet. Eine Anzahlung über 148 Euro hatte sie noch geleistet und vor Ort weitere 120 Euro bezahlt. Für den Restbetrag von knapp 500 Euro erfand sie dann gegenüber der Vermieterin immer neue Ausreden. Von einem Zahlendreher bei der Überweisung war die Rede, die Frau schimpfte auf ihre Bank, weil die Überweisung angeblich verschlampt wurde, und zuletzt legte sie der Vermieterin den Durchschlag eines Überweisungsbelegs vor, der so nie aufgegeben wurde. Fakt ist, die Vermieterin wartet bis heute noch auf ihr Geld.

Dazu kommt ein zweiter Betrug. Übers Internet hatte die Frau bei einem Verlag mehrere Bücher im Wert von gut 50 Euro bestellt und zur Bezahlung per Lastschriftverfahren ein Konto angegeben, das gar nicht mehr existierte. Das war schon länger aufgelöst. Im Gegensatz zu der Ferienwohnung sind die Bücher mittlerweile bezahlt. Aber auch war die Angeklagte lange nicht um Ausreden verlegen. Ihr altes Konto müsse wohl noch immer im System des Verlages gespeichert gewesen sein, weil sie dort früher schon mal etwas bestellt hatte, behauptete sie noch in der Verhandlung.

Ausreden waren ohnehin die Stärke der Frau. Bereits vor einigen Wochen sollte die Verhandlung schon einmal stattfinden. Damals hatte die Angeklagte behauptet, irgendjemand habe die Bücher ohne ihre Kenntnis über ihre Mailadresse bestellt. Um das widerlegen, ließ das Gericht neue Ermittlungen anstellen, die das klar widerlegten. Auch die Zimmervermieterin musste eigens aus Fehmarn nach Kulmbach anreisen. „Bei mir blieb die Angeklagte bis zum Ende bei ihrer Version, dass der Fehler bei der Bank liegt und nicht bei ihr“, sagte die Vermieterin. Seitdem sie den Vorfall zur Anzeige gebracht hatte, habe sie von der Angeklagten nichts mehr gehört.

Zwischen 2006 und 2016 listete Richterin Sieglinde Tettmann sieben Einträge im Bundeszentralregister auf. Ale sieben wegen Betrugs, teilweise in mehreren Fällen. Zunächst war die Angeklagte noch mit Geldstrafen davongekommen, dann mit Bewährungsstrafen, dann mit ersten Widerrufen und kurzen Gefängnisaufenthalten. Und das alles habe sie nicht davon abgehalten, erneut zwei Betrugsdelikte zu begehen, wunderte sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Nochmal eine Bewährungsstrafe, das wäre für niemanden mehr verständlich, so der Anklagevertreter, der auf ein Jahr und drei Monate plädierte.

Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach forderte dagegen elf Monate mit Bewährung. Er machte vor allem die desolaten finanziellen Verhältnisse der Frau geltend. Jetzt habe sich dagegen die Lebenssituation der Frau deutlich stabilisiert, unter anderem habe sie Arbeit in Aussicht.

Das sah Richterin Tettmann anders. Vor dem Hintergrund der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, könne sie nicht davon ausgehen, dass sie die Angeklagte tatsächlich künftig straffrei führt. Die Frau habe bis zuletzt zahlreiche fantasievolle Geschichten erfunden und andere wie etwa ihre Bank verantwortlich gemacht. Alle bisherigen Strafen hätten die Frau nicht beeindruckt, so dass diesmal eine einjährige Haftstrafe zwingend sein müsse. Als Verurteilte trägt die Angeklagte außerdem die Kosten des Verfahrens, dazu gehört auch die Anreise der Zeugin aus Fehmarn.

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03.02.2018

Polizisten beleidigt: 26-jähriger Kulmbacher muss ins Gefängnis

Kulmbach. „Irgendwann war das Maß voll.“ Mit diesen Worten brachte es eine Polizistin auf den Punkt, was ihr und ihren drei Kollegen von der Hundertschaft Würzburg am zweiten Bierfestwochende am 4. August kurz nach 23 Uhr in der Lichtenfelser Straße passiert war. Ein 26-jähriger Arbeiter aus Kulmbach hatte die vier Polizisten nicht nur übel beleidigt, sondern ihnen auch den Stinkefinger gezeigt. Das sollte dem jungen Mann jetzt teuer zu stehen kommen. Vor dem Amtsgericht wurde er zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt.

Eine Bewährung sei da nicht mehr drin, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Zumal der Angeklagte auf dem Flur vor dem Sitzungssaal im Justizgebäude einen entscheidenden Fehler gemacht hatte. Zu seiner Betreuung sagte er laut: „Sind die Bullen schon da?“ Die vier Beamten saßen nebenan im Zeugenzimmer und hörten die Worte des Angeklagten deutlich mit. „Das zeigt doch keinerlei Respekt“, sagte die Polizistin aus Würzburg. Richterin Tettmann nannte das Verhalten des Angeklagten „despektierlich“. Sie gab dem Angeklagten mit auf den Weg: „Erst denken, bevor man etwas tut.“

Wie berichtet hatte der junge Mann alkoholbedingt keinerlei Erinnerung mehr an die Taten. Das Gericht musste deshalb die betroffenen Polizisten als Zeugen laden. Übereinstimmend sagten die Beamten aus, dass sie vor dem Getränkemarkt einen Streit schlichten wollten, an dem der Angeklagte beteiligt war. Ihm erteilten sie dabei einen Platzverweis, was der 26-Jährige mit dem Zeigen des Stinkefingers und dem Wort „Hurensöhne“ quittierte.

Doch damit nicht genug. Streitsüchtig kam der Angeklagte trotz Platzverweis nach einiger Zeit an den Ort der Auseinandersetzung zurück, um sich erneut mit den Beamten anzulegen. Einmal mehr ließ er dabei die übelsten Beleidigungen vom Stapel, bis ihn die Polizisten in Gewahrsam nahmen und eine Identitätsfeststellung durchführten. Einen Alkoholtest habe der Angeklagte verweigert. Eine zwangsweise Blutentnahme wäre unverhältnismäßig gewesen, so die Zeugin.

Obwohl zwei der Polizisten ausführlich als Zeugin vernommen wurden, kam der Angeklagte dabei nicht auf die Idee, sich zu entschuldigen. Sein Vorstrafenregister sprach allerdings Bände. Schon zweimal wurde er wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt. Zuletzt erhielt er wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung eine sechsmonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung.

Mit in das Urteil einbezogen wurde eine Geldstrafe von 480 Euro wegen einer Sachbeschädigung. In der Nähe des Soccer Courts hatte der Angeklagte im Sommer des vergangenen Jahres eine Scheibe eingetreten und dabei einen Sachschaden von 500 Euro hinterlassen. Grund war, dass sich andere angeblich über ich lustig gemacht hatten.

Auf sechs Monate ohne Bewährung plädierte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte sei mehrfach vorbestraft und habe zwei Bewährungen offen. Alle bisher verhängten Strafen, Arbeitsleistungen, Geldstrafe, Bewährungsstrafen und sogar eine kurze Haftstrafe hätten den jungen Mann nicht beeindruckt, so dass sie keine Möglichkeit für eine Bewährung sehe. Anders Verteidiger Ralph Pittroff aus Kulmbach. Er plädierte auf vier Monate mit Bewährung. Hintergrund sei, dass sich sein Mandant um ein Anti-Aggressionstraining bemüht habe. Im April wolle er damit beginnen.

Daraus wird jetzt wohl erst einmal nicht mehr, denn Richterin Tettmann schickte den Angeklagten ins Gefängnis. Sie sprach von einer Vorsatztat während einer laufenden Bewährung. Besonders übel nahm es die Richterin, dass sich der Angeklagte noch im Gerichtsgebäude abfällig über die Polizisten geäußert hatte.

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27.02.2018

Schmutzige Bilder auf Handy geschleust / 20-jähriger Kulmbacher wegen Besitzes von Kinderpornos verurteilt

Kulmbach. 22 Fotos mit widerlichen kinderpornographischen Aufnahmen hatte ein 20-jähriger Mechaniker aus dem Landkreis auf seinem Handy und auf seinem Laptop. Das Kulmbacher Amtsgericht verurteilte ihn deshalb jetzt zu einem Geldbetrag in Höhe von 2000 Euro. Der junge Mann muss außerdem die Kosten des Verfahrens tragen, sein Mobiltelefon und sein Laptop wurden entschädigungslos eingezogen.

Damit hatte der Arbeiter aber noch Glück, denn Jugendrichter Christoph Berner verurteilte ihn nach Jugendstrafrecht. Mit 20 Jahren gilt er im Sinne des Gesetzes als Heranwachsender. Aufgrund von Reifeverzögerungen entschied das Gericht auf eine Jugendstrafe. Nach dem Erwachsenenstrafrecht wäre der Angeklagte weit höher härter bestraft worden, vielleicht sogar mit einer Freiheitsstrafe.

Irgendwann Ende 2016, Anfang 2017 hatte die Polizei auf dem Handy des jungen Mannes 17, auf dem Laptop fünf weitere Fotos entdeckt, die jeweils Mädchen unter 14 Jahren in eindeutigen sexuellen Posen zeigten. Trotzdem, oder auch gerade deshalb gab sich der Angeklagte wortkarg. Während der polizeilichen Ermittlungen sagte er gar nichts, bei der Jugendgerichtshilfe nicht viel. Vor Gericht ließ er zunächst seinen Anwalt, Verteidiger Ralf Stübinger aus Kulmbach sprechen.

Kinderpornographie sei seinem Mandanten fern, sagte der Anwalt. Irgendjemand müsse die Bilder auf sein Handy und seinen Laptop geschleust haben, so hieß es. Tatsächlich hatte die Polizei während der Ermittlungen in den Verlaufsprotokollen der Geräte keinen Suchtreffer gefunden, der irgendwie auf Kinderpornographie hindeuten würde. Ganz ausschließen konnte man die Version des Angeklagten nicht, für eine Verurteilung reicht aber schon alleine der Besitz aus. „Wie die Sachen draufgekommen sind, wusste er nicht“, so der Verteidiger. Er habe aber gewusst, dass sie drauf waren.

Zum Nachteil des Angeklagten sollten seine insgesamt vier Vorstrafen gereichen. Sachbeschädigung, Unfallflucht, fahrlässige Körperverletzung und zuletzt Drogenbesitz. Trotz seiner jungen Jahre hatte es der Angeklagte bereits zu einem stattlichen Vorstrafenregister gebracht. Weil er die letzte Geldauflage in Höhe von 1800 Euro bislang nur zur Hälfte bezahlt hatte, wurde das Drogenurteil vom April 2017 in die jetzige Strafe miteinbezogen. Zehnmal hatte der junge Mann damals von einem anderweitig Verfolgten Marihuana gekauft und selbst, beziehungsweise zusammen mit Freunden konsumiert.

Den Tatvorwurf bestätigt sah Staatsanwalt Roland Köhler. Er beantragte eine Geldauflage von 2100 Euro und wertete dabei besonders die Vorstrafen des Angeklagten als negativ. Verteidiger Stübinger sah 1800 Euro als ausreichend an. Richter Berner entschied schließlich auf 2000 Euro wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen (Handy und Laptop). Das Geld soll innerhalb der kommenden zwölf Monate dem Verein Avalon zu Gute kommen, der sich um den Schutz von Opfern solcher Straftaten kümmert. „Die Angelegenheit ist relativ eindeutig“, sagte Berner. Der Richter rechnete dem Angeklagten unter anderem sein Geständnis als positiv an, ebenso die Tatsache, dass er sich von vornherein mit der Einziehung seiner technischen Geräte einverstanden erklärt hat.

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06.02.2018

Brand in Hutschdorf: Am Ende steht ein Freispruch

Bei einem verheerenden Band im Hutschdorf war am 8. Juni des vergangenen Jahres ein Schaden in Höhe von über 120 000 Euro entstanden. Gleich mehrere Nebengebäude und Geräteschuppen wurden ein Raub der Flammen. Rund 80 Feuerwehrleute waren seinerzeit im Einsatz. Im Juli hatten die Ermittler dann eine Verdächtige im Visier, sie wurde auch angeklagt. Den Brand gelegt haben sollte eine Seniorin, die eines der betroffenen Häuser bewohnt. Ob es die Rentnerin wirklich war, versuchte das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt herauszufinden.

Beim Ermitteln der Wahrheit taten sich die Richter durchaus schwer, auch weil die Frau jede Aussage verweigerte, was ihr Recht ist. Das Gericht verhandelte bis zum späten Nachmittag und entschied letztlich auf Freispruch - nach dem Motto "Im Zweifel für die Angeklagte". Zwei Dinge sprachen für die Seniorin als Täterin: Ganz kurz bevor der Brand ausgebrochen war, wurde sie genau an der Tür des Schuppens gesehen, der später als Zentrum des Feuers ausgemacht wurde. Außerdem hatte die Frau im Streit wenige Minuten zuvor ihrer Enkelin gegenüber geäußert: "Wenn das so weiter geht, zünde ich das alles an."

Die Angeklagte bewohnt mit der vierköpfigen Familie ihrer Enkelin ein Haus in Hutschdorf. Immer wieder habe es Streit wegen verschiedener Kleinigkeiten gegeben, berichtete die Enkelin. Diesmal war ein Schlüssel abgängig. "Sie hat mich und meine Kinder beschimpft und beschuldigt", sagte die Enkelin, eine 27 Jahre alte Frau. Sie hatte ihre Oma auch vom Badezimmerfenster aus an der Tür des Schuppens gesehen. Daraufhin war sie nach unten gegangen, diskutierte erneut wegen des Schlüssels, als plötzlich erste Rauchschwaden zu sehen waren.

Der Brand war insofern verheerend, als dass er zahlreiche Nebengebäude in Mitleidenschaft zog. Nur dem Einsatz der Feuerwehren aus Hutschdorf, Thurnau, Kulmbach, Altenplos, Buchau/Dörfles, Kasendorf und Neudrossenfeld mit 80 Mann war es zu verdanken, dass das Feuer nicht auf die Wohngebäude übergriff. Allerdings mussten damals einige Personen wegen Rauchvergiftungen behandelt werden.

Die Enkelin sagte auch: "Ich habe keine Ahnung, wie das Feuer entstanden ist." Ob es die Seniorin war, darauf konnte die junge Frau keine Antwort geben. Im Schuppen waren beispielsweise auch viele Sachen des verstorbenen Opas. Sie könne sich nicht vorstellen, dass ihre Großmutter das alles mutwillig anzünden würde. Die Geräteschuppen hatte der Großvater sogar selbst gebaut. "Das war praktisch sein Lebenswerk"; so die Zeugin. Sie könne nicht glauben, dass die Großmutter gerade das anzünde, was ihr so viel bedeute.

Auf der anderen Seite hatte die Seniorin seit dem Brand immer dann emotional und aufgebracht reagiert, wenn man sie darauf angesprochen hatte. "Sie wollte davon nichts hören", sagte die Enkelin. Wer es denn sonst gewesen sein könnte, wollte die vorsitzende Richterin wissen und erntete erst einmal Achselzucken. Vor Jahren habe sie nachts einmal jemanden mit einer Taschenlampe um die Geräteschuppen schleichen sehen. Das sei aber ganz offensichtlich jemand aus dem Ort gewesen, der neugierig war, weil am gleichen Tag eine Holzpellets-Lieferung eingetroffen und im Schuppen deponiert worden war.Kurz vor dem Brand sollen auch öfter Zigarettenkippen auf dem Grundstück gelegen haben. "Das fand ich sehr komisch, denn bei uns raucht niemand", so die Zeugin. Woher die Kippen, zwei bis drei pro Tag, kamen, wusste letztlich niemand zu sagen.

Ein Beamter der Kriminalpolizei berichtete von den Ermittlungen und auch davon, dass alle anderen Ursachen, wie technischer Defekt oder Selbstentzündung einer leicht brennbaren Flüssigkeit ausgeschlossen werden konnten. Übrig blieb einzig und allein menschliches Fehlverhalten. Der Polizist berichtete auch von einer Vernehmung der Enkelin, bei der die ebenfalls anwesende Großmutter plötzlich rettungsdienstlich versorgt werden musste.
Weil am Schluss nicht zweifelsfrei feststand, dass die Seniorin die Täterin war, endete der Prozess mit einem Freispruch.

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06.02.2018

Servicekraft ließ Schnaps, Sekt und Champagner mitgehen / Über 14000 Euro Schaden - Staatsanwalt hatte Haftstrafe beantragt

Kulmbach. Da staunte der Wirt eines noblen Restaurants im Kulmbacher Landkreis nicht schlecht, als er aus Neugier per Ebay Kaffee bestellte und genau den bekam, der ihm abgängig war. Sogar in eine Tischdecke des Restaurants soll die Tüte eingewickelt gewesen sein. Beim Blick auf den Account des Verkäufers, ebenfalls aus dem Landkreis Kulmbach, kam dann der große Schock. Da standen etliche Wein-, Likör-, Schnaps-, Sekt- und Champagnerflaschen zum Verkauf. Alles genau die Sorten, die auch im Restaurant angeboten wurden. Nun musste man nur noch eins und eins zusammen zu zählen, denn der Verkäufer war als Servicekraft und Kellner bei ihm beschäftigt. Eine Hausdurchsuchung brachte dann letztlich Licht ins Dunkel, die Beamten fanden noch zahlreiche Flaschen in seiner Wohnung, der Mann, wurde noch am selben Tag fristlos entlassen.

Wegen Diebstahls in 189 Fällen, Betrugs in 20 Fällen, versuchten Betrugs in 24 Fällen und Urkundenfälschung in 20 Fällen wurde der 44-Jährige aus dem Landkreis Kulmbach vom Amtsgericht zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Dabei hatte er großes Glück, denn der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten gefordert.

Insgesamt hatte der Angeklagte im Zeitraum von Anfang 2013 bis Ende 2016 in über 200 Fällen alkoholische Getränke mitgehen lassen. Auch einige Packungen Kaffee waren darunter. Den Gesamtwert der Ware bezifferte die Staatsanwaltschaft auf über 14000 Euro. Einige Flaschen behielt der Mann für sich oder verschenkte sie, den Großteil verscherbelte er auf Ebay. Hier ging die Staatsanwaltschaft von einem Erlös in Höhe von gut 3250 Euro aus. Dabei ging der Angeklagte durchaus planvoll vor. Erschien ihm der Erlös zu niedrig, ersteigerte er seine eigene Ware über einen zweiten Account zurück.

In einem weiteren Anklagepunkt hatte der Mann ebenfalls im Zeitraum 2013 bis 2016 eingelöste Gutscheine manipuliert. Er setzte einfach immer eine „1“ vor dem Betrag und erhöhte so den angeblichen Wert des Gutscheins um 100 Euro. Diesen Betrag nahm er dann ganz einfach für sich aus der Kasse.

„Ja, ich gebe alles zu“, sagte der Angeklagte zum Auftakt der Hauptverhandlung. Viel mehr blieb ihm auch nicht übrig, denn er galt längst als überführt. Als Grund für sein Handeln gab er an, dass er das Geld gebraucht habe, um zwei Kredite zurückzuzahlen. Außerdem habe er sich geärgert, dass er so wenig bis gar kein Trinkgeld von den meisten Gästen bekam. Dabei wäre er darauf bei einem Nettolohn von 1300 Euro dringend angewiesen gewesen.

In den meisten Fällen hatte der Angeklagte die Flaschen, die er für sich behielt, einfach auf die Rechnung von Gästen geschrieben, die ohnehin einen höheren Betrag begleichen sollten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sein Handeln auffliegt, war demnach relativ gering.

Zur gleichen Zeit, als der Restaurantbesitzer den Kaffee auf Ebay entdeckte, stellte auch sein Steuerberater fest, dass etwas mit dem Wareneinsatz nicht passt. So stimmten Kassenbons und Rechnungen nicht mit den abgegebenen Gutscheinen überein.

„Wir hätten ihm nicht mal zugetraut, dass er eine Briefmarke klaut“, sagte der Chef des Restaurants im Zeugenstand. Bei ihm entschuldigte sich der Angeklagte per Handschlag im Gerichtssaal. Der Restaurantbesitzer nahm die Entschuldigung achselzuckend entgegen.

Der Angeklagte habe sich über seine berufliche Stellung über Jahre hinweg rechtswidrig bereichert, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe gezielt das Vertrauen seines Chefs ausgenutzt. „Der Schaden ist einfach zu hoch, die kriminelle Energie zu groß“, sagte der Anklagevertreter und fordert die Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.

Auf eine wesentlich mildere Strafe plädierte dagegen Verteidiger Ralph Pittroff. Sein Mandant habe bereits fast 4500 Euro an Schadenswidergutmachung geleistet. Für den Rest gebe es eine Schuldanerkenntnis und ein Ratenzahlungsabkommen. Das zeige, dass sein Mandant seine Schuld einsieht und von seinen Taten selbst betroffen ist. Aufgrund einer günstigen Sozialprognose, der Angeklagte hat wieder eine neue Arbeitsstelle gefunden, beantragte der Verteidiger eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung.

Nach langer Beratung entschied sich das Schöffengericht und dem Vorsitz von Nicole Allstadt auf zwei Jahre mit Bewährung. Das ist die höchste Strafe, die überhaupt noch auf Bewährung ausgesetzt werden kann. Zusätzlich muss der Angeklagte über 10000 Euro als Wertersatz zurückzahlen und 250 Stunden unentgeltliche gemeinnützige Arbeit leisten. „Was sie gemacht haben, ist nicht zu entschuldigen“, sagte die Richterin zum Angeklagten. Arbeit leisten. „Was sie gemacht haben, ist nicht zu entschuldigen“, sagte die Richterin zum Angeklagten.

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01.02.2018

Mädchen identifizierte Mann aus dem Gebüsch / Kulmbacher Rentner soll beim Alten Friedhof als Exhibitionist aufgetreten sein

Kulmbach. Die Vorwürfe bestreitet er, gewisse Neigungen nicht: gleich zwei Mal soll sich ein 67-jähriger Rentner aus Kulmbach im Bereich des Alten Friedhofs im Gebüsch versteckt und seinen Penis vorgezeigt haben. Die Staatsanwaltschaft hat ihn deshalb wegen exhibitionistischer Handlungen angeklagt. Zu einem Urteil kam es dabei allerdings noch nicht, der Prozess muss fortgesetzt werden.

Es war zwei Mal das gleiche Mädchen, dem sich der Mann mit heruntergelassener Hose präsentierte. Nachdem der Angeklagte die Vorwürfe hartnäckig bestritt, musste das Kind in den Zeugenstand. Ob es tatsächlich der Angeklagte war, der da stand, das konnte die elfjährige Schülerin nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Wenn sie auch das Gesicht nicht sehen konnten, ihre Beschreibung passte genau. Halblaut und sichtlich unsicher beschrieb das Mädchen, wie der Mann ohne Hose da stand und zumindest beim ersten Mal auch in Richtung Gehsteig urinierte.

Auf den Angeklagten sei man sehr schnell gekommen, berichtete der ermittelnde Polizeibeamte. Nachdem die Mutter des Mädchens Anzeige erstattet hatte, habe man der Schülerin verschiedene Bilder Ganzkörperbilder von verschiedenen Männer vorgelegt, darunter auch ein Foto des Angeklagten. Und genau den hatte das Mädchen sehr schnell als den Mann aus dem Gebüsch identifiziert. „Wenn es einer von denen war, dann der“, soll das Mädchen gesagt und auf das Bild des Angeklagten gedeutet haben. Damit war für den Beamten der Fall relativ klar, denn der Angeklagte war bereits polizeibekannt.

In der Folge platzierten die Beamten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft einige Tage lang eine Minikamera genau an dem fraglichen Punkt nahe des Kriegerdenkmals. Nur kurze Zeit später sei der Angeklagte auf den Bildern „in eindeutiger Pose“ zu sehen gewesen. Er habe auch beim ersten persönlichen Kontakt mit dem Angeklagten den Eindruck gehabt, dass er genau wusste, worum es geht, sagte der Polizist.

Der Angeklagte habe in der Folge auch zugegeben, dass er den inneren Drang verspüre, seinen Penis in der Öffentlichkeit zu zeigen. Allerdings nicht vor Kindern, so soll es der Angeklagte der Polizei gegenüber geäußert haben. Der ursprünglichen Erklärung, er habe dringend urinieren müssen, hatten die Beamten schon aus dem Grund keinen Glauben geschenkt, da sich genau gegenüber auf der anderen Straßenseite eine öffentliche Toilette befindet.

Der Angeklagte selbst ließ in der Hauptverhandlung über seinen Verteidiger Werner Brandl aus Kulmbach erklären, dass er die Vorwürfe bestreite. Auch wenn er gewisse Neigungen verspüre, habe er so etwas vor Kindern noch nie gemacht. Darüber hinaus kann er es zu den genannten Tagen ausschließen. An einem der Tage sei er beispielsweise bei einer Therapeutin in Nürnberg gewesen, was sich leicht nachweisen lässt. „Ich kann bloß sagen, dass ich es nicht war“, behauptete der Mann. Er habe sich lediglich ein einziges Mal in dem Gebüsch am Alten Friedhof aufgehalten, genau da, als die Kamera der Polizei lief.

Um Licht ins Dunkel zu bringen und die Sache vielleicht doch noch genau aufklären zu können, will Richterin Sieglinde Tettmann nun noch die Vernehmungsbeamtin des Mädchen und dessen Mutter als Zeugin laden. Für Verteidiger Brandl war allerdings bereits klar, selbst wenn der Angeklagte im Gebüsch gestanden haben sollte, liegen keine exhibitionistischen Handlungen vor. Grund dafür, sein Mandant habe lediglich uriniert, nicht aber an seinem Glied manipuliert.

Über die Vorstrafen des Angeklagten wurde bislang noch nichts bekannt, sicher ist allerdings, dass er unter Bewährung steht und eine Bewährungshelferin an seiner Seite hat. Sollte der Angeklagte verurteilt werden, müsste er wohl mit einer Gefängnisstrafe rechnen.

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09.02.2018

Exhibitionist auf dem Schulweg / Amtsgericht schickt 67-jährigen Rentner ins Gefängnis

Kulmbach. Wegen exhibitionistischer Handlungen hat das Amtsgericht einen 67-jährigen Rentner aus Kulmbach zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Richterin Sieglinde Tettmann sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte gleich zweimal im Bereich des Alten Friedhofs entlang der Pestalozzistraße einem 10-jährigen Mädchen auflauerte und sich entblößte. Der Mann hatte die Taten abgestritten. Gleichwohl war er mehrfach wegen exhibitionistischer Handlungen vorbestraft und hatte deshalb auch eine offene Bewährung.

Wie berichtet hatte der Mann gewisse Neigungen nicht bestritten. Er befindet sich deshalb auch in therapeutischer Behandlung in Nürnberg. Das zu leugnen wäre auch zwecklos gewesen, denn der Mann hat bereits mehrere Vorstrafen wegen exhibitionistischer Handlungen in seinem Register.

Gleichwohl hatte der Mann die Vorwürfe bestritten. Obwohl er an der gleichen Stelle sogar schon von einer versteckten Kamera aufgezeichnet wurde. Weil niemand vorbeigekommen war, wurde ein entsprechendes Verfahren eingestellt. Der Rentner behauptete, er habe uriniert. Warum er dazu nicht über die Straße zum dortigen öffentlichen WC gegangen war, konnte er nicht erklären. Seltsam mutete auch an, dass er sein Gesicht versteckte und stattdessen alles andere präsentierte.

Wenn die heute elfjährige Schülerin den Angeklagten auch nicht mehr im Gerichtssaal identifizieren konnte, so hatte sie ihn dennoch auf einer Lichtbildvorlage der Polizei eindeutig wiedererkannt, auch ohne das Gesicht zu sehen. Für das Gericht war dies später das stärkste Indiz für die Täterschaft des Angeklagten. Halblaut und sichtlich unsicher hatte das Mädchen vor Gericht beschrieben, wie der Mann ohne Hose da stand und an seinem Glied manipulierte.

Wenig Licht ins Dunkel konnte am zweiten Verhandlungstag eine Vernehmungsbeamtin der Polizei bringen. Das Kind sei klar und gefasst gewesen, als es mit seiner Mutter auf der Wache erschienen war, um Anzeige zu erstatten.

Eine Haftstrafe von einem Jahr ohne Bewährung hatte Staatsanwalt Bernhard Böxler in seinem Plädoyer beantragt. Für ihn galt der Angeklagte aufgrund der eindeutigen Aussagen der Schülerin als überführt. Der Anklagevertreter sprach die einschlägige Vergangenheit des Rentners an, so habe der Mann bereits früher die gleiche Stelle genutzt, um sexuell motivierte Handlungen an sich vorzunehmen. Der Staatsanwalt nannte den Angeklagten einen Bewährungsversager und nahm es ihm besonders übel, dass er dem Mädchen nicht die Aussage ersparte.

Auf Freispruch plädierte dagegen Verteidiger Werner Brandl aus Kulmbach. Die Identifizierung sei nicht eindeutig gewesen, außerdem gebe es Widersprüche in der zeitlichen Abfolge. Nach dem Motto, dass es sein Mandant ja schon immer so gemacht habe, sei ein Indiz, das für eine Verurteilung nicht ausreiche.

Richterin Tettmann sah die ganz anders. Es gebe keinen vernünftigen Zweifel, dass es der Angeklagte war, sagte sie. Der Rentner habe den Hang zu solchen Handlungen, sei deshalb auch in Behandlung und habe den Angeklagten eindeutig identifiziert. Das Gebüsch am Alten Friedhof sei wohl die Stammstelle des Angeklagten, so die Richterin, zumal dort tagtäglich viele Schüler und Schülerinnen vorbei gehen müssen. Wenn die Strafe mit neun Monaten doch etwas niedriger ausfiel als von der Staatsanwaltschaft beantragt, dann deshalb, weil der Angeklagte seinen Drang zugegeben hatte und sich bereits in einer Therapie befindet. Gleichwohl habe er kein Geständnis abgelegt und dem Mädchen nicht die Aussage erspart. „Am Ende war es ihm wohl egal wer kommt, Hauptsache, er kann sich zeigen“, so die Richterin. Aufgrund der Gesamtumstände sei keine Bewährung mehr möglich.

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01.02.2018

Wegen Ladendiebstahl: Gericht schickt Oma in den Knast / 27 einschlägige Vorstrafen – Selbst Haftstrafen konnten Angeklagte nicht beeindrucken

Kulmbach. Weil sie eine Sonnenbrille und ein paar Klebepunkte im Gesamtwert von knapp zehn Euro gestohlen hatte, muss eine 70 Jahre alte Frau für drei Monate ins Gefängnis. Hintergrund der drastischen Maßnahme ist, dass die Frau bereits 27 Vorstrafen hatte, alle wegen Ladendiebstahls.

Richterin Sieglinde Tettmann und Staatsanwalt Bernhard Böxler waren geradezu sprachlos. „Wir verstehen einfach nicht, warum sie das machen“, sagte Tettmann kopfschüttelnd. Eine richtige Erklärung hatte die Frau auch nicht. „Ich hab das einfach genommen, obwohl ich das gar nicht gebraucht hätte“, sagte die Frau. Auch Geld hätte sie dabei gehabt. Sie sei wieder einmal vom Friedhof gekommen und habe sich geärgert, weil dort angeblich jemand irgendwelche Blumentöpfe umgeworfen hatte. Das war aber schon die ganze Erklärung.

Auch die Mitarbeiterin des Marktes an der Albert-Ruckdeschel-Straße kannte die Angeklagte bereits. Sie arbeite zeitweise noch in einem anderen Markt in Kulmbach und auch dort sei die 70-Jährige schon aufgefallen. Die Verkäuferin berichtete aber auch, dass die Rentnerin am 4. August des vergangenen Jahres durchaus planvoll vorgegangen war. Sie habe genau aufgepasst und in einem Moment, in dem sie sich unbeobachtet fühlte die Waren in ihrem Korb versteckt. Nachdem sie die Dame angesprochen hatte, soll sie darum gebeten haben, die Sache „irgendwie so“ zu regeln. „Das geht freilich nicht“, meinte die Verkäuferin. Da würde sie ja ihrem Arbeitsplatz gefährden. Also rief sie die Polizei und  verlangte die „Fangpprämie“ in Höhe von 50 Euro.

Die meisten der 27 Eintragungen im Strafregister wurden wegen Schuldunfähigkeit eingestellt. Der erste Ladendiebstahl reichte dabei bis in das Jahr 1989 zurück. Im Jahr 2010 wurden zwei Bewährungen widerrufen und die Frau musste zwei kurze Freiheitsstrafen teilweise absitzen. 2012 wurde sie dann wegen Ladendiebstahls in drei Fällen vom Amtsgericht Kulmbach zu neun Monaten ohne Bewährung  verurteilt. Diese Strafe musste die Frau in der Justizvollzugsanstalt Würzburg absitzen.

Ein Gutachten hatte der Frau damals zwar schwierige Lebensumstände bestätigt, war aber nicht von einer Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit ausgegangen. Gleichwohl gab die Frau an, dass sie zeitweise in  psychiatrischer Behandlung war.

Die letztlich auch verhängte Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne Bewährung hatte bereits Staatsanwalt Böxler in seinem Plädoyer beantragt. Bei der Vorgeschichte sei eine Geldstrafe außerhalb jeder Diskussion, sagte der Anklagevertreter. Im Juni 2017 sei die letzte Bewährung der Frau abgelaufen, nicht einmal zwei Monate später sei sie erneut wegen Diebstahls straffällig geworden. „Wie sollte man den da anders reagieren als mit einer Freiheitsstrafe“, so Böxler. Das Gesetz sehe gar nichts anderes vor.

Die gleiche Auffassung vertrat dann auch Richterin Tettmann. „Das ist einer der Fälle, den man gar nicht verstehen kann“, sagte die Richterin. Und das auch noch beim Ladendiebstahl, hier dauere es in der Regel sehr lange, bis man ins Gefängnis muss. Die Angeklagte habe sich allerdings trotz Vorstrafen, Haftstrafen und Reststrafenbewährungen nicht von weiteren Diebstählen abhalten lassen. Da sei nun wirklich keine Bewährungsstrafe mehr möglich.

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31.01.2018

Amateurboxer rastete mehrfach aus / „Vorglühen endgültig vorbei“: 20-jähriger Mann aus Kulmbach wegen Körperverletzung verurteilt

Kulmbach. Er galt als Aushängeschild seines Box-Clubs, war süddeutscher Meister in seiner Klasse, spiele mitunter bundesweit eine Rolle und wurde sogar schon als Olympiahoffnung gehandelt. Doch der Alkohol machte alles zunichte. Mehrfach fing er im Suff an zu schlägern und verletzte andere ganz heftig. Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres wurde der 20-jährige Mann aus Kulmbach jetzt vor dem Amtsgericht in Kulmbach verurteilt. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen sprach das Gericht unter Vorsitz von Christoph Berner einen Jugendarrest, eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro sowie verschiedene andere Auflagen gegen den Auszubildenden aus.

Diesmal hatte sich der Angeklagte am 9. April gegen 4.20 Uhr vor dem Tanzcenter Schwingen einem Pärchen genähert und gefragt, ob er mit ihnen nach Kulmbach fahren könne. Das Pärchen lehnte ab, weil es den Angeklagten nicht kannte. Da wurde er ausfällig, beleidigte die Frau und schlug auf dem Mann ein. Es entstand eine Rangelei bis beide zu Boden gingen, als Folge trug der Geschädigte zwei blaue Augen, eine blutende Verletzung an der Nase und Schürfwunden an den Armen davon.

Bereits wenige Wochen zuvor war es zu einer weiteren Auseinandersetzung im Freundeskreis des Angeklagten gekommen. Beim „Vorglühen“ in der Wohnung seiner Freundin in Bayreuth würgte er einen Bekannten, ein zweiter Bekannter, der zur Hilfe kommen wollte, wurde mit zwei Faustschlägen abserviert. Trotzdem wollten die Beteiligten später noch zusammen in eine Disko Richtung Kulmbach fahren. Im Auto kam es dabei zu weiteren gewalttätigen Übergriffen. Den Fahrer würgte er während der Fahrt, seiner Freundin riss er einen Büschel Haare aus. Bei Leuchau konnte die junge Frau flüchten und die Polizei verständigen.

Vor Gericht konnte der Angeklagte sich praktisch an nichts mehr erinnern. „Ich weiß nicht mehr“, oder „Da habe ich keine Erinnerung“ waren seine Standardantworten auf die Fragen des Gerichts. Kein Wunder: einmal hatte er 1,7 Promille, beim zweiten Mal gut zwei Promille Alkohol im Blut. Nicht einmal was und wieviel er zuvor getrunken hatte, wusste der junge Mann. „Wenn ich besoffen bin, werde ich aggressiv“, soll er gegenüber einem Polizisten geäußert haben.

Ganz großzügig zeigte sich der Geschädigte vom Tanzcenter Schwingen, ein 19-jähriger Azubi aus Kulmbach. Der Angeklagte müsse nicht unbedingt bestraft werden, er habe schon auch ein wenig provoziert, sagte er im Zeugenstand kleinlaut zur Verwunderung aller Prozessbeteiligten. Deutlicher wurde seine Freundin, eine 18-jährige Angestellte aus dem Landkreis. Der Angeklagte sei ziemlich aggressiv gewesen. „Das war schon arg“, sagte die junge Frau. „Richtig kaltblütig“ soll der Angeklagte ausgesehen haben.

Auch die anderen Zeugen bestätigten das Würgen beim Vorglühen, die Faustschläge danach und den Übergriff während der Fahrt. Richtig sauer war komischerweise aber keiner der Geschädigten mehr, sie alle sind mit dem Angeklagten wieder befreundet. Lediglich die Freundin, der er die Haare ausgerissen hatte, blieb auf Abstand. Sie hatte ganz offensichtlich Angst vor einer Aussage in Gegenwart des Angeklagten und schickte ihre Schwester vor. Das Gericht entschied schließlich auf die Aussage der 19-jährigen zu verzichten.

Auf einen Kurzarrest und eine Geldauflage in Höhe von 1700 Euro plädierte Staatsanwalt Willi Draise. Verteidiger Wolfgang Schwemmer sah bei einem Einkommen von 700 Euro eine Geldauflage von 500 Euro als ausreichend an. Das Gericht entschied schließlich auf einen Freizeitarrest, in der Regel ein Wochenende, und auf 1000 Euro Geldauflage zu Gunsten des Bewährungshilfevereins „Fähre e.V.“ in Bayreuth. Zusätzlich muss der Angeklagte an einem Anti-Aggressionstraining teilnehmen, zur Suchtberatung der Diakonie gehen, außerdem steht er weiterhin unter Betreuung.

„So machen sie einen friedlichen Eindruck, aber wehe wenn sie Alkohol trinken“, sagte der Richter zum Angeklagten. Der müsse lernen, die körperliche Integrität anderer Menschen dauerhaft zu achten, sagte Berner und weiter: „Vorglühen ist jetzt endgültig vorbei“.

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25.01.2018

Staat muß konsequent sein / MdB Dr. Silke Launert stattete der JVA Bayreuth einen Infobesuch ab

Bayreuth. In der Bayreuther Justizvollzugsanstalt verbüßen derzeit 910 Gefangene ihre Freiheitsstrafe. „Damit ist die JVA aktuell voll belegt“, sagte Anstaltsleiter Matthias Konopka bei einem Informationsbesuch der Bayreuther Bundestagsabgeordneten Dr. Silke Launert.
In Bayreuth seien ausschließlich Männer, im Wesentlichen Untersuchungshäftlinge und Straftäter im Erstvollzug mit Haftstrafen von einem bis acht Jahren untergebracht, erläuterte Konopka. Aus anderen Landgerichtsbezirken gibt es weitere 23 Insassen, die wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurden.
Dazu kommen Straftäter, die eine Ersatzfreiheitsstrafe „absitzen“ müssen, weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen konnten, oder versäumt haben zu zahlen. Alles in allem betrage die durchschnittliche Haftzeit in der JVA Bayreuth zwischen vier und fünf Jahren. Anstaltsleiter Konopka gab dabei auch zu bedenken, dass ein Gefangener pro Tag dem Staat rund 110 Euro kostet.

Auch wenn das Absitzen einer Ersatzfreiheitsstrafe unwirtschaftlich erscheine, sei es wichtig, damit ein Signal zu setzen, sagte Launert. „Der Staat müsse konsequent sein. Als durchaus mögliche und sinnvolle Alternative brachte sie das Programm „Schwitzen statt Sitzen“ ins Gespräch, bei dem Straftäter gemeinnützige Arbeiten verrichten müssen. Leider werde davon in Bayern noch zu wenig Gebrauch gemacht.
Zu den 910 Insassen kommen nach den Worten von Anstaltsleiter Konopka weitere 30 bis 35 Gefangene, die am landwirtschaftlichen Gutshof St. Johannis tätig sind. Aufgeteilt nach Delikten wurde etwa ein Viertel aller Häftlinge wegen Drogen verurteilt, rund 28 Prozent wegen Eigentumsdelikten wie Betrug, 22 Prozent wegen Körperverletzung oder Tötung und elf Prozent wegen Sexualdelikten, der Rest befindet sich wegen anderer Straftaten hinter Gitter. Den Ausländeranteil bezifferte Konopka auf 42 Prozent, dazu kämen etwa acht Prozent Inhaftierte aus den früheren GUS-Staaten.

Generell besteht für die Insassen der JVA Arbeitspflicht. Gut die Hälfte der Gefangenen sei regelmäßig in Arbeit. Viele davon verrichten handwerkliche Tätigkeiten in der Anstalt, andere sind für Bayreuther Firmen tätig, zwischen 60 und 70 Freigänger arbeiten auch „draußen“ in Unternehmen. Arbeitgeber seien hauptsächlich Automobilzulieferer, Betriebe der Elektroindustrie und Spielwarenhersteller. „Wir stellen allerdings keine Konkurrenz dar, sondern wollen lediglich eine Art verlängerte Werkbank sein“, so der Leiter der JVA-Arbeitsverwaltung Rainer Völkl.
In der JVA Bayreuth sei es unter anderem möglich, den qualifizierenden Hauptschulabschuss und den Realschulabschluss nachzuholen. Dazu würden Schweiß- und Gebäudereinigerkurse und auch Deutsch-Kurse angeboten. Insassen könnten auch den Gabelstaplerschein erwerben. Nicht zuletzt gebe es in manchen Fällen die Möglichkeit zur Lehrlingsausbildung in Handwerksbetrieben, so Rainer Völkl. In der JVA bekämen auch Häftlinge, die bereits das 30. Lebensjahr vollendet haben, noch die Möglichkeit, eine Lehre zu machen. Allerdings hätten 50 Prozent der Insassen keinen Bildungsabschluss.

Unter den Freizeitangeboten ragt neben den üblichen Sportaktivitäten besonders der Gefangenenchor heraus. „Es ist der einzige Chor einer bayerischen Justizvollzugsanstalt mit Außenauftritten in Kirchen“, sagte Anstaltsleiter Konopka.
Nicht zuletzt ist die JVA Bayreuth auch ein bedeutender Arbeitgeber. „Wir haben 366 Beschäftigte“, sagte Konopka. Der größte Teil ist mit 210 im allgemeinen Vollzugsdienst tätig. Die restlichen Beschäftigten arbeiten im Werkdienst oder in der Verwaltung. Die Arbeit sei aufgrund der psychischen Belastung ausgesprochen schwierig, sagte der Personalratsvorsitzende Michael Zartmann. Auch die mentale Belastung sei durch den Drei-Schicht-Betrieb nicht zu unterschätzen.

Bilder:- Die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert und der Leiter der JVA Bayreuth Matthias Konopka.
- Anhand eines Modells erläuterte Anstaltsleiter Matthias Konopka der Bundestagsabgeordneten Dr. Silke Launert die räumliche Situation der JVA Bayreuth.
- Anstaltsleiter Matthias Konopka (links), MdB Dr. Silke Launert und der Betriebsleiter der Schlosserei Roman Schmidt.
- Helmut Kramer (rechts), der Leiter der Kfz-Werkstatt in der JVA Bayreuth, erläutert der Bundestagsabgeordneten Dr. Silke Launert das breite Tätigkeitsspektrum des anstaltseigenen Betriebs.

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09.01.2018

Verhängnisvoller Schlag mit der Bierflasche / Opfer wird wohl lebenslang an den Folgen leiden – Angeklagter machte zum Prozessauftakt Filmriss geltend

Bayreuth/Kulmbach. Der Schlag mit der Bierflasche in das Gesicht eines 22-jährigen Kulmbachers hätte durchaus tödlich sein können. Der gelernte Kfz-Mechatroniker hat zwar glücklicherweise überlebt, doch die Folgen des Angriffs sind enorm. Physisch wie psychisch ist der Geschädigte schwer gezeichnet. Schuld daran soll ein 26 Jahre alter gelernter Maler, ebenfalls aus Kulmbach, sein. Ihm wird seit Dienstag vor dem Landgericht in Bayreuth der Prozess gemacht

Das Opfer erlitt eine ausgedehnte Schnittverletzung im Gesicht, die sieben bis acht Zentimeter lange Narbe wird dauerhaft bleiben. Außerdem wurden sämtliche Nerven durchtrennt, der 22-Jäheige hört seitdem auf einem Ohr schlecht und hat Schluckbeschwerden. Allein die Operation in einer Erlanger Spezialklinik hat fast sieben Stunden gedauert. Aber auch die psychischen Auswirkungen sind enorm. Das Opfer leidet seitdem an Alpträumen, wacht nachts immer wieder schweißgebadet auf. Monatelang war der Geschädigte krankgeschrieben, jetzt hat er deshalb auch noch seinen Arbeitsplatz verloren.

Angefangen hatte alles ganz harmlos. Mit seinem Kumpel hatte der 22-jährige in der Nacht vom 21. auf den 22. April in Bayreuther Diskothek „Fabrik“ ein paar vergnügliche Stunden verbracht. Schließlich war an diesem Abend einer der angesagtesten Techno-DJs vor Ort. Kurz vor fünf Uhr morgens verließ das spätere Opfer die Disko, ging ins Freie und traf auf den, ihm bis dorthin völlig unbekannten Angeklagten.

Ob es nur zu einem verbalen Streit oder zu einer Schubserei kam, ist nicht ganz klar. Jedenfalls soll der Angeklagte zu dem 22-jährigen „Scheiß Deutscher“ gerufen haben, obwohl er selbst Deutscher ist. Das spätere Opfer entgegnete „Halts Maul“. Dann soll der Angeklagte die zersplitterte Bierflasche genommen und sie dem 22-Jährigen mit voller Wucht mitten ins Gesicht geschlagen haben. Der Angeklagte wollte daraufhin zunächst flüchten und legte einen Spurt in Richtung Erlanger Straße hin, konnte aber von einem Security-Mitarbeiter zurückgebracht werden, wo kurz darauf Polizei und Rettungskräfte eintrafen und es trotz der ungewöhnlichen Zeit zu einem großen Menschenauflauf kam.

Vor Gericht machte der Angeklagte einen Filmriss geltend. Er wisse lediglich noch, dass man sich in der Wohnung eines Bekannten in Kulmbach zunächst zum „Vorglühen“ getroffen habe. Drei Kästen Bier habe man dabei zu sechst geleert. Dann sei man gegen halb elf Uhr mit dem letzten Zug nach Bayreuth in die Disko gefahren. Weitere vier „Kurze“, also vier Schnäpse, will der Angeklagte dort konsumiert haben. Irgendwann sei es dann zum Filmriss gekommen, denn die nächste Erinnerung sei die an die Polizeiwachse, wo der Angeklagte mit Handschellen saß und von einem Arzt Blut abgenommen bekam. Erklären könne er sich das alles nicht, er möchte in Kenntnis der Beweislage aber auch nichts abstreiten, ließ er über seinen Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach erklären.

„Schlägereien hatten wir oft, aber so etwas habe ich noch nicht gesehen“, sagte der Security-Mitarbeiter, der den Angeklagten zweifelsfrei als Täter identifizieren konnte. Das war deshalb so wichtig, weil er der wohl einzige am Tatort war, der zum Tatzeitpunkt absolut nüchtern war. Zur Person des Angeklagten merkte der Zeuge an, dass man ihm die zwei Promille nicht angesehen habe. „Da muss noch was anderes im Spiel gewesen sein“, mutmaßte der Mann von der Sicherheitsfirma. „Vielleicht hat er sich noch was eingeworfen.“ Der Zeuge war es auch, der fest davon ausging, dass dem Schlag mit der Bierflasche nicht nur ein Wortwechsel, sondern ein Schubsen vorausgegangen war. 

Die Verhandlung ist auf drei Tage ansetzt. Dabei soll noch eine ganze Reihe an Zeugen vernommen werden. Außerdem sind zwei Sachverständige, ein Gerichtsmediziner und ein forensischer Sachverständiger, anwesend, die beide ein Gutachten erstatten werden. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, bereits am Freitag soll ein Urteil gesprochen werden.

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10.01.2018

Noch nie so viel Blut gesehen / Prozess um verhängnisvollen Schlag mit Bierflasche fortgesetzt

Bayreuth/Kulmbach. Bei dem verhängnisvollen Schlag mit einer Bierflasche am 22. April vor der Bayreuther Diskothek „Fabrik“ ist das Blut in Strömen geflossen. Am zweiten Verhandlungstag gegen einen 26 Jahre alten Maler aus Kulmbach berichteten sämtliche Zeugen, dass als Folge der Tat extrem viel Blut geflossen sei. Ein Gutachter hatte zwischenzeitlich bestätigt, dass der Angriff auch tödlich hätte ausgehen können.

Die Kleidung des Opfers sei voller Blut gewesen, berichtete ein Polizist. Der 22-Jährige Geschädigte, ein gelernter Kfz-Mechatroniker, ebenfalls aus Kulmbach, sei blutüberströmt gewesen, so ein anderer Beamter. Ein Türsteher berichtete, dass er vorher noch nie so viel Blut gesehen habe. Tatsächlich ist der Mann schwer verletzt worden, er musste stundenlang in einer Erlanger Spezialklinik behandelt werden und wird  wohl lebenslang an den Spätfolgen leiden.

Wie berichtet war es am frühen Morgen des 22. April vor der Diskothek in der Bayreuther Innenstadt zu einer Auseinandersetzung zwischen dem 26-Jährigen und dem 22-Jährigen gekommen. In der Folge hatte der 26-Jährige seinem Widersacher eine zersplitterte Bierflasche mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Als sicher gilt, dass es sich um eine Flasche handelte, nachdem in den Wunden des Mannes Glassplitter gefunden wurden. Ein erster Verdacht, dass es sich um ein Messer als Tatwaffe gehandelt habe, konnte nicht bestätigt werden, obwohl der Mann eine sieben bis acht Zentimeter Schnittwunde im Gesicht erlitt, die sämtliche Nerven durchtrennt hatte. Die Flache selbst hat man allerding nie gefunden.

Am zweiten Verhandlungstage ging es vor allem um das Verhalten des Angeklagten nach der Tat. Der Mann war mit weit über zwei Promille stark alkoholisiert. „Er war nervös, ging ständig auf und ab und wurde immer lauter“, so einer der Polizisten. Ein anderer Beamter gab an, dass der Angeklagte „sichtlich unkooperativ und recht aggressiv“ gewesen sei. Deshalb habe man ihm zeitweise auch Handfesseln angelegt.

Auch die Gruppe, mit der er nach Bayreuth gekommen war, sollen sich unmöglich verhalten haben. „Die Leute, die zum Beschuldigten gehört haben, waren aufmüpfig und vorlaut“, sagte ein Beamter. Die jungen Leute seien allesamt unwillig gewesen, einen Beitrag zur Aufklärung des Geschehens zu leisten. Dazu seien alle ähnlich stark alkoholisiert gewesen. Der Polizist: „Das war wirklich unterste Kanone, so wie man es aus schlechten Filmen kennt.

Ein Gerichtsmediziner hatte zuvor bereits festgestellt, dass die schweren Verletzungen durchaus dazu geeignet gewesen wären, den Tod des Opfers herbeizuführen. Deswegen war die Staatsanwaltschaft auch zunächst von einem versuchten Tötungsdelikt ausgegangen. Nun ist der 26-Jährige allerdings wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. In der Anklageschrift hieß es, der Angeklagte habe gewusst, dass der Schlag geeignet war, „den Geschädigten vom Leben zum Tode zu befördern“.

Der Angeklagte hatte bislang einen „Filmriss“ geltend gemacht. Er könne sich wirklich an nichts erinnern, beteuerte er unter Tränen am zweiten Verhandlungstag. Er streite den Schlag aber auch nicht ab, alles spreche gegen ihn. Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt, dann soll auch das Urteil gesprochen werden.

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12.01.2018

Bierflasche ins Gesicht: Drei Jahre für verhängnisvollen Schlag / Opfer ist gezeichnet für das ganze Leben- Staatsanwalt beantragte fünf Jahre.

Bayreuth/Kulmbach. Zu einer Gefängnisstrafe in Höhe von drei Jahren hat das Bayreuther Landgericht wegen gefährlicher Körperverletzung einen 26 Jahre alten Kulmbacher verurteilt. Die Richter der Ersten Großen Strafkammer sahen es als erwiesen an, dass der Angeklagte in den frühen Morgenstunden des 22. April vor der Diskothek "Fabrik" in der Erlanger Straße in Bayreuth einen 22-Jährigen, ebenfalls aus Kulmbach, eine zerbrochene Bierflasche mit voller Wucht ins Gesicht geschleudert hatte. Psychisch wie physisch leidet das Opfer enorm unter den Folgen der Tat.

Allein die Behandlungskosten durch eine Erlanger HNO-Klinik schätzte Richter Michael Eckstein auf rund 50000 Euro. In der Klinik wurde der 22-Jährige unmittelbar nach der Tat über sieben Stunden lang operiert. Für jeden sichtbar ist seine gut sieben Zentimeter lange Wunde an der linken Wange, der Mann leidet unter Hörbeeinträchtigungen und Schluckbeschwerden und hat wohl aufgrund seiner krankheitsbedingten monatelangen Ausfallzeiten nun auch noch seinen Arbeitsplatz als Kfz-Mechatroniker verloren.

Während der Verhandlung einigten sich die Prozessbeteiligten auf eine Schmerzensgeldzahlung von Seiten des Angeklagten an das Opfer in Höhe von weiteren 6000 Euro, 500 Euro übergab der Angeklagte noch im Gerichtssaal an den Vertreter des Opfers. Mehr gab die desolate Situation des arbeitslosen Mannes derzeit nicht her. Trotzdem legte das Gericht in seinem Urteil auch fest, dass sämtliche materielle und immaterielle Schäden des Opfers, soweit sie nicht durch Sozialversicherungsträger gedeckt sind, vom Angeklagten übernommen werden müssen.

Für eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten sah das Gericht keine Anhaltspunkte, auch wenn die Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt bei rund 2,1 Promille gelegen haben soll. Möglicherweise sei die Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen, sagte Richter Eckstein. Der Umstand, dass jemand bewusst Alkohol trinkt, könne aber nicht dazu führen, dass man automatisch von einer verminderten Schulunfähigkeit ausgeht. Eckstein: „Die Leute sind sich nicht darüber im Klaren, welches Risiko sie mit dem übermäßigen Trinken von Alkohol eingehen.“

Zuvor hatte Staatsanwalt Julius Klug eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung beantragt. Der Anklagevertreter sah die Tat "am Rande des versuchten Totschlags" angesiedelt. An der Täterschaft des 26-Jährigen gebe es aufgrund der Zeugenaussagen nicht den geringsten Zweifel, auch wenn der Mann während der Verhandlung Erinnerungslücken geltend machte. Der Angeklagte habe genau gewusst, dass die Flasche "scharf", das heißt zersplittert und damit besonders gefährlich war. Zu Lasten des Angeklagten wertete der Staatsanwalt  die immensen Verletzungen des Opfers, das ein Leben lang unter den Folgen leiden werde. Die Tat habe die Grenze zu üblichen Schlägereien deutlich überschritten, der Angeklagte habe kaltblütig und mit erheblichem Gefährdungspotenzial gehandelt.

Der Vertreter des Opfers, Rechtsanwalt Erwin Hubert aus Hof, stellte den Antrag, den Angeklagten wegen versuchten Totschlags zu verurteilen, die Strafhöhe stellte er in das Ermessen des Gerichts. Sein Mandant leide erheblich unter den Folgen der Tat, müsse mit Ängsten und Alpträumen zurechtkommen und sei gezeichnet für sein ganzes Leben.

Ein Bewährungsstrafe von zwei Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung sah dagegen Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach als ausreichend an. Er sprach von einer Tat mit schicksalshaften Folgen, stellte aber in Frage, dass sein Mandant ein Schwerkrimineller sei, so wie ihn Staatsanwaltschaft und Nebenklage beschrieben hätten. Sein Mandant habe vielmehr unter dem Einfluss von Alkohol für Sekunden falsch reagiert. Der Verteidiger ging auch von einer vorhergehenden Provokation durch einen leichten körperlichen Angriff seitens des späteren Opfers aus. "Ein Schubser war sicherlich da", so Schmidtgall.

Den „Schubser“ schloss in der Urteilsbegründung auch das Gericht nicht ganz aus. Richter Eckstein bezeichnete eine Bewährungsstrafe bei den vorliegenden Folgen beim Opfer als nicht denkbar. „Das wäre ein völlig falsches Signal nach außen“, sagte er.

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04.01.2018

Falschaussage kam Angeklagten teuer zu stehen / Hohe Geldstrafe gegen 23-Jährigen aus Mainleus

Kulmbach. Der Versuch, seinem Cousin durch eine Falschaussage vor Strafe zu bewahren, war gründlich danebengegangen. Wegen versuchter Strafvereitelung und falscher uneidlicher Aussage hat das Amtsgericht einen 23-jährigen Mann aus Mainleus zu einer Geldstrafe von 5400 Euro (120 Tagessätze zu jeweils 45 Euro) verurteilt.

In einer Verhandlung im April dieses Jahres gegen seinen 24 Jahre alten Cousin vor dem Amtsgericht hatte der Mann angegeben, dass er es war, der von einer feuchtfröhlichen Geburtstagsfeier nach Hause gefahren sei. Das war klar gelogen. Er wollte damit seinen Cousin schützen, der in Wirklichkeit am Steuer saß, obwohl er schwer betrunken war und zudem keinen Führerschein mehr besaß. 

Zu der Trunkenheitsfahrt war es am 15. Januar gekommen. Damals war einem Streifenfahrzeug der Polizei das Auto des 24-jährigen wegen einer unsicheren Fahrweise aufgefallen. Der Wagen war damals ganz abrupt in die nächste Querstraße eingebogen, der 24-Jährige war aus dem Auto gesprungen und hatte sich hinter einem naheliegenden Gebüsch verschanzt.

Für die Polizisten war die Sache damals klar, wie jetzt einer der Beamten vor Gericht bestätigte. Die Ordnungshüter hatten im Neuschnee unter anderem Fußspuren von der Fahrertür ins Gebüsch gesichert, die exakt mit denen des 24-Jährigen übereinstimmten. „Eine weitere Person konnten wir damals nicht feststellen“, sagte der Polizeibeamte in seiner Zeugenaussage. Auch weitere Fußspuren habe man nicht gefunden. Damit sei klar gewesen, dass der 24-Jährige der Fahrer war und keine weitere Person mit im Auto saß.

Dann in der Hauptverhandlung gegen den Mann im April die faustdicke Überraschung: vor Gericht tauchte plötzlich der Cousin auf und behauptete, er sei gefahren, der 24-Jährige sei lediglich auf dem Beifahrersitz gesessen. Das Gericht schenkte dieser Aussage schon damals keinen Glauben und verurteilte den 24-Jährigen wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro sowie zu einer Führerscheinsperre von acht Monaten.

Während der 23-Jährige in der jetzigen Verhandlung keine Aussage machte, sorgte der ein Jahr ältere Cousin für eine Überraschung. Er räumte nun doch ohne Umschweife ein, selbst gefahren zu sein. Damit war die Sache für alle Beteiligten klar. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte deshalb in ihrem Plädoyer eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten.

Richterin Sieglinde Tettmann beließ es in ihrem Urteilsspruch dann aber doch bei der Geldstrafe, allerdings in der stattlichen Höhe von 120 Tagessätzen zu jeweils 45 Euro. Die 120 Tagessätze entsprechen dabei einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, die Tagessatzhöhe richtet sich nach dem Einkommen.

Vom Gesetzgeber ist es durchaus beabsichtigt, dass Strafen wegen Falschaussage und Strafvereitelung in der Regel höher ausfallen als die Strafen für das Delikt, um das es ursprünglich gegangen war. Hintergrund ist, dass die Justiz auf Zeugenaussagen angewiesen ist, um die Wahrheit zu finden. Sagt ein Zeuge absichtlich die Unwahrheit, soll er deshalb auch entsprechend hart bestraft werden. Außerdem wird jeder Zeuge zu Beginn seiner Aussage ausführlich über die Folgen einer Falschaussage belehrt.

Wenn der Angeklagte wie in diesem Fall nur für den Versuch und nicht für eine vollendete Strafvereitelung verurteilt wurde, dann deshalb, weil das Gericht dem Zeugen in der ursprünglichen Verhandlung ohnehin nicht geglaubt hat.

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28.12.2017

An der Grenze zum versuchten Totschlag / Verhängnisvoller Tritt gegen den Kopf - 27-jähriger Kulmbacher muss ins Gefängnis

Kulmbach. Völlig wehrlos lag ein betrunkener junger Mann am frühen Morgen des 14. Mai in der Oberen Stadt mitten auf der Straße, als zwei Männer auf ihn eintraten. Da kam ein dritter, 27-jähriger Mann dazu und machte einfach mit. Er versetzte dem am Boden Liegenden ebenfalls einen Tritt, und zwar gegen den Kopf. Das Ergebnis war, das Opfer wurde bewusstlos, erlitt eine Gehirnerschütterung und verlor sein Kurzzeitgedächtnis. Pech für den 27-Jährigen: im Gegensatz zu den beiden anderen Schlägern konnte er gefasst werden. Das Amtsgericht verurteilte ihn am Donnerstag zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und  vier Monaten.

Wäre es nach dem Vertreter der Staatsanwaltschaft gegangen, dann hätte er sogar für ein Jahr und zehn Monate hinter Gittern verschwinden müssen. „Die Tat war an der Grenze zum versuchten Totschlag“, sagte der Anklagevertreter. Doch auch Richterin Sieglinde Tettmann griff mit einem Jahr und vier Monaten durch, denn Verteidiger Ralph Pittroff hatte nur zehn Monate auf Bewährung gefordert.

Die Richterin sah keinerlei Anzeichen für eine günstige Sozialprognose, und genau dies wäre für eine Bewährungsstrafe nötig gewesen. Hintergrund war, dass der Mann eine offene Bewährung aus einer früheren Verurteilung hatte, dass bereits neue Verfahren wegen anderer Straftaten anhängig sind und dass es sich um eine Vorsatztat gehandelt habe. „Da ist beim besten Willen keine günstige Prognose möglich“, sagte Tettmann.

Sie verglich die Tat mit einem „Gewaltschub, fast wie bei manchem Computerspiel“. Der Tritt sei auf jeden Fall eine lebensgefährdende Behandlung gewesen, wobei nicht einmal der Anlass der Auseinandersetzung aufgeklärt werden konnte. „Da liegt ein Hilfloser am Boden und einen anderen packt die Aggression und er tritt einfach zu“, sagte Tettmann und schüttelte mit dem Kopf.

„Wir hatten keine Chance, die beiden anderen zu ermitteln“, bedauerte der Polizeibeamte von der Kulmbacher Inspektion. Die Beamten hatten keine aussagekräftige Personenbeschreibung, lediglich einen Namen, der auch ein Spitzname sein kann. Der Geschädigte selbst katte keinerlei Erinnerung mehr an die Auseinandersetzung. „Er war so benommen, dass er nicht mehr wusste, wo vorne und hinten ist“, sagte der Polizist.

Die letzte Erinnerung des Opfers, ein 31-jähriger Kulmbacher, war, dass er mit Freunden ein paar Bier in der oberen Stadt getrunken hatte. Dann sei er erst wieder im Krankenhaus zu sich gekommen. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt, sei der Mann länger arbeitsunfähig gewesen, habe drei Wochen nicht richtig essen können. Bis auf einen noch immer wackelnden Zahn habe er aber keine bleibenden Folgen davon getragen. Die Entschuldigung des Angeklagten im Gerichtssaal nahm der Geschädigte nicht an. „So ein Verhalten gehört bestraft“, sagte er.

Über seinen Verteidiger Ralph Pittroff hatte der Angeklagte zuvor erklären lassen, dass er die Person am Boden gesehen habe und ohne jeglichen Grund auch zugetreten habe. Er habe sich hinreißen lassen. Dieses Fehlverhalten könne er bis heute nicht erklären. „Das war eine große Dummheit“, sagte er noch.

Auf seinem Konto hatte er allerdings auch bereits zehn Vorstrafen, darunter mehrere wegen gefährlicher Körperverletzung, zuletzt wurde er im September wegen einer Drogengeschichte zu drei Monaten auf Bewährung verurteilt, diese drei Monate wurden in das jetzige Urteil einbezogen. Zwei neue Anklagen, wegen eines Betruges zu Lasten der Arbeitsagentur und wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte stehen noch aus. „Da kommt ja ein Verfahren nach dem anderen“, so Richterin Tettmann.

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20.12.2017

Nächtliche Diebestour durch die Schule / Über 3500 Euro Beute: 20-jähriger Kulmbacher kommt mit Arbeitsstunden davon

Kulmbach. Als Sohn des Hausmeisters hatte er ungehinderten Zugriff auf die Schlüssel für das Schulgebäude. Diesen Umstand nutzte ein 20-jähriger Mann zu nächtlichen Streifzügen durch den Gebäudekomplex in Kulmbach. Er machte dabei zwischen Mai und September 2016 reiche Beute. Einmal waren es 50, ein anderes Mal 150 Euro, die er aus verschiedenen Geldkassetten oder liegengelassenen Geldbörsen an sich nahm.

Den Jackpot aus seiner Sicht knackte der junge Mann Mitte September 2016. Eine Lehrerin hatte tags zuvor knapp 3000 Euro von Schülern für einen größeren Wochenendtrip eingesammelt und in einem Schließfach deponiert, den Schlüssel dafür aber ganz offensichtlich vergessen, an sich zu nehmen. Insgesamt erbeutete der junge Mann auf diese Art und Weise 3555 Euro. Wegen Diebstahls in sieben Fällen musste er sich jetzt vor dem Jugendrichter verantworten.

Wenn er dabei mit 80 Arbeitsstunden ganz gut davon kam, dann vor allem deshalb, weil er unter einer psychischen Erkrankung leidet und aktuell eine Langzeittherapie macht. Zudem hatte er alles von Anfang an lückenlos eingeräumt, war nicht vorbestraft und hatte den Schaden mit Hilfe seiner Eltern wieder gutgemacht. Letzteres war nicht selbstverständlich, denn der Angeklagte hatte mit den Taten seinen Vater durchaus in Bedrängnis gebracht.

Der Vater war es auch, der den Angeklagten bei einem seiner nächtlichen Streifzüge auf frischer Tat ertappt hatte. Das hatte er daraufhin der Schulleitung gemeldet, der Sohn erstattete Selbstanzeige.

Aufgrund seiner Krankheit hatte er seine Arbeitsstelle verloren, eine Ausbildung hatte er nicht, als ihn dann auch noch seine Freundin verließ, sei er in ein ganz tiefes Loch gefallen, berichtete der Angeklagte. Das erbeutete Geld hatte er in Spielotheken und beim Feiern mit Freunden durchgebracht. An Konsequenzen habe er nicht gedacht. Auch die Tatsache, dass er seinen eigenen Vater in eine ganz schwierige Lage bringen würde, habe keine Rolle gespielt. Er habe sich von der Familie immer mehr abgekapselt und an manchen Tagen acht bis neun Stunden in Spielotheken verbracht.

Der Angeklagte leide unter erheblichen Reifeverzögerungen, deshalb sei er nach Jugendstrafrecht zu ahnden, sagte Stefan Fürst von der Jugendgerichtsgerichtshilfe. Er brachte auch eine Einstellung des Verfahrens gegen unentgeltliche und gemeinnützige Arbeitsstunden ins Gespräch. Richter Christoph Berner griff diesen Ball auf und regte wegen der besonderen persönlichen Verhältnisse ebenfalls eine Einstellung gegen eine Arbeitsauflage an.

Das hielt Staatsanwalt Stefan Hofmann allerdings nicht für angebracht. Nach Erwachsenenstrafrecht wäre der Diebstahl in dieser Größenordnung eine ganz erhebliche Straftat. Der Anklagevertreter wertete zu Lasten des Mannes, dass der entstandene Schaden nicht unbeträchtlich gewesen sei, es sich um insgesamt sieben Einzelfälle gehandelt habe und der Angeklagte mit der Beute seiner Spielsucht frönte. Der Staatsanwalt forderte deshalb 100 Arbeitsstunden als Strafe.

Richter Berner blieb mit 80 Arbeitsstunden nach näherer Weisung des Jugendamtes leicht darunter. Der Angeklagte sei zum ersten Mal vor Gericht gestanden, habe sich in einer schwierigen persönlichen Lebensphase befunden und nehme derzeit eine Therapie war. Somit sei eine Arbeitsauflage die einzige erzieherische Therapie, die in Frage kommt, sagte Berner.

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23.11.2017

Dubiose Fondsbeteiligung: 59-jähriger Mann rastete aus und bedrohte Makler mit dem Tod / Geldstrafe wegen versuchter Nötigung und Bedrohung – Verhalten nachvollziehbar aber strafbar

Kulmbach. 28 Jahre lang hätte ein damals 52-jähriger Mann in einen Fonds einzahlen müssen, ohne dass er während dieser Zeit Zugriff auf sein Geld hat. Als dies dem heute 59-Jährigen klar wurde, rastete er aus und bedrohte den Makler, der ihm die dubiose Geldanlage empfohlen hatte. Zwei Mal setzte er ihm ein Ultimatum. Sollte er sein Geld nicht bekommen, drohte er, den Makler zu erschießen. Der Mann erstattete Anzeige, der geprellte Anleger musste sich wegen versuchter Erpressung und Bedrohung vor Gericht verantworten. Am Ende bekam er eine Geldstrafe in Höhe von 2500 Euro (50 Tagessätze zu jeweils 50 Euro). Das Verhalten des Angeklagten sei nachvollziehbar, sagte Richterin Sieglinde Tettmann in der Urteilsbegründung, gleichwohl sei es aber auch strafbar, seinem Ärger auf diese Art und Weise Nachdruck zu verleihen.

Ein Blick ins Internet zeigt, dass wegen der dubiosen Fondsbeteiligung bundesweit bereits eine Lawine von Prozessen in Gang gesetzt wurde. Der Makler glaubt scheinbar aber immer noch daran. In seiner Zeugenaussage sprach er von einer langfristigen Geldanlage, von der er damals 60 Verträge verkauft habe und wegen der er, abgesehen vom Angeklagten, bei keinem einzigen Kunden Schwierigkeiten hatte. Stimmen kann dies nicht, denn eine einfache Google-Recherche reicht aus, um festzustellen, dass ein Fondsanteil nur noch ein Zehntel seines Ausgabepreises wert ist. Für den Angeklagten bedeutet dies, dass von seinen eingezahlten 8600 Euro noch 860 Euro übrig sind und die müsste er wahrscheinlich erst einklagen.

Als dies dem Angeklagten klar wurde, setzte er dem Makler eine Frist, bis der er sein Geld zurückbekommen sollte. „Andernfalls werde ich Richter und Gott sein und dich erschießen“, soll er wortwörtlich gesagt haben. Nachdem die Frist verstrichen war und nichts passierte, wiederholte der Angeklagte seine Drohung. Der Makler lebt noch, das Geld konnte er allerdings nicht aufbringen und zurückzahlen.

Streitpunkt während der Verhandlung war die Frage, ob der Angeklagte tatsächlich darüber aufgeklärt wurde, dass er erst zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 2032 wieder an sein Geld kommen kann. „Ja klar“, sagte der Makler, „nein, das habe er nicht gewusst“, sagte der Angeklagte. Ob er denn den entsprechenden Vertrag gründlich gelesen habe, wollte die Richterin wissen. Der Angeklagte verneinte. Er habe seinem Freund und Landsmann voll und ganz vertraut.

Als ihm die Situation klar wurde, sei er so aufgeregt gewesen, dass er die drastischen Worte wählte. Mittlerweile wisse er, dass es auch mit anderen Anlegern Ärger gebe. Davon wollte der Makler nichts wissen. Er verteidigte die dubiose Fondsbeteiligung noch immer. Auch seine Frau, sein Bruder und sein Schwager hätten entsprechende Anteile. Der Makler mutmaßte, dass der Angeklagte von seinem Rechtsanwalt aufgehetzt worden sei. Die Drohungen des Angeklagten habe er durchaus ernst genommen. Eine Woche lang habe er schlecht geschlafen.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft plädierte auf versuchte Nötigung und Bedrohung und forderte eine Geldstrafe von 3000 Euro (60 Tagessätze zu jeweils 50 Euro). Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach sah 2000 Euro (40 Tagessätze zu jeweils 50 Euro) als ausreichend an. Er sprach von einem Ausraster seines Mandanten und warf dem Makler vor, dass er in seiner Zeugenaussage das Gericht nicht mit der Wahrheit bedient habe.

Richterin Tettmann sprach sich in ihrem Urteil mit 2500 Euro für den Mittelweg aus. Dem Angeklagten hielt sie dessen Geständnis, seine Entschuldigung, seine bittere Enttäuschung über den Vertrauensbruch seitens des befreundeten Maklers sowie die Enttäuschung darüber, dass das Geld weg ist, zu Gute.

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03.11.2017

Gedankenlos, rücksichtslos und sprachlos / Unfallflucht und vorgetäuschte Straftat führen 25-Jährigen geradewegs in den Knast

Kulmbach. Wegen einer Unfallflucht und wegen des Vortäuschens einer Straftat muss ein 25-jähriger Mann aus dem Landkreis ins Gefängnis. Grund dafür ist, dass der Mann trotz seines jungen Alters bereits vielfach vorbestraft war, Hafterfahrung hatte und zum Tatzeitpunkt eine Bewährung offen stand. Grund für das relativ harte Urteil ist aber auch, dass der Angeklagte nach Ansicht des Gerichts absolut rücksichtslos gehandelt hatte. „Das war wirklich Glück, dass nicht mehr passiert ist“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann.

Der Mann hatte am 29. März mit dem Firmenfahrzeug eines Paketzustellers beim Wenden eine Betonmauer gerammt und einen Sachschaden von 357 Euro angerichtet. Ohne sich darum zu kümmern fuhr er damals weiter. Diesen Vorfall stellte das Gericht im Hinblick auf eine weitere Unfallflucht nur vier Tage später ein. Der Vorfall war fast der gleich, doch diesmal lag der angerichtete Sachschaden an einer Betonmauer eines Grundstücks am Petzmannsberg bei über 5000 Euro. Wieder fuhr der Mann einfach weiter, ohne sich um den Schaden zu kümmern.

Den Vogel schoss der Angeklagte dann bei seinem Arbeitgeber ab. Weil er auf der A9 die Leitplanke berührte und das Lieferfahrzeug entsprechend beschädigt war, rief er die Polizei in die Firma und bat um Schadensaufnahme. Er habe das Fahrzeug ordnungsgemäß über Nacht in Kulmbach abgestellt, am nächsten Morgen sei es beschädigt gewesen, sagte er zur Polizei wider besseres Wissen. Natürlich kam alles raus.

Vor Gericht sagte der Angeklagte, dass er froh gewesen sei, irgendeine Arbeit zu haben. Deshalb habe er seinem Arbeitgeber nicht gesagt, dass er keinerlei Fahrpraxis habe und dem sieben Meter langen Lieferwagen eigentlich überhaupt nicht zurechtkomme. Den ersten Anstoß in Presseck will er gar nicht bemerkt haben, beim zweiten Anstoß in Petzmannsberg habe er aus Angst gehandelt, seinen Job zu verlieren und bei der falschen Anzeige will er die Situation gar nicht richtig realisiert haben.

Von einem ganz erheblichen Sachschaden berichtete der Eigentümer der Grundstücksmauer am Petzmannsberg. Die gesamte Mauer sei verschoben gewesen. Sie musste komplett aufgefräst und neu einbetoniert werden, so heftig sei der Aufprall gewesen.

Deutliche Worte fand Staatsanwalt Florian Losert. „Was hier gelaufen ist. Ist eine absolute Rücksichtslosigkeit“, so der Anklagevertreter. Weiter sagte er: „Man sieht mich selten sprachlos, heute schon.“ Der Angeklagte habe billigend in Kauf genommen, andere zu schädigen, da stellten sich einem die Nackenhaare auf. Der Staatsanwalt beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung, den Entzug des Führerscheins und eine Sperrfrist für die Fahrerlaubnis von zweieinhalb Jahren.

Verteidiger Ralph Pittroff plädierte auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten und zwei Wochen, bat das Gericht aber, vom Entzug der Fahrerlaubnis abzusehen, weil sein Mandant im Moment beruflich darauf angewiesen sei und er keinen Eintrag im Verkehrsregister habe.

Dem folgte Richterin Tettmann nicht. Zusätzlich zum Urteil von zehn Monaten ohne Bewährung ordnete sie den Entzug der Fahrerlaubnis an und verhängte eine Sperre zur Wiedererlangung von eineinhalb Jahren. Schon bei einem Sachschaden von 2000 Euro sei bei einem solchen Fall der Führerschein weg. Tettmann sprach von einer absoluten Gedankenlosigkeit. „Was wäre gewesen, wenn sich statt der Mauer ein Kind hinter dem Fahrzeug befunden hätte“, so die Richterin. Der Angeklagte sei in hohem Maße ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, zudem vermisse sie die Einsicht des Mannes, der sich während der Verhandlung eher als Opfer, denn als Täter dargestellt habe.

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25.10.2017

K.O.-Schlag mit Baggerschaufel: Verfahren gegen Bauarbeiter eingestellt / Opfer kam relativ glimpflich davon – Angeklagter strebt Umschulung an

Kulmbach/ Eckersdorf. Glück im Unglück hatte ein damals 20-jähriger Bauarbeiter aus dem Landkreis Kulmbach bei einem folgenschweren Arbeitsunfall in Eckersdorf bei Bayreuth. Der junge Mann war gerade mit Erdaushubarbeiten beschäftigt, als er einen Niesanfall erlitt. Da riss er die Baggerschaufel herum und traf damit einen Arbeitskollegen am Kopf. Der Mann wurde bewusstlos, erlitt eine Gehirnerschütterung und musste mit dem Notarzt ins Klinikum gebracht werden.

Strafrechtlich hatte das allerdings keine Konsequenzen. Richter Christoph Berner stellte das Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung nach kurzer Verhandlung vor dem Kulmbacher Amtsgericht ein. Das Verschulden liege im alleruntersten Bereich, die Sache sei letztlich glimpflich ausgegangen und auch der 51-jährige Arbeitskollege habe den Vorfall längst abgehakt.

Trotzdem hätte der Unfall auch anders ausgehen können, und das wusste der Angeklagte durchaus. „Mir ist bewusst, das hätte tödlich enden können“, sagte er vor Gericht. Im ersten Moment habe er gedacht, dass er seinen Kollegen umgebracht habe. Wenige Zentimeter höher und die Schaufel hätte die Schläfe des Mannes getroffen. „Der ist umgefallen wie ein Brett“, so der Angeklagte, der nach dem Unfall nicht mehr als Bauarbeiter tätig sein konnte und wollte und der mittlerweile eine Umschulung anstrebt.

Nach dem Vorfall hatte der Angerklagte selbst den Notarzt gerufen, noch am selben Abend habe er sich im Klinikum nach dem Zustand des Kollegen erkundigt. „Mir tut das unendlich leid“, sagte der 20-Jährige. Als Ursache für den Unfall machte er seine extrem ausgeprägte Pollenallergie verantwortlich. Er habe plötzlich einen Niesanfall erlitten und sei dabei wohl an den Hebel für die Baggerschaufel gekommen.

Erschwerend kam für den Angeklagten dazu, dass er nicht den erforderlichen Baggerschein besaß. In kleineren Betrieben habe niemand so einen Schein, sagte der Mann. Das werde in sämtlichen Baufirmen so gehandhabt. Auch er habe den Bagger samt Schaufel bestimmt schon 25-mal bedient, nach dem Schein habe noch nie jemand gefragt.

Kein Interesse an einer Strafverfolgung hatte das Opfer, das ebenfalls aus dem Landkreis Kulmbach kommt. Der Mann hatte einen Blackout erlitten und konnte sich nicht mehr an den Unfall erinnern, nur noch an die riesige Beule an der rechten Stirn und an die Nacht im Klinikum. Nicht einmal eine Woche lang sei er krankgeschrieben gewesen. Laut Attest hatte er eine Gehirnerschütterung, eine Halswirbelsäulen-Distorsion und ein überdurchschnittlich großes Hämatom erlitten. Trotzdem hatte er keinen Strafantrag gestellt.

Trotz einiger kleiner Vorstrafen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Diebstahl und Sachbeschädigung regte Stefan Fürst vom Jugendamt die Einstellung des Verfahrens an. Das Jugendamt war deshalb beteiligt, weil der Angeklagte zur Tatzeit noch keinen21 Jahre alt war und daher im Sinne des Gesetzes als Heranwachsender galt. Mit jugendtypischen Verfehlungen habe der Unfall allerdings nicht zu tun, stellte Fürst klar.

„Der Arbeitskollege war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort“, kommentierte Richter Berner die Einstellung des Verfahrens. Die Kosten dafür trägt die Staatskasse, nur seine eigenen Unkosten muss der Angeklagte selbst tragen.

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24.10.2017

Haschisch am Holzmarkt / Drogen in der Tasche: Schöffengericht schickt 36-jährigen Kulmbacher geradewegs ins Gefängnis

Kulmbach. Geradewegs ins Gefängnis führte sein Drogenkonsum einen 36-jährigen Mann aus Kulmbach. Wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wurde er vom Schöffengericht zu einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Obwohl er die Taten eingeräumt hatte und ihm kein Handel nachgewiesen werden konnte, gab es keine Bewährung.

Dafür redete die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt dem Angeklagten während der Urteilsverkündung ordentlich ins Gewissen. „Da gibt es nicht viel, was für sie positiv ins Gewicht fällt“, sagte sie zu dem Hilfsarbeiter. Der Angeklagte habe nicht ein Wort darüber verloren, wie er sich als Konsument seine Zukunft vorstellt, er sei nicht einmal bei der Suchtberatung gewesen und habe während der gesamten Ermittlungen geschwiegen, also auch keine Namen von potentiellen Lieferanten genannt. „Sie müssen in die Gänge kommen und etwas ändern, wenn sie Bewährung möchten“, sagte Allstadt zum Angeklagten.

Wenn der Angeklagte den Besitz des Rauschgiftes letztlich über seinen Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth einräumen ließ, dann sei ihm auch nichts anderes übrig geblieben, denn das Haschisch und Marihuana wurde in seiner Tasche, beziehungsweis in seiner Wohnung aufgefunden.

Im Zuge einer Rauschgiftkontrolle wurde der Mann am 15. Februar dieses Jahres am Holzmarkt kontrolliert. Knapp 25 Gramm Haschisch hatte er einstecken. Dazu kommen weitere knapp 70 Gramm Haschisch und zwei Gramm Marihuana, die Polizisten in seiner Wohnung sicherstellten. Jede Menge Drogenutensilien wie eine Feinwaage oder ein Crusher waren ebenfalls dabei, aber auch einige illegale Böller, Deshalb wurde der Angeklagte ursprünglich auch wegen eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz angeklagte. Aufgrund der Drogengeschichten wurde dieser Tatvorwurf aber wieder eingestellt.

Über seinen Verteidiger ließ der Angeklagte die Drogengeschichten einräumen, legte aber Wert darauf, dass er alles zum Eigenkonsum besessen habe, ein Weiterverkauf sei nie geplant gewesen. Ein polizeilicher Ermittler vom Kriminaldauerdienst nannte es auffällig, dass die bei der Durchsuchung aufgefundenen Drogen alle in Kleinstmengen sauber in Druckverschlusstütchen verpackt gewesen waren. Das würde wohl dafür sprechen, dass der Angeklagte damit Handel treiben wollte.

Allerdings habe man weder auf dem Mobiltelefon Hinweise auf potentielle Käufer gefunden, auch keine Schuldnerlisten oder größere Mengen Bargeld, so ein Beamter von der Kriminalpolizei. Auch im Rahmen anderer Ermittlungsverfahren sei der Angeklagte nicht aufgetaucht. „Es sah schon so aus, als wäre das alles für den Weiterverkauf gedacht gewesen“, sagte der Beamte, der die Kontrolle auf dem Holzmarkt und anschließend in der Wohnung des Mannes durchgeführt hatte. Den Beweis für ein Handeltreiben hatte aber auch dieser Polizist nicht.

„Es spricht schon einiges dafür, dass die Drogen nicht allein zum Eigenkonsum gedacht waren“, sagte die leitende Oberstaatsanwältin Juliane Krause in ihrem Plädoyer. Aber einen durchschlagenden Beweis konnte auch sie nicht finden. Aufgrund der hohen Wirkstoffkonzentrationen, einer einschlägigen Vorstrafe und der Tatsache, dass bei den Drogen die geringe Menge deutlich überschritten wurde, beantragte die Anklagevertreterin die letztlich auch verhängte Strafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung.

Ganz anders Verteidiger Schwemmer. Er sah sogar einen minderschweren Fall und forderte eine Freiheitsstrafe von neun Monaten mit Bewährung. Sein Mandant  lebe sozial eingeordnet und stehe in einem Arbeitsverhältnis. Sein Name tauche in anderen Konsumentenkreisen nicht auf, er habe ohne großes Aufheben alles herausgerückt und den Besitz ohne Umschweife zugegeben.

Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Die Indizien deuten darauf hin, dass die Drogen nicht nur zum Reigenkonsum waren, sagte die vorsitzende Richterin. Allein es fehle an durchschlagenden Beweisen. Eine Bewährung sei aufgrund der wenigen positiven Argumente für die Angeklagten nicht drin.

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12.10.2017

Renitenter Rentner rastete völlig aus: Notarzt angegangen und beleidigt / Geldstrafe gegen 78-Jährigen – „Höchstmaß an Aggressivität“

Neudrossenfeld /Kulmbach. „Es ist leider Alltag geworden in der Notfallmedizin, dass man angegangen und beleidigt wird.“ Das sagte ein Unfallchirurg aus Bayreuth am Rande einer Gerichtsverhandlung in Kulmbach. Der 36-jährige Mediziner war im September vor zwei Jahren zu einem mitternächtlichen Notfalleinsatz nach Neudrossenfeld gerufen worden und hatte es dort mit einem besonders renitenten Rentner zu tun. Der 78-Jährige fühlte sich in seiner Nachtruhe gestört, ging den Notfallmediziner an und beleidigte ihn heftig. Weil er einige Monate danach auch noch im Umfeld des Amtsgerichtes ausfällig wurde, bekam er jetzt die Quittung für sein Verhalten. Er wurde wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 1200 Euro (80 Tagessätze zu jeweils 15 Euro) verurteilt.

Glücklicherweise erwies sich das ganze später als Fehleinsatz. Es hätte aber auch um Leben und Tod gehen können. Das war dem Rentner völlig egal. Er störte sich an angeblich aufheulenden Motoren und knallenden Türen auf dem Wendeplatz vor seinem Fenster. Also rannte er nach draußen, riss die Tür des Notarztfahrzeuges auf und beleidigte den Arzt mit unflätigen Worten. Da half es auch nichts, dass ihm der Mediziner die Lage sachlich erklärte. Der Rentner vermutete vor Gericht allen Ernstes, dass der Arzt unter Drogen gestanden habe und dass in seiner Taschenlampe ein Elektroschocker im Einsatz gewesen sei. Der herbeigerufenen Polizei warf der Angeklagte reine Schikane vor. Die Beamten hatten nämlich nach ihrem Eintreffen das Haus des Rentners mit einem Suchscheinwerfer beleuchtet.

Von einem „Höchstmaß an Aggressivität“ sprach der Unfallchirurg in seiner Zeugenaussage. Der Angeklagte sei nicht Herr seiner Sinne gewesen und habe sich immer mehr in Tage geredet. Ein wirkliches Interesse an einer Strafverfolgung habe er trotzdem nicht, sagte der Arzt, musste aber einsehen, dass er das Verfahren jetzt nicht mehr stoppen kann. Der Angeklagte habe den Rentner richtig angebrüllt, berichtete einer der Rettungssanitäter. Der andere Sanitäter sagte aus, dass der Angeklagte ständig seine rechte Hand in der Hosentasche hatte. Das habe ihm Angst gemacht, er hätte dort ja auch eine Waffe haben können.

Zweiter Anklagepunkt war ein Vorfall im Umfeld des Kulmbacher Amtsgerichtes. Dorthin wollte der Mann als Zuhörer, hatte aber schon einmal Schwierigkeiten wegen der üblichen Einlasskontrollen gemacht. Diesmal notierte er die Kennzeichen sämtlicher abgestellten Fahrzeuge der Justizbediensteten. Das wurde ihm von den Justizwachtmeistern verboten. Da rastete der Rentner völlig aus. Er beleidigte die Beamten mit obszönen Ausdrücken, trat ihnen gegen die Beine, so dass er schließlich von den eintreffenden Polizisten gefesselt und zur Wache verbracht werden musste.

Auch diesen Vorfall stellte der Mann vor Gericht ganz anders dar. Beleidigungen seien nicht gefallen, Autonummernhabe er nicht notiert, die standen angeblich schon auf dem Block, den er bei einer Sperrmüllsammlung gefunden haben will. Außerdem habe ihm ein Polizist ans Geschlechtsteil gefasst, behauptete der Mann.

Es sei schon auffällig gewesen, wie abfällig er sich gegen Justiz und Polizei geäußert hatte, sagte einer der Justizwachtmeister. Der Angeklagte habe sie bedroht, mit der Mistgabel abzustechen, habe sie als Hampelmänner bezeichnet und habe sich ständig gewehrt.

Eine nicht ausschließbare eingeschränkte Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit bestätigte dem Angeklagten schließlich auch ein eigens hinzugezogener Gutachter von der Klinik für forensische Psychiatrie in Erlangen. Der Angeklagte habe eine deutliche Abneigung gegen Polizei und Justiz und alle dazugehörigen Organe und scheine sich permanent ungerecht behandelt zu fühlen.

Wenn der Mann am Ende doch mit einer relativ niedrigen Geldstrafe davon kam, dann vor allem deshalb, weil er eine recht kleine Rente hat, das Geschehen vor Gericht wenigstens teilweise einräumte und nicht vorbestraft war.

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14.09.2017

Videos auf der Diskotoilette / Angeklagter machte sich auf dem Damenklo im Tanzpalast zu schaffen - 23-jähriger Arbeiter zu Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Zum Glück ist der Mobilfunkempfang in Schwingen so schlecht, dass man Bilder und Videos nicht so einfach posten kann. Einem 23-jährigen Arbeiter aus dem Landkreis kam dies zu Gute, denn er hatte allen Ernstes Filmaufnahmen auf der Damentoilette des Schwingener Tanzpalastes gemacht. Wegen des Straftatbestandes der "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen" wurde er jetzt vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 4000 Euro (100 Tagessätze zu jeweils 40 Euro) verurteilt.

"Diesen Paragraphen haben wir nicht allzu oft zu bearbeiten", sagte der Polizeibeamte von der PI Kulmbach, der das Handy des Mannes kurz nach der Tat an sich nahm. Eine Vielzahl von pornographischen Material habe er da gefunden, aber alles legal, im Gegensatz zu den verbotenen Toilettenaufnahmen.

Der Angeklagte hatte zuvor schon eingeräumt, sein Smartphone am 5. März dieses Jahres, morgens kurz nach vier Uhr unter der Toilettenwand durchgeschoben zu haben, um eine 18-Jährige aus Kulmbach zu filmen. Ganz geklappt hat es nicht, aber immerhin sei die Auszubildende bis zu den Knien zu sehen gewesen. Zuerst habe sie gedacht, da hat jemand sein Handy verloren, sagte die Zeugin, doch als eine Hand das Gerät ein wenig nachschob, sei sie misstrauisch geworden und habe eine Security-Mitarbeiterin verständigt.

Die spielte dann den Lockvogel und setzte sich sporadisch selbst mal auf die Toilette. Prompt wanderte das eingeschaltene Smartphone wieder unter der Toiletteneinhausung hindurch. Da stellte die Frau den Angeklagten und verständige die Frau die Polizei. "Er wollte doch tatsächlich abhauen", sagte die 26-Jährige. Allerdings war der Angeklagte dafür dann doch zu sehr alkoholisiert. Knapp zwei Promille stellten die Polizeibeamten später fest.

Der Angeklagte selbst räumte vor Gericht seine Taten unumwunden ein. "Ich habe zu viel getrunken, da war ich nicht mehr Herr meiner Sinne", sagte er. Er will auch nicht über die Konsequenzen nachgedacht haben. Die jeweils zehn bis 15 Sekunden langen Videosequenzen habe er gar nicht gesehen, denn die Polizeibeamten hätten sein Smartphone ja sofort konfisziert und alles gelöscht.

Für den Vertreter der Staatsanwaltschaft war die Sache klar, er beantragte die später auch ausgesprochene Geldstrafe in Höhe von 4000 Euro. Zu Lasten des Angeklagten wertete er dabei, dass der Mann gleich dreimal vorbestraft war, zweimal wegen Diebstahls, einmal wegen Trunkenheit im Verkehr. Zuletzt hatte er deshalb bereits eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro bezahlen müssen.

In ihrem Urteil hielt Richterin Sieglinde Tettmann dem Angeklagten vor allem sein Geständnis zu Gute. Er sei alkoholbedingt enthemmt gewesen und habe von Anfang an Reue gezeigt. Die Richterin stellte aber auch unmissverständlich fest, dass es verboten ist, Bildaufnahmen von Personen anzufertigen, die sich in einem geschützten Bereich befinden. Gerade Toiletten seien dabei die denkbar intimste Situation. Neben der Geldstrafe muss der Angeklagte als Verurteilter auch die Kosten des Verfahrens tragen.

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24.08.2017

An Moschee gepinkelt: Verfahren gegen Geldauflage vorläufig eingestellt / 23-jähriger Azubi muss 100 Euro an das BRK überweisen

Kulmbach. Weil er in der Oberen Stadt an die Hauswand der dortigen Moschee gepinkelt hatte, gerieten ein 23-jähriger Auszubildender aus Mainleus und ein 51-jähriger Türke, der ihn zur Rede stellen wollte, aneinander.  Ein Wort gab das andere, irgendwann folgte eine Rangelei, die Kontrahenten gingen zu Boden, und am Ende soll sogar noch ein Messer im Spiel gewesen sein. Eine zeigte den anderen an, doch das Verfahren gegen den 23-jährigen wurde jetzt gegen eine Geldauflage von 100 zu Gunsten des Bayerischen Roten Kreuzes eingestellt. Sein Kontrahent, der Türke, wartet dagegen noch auf sein Strafverfahren.

Grund für die Einstellung ist, dass in der Sache einiges nicht mehr geklärt werden konnte. Kein Wunder, der Vorfall hatte sich am frühen Morgen des 11. Februar gegen 3.15 Uhr ereignet. Beide Kontrahenten waren nicht mehr nüchtern und ob wirklich ein Messer im Spiel war, steht noch lange nicht fest. Und wenn es das Messer tatsächlich gegeben haben sollte, dann weiß keiner mehr so recht, was für eines. Einmal war von einem „handelsüblichen Taschenmesser“ die Rede, dann von einem „Taschenmesserchen“, dann von einem Teppichmesser und schließlich von „typischen Kartonagenmesser“.

Fest stand, dass der Angeklagte an eine Hauswand uriniert hatte. Ob ihm dabei bewusst war, dass dies die Moschee der türkischen Gemeinde ist, blieb während der Verhandlung offen. Jedenfalls stellte ihn der Türke zur Rede. Ein Messer will er nicht gezogen haben, gleichwohl ist auch er deshalb angeklagt und wird sich demnächst vor Gericht verantworten müssen. Der Türke sagt, das „Messerchen“ könne höchstens aus der Arbeitshose herausgerutscht sein, als er zu Boden ging. Eine Schnittwunde habe er damit aber niemand zugefügt. Das deckt sich mit den Ermittlungen der Polizei, denn auch die Beamten konnten beim Angeklagten keine Schnittwunde dokumentieren.

In seiner Zeugenaussage räumte der Türke ein, dass er auf ein Versöhnungsangebot des Angeklagten vor Ort nicht eingegangen sei. Der Angeklagte habe ihm schließlich nicht nur seinen Kopf auf den Asphalt gedrückt, sondern auch seine Jacke zerrissen und ihn mit den Worten bedroht: „Ich schlitz´ dir die Kehle auf.“ Das bestätigte auch eine Schülerin, die gerade eine der Kneipen auf der gegenüberliegenden Straßenseite verließ. Die 24-jährige hatte beobachtet, wie beide Kontrahenten zu Boden gegangen waren und ein Gerangel, wahrscheinlich um das Messer entstand. „Ich komme aus Würzburg, da geht es ein bisschen brutaler zu“, sagte die Frau zu Richterin Sieglinde Tettmann. Nach dem Vorfall sei die Schülerin ganz erschrocken gewesen, wie es in Kulmbach ist.

Er habe gleich Verstärkung gerufen, sagte der Streifenbeamte, der zufällig durch die Obere Stadt gefahren war. Ein Wagen habe den aufgebrachten Angeklagten mit auf die Wache genommen, der andere fuhr den Türken ins Krankenhaus.

Nachdem der Angeklagten „nur“ wegen eines kleineren Drogendelikts vorbestraft war und deshalb 2012 zu einer Arbeitsleistung verurteilt wurde, brachte Staatsanwalt Daniel Köhler die Einstellung des Verfahrens gegen die geringe Geldauflage ins Gespräch. Eines der Argumente dafür: die Rangelei war wechselseitig. Das würde bedeuten, dass auch der Türke in seinem Verfahren mit einer Einstellung davonkommen könnte.

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10.08.2017

Mit Kleintransporter voller Altkleider nach Tschechien / Geldstrafe und Bewährungsstrafe gegen zwei Männer wegen Diebstahls aus Containern

Kulmbach/Neudrossenfeld. Auch Altkleider haben ihren Wert. Zwei Männer aus Tschechien, 54 und 55 Jahre alt, wussten dies ganz genau und fuhren mit ihrem Kleintransporter in den Kulmbacher Landkreis, um sich hier an entsprechenden Sammelcontainern zu schaffen zu machen. Wegen Diebstahls wurden sie jetzt vom Amtsgericht, je nach Tatbeitrag und Vorstrafen, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (1800 Euro), beziehungsweise zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten sowie 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Knackpunkt der Verhandlung war die Frage, ob die beiden die Kleidersäcke mit einem Draht aus dem Container gefischt hatten, oder ob die Säcke tatsächlich neben dem Container standen. Um besser davon zu kommen, behaupteten die beiden steif und fest, dass die Säcke, mindesten 20 Stück, neben dem Container standen. Selbst eine zehnminütige Unterbrechung zum Nachdenken blieb ohne Ergebnis. Für Staatsanwalt Stefan Hoffmann und Richterin Sieglinde Tettmann weit weg von jeder Lebenserfahrung. „Dass mal ein Sack in der Gegen herumsteht, kommt immer wieder vor, doch der Inhalt eines kompletten Kleintransporters, das ist lebensfremd“, sagte die Richterin, zumal der betreffende Container danach praktisch leer gewesen sei.

Konkret ging es um den Altkleidercontainer am Bauhof von Neudrossenfeld. Dort beobachtete ein Polizist in Zivil die beiden Tschechen am 30. Dezember des vergangenen Jahres gegen 0.45 Uhr. Der Beamte organisierte eine Streifenbesatzung zur Kontrolle der Männer, die zunächst flüchten wollten, in Lindau aber dann doch gestellt werden konnten. Der Transporter sei damals bis unter das Dach mit Kleidersäcken vollgeschlichtet gewesen, berichteten die Polizisten. Ob sich die Angeklagten vorher tatsächlich noch an Altkleidercontainern im Kulmbacher Stadtgebiet zu schaffen machten, konnten ihnen nicht mehr nachgewiesen werden. Einer der Angeklagten hatte diese Version plötzlich ins Spiel gebracht und ein Polizist nannte dies in seiner Zeugenaussage gar nicht so abwegig.

Die Tat räumten beide Angeklagten ein, auch wenn sie sich zunächst entschieden hatten, keine Angaben zu machen. Er habe das für sich und seine Familie getan, sagte der ältere der beiden Angeklagten, der zurzeit keiner Arbeit nachgeht. Dafür hatte er im Strafregister seiner Heimat bereits 14 Vorstrafen, darunter auch einige vollstreckte Strafen, also Gefängnisaufenthalte. Auch in Deutschland saß er wegen Diebstahls bereits ein halbes Jahr im Gefängnis. Der 54-Jährige, von Beruf Mechaniker, galt nach deutschem Recht dagegen als nicht vorbestraft, er soll allerdings auch nicht die treibende Kraft des Altkleiderdiebstahls gewesen sein.

Es gebe keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Altkleidersäcke aus dem Container gefischt worden seien, sagte Richterin Tettmann während der Urteilsbegründung. Beiden Angeklagten hielt sie deren Teilgeständnis sowie den relativ geringen Wert der Diebesbeute zu Gute. Mit der Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro gegen den 54-jährigen und den sechs Monaten auf Bewährung gegen den 55-jährigen Angeklagten wich die Richterin nur gering von der Forderung des Staatsanwaltes ab, der statt der Geldstrafe eine viermonatige Bewährungsstrafe beantragt hatte. Zusätzlich zu der Bewährungsstrafe muss der 55-Jährige 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

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20.07.2017

Jobcenter mit Scheinvertrag um fast 8600 Euro geprellt / Dreister Betrug kommt Angeklagten teuer zu stehen

Kulmbach. Wegen eines ganz besonders dreisten Betruges zu Lasten des Kulmbacher Jobcenters mussten sich eine 25-jährige Frau und deren 31 Jahre alter Ehemann vor dem Amtsgericht verantworten. Beide hatten mit Hilfe eines erfundenen Mietvertrages erreicht, dass ihnen als Bedarfsgemeinschaft für die Zeit von Oktober 2014 bis März 2017 fast 8600 Euro zu Unrecht ausbezahlt wurden. Jetzt kommt ihnen die Sache teuer zu stehen.

Wegen Betruges und Urkundenfälschung wurde der 31-Jährige zu einer Geldstrafe von 5600 Euro (160 Tagessätze zu jeweils 35 Euro) und seine Frau zu 1500 Euro (150 Tagessätze zu jeweils zehn Euro) verurteilt.  Nach dem neuen, wenngleich auch umstrittenen Vermögensabschöpfungsgesetz musste Richterin Sieglinde Tettmann den Verfall der noch offenen Schadenssumme in Höhe von 7500 Euro anordnen, was bedeutet, beide Angeklagten müssen 7500 Euro an die Staatskasse überweisen.

Beide wohnten in Kulmbach mietfrei in einer Eigentumswohnung, die der Tante der Angeklagten gehörte. Das behielten sie bei der Antragsstellung für Hartz-IV-Leistungen allerdings für sich. Doch damit nicht genug. Sie legten auch noch einen erfundenen Mietvertrag vor, bei dem als Vermieterin der Name einer Freundin angegeben wurde, die von der Angelegenheit zunächst gar nichts wusste. „Schön fand ich das nicht, aber die Angeklagten haben sich entschuldigt, für mich ist die Sache vergessen“, so die Frau in ihrer Zeugenaussage.

Das Jobcenter tat, was es tun musste, es zahlte zunächst nicht nur die Hartz-IV-Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft aus, sondern erstattete dem mittlerweile getrennt lebenden Pärchen auch noch die Miete. Lange ging das gut, drei Weiterbewilligungsanträge wurden eingereicht, insgesamt kam das Jobcenter am Ende auf einen Überzahlungsbetrag von zusammen exakt 8585,22 Euro.

Irgendwann wurde die Sache mit dem Scheinmietvertrag dann aber doch genauer unter die Lupe genommen. „Erst recht bei Verwandtschaftsverhältnissen erfolgt eine genaue Überprüfung durch das Finanzamt“, sagte der Sachbearbeiter aus der Leistungsabteilung des Jobcenters. Nachdem beide Angeklagte mittlerweile monatliche nach Kräften zurückzahlen, sind aktuell noch 7519 Euro aus dem Schaden übrig.

Mit ihrem Urteil entsprach Richterin Tettmann genau den Forderungen von Staatsanwalt Roland Köhler. Beide hätten die Betrügereien zwar gestanden, Reue gezeigt und bereits mit der Schadenswiedergutmachen begonnen, doch sei der Fall aufgrund des relativ hohen Schadens hart an der Grenze zur Gewerbsmäßigkeit angesiedelt, was deutlich höhere Strafen zur Folge gehabt hätte. „Wenn es darum geht, den Staat über das Ohr zu hauen, sei die Hemmschwelle deutlich niedriger, als bei anderen, gleichgelagerten Straftaten“, so die Richterin.

Die unterschiedlichen Strafhöhen für die beiden Angeklagten sind trotz der exakt gleichen Taten darauf zurückzuführen, dass der Mann einer Beschäftigung nachgeht, während die Frau noch immer von Hartz IV lebt. Außerdem ist der Mann wegen Betruges und Urkundenfälschung bereits einschlägig vorbestraft.

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18.07.2017

8000 Euro ohne Schufa / Desolate finanzielle Verhältnisse: 55-jähriger aus dem Landkreis wegen Betrugs verurteilt

Kulmbach. Über 8000 Euro Darlehen, ohne große Fragen, ohne Einkommensnachweis und ohne Schufa: das Internet macht es möglich. Für einen 55-jährigen Mann aus dem Landkreis die letzte Rettung. Bei all seinen Banken war er bereits in teilweise hohem fünfstelligem Minus. Als dann auch noch zwei nicht unerhebliche Pfändungen von der Gemeinde und vom Finanzamt kamen, brach das gesamte Konstrukt zusammen. Er konnte nicht einmal mehr die Raten für das 8000-Euro-Darlehen in Höhe von monatlich 323,23 Euro berappen. Da war es mit dem unkomplizierten Geschäftsgebaren der dubiosen Internetbank schnell vorbei. Wegen Betruges musste er sich vor dem Amtsgericht verantworten.

Dort blieb dem Handels- und früheren Versicherungsvertreter nichts anderes übrig, als die Anklage in vollem Umfang einzuräumen. Er sei davon ausgegangen, sich die monatlichen Raten für den Überbrückungskredit, wie er nannte, leisten zu können. Letztlich hatte er freilich gerade mal eine einzige Rate zurückbezahlt. „Mein Mandant hat ziemlich verzweifelt versucht, aus der Situation rauszukommen“, sagte Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth. Doch leider ohne Erfolg. Die Pfändungen konnten nicht abgewendet und in Ratenzahlungen umgewandelt werden, so wie es sich der Angeklagte eigentlich gedacht hatte.

In der Hauptverhandlung kam auch heraus, dass der Angeklagte kein unbeschriebenes Blatt ist. Erst Anfang Mai wurde er verurteilt, weil er sich mit fingierten Versicherungsverträgen Provisionen in Höhe von über 20000 Euro ergaunert hatte. Damals wurde er zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Sowohl der Vertreter der Staatsanwaltschaft, als auch Verteidiger Schieseck beantragte in seinem Plädoyer unter Einbeziehung des früheren Urteils eine Bewährungsstrafe wegen Betrugs von zwei Jahren. Während der Staatsanwalt von desolaten finanziellen Umständen seitens des Angeklagten sprach, ging der Verteidiger auf das äußerst verlockende Internetangebot ein, das sein Mandant eben angenommen habe.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt blieb darunter und urteilte schließlich auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten unter Einbeziehung des Ersturteils. Damit soll vor allem das Geständnis des Angeklagten honoriert werden, denn ohne Geständnis hätte es einer mühsamen Beweisaufnahme mit der Einvernahme mehrerer Zeugen bedurft. Dazu kommt, dass es die Internetbank dem Angeklagten relativ leicht gemacht hat, an das Geld zu kommen. Der Angeklagte muss außerdem 150 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit nach näherer Weisung des Bewährungshilfevereins  „Fähre e.V.“ ableisten und die Kosten des Verfahrens tragen.

Keine Wahl hatte das Gericht nach neuester Gesetzeslage in Sachen des höchst umstrittenen Vermögensabschöpfungsgesetzes. Die vorsitzende Richterin musste den Verfall von rund 8000 Euro anordnen, was bedeutet, der Angeklagte muss 8000 Euro an die Staatskasse überweisen. Die Möglichkeit, davon Abstand zu nehmen, wie vom Verteidiger gefordert, gebe es nach der neusten Gesetzeslage nicht mehr, sagte Allstadt.

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29.06.2017

Altstadtfest 2016: Brutale K.o.-Schläge am frühen Morgen / 28-jähriger Angeklagter bestreitet jeden Tatzusammenhang – Weitere Zeugen sollen Licht ins Dunkel bringen

Kulmbach. Die Straßenreinigung war bereits unterwegs und räumte die letzten Reste des Altstadtfestes 2016 weg, als die Veranstaltung am frühen Morgen des 3. Juli, kurz vor fünf Uhr eskalierte. Zwischen Stadthalle und einer benachbarten Kneipe trafen zwei Gruppen aufeinander und gerieten offensichtlich alkoholbedingt in Streit. Ein 28-jähriger Mann soll dabei zuerst einen 33-Jährigen, danach einen 21-Jährigen k.o. geschlagen haben. Ziemlich brutal sogar, mit zwei gezielten Faustschlägen. Einer der beiden wurde bewusstlos und musste mit dem Rettungswagen ins Klinikum gebracht werden. Beide Opfer erlitten unter anderem Gehirnerschütterungen, einer der beiden leidet noch heute unter Spätfolgen der Tat und hat seit dem Vorfall mit Gedächtnisproblemen zu kämpfen.

Seit Donnerstag versucht das Amtsgericht die Sache aufzuklären, kam aber trotz einer vierstündigen Verhandlung mit elf Zeugen noch zu keinem Ergebnis. Richterin Sieglinde Tettmann entschied, die Verhandlung zu unterbrechen und erst am 11. Juli um 10.30 Uhr fortzusetzen. Dann sollen fünf neue Zeugen Licht ins Dunkel bringen.

Staatsanwalt Roland Köhler wirft dem angeklagten 28-jährigen städtischen Beschäftigten Körperverletzung vor. Er sei zwar vor Ort gewesen, habe aber mit der Schlägerei nichts zu tun, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth erklären. „Die Anklage wird komplett bestritten, mein Mandant hat weder mit den Fäusten geschlagen, noch sonst was“, sagte Schieseck.

Für das Gericht sollte von diesem Zeitpunkt an eine schwierige Beweisaufnahme beginnen, da mehrere Zeugenaussage im Widerspruch zueinander standen und Prozessbeobachter das Gefühl bekamen, mit jedem neuen Zeugen wird auch eine neue Tatversion geschildert. Außerdem gab es nur einen einzigen Zeugen, der den Angeklagten mit Sicherheit als den Schläger ausmachte. Alle anderen Zeugen, auch die beiden Opfer, konnten den Angeklagten nicht identifizieren.

Der Belastungszeuge, ein Security-Mitarbeiter einer Kneipe, schilderte allerdings den Vorfall so ganz anders als alle anderen Zeugen. Daneben traten auch Widersprüche zu seinen eigenen früheren Aussagen auf, so dass schnell Zweifel über seine Glaubwürdigkeit aufkamen. Beispielsweise hatte er in einer Lichtbildvorlage der Polizei eine völlig unbeteiligte Person als ähnlich bezeichnet und den Angeklagten gar nicht erkannt. „Der Zeuge ist mehr als ungeeignet“, sagte Verteidiger Schieseck im Anschluss an die Vernehmung. Doch der Zeuge blieb dabei: „Das dreckige Lächeln vergesse ich nie im Leben“, sagte er. Der Angeklagte habe schon vorher Ärger gesucht, deshalb habe er ihn sich gemerkt.

Keinerlei Erinnerung hatte eines der beiden Opfer. Der 33-jährige war mit dem Hinterkopf auf dem Pflaster aufgeknallt und war fast eine viertel Stunde lang bewusstlos. Die Schmerzen seien zwar mittlerweile wieder vergangen, doch die Erinnerung kam nicht mehr zurück. Das zweite Opfer konnte sich zwar an den Angeklagten erinnern, ob der Mann aber auch der Schläger war, konnte das Opfer nicht mit hundertprozentiger Gewissheit sagen.

Ein weiterer Security-Mitarbeiter berichtete von einem heillosen Durcheinander und von einem äußerst brutalen Vorgehen des Schlägers. Ob es der Angeklagte war, darüber war sich der Mann nicht zu 100 Prozent sicher, „lediglich zu 90 Prozent“.

Fast wäre die Sache nach knapp vier Stunden Verhandlung doch noch aufgeklärt worden, denn plötzlich meldete sich eines der Opfer, das im Sitzungssaal noch anwesend war und legte sein Smartphone mit einer vielsagenden Facebook-Kommunikation vor. Der Angeklagte hatte sich angeblich im Auftrag eines Kumpels an den Geschädigten gewandt und wollte wissen, was genau passiert war. Warum er das getan habe, wer denn der Kumpel sei, wo er wohne, welche Telefonnummer oder Facebook-Seite der Kumpel habe, auf keine dieser Fragen konnte der Angeklagte eine plausible Antwort geben.

Richterin Tettmann unterbrach deshalb die Verhandlung und entschied, sechs weitere Zeugen, darunter den Chef der Sicherheitsfirma, den Bruder des Angeklagten und einen weiteren Polizeibeamten zu laden. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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22.06.2017

Gericht beendete Katzenelend / Verstoß gegen das Tierschutzgesetz: Paar hielt über 70 Tiere in 65-Quadratmeter-Wohnung

Kulmbach/Neudrossenfeld. Es muss ein unbeschreibliches Katzenelend gewesen sein: Über 70 Tiere in einer 65 Quadratmeter großen Wohnung, der Ernährungszustand meist mangelhaft, viele Katzen mit Hautentzündungen oder hochgradigen Abszessen, fast alle von Parasiten, Flöhen und Milben befallen. Am schlimmsten soll allerdings der beißende Geruch von Urin und Kot gewesen sein. „Wände und Mobiliar waren übersät von Urin- und Kotspuren“, sagte die zuständige Amtstierärztin. Am Donnerstag hat das Amtsgericht die Halter der Katzen, eine 64-jährige Rentnerin und einen 48-jährigen Arbeiter aus dem Gemeindebereich von Neudrossenfeld wegen der Misshandlung von Tieren durch Unterlassung in 70 Fällen und wegen der Tötung von Tieren durch Unterlassung in sechs Fällen zu Geldstrafen von verurteilt. Die Frau muss 120 mal 15 Euro (1800 Euro), der Mann 120 mal 30 Euro (3600 Euro) bezahlen. Die unterschiedliche Strafhöhe ergibt sich aufgrund der unterschiedlichen Einkommen. Darüber hinaus erließ das Gericht gegen beide ein Tierhaltungsverbot für die Dauer von fünf Jahren.

Der stechende Geruch bereits im Hausflur war es auch, der den beiden Angeklagten eine anonyme Anzeige beim Veterinäramt einbrachte. Die Kontrolleure trauten ihren Augen nicht, als sie nach einigem hin und her endlich in die Wohnung gelassen wurden. „Der Bestand war einfach viel zu groß“, sagte die Amtstierärztin als Zeugin vor Gericht aus. Einige Tiere seien unterernährt gewesen, viele hätten kahle Stellen auf ihrem Fell gehabt, Rangordnungskämpfe seien an der Tagesordnung gewesen, einzelne Katzen hätten zum Beispiel eine eitrige Bissverletzung gehabt, eine andere eine eitrige Kralle. Aufgrund des beißenden Geruchs hätten ihre Augen sofort getränt, sagte die Medizinerin. Überall seien feuchte Stellen aufgrund des Urins gewesen. „Die Wohnung war insgesamt in einem sehr unhygienischen Zustand“, so die Zeugin.

Sie seien in einen Teufelskreis geraten, aus dem sie einfach nicht mehr herauskamen, ließen die Angeklagten über einen der beiden Verteidiger erklären. 2010 habe alles mit fünf Katzen begonnen, in der Folgezeit hätten sich die Tiere so rasant vermehrt. Leider seien sie nicht auf den Gedanken gekommen, die Katzen kastrieren zu lassen. Sie habe dreimal pro Tag geputzt und gesaugt, sagte die Frau, die Katzenklos seien viermal pro Tag ausgeleert worden.

Alle Katzen hatten Namen, berichtete die Angeklagte. „Die Katzen haben einfach zu unserem Leben dazugehört“, so die Frau. Der Mann ergänzte, dass sie nicht selten von Supermarkt zu Supermarkt gefahren seien, um die notwendige Menge an Futter herbeizuschaffen. Das Geld habe immer soweit gereicht, dass sie die Tiere ernähren konnten. Letztlich seien beide aber eigentlich ganz froh gewesen, dass die Sache aufflog und sie Hilfe von außen bekamen. In den Wochen nach der Entdeckung wurden sämtliche Katzen in die Tierheime von Kulmbach und Bayreuth gebracht und von dort weiterverteilt. Einen großen Teil nahm außerdem ein Gnadenhof im mittelfränkischen Seukendorf auf. Sechs Katzen verendeten unmittelbar nach ihrer Befreiung.

In ihren Plädoyers einigten sich Staatsanwaltschaft und die beiden Verteidiger Oliver Gerhards aus Bayreuth und Rene Thalwitzer aus Frankfurt auf die letztlich auch verhängten Geldstrafen. Beide Angeklagte seien nicht vorbestraft, wollen von sich aus keine Tiere mehr halten und hätten darüber hinaus auch aktiv mitgewirkt, das Katzenelend zu beenden. 

Richterin Sieglinde Tettmann sprach im Urteil von einer ganz üblen Sache, die da passiert ist. „Im ersten Moment schüttelt man einfach nur den Kopf“, sagte sie. Die Angeklagten seien einfach überfordert gewesen und hätten das Ausmaß der Sache einfach nicht erkannt.

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13.06.2017

„Unbedingter Vernichtungswille“: Messerattacke gegen schlafendes Opfer / Prozessauftakt: 22-jährige Frau aus Untersteinach wegen versuchten Mordes vor Gericht

Bayreuth/Untersteinach. Zehnmal hatte eine 22 Jahre alte Frau aus Untersteinach am 8. Januar dieses Jahres in ihrer Wohnung in Untersteinach auf einen schlafenden gleichaltrigen Bekannten mit einem Küchenmesser eingestochen. Der Mann erlitt zahlreiche Stichverletzungen unter anderem in der Brust und im Bauch sowie an den Armen und Beinen. Wegen versuchten Mordes wird der Frau seit Dienstag vor der ersten großen Strafkammer des Bayreuther Landgerichtes der Prozess gemacht.

In der Anklageschrift ist von „unbedingtem Vernichtungswillen“ die Rede. Die Angeklagte habe beabsichtigt, den Mann zu töten und habe ihm auch vorher angekündigt, dass er nicht mehr lebend aus der Wohnung herauskommen werde. Diese Formulierungen erregten gleich zum Prozessauftakt den Unwillen von Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth.

Er sehe die Anklage nicht von den Ermittlungsergebnissen gedeckt, sagte der Anwalt. Wenn seiner Mandantin ein „unbedingter Vernichtungswille“ unterstellt werde, dann müsse er auch klar stellen, dass von zehn Stichen nur zwei gegen den Rumpf, die restlichen acht gegen Arme und Beine geführt worden seien. Beim Opfer habe zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr bestanden. „Meine Mandantin wollte nicht töten“, erklärte Schieseck.

Die Angeklagte selbst machte zunächst keine Angaben zur Tat. Erst am Nachmittag des ersten Verhandlungstages ergriff sie das Wort und legte ein Geständnis ab. Zum Motiv konnte sie nichts sagen. „Er war dagelegen und ich hab halt zugestochen“, sagte die Frau. Auf Nachfragen des Gerichts räumte sie ein, sich am Nachmittag in der Wohnung einer Nachbarin mit einem anderen Mann getroffen zu haben, mit dem sie Sex wollte.

Ihr Freund, gleichzeitig der Vater ihres Sohnes, kam aber dahinter und kreuzte mit zwei Bekannten in der Nachbarswohnung auf, worauf es zu einem erbitterten Streit gekommen sein soll. Der andere Mann verließ fluchtartig den Schauplatz des Geschehens, die Angeklagte zog sich in die Bahnhofskneipe zurück und trank Alkohol. In der Tatnacht hatte die Frau eine Blutalkoholkonzentration von knapp zwei Promille. Dann sei sie zurück in die Wohnung, wo es zu der Bluttat kam. „Ich war wütend und irgendwie sauer auf alles“, sagte die Angeklagte. Warum sie dann aber auf einen Unbeteiligten eingestochen hatte, wusste sie nicht.

Ihre als Zeugin geladene Schwester machte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Das Opfer war der Verhandlung ebenfalls unentschuldigt ferngeblieben. Genau in dem Moment, als das Gericht auf Antrag von Staatsanwalt Holger Gebhardt deshalb ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 Euro, ersatzweise zehn Tage Ordnungshaft und die Vorführung des Mannes beschloss, klingelte im Sitzungssaal das Telefon, am anderen Ende der Leitung war das Opfer.

Es gehe ihm sehr schlecht, er habe die ganze Nacht nicht geschlafen, berichtete der Mann. Vorsitzender Richter Michael Eckstein erklärte ihm daraufhin, dass er ein Attest des Amtsarztes verlange, worauf der Mann plötzlich doch sein freiwilliges Erscheinen ankündigte. Bis zum Nachmittag war er dann allerdings doch nicht aufgetaucht, telefonisch ließ er ausrichten, dass er verschlafen hatte.

Zu ihrer Person hatte die Angeklagte bereits zum Auftakt ausführliche Angaben gemacht. Gebürtig und aufgewachsen in Kulmbach war sie nach der 7. Klasse von der Schule geflogen, wurde mit 16 Mutter eines Buben und holte später den Hauptschulabschluss nach. Wirklich gearbeitet hatte sie allerdings nie, dafür aber jede Menge Schulden aufgehäuft, so dass die Frau mittlerweile unter Betreuung steht und eine Privatinsolvenz vorbereitet wird. „Wenn ich die Zeitzurückdrehen könnte, würde ich es besser machen“, kommentierte die Frau ihren eigenen Lebensweg.

Im Juli 2015 wurde die Angeklagte zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, weil sie den Vater ihres Kindes im Streit mit einem Messer verletzt hatte. Die Angeklagte hatte damals Kräutermischungen geraucht und hatte ganz offensichtlich ein Alkoholproblem. Eine entsprechende Therapie brach sie allerdings nach drei Monaten ab, seitdem habe es immer wieder Abstürze gegeben, berichtete sie. Insgesamt hat die Frau bereits sieben Vorstrafen.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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14.06.2017

Blackout zum Tatzeitpunkt / Messerattacke: Durch Bettdecke hindurch in den Bauch des Opfers gestochen – 22-Jährige wegen heimtückischen Mordversuchs vor Gericht

Bayreuth/Untersteinach. Die Messerstiche, die eine 22-jährige Frau aus Untersteinach einem gleichaltrigen Bekannten zugefügt hat, waren alles andere als ungefährlich. Das hat am zweiten Verhandlungstag im Prozess um einen versuchten Mord ein Sachverständiger des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Erlangen vor dem Landgericht festgestellt. Die potentielle Gefährlichkeit der Stichverletzungen an Armen und Beinen ist gegeben, sagte der Mediziner, der das Opfer einen Tag nach der Tat untersucht hatte. Glück sei es gewesen, dass beim Stich in die Bauchhöhle keine inneren Organe verletzt worden seien. Deshalb habe auch keine akute Lebensgefahr bestanden.

Ob die Angeklagte alle zehn Stiche mit großer Kraft geführt hatte, dafür hatte der Sachverständige keinen Beleg. Sicher sei dagegen, dass zumindest für einige Stiche schon ein großer Kraftaufwand notwendig gewesen sei. So hatte die Frau einige Stiche durch die Bettdecke hindurch geführt. Die Einstiche waren in der Decke noch deutlich zu sehen, die das Gericht als Beweismittel während des zweiten Verhandlungstages in Augenschein nahm und vor dem Richtertisch ausbreitete.

Wie berichtet wird der 22 Jahre alten Frau aus Untersteinach vorgeworfen, am frühen Morgen des 8. Januar dieses Jahres in ihrer Wohnung auf den schlafenden gleichaltrigen Bekannten mit einem Küchenmesser zehn Mal eingestochen zu haben. Der Mann erlitt zahlreiche Stichverletzungen unter anderem in der Brust und im Bauch sowie an den Armen und Beinen. In der Anklageschrift ist von „unbedingtem Vernichtungswillen“ die Rede. Die Angeklagte habe beabsichtigt, den Mann zu töten und habe ihm auch vorher angekündigt, dass er nicht mehr lebend aus der Wohnung herauskommen werde. Die Frau hatte die Tat bereits am Nachmittag des ersten Verhandlungstages gestanden, konnte aber kein Motiv nennen.

Angespannt war die Situation am Abend des 7. Januars allemal, denn die Frau hatte sich am frühen Abend mit einem 26-jährigen Mann aus Kulmbach in einer Nachbarswohnung getroffen, um mit ihm Sex zu haben. Daraus wurde nichts, denn der Freund der Angeklagten und Vater ihres Kindes kam dahinter und stürmte zusammen mit zwei Bekannten, darunter das spätere Opfer, die Nachbarswohnung. „Ich musste abhauen, weil die ausgerastet sind“, sagte der junge Mann, der damals eigens mit dem Zug von Kulmbach nach Untersteinach gefahren war und schon nach einer Stunde unverrichteter Dinge wieder die Heimreise antrat. „Dass wir angepisst waren, ist ja klar“, sagte er. Während er unverzüglich wieder nach Kulmbach fuhr, ließ sich die Angeklagte in der Bahnhofskneipe mit Whisky volllaufen.

Deshalb habe sie auch einen Tag nach der Tat keine Erinnerung mehr an den Vorfall gehabt, sagte der damalige Ermittlungsrichter, der einen Blackout zum Tatzeitpunkt nicht ausschloss. Die Polizei war zunächst von einem Körperverletzungsdelikt ausgegangen, sagte der Sachbearbeiter von der Kripo in Bayreuth. Erst als feststand, dass ein Stich die Bauchdecke durchstoßen hatte, sei man von einem Tötungsdelikt ausgegangen. Als dann auch noch klar war, dass das Opfer geschlafen hatte, lautete der Tatvorwurf versuchter Mord.

Zu ihrer Person hatte die Angeklagte bereits am ersten Verhandlungstag ausführliche Angaben gemacht. Jetzt kam heraus, dass  sie im Juni 2015 wegen verschiedener Schlägereien und Tätlichkeiten gegen Polizeibeamte vom Jugendschöffengericht in Kulmbach zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt wurde. In das Urteil einbezogen wurde damals auch eine gefährliche Körperverletzung vom Oktober 2013. Damals hatte die Angeklagte ihren Freund und Vater ihres Kindes ebenfalls mit einem Messer in den Bauch gestochen. Der Angeklagten müsse klar sein, dass ihr bei neuerlicher Straffälligkeit ein langfristiger Freiheitsentzug droht, hatte der Richter damals in das Urteil geschrieben.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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27.06.2017

Vollrausch statt versuchter Mord / Noch immer kein Urteil um die Messerstiche von Untersteinach

Bayreuth/Untersteinach. Im Prozess um die beinahe  tödlichen Messerstiche von Untersteinach ist auch am mittlerweile 4. Verhandlungstag noch kein Urteil gesprochen worden. Die Richter vertagten die Verhandlung erneut, diesmal gleich um über zwei Wochen auf Freitag, 14. Juli um 12.30 Uhr. Der vorsitzende Richter geht davon aus, dass dann plädiert und auch gleich das Urteil verkündet werden kann.

Der 4. Verhandlungstag könnte unter Umständen aber trotzdem einen Wendepunkt im Prozessverlauf darstellen. Grund dafür ist, dass die Alkoholisierung der angeklagten 22-jährigen Frau aus Untersteinach wohl doch deutlich ausgeprägter war, als bisher angenommen.  Richter Eckstein erließ am Ende des Verhandlungstages deshalb auch den rechtlichen Hinweis, dass statt einer Verurteilung wegen versuchten Mordes auch eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Vollrausches in Frage kommen könnte.

Dafür spricht die Aussage eines Nachbarn der Angeklagten, der die Frau am Tatabend kurz nach 21 Uhr in einer Hofeinfahrt aufgelesen und aufgrund deren üblen Zustandes zusammen mit einer  weiteren Nachbarin erst einmal zu sich genommen hatte. Dort sei die Angeklagte „zig mal hingedonnert“, also mehrfach gestürzt, später habe man sie stützten müssen, denn alleine hätte sie nicht die Treppen hinuntergehen können.

Wie berichtet wird der 22 Jahre alten Frau vorgeworfen, am frühen Morgen des 8. Januar dieses Jahres in ihrer Wohnung auf den schlafenden gleichaltrigen Bekannten mit einem Küchenmesser zehn Mal eingestochen zu haben. Der Mann erlitt zahlreiche Stichverletzungen unter anderem in der Brust und im Bauch sowie an den Armen und Beinen. Die Angeklagte habe beabsichtigt, den Mann zu töten, heißt es unter anderem in der Anklageschrift. Die Frau hatte die Tat bereits am Nachmittag des ersten Verhandlungstages gestanden, konnte aber kein Motiv nennen.

Hintergrund ist wohl die Enttäuschung über ein geplatztes Date. Die Angeklagte hatte sich am Nachmittag in der Wohnung einer Nachbarin mit einem anderen Mann getroffen, mit dem sie Sex wollte. Dazu kam es aber nicht, denn ihr Freund, gleichzeitig der Vater ihres Sohnes, war dahinter gekommen und zusammen mit zwei Bekannten in der Nachbarswohnung aufgekreuzt. Der andere Mann verließ daraufhin fluchtartig die Nachbarswohnung und fuhr mit dem Zug zurück nach Kulmbach. Die Angeklagte zog sich vorübergehend bei Schnaps und Bier in die Bahnhofskneipe zurück. Zuvor leerte sie mit dem anderen Mann am Bahnsteig noch eine Flasche Wodka pur.

Folgt man der Einlassung des Zeugen, dann würde der Zustand der Angeklagten deutlich über einen mittelgradigen Rauschzustand hinausgehen, sagte der als Sachverständige geladene Psychiater. Aufgrund des schweren Intoxikationszustandes müsse man dann sogar von einer aufgehobenen Steuerungsfähigkeit der Angeklagten ausgehen. Stunden nach der Tat wurden bei der Frau noch knapp zwei Promille Blut im Alkohol gemessen. Zurückgerechnet auf den Tatzeitpunkt gegen 1.15 Uhr kam der Sachverständige auf 2,53 Promille.

Übereinstimmend berichteten sämtliche Zeugen des vierten Verhandlungstages, dass die Angeklagte betrunken war, lallte und schwankte, und dass sie total aufgelöst gewesen sei, weil das Rendezvous so gründlich danebengegangen war. Die Bedienung der Kneipe am Bahnhof machte sich sogar noch Vorwürfe, weil sie die Angeklagte aufgrund deren Zustandes nach Hause geschickt hatte.

Die Angeklagte habe sehr viel gelacht und die Sache überhaupt nicht ernst genommen, sagten die Polizeibeamten, die nach den Messerstichen am Einsatzort waren. Die Angeklagte habe gar nicht überrissen, was da eigentlich los war, sagte eine Polizistin. Sie habe den Ernst der Lage überhaupt nicht realisiert, so der Kollege von der PI Kulmbach.

Die Angeklagte selbst beteuerte am vierten Verhandlungstag mehrfach, dass sie keine Erinnerung mehr an alles habe. Sie habe Alkohol getrunken, weil sie so aufgeregt gewesen sei. Es könne aber schon alles so sein, sagte sie noch, denn „wenn ich Alkohol trink, dann mach ich manchmal Sachen.“

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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08.06.2017

Mitbewohner ertappte Einbrecher auf frischer Tat / Mit geklautem Schlüssel in Wohnung des Arbeitskollegen eingedrungen -23-jähriger wegen Diebstahls vor Gericht

Kulmbach. Zweimal hat die Richterin versucht, dem Angeklagten eine goldene Brücke zu bauen, doch der blieb hart: obwohl alles gegen ihn sprach, verweigerte er jede Aussage. Dem 23-jährigen Mann aus Kulmbach wird vorgeworfen, einem Kollegen am Arbeitsplatz einen Schlüsselbund entwendet zu haben. Drei Tage später soll er versucht haben, mit einem der Schlüssel in die Wohnung des Kollegen zu gelangen. Dort wurde er aber von einem Mitbewohner auf frischer Tat ertappt. Eine Strafe hat der Angeklagte bereits erhalten, er wurde von seinem Arbeitgeber entlassen. Damit der Mann auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann, will das Gericht noch den polizeilichen Sachbearbeiter hören. Weil der Beamte verhindert war, musste die Verhandlung unterbrochen werden. Fortsetzungstermin ist am 23. Juni.

Irgendwann am 25. Januar dieses Jahres soll der Angeklagte seinem Kollegen den Bund mit drei Schlüsseln aus der Jacke gestohlen haben. Ziel sei es gewesen, Bargeld oder andere wertvolle Gegenstände aus der Wohnung des Mannes zu entwenden, hieß es in der Anklageschrift. Tatsächlich tauchte der Mann am 30. Januar gegen Mittag im Mehrfamilienwohnhaus des Kollegen im Landkreis auf, wurde aber  von einem Mitbewohner entdeckt und angesprochen. Den Schlüssel ließ der Mann daraufhin zurück und suchte das Weite.

Zu Beginn der Verhandlung erklärte der 23-Jährige, dass er keine Aussage machen werde und dabei blieb er auch während der gesamten Verhandlung. Also war das Gericht auf die Zeugen angewiesen. Zum Beispiel auf das Opfer, einen 24-jähriger Handwerker. Er habe zuerst gedacht, da habe sich jemand einen Scherz erlaubt, als der Schlüssel plötzlich weg war. Bis dann am darauffolgenden Wochenende „komische Whatsapp-Nachrichten“ auf seinem Smartphone aufliefen. Es war der Angeklagte, der wissen wollte, ob am darauffolgenden Montag gegen Mittag jemand zuhause ist, weil er angeblich Kohlen für seinen Wasserpfeifentabak benötigte. Ein klarer Vorwand, denn diese Kohlen gibt es im Handel überall frei zu kaufen.

Der Kollege antwortete zwar noch, dass niemand zuhause sei, schöpfte aber trotzdem Verdacht, so dass er seine Eltern und auch seine Mitbewohner informierte. Tatsächlich war dann einer der Mitbewohner zuhause, als am darauffolgenden Tag gegen Mittag die Tür aufging und der Angeklagte in das Haus schlich. „Da habe ich ihn gestellt und gesagt, er soll sich verpissen“, so der Mitbewohner, der sofort die Polizei verständigte. Der Angeklagte habe völlig erschrocken und perplex reagiert.

Freilich gibt es auch eine Vorgeschichte zu der Angelegenheit. Der Angeklagte und der Kollege waren früher befreundet, bis der Kollege dem Angeklagten irgendwann ein altes Auto für 1300 Euro verkaufte. Als der Angeklagte damit nicht durch den TÜV kam, wollte er sein Geld zurück, was der Kollege verweigerte. „Da war er sauer“, sagte der Kollege. Ob der Mann sich das Geld vielleicht auf eigene Faust wieder holen wollte, das blieb offen.

Sicher ist dagegen, dass der Angeklagte bereits vier Vorstrafen, darunter auch zwei einschlägige wegen Diebstahls auf seinem Konto hat. Zuletzt wurde er wegen einer Körperverletzung  und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt.

Obwohl Richterin Sieglinde Tettmann auch nach der Zeugenaussage dem Angeklagten nahelegte, dass er nur punkten könne, wenn er Angaben mache, blieb der Angeklagte dabei, zu schweigen. Dabei könnte die Beweislage ja kaum klarer sein. Am Freitag, 23. Juni um 9 Uhr, will das Gericht nun noch den Sachbearbeiter der Polizei hören, ehe das Urteil gesprochen wird.

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23.06.2017

Vertrauen missbraucht und in Privatsphäre eingedrungen / Mit geklautem Schlüssel in Wohnung des Arbeitskollegen: Kulmbacher zu hoher Geldstrafe verurteilt

Kulmbach. Wegen Diebstahls und Hausfriedensbruch hat das Amtsgericht am Freitag einen 23-jährigen Mann aus Kulmbach zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro (6000 Euro) verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann einem Kollegen am Arbeitsplatz einen Schlüsselbund entwendet hatte und drei Tage später damit in die Wohnung des Kollegen gelangte. Dort wurde er aber von einem Mitbewohner auf frischer Tat ertappt.

Eigentlich wollte das Gericht am zweiten Verhandlungstag noch den polizeilichen Sachbearbeiter als Zeugen hören. Zum ersten Verhandlungstag vor gut zwei Wochen war der Mann urlaubsbedingt verhindert. Diesmal war der Polizist krank gemeldet, so dass sowohl der Vertreter der Staatsanwaltschaft, als auch der Angeklagte kurzerhand auf ihn verzichteten, um das Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen.

Der Angeklagte hatte am 25. Januar dieses Jahres seinem Kollegen den Bund mit drei Schlüsseln aus der Jacke gestohlen. Ziel war es ganz offensichtlich, Bargeld oder andere wertvolle Gegenstände aus der Wohnung des Mannes zu entwenden. Tatsächlich tauchte der Mann am 30. Januar gegen Mittag im Mehrfamilienwohnhaus des Kollegen im Landkreis auf, wurde aber  von einem Mitbewohner entdeckt und angesprochen. Den Schlüssel ließ der Mann daraufhin zurück und suchte das Weite.

Während der Verhandlung hatte der Angeklagte keine Angaben gemacht. Dabei blieb er auch am zweiten Verhandlungstag, obwohl die bisherigen Zeugenaussagen erdrückend waren. So hatte der Angeklagte seinem Arbeitskollegen beispielsweise eine Whatsapp-Nachricht geschickt, in der er wissen wollte, ob am darauffolgenden Montag gegen Mittag jemand zuhause ist, weil er angeblich Kohlen für seinen Wasserpfeifentabak benötigte. Ein klarer Vorwand, denn diese Kohlen gibt es im Handel überall frei zu kaufen. Der Kollege hatte allerdings sofort Verdacht geschöpft und seine Mitbewohner informiert.

Eine Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung beantragte Staatsanwalt Julius Klug in seinem Plädoyer wegen Hausfriedensbruch und Diebstahl des Schlüssels. Vom ursprünglichen Vorwurf des versuchten Diebstahls rückte der Anklagevertreter ab, weil dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnte, dass er wirklich etwas stehlen, oder ob er vielleicht einen Schaden in der Wohnung anrichten wollte oder irgendwelche Unterlagen suchte. Zu Lasten des Angeklagten wertete der Staatsanwalt, dass der Mann das Vertrauen seines Kollegen missbraucht hatte, in die intimste Privatsphäre eines anderen eingedrungen sei und dass der Mann bereits einschlägig vorbestraft war, darunter gleich zweimal wegen Diebstahls. Zuletzt wurde der Mann wegen einer Körperverletzung  und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt.

Richterin Sieglinde Tettmann beließ es schließlich doch bei einer Geldstrafe, allerdings bei der relativ deutlichen von 150 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro. Der Angeklagte habe eine nicht unerhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt und mit dem Diebstahl des Schlüssels für erhebliche Unruhe gesorgt. Es sei zwar naheliegend, dass der Angeklagte etwas klauen wollte, doch nachgewiesen werden könne dies nicht, deswegen lautete die Verurteilung auf Diebstahl des Schlüssels und auf Hausfriedensbruch. Eine andere Strafe hatte der Angeklagte bereits erhalten, er wurde von seinem Arbeitgeber entlassen.

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08.06.2017

Zwischen Mainleus und Kulmbach: Betrunkener hantierte im Regionalzug mit Pistole / 23-Jähriger Azubi wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu 1400 Euro verurteilt

Kulmbach. Plötzlich zieht im Regionalzug ein junger, betrunkener Mann eine Schusswaffe und fuchtelt damit herum: das ist in Zeiten des Terrors der Alptraum eines jeden Passanten. Am Silvesterabend des vergangenen Jahres ist im Zug von Mainleus nach Kulmbach genau das passiert. Zum Glück ohne jeden terroristischen Hintergrund, außerdem war der Zug fast leer, so dass gar keine Panik entstehen konnte. Der Mann, der die Schusswaffe mit sich führte, wurde aber trotzdem wegen eines Vergehens gegen das Waffengesetz verurteilt, und zwar zu einer Geldstrafe von 1400 Euro (70 Tagessätze zu jeweils 20 Euro). Außerdem wurde die Schreckschusspistole samt Patronen, Abschussbecher und Waffenkoffer eingezogen.

Er sei auf dem Weg zu einem Bekannten gewesen, weil er zu Mitternacht Schreckschussmunition verschießen wollte, sagte der angeklagte 23-jährige Auszubildende. Dummerweise habe er sich im Zug nochmal vergewissern wollen, ob die Waffe auch tatsächlich gesichert und entladen ist, nur deshalb habe er sie aus seinem Rucksack geholt. Eine Mitreisenden schien dies allerdings nicht ganz geheuer zu sein. Er sprach den Mann darauf an. Wahrscheinlich war es der Passant auch, der die Polizei verständigte.

Die Beamten der Inspektion in Kulmbach hatten die Meldung samt Personenbeschreibung von der für die Bahn zuständigen Bundespolizei erhalten. Kurz darauf erfolgte bereits der Aufgriff des Mannes in Kulmbach in der Oberen Stadt. Der Angeklagte sei überaus kooperativ gewesen und habe keine Schwierigkeiten gemacht haben, sagte der Polizist in seiner Zeugenaussage. Leugnen war freilich auch zwecklos, denn zum einen hatte der Angeklagte die Waffe ja einstecken, zum anderen lagen Überwachungsbilder aus dem Zug vor.

Eine mit 1600 Euro geringfügig höhere als die letztlich ausgesprochene Strafe hatte Staatsanwalt Julius Klug beantragt. „Wenn man die Bilder so sieht, da läuft es einem eiskalt den Rücken runter“, kommentierte der Anklagevertreter die Bilder der Überwachungskamera. Allerdings sei es schon nachvollziehbar, dass der Angeklagte in der Silvesternacht Pyrotechnik mit der Pistole abschießen und niemand erschrecken wollte.

„Mir würde himmelangst, wenn da im Zug plötzlich jemand eine Pistole auspackt und damit herumhantiert“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann, die aufgrund des Geständnisses und der gezeigten Reue die Strafe ein wenig nach unten korrigierte. Der Angeklagte habe sich einfach keine Gedanken gemacht, sagte die Richterin. Strafbar sei das Führen einer Schreckschusswaffe außerhalb des privaten Umfeldes in der Öffentlichkeit aber allemal.

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18.05.2017

Weil sie Schluss machen wollte: 23-Jähriger griff Freundin ins Lenkrad / Geldstrafe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr

Kulmbach. Das hätte dumm ausgehen können: Weil sie kurz zuvor mit ihm Schluss gemacht hatte, griff ein 23-jähriger Mann aus Bayreuth an der Autobahnauffahrt bei Neudrossenfeld seiner Freundin ins Lenkrad. Das Auto schleuderte gegen die Leitplanke. Verletzt wurde zum Glück niemand, am Fahrzeug war allerdings ein wirtschaftlicher Totalschaden in Höhe von 4000 Euro entstanden. Weil sich der junge Mann danach auch noch ganz erheblich den Polizeibeamten widersetzte und sie heftig beleidigte, wurde er jetzt vom Amtsgericht in Kulmbach nicht nur wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, sondern auch wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 2000 Euro (100 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro) verurteilt.

Vor Gericht gab der Mann an, keinerlei Erinnerung mehr an den Vorfall zu haben. Er habe den ganzen Abend lang auf einer privaten Feier in Kulmbach mindestens eine ganze Flasche Wodka pur getrunken. Er könne sich erst wieder daran erinnern, dass er früh morgens in einer Zelle der Polizei aufgewacht sei.

Als völlig daneben und stark aggressiv beschrieb die damalige Freundin den Angeklagten. Sie habe damals über die Autobahn A70 nach Bayreuth fahren wollen, als ihr Exfreund noch auf der Auffahrt ohne Vorwarnung plötzlich ins Lenkrad griff. „Zum Glück ist niemand verletzt worden“, sagte die Zeugin, was vor allem auch daran lag, dass sie zu diesem Zeitpunkt lediglich 50 Stundenkilometer gefahren sei. Nicht auszudenken, wenn der Angeklagte später auf der Autobahn bei einer höheren Geschwindigkeit ins Lenkrad gegriffen hätte. Sie sei schon länger auf ihren Freund sauer gewesen, sagte die Frau. An diesem Abend aber sei die Situation auch wegen des immensen Alkoholgenusses eskaliert.

Drei der Polizeibeamten, die den Unfall im Bereich der dortigen Tankstelle aufgenommen hatten, waren als Zeugen geladen. Sie berichteten davon, dass sich der Angeklagte ihren Aufforderungen erheblich widersetzt hatte und nicht in das Polizeiauto verbracht werden wollte. Deshalb habe er sich gesperrt, musste von den Beamten zu Boden gebracht und mit Handfesseln fixiert werden. „Die folgenden Beleidigungen waren ganz gezielt und gewollt, sagte einer der Polizisten.

Zwei Passanten, die gerade zum Tanken gekommen waren, sind mit dem Angeklagten ins Gespräch gekommen. Sie berichteten übereinstimmend, dass sie der Mann aufgefordert hatte, keine Polizei zu rufen. Als die beiden Zeugen in der Tankstelle die völlig aufgelöste Freundin sahen und von ihr erfuhren, was wirklich passiert war, riefen sie allerdings doch die Polizei. Der hat schon noch gewusst, was er tut“, sagte einer der Männer.

Medizinisch nicht erklären konnte auch der Sachverständige, der ehemalige Landgerichtsarzt Dr. Klaus Peter Klante, die kompletten Erinnerungslücken des Angeklagten. Er hatte für den Angeklagten zum Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von knapp 2,3 Promille errechnet. Damit sei eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit beim Angeklagten nicht auszuschließen.

Die letztlich auch verhängte Geldstrafe von 2000 Euro beantragte bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. Der Angeklagte habe schwere Verletzungen billigend in Kauf genommen, der entstandene Schaden sei nicht unerheblich. Eine geringere Geldstrafe von nur 1400 Euro (70 Tagessätze zu jeweils 20 Euro) beantragte dagegen Verteidiger Nikolaus Schrenker aus Hollfeld. Sein Mandant sei zum Tatzeitpunkt psychisch eingeschränkt gewesen und habe sich in einer Ausnahmesituation befunden.

Richterin Sieglinde Tettmann begründete ihr Urteil damit, dass sie von einer Spontantat ausging und eine verminderte Schuldfähigkeit wegen der vorgehenden Situation nicht auszuschließen sei. Darüber hinaus habe der Angeklagte, ein gelernter Kfz-Mechatroniker, das Auto der Freundin zumindest teilweise wieder repariert. Allerdings war die Beziehung dann doch schneller auseinandergegangen als gedacht, so dass der Angeklagte die Reparatur nicht ganz abschließen konnte.

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11.05.2017

Eklat im Gericht: Querulant wurde des Saales verwiesen / 59-jähriger Stadtsteinacher hatte Bescheide des Jobcenters mit Hakenkreuzen beschmiert

Kulmbach. Für einen handfesten Eklat hat am Donnerstag vor dem Amtsgericht in Kulmbach ein 59 Jahre alter Mann aus Stadtsteinach gesorgt. Weil der als Querulant amtsbekannte Mann sich an keine Regeln hielt und pausenlos dazwischen redete verwies ihn Richterin Sieglinde Tettmann nach mehrfacher Aufforderung des Saales und setzte die Verhandlung ohne den Angeklagten fort. Der Hartz-IV-Empfänger hatte bereits vor wenigen Wochen für Aufsehen gesorgt, weil er damals die routinemäßigen Personenkontrollen am Eingang zum Gerichtsgebäude ablehnte und die Verhandlung platzen ließ.

Auch diesmal setzte er von Anfang an auf seinen Redeschwall und hatte einzig und allein das Ziel, das Gericht zu provozieren. Da kam er bei Richterin Tettmann genau an die Richtige. Sie ging mit keinem Wort auf die Provokationen ein und verwies lediglich auf die Strafprozessordnung, was den Mann zur Weißglut trieb. Wütend zerriss er seine Ladung und warf die Papierfetzen auf den Boden.

„Wenn es auf Richterbeleidigung die Todesstrafe geben würde, dann würde ich sie jetzt beleidigen“, sagte er beispielsweise zur Richterin, doch die ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen und blieb demonstrativ gelassen. „Muss ich mir das Zeug wirklich anhören, da setze ich mich ja lieber aufs Klo“, tönte der Angeklagte durch den Saal und setzte alles daran, von der Verhandlung ausgeschlossen zu werden, was ihm dann auch gelang.

Konkret ging es darum, dass er im April dieses Jahres zwei Bescheide des Jobcenters als angebliche Irrläufer zurückgeschickt und mit Hakenkreuzen verziert hatte. Dazu betitelte er die zuständigen Sachbearbeiter als „Deppen“, schrieb die Abkürzung „LMAA“ auf beide Bescheide und verwendete weitere Ausdrücke, die nicht unbedingt zitierfähig sind, aber deutlich unter die Gürtellinie gehen.

Wegen der Hakenkreuze hatte die Polizei sogar den Staatsschutz eingeschaltet, schließlich geht es dabei um Kennzeichen von verfassungswidrigen Organisationen. Doch auch zur polizeilichen Vernehmung war der Mann nicht erschienen. Der Geschäftsführer des Jobcenters erklärte in der Verhandlung, dass es in den Bescheiden um eine Hartz-IV-Minderung ging. Das also hatte den Angeklagten so in Rage gebracht.

„Die nächste Bombe brennt schon“, rief er laustrakt, als er den Saal begleitet von einem Justizwachtmeister verlassen musste. Wegen einer ähnlichen Geschichte wurde er bereits vor knapp zwei Jahren verurteilt. Weil ihm die Hartz-IV-Leistungen für ein Monat gestrichen wurden, war er ins Kulmbacher Jobcenter gekommen und hatte gedroht: „Ich bring euch alle um, ich räum euch alle weg.“ Damals wurde er zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro (750 Euro) verurteilt. In der Berufungsverhandlung hatte er damals einen ähnlichen Auftritt hingelegt und beispielsweise demonstrativ die Bild-Zeitung gelesen, statt der Verhandlung zu folgen.

Wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, urteilte Richterin Tettmann diesmal auf 120 Tagessätze zu jeweils zehn Euro (1200 Euro) wegen Beleidigung in zwei Fällen. Der Angeklagte habe die Taten nicht nur eingeräumt, sondern sogar bekräftigt, dass er dazu steht, sagte die Richterin. Das Verhalten des Mannes spreche für sich, so Tettmann bei der Urteilsverkündung in Abwesenheit des Angeklagten. Als Verurteilter muss der Mann zusätzlich auch noch die Kosten des Verfahrens tragen.

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10.05.2017

Pegnitzer Akademie als Flaggschiff der Bayerischen Justiz / Steigende Absolventenzahlen: Aus Einzel- werden Doppelzimmer

Pegnitz. In der Bayerischen Justizakademie in Pegnitz steigen die Zahlen der Teilnehmer an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen aktuell stark an. Das habe zur Folge, dass zahlreiche Einzelzimmer im Internat derzeit zu Doppelzimmer umgerüstet werden müssen, erläuterte der Leiter Robert Hippler bei einem Besuch der Bundestagsabgeordneten Silke Launert. Daneben sollen auch weitere Ferienwohnungen in Pegnitz und Umgebung als Unterkünfte für Teilnehmer gesucht werden.

Nach den Worten von Akademieleiter Robert Hippler wurden 2016 über 52200 Übernachtungen verzeichnet. Zehn Jahre zuvor waren es noch knapp 15000. Von den über 52200 Übernachtungen mussten bereits über 10000 auf Hotels und Ferienwohnungen in der Umgebung ausweichen. Aufgrund der Blockbeschulung halten sich einzelne Teilnehmer bis zu fünfeinhalb Monaten in Pegnitz auf.

Die Justizakademie ist ein Aus-, Fort- und Weiterbildungszentrum des mittleren Justizdienstes mit Internat. Ausgebildet werden hauptsächlich Justizwachtmeister, Justizfachwirte (Geschäftsstellenbeamte) und Gerichtsvollzieher. Daneben finden IT-Fortbildungen und Angestelltenschulungen sowie Einstellungslehrgänge für Familienrichter in Pegnitz statt.

„Wir wollen Wissen nicht nur vermitteln, sondern unsere Absolventen fit für die Praxis machen“, sagte Robert Hippler. Die Vermittlung von Grundwerten für den Beruf gehöre genauso dazu, wie modernste Technik- und IT-Kenntnisse. Dabei gehe es um Themen wie beispielsweise die elektronische Akte bei den bayerischen Gerichten.

Die Altersspanne der Teilnehmer reicht von 16 Jahren bis zu 45 Jahren bei Justizfachwirten. Dabei stellen die Verantwortlichen auch immer mehr fest, dass sich berufliche Seiteneinsteiger für die Justiz interessieren. Probleme gebe es dagegen bei den Gerichtsvollziehern. „Wir haben Schwierigkeiten genügend Bewerber zu rekrutieren“, so Hippler. Auch hier seien Seiteneinsteiger willkommen. Stark verändert habe sich die Ausbildung zum Justizwachtmeister. Während das Berufsbild früher dem eines besseren Hausmeisters entsprach, seien heute ausgewiesene Sicherheitsexperten gefragt.

Von einem Flaggschiff der bayerischen Justiz sprach der Vizepräsident des Oberlandesgerichts Bamberg Andreas Zwerger. Eine wichtige strukturpolitische Maßnahme nannte die Abgeordnete Silke Launert die bayernweit bedeutsame Einrichtung. Für die Region sei es ein ausgesprochener Glücksfall, die Akademie hier vor Ort zu haben.

1976 wurde im früheren Pegnitzer Landratsamt die Bayerische Justizschule eröffnet. Im Juli 2014 wurde die Schule zur Akademie erhoben. Die Akademie ist eine zentrale Einrichtung der bayerischen Justiz und gehört organisatorisch zum Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg. Eine Besonderheit der Akademie ist es, dass die Ausbildung von Gerichtsvollziehern nicht nur für den Freistaat Bayern, sondern länderübergreifend auch für Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt stattfindet. Die Akademie beschäftigt 22 Lehrkräfte und Verwaltungsmitarbeiter. Daneben sind über 300 ehrenamtliche Lehrkräfte in Pegnitz tätig. Sie kommen im Wesentlichen aus dem richterlichen Bereich und von den Staatsanwaltschaften.

Bild: Akademieleiter Robert Hippler, seine Stellvertreterin Gudrun Scharr, die Bundestagsabgeordnete Silke Launert und der Vizepräsident des Oberlandesgerichts Bamberg Andreas Zwerger (von links) in den Räumen der Bayerischen Justizakademie Pegnitz.

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21.04.2017

Von wegen Routineverhandlung: Verteidiger zog alle Register / Anwalt aus Jena übte Kritik an Polizei, an der Sitzordnung und am Kruzifix im Gerichtssaal

Kulmbach. Gut drei Gramm Marihuana fanden Polizeibeamte  bei einer Verkehrskontrolle auf der A70 am Rastplatz Rotmaintal im Auto eines 36-jährigen Mannes aus Plauen. Wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln musste er sich deshalb vor dem Amtsgericht verantworten. Was auf den ersten Blick nach einer völlig unspektakulären Routineverhandlung aussieht, sollte sich aber dann aber doch viel schwieriger gestalten. Wegen der notwendigen Einvernahme eines weiteren Zeugen musste die Verhandlung ausgesetzt werden. Ein neuer Termin, wahrscheinlich erst in drei bis vier Monaten, wird von Amts wegen festgelegt.

Grund dafür ist die Einlassung des Angeklagten: Das Auto gehöre ihm nicht, sondern einem Bekannten aus der Nähe von Fürth. Er habe das Fahrzeug nur repariert und wieder zurückbringen wollen. Von dem Rauschgift in der Seitentür habe er nichts gewusst. Warum er das nicht gleich bei der Polizei gesagt habe, wollte das Gericht wissen, doch der Angeklagte hatte daraufhin keine Antwort parat. Tatsächlich hatte der Mann bei der Polizei Angaben zur Tat strikt verweigert.

Also fragten die Richterin und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft nach Details. Was denn kaputt gewesen sei? Die Lichtmaschine, antwortete der Angeklagte. Es sei ein reiner Freundschaftsdienst gewesen, Geld habe er dafür nicht genommen. Auch ein früherer Strafbefehl kam zur Sprache, wegen des Anbaus von Cannabis-Pflanzen, was der arbeitslose Angeklagte jetzt allerdings abstritt.

Dann zog Verteidiger Steffen Böttcher aus Jena alle Register. „Bei uns“, er meinte damit wohl zuhause in Thüringen oder am Wohnort des Angeklagten in Sachsen, werde eine solche Sache gar nicht erst verfolgt. „Bei uns schon“, entgegnete Richterin Tettmann. In Bayern werde auch der Besitz von 0,1 Gramm verfolgt, stellte sie klar. Die verdachtsunabhängige Kontrolle sei in Sachsen ohnehin verfassungswidrig,  sagte der Anwalt. Als ihn der Beamte der Verkehrspolizei Bayreuth darauf hinwies, dass dies in Bayern üblich sei meinte der Anwalt nur, dass er es sich dann eben künftig ersparen werde, durch Bayern zu fahren.

Doch damit immer noch nicht genug. „Es ist schon spannend, in welchem Rechtsstaat wir leben“, sagte der Verteidiger und kritisierte nun plötzlich die Sitzordnung im Gerichtssaal. Überall in Deutschland sei es üblich, dass der Angeklagte neben ihm sitze und nicht wie hier auf einem „Büßerbänkchen“. Und ganz zuletzt erregte noch das Kruzifix an der Wand hinter dem Gericht den Unmut des Rechtsanwaltes. Er wisse nicht, was „der liebe Herrgott“ hier im Gerichtssaal zu suchen habe. Auch in Bayern gelte die Trennung von Staat und Kirche, sagte er und verwies darauf, dass er in Nürnberg bereits Anträge gestellt habe, das Kruzifix aus dem Gerichtssaal zu verbannen, beziehungsweise zu verhängen.

Richterin Sieglinde Tettmann ließen all diese Einwände demonstrativ kalt. Sie setzte die Verhandlung aus, um den Halter des Fahrzeugs in Sachen Rauschgift zu vernehmen. Ob der Mann aussagen und sich damit selbst belasten wird, bleibt abzuwarten.

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30.03.2017

Hitlergruß bei der Bierwoche / Junger Mann aus Dresden zu drei Monaten auf Bewährung verurteilt

Kulmbach. Weil er am Rande der Bierwoche lautstark „Heil Hitler“ durch die Gegend gegrölt hatte, ist ein 27-jähriger Dresdner vor dem Amtsgericht zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der angetrunkene Mann hatte sich mit einem Döner-Verkäufer um fünf Euro gestritten, deshalb griffen Beamte der Bereitschaftspolizei ein. Als die Sache schon fast wieder geschlichtet war, rief der 27-Jährige die verbotene Parole. Eine Geldstrafe kam für Richterin Sieglinde Tettmann nicht mehr in Betracht, denn der Angeklagte war bereits vielfach vorbestraft und hatte sogar schon mehrere Gefängnisstrafen verbüßt.

Der Vorfall ereignete sich am 2. August des vergangenen Jahres, kurz vor 23 Uhr. „Ja, das stimmt, ich war sehr betrunken“, entschuldigte sich der Angeklagte vor Gericht. Eine rechte Gesinnung stritt er entschieden ab. Er sei sehr grob von den Sicherheitskräften angefasst worden, als dann auch noch die Bereitschaftspolizisten kamen, habe er eben provozieren  wollen. Worum es bei dem Streit mit dem Dönerverkäufer gegangen war, wusste der 27-Jährige nicht einmal mehr.

Ganz genau konnte sich dagegen einer der beiden Polizisten erinnern. Der Angeklagte habe sich tierisch aufgeregt, weil er der Meinung gewesen sei, er habe dem Dönerverkäufer bereits fünf Euro gegeben. Zusammen mit den Sicherheitskräften sei es aber gelungen, den Streit zu schlichten. Zusammen mit einem Kumpel wollte der Angeklagten gerade den Schauplatz verlassen, als er sich umdrehte und lautstark „Heil Hitler“ rief.

„Da mussten wir natürlich einschreiten“, sagte der zweite Polizist, der den Angeklagten daraufhin zur Inspektion verbracht hatte. Der Angeklagte habe sich sehr aggressiv verhalten und sei auf jeden Fall alkoholisiert gewesen, so der Beamte. Tatsächlich hatte eine Blutprobe einen Wert von über 1,3 Promille ergeben.

Für Aufsehen sorgte das Vorstrafenregister des Angeklagten. Zehn Eintragungen gab es da seit 2005. Darunter mehrfach Eigentums- und Vermögensdelikte, aber auch Gewaltdelikte. Mehrere Bewährungsstrafen mussten bereits widerrufen werden, weil der Angeklagte den Auflagen nicht nachgekommen war, zuletzt saß er bis Ende 2014 in Haft. Danach wurde er gleich wieder straffällig und wurde bereits zwei Mal zu Geldstrafen verurteilt, einmal wegen Betruges, ein anderes Mal wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Diebstahl.

Staatsanwalt Roland Köhler plädierte auf eine Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung wegen „öffentlicher Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, wie es im Strafgesetzbuch heißt. Die Bewährung spreche er allerdings mit gewissen Bedenken aus, so Köhler, denn schließlich habe sich der Angeklagte von seinen vielen Vorstrafen bislang nicht beirren lassen, immer wieder neue Straftaten zu begehen.

Richterin Sieglinde Tettmann blieb mit drei Monaten auf Bewährung geringfügig darunter. Der Angeklagte sei auf 180 gewesen und habe sich in alkoholisiertem Zustand zu der Äußerung hinreißen lassen, sagte die Richterin. Bemerkenswert sei es, dass er ausgerechnet im Beisein der Polizei seine Parolen gegrölt habe, anstatt sich zu beherrschen. Als Auflagen setzte Tettmann eine Bewährungszeit von drei Jahren und 1200 Euro zu Gunsten der Aktion „Keine Macht den Drogen“ fest.

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03.03.2017

Ladendiebstahl: Knast wegen 4,85 Euro / 49-jähriger Kulmbacher ließ drei Zeitungen und ein Brot mitgehen - Jetzt muss er ein drei Monate hinter Gitter

Kulmbach. Weil er beim Kaufland im Fritz-Einkaufszentrum in Kulmbach ein Brot und drei Zeitungen in seinen Rucksack gesteckt und den Markt ohne dafür zu bezahlen verlassen hatte, muss ein 49-jähriger Kulmbacher ins Gefängnis. Grund für die verhältnismäßig hohe Strafe ist, dass der Mann bereits achtmal vorbestraft war und gleich zwei offene Bewährungen hatte.

Vor Gericht hatte der arbeitslose Angeklagte lediglich ein Teilgeständnis abgelegt. Er habe zwar das Brot gestohlen, nicht aber die Zeitungen. Die will er schon vorher bei einem Kiosk erworben haben, dummerweise hatte er dafür keinen Beleg mehr.

Stimmt nicht, sagte der Ladendetektiv. Er habe über die Videoüberwachungsanlage des Marktes genau beobachtet, wie der Angeklagte zunächst das Brot, dann die Zeitungen in seinen Wagen legte und beides in der Getränkeabteilung in seinen Rucksack stopfte. Auch fünf Flaschen Bier legte er noch in den Wagen. An der Kasse bezahlte er lediglich das Bier.

Der Angeklagte legte dabei großen Wert auf die Feststellung, dass es sich um alkoholfreies Bier gehandelt habe. Wie später bekannt wurde, hatte er bereits eine Langzeitzeittherapie wegen eines offensichtlichen Alkoholproblems absolviert, nachdem er zuvor immer wieder wegen alkoholbedingter Taten zur Rechenschaft gezogen werden musste.

Im Januar 2013 war er beispielsweise zwischen Plankenfels und Hollfeld mit 3,15 Promille Alkohol im Blut erwischt worden. Die Folge war nicht nur der Entzug des Führerscheins, sondern auch eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Vollrausches zu sechs Monaten auf Bewährung. Die zweite offene Bewährungsstrafe kam dann im April 2016, also vier Monate vor dem jetzigen Ladendiebstahl dazu, weil er, ebenfalls alkoholbedingt enthemmt, gedroht hatte, das Anwesen eines Paares „abzufackeln“.

Warum er denn überhaupt das Brot gestohlen habe, wollte Richterin Sieglinde Tettmann wissen. Alles, aber auch alles, sei an diesem Tag schief gelaufen, berichtete der Angeklagte. Er habe sich schlecht gefühlt, sei krank gewesen und habe kein Geld gehabt. Bei der Sparkasse habe er zuvor noch eine Lastschrift zurückbuchen wollen, doch die Bank hatte an diesem Nachmittag geschlossen.

Sowohl beim Ladendetektiv als auch bei seiner polizeilichen Vernehmung  wenige Tage nach der Tat hatte der Angeklagte nichts davon berichtet, dass er die Zeitungen bei einem Kiosk gekauft habe. Man hätte doch den Kiosk aufsuchen können, und fragen, ob sich jemand an ihn erinnert, sagte die Richterin, doch der Angeklagte zuckte nur mit den Schultern. Ihm wäre sowieso nicht geglaubt worden, da habe er alles zugegeben.

Eine Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung forderte Staatsanwalt Bernhard Böxler. Der Entwendungsschaden sei zwar mit unter fünf Euro vergleichsweise gering, doch ist der Angeklagte vielfach vorbestraft und stand gleich zweimal unter einer offenen Bewährung. Schon die zweite Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe sei ungewöhnlich gewesen, ein drittes Mal sei das nicht möglich. Dem widersprach Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach. Sein Mandant habe sich mittlerweile wieder gefangen, habe Aussicht auf Arbeit und seit der Tat nichts mehr angestellt. Der Verteidiger beantragte deshalb eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro.

„Es wäre besser gewesen, das Brot zu bezahlen und Wasser aus der Leitung statt Bier, wenn auch alkoholfrei, zu trinken“, sagte Richterin Tettmann. Sie hegte keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte nicht nur das Brot, sondern auch die Zeitungen gestohlen hatte. Wenn es wirklich die totale Notlage gewesen sein soll, dann hätte es das Bier nicht gebraucht.

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05.01.2017

Drei Monate Knast wegen elf Euro / Hausfrau muss wegen Ladendiebstahls ins Gefängnis

Kulmbach. Das Geständnis kam zu spät und die Worte der Richterin waren mehr als deutlich: „Wer ständig stiehlt, noch dazu während einer offenen Bewährung, der muss ins Gefängnis“. Zuvor hatte Richterin Sieglinde Tettmann eine 49-jährige Hausfrau aus dem Landkreis zu drei Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Die Frau hatte beim Real in Kulmbach ein Make-up im Wert von 11,95 Euro gestohlen. Ein Grund für die relativ hohe Strafe ist unter anderem, dass die Angeklagte wegen Diebstahls bereits fünf Mal vorbestraft ist. Zuletzt hatte sie im Februar 2014 ebenfalls beim Real in Kulmbach Tabakwaren im Wert von knapp 30 Euro entwendet. Damals war sie zu vier Monaten, allerdings noch mit Bewährung, verurteilt worden.

Erst am Ende der Beweisaufnahme, kurz vor den Plädoyers, hatte sich die Frau noch einmal mit ihrer Verteidigerin Petra Eber-Kohles aus Kulmbach beraten. Danach gestand sie den Diebstahl und schob die Tat auf finanzielle, gesundheitliche und psychische Probleme. Zuvor hatte sie lange Zeit jede Schuld von sich gewiesen und beteuert, dass sie zu Unrecht belastet werde.

Sie habe das Make-up nur angeschaut und ausprobiert, nicht aber eingesteckt, behauptete die Angeklagte wider besseres Wissen. Das Make-up, das der Ladendetektiv schließlich in ihrer Handtasche fand, sei ihr eigenes gewesen, nur rein zufällig die gleiche Marke. Warum die Frau die Kosmetik dann trotzdem an Ort und Stelle bezahlte, genauso wie die Fangprämie in Höhe von 50 Euro, dafür hatte sie keine Erklärung. Wahrscheinlich ist aber, dass sie gedacht hatte, damit wäre alles erledigt. Umso erstaunter war die Angeklagte, als drei Monate später dann doch die Anzeige ins Haus flatterte.

Absolut erdrückend war die Aussage des Kaufhausdetektivs. Die Frau habe sich nach links und rechts umgesehen, blitzschnell das Etikett mit dem Strickcode entfernt und das Make-up in ihrer Tasche verschwinden lassen, berichtete der erfahrene Detektiv aus Hof, der seit über 20 Jahren seinem Beruf nachgeht. Natürlich sei das Make-up in der Handtasche neu und unbenutzt gewesen und habe keinerlei Gebrauchsspuren aufgewiesen, sagte der Zeuge. Er wusste auch, dass die Angeklagte noch bis kurz vor der Tat Hausverbot im Kulmbacher Real wegen des Diebstahls ein gutes Jahr zuvor hatte. „Sie war kein unbeschriebenes Blatt“, so der Detektiv.

Ganz offensichtlich ihrer Mutter zu Hilfe kommen wollte die Tochter der Angeklagten, eine 27-jährige Frau, die damals bei ihrer Mutter gewohnt hatte. Sie habe ihr das Make-up zu Weihnachten geschenkt, behauptete die Tochter. Ihre Mutter habe nicht gestohlen, und wenn, dann hätte sie das ihr doch gesagt. Und dann schob die Tochter noch einen Satz nach, der bei Gericht gar nicht gut ankam. Sie sagte: „So ein Aufstand wegen elf Euro.“

Doch um diese elf Euro ging es zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr. Schließlich wurde die Frau wegen verschiedener Diebstähle vor den Amtsgerichten in Hof, Wunsiedel und Kulmbach bereits vier Mal zu Geldstrafen und zwei Mal zu Bewährungsstrafen verurteilt. Auch eine Geldstrafe wegen eines Betrugs war schon darunter.

Nach der Besprechung mit der Anwältin machte die Angeklagte dann endlich reinen Tisch. „Ich habe es getan und möchte mich entschuldigen“, sagte sie kleinlaut und versprach, nie mehr etwas zu stehlen. „Sie werden mich hier nicht mehr sehen“, versprach die Frau dem Gericht. Doch für ein solches Geständnis war es fast schon ein wenig zu spät.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte die letztlich auch verhängten drei Monate ohne Bewährung. Der Schaden sei zwar gering gewesen und wurde auch gleich wieder gut gemacht, doch mehrere einschlägige Vorstrafen und offene Bewährungen würden einfach zu schwer ins Gewicht fallen. Verteidigerin Petra Eber-Kohles beantragte dagegen eine Bewährungsstrafe. Die Verteidigerin gab unter anderem zu bedenken, dass ihre Mandantin eine alleinstehende Mutter sei und zwei minderjährige Kinder habe.

Sie finde keine Punkte, die dafür sprechen, dass die Angeklagte künftig ein straffreies Leben führen werde, begründete Richterin Tettmann ihr Urteil ohne Bewährung. Der geringe Wert der Ware sei mit drei Monaten ohnehin berücksichtigt. Allerdings habe die Angeklagte nach der letzten Bewährungsstrafe nicht einmal ein Jahr durchgehalten, eine kurze Gefängnisstrafe sei deshalb die logische Konsequenz.

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06.12.2016

2400 Euro erschwindelt: 38-jährige Frau aus Kulmbach fälschte Quittungen der Stadtwerke und ließ sie vom Jobcenter erstatten – Angeklagte kam mit Bewährungsstrafe davon

Kulmbach. Wegen Betrugs und Urkundenfälschung in 24 Fällen hat das Amtsgericht eine 38-jährige Frau aus Kulmbach zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten verurteilt. Das Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass die Bezieherin von Hartz-IV-Leistungen Quittungen der Stadtwerke über Heizkosten gefälscht hatte, um damit mehr Geld vom Jobcenter erstattet zu bekommen. Weil ein Großteil des Schadens bereits wieder gut gemacht wurde und die Frau von Anfang an alles eingestanden hatte, fiel die Strafe relativ milde aus. Allerdings muss sie als Bewährungsauflage 120 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit leisten.

Als Motiv machte die Angeklagte, die bereits Privatinsolvenz angemeldet hatte, chronische Geldknappheit geltend. Nachdem sie von ihrem Lebensgefährten verlassen worden war, musste sie mit ihren vier Kindern in eine Drei-Zimmer-Wohnung in die Innenstadt ziehen. Das Geld habe hinten und vorne nicht gereicht, sagte die Frau im Gerichtssaal unter Tränen. Da sei sie auf die Idee gekommen, bei den Beträgen auf den monatlichen Quittungen immer die Ziffer „1“ vor den eigentlichen Betrag zu schreiben und die gefälschten Quittungen dem Jobcenter zur Auszahlung vorzulegen. Statt 60 Euro bekam sie so beispielsweise 160 Euro ausbezahlt, statt 80 Euro 180 Euro. Auf diese Art und Weise waren zwischen Dezember 2013 und September 2015 fast 2400 Euro zusammengekommen.

Das Geld ist für den laufenden Lebensunterhalt draufgegangen, sagte die Frau, vor allem für Nahrungsmittel für sich und die Kinder. Sie habe sich keine Gedanken gemacht, dass das Ganze irgendwann auffliegen könnte, bekannte die Angeklagte freimütig. Tatsächlich war die Sache durch einen Abgleich der Quittungen mit einer Auflistung der Stadtwerke erst viel später entdeckt worden. Die Frau hatte das Fälschen der Quittungen zwischenzeitlich längst eingestellt, als sie einen neuen Partner kennenlernte, der sie auch finanziell unterstützte. „Da ging es wieder aufwärts“, sagte sie.

Gegenüber dem Jobcenter hatte sie den Sachverhalt sofort eingeräumt, so die zuständige Sachbearbeiterin. Das Fälschen der Quittungen sei deshalb lange nicht aufgefallen, weil die Frau nicht die Originalbelege vorweisen musste, sondern stets Fotokopien mitbrachte. Da habe man nicht sehen können, dass die Ziffer „1“ mit einem anderen Stift geschrieben wurde, sonst hätte man wahrscheinlich viel schneller Verdacht geschöpft.

In der Verhandlung stellte sich aber auch heraus, dass die Frau einige Quittungen über Heizkosten aus unerfindlichen Gründen gar nicht beim Jobcenter eingereicht hatte. Geld auf das sie eigentlich einen Anspruch gehabt hätte. Zieht man diese Quittungen und vor allem auch die Rückzahlungen, die seit diesem Jahr laufen, vom Gesamtschaden ab, so bleibt noch eine offene Schadenssumme von rund 400 Euro.

Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen Betrugs und Urkundenfälschung hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft gefordert. Die Frau habe zwar einen Großteil des Schadens bereits wieder gut gemacht und alles von Anfang an eingestanden, doch sei sie bereits zweimal wegen Betrugs vorbestraft, so der Staatsanwalt. Verteidiger Ralph Pittroff aus Kulmbach plädierte auf zehn Monate auf Bewährung. Seine Mandantin sei in großen Geldnöten gewesen, erst mit ihrem neuen Lebensgefährten habe sie wieder Fuß gefasst.

„Wir nehmen ihnen ab, dass sie die Taten ernsthaft bereuen“, sagte die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt. Auch die schwierigen Lebensumstände habe das Gericht berücksichtigt. Neben der elfmonatigen Bewährungsstrafe muss die Frau innerhalb von drei Monaten 120 unentgeltliche und gemeinnützige Arbeitsstunden nach näherer Weisung des Bewährungshilfevereins „Die Fähre“ ableisten und die Kosten des Verfahrens tragen.

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21.11.2016

Bewährungsstrafe kommt Berufsverbot gleich / Berufungsverhandlung: Versicherungsvertreter aus dem Landkreis wegen Betrugs verurteilt

Bayreuth. Wer in der Versicherungsbranche tätig ist, der muss eine absolut weiße Weste haben. Die Branche hat sich dazu eine Selbstverpflichtung auferlegt, nach der Versicherungsvertreter regelmäßig polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen müssen. Taucht dort eine Eintragung auf, ist der Job schnell weg. Genau das wurde jetzt einem 57-jährigen Versicherungsvertreter aus dem Kulmbacher Landkreis zum Verhängnis. Weil er unberechtigt Darlehen aufgenommen, Unterschriften gefälscht und sich so über 18000 Euro ergaunert hatte, ist der Mann am Montag in einer Berufungsverhandlung vor dem Bayreuther Landgericht zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Eigentlich kam er dabei noch gut weg, denn im erstinstanzlichen Urteil wurde er vor wenigen Monaten noch zu 13 Monaten auf Bewährung verurteilt. Nutzen wird ihm das allerdings wenig, denn lediglich bei einer Geldstrafe von bis zu 90 Tagessätzen wäre keine Eintragung im Strafregister erfolgt. In der Versicherungsbranche kann der Mann nun definitiv nicht mehr Fuß fassen.

„Das ist auch richtig so“, wurde der vorsitzende Richter Werner Kahler in der Berufungsverhandlung ungewöhnlich deutlich. Bei einem Betrug in dieser Größenordnung sei eine Geldstrafe definitiv nicht drin. Der Angeklagte habe nicht nur das Vertrauen ausgenutzt, das Kunden in ihn gesetzt hätten, sondern auch seine Position. Kahler: „So jemand hat in der Versicherungsbranche nichts zu suchen.“ Wenn das Gericht die Strafe im Vergleich zur ersten Instanz doch reduzierte, dann deshalb, weil der 57-Jährige bereits Schadenswiedergutmachung im großen Stil betrieben hatte und mit Hilfe seiner Familie bereits 11500 Euro an den Versicherungskonzern zurückbezahlte.

Jahrzehntelang war der Mann für den namhaften Konzern tätig. Bis er plötzlich in Geldnot geriet. Da hatte er sich als Opfer ausgerechnet seinen eigenen Cousin herausgesucht. Der Angeklagte hatte unter anderem eine Adressänderung veranlasst, so dass der Cousin überhaupt keine Korrespondenz mehr erhielt. Dann schloss er zwei Policendarlehen auf die Verträge seines Cousins ab und ließ sich einmal 7000 Euro, ein weiteres Mal 8000 Euro auf sein Konto überweisen. In einem weiteren Fall kündigte er einen Vertrag und ließ sich den Rückkaufswert in Höhe von gut 3000 Euro auszahlen.

Der Cousin ahnte davon lange nichts. Als er irgendwann dann doch seine Kontoauszüge überprüfte, stellte sich heraus, dass die Lebensversicherung schon lange nichts mehr abgebucht hat. Der Cousin wandte sich an die Versicherung und schon flog der gesamte Schwindel auf. Sein Cousin habe ihn längst verziehen, sagte der Angeklagte vor Gericht und nannte sein Verhalten eine Riesendummheit. „Wenn ich doch nur alles rückgängig machen könnte“, sagte er, der nach der Geschichte bis zum Ersturteil im Sommer dieses Jahres noch bei einem anderen Konzern tätig war und jetzt als Kraftfahrer arbeitet.

Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach hatte zuvor sieben Monate auf Bewährung beantragt. Sein Mandant habe aus Geldnot gehandelt und dabei ein „klassisches Eigentor“ geschossen.  Er erinnerte aber auch an das umfassende Geständnis von Anfang an, an die Bemühungen des Mannes um Rückzahlung und den „dramatischen Verlust“ seiner Stellung in der Versicherungsbranche.

Staatsanwalt Matthias Eichelsdörfer plädierte dagegen darauf, die Berufung zu verwerfen und damit das Ersturteil in Höhe von 13 Monaten zu bestätigen. Der Jobverlust sei selbstverschuldet, sagte der Anklagevertreter. Er sprach von einem planvollen Vorgehen, von hoher krimineller Energie und vom Ausnutzen eines Vertrauensverhältnisses. „Es ist völlig richtig, dass so jemand in der Versicherungsbranche nichts verloren hat“, so der Staatsanwalt.

Als Geldauflage muss der Angeklagte zusätzlich zum Urteil in Höhe von zehn Monaten 1000 Euro an eine humanitäre Hilfsorganisation zahlen.

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26.10.2016

Gericht stößt auf Mauer des Schweigens / 33-jähriger Mann soll seine Ehefrau mehrfach schwer verprügelt haben – Richter will weitere Zeugen vernehmen

Bayreuth. Es ist ein besonders krasser Fall von häuslicher Gewalt, den das Amtsgericht in Bayreuth derzeit verhandelt. Ein 33-jähriger arbeitsloser Facharbeiter aus dem südlichen Landkreis soll seine um drei Jahre jüngere Ehefrau mehrfach heftig verprügelt haben. Verletzungen wie Knochenabsplitterungen an der Hand oder ein gebrochener Arm sollen dabei keine Seltenheit gewesen sein. Anfang des Jahres wurden die körperlichen Übergriffe aktenkundig, nachdem sich die Frau einer Lehrerin ihrer Tochter offenbart hatte. Die Polizei wurde eingeschaltet, das Verfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung in mehreren Fällen nahm seinen Lauf.

Dabei wurden nahezu unglaubliche Vorwürfe gegen den Mann laut. Die Frau habe sich im Winter aus Strafe vor die Haustür stellen müssen, er habe sie ständig kontrolliert und selbst beim Einkaufen überwacht. War die Frau aus dem Haus, musste die Tochter „als Geisel“ zuhause bleiben“ und so weiter.

„Alles Quatsch“, sagte der Angeklagte vor Gericht. Die Vorwürfe gegen ihn seien völlig falsch und an den Haaren herbeigezogen. Der Angeklagte übte heftige Kritik an der Arbeit der Polizei. Der ermittelnde Beamte habe ihn von vornherein in eine bestimmte Schublade gesteckt, aus der er nicht mehr herauskam. „Hätte der Polizeibeamte seine Arbeit richtig gemacht, dann säßen wir jetzt nicht hier“, so der Angeklagte.

Zur Überraschung aller Prozessbeteiligter verweigerte auch das Opfer die Aussage. Schon die Tatsache, dass die beiden erst nach den Tatvorwürfen geheiratet hatten, sorgte für Verwunderung. Die ebenfalls arbeitslose Frau habe ihre ursprüngliche polizeiliche Aussage, in der sie ihren Mann noch belastete, zunächst zurückziehen, dann abändern wollen, doch das habe die Polizei nicht mehr zugelassen, beschwerte sie sich.

Darauf ergriff der Angeklagte dann doch noch das Wort zu seiner Verteidigung. Im ersten Anklagepunkt habe ihn seine Frau umklammert, er habe sich losreißen wollen, da sei die zu Boden gegangen und habe sich die Knochenabsplitterung an der Hand zugezogen. Im zweiten Fall habe seine Frau eine SMS an einen anderen Mann geschrieben, da habe er das Mobiltelefon an die Wand geschleudert, Kleidung der Frau zerfetzt und ihren Laptop zerstört. Körperliche Übergriffe habe es dagegen nicht gegeben, beteuerte der Angeklagte. Das Handy habe sowieso ihm gehört und der Laptop sei schon älteren Datums gewesen („da war noch XP drauf“). Obwohl zwischenzeitlich schon wieder etwas vorgefallen sein soll und die Frau mehrere Tage im Frauenhaus verbrachte, beschrieb der Mann die Beziehung als überaus harmonisch.

Das Gegenteil berichtete die als Zeugin geladene Lehrerin der Tochter. Ihr hatte sich die Frau anvertraut, sie brachte die Sache ans Licht. Ihr soll die Frau beispielsweise gesagt haben, dass sie trotz des gebrochenen Arms und starker Schmerzen eine Woche lang nicht zum Arzt durfte. Die Frau sei völlig aufgelöst gewesen und habe Verletzungen im Gesicht gehabt, die auf Misshandlungen hindeuten könnten. „Die Frau wollte von ihrem Mann weg, aber sie konnte nicht“, sagte die Lehrerin und auch der Schulleiter, der letztlich die Polizei einschaltete berichtete in Bezug auf die Frau von einem sehr mitgenommen Eindruck. Er habe sie nicht einmal per Handschlag begrüßen können, weil die Frau derart starke Schmerzen hatte.

„Als wir uns als Polizei zu erkennen gaben, ist sie psychisch zusammengebrochen“, sagte der ermittelnde Polizeibeamte, der in der Schule war und dort - in zivil – Kontakt zu der Frau suchte. Sie habe gezittert aus Angst vor ihrem Lebensgefährten, sagte der Beamte. Warum die Frau dann plötzlich die Anzeige zurückziehen wollte, warum sie im Krankenhaus erklärte, dass die Verletzungen von einem Sturz mit den Inline-Skatern herrührten, und warum die beiden dann plötzlich heirateten, das blieb während der Verhandlung alles offen.

Also entschloss sich Amtsrichter David Baasch dazu, einen Arzt der Rechtsmedizin zu laden, um die Verletzungen der Frau und vor allem die Herkunft der Verletzungen genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Sachverständige soll unter anderem feststellen, ob die Verletzungen auf stumpfe Gewalteinwirkungen oder auf einen Sturz zurückzuführen sind. Außerdem soll die 80-jährige Großmutter des Mannes geladen werden. Der Angeklagte hatte die Senioren ins Spiel gebracht, weil sie ihn angeblich entlasten könne. Allerdings war die Großmutter schon während der polizeilichen Ermittlungen trotz schriftlicher Ladung nicht einmal bei der Polizei erschienen.

Die Tatvorwürfe sind schon erheblich, sagte der Richter noch und legte als Fortsetzungstermin den 16. November fest.

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16.11.2016

Häusliche Gewalt soll restlos aufgeklärt werden/ Ehefrau schwer verprügelt: Verfahren gegen 33-Jähriger ausgesetzt – Polizei muss weiter ermitteln

Bayreuth. Nachdem die Aussage eines Rechtsmediziners den Angeklagten belastete, eine Zeugen die Aussage verweigerte und der Angeklagte die Vorwürfe weiter bestreitet, fährt Amtsrichter David Baasch schwere Geschütze auf. Er setzte die Verhandlung gegen einen 33-jährigen arbeitslosen Facharbeiter aus dem südlichen Landkreis am zweiten Verhandlungstag kurzerhand aus und ordnete weitere Ermittlungen an. Wie berichtet soll der Angeklagte seine um drei Jahre jüngere Ehefrau mehrfach heftig verprügelt haben.

Die Frau habe dabei erhebliche Verletzungen wie Knochenabsplitterungen an der Hand oder einen gebrochenen Arm erlitten. Nichts davon sei wahr, hatte der Angeklagte bereits am ersten Verhandlungstag beteuert. Sämtliche Vorwürfe träfen nicht zu und seien an den Haaren herbeigezogen. Stattdessen übte der Mann heftige Kritik an der Arbeit der Polizei, der er einseitige Ermittlungen vorwarf.

Für eine Überraschung sorgte nun am zweiten Verhandlungstag ein Sachverständiger vom Institut für Rechtsmedizin an der Universität Erlangen. Er hatte die Frau wenige Tage nach den Vorfällen untersucht und dabei unter anderem Unterblutungen im Gesicht und am Jochbein, blutige Verfärbungen, Schwellungen und zahlreiche andere Verletzungen festgestellt. Der Mediziner konnte praktisch ausschließen, dass ein Sturz mit Inline-Skatern Ursache dafür sein können. Die Art der Verletzung spreche eher für stumpfe Gewalteinwirkung, also für Faustschläge und Fußtritte.

Die 80-jährige Großmutter des Angeklagten, die ihn eigentlich entlasten sollte und deshalb eigens als Zeugin benannt wurde, verweigerte die Aussage. Schon während der Ermittlungen war die Frau nicht bei der Polizei erschienen. Bei Richter Baasch sorgte das für Verwunderung: „Sie wollten doch ihre Oma unbedingt hören“, so der Richter zum Angeklagten. „Warum sagt sie dann nichts?“, so Baasch weiter. Der Angeklagte erklärte dies mit der kurzfristigen Zeugenladung und ließ durch seinen Verteidiger stattdessen einen Brief der Senioren an das Gericht überreichen. Eine Verlesung lehnte der Richter allerdings ab, schließlich habe die Frau keine fünf Minuten zuvor die Aussage verweigert.

Wie berichtet waren die angeblichen körperlichen Übergriffe des Angeklagten aktenkundig, nachdem sich die Frau einer Lehrerin ihrer Tochter offenbart hatte. Die Schule schaltete damals die Polizei ein. Allerdings hatte bereits am ersten Verhandlungstag auch die Frau, also das Opfer, die Aussage überraschend verweigert. Noch bei der Polizei hatte sie ihren Mann erheblich belastet, später aber wieder versucht, die Aussage zurückzuziehen, was freilich nicht mehr möglich war.

Vor dem Hintergrund so vieler Ungereimtheiten und der Tatsache, dass es wohl weitere Ermittlungsansätze gibt, denen nun nachgegangen werden soll, setzte Amtsrichter Baasch das Verfahren kurzerhand aus. Ein neuer Termin wird erst dann anberaumt, wenn die Polizei die Nachermittlungen abgeschlossen hat.

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25.10.2016

Rache für Degradierung / Stadtangestellter leerte Parkautomaten in eigene Tasche – Bewährungsstrafe wegen Untreue in 110 Einzelfällen

Kulmbach. Gelegenheit macht Diebe: ein 50-jähriger städtischer Angestellter aus Kulmbach hatte die Aufgabe die 20 Parkautomaten im Stadtgebiet regelmäßig zu leeren. Anstatt das Geld aber auf das städtische Konto zu überweisen, zahlte er es in einer Vielzahl von Fällen auf sein Privatkonto ein. Zwischen November 2011 und Juni 2014 waren auf diese Art und Weise fast 51000 Euro zusammengekommen. Natürlich flog die Sache irgendwann auf und landete vor Gericht. Dort wurde der Mann am Dienstag wegen Unterschlagung in 110 Einzelfällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.

Wie schon bei der Aufdeckung der Taten Anfang des Jahres räumte der Angeklagte auch vor Gericht alles unumwunden ein. Nicht die persönliche Bereicherung habe bei ihm im Vordergrund gestanden, sondern vielmehr Wut und Enttäuschung darüber, dass er seinen Traumjob als Fahrer des Oberbürgermeisters ohne echten Grund und von heute auf morgen los wurde und in die Stadtkasse versetzt wurde.

„Ich bin da echt nicht stolz drauf“, sagte der Angeklagte. Er wisse, dass er sich alles kaputt gemacht habe. Trotzdem sei er mit der Degradierung nicht fertig geworden. Er habe auch in der Stadtkasse zunächst überaus gewissenhaft  seinen Dienst getan, bis er immer mehr gemobbt wurde. Kollegen seien ihm aus dem Weg gegangen, weil sie ihn zum „OB-Lager“ zurechneten und vor ihm nicht offen sprachen. „Ich war nicht gewollt, und das hat man mir auch gezeigt“, sagte der Angeklagte. Zuletzt habe er sich in einem Zimmerchen ohne Vorhänge wiedergefunden. Als er dies monierte, habe ihm das Hauptamt geraten, doch selbst Vorhänge zu kaufen. Am Ende habe man ihm auch turnusgemäße Höhergruppierungen ohne Angabe von Gründen verweigert. Einen entsprechenden Arbeitsgerichtsprozess habe er für sich entscheiden können.

„Ich fühlte mich so im Unrecht, da habe ich begonnen das zu tun, was mir hier vorgeworfen wird“, sagte der Mann. Schwer hatte man es ihm nicht gerade gemacht, denn er sei der einzige gewesen, der für die regelmäßige Leerung der 20 Automaten zuständig war, auch im Urlaub und im Krankheitsfall. „Man hat es in insgesamt fünf Jahren ja nicht geschafft, eine Vertretung für mich zu finden“, übte der Angeklagte Kritik an der Stadt.

In dem Prozess wurde auch klar, dass die meisten Leerungen der Automaten ordnungsgemäß erfolgten und das Geld ganz normal bei der Stadtkasse eingezahlt wurde. Von Einnahmen in Höhe von rund einer halben Million Euro jährlich war die Rede. Da habe er lange nicht damit gerechnet, dass die abgezwackten 51000 Euro für den Zeitraum von zweieinhalb Jahren überhaupt auffallen.

Das dauerte auch, bis die gespeicherten Beträge überprüft wurden. Doch im Februar des laufenden Jahres waren sich die Verantwortlichen sicher und übergaben die Sache der Polizei. Tatsächlich hatte der Angeklagte alles auf sein Sparbuch eingezahlt und sich erst kurz vor der Aufdeckung der Taten einen Kleinwagen geleistet. Den überließ er sofort nach der Aufdeckung samt Sparbuch der Stadt, so dass zumindest ein Großteil des Schadens bereits wieder beglichen ist. Der Angeklagte schied damals sofort aus den Diensten der Stadt aus, musste ein halbes Jahr zur stationären Behandlung in das Bezirkskrankenhaus und ist seitdem arbeitsunfähig krankgeschrieben. Eigentlich sei er froh gewesen, dass es raus war, sagte der Angeklagte. Er räumte selbst ein, dass seine Taten teilweise schon Stadtgespräch gewesen seien.

Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung hatte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer beantragt. Der Angeklagte habe aus Rache für seine Degradierung gehandelt und sich über Jahre hinweg eine erhebliche Einnahmequelle verschafft. Dennoch sei er geständig gewesen, habe offen und glaubhaft Reue an den Tag gelegt und den Großteil des Schadens bereits wieder gut gemacht. Verteidiger Carsten Niewerth aus Bayreuth plädierte auf 15 Monate mit Bewährung. Motivation seines Mandanten sei schließlich nicht eine finanzielle Bereicherung gewesen, sondern eine Kompensationshandlung nach erlittener Degradierung, Kränkung und Zurücksetzung. 

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt urteilte schließlich auf ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung.  Bis zu einem gewissen Grad könne man der Argumentation des Angeklagten folgen, sagte die Richterin. Der Mann sei von seinem Lieblingsjob über Nacht abgesetzt worden und habe fortan niedere Tätigkeiten verrichten müssen. Der Lösungsweg, es der Stadt dadurch heimzuzahlen, indem er sich selbst bereicherte, sei aber der falsche Weg gewesen. Jeder erfahre im Laufe eines Lebens Kränkungen, müsse mit Niederlagen umgehen oder erfahre Zurückweisungen. Trotzdem sei die Bewährungsstrafe möglich, zumal sich der Angeklagte von Anfang an kooperativ gezeigt habe und sich tatkräftig um Schadenswiedergutmachung bemühe.

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11.10.2016

Sex gegen Bier / Verfahren wegen Vergewaltigung eingestellt – Angeklagter muss wegen anderer Sache trotzdem ins Gefängnis

Bayreuth. Wenn der Vorwurf der Vergewaltigung vor Gericht eingestellt wird, muss es dafür schon gewichtige Gründe geben. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Torsten Meyer hat jetzt in einer Verhandlung gegen einen 36-jährigen Mann aus Ebensfeld eine ganze Reihe solcher Gründe gefunden und die Vergewaltigung ohne Auflagen fallen gelassen. Der Mann muss trotzdem ins Gefängnis. Er wurde erst vor wenigen Wochen wegen Brandstiftung zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Das ist auch einer der Gründe, weshalb das Gericht dem Vergewaltigungsvorwurf nicht weiter nachging. „Es ist die Frage, ob man die Tat überhaupt nachweisen kann“, sagte Staatsanwalt Roland Köhler. Was war geschehen? Nach sechs Jahren Beziehung hatten sich der Angeklagte und seine heute 34-jährige Freundin getrennt. Trotzdem war es auch nach der Trennung immer wieder zum Sex gekommen. Vor allem dann, wenn die damals alkoholabhängige Frau Bier und Schnaps brauchte.

„Wenn er Bier gebracht hat, dann habe ich ihm einen sexuellen Gefallen getan“, räumte die Frau offen ein. Wahrscheinlich war der Angeklagte auch am 10. November 2014 davon ausgegangen, dass die Sache wieder so läuft. Die Frau, die im Landkreis Bayreuth wohnte, rief ihren Exfreund, der mittlerweile nach Bamberg gezogen war, an, man traf sich in Bayreuth und ging zur Tankstelle, um Bier und Schnaps zu besorgen. Auf dem Weg zur Wohnung der Frau soll der Angeklagte dann in ein Waldstück abgebogen sein und die Frau trotz Gegenwehr vergewaltigt haben.

In der Verhandlung machte der Angeklagte keine Angaben. Über seinen Verteidiger Maximilian Glabasnia aus Bamberg ließ er erklären, dass er die Vorwürfe komplett abstreite. Also musste die Ex-Freundin zu dem Geschehen vernommen werden, das fast zwei Jahre zurücklag. Die Frau fuhr schwere Geschütze gegen den Angeklagten auf, mit dem sie ein mittlerweile fast sechs Jahre altes Kind hat. Ihr sei es fast so vorgekommen, als hätte er seinen Spaß daran gehabt, dass sie kräftemäßig nicht gegen ihn angekommen sei. Alkoholbedingt habe sie sich nicht richtig wehren können, sagte die Frau. Sie habe damals noch Restalkohol im Blut gehabt und kurz vor dem Vorfall im Auto einen Schnaps getrunken. "Den wirst du auch brauchen“, soll der Angeklagte noch gesagt haben. „Er hatte die Macht über mich“, so die Zeugin. Ihre Versuche der Gegenwehr hätten den Angeklagten richtig geil gemacht.

Trotz der heftigen Vorwürfe gab es aber auch allerhand Ungereimtheiten und Widersprüche in der Aussage der Frau. Während die Anklage vom 10. November 2014 als Tatzeitpunkt ausging, behauptete die Frau ganz sicher, dass die Geschichte erst im Januar 2015 passiert war. Auch auf die Tageszeit konnte sich die Frau nicht festlegen. In ihrer ersten polizeilichen Vernehmung war von 19 bis 20 Uhr die Rede, in der zweiten Vernehmung von 21 bis 22 Uhr, jetzt vor Gericht von 23 bis 1 Uhr.

Darüber hinaus nannte die Frau verschiedene Tankstellen im Bayreuther Stadtgebiet, an denen man Bier und Schnaps gekauft hatte. Auch auf die Frage, wo sich denn ihr mitgeführter Hund während der angeblichen Vergewaltigung aufgehalten habe, machte die Frau unterschiedliche Angaben. Einmal soll er im Auto gesessen sein, einmal soll er um das Auto herum gestreunert sein. Die Zeugin machte ihre Alkoholisierung für die Wissenslücken verantwortlich. „Es ist nicht so einfach, meine Gedanken zu ordnen“, sagte die Frau, die damals auch zeitweise wegen ihrer Alkoholkrankheit stationär in Behandlung war.

Die Zeugin mache einen glaubwürdigen Eindruck, sagte Richter Torsten Meyer. Er gab aber auch zu bedenken, dass die jahrelange Beziehung zuvor, das gemeinsame Kind, die sexuellen Kontakte nach der Beziehung wenn überhaupt, dann höchstens für einen minderschweren Fall sprechen. Darüber hinaus habe der Angeklagte davon ausgehen können, dass die Frau auf Sex aus war, als sie ihn anrief und um Alkohol bettelte. Schließlich sei es ja in der Vergangenheit auch stets so gelaufen, was die Frau offen zugegeben hatte. Nachdem auch Staatsanwalt Köhler Zweifel äußerte, ob man die Sache jemals aufklären könne, stellte das Gericht das Verfahren kurzerhand ein.  Die kommenden zwei Jahre und vier Monate wird der Angeklagte wegen seiner Verurteilung wegen Brandstiftung ohnehin hinter Gittern verbringen.

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10.10.2016

Handschellen, Schlagstöcke und Einsatzstiefel: Security-Equipment für 2700 Euro ergaunert / Als falscher Leutnant kommandierte 34-jähriger Mann aus Creußen Soldaten bei Hochwasserkatastrophe

Creußen/Bayreuth. Seit vielen Jahren begeht er Straftaten, mehrfach musste er schon Gefängnisstrafen verbüßen, die letzte Haftentlassung liegt exakt fünf Jahre zurück, jetzt kämpfte ein 34-jähriger Mann aus Creußen in einer Berufungsverhandlung wieder einmal um eine Bewährungsstrafe. Weil er im Jahr 2014 und 2015 bei verschiedenen Händlern im großen Stil jede Menge Security-Bedarf wie Handschellen, Schlagstöcke, Einsatzstiefel, aber auch Funkgeräte und Headsets, im Gesamtwert von 2700 Euro  bestellte, aber nie bezahlte, wurde der gelernte Kfz-Mechatroniker im Juni zu zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. Dabei bleibt es nun auch. Eine Berufung gegen dieses Urteil hat die zweite Strafkammer des Landgerichts verworfen. Die Richter sahen keine Möglichkeit, die Strafe zur Bewährung auszusetzen.

„Ich werde den Schaden wieder gut machen, bitte geben sie mir die Chance“, sagte der Angeklagte vor Gericht. Jeder bekomme die Chance auf Bewährung, in Ausnahmefällen sogar beim zweiten Mal, sagte der vorsitzende Richter Werner Kahler. Der Angeklagte habe allerdings bereits neun Vorstrafen, darunter mehrjährige Haftstrafen. Zuletzt saß er wegen schwerer räuberischer Erpressung und vorsätzlicher Körperverletzung vier Jahre ein. „Auf welcher Grundlage soll da noch eine Bewährungsstrafe möglich sein“, sagte der Richter.

Der Angeklagte verwies darauf, dass er bereits einen Teil des Schadens wieder gut gemacht hatte und etwa die Hälfte des Schadens zurückzahlte. Auch wenn es nichts mit dem Betrugsvorwurf zu tun habe, so besuche er außerdem freiwillig eine Therapie für Gewaltstraftäter und habe dort in Sachen Problemlösungsstrategien schon Fortschritte erzielt.

Im Bericht der Bewährungshilfe klang dies anders: Der Angeklagte lasse kaum Unterstützung seitens des Bewährungshelfers zu, hieß es da. Auch, dass seine persönliche Situation eher einem Desaster gleiche und der 34-Jährige wenn überhaupt, dann durch Unzuverlässigkeit auffalle, stand in dem Bericht zu lesen. Dabei waren die rund 70000 Euro Schulden noch gar nicht berücksichtigt, die nach Aussage des Angeklagten hauptsächlich aus Mobilfunkverträgen  und sinnlosen Einkäufen wie Modellautos stammten. Weil er zuletzt überhaupt nicht mehr klar kam, steht der Mann mittlerweile auch unter Betreuung, zumindest was Finanzen und Behördengänge angeht.

Den breitesten Raum während der Verhandlung nahm allerdings die Verlesung der früheren Urteile ein. Immer wieder hatte sich der Angeklagte als Verantwortlicher von Rettungsdiensten, Feuerwehren oder Security-Firmen ausgegeben und entsprechendes Equipment ergaunert. Beispielsweise gab er einen verantwortlichen Rettungssanitäter des BRK in Nürnberg und  orderte im großen Stil Dachaufsetzer mit der Aufschrift „Rettungsdienst im Einsatz“, aber auch immer wieder entsprechende Jacken, Einsatzanzüge, Poloshirts, Handschuhe, Feuerwehrstiefel, Taschenlampen und andere Dinge.

Den Vogel schoss der Angeklagte während der Hochwasserkatastrophe in Niederbayern ab. Unter dem Vorwand, helfen zu wollen, reiste er nach Passau und gab sich dort unter falschem Namen als Leutnant der Militärpolizei aus. Nicht nur, dass er anstandslos die entsprechende Schutzkleidung erhielt, er kommandierte auch Soldaten der Bundeswehr, die es nicht wagten, zu widersprechen. Beim Hantieren mit schwerem Gerät erlitt einen Soldat als Folge einer falschen Anweisung des Angeklagten einen Mittelfußbruch.

In weiteren rechtskräftigen Urteilen ging es außerdem um eine gestohlene EC-Karte, ein erschwindeltes Laptop, um mehrere Schwarzfahrten mit dem Zug und mit dem Taxi, sowie um Schlägereien im Zuge seiner Tätigkeit als Sicherheitskraft beim Auerbacher Diskobus. Bei einer Bindlacher Firma hatte er außerdem schon einmal Feuerschutzgegenstände im Gesamtwert von rund 1200 Euro bestellt und nicht bezahlt.

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05.10.2016

Ziellos durch das Leben geschlendert / Bewährungsstrafe: 21-jährige Kulmbacherin schmuggelte Drogen im eigenen Körper – Notoperation rettete das Leben der jungen Frau

Kulmbach. Das war verdammt knapp: Beinahe hätte eine 21-Jährige aus Kulmbach ihre Drogensucht mit dem Leben bezahlt. Die junge Frau war als Bodypackerin unterwegs, das heißt, sie kaufte rund 1,6 Gramm Crystal in Tschechien, füllte die Teufelsdroge in ein Kondom und schluckte es hinunter. Auf dem natürlichen Weg sollte das Kondom mit Inhalt in Kulmbach wieder auftauchen und konsumiert werden. Doch es kam anders.

Trotz der Einnahme von Abführmittel, wollte das gefüllte Kondom einfach nicht mehr raus. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, am fünften Tag krümmte sich die 21-Jährige nur noch und rief selbst den Notarzt, wohl wissend, dass dann alles auffliegt und sie vor Gericht muss. Der Notarzt brachte die Frau sofort ins Klinikum, dort wurde das Drogenkondom operativ entfernt, in letzter Sekunde, wie es hieß. Wäre das Kondom im Darm geplatzt, wäre die Frau qualvoll verstorben. Als lebenslange Erinnerung an diese Aktion, hat die 21-Jährige nun eine große entstellende Wunde am Bauch, eine Art „Mahnmal am eigenen Körper“, wie es der vorsitzende Richter Christoph Berner später bezeichnete.

Vor Gericht kam die Frau nun mit einer Bewährungsstrafe von neun Monaten davon. Doch das Strafrecht stoße hier ohnehin an seine Grenzen, wie es Verteidiger Alexander Schmidtgall in seinem Plädoyer ausdrückte. Die Angeklagte war trotz junger Jahre bereits gezeichnet von jahrelangem Drogen- und Alkoholkonsum. „Drogen kontrollieren ihr Leben“, sagte der Verteidiger. Man könne nur hoffen, dass sie wieder den Dreh kriegt. Ähnlich drastisch drückte es Staatsanwalt Florian Losert aus. „Die Angeklagte hat keinen Plan, wovon auch immer“, sagte er. Sämtliche Versuche, die junge Frau wieder auf den rechten Weg zu bringen, seien gescheitert.

Bedenken äußerte Richter Berner auch in der Urteilsbegründung. Hauptansinnen des Gerichts sei es, dafür zu sorgen, dass die Angeklagte nicht noch weiter abrutscht. „Sie können es nur dann schaffen, wenn sie Hilfe annehmen“, sagte er zu der 21-Jährigen. So lautete dann auch eine der Auflagen, dass die Frau den nächstmöglichen freien Platz für eine stationäre Entgiftungsbehandlung im Bezirkskrankenhaus Bayreuth annehmen muss. Diese Behandlung dauert zwei Wochen, in den folgenden Monaten muss die Frau 80 unentgeltliche gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten. Damit soll Struktur in den Alltag der Frau gebracht werden, die bislang ziemlich ziellos durch das Leben geschlendert sei. Von der Pflicht zur Suchtberatung sah das Gericht ab. Solche Beratungsmaßnahmen waren bislang bereits mehrfach gescheitert.

In das Urteil einbezogen wurde eine zweite Drogengeschichte, bei der Frau nur einen Tag vor dem Kondomschmuggel drei Gramm Haschisch von einem unbekannten Dritten in Kulmbach erworben hatte. Die 1,6 Gramm Crystal aus dem tschechischen Cheb sollten eigentlich drei Gramm sein, doch scheinbar hatte sie ihr Lieferant übers Ohr gehauen.

Zu Gute kam der jungen Frau, dass sie bereits bei der Polizei reinen Tisch gemacht und alles voll und ganz eingeräumt hatte. Zu ihren Lasten wurden die fünf Vorstrafen unter anderem wegen mehrfachen Diebstahls, Nötigung und Hausfriedensbruch gewertet. Auch zwei Wochen Jugendarrest musste sie bereits absitzen, weil sie eine frühere Arbeitsauflage nicht erfüllt hatte. Erst am Tag vor der Verhandlung hatte sie einen erneuten Drogenrückfall, so dass kurzzeitig sogar die Verhandlungsfähigkeit der Frau in Zweifel gezogen wurde.

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13.09.2016

Diebestour durch das Kulmbacher Klinikum: 36-Jähriger muss zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis

Kulmbach. Sein ganzes Leben dreht sich um Drogen. Schon mit zwölf Jahren begann ein heute 36-jähriger Russlanddeutscher aus Kulmbach mit dem Suchtmittelkonsum und kam eigentlich nie mehr so richtig davon los. Zuletzt lebte er von Sozialleistungen und Kriminalität, wenn er überhaupt in Freiheit war, denn in den zurückliegenden Jahren wurde er immer wieder zu längeren Haftstrafen verurteilt. Jetzt kommen weitere zwei Jahre und neun Monate Gefängnis dazu. Am Donnerstag wurde der 36-jährige vor dem Amtsgericht unter anderem wegen einer Diebstahlsserie im Klinikum verurteilt. Zusätzlich wurde er wegen seiner Drogenproblematik auf unbestimmte Zeit in eine Entziehungsklinik eingewiesen.

Die Diebstahlserie am 25. September des vergangenen Jahres hatte in Kulmbach für großes Aufsehen gesorgt. Der Angeklagte hatte in mehreren Krankenzimmern Mobiltelefone, Geldbörsen, Kredit- und EC-Karten, Arzneimittel und Bargeld erbeutet. Den Entwendungsschaden bezifferte die Polizei auf einige hundert Euro. Erschwerend für den Angeklagten kam hinzu, dass er gleich zwei Messer einstecken hatte.

Das seien lediglich ein Souvenir- und ein Taschenmesser gewesen, hatte der 36-jährige während der drei Verhandlungstage immer wieder behauptet. Doch auch ein Taschenmesser sei eine Waffe, weil es durchaus geeignet sei, erhebliche Verletzungen herbeizuführen, sagte Richterin Sieglinde Tattmann. Ob der Angeklagte die Messer auch wirklich verwenden wollte, das spiele ebenfalls keine Rolle, für einen Diebstahl mit Waffen sei im juristischen Sinne allein die abstrakte Gefahr ausschlaggebend.

Während der Angeklagte die Diebstahlserie zugab und auf seine Sucht zurückführte stritt er bis zuletzt einen weiteren Diebstahl ab. Im Seniorenwohnheim der Diakonie an der Tilsiter Straße war er genau zwei Wochen nach dem Diebeszug durch das Krankenhaus ebenfalls in ein Zimmer eingedrungen und hatte dort reiche Beute gemacht. Einer betagten  Bewohnter fehlte später unter anderem die Geldbörse mit 80 Euro Bargeld, Schlüssel, Ausweise und die Krankenversicherungskarte. Der Angeklagte gab zwar an, zum fraglichen Zeitpunkt in der Nähe des Heimes gewesen zu sein, aber nichts mit dem Diebstahl zu tun zu haben. Allerdings hatten mehrere Beschäftigte den 36-Jährigen gesehen, eine Zeugin sah den Mann sogar aus dem Zimmer des Opfers kommen.

Schließlich wurde der Angeklagte auch noch wegen des Vortäuschens einer Straftat verurteilt. Er hatte bei der Polizeiinspektion Kulmbach zu Unrecht eine Anzeige erstattet und behauptete, im Zug zwischen Lichtenfels und Burgkunstadt von einer Gruppe dunkelhäutiger Männern bestohlen worden zu sein. Unter anderem sollen seine Schmerzmittel, die er erst kurz zuvor verschrieben bekommen hatte, weg gewesen sein. Tatsächlich hatte sich später herausgestellt, dass er zum angegebenen Zeitpunkt gar nicht im Zug, sondern bei einem Kulmbacher Allgemeinarzt war, um genau diese Schmerzmittel zu erhalten. Weil er die Medikamente dort nicht bekam randalierte er sogar in der Praxis.

Eingestellt wurde dagegen der vierte Vorwurf der Straftatenserie, nach der er bei der Firma Glen Dimplex am Goldenen Feld Kupferrohre und Kupferabfall gestohlen haben soll. Eingestellt wurde auch das Verfahren gegen einen zwei Jahre älteren Mitangeklagten, weil ihm keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte.

Ein Gutachter hatte dem Angeklagten eine besonders schwerwiegend ausgeprägte Suchtproblematik bescheinigt. Deshalb sei eine erheblich Beeinträchtigung seiner Steuerungsfähigkeit nicht auszuschließen. Während der Verhandlung hatte der Angeklagte unter anderem angegeben, dass er das verschriebene und unter das Betäubungsmittelgesetz fallende Fentanyl in Form von Pflastern nicht, wie vorgesehen, auf die Haut geklebt, sondern ausgekocht und sich direkt in die Blutbahn gespritzt hatte.

Die letztlich auch verhängte Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hatte bereits Oberstaatsanwältin Juliane Krause in ihrem Plädoyer beantragt. Der Angeklagte habe dringend Geld gebraucht, um seine Sucht zu befriedigen, sagte die Anklagevertreterin. Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach plädierte dagegen auf eine Haftstrafe von nur zwei Jahren. Sämtliche Taten stünden mit der Sucht in Zusammenhang, sagte der Anwalt und schloss sich deshalb ebenfalls der Forderung nach einer Einweisung in eine Suchtklinik an.

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19.07.2016

Konten der Freundin geplündert / 36-jähriger Kulmbacher wegen Computerbetrugs vor Gericht

Kulmbach. Er hat die Konten seiner Freundin geplündert und so knapp 10000 Euro erbeutet. Weil er dabei 21 Mal unbefugt die EC-Karten der jungen Frau benutzt hat, wurde der 36 Jahre  alte Kulmbacher wegen gewerbsmäßigen Computerbetrugs in 21 Fällen angeklagt. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt hat die Verhandlung nun erst einmal auf den 2. August vertagt. Unter anderem konnte bislang nicht klar nachgewiesen werden, wie viel der Angeklagte vom Schaden bereits wieder gutgemacht hat.

Der Angeklagte war stets nach dem gleichen Muster vorgegangen. Er hatte die Geheimzahlen der beiden EC-Karten ausgespäht, die Karten unbemerkt aus den Geldbörsen entnommen, die Abhebungen getätigt und anschließend die Karten wieder unbemerkt zurückgelegt. Lange ging das gut, von Anfang Januar bis Ende Juli 2015. Bei einem Konto lag der Gesamtschaden bei exakt 8850 Euro, beim anderen Konto bei 600 Euro. Bis die Freundin etwas merkte und ankündigte, zur Polizei zu gehen. Da beichtete der Angeklagte alles, mit der Freundschaft ist es seitdem vorbei. Vor dem Zivilgericht läuft bereits ein Verfahren, in dem es um die Rückzahlung des Geldes geht. Offensichtlich ist der Schaden noch um einiges höher, da nur ein Teil angeklagt und strafrechtlich verfolgt wird.

Zum Auftakt der Verhandlung machte der 36-Jährige kein großes Aufheben: „Das habe ich gemacht, da stehe ich auch dazu“, sagte er. Alles andere hätte ihm auch wenig gebracht, denn in den meisten Fällen liegt eine Foto- oder Videoaufnahme vom Abhebevorgang in der Sparkassenfiliale am Marktplatz vor. Die Tat tue ihm furchtbar leid, er habe schon viel Mist gebaut in seinem Leben, aber dass er dazu fähig ist, könne er selbst nicht glauben.

Der Angeklagte meinte damit, dass die Ex-Freundin stets alles für ihn getan habe. Eine gemeinsame Wohnung stand im Elternhaus der jungen Frau zum Einzug bereit. Wie es soweit kommen konnte, dafür hatte der Angeklagte auch keine Erklärung. Fest stand aber auch, dass der Mann erheblich Schulden, aus früheren Käufen und vor allem aus Handyverträgen hatte. Davon sollte die junge Frau nichts merken, denn ihm seien die Schulden unangenehm gewesen, zumal er selbst seit Jahren von Hartz IV leben muss. „Ich habe mich geschämt“, sagte der Angeklagte. Mit dem ergaunerten Geld habe endlich auch er mal sagen können: „Heute zahl ich das Essen.“

Dumm nur, dass der 36-jähige bei der Kulmbacher Justiz kein Unbekannter ist. Sechs Vorstrafen hat er bereits, eine Jugendstrafe, wegen der er auch schon mal einsitzen musste, gar nicht mitgerechnet. Zuletzt wurde er im Januar 2015 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 1200 Euro und im Mai 2015 wegen einer Drogengeschichte zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt.

Wenn der Angeklagte nun doch bereits einen großen Teil des Geldes wieder zurückzahlen konnte, dann deshalb, weil er sich als Anrechnung auf einen späteren Pflichtteilsanspruch Geld von seinem Vater geliehen hat. Den Rest zwackte er sich von seinen Hartz IV-Leistungen ab. Wie viel das aber genau war, das konnte das Gericht nicht herausfinden. Sämtliche Prozessbeteiligten hatten verschiedene Zahlen vorliegen. Immens schwierig gestalteten sich die Nachforschungen auch deshalb, weil die Rückzahlungen in der Regel in bar erfolgt waren. Außerdem tauchte eine ominöse Quittung auf, aus der nicht einwandfrei hervorging, ob nun 150 oder 3150 Euro zurückbezahlt wurden. Die Ziffer 3 war wohl erst nachträglich hinzugefügt worden. Zum Fortsetzungstermin am 2. August sollen deshalb nun die Eltern des Angeklagten geladen werden.

02.08.2016

Konten der Freundin geplündert: 36-jähriger Kulmbacher muss ins Gefängnis

Kulmbach. Zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten hat das Amtsgericht einen 36 Jahre alten Mann aus Kulmbach wegen Computerbetrugs in 21 Fällen verurteilt. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte über viele Monate hinweg immer wieder die Konten seiner Freundin geplündert und damit knapp 10000 Euro erbeutet hatte. In das Urteil einbezogen wurden eine Geldstrafe wegen Körperverletzung und eine Bewährungsstrafe von sieben Monaten wegen einer Drogengeschichte. Dazu wurde der 36-Jährige erst im Januar, beziehungsweise im Juli des vergangenen Jahres verurteilt.

Der Angeklagte war stets nach dem gleichen Muster vorgegangen. Er hatte die Geheimzahlen der beiden EC-Karten ausgespäht, die Karten unbemerkt aus den Geldbörsen der Freundin entnommen, die Abhebungen getätigt und anschließend die Karten wieder zurückgelegt. Weil er damit wesentlich mehr Geld im Monat ergaunert hatte, als er an Hartz-IV-Leistungen bekam, ging das Gericht von einer Gewerbsmäßigkeit seines Handels und damit von einem besonders schweren Fall des Computerbetrugs aus.

Das Gericht hatte die Verhandlung unter anderem deshalb bereits einmal vertagt, weil bislang nicht klar nachgewiesen werden konnte, wie viel der Angeklagte vom Schaden bereits wieder gutgemacht hat. Vor dem Zivilgericht läuft bereits ein Verfahren, in dem es um die Rückzahlung des Geldes geht. Einen Teil des Schadens hatte er bereits zurückbezahlt, indem er sich immer wieder kleinere Beträge von seinen Hartz-IV-Leistungen abgezwackt hatte. Einen größeren Teil wollte er zurückzahlen, da machte ihm aber seine eigene Mutter einen Strich durch die Rechnung.

Der Angeklagte hatte 4000 Euro von seinem Vater bekommen. 800 Euro davon erhielt sein Rechtsanwalt, den Rest gab er der Mutter mit der Bitte, das Bargeld an die Familie des Opfers weiterzugeben. Doch anstatt sich daran zu halten, verwendete die Mutter das Geld für eigene Zwecke. Doch damit nicht genug, sie fälschte auch noch eine Quittung, auf der ihr der Vater des Opfers 150 Euro quittierte. Die Frau setzte die Ziffer 3 davor und so wurden 1350 Euro daraus. Das  Gericht hatte allerdings sofort Verdacht geschöpft. Die Frau muss nun mit einer Anzeige wegen Urkundenfälschung rechnen, nachdem sie unter Tränen den Betrug zugegeben hatte.

Der Angeklagte hatte während der Verhandlung seine Taten ohne Umschweife eingeräumt. Alles andere hätte ihm auch wenig gebracht, denn in den allermeisten Fällen lag eine Foto- oder Videoaufnahme vom Abhebevorgang in der Sparkassenfiliale am Marktplatz vor.

Eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten hatte Staatsanwalt Matthias Eichelsdörfer beantragt. Der Angeklagte sei bereits sechs Mal vorbestraft, habe einen enormen Gesamtschaden angerichtet und stand unter laufender Bewährung.  Verteidiger Ulrich Guggemoos aus Kronach sprach sich dagegen für eine Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren aus. Wenn das Geld zur Schadenswiedergutmachung nicht angekommen ist, dann habe das das die Mutter seines Mandanten und nicht er selbst zu verantworten. Sein Mandant habe endlich kapiert, dass er sein Leben umkrempeln muss, sagte der Verteidiger.

Zu spät, wie das Gericht meinte. „Wir sehen wenig konkrete Anhaltspunkte, dass es künftig nicht mehr zu Straftaten kommt“, begründete Richterin Allstadt das Urteil der Kammer. Der Angeklagte habe beruflich nichts auf die Reihe bekommen, habe immer wieder Straftaten begangen und sogar seine Lebensgefährtin betrogen, die es gut mit ihm meinte. „Was soll da noch passieren?“, so die Richterin. Nach Bekanntwerden der Vorfälle war natürlich auch die Beziehung des Angeklagten in die Brüche gegangen.

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12.07.2016

Kundengelder in Millionenhöhe verzockt / Bankkauffrau muss mit Gefängnisstrafe rechnen – Prozessauftakt wegen Untreue in Bayreuth

Kulmbach. Die Gier war unersättlich: wie Spielgeld hat die hochrangige Angestellte einer Kulmbacher Bank die Gelder ihrer Kunden verzockt. 20000, 30000, 40000 Euro, die Frau hatte sich schamlos an den Konten bedient, Unterschriften wurden gefälscht, alle möglichen Tricks wurden angewandt, damit man ihr nicht auf die Schliche kommt. Von August 2009 bis zur Entdeckung durch die Innenrevision kam so ein Schaden von knapp 1,2 Millionen Euro zustande. Etwa ein Fünftel hat die 41-jährige Bankkauffrau  aus dem Landkreis Kulmbach den Kunden wieder zurückbezahlt. Bleibt ein Schaden von gut 744000 Euro. Über diese Höhe hatte die Frau mittlerweile auch ein notarielles Schuldanerkenntnis unterschrieben. Die Bank hat ihren Kunden alles sofort zurückerstattet und blieb selbst auf 175000 Euro sitzen, dem Eigenbehalt der Versicherung. Auch diesen Betrag hat die Frau inzwischen ausgeglichen. Vor Gericht muss sie sich trotzdem verantworten, wegen Untreue in 41 Fällen. Um eine Gefängnisstrafe wird sie wohl schon allein wegen der Vielzahl der Fälle und der Höhe des Schadens nicht herumkommen.

Das jedenfalls ergab ein Rechtsgespräch gleich zum Prozessauftakt am Montag vor dem Bayreuther Landgericht. 20 Minuten lang hatten sich das Gericht, der Vertreter der Staatsanwaltschaft und Verteidiger Wolfgang Schwemmer zurückgezogen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten. Vorsitzender Richter Michael Eckstein gab anschließend bekannt, dass der Verteidiger eine mögliche Bewährungsstrafe angesprochen habe. Dies sei seitens des Gerichts kategorisch in Abrede gestellt worden, sagte Eckstein. Die Staatsanwaltschaft sehe das genauso.

Kein guter Start für ein Verfahren, das auf drei Tage angesetzt wurde. Schnell wurde bekannt, dass der Frau mittlerweile ganz offiziell eine Spielsucht attestiert wurde und sie daraus resultierend eine Berufsunfähigkeitsrente von 1000 Euro im Monat erhält. Geld das komplett an die Bank zur Tilgung des Schadens überwiesen wird.

In den Jahren 1998 und 1999 habe sie begonnen, zusammen mit einer Freundin und Kollegin am Neuen Markt zu spekulieren. Aus 10000 D-Mark Einsatz sei damals bis zu 350000 Mark geworden. Da sei der Reiz geweckt worden und man habe immer weiter spekuliert. Auch als das Geld ganz schnell wieder weg war, denn die 350000 standen nur auf dem Papier. Sogar der Einsatz von 10000 Mark war weg. Die Freundin hörte auf zu zocken, die Angeklagte begab sich auf immer riskantere Geschäfte. „Bei mir war der Reiz geweckt, ich konnte nicht mehr aufhören“, sagte die Frau.

Von Optionsscheinen auf den Dax mit Hebelwirkung und anderem Fachchinesisch war die Rede und Richter Eckstein entgegnete, dass dies doch alles mit seriösen Bankgeschäften gar nichts mehr zu tun habe. Irgendwann war das gesamte eigene Geld weg, sämtliche Girokonten waren bis zum Anschlag überzogen. Längst hatte die Frau die Geschäfte nicht mehr über ihren Arbeitgeber getätigt, sondern über eine Internetbank.

Auf legalem Weg kam die Angeklagte auch nicht mehr an weitere Mittel ran, nachdem selbst die Anlagen der Eltern schon angetastet wurden. Da sei die Idee gekommen, die Kundenkonten zu plündern. „Man traut es sich daheim nicht zu sagen, dann macht man den ersten Schritt und leiht sich von den Kunden Geld“, sagte die Frau und meinte mit „man“ natürlich sich selbst.  Auch das mit dem Leihen stimmt so nicht, denn kein Kunde wusste etwas davon. Um zu verhindern, dass Kunden Verdacht schöpfen hatte die Angeklagte nicht nur Unterschriften gefälscht, sondern die Auszüge sogar eigenmächtig umgestellt, damit die Kunden erst einmal gar nicht mehr an ihre Auszüge für Tagesgeldkonten und Sparbücher kommen. Wollte ein Kunde trotzdem seinen Auszug, so hatte die Angeklagte das Papier kurzerhand gefälscht.

Sie bereue zutiefst, sagte die Frau. Sie habe geglaubt, sie könne das alles irgendwann wieder zurückbezahlen. Anfangs habe dies ja auch funktioniert. Doch dann sei der Spieltrieb immer stärker geworden. „Ich hatte keinen Überblick mehr“, gestand die Bankkauffrau, die sich seit ihrer Ausbildung zur Geschäftsstellenleiterin und anschließend zur Bereichsdirektorin für Privatkunden hochgearbeitet hatte. Sie habe mit dem Geld jongliert. „Für mich waren das nur Zahlen“, sagte sie. 40000 Euro Spekulation am Tag sei am Ende nichts Besonderes gewesen. Irgendwann verliere man eben das Gefühl für die Realität, sagte die Angeklagte.

Nahezu unglaublich klingt es, wenn die Angeklagte beteuert, dass ihr Ehemann davon nichts mitbekommen haben soll. Er habe sich nie dafür interessiert, sagte sie. Er habe ihr vertraut und sich nicht um Geldangelegenheiten gekümmert. Es habe ja auch nie außergewöhnliche Anschaffungen gegeben, keine besonderen Autos, keine Luxusurlaube, nichts. Höchstens einmal  eine Woche Türkei für 500 oder 600 Euro.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

13.07.2016

Alkohol und ein Abschiedsbrief der Angeklagten / Prozess gegen Kulmbacher Bankmitarbeiterin wegen Untreue fortgesetzt

Kulmbach. Vor dem Bayreuther Landgericht ist am Mittwoch der Untreueprozess gegen eine 41-jährige Bankkauffrau aus dem Kulmbacher Landkreis fortgesetzt worden. Dabei stellte sich am zweiten Verhandlungstag heraus, dass die Machenschaften nur durch puren Zufall aufgeflogen sind. Wie berichtet wird der Frau vorgeworfen, von 2009 bis 2013 knapp 1,2 Millionen Euro an Kundengeldern veruntreut zu haben. Einen Teil des Schadens hatte die Frau selbst wieder gutgemacht. Der aktuelle Schaden wird mit gut 744000 Euro beziffert.

Er habe einen Stift gesucht, sagte der Bereichsdirektor, dessen Stellvertreterin die Angeklagte war. Dabei habe er im Büro seiner Kollegin eine Schublade geöffnet und dabei sei ihm ein ominöser Zettel in die Hände gefallen. Der 59-jährige traute seinen Augen kaum. Er hielt einen Abschiedsbrief der Angeklagten an deren Ehemann in der Hand. Drin stand unter anderem von den hohen Verlusten an der Börse, von der Unterschlagung an Kundengeldern und von ihrem Wunsch nach einem Urnengrab. Die Frau wollte sich das Leben nehmen und hatte dazu schon ganz konkrete Pläne gefasst.

Der Bereichsdirektor sei damit zunächst völlig überfordert gewesen, dann habe er sich an den Vorstand gewandt. Die Innenrevision brachte darauf binnen kürzester Zeit die volle Wahrheit ans Licht. Die Angeklagte habe zunächst noch versucht zu beschwichtigen, der Zettel stamme aus schwierigen Zeiten und sei längst nicht mehr aktuell. Auch eine Abbuchung vom Konto eines wohlhabenden Kunden erklärte sie zunächst noch als Fehlbuchung, doch dann wurden die Beweise immer drückender.

Die Frau wurde fristlos entlassen und noch am selben Tag wegen Suizidgefahr ins Bezirkskrankenhaus nach Bayreuth eingeliefert. Alle Beteiligten hatten Angst, dass sie ihren Plan in die Tat umsetzt und vom Wohnturm West springt. Angeblich hatte sie die Örtlichkeit zuvor bereits besichtigt. Außerdem hatte sie sich am Tag ihrer Entlassung bereits die Unterarme aufgeritzt.

Was bisher noch nicht zur Sprache kam: die Angeklagte hatte wohl auch ein Alkoholproblem. Gutachter Dr. Klaus Leipziger, Chefarzt der Forensik am Bezirksklinikum berichtete von einem Wert von 2,45 Promille Alkohol im Blut, den dir Frau bei ihrer Einlieferung hatte. Alkohol am Arbeitsplatz, das sei ein Problem gewesen, hatte die Frau zuvor eingeräumt. An ihrem vorletzten Arbeitstag habe sie bestimmt zehn Fläschchen Wodka während ihrer Dienstzeit konsumiert. Zur Entsorgung der Fläschchen sei sie extra zweimal gegangen, damit es in der Kundenhalle nicht so laut klappert. Sie gab auch zu, die Flaschen regelmäßig in den Aktenschränken hinter den Ordnern versteckt zu haben.

Das Gericht ist noch immer auf der Suche nach den Gründen für das Verhalten der Frau. Sie hatte das Geld komplett verzockt, keine schicke Kleidung, keine teuren Autos, keine Luxusurlaube, nichts. Höchstens eine Woche Türkei für 500 bis 600 Euro und einen gebrauchten Mittelklassewagen, mehr nicht. Fatalerweise sei die Angeklagte in der ersten Phase der Spekulation erfolgreich gewesen, sagte der Gutachter. Sie habe ja auch später immer wieder Gewinne gemacht und Verluste auf Ausnahmen und unglücksselige Konstellationen geschoben. „Ein Spieler kalkuliert nicht damit, dass er mehr verliert als gewinnt“, sagte der Chefarzt. Trotzdem hatte der Mediziner mit der Diagnose Spielsucht so seine Probleme. Die diagnostischen Kriterien seien nicht wirklich erfüllt. Die Frau selbst sagte auch, dass sich ihr Fall in der Selbsthilfegruppe von allen anderen Fällen grundlegend unterscheide. Er könne die Angeklagte lediglich als gewohnheitsmäßige Spielerin einordnen, ohne erhebliche Beeinträchtigungen in ihrer Steuerungsfähigkeit.

Zuvor hatte sich noch ein Streit um die Frage entzündet, ob die Frau als leitende Bankmitarbeiterin einzustufen ist, oder nicht. So war sie acht Jahre lang Mitglied des Betriebsrates, was eher gegen eine leitende Tätigkeit spricht. Auf der anderen Seite hatte sie ein eigenes Büro in der Hauptstelle und sie war Mitglied in verschiedenen Gremien, die sich mit der Strategiefindung des Kreditinstitutes befassten. „Im Tagesgeschäft hatte sie freie Hand“, sagte ihr direkter Vorgesetzter.

Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt. Nach derzeitigem Stand soll an diesem Tag auch plädiert und ein Urteil verkündet werden.

15.07.2016

1,2 Millionen Euro an Kundengeldern verzockt / 41-Jährige Bankkauffrau wegen Untreue und Computerbetrugs in 41 Fällen zu drei Jahren Haft verurteilt – Verteidiger wollte Freispruch erreichen

Kulmbach. Wegen Untreue und Computerbetrugs in jeweils 41 Fällen hat das Bayreuther Landgericht eine 41jährige Bankkauffrau aus dem Landkreis Kulmbach zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Angeklagte zwischen 2009 und 2013 knapp 1,2 Millionen Euro an Kundengeldern veruntreut hat, um ihre höchst riskanten Börsengeschäfte bestreiten zu können.

Nach den Worten des vorsitzenden Richters Michael Eckstein hatte die Frau mit gefälschten Unterschriften Einzelbeträge von bis zu 100000 Euro von Kundenkonten abgehoben und das Geld in hochspekulativen Anlagen verzockt. Ein großer Teil des Schadens konnte zwischenzeitlich zwar wieder gut gemacht werden, dem Gericht zufolge bestehen gegen die 41-Jährige aber immer noch Forderungen in Höhe von rund 550000 Euro. Der vorsitzende Richter nannte es einen unseligen Gedanken, sich an Geldern von Kundenkonten zu bedienen.

Die Taten waren aufgeflogen, als ein Kollege in den Räumen der Bank zufällig einen Abschiedsbrief der Frau an ihren Ehemann gefunden hatte. Die Innenrevision der Bank deckte daraufhin das gesamte Ausmaß der Taten auf, die Frau wurde fristlos entlassen.

Sie habe bis zuletzt geglaubt, die Gelder wieder zurückzahlen zu können, sagte die Frau während der drei Tage dauernden Verhandlung. Anfangs habe dies auch immer wieder funktioniert, am Ende habe sie allerdings komplett den Überblick verloren. Ihr Ehemann ahnte von dem allen nichts, er hatte sich nie um finanzielle Dinge gekümmert.

Die Frau hatte in der Kulmbacher Bank ihre Lehre absolviert und sich bis zur Filialleiterin und zuletzt zur stellvertretenden Bereichsdirektorin hochgearbeitet. Sie war Mitglied in verschiedenen Gremien, die sich mit der Strategiefindung des Kreditinstitutes befassten. „Im Tagesgeschäft hatte sie freie Hand“, sagte ihr direkter Vorgesetzter.

Das sah Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth, der überraschend auf Freispruch plädiert hatte, ganz anders. Die Titel Geschäftsstellenleiterin und zuletzt stellvertretende Bereichsdirektorin seien lediglich Titel ohne Mittel gewesen. Seine Mandantin sei gar keine leitende Mitarbeiterin gewesen, deshalb könne auch kein Untreuetatbestand erfüllt sein. Auch den Vorwurf des Computerbetrugs hatte der der Verteidiger von seiner Mandantin gewiesen. Sie habe nicht fehlerhaft auf Datenverarbeitungsprogramme eingewirkt, sagte er. Was bleibt sind lediglich Urkundenfälschungen, aber die hätten Gericht und Staatsanwaltschaft im Vorfeld eingestellt. Damit liege kein strafbares Verhalten vor, sagte Schwemmer.

Staatsanwalt Bernhard Böxler hatte zuvor eine Freiheitsstrafe in Höhe von viereinhalb Jahren wegen Untreue und Computerbetrugs beantragt. Er ging von besonders schweren Fällen, von einer gewerbsmäßigen Begehung der Taten aus und wertete es zu Lasten der Angeklagten, dass sie in sämtlichen Fällen einen Vermögensverlust größeren Ausmaßes herbeigeführt habe. Zwar habe die 41-Jährige einen Teil des Schadens wieder gut gemacht, doch bleibe trotzdem ein enormer Gesamtschaden, eine komplette Wiedergutmachung stehe in den Sternen.

„Die Angeklagte war vom Fach und hätte wissen müssen, worauf sie sich das einlässt“, sagte der Staatsanwalt. Er nannte es fatal, dass die Frau Zugriffsmöglichkeiten auf Kundenkonten hatte. Was 2009 mit dem ersten unbefugten Zugriff auf ein Kundenkonto noch ein Überschreiten der Hemmschwelle gewesen sei, habe 2013 mit der größten Einzelabbuchung von 100000 Euro von der Anlage eines Kunden im kompletten Dammbruch geendet. Die Angeklagte habe sich nicht nur immer tiefer hineingeritten, sie habe gleichzeitig auch alles getan, um ihr Handeln zu verschleiern. So habe sie gezielt Konten älterer Inhaber ausgesucht und einen Teil der Auszüge durchaus professionell manipuliert.

Das anfangs von der Verteidigung noch in den Raum gestellte Ziel einer Bewährungsstrafe bezeichnete Richter Eckstein als „jenseits allen Denkens“. Das gehe schlicht und einfach nicht, sagte Eckstein. Man müsse das Ganze auch ein wenig realistisch sehen. Die Angeklagte werde auch nach ihrer Freilassung, vermutlich nach zwei Dritteln der Strafe, mit massiven Schulden leben müssen. Eine Privatinsolvenz sei auszuschließen, da die Schulden vorsätzlich herbeigeführt wurden.

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06.07.2016

Auffällige Whatsapp-Korrespondenz / 20-jähriger Landwirt wegen folgeschweren Verkehrsunfalls vor Gericht

Kulmbach. Es war ein Unfall, der an Tragik kaum zu überbieten ist. Am frühen Abend des 21. Juli vergangenen Jahres biegt ein 20 Jahre alter Landwirt aus dem Landkreis von der Staatsstraße Kasendorf in Richtung Azendorf links nach Schirradorf ab. Er fährt verbotenerweise links an der dortigen Verkehrsinsel vorbei und prallt frontal auf ein Kraftrad. Der 37-jährige erleidet schwerste Verletzungen, eine Schädelfraktur, ein Schädel-Hirn-Trauma, mehrere innere Verletzungen, zahlreiche Brüche. Der Mann ist seitdem ein Pflegefall, sitzt im Rollstuhl und muss rund um die Uhr betreut werden. Er lebt seitdem in einem Heim, weil die Pflege zuhause gar nicht zu leisten ist. Eine vollständige Genesung ist nicht zu erwarten, sagen die Ärzte.

Die juristische Aufarbeitung am Amtsgericht in Kulmbach vor Jugendrichter Christoph Berner gestaltete sich am Mittwoch schwierig. Vor allem deshalb, weil der wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagte 20-Jährige ausgerechnet an den alles entscheidenden Abbiegevorgang keine Erinnerung mehr hat. Auch seine Beifahrerin, eine Schülerin aus Mainleus, nicht. Die junge Frau wurde bei dem verhängnisvollen Unfall ebenfalls verletzt, hatte zahlreiche Splitter im Gesicht und am Arm. Sie hätte die Schlüsselzeugin sein können, doch ausgerechnet sie zeigte sich vor Gericht äußerst wortkarg.

Bis Gericht, Staatsanwaltschaft und Nebenklage darauf kamen, dass die junge Frau eine rege Whatsapp-Kommunikation mit dem Angeklagten führte. Das leugnete sie zunächst, erst als Staatsanwältin Dominik Amend mit der Beschlagnahme drohte, rückte die Zeugin das Smartphone heraus. In den verlesenen Passagen ging es praktisch nur um den Unfall und das, obwohl die Zeugin noch kurz zuvor beteuert hatte, dass man sich gar nicht über den Unfall ausgetauscht habe. So waren Sätze zu lesen wie: „Lass dir nichts gefallen, wenn sich dich vor Gericht ausquetschen“ oder „… einfach sagen, dass man nicht mehr viel weiß“.

Für Jugendrichter Christoph Berner war die Whatsapp-Korrespondenz zunächst „auffällig, aber nicht eindeutig“. Nebenklagevertreter Andreas Piel aus Kulmbach sah dies ganz anders. „Hier werden Informationen zurückgehalten“, sagte er und mutmaßte, dass beide aus irgendeinem Grund abgesprochen hatten, keine Erinnerung mehr an den Abbiegevorgang zu haben. Vielleicht wollte der Angeklagte der Zeugin aber einfach nur zeigen, was er für ein toller Kerl ist, deshalb könnte er das vorausfahrende Fahrzeug geschnitten und links an der Verkehrsinsel vorbeigefahren sein. Die Zeugin und damalige Beifahrerin hatte jedenfalls schon Interesse an dem Angeklagten, auch das ging aus dem Whatsapp-Verlauf hervor.

Nun hatte die Zeugin ihr Smartphone dummerweise irgendwann gegen ein neues ausgetauscht und so schickte das Gericht auf Anregung der Staatsanwaltschaft und des Nebenklagevertreters die Polizei in die elterliche Wohnung der Zeugin, um die beiden älteren noch vorhandenen Smartphones auszuwerten. Das sei gar nicht möglich, weil die Festplatte eines Gerätes ausgebaut wurde, gab die Zeugin an. Nun ist es aber doch möglich, und so entschloss sich das Gericht, eine gründliche Sicherung, Auswertung und Ausdrucke der gesamten Whatsapp-Kommunikation zwischen Zeugin und Angeklagten anzufertigen, was natürlich dauert. Deshalb wurde die Verhandlung ausgesetzt, das Gericht wird einen neuen Termin bestimmen.

Zuvor hatte die Autofahrerin, die vor dem Fahrzeug des Angeklagten unterwegs war, angegeben, dass der Angeklagte durchaus zügig angefahren war. Von einer Blendung durch die Sonne, wie vom Angeklagten angegeben, wusste diese Autofahrerin nichts. Es habe bestes Wetter geherrscht, die Sicht sei nicht beeinträchtigt und Straßen übersichtlich gewesen.

Der Angeklagte hatte für den Unfall ansonsten keine Erklärung. Ihm tue das alles leid, er wünsche dem Opfer, dass es „wenigstens so halbwegs wieder wird“, sagte der junge Mann allen Ernstes. Warum er beim Abbiegevorgang die falsche Seite der Verkehrsinsel wählte, konnte er bislang nicht erklären.

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24.06.2016

Eigenen Cousin um 18000 Euro betrogen / Bewährungsstrafe gegen Versicherungsvertreter

Kulmbach. Er hatte unberechtigt Darlehen aufgenommen, Unterschriften gefälscht und sich so über 18000 Euro ergaunert. Dabei hatte ein Versicherungsvertreter aus dem Kulmbacher Landkreis auch noch das Vertrauen seines Cousins missbraucht. Als Quittung bekam der 57-Jährige jetzt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und einem Monat wegen Betrugs und Urkundenfälschung in drei Fällen.

Jahrzehntelang war der Mann für einen namhaften Versicherungskonzern tätig. Bis er plötzlich finanziell ins Schlingern kam. Er habe alles wieder zurückzahlen wollen, beteuerte er vor Gericht. Das muss er jetzt ohnehin, denn der Versicherungskonzern hatte ein notarielles Schuldanerkenntnis gefordert und gleichzeitig die Verpflichtung, den Schaden in Raten wieder gut zu machen. Tatsächlich hatte der Angeklagte von den 18000 Euro Schaden bereits fast 7500 Euro zurückbezahlt.

Konkret hatte der Angeklagte eine Adressänderung veranlasst, so dass der Cousin überhaupt keine Korrespondenz mehr erhielt. Dann schloss er zwei Policendarlehen auf die Verträge seines Cousins ab und ließ sich einmal 7000 Euro, ein weiteres Mal 8000 Euro auf sein Konto überweisen. In einem weiteren Fall kündigte er einen Vertrag und ließ sich den Rückkaufswert in Höhe von gut 3000 Euro auszahlen.

Der Cousin ahnte davon lange nichts. Bis er in einer stillen Stunde seine Kontoauszüge überprüfte. Dabei stellte sich heraus, dass die Lebensversicherung schon lange nichts mehr abgebucht hat. Der Cousin wandte sich an die Versicherung und schon flog der gesamte Schwindel auf. Mittlerweile sei alles wieder korrigiert, der Cousin sei von der Versicherung so gestellt worden, als habe es nie einen Schaden gegeben, sagte der Angestellte der Versicherung. Der Cousin hatte dem Angeklagten ohnehin längst verziehen. Zunächst sei er ihm aber schon böse gewesen, sagte der 61-jährige Rentner. „Ich dachte, ich kann ihm blind vertrauen“, so der Zeuge.

Dem Angeklagten selbst tat die Sache unendlich leid. Das Stornogeschäft bei Lebensversicherungen sei ihm zum Verhängnis geworden, so dass es zu finanziellen Engpässen aufgrund gewaltiger Einnahmeschwankungen kam, erläuterte sein Verteidiger, Rechtsanwalt Frank Stübinger aus Kulmbach.

Eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte sei zwar nicht vorbestraft und habe bereits Rückzahlungen in die Wege geleitet, doch habe er auch eine gewaltige kriminelle Energie an den Tag gelegt, indem er mehrfach die Unterschriften fälschte und damit einen extrem hohen Schaden anrichtete. Verteidiger Stübinger forderte dagegen nur 90 Tagessätze zu jeweils 40 Euro. Sein Mandant habe bereits ein Schuldanerkenntnis unterschrieben, einen großen Teil des Schadens wiedergutgemacht und stehe weiterhin im Erwerbsleben.

Das genau sollte schließlich der springende Punkt sein, denn der Angeklagte ist für einen anderen Versicherungskonzern schon wieder als Vertreter tätig. Dazu muss man allerdings regelmäßig polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen. Alle Strafen von über 90 Tagessätzen tauchen in diesen Führungszeugnissen wieder auf und sollte deshalb verhindert werden.

90 Tagessätze, das wäre schon aus Gründen der Gleichbehandlung gar nicht möglich, sagte Richterin Sieglinde Tettmann, die auf ein Jahr und ein Monat mit Bewährung entschied. Auch die Richterin sprach von krimineller Energie und von einem Vetrauensbruch gegenüber dem Cousin. Zusätzlich muss der Angeklagte 1000 Euro als Geldauflage an die humanitäre Hilfsorganisation „German Doctors“ zahlen.

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23.06.2016

Weder Bier, noch Wein oder Schnaps und trotzdem 2,6 Promille / Mit Medikamenten zum Rendezvous: Arzthelferin kam trotz Trunkenheitsfahrt mit Geldstrafe davon

Kulmbach. Sie stand mit ihrem Fahrzeug und 2,61 Promille Alkohol im Blut mittags um 12.30 Uhr auf der Wickenreuther Allee, als ein anderer beherzter Verkehrsteilnehmer ihr den Schlüssel abnahm und so die Weiterfahrt der Frau verhinderte. Zum Dank biss ihm die 42-jährige zweimal in den Oberarm. Zuvor wäre es auf der B85 gleich dreimal beinahe zu schweren Zusammenstößen, unter anderem mit einem Schulbus, gekommen. Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und vorsätzlicher Körperverletzung ist die Frau aus dem Bamberger Landkreis jetzt zu 1350 Euro (90 Tagessätze zu jeweils 15 Euro) verurteilt worden. Darüber hinaus darf die Angeklagte vor Ablauf von elf Monaten keinen neuen Führerschein beantragen.

Kaum zu glauben, aber die Frau hatte weder Bier, noch Wein oder gar Schnaps getrunken. Die hohe Blutalkoholkonzentration soll einzig und allein durch die Einnahme von Medikamenten wie Hustenstiller, Bronchikum und Melissengeist zustande gekommen sein. Rechtsmediziner Dr. Klaus Peter Klante meldete zwar Bedenken an, hielt das aber theoretisch für durchaus denkbar. Zumal die Frau, die als Beruf Arzthelferin angab, einräumte, die Medikamente nicht tropfenweise wie vorgeschrieben, sondern schluckweise eingenommen zu haben.

Hintergrund der Fahrt war, die 43-Jährige wollte ihren neuen Lebensgefährten in Kulmbach besuchen. Da sie gesundheitlich angeschlagen war, habe sie alles versucht, um zum Rendezvous topfit zu erscheinen. Was sich allerdings von der Autobahnausfahrt Kulmbach/Neudrossenfeld bis zur Wickenreuther Allee so alles ereignete, daran hatte die Frau keine Erinnerung mehr.

Schon kurz nach der Autobahnunterführung soll es zu einem Beinahezusammenstoß mit einem anderen Pkw gekommen sein. Wenig später musste ein Lkw stark abbremsen, um einen Crash zu verhindern und an der Steigung nach Leuchau in Richtung Kulmbach kam dann ein Schulbus entgegen, der Fahrer musste stark bremsen, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden. „Allein dem Zufall und den geistesgegenwärtigen Reaktionen der anderen Autofahrer war es zu verdanken, dass es nicht zu einem schweren Unfall kam“, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft.

Doch damit nicht genug. Als die Angeklagte dann in der Wickenreuther Allee anhielt, um sich zu orientieren, schnappte sich der 53-jähriger Autofahrer, der die ganze Zeit hinter der Frau hergefahren war und alles beobachtet hatte, den Fahrzeugschlüssel, um die Frau an der Weiterfahrt zu hindern. Anschließend rief er die Polizei. Vor Gericht berichtete die Frau allen Ernstes von sexueller Belästigung, weil sie der Mann angeblich an der Brust berührt haben soll, während er den Schlüssel an sich nahm. Dem schenkte allerdings kein Prozessbeteiligter Glauben, zumal sich herausstellte, dass der Mann nicht etwa durch das Fenster auf der Fahrerseite, sondern auf der Beifahrerseite an das Zündschloss fasste.

Ärztlich dokumentiert waren dagegen die beiden Bisse in den Oberarm des Mannes, der empört auf den Vorwurf der sexuellen Belästigung reagierte. „Das ist eine Frechheit“, sagte er und beteuerte, die Frau nicht berührt zu haben. Auf den Vorschlag von Verteidiger Herbert Güthlein aus Bamberg, den Vorwurf der Körperverletzung, also der beiden Bisse, übrigens durch eine Jacke hindurch,  einzustellen, reagierte der Vertreter der Staatsanwaltschaft später ablehnend und entgegnete: „Der Zeuge hat echte Zivilcourage gezeigt und dann wird er auch noch verletzt.

Keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit sah Rechtsmediziner Dr. Klante. Er sprach von absoluter Fahruntüchtigkeit weit oberhalb der Bemessungsgrenze und von alkoholtypischen Fahrfehlern. Klante gab auch unmissverständlich zu verstehen, dass Alkohol eben Alkohol ist, egal ob der Betreffende vorher Bier oder Medikamente konsumiert hat. Damit zog er sich den Zorn von Verteidiger Güthlein zu, der den früheren Landgerichtsarzt in seinem Plädoyer die Fähigkeit absprach, sachverständige Aussagen treffen zu können. Richterin Sieglinde Tettmann stellte später die Ehre des Mediziners wieder her, indem sie ihn als langjährigen erfahrenen und äußerst zuverlässigen Sachverständigen bezeichnete.

Der Verteidiger beantragte einen Freispruch und berief sich auf einen Ausnahmefall. Er wollte vor allem verhindern, dass seine Mandantin in eine Schublade  mit den Autofahrern geworfen wird, die sich sinnlos betrinken. Eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen beantragte dagegen der Vertreter der Staatsanwaltschaft. „Das war eine Dummheit“, sagte der Anklagevertreter.

Richterin Tettmann entschied schließlich auf 90 Tagessätze zu jeweils 15 Euro. „Wenn eine Arzthelferin nicht weiß, dass in derartigen Medikamenten Alkohol in gefährlich hohen Prozentzahlen steckt, dann ist das schon bemerkenswert“, sagte die Richterin.

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03.06.2016

Knast wegen zehn Euro / Amtsgericht verurteilte notorischen Ladendieb zu zwei Monaten Haft

Kulmbach. Weil er eine Hand voll Lebensmittel aus einem Supermarkt in der Innenstadt gestohlen hatte, muss ein 55-jähriger Mann aus Thurnau zwei Monate ins Gefängnis. Es waren freilich weniger die Tüte Kaffee, die Kekse und die Würstchen, die sich der Angeklagte am 2. März dieses Jahres einfach in seinen Rucksack gesteckt hatte, sondern vielmehr die 14 Vorstrafen wegen Beleidigungen, wegen des Erschleichens von Leistungen und  immer wieder wegen Diebstahls, wegen denen keine Bewährung mehr möglich war.

Zumal der Angeklagte erst im vergangenen Jahr ebenfalls wegen Diebstahls vor dem Amtsgericht in Kulmbach zu fünf Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Wenn er Pech hat, muss er diese fünf Monate zusätzlich absitzen. Zuvor hatte der Mann von den Amtsgerichten in Leipzig, Plauen und Chemnitz immer nur Geldstrafen erhalten. „Da hätten sie in Kulmbach schon lange eine Freiheitsstrafe bekommen“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann zu dem Angeklagten.

Das Job-Center habe ihm „ewig“ kein Geld ausbezahlt, schob der Hartz-IV-Empfänger die Schuld auf die Behörde. Irgendwie habe er sich ja etwas zum Essen beschaffen müssen.  „Ich war damals fix und alle“, sagte der 55-Jährige. Warum ihm die Leistungen gesperrt wurden, wusste der Mann nicht, angeblich habe sich später alles als Irrtum herausgestellt.

Der Diebstahl habe sich bereits am frühen Morgen kurz nach acht Uhr ereignet, sagte der Ladendetektiv. Als er ihn stellte, sei der Angeklagte zwar erschrocken, doch er trotzdem freundlich gewesen. „Man musste nicht lange diskutieren“, so der Detektiv. Die völlig unbeschädigte Ware habe er gleich anschließend wieder ins Regal zurückstellen können, was beispielsweise bei Kühlprodukten nicht möglich wäre. Kühlprodukte müssten in der Regel komplett entsorgt werden, da man ja nie wissen könne, wie lange die Kühlkette schon unterbrochen wurde.

Tatsächlich wurden vier der 14 Vorstrafen, die der Angeklagte seit 1994 auf seinem Konto angesammelt hatte, wegen Diebstahls ausgesprochen. Gleich drei Mal findet sich der Tatbestand des Erschleichens von Leistungen, zwei Mal Betrug. Immer wieder war der Mann mit Geldstrafen davon gekommen. Zuletzt gab es dann in Kulmbach die fünfmonatige Bewährungsstrafe, weil der Angeklagte bei einem Bekannten 100 Euro aus dem Geldbeutel entwendet hatte.

Staatsanwalt Stefan Kolb sprach sich in seinem Plädoyer für die letztlich auch verhängte zwei Monate ohne Bewährung aus. Zu seinen Gunsten wertete es der Anklagevertreter dabei, dass der Mann aus einer Notsituation heraus gehandelt habe und dass die Beute aus Lebensmittel und nicht aus irgendwelchen Luxusgütern bestand.

Bei einer Bewährung dürfe halt einfach nichts mehr passieren, sagte Richterin Tettmann. Das werde jedem Verurteilten ausdrücklich mit auf dem Weg gegeben. Bei derart massiven Vorstrafen sei es auch nicht möglich, eine günstige Sozialprognose zu stellen, deshalb werde die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. In Deutschland müsse glücklicherweise niemand verhungern, sagte die Richterin noch. Man müsse sich halt auch ein bisschen anstrengen.

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30.05.2016

„An Geld fehlte es hinten und vorne“ / 23-jähriger Kulmbacher muss wegen Drogenhandels im großen Stil drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis

Kulmbach/Bayreuth. Es war schnell verdientes Geld für einen 23-jährigen Mann aus Kulmbach. Von Anfang 2014 bis Ende 2015 betrieb er einen schwunghaften Handel mit Haschisch und Marihuana und setzte damit in dieser Zeit fast 22000 Euro um. Klar, dass das irgendwann auffliegen würde. Wegen gewerbsmäßigen Handels und Erwerbs von Drogen in mehreren Fällen hat ihn das Landgericht in Bayreuth am Montag zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Die Strafe fiel vor allem deshalb relativ hoch aus, weil der Handwerker bereits mehrfach einschlägig vorgeahndet war und eine Bewährung offen hatte. Zuletzt wurde er vom Amtsgericht in Wunsiedel wegen Drogengeschichten zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Diese zwei Jahre wird er nun zusätzlich absitzen müssen.

„Wie viele Warnschüsse wollen sie eigentlich noch haben?“, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein während der Urteilsbegründung zum Angeklagten. Der Richter erinnerte daran, dass gegen den Mann bereits mehrfach polizeiliche Ermittlungen liefen, dass Strafverfahren durchgeführt, Urteile auf Bewährung ausgesprochen wurden und er trotzdem immer weiter seinen Drogenhandel betrieben hatte. „Jetzt ist das Maß überschritten“, wurde Eckstein deutlich. Diese Sache müsse der Angeklagte jetzt auslöffeln, jetzt führe kein Weg mehr daran vorbei.

Der Angeklagte hatte Anfang 2014 mit den Drogengeschäften begonnen. Über einen polnischen Hintermann, der momentan flüchtig ist und den er damals über seine Arbeitsstelle kennen gelernt hatte, bezog er die Drogen. Er verwendete einen kleinen Teil davon für sich, den Rest verkaufte er mit einer relativ geringen Gewinnspanne von ein bis zwei Euro.

Die verkauften Mengen wurden mit der Zeit allerdings sukzessive größer. Waren es anfangs nur jeweils 20 Gramm, so steigerten sich die Teilmengen binnen weniger Monate auf zuletzt 500, 600 und in einem Fall sogar 800 Gramm Marihuana, für die er feste Abnehmer hatte. Insgesamt war die Staatsanwaltschaft von 2700 Gramm ausgegangen, die der Angeklagte seinen Abnehmern jeweils in seiner Wohnung in der Kulmbacher Innenstadt übergeben hatte.

Er sei in die ganze Sache förmlich hineingeschlittert, sagte der Angeklagte vor Gericht. An Geld habe es hinten und vorne gefehlt, da habe ihm sein Arbeitskollege zunächst etwas geliehen. Als er nicht gleich zurückzahlen konnte, hatte ihm der Kollege die Drogen angeboten. "Das Geld hat gelockt", sagte der Angeklagte. Allerdings habe er den Eigenkonsum relativ schnell wieder eingestellt, nachdem er die Drogen überhaupt nicht vertragen und verstärkt unter Kreislaufproblem gelitten habe. Er habe den Absprung noch rechtzeitig geschafft, bevor es richtig losging, hieß es. Die Geschäfte aber liefen weiter, und zwar prächtig.

Deutliche Worte hatte deshalb auch der vorsitzende Richter Michael Eckstein bereits während der Verhandlung für den Angeklagten gefunden. Der junge Mann war erst im Februar 2015 in Kulmbach wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte nach einer Auseinandersetzung auf der Bierwoche zu einer Geldstrafe verurteilt worden, hatte aber davon unbeeindruckt seine Drogengeschäfte danach fortgesetzt. "Wie blöd muss man sein", so Eckstein. Das mache selbst das Gericht sprachlos.

Zuvor hatte ein Polizeibeamter von der Wohnungsdurchsuchung beim  Angeklagten berichtet und die Zimmer als unaufgeräumt, voller Katzen und Katzengestand bezeichnet. Die herumliegenden Spritzen sollen einem früheren Mitbewohner gehört haben, der sich Crystal gespritzt habe, berichtete der Angeklagte. Im Gegensatz dazu sagte dessen Freundin aus, dass die Spritzen zur Aufzucht der Katzen benötigt worden seien. Diesen Widerspruch konnte das Gericht allerdings nicht mehr klären.

Eine Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und zehn Monaten wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge beantragte Staatsanwalt Daniel Götz in seinem Plädoyer. Die Geschäfte des Angeklagten hätten nur dazu gedient, um Profit rauszuschlagen. Der Staatsanwalt bescheinigte dem Angeklagten ein erhebliches kriminelles Vorleben und nannte ihn einen mehrfachen Bewährungsversager. Verteidiger Werner Brandl aus Kulmbach sprach sich dagegen für eine Strafe von lediglich zwei Jahren und acht Monaten aus. Man sollte seinem Mandanten nicht alles durch eine so lange Haftstrafe verbauen, wie sie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Schließlich lebe sein Mandant mittlerweile sozial eingeordnet und habe sein Leben im Griff.

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24.05.2016

Mit Cannabis gegen den Krebs / 56-jährige Frau baute Hanf an und kam mit Bewährung davon

Die Frau war wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt. Sie hatte zu Hause eine Aufzuchtanlage für Cannabispflanzen eingerichtet, die Polizei stellte über 900 Gramm davon sicher. Ihr ganzes Geld hatte sie in die Cannabis-Aufzucht gesteckt. Sie wollte daraus Öl gewinnen, um ihre Schmerzen zu lindern. Am Ende berücksichtigten die Richter die miserable Lage der Frau, urteilten auf einen minder schweren Fall und entschieden auf eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten ohne Auflagen.

Besondere Brisanz enthält der Fall durch eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Es hat kürzlich tatsächlich erlaubt, dass Cannabis zu medizinischen Zwecken angebaut werden darf, wenn auch unter engen Grenzen. Richter Torsten Meyer ging bei seiner Urteilsbegründung sogar so weit zu sagen, dass der Cannabis-Anbau in einigen Jahren straffrei sein wird. Aber halt erst in einigen Jahren, und so lang hat sich die Justiz in ihrer Rechtsprechung an geltendes Gesetz zu halten.

Sie habe die Samen im Internet bestellt und sich die Kenntnisse zur Aufzucht über den Videokanal Youtube beschafft, sagte die Frau vor Gericht. Aus rund 500 Gramm getrocknetem Pflanzenmaterial wollte sie bis zu 50 Gramm des wertvollen Öls gewinnen, dass sie dann eingenommen hätte. Eine andere Möglichkeit, um wenigstens die Schmerzen zu lindern, habe sie nicht gesehen, zumal sie auf herkömmliche Medikamente aller Art mittlerweile schwerste allergische Reaktionen bekomme. Deshalb gehe sie auch nicht mehr zum Arzt.

Auf der anderen Seite linderten auch herkömmliche Kräuter den Schmerz nicht mehr. „Der Krebs ist mittlerweile sehr bösartig, da ist mit Brennnessel und Co. nichts mehr zu machen.“ Vor Gericht räumte die Frau ein, dass sie niemanden persönlich kenne, der durch die Cannabis-Therapie wieder gesund wurde. Im Internet gebe es allerdings einen offensichtlich amerikanischen Heilpraktiker, der nicht nur sich selbst schon geheilt, sondern Krebspatienten auch schon vom Sterbebett geholt hat. Den Medikamentenkonzernen sei dieser Mann schon längst ein Dorn im Auge. „Das ist die einzige Möglichkeit, die mir noch bleibt, um gesund zu werden“, sagte die Frau unter Tränen. Aufgegeben habe sie noch lange nicht, sie habe schließlich noch Pläne im Leben. Früher war sie als Vertreterin selbstständig, derzeit lebt sie von Hartz IV und hat immer wieder versucht, sich mit kleinen Jobs über Wasser zu halten.

Nachdem auch eine Beamtin der Kriminalpolizei bestätigte, dass die Angeklagte nur zum Eigenverbrauch angebaut und nichts verkauft hat und nicht vorbestraft ist, plädierte Staatsanwältin Ramona Eichelsdörfer auf eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Ein Gesetzesverstoß liege vor, mit Blick auf die Gesamtumstände seien zehn Monate angemessen. Verteidiger Joachim Voigt beantragte dagegen nur drei Monate. Es sei nachzuvollziehen, dass seine Mandantin den Glauben an die Schulmedizin verloren habe und jetzt jeden Strohhalm ergreift.

Das Schöffengericht entschied schließlich auf sechs Monate. Die Richter sahen vor dem Hintergrund der misslichen Lage der Frau von den sonst üblichen Arbeits- oder Geldauflagen ab.

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31.03.2016

Rivalisierende Rockerbanden vor Gericht – Prozess wegen versuchten Totschlags geht in seine dritte Auflage

Bayreuth. Vier Mitglieder der Rockerbande mit dem Namen „Grave Diggers“ müssen sich ab Montag vor dem Landgericht in Bayreuth wegen versuchten Totschlags verantworten, Die Männer im Alter zwischen 26 und 53 Jahren aus Bayreuth, Kirchenlamitz und Röslau sollen am Abend des 10. Septembers 2010 in Goldkronach (Landkreis Bayreuth) einen 51-jährigen Mann der rivalisierenden Bande „Free Easy Riders Gold City“ brutal zusammengeschlagen und getreten und ihn dabei lebensgefährlich verletzt haben. Unter anderem erlitt er einen Bruch des Halswirbels. Er leidet noch heute unter den Folgen der Tat und ist von dem Überfall sichtlich gezeichnet. Mehrfach musste er bereits operiert werden, viele Monate lang war er arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Der Grund für den schweren Übergriff liegt mehr oder weniger im Dunkeln. Von einem Abzeichen, einem sogenannten "Patch" mit der Aufschrift "Easy Riders Germany" mit Totenkopfemblem ist die Rede, das Mitglieder der Goldkronacher auf ihren Lederjacken, in der Szene spricht man von „Kutten“, hatten. Dieses Abzeichen sollen die Angeklagten ihrem Opfer als eine Art Trophäe abgerissen haben. Aber auch über Gebietsstreitigkeiten wird gemunkelt.

Der Prozess hatte im Juni und im Juli des vergangenen Jahres schon einmal stattgefunden und war kurz vor der Urteilsverkündung völlig überraschend „geplatzt“. Grund dafür war ein Antrag der Nebenklage, ein DNA-Gutachten über die zerrissene Lederjacke des Opfers einzuholen. Finden sich daran Spuren der Angeklagten, dann könnte das unter Umständen der entscheidende Hinweis auf die Täterschaft der Männer sein. Die Angeklagten hatten damals sechs Tage lang geschwiegen. Zeugenaussagen waren teilweise widersprüchlich, so dass am Ende sogar die Staatsanwaltschaft Freispruch nach dem Motto „Im Zweifel für den Angeklagten“ gefordert hatte. Schon zuvor hatte ein Prozess gegen einen Teil der Angeklagten vor dem Amtsgericht stattgefunden, wurde damals aber ebenfalls ausgesetzt und an das Landgericht verwiesen. Somit startet am Montag um 8.30 Uhr vor dem Landgericht in Bayreuth bereits die dritte Auflage des Prozesses.

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04.04.2016

Wegen eines Abzeichens: Rockerbande soll Rivalen fast totgeschlagen habe / Angeklagte schweigen zum Prozessauftakt – Neues DNA-Gutachten

Bayreuth/Goldkronach. Es war ein klassischer Bandenkrieg zwischen zwei rivalisierenden Rockerbanden, der am Abend des 10. September 2010 in Goldkronach eskalierte. Sechs Mitglieder des Motorradclubs „Grave Diggers“ Bayreuth/Wunsiedel sollen den Kopf des rivalisierenden Clubs „Free Easy Riders Gold City“ so brutal zusammengeschlagen haben, dass die Staatsanwaltschaft Anklage wegen versuchten Totschlags erhoben hat. Im Wesentlichen ging es dabei wohl um Abzeichen („Patches“) auf den Jacken („Kutten“) der Mitglieder und damit verbunden auch um Gebietsansprüche der Motorradclubs.

Wenn der Prozess erst fünfeinhalb Jahre nach dem Tatgeschehen stattfindet, liegt das daran, dass ein erstes Verfahren vor dem Amtsgericht angesetzt war und an das Landgericht verwiesen wurde. Nach umfangreichen Nachermittlungen war ein weiterer Prozess im vergangenen Jahr wenige Minuten vor der Urteilsbegründung „geplatzt“, weil der Anwalt des Opfers ein DNA-Gutachten über die Kutten seines Mandanten eingefordert hatte, das nun mit Spannung erwartet wird. Um die sechs Angeklagten, die sich alle auf freiem Fuß befinden, ihre sechs Verteidiger, sowie alle anderen Prozessbeteiligten terminmäßig unter einen Hut zu bringen habe man jetzt weitere fünf Monate gebraucht, erklärte der vorsitzende Richter Michael Eckstein zu Beginn des ungewöhnlichen Verfahrens.

Ungewöhnlich auch deshalb, weil die Angeklagten im zurückliegenden Verfahren schon kurz vor einem Freispruch standen. Sogar die Staatsanwaltschaft hatte damals nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ Freispruch gefordert. Das Opfer, ein mittlerweile 52-jähriger Mann aus Wunsiedel kann darüber nur mit dem Kopf schütteln. Seitdem er zusammengeschlagen wurde, hat er nicht mehr richtig Fuß fassen können. Er hatte einen komplizierten Bruch seines Halswirbels erlitten, mehrere Rippenfrakturen, vielen Prellungen und Wunden. Allein wegen der Wirbelverletzung sollen mehrere schwerere Operationen nötig gewesen sein. Viele Monate war das Opfer arbeitsunfähig krankgeschrieben, mittlerweile gilt er als krankheitsbedingt nicht mehr vermittelbar.

Schuld daran sollen die sechs Männer im Alter zwischen 29 und 54 Jahren auf der Anklagebank sein, Sie kommen aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau, Thierstein und Untersteinach. Einer ist Verwaltungsangestellter, ein anderer Dachdecker, ein Dreher ist dabei, genauso wie ein Kfz-Mechaniker, ein Lagerverwalter und ein Selbstständiger aus im Bereich Reinigungsdienst.

Sie alle sollen ihr Opfer am 10. September 2010 gegen 22.45 Uhr unter einem Vorwand aus dem Clubheim in Goldkronach nach draußen gelockt haben. Dort hätten sie ihn umzingelt und ihm Pfefferspray aus unmittelbarer Nähe ins Gesicht gesprüht. Nachdem das mittlerweile wehrlose Opfer zu Boden gegangen war, traten sie mehrfach mit schweren Bikerboots und Springerstiefel gegen den Oberkörper, gegen den Kopf und mitten in das Gesicht des Mannes. Doch damit noch nicht genug, als die Männer wieder von ihrem Opfer abließen, soll einer der Angeklagten dem Mann noch einen heftigen Faustschlag mitten ins Gesicht verpasst haben. Der Frau des Opfers rissen die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft einen Büschel Haare aus und brachen der Frau einen Finger. Auch Sohn und Tochter des Mannes, die helfen wollten, wurden verletzt.

Wie schon in der ersten Auflage des Prozesses machten auch diesmal fünf der sechs Angeklagten keine Angaben. Der sechste gab an, am besagten Abend nicht am Tatort, sondern bei seinen Eltern im Fichtelgebirge gewesen zu sein. Für einen 37-Jährigen aus Bayreuth erklärte sein Verteidiger Karsten Schieseck, dass sein Mandant die Vorwürfe bestreite. Ausgerechnet ihn hatte das Opfer eindeutig identifiziert, ebenso einen 53-Jährigen Mann aus Thierstein. Die Namen der anderen Angeklagten will das Opfer später anhand von vorgelegten Bildern ausgemacht haben.

Für den Prozess sind neun Tage bis Ende April angesetzt. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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05.04.2016

Rockerprozess: „Panik ohne Ende“ / Mutter und Ehefrau des Opfers identifizierten einige der Angeklagten im Gerichtssaal - Kritik an Polizei

Bayreuth/Goldkronach. Im Prozess um den Überfall von Mitgliedern des Motorradclubs „Grave Diggers“ auf den Präsidenten der rivalisierenden „Free Easy Riders Gold City“ vom 10. September 2010 in Goldkronach hat das Gericht am zweiten Verhandlungstag stundenlang die Mutter und die Ehefrau des Opfers vernommen.  Beide Zeuginnen konnten im Gerichtssaal einige der sechs Angeklagten im Alter zwischen 29 und 54 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau, Thierstein und Untersteinach identifizieren. Wie berichtet müssen sich vier der Männer unter anderem wegen versuchten Totschlags, die anderen beiden wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Wegen Streitigkeiten um Abzeichen („Patches“) und vermutlich auch um Gebietsansprüche sollen die sechs Angeklagten einem Rollkommando gleich ihr 52-jähriges Opfer zusammengeschlagen haben, so dass der Mann unter anderem einen komplizierten Bruchs des Halswirbels erlitt und nach mehreren Operationen bis heute nicht mehr richtig Fuß fassen konnte.

Mit „1000-prozentiger Sicherheit“ könne sie sagen, dass der 44-jährige Erbendorfer und der 54-jährige Thiersteiner dabei waren, sagte die Mutter des Opfers, eine Rentnerin aus Himmelkron. Die Frau hatte an dem Abend im Clubheim mitgeholfen, das Essen für die Geburtstagsfeier eines Mitglieds zuzubereiten, als sie wegen der Schlägerei aufgeschreckt wurde und nach draußen rannte. Dort habe sie schlimme Dinge hilflos mitansehen müssen. Unter anderem berichtete sie von einem Faustschlag ins Gesicht ihres Sohnes, nach dem das Blut wie ein Strahl aus dem Mund des Mannes geschossen war. Ihr Enkel sei völlig hilflos gewesen, weil auch er eine Ladung Pfefferspray mitten ins Gesicht abbekam. Die Schwiegertochter schließlich sei von einem der Beteiligten geschlagen worden, so dass ihr ein Finger gebrochen und ganze Haarbüschel ausgerissen worden seien. Sie selbst habe nicht eingreifen können, da sie gewaltsam von einem anderen Angreifer zurückgedrängt wurde.

Als einen der Männer hatte die Mutter ausgerechnet den angeklagten 48-jährigen Mann aus Röslau  identifiziert. Er hatte als einziger zum Prozessauftakt Angaben gemacht und will gar nicht am Tatort gewesen sein. Der Mann hatte dem Gericht ein Alibi präsentiert, nach dem er sich bei seinen Eltern im Fichtelgebirge aufgehalten hatte. Ausgerechnet diesen Mann hatte später vor Gericht auch die Ehefrau des Opfers wiedererkannt, und zwar als denjenigen, der ihr den Finger gebrochen und die Haare ausgerissen haben soll. „Ich hatte Panik ohne Ende“, sagte die 41-jährige Frau aus Wunsiedel.

Die sechs Verteidiger nahmen bei den Zeugenvernehmungen die beiden Frauen vor allem deshalb in die Mangel, weil sie Dinge berichteten, die sie so weder in den bisherigen Verhandlungen noch während der polizeilichen Ermittlungen gesagt hatten. Außerdem sollen die Frauen einige der Angeklagten erst später über eigene Internetrecherchen ausfindig gemacht haben.

Kritik wurde seitens der Zeugen als auch der Verteidiger an der Polizeiarbeit laut. Die Mutter des Opfers beklagte, dass die Polizei einem entscheidenden Hinweis nicht nachgegangen sei. So soll der 48-jährige aus Röslau am Tattag Springerstiefel getragen haben. „Es wäre ein leichtes gewesen, diese Stiefel sicherzustellen und den Mann damit zu überführen“, sagte die Frau. Kritik an den Ermittlern übte auch einer der Verteidiger. So sollen die Beamten die Lichtbildvorlagen, die sie den Zeugen zur Identifikation der Männer vorgelegt haben fehlerhaft zusammengestellt haben. Von den Tafeln sei außerdem eine suggestive Wirkung ausgegangen, kritisierte die Verteidigung.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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06.04.2016

Opfer wäre um Haaresbreite zu Tode geprügelt worden / Motoradclub gegen Motorradfreunde: Fünf Angeklagte schweigen, der sechste will ein Alibi haben

Bayreuth/Goldkronach. Der mutmaßliche Überfall von Mitgliedern des Motorradclubs „Grave Diggers“ aus dem Raum Bayreuth/Wunsiedel auf den Präsidenten der Motorradfreunde „Free Easy Riders Gold City“ 2010 in Goldkronach wäre um Haaresbreite tödlich ausgegangen. Das hat der Arzt des 52-Jährigen Opfers am dritten Verhandlungstag vor dem Bayreuther Landgericht bestätigt. Die sechs Männer im Alter zwischen 29 und 54 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau, Thierstein und Untersteinach müssen sich deshalb auch nur wegen versuchten und nicht wegen vollendeten Totschlags beziehungsweise wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten.

Kaum zu glauben, aber der Bruch eines Halswirbels war bei dem 52-Jährigen erst einige Monate nach der Tat festgestellt worden. Trotzdem liege es auf der Hand, dass die schwere Verletzung ganz klar eine Folge der tätlichen Auseinandersetzung gewesen sei, sagte der in Hof niedergelassene Neurochirurg und Orthopäde, der den Mann danach mehrfach operiert hatte. „Wäre das Ganze schlimmer ausgegangen, dann hätte es tödliche Folgen gehabt“, so der Mediziner.

Wie berichtet soll ein Abzeichen („Patch“) Anlass für das Rollkommando gewesen sein, das am Abend des 10. September 2010 eine Geburtstagsfeier der „Free Easy Riders Gold City“ gesprengt hatte. Von den sechs Angeklagten haben bislang fünf keine Angaben zur Tat gemacht. Der sechste, ein 48-jähriger Mann aus Röslau will ein Alibi haben und am fraglichen Abend zusammen mit seiner Lebensgefährtin bei seinen Eltern gewesen sein.

Während die Lebensgefährtin das Alibi bestätigte, machten die Eltern von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und lehnten eine Aussage ab. Allerdings glaubt die Staatsanwaltschaft der Lebensgefährtin nicht, dass sie mit dem Angeklagten vier Jahre lang nicht über den Vorfall gesprochen hatte. Dagegen will der Bruder des Mannes an jenem Abend mit den Eltern telefoniert und dabei von der Mutter erfahren haben, dass der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin gerade zu Besuch sei.

Hinter die Kulissen der Szene ließ der Vorstand des Motorradclubs „Grave Diggers“ in seiner Zeugenaussage blicken. So sei der Zusammenschluss nicht offiziell im Vereinsregister eingetragen, Frauen würden nur in Ausnahmefällen geduldet, Voraussetzung für die Aufnahme sei eine eigene Maschine mit mindestens 400 Kubik.

Innerhalb des Clubs sei weder über irgendwelche Abzeichen, noch über den Vorfall gesprochen worden, sagte der Vorstand. Er wollte auch nichts darüber wissen, dass Mitglieder schon einmal wegen Schlägereien beschuldigt wurden und dass es nach dem Vorfall angeblich Austritte gegeben hatte. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass sie sich kein einziges Mal über den Vorfall unterhalten haben, sagte der beisitzende Richter.

Wie berichtet findet der Prozess deshalb erst fünfeinhalb Jahre nach der Tat statt, weil ein erstes Verfahren vor dem Amtsgericht zunächst an das Landgericht verwiesen wurde und ein zweiter Prozess vor dem Landgericht wenige Minuten vor der Urteilsverkündung wegen eines Antrags auf ein DNA-Gutachten der beiden Kutten des Opfers „geplatzt“ war. Ob sich auf den beiden Kutten tatsächlich Spuren der Angeklagten befinden wird ein Sachverständigengutachter in den kommenden Verhandlungstagen Anfang der kommenden Woche erläutern.

Die Verhandlung wird am Montag fortgesetzt.

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11.04.2016

Alibi für die Angeklagten / „Grave Diggers“ gegen „Free Easy Riders“: Überfall soll lange kein Thema gewesen sein

Bayreuth/Goldkronach. Wegen des mutmaßlichen brutalen Überfalls von Mitgliedern des Motorradclubs „Grave Diggers“ aus dem Raum Bayreuth/Wunsiedel auf den Präsidenten der Motorradfreunde „Free Easy Riders Gold City“ 2010 in Goldkronach sollen sogar Mitglieder der „Grave Diggers“ aus Protest den Zusammenschluss verlassen haben. Das hat das Gericht am 4. Verhandlungstag gegen sechs Mitglieder der „Grave Diggers“ wegen versuchten Totschlags anklingen lassen.

Ein 43-jähriger Mann, Mitglied der „Grave Diggers“ bestritt dies allerdings vehement. Die betreffenden Personen seien aus Zeitmangel ausgetreten, so der recht einsilbige Zeuge, der von den Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen den beiden Vereinigungen lang nichts mitbekommen haben will. Auch von der Hetze gegen den Präsidenten der „Free Easy Riders Gold City“ und dem anschließenden brutalen Überfall will er erst später erfahren haben.

Am 4. Verhandlungstag kamen erstmals Zweifel darüber auf, ob der Überfall auf das Vereinsheim in Goldkronach wirklich so schwerwiegend war. Bisher war immer wieder von einem brutalen Rollkommando die Rede, das Opfer wäre um Haaresbreite zu Tode geprügelt worden, so hieß es. Nun tauchte ein Zeuge auf, der am Tatabend von dem angeblichen Opfer angerufen worden sein will. Er habe ihm von dem Überfall berichtet und die angeklagten Mitglieder der „Grave Diggers“ beschuldigt. Das könne nicht sein, die betreffenden Personen seien doch alle da, sagte der Zeuge und meinte damit das Motorradtreffen, das an jenem Abend auf seinem Anwesen in einem Thiersteiner Ortsteil stattgefunden habe.

Während der Zeuge damals wenige Monate nach der Tat bei einer polizeilichen Vernehmung aussagte, dass zwei der Angeklagten bei seiner Party in Thierstein und nicht bei dem Überfall in Goldkronach gewesen seien, hatte er nun für alle fünf Angeklagte (der sechste will weder am Tatort in Goldkronach, noch auf dem Treffen in Thierstein, sondern zuhause gewesen sein) ein Alibi. Auch wenige Tage nach dem Vorfall sei er dem angeblichen Opfer begegnet und habe den heute 52-Jährigen scherzend, lachend und scheinbar bester Dinge in einem Verbrauchermarkt angetroffen. „Für mich ist es nicht so rübergekommen, als wenn da was dramatisches gewesen wäre“, sagte der Zeuge.

Das würde dazu passen, dass der Bruch eines Halswirbels des Opfers erst einige Monate nach der Tat festgestellt wurde. Für den behandelnden Arzt lag es allerdings trotzdem auf der Hand, dass die schwere Verletzung ganz klar eine Folge der tätlichen Auseinandersetzung war. Von den sechs Angeklagten haben bislang fünf keine Angaben zur Tat gemacht. Der sechste, will am fraglichen Abend zusammen mit seiner Lebensgefährtin bei seinen Eltern gewesen sein.

Die Verhandlung wird fortgesetzt. Mit Spannnung wird in diesen Tagen ein DNA-Gutachten über die Jacke („Kutte“) des Opfers erwartet, aus dem hervorgeht, ob Spuren der Angeklagten darauf zu finden sind.

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12.04.2016

Paukenschlag im Rockerprozess: Keine DNA-Spuren an der „Kutte“ des Opfers / Mit Spannung erwartetes Gutachten entlastet die sechs Angeklagten

Bayreuth/Goldkronach. Im Prozess gegen sechs Mitglieder des Motoradclubs „Grave Diggers“ aus dem Raum Bayreuth/Wunsiedel wegen versuchten Totschlags deutet sich eine Wende an. Das mit Spannung erwartete Gutachten über die Jacke („Kutte“) des Angeklagten hat am mittlerweile 5. Verhandlungstag keinerlei eindeutige Spuren zu Lasten der Angeklagten ergeben.

Es gebe keine Hinweise auf DNA-Spuren der sechs Vergleichspersonen, also der Angeklagten, so die Gutachterin von der Universität Erlangen. Es sei nichts gefunden worden, was als Tatnachweis gewertet werden könnte, hieß es von Seiten des Gerichts. Wie berichtet hatte der Prozess im Juni und im Juli des vergangenen Jahres schon einmal stattgefunden. Die sechs Angeklagten standen damals kurz vor einem Freispruch, als der Rechtsanwalt des Opfers wenige Minuten vor der Urteilsverkündung den Beweisantrag stellte, die „Kutte“ seines Mandanten auf DNA-Spuren zu untersuchen. Wären nun eindeutige Spuren gefunden worden, so wäre dies ein Hinweis auf eine Tatbeteiligung der Angeklagten gewesen.

Man habe zwar sehr ausgeprägte Erbsubstanzmischungen von mehreren Personen gefunden, eine konkrete Zuordnung sei damit aber nicht möglich, sagte die Gutachterin. Auch hinsichtlich der Angeklagten, die sich alle sechs freiwillig eine Speichelprobe nehmen ließen, gebe es keine eindeutige Zuordnung. Auch nicht auf der „Kutte“ des Sohnes des Opfers, der bei dem mutmaßlichen Übergriff ebenfalls verletzt wurde.

Wie berichtet war der 52-jährige Mann aus Wunsiedel, Präsident der Motorradfreunde  „Free Easy Riders Gold City“, am 10. September 2016 bei einer Feier im Clubheim in Goldkronach durch ein Rollkommando brutal zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt worden. Unter anderem erlitt der Mann einen komplizierten Bruch eines Halswirbels und musste sich einer schwierigen Operation unterziehen. Er hatte seitdem nie mehr richtig Fuß fassen können, auch beruflich nicht.

Schuld daran sollen angeblich Mitglieder des Motoradclubs „Grave Diggers“ gewesen. Zunächst wurden einige Mitglieder vor dem Amtsgericht angeklagt, dann wurde der Fall an das Landgericht verwiesen. Mittlerweile ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft weiter und klagten im vergangenen die sechs Männer im Alter zwischen 29 und 54 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau, Thierstein und Untersteinach an. Weil der Prozess im Juli 2015 wegen der geforderten Gutachten geplatzt war, kam es jetzt, fünfeinhalb Jahre nach der Tat, erneut zum Prozess.

Die Wende hatte sich schon am 4. Verhandlungstag angedeutet, als der Veranstalter eines Motorradtreffens ein Alibi für fünf der sechs Angeklagten hatte. Alle fünf seien bei ihm auf dem Treffen gewesen, sagte der Mann. Der sechste Angeklagte hatte von Anfang an angegeben, dass er weder am Tatort in Goldkronach, noch bei dem Motorradtreffen im Raum Thiersheim, sondern  zuhause bei seinen Eltern war.

Ein weiterer Zeuge am 5. Verhandlungstag war der Chefermittler von der Kriminalpolizei. Über 20 Zeugen habe er in der Sache vernommen, viele davon mehrfach. Letztlich seien die Angeklagten über Lichtbildvorlagen ermittelt worden. Ursprünglich seien sogar noch mehr Tatverdächtige ermittelt worden, doch die hatten alle ein nachprüfbares Alibi. Das Opfer und dessen Ehefrau beschrieb der Beamte als sehr aktiv, wenn es darum ging, belastende Sachverhalte gegen die Angeklagten zu sammeln. Der Zeuge räumte auch ein, dass die Sache anfangs nicht so hoch gehängt und als „ganz normale Schlägerei“ eingestuft wurde, bis plötzlich gut ein halbes Jahr nach der Tat die schweren und lebensgefährlichen  Verletzungen des Opfers bekannt wurden.

Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. Unter Umständen könnten dann sogar schon die Plädoyers gesprochen werden.

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18.04.2016

Tatnachweis nicht durchführbar / Rockerprozess: Landgericht sprach alle sechs Angeklagten frei

Bayreuth/Goldkronach. Am Ende ging dann alles doch ganz schnell: Neun Verhandlungstage waren angesetzt im Prozess um den angeblichen Rockerüberfall der Grave Diggers auf die Free Easy Riders, bereits am sechsten Verhandlungstag wurde das Urteil gesprochen. Es lautete auf Freispruch für alle sechs Angeklagten.

„Jedem einzelnen Angeklagten muss die Anwesenheit am Ort des Geschehens nachgewiesen werden“, erläuterte der vorsitzende Richter Michael Eckstein die Entscheidung der Kammer. Als Ergebnis der Beweisaufnahme hielt er jedoch fest: „Wir können das bei keinem einzigen der Angeklagten.“ Das Gericht benötige immer die vollständige Gewissheit, so Eckstein. „Das ist für uns die Messlatte, das ist Rechtsstaat“, sagte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. In der Zusammenschau sei ein Tatnachweis nicht durchführbar, bei dieser Sachlage sei an eine Verurteilung nicht zu denken, so Eckstein.

Wie berichtet wurde vier der sechs Männer im Alter zwischen 29 und 54 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau, Thierstein und Untersteinach ursprünglich versuchter Totschlag vorgeworfen, den anderen beiden gefährliche Körperverletzung. Einem Rollkommando gleich sollen die Mitglieder des Motorradclubs Grave Diggers Bayreuth/Wusiedel am 10. September 2010 den Chef der Free Easy Riders Gold City am Vereinsheim in Goldkronach brutal zusammengeschlagen haben. Das Opfer, ein mittlerweile 52-jähriger Mann aus Wunsiedel konnte seitdem nicht mehr richtig Fuß fassen. Er hatte einen komplizierten Bruch seines Halswirbels erlitten, mehrere Rippenfrakturen, vielen Prellungen und Wunden. Viele Monate war das Opfer arbeitsunfähig krankgeschrieben, mittlerweile gilt er als krankheitsbedingt nicht mehr vermittelbar.

Doch ob wirklich die Angeklagten daran schuld waren, das stellte am Ende sogar Staatsanwalt Daniel Götz in Frage. Gegen fünf der Angeklagten beantragte er in seinem Plädoyer einen Freispruch. Weder die Anwesenheit, noch eine Tatbeteiligung sei den fünf Männern zweifelsfrei nachzuweisen. Lediglich gegen den sechsten Angeklagten, den 54-Jährigen aus Thierstein, forderte er wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und eine Geldauflage von 2000 Euro. Der Mann soll laut Zeugenaussagen vor Ort gewesen sein, eine Argumentation, der das Gericht später nicht folgen sollte.

Nahezu unerträglich nannte es der Vertreter des Opfers, Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth, dass ein solches Geschehen praktisch ungesühnt bleibt. Schwemmer räumte ein, dass der Tatnachweis ausgesprochen schwierig zu führen sei und schloss sich der Forderung des Staatsanwalts an. Sein Mandant, das 52-Jährige Opfer, sprach von einem hinterlistigen, niederträchtigen und feigen Überfall, von unglaubwürdigen Alibis und von einer gefährlichen Gruppierung.

Ungewöhnlich scharf gingen die sechs Verteidiger, die naturgemäß alle einen Freispruch für ihre Mandanten beantragten, in ihren Plädoyers das Opfer an. Jochen Kallert aus Bamberg bezeichnete das Opfer als Lügner und kündigte an, den 52-Jährigen deshalb strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Rechtsanwalt Marc Brab, ebenfalls aus Bamberg, drohte dem 52-Jährigen sogar an, ein Ordnungsgeld zu beantragen, weil der seinen Unmut über die Vorwürfe halblaut geäußert hatte. Als frei erfunden bezeichnete schließlich Verteidiger Joachim Voigt die Vorwürfe des Opfers. Es gebe beispielsweise keinen einzigen Zeugen, der irgendwelche Tathandlungen seines Mandanten geschildert habe.

Von Verunglimpfungen und falscher Rockerehre sprach auch Rechtsanwalt Karsten Schieseck aus Bayreuth. Man wisse nicht einmal, ob das Geschehen wirklich eine Bestrafungsaktion der Grave Diggers gegen die Free Easy Riders gewesen sei, wie immer behauptet werde. Schieseck war auch der einzige, der auf das DNA-Gutachten von der Kutte des Opfers einging war. Das hatte keinerlei Hinweise auf die Angeklagten ergeben, was letztlich entscheidende Wende im Prozess ergab.

Die Kosten der Verhandlung fallen nun der Staatskasse zur Last.

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29.03.2016

Ärztin und Sanitäter gezielt niedergestochen / Mordversuch in vier Fällen, doch der Angeklagte ist ganz offensichtlich schuldunfähig

Bayreuth. Er hat versucht, vier Menschen zu töten und ist trotzdem nicht wegen versuchten Mordes angeklagt. Der 27-jährige Mann aus Bayreuth soll unter einer Schizophrenie leiden, die Rede ist von paranoider Symptomatik und akuter Verwirrtheit. Weil der Mann nach Auffassung der Staatsanwaltshaft eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, soll er dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden. Das ist jedenfalls das Ziel der „Antragsschrift“, die von der Staatsanwaltschaft verfasst wurde. Der Angeklagte ist damit kein Angeklagter, sondern ein Beschuldigter, der Prozess ist kein normaler Prozess, sondern ein Sicherungsverfahren. Neben einer ganzen Reihe an Zeugen sind auch ein psychiatrischer Sachverständiger vom Bezirksklinikum in Bayreuth und ein gerichtsmedizinischer Sachverständiger von der Universität Erlangen geladen.

Für eine Notärztin und drei Rettungssanitäter aus Bayreuth wird der 10. August 2015 für immer in Erinnerung bleiben. Angeblich wegen eines epileptischen Anfalls wurde sie zu einem Anwesen in Bayreuth gerufen. Als der 27-Jährige den Rettungswagen kommen sah, verbarrikadierte er sich zunächst in einer Toilette des Hauses. Die Notärztin und ein Sanitäter gingen in das Haus und wollten sich vom Gesundheitszustand des Mannes ein Bild machen, als der unvermittelt die Tür aufriss, die Notärztin gezielt und ohne Vorwarnung mit einem Messer niederstach und dem Sanitär das gleiche Messer in den Hals rammte. Doch damit nicht genug. Der 27-Jährige rannte nach draußen, wo die anderen beiden Sanitäter warteten und stach auch auf die beiden ein. Weil sich der Messerstecher danach in dem Haus verschanzt hatte, war damals ein Spezialeinsatzkommando der Polizei angerückt.

Der Beschuldigte wollte den Tod der vier Personen herbeiführen, hieß es in der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft. Tatsächlich herrschte bei der Notärztin und bei einem der Sanitäter akute Lebensgefahr, sie mussten unmittelbar notoperiert werden. Die anderen beiden Sanitäter erlitten jeweils mehrere Stichverletzungen.

Zum Prozessauftakt kündigte der Verteidiger des 27-Jährigen, Rechtsanwalt Karsten Schieseck aus Bayreuth an, dass sein Mandant zum derzeitigen Zeitpunkt keine Angaben zur Tat machen werde. Der äußere Sachverhalt werde eingeräumt und sein Mandant bedauere die Taten zutiefst, sagte der Anwalt. Lediglich zu seiner Person machte der Beschuldigte Angaben. Er berichtete vom Besuch eines Waldorf-Kindergarten und der Waldorf-Schule in Wernstein bei Kulmbach. Erst nachdem er die achte Klasse wiederholen musste und die achte Jahrgangsstufe in Wernstein aufgelöst wurde, sei er zurück an eine Regelschule in Bayreuth.

Nach diversen Auffälligkeiten kam der Beschuldigte in eine therapeutische Wohngruppe nach Bamberg, absolvierte berufsvorbereitende Maßnahmen und eine Einstiegsqualifizierung zur Hotelfachkraft. Später brach er eine Malerlehre ab, absolvierte ein Jahr lang eine schulische Ausbildung zum Kinderpfleger und machte zuletzt ein Praktikum bei einem Goldhändler.

Auch eine Drogenkarriere hat der 27-Jährige schon hinter sich. Schon zu Schulzeiten habe er regelmäßig Cannabis geraucht und auch andere Sachen probiert. Ecstasy gehört dazu, aber auch Amphetaminprodukte und die berüchtigten „Kräutermischungen“. Er habe zuletzt von Hartz IV gelebt und schon mehrere Kurzaufenthalte in der Jugendpsychiatrie hinter sich. Wegen schwerer Körperverletzung war er auch schon straffällig geworden und erhielt dafür einen zweiwöchigen Jugendarrest.

„Wir haben uns noch Sorgen gemacht, weil sich der Beschuldigte auf der Toilette eingeschlossen hatte“, berichtete der Rettungssanitäter, der als zweiter niedergestochen wurde. Der Mann hatte Glück im Unglück, denn trotz des heftigen Stichs gegen den Hals wurden eine Vene und seine Schilddrüse „nur“ angeritzt. Außer einer großen Wunde am Hals blieben bei ihm keine dauerhaften Schäden zurück. Der Sanitäter hatte trotz des Stichs und seiner heftigen Blutungen der Notärztin noch erste Hilfe geleistet. Anders erging es der Notärztin, während ihrer Vernehmung musste der Beschuldigte auf Antrag ihres Nebenklageanwalts den Verhandlungssaal verlassen. Die Ärztin sei durch die Tatschwer belastet, eine direkte Konfrontation würde die bestehenden Probleme vergrößern und den Gesundheitszustand seiner Mandantin massiv verschlechtern, so der Nebenklagevertreter.

Für die Verhandlung sind insgesamt sieben Verhandlungstage bis Ende April angesetzt. Fortgesetzt wird der Prozess am Freitag.

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01.04.2016

Messerstecherprozess um vierfachen Mordversuch: Beschuldigter kann sich Tat nicht erklären – Ausnahmezustand im Klinikum – Pikante Details

Bayreuth. Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um die Messerstiche vom 10. August 2015 gegen Notärzte und Sanitäter in Bayreuth sind pikante Details zum Privatleben des Beschuldigten bekannt geworden. Demnach hat der 27-Jährige DVDs mit Fantasy- und Horrorfilmen gesammelt, war zeitweise Mitglied in einem Schützenverein und hat eine Karriere, erst als Soldat, dann als Kinderpfleger angestrebt.

Wie berichtet soll der Beschuldigte bei einem Notfalleinsatz eine Ärztin und drei Sanitäter brutal niedergestochen haben. Objektiv ist er wegen vierfachen versuchten Mordes angeklagt, die Staatsanwaltschaft will allerdings dich dauerhafte geschlossene Unterbringung in der Psychiatrie erreichen, weil er nach Meinung der Anklagebehörde eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Der Fall hatte damals für großes Aufsehen weit über Bayreuth hinaus gesorgt, weil sich der Mann nach den Taten in seinem Elternhaus verschanzt hatte und ein Spezialeinsatzkommando gerufen werden musste.

Ausnamezustand herrschte am Abend des 10. August 2015 auch im Bayreuther Klinikum, wo die drei Sanitäter und die Notärztin eingeliefert und notoperiert werden wurden. „Vier Schwerstverletzte, bei denen Lebensgefahr nicht auszuschließen ist, da kommt man schnell an die Grenzen“, berichtete ein Notarzt und Unfallchirurg, der eigens aus seinem Feierabend wieder ins Klinikum gerufen wurde. „Da war wirklich Gefahr im Verzug“, erinnerte sich der Mediziner.

Tatsächlich habe dem Sanitäter und der Notärztin nur durch eine sofortige Notoperation das Leben gerettet werden können, so massiv waren die Verletzungen. Beide hatten massive Stichverletzungen erlitten. Die Notärztin ist aufgrund der Verletzungsfolgen bis heute arbeitsunfähig, die Frau wird ihren Beruf vermutlich nie mehr ausüben können, da ein Arm seit den Stichen gelähmt ist. Auch bei einem der Sanitäter wurden durch die Stiche Organe im Bauchraum in Mitleidenschaft gezogen.

Was das Privatleben des Beschuldigten betrifft, so sammelte er nicht nur Horrorfilme, sondern interessierte sich angeblich auch für Kräuter und Heilpflanzen. Aber auch Cannabis-Produkte: Zwischen 50 und 150 Euro soll er zuletzt für den Eigenkonsum ausgegeben haben, obwohl er nach abgebrochener Berufsausbildung und berufsvorbereitenden Maßnahmen mittlerweile von Hartz IV lebte. Zuletzt hatte er sogar noch eine Ausbildung als Kinderpfleger begonnen, musste aber wegen schlechter Noten nach einem Jahr wieder abbrechen. Einen Führerschein habe er nie machen wollen, erklärte er auf Nachfrage des Gerichts, weil er das Autofahren als Umweltverschmutzung einstufte.

Wie berichtet wurden die drei Sanitäter und die Notärztin wegen eines epileptischen Anfalls zu dem Anwesen in Bayreuth gerufen. Als der 27-Jährige den Rettungswagen kommen sah, verbarrikadierte er sich zunächst in einer Toilette des Hauses. Die Notärztin und ein Sanitäter gingen in das Haus und wollten sich vom Gesundheitszustand des Mannes ein Bild machen, als der unvermittelt die Tür aufriss, die Notärztin gezielt und ohne Vorwarnung mit einem Messer niederstach und dem Sanitär das gleiche Messer in den Hals rammte. Danach rannte der 27-Jährige nach draußen, wo die anderen beiden Sanitäter warteten und stach auch auf die beiden ein.

Am zweiten Verhandlungstag hatte sich der Beschuldigte zum ersten Mal auch zu der Tat geäußert. Er könne sich das alles gar nicht erklären, sagte er. Ansonsten machte er keine Angaben zu dem Geschehen. Der Prozess kein normaler Prozess, sondern ein Sicherungsverfahren. Neben einer ganzen Reihe an Zeugen sind auch ein psychiatrischer Sachverständiger vom Bezirksklinikum in Bayreuth und ein gerichtsmedizinischer Sachverständiger von der Universität Erlangen geladen.

Die Verhandlung wird am 13. April mit der Einvernahme weiterer Zeugen fortgesetzt.

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13.04.2016

Messerstecherprozess um vierfachen Mordversuch: „Es ging um Leben und Tod“ / 27-jähriger Bayreuther soll in die Psychiatrie eingewiesen werden

Bayreuth. Nach fast zwei Wochen Pause ist am Mittwoch vor dem Bayreuther Landgericht das Sicherungsverfahren gegen einen 27-jährigen Bayreuther fortgesetzt worden. Der Mann soll am 10. August 2015 eine Notärztin und drei Rettungssanitäter brutal niedergestochen und dabei schwer verletzt haben. Die Anklage lautet auf versuchten Mord in vier Fällen, allerdings geht die Staatsanwaltschaft von einer Schuldunfähigkeit aus, so dass der Mann wegen seiner Allgemeingefährlichkeit dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden soll.

Bei allen vier Opfern sei der Zustand grundsätzlich lebensbedrohend gewesen, bestätigte am jetzigen dritten Verhandlungstag ein gerichtsmedizinischer Sachverständiger vom Institut für Rechtsmedizin an der Universität Erlangen. Sowohl die Notärztin, als auch die Sanitäter hätten einen hohen Blutverlust und in der Folge eine Schock erlitten. Wäre bei einem der Sanitäter der Messerstich in den Oberkörper nur ganz geringfügig höher gewesen, hätte der Mann vermutlich nicht überlebt. So seien zwar Lunge und Leber verletzt worden, doch der Mann lebt.

Besonders schwer hatte es die Notärztin getroffen. Sie ist bis heute nicht arbeitsfähig und wird ihren Arztberuf vermutlich nie mehr ausüben können, weil einer ihrer Arme gelähmt ist. Der Sachverständige hatte alle vier Opfer am Tag nach der Tat im Bayreuther Klinikum begutachtet. Dort mussten sich alle vier am Abend zuvor einer Notoperation unterziehen, in der es um Leben und Tod ging.

Zuvor berichtete ein Arzt von der Klinik Hohe Warte in Bayreuth, dass der Beschuldige in den beiden Jahren vor der Tat insgesamt vier Mal wegen Krampfanfällen, verwirrten Zuständen und wegen Bewusstlosigkeit in die Notaufnahme eingeliefert wurde. Auch auf der Schlaganfallstation sei der Mann untersucht worden, relevante Auffälligkeiten habe man aber nicht festgestellt. Allerdings habe sich der Verdacht auf Epilepsie ergeben und ein Drogenscreening sei positiv gewesen. Eine psychiatrische Behandlung wegen des Drogenkonsums habe man dem Patienten ans Herz gelegt.

Dafür sollte es dann allerdings zu spät sein. Der Dienstgruppenleiter der Bayreuther Polizei berichtete, dass beim Eintreffen am Tatort am Abend des 10. August mehrere Personen mit blutenden Stichverletzungen am Boden gelegen seien. Wegen der unklaren Lage, weil man wusste, dass der Täter sich im Haus verschanzt hatte und wegen der besonderen Gefährdungssituation habe er das Sondereinsatzkommandoaus Nürnberg angefordert. Eine knappe Stunde später sei dann der Zugriff erfolgt. Der Beschuldigte hatte sich im Dachboden des Reiheneckhauses versteckt.

Wie berichtet wurden die drei Sanitäter und die Notärztin wegen des Verdachts auf einen epileptischen Anfalls zu dem Anwesen in Bayreuth gerufen. Als der 27-Jährige den Rettungswagen kommen sah, verbarrikadierte er sich zunächst in einer Toilette des Hauses. Die Notärztin und ein Sanitäter gingen in das Haus und wollten sich vom Gesundheitszustand des Mannes ein Bild machen, als der unvermittelt die Tür aufriss, die Notärztin gezielt und ohne Vorwarnung mit einem Messer niederstach und dem Sanitär das gleiche Messer in den Hals rammte. Danach rannte der 27-Jährige nach draußen, wo die anderen beiden Sanitäter warteten und stach auch auf die beiden ein.

Außer, dass er sich das alles nicht erklären könne, hatte der Angeklagte bislang keine Angaben zur Tat gemacht. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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19.04.2016

Notoperation rettete Leben der Helfer / Verfolgungswahn und allgemeingefährlich: 27-jähriger Bayreuther muss in die Psychiatrie – Zwischenfall: Nebenklägerin brach zusammen

Bayreuth. Wegen der beinahe tödlichen Messerstiche auf eine Notärztin und drei Rettungsassistenten hat das Landgericht einen 27-Jährigen Mann aus Bayreuth auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie eingewiesen. „Allein das Tatgeschehen drängt schon auf, dass der Beschuldigte nicht bei Sinnen gewesen sein muss“, sagte der vorsitzende Richter der Ersten Großen Strafkammer Michael Eckstein während der Urteilsverkündung.

Aufgrund einer paranoiden Schizophrenie stelle der Mann eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, hieß es im Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen. Mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit könnten sich ähnliche Taten durch den 27-Jährigen wiederholen, so die niederschmetternde Prognose des Mediziners. Es komme selten vor, dass die Einsichtsfähigkeit eines Beschuldigten derart beeinträchtigt sei, sagte Richter Eckstein.

Zudem stehe der langjährige Drogenkonsum des Beschuldigten im Raum. Der Mann hatte angegeben, seit seinem 13. Lebensjahr immer wieder Cannabis-Produkte konsumiert zu haben. Auch von vereinzeltem Ecstasy-Konsum war die Rede. Selbst nach der Tat, als der Mann bereits in der Klinik untergebracht war, soll er noch eine sogenannte Kräutermischung geraucht haben.

Wie berichtet waren die Rettungskräfte wegen eines epileptischen Anfalls des Beschuldigten am 10. August des vergangenen Jahres gerufen worden. Als die Notärztin und die Sanitäter eintrafen, war der epileptische Anfall offenbar schon wieder vorbei und der Mann verschanzte sich in der Toilette im Erdgeschoss des Reihenhauses.

Dort versuchte die Notärztin durch die geschlossene Tür auf den Mann einzureden, als er völlig unvermittelt die Tür aufriss, das Licht ausknipste und der Notärztin ein Messer mit einer 19 Zentimeter langen Klinge in den Hals rammte. Danach stach er das Messer einem hinter der Ärztin stehenden Sanitäter in den Oberkörper. Später ging der Mann noch auf die im Freien wartenden Rettungsassistenten, einem Mann und eine Frau los und fügte ihnen teils lebensbedrohende Stichverletzungen zu. Alle vier mussten sich damals im Bayreuther Klinikum einer sofortigen Notoperation unterziehen, nur so konnte das Leben der Helfer gerettet werden. Allerdings kann die Notärztin ihren Beruf aufgrund einer Lähmung voraussichtlich nie mehr ausüben. Ihr Gesundheitszustand hatte sich seit den Messerstichen nicht verbessert.

Objektiv erfülle der Beschuldigte den Tatbestand des versuchten Mordes in drei Fällen, weil er die Arg- und Wehrlosigkeit seiner Opfer ausgenutzt und heimtückisch gehandelt hatte, so Staatsanwalt Roland Köhler, der genauso wie die Verteidigung und die Nebenklage die Unterbringung gefordert hatten. Im vierten Fall des schwerverletzten Sanitäters lautete der objektive Tatbestand auf versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung.

Subjektiv ging es dagegen von Anfang an um die Frage der Unterbringung. So hatte es die Staatsanwaltschaft auf Basis der Aktenlage von Anfang an in ihrer  „Antragsschrift“ gefordert. Der Angeklagte war damit kein „Angeklagter“, sondern ein „Beschuldigter“, der Prozess war kein normaler „Prozess“, sondern ein „Sicherungsverfahren“. Deswegen waren neben zahlreichen Zeugen auch der psychiatrische Sachverständige vom Bezirksklinikum in Bayreuth und ein gerichtsmedizinischer Sachverständiger von der Universität Erlangen geladen.

Am letzten Verhandlungstag, kurz vor den Plädoyers hatte sich der Beschuldigte erstmals ausführlich zu seinen Taten geäußert. Er könne gar nicht so recht glauben, dass er das alles so gemacht habe, sagte der Mann. Er habe kaum mehr Erinnerungen daran und könne das alles gar nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. „Ich hatte keinen Einfluss darauf, was passiert“, so der Beschuldigte und weiter: „Es war wie ein Traum, so dass man etwas erlebt und nicht handelt.“

Zu einem Zwischenfall war es am Rande des vierten Verhandlungstages gekommen. Die verletzte Sanitäterin, die während der bisherigen drei Verhandlungstage stets zusammen mit ihrem Rechtsanwalt der Verhandlung beigewohnt hatte, erlitt wohl aufgrund der erheblichen psychischen Belastungen und der direkten Konfrontation mit dem Täter einen Zusammenbruch. Sie musste den Saal verlassen und wurde zunächst medizinisch betreut. Später brachte sie ein Rettungswagen in ein Krankenhaus.

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16.03.2016

Nacktfotos per Whatsapp verschickt / Jugendrichter verdonnert 19-Jährigen zu 50 Arbeitsstunden

Kulmbach. Es ist der typische Fall, vor dem immer wieder gewarnt wird: ein Mädchen verschickt Nacktfotos per Whatsapp und wundert sich, wenn bald die ganze Klasse im Besitz dieser Bilder ist. Weil ein 19-jähriger Auszubildender solche Fotos von seiner Internetbekanntschaft erhalten und sie auch noch an seine Freundin weitergeschickt hat, ist der junge Mann aus einer Jugendhilfeeinrichtung im Landkreis Kulmbach zu 50 gemeinnützigen und unentgeltlichen Arbeitsstunden verurteilt worden.

Der Urteilsspruch lautete auf „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen“. Der junge Mann wurde aber auch noch wegen der „Verbreitung pornografischer Schriften“ verurteilt. Die umständlichen Formulierungen aus dem Strafgesetzbuch zeigen, dass sich die Justiz schwer tut mit derartigen Fällen. Kein Wunder, denn als die Paragrafen gemacht wurden, war an Facebook, Twitter und Whatsapp noch lange nicht zu denken.

Die „pornografischer Schriften“ waren im vorliegenden Fall ein brisantes Videofilmchen, das einen Penis während des Masturbierens zeigte. Angeblich habe er das im Internet so gefunden. Keinesfalls zeige das Video sein eigenes Geschlechtsteil, beteuerte der Angeklagte vor Gericht. Dieses Filmchen hatte der Angeklagte an das 15-jährige Mädchen geschickt, das gerade mit einer Jugendgruppe auf einer Freizeit im Schwarzwald war. Doch anstatt zur Gruppenleitung oder noch besser gleich zur Polizei zu gehen, schickte die 15-Jährige dem Angeklagten mehrere Bilder von sich in anzüglichen Posen und noch dazu völlig nackt. Erst als die Eltern des Mädchens davon Wind bekamen, gingen sie zur Polizei.

In der Verhandlung vor Jugendrichter Christoph Berner räumte der 19-Jährige die Vorwürfe unumwunden ein. „Das war nicht gerade meine beste Idee“, sagte der junge Mann durchaus zutreffend. Er habe nicht gedacht, dass er wegen des Videos gleich angezeigt werde. Er habe nur gefragt, ob sie ihm ein Bild schicken könne. „Ich habe doch nicht gedacht, dass sie gleich Nacktfotos schickt“, sagte er. Auf jeden Fall tue ihm das Ganze sehr leid, er habe das Mädchen weder bloß stellen, noch fertig machen wollen.

Genau das ist aber passiert. Die 15-jährige besucht die gleiche Klasse, wie die Freundin des jungen Mannes. Schließlich waren es die Eltern, die Strafanzeige gestellt hatten. Vor Gericht stellte sich auch heraus, dass der Mann kein unbeschriebenes Blatt ist. 2014 musste er sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten, das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt. 2015 war er wegen Beleidigung und Bedrohung dran und wurde zu 40 Sozialstunden verurteilt. Jetzt also 50 Stunden nach näherer Weisung der Kinder- und Jugendhilfe Oberfranken.

Der Angeklagte leide unter biografiebedingten Reifeverzögerungen, deshalb das Urteil nach Jugendstrafrecht, sagte Richter Berner. Er hielt dem Angeklagten zu Gute, dass er die Sache bereue und, dass er einigermaßen unbedarft in das ganze hineingeschlittert sei. Gravierend sei dagegen, dass der Angeklagte erst zwei Monate vorher ebenfalls in Kulmbach verurteilt wurde. Offensichtlich habe ihm das völlig unbeeindruckt gelassen, sagte der Jugendrichter. Persönlich entschuldigt hatte sich der Angeklagte bei der 15-Jährigen bis heute nicht.

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07.01.2016

Schneller Fahndungserfolg dank Kommissar Internet / 180 Euro aus Geldautomaten genommen – Bewährungsstrafe gegen 49jährigen Kulmbacher

Kulmbach. 180 Euro, einfach so, ohne Gegenleistung: da konnte ein 49jähriger Mann aus Kulmbach nicht widerstehen. Als Quittung dafür hat ihn das Amtsgericht jetzt zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Dabei hätte er nur eins und eins zusammenzählen müssen. Der Mann hatte das Geld im Ausgabefach eine Geldautomaten im Vorraum einer Bankfiliale in Kulmbach entdeckt. Da hätte es ihm eigentlich doch klar sein müssen, dass er längst von einer Kamera entdeckt und aufgezeichnet wird.

Es war am 14. April des vergangenen Jahres, kurz vor zehn Uhr morgens an der Filiale einer Privatbank mitten in Kulmbach. Eine Kundin wollte 180 Euro anheben, hatte das Geld aber im Ausgabefach liegen lassen. Warum, das konnte nicht mehr genau geklärt werden. Vielleicht aus Vergesslichkeit, wahrscheinlich aber kamen die Scheine aufgrund eines technischen Defekts erst mit Verspätung aus dem Automaten. Sicher ist, die Frau war längst weg, als der Mann den Vorraum betrat und das Geld kurzerhand an sich nahm.

„Ich bereue es aufrichtig“, sagte der Angeklagte. Er habe das Geld gebraucht, weil er nur noch 50 Euro auf seinem Konto hatte. Dazu kommt, dass er gerade arbeitslos war und noch immer ist. Er habe das Geld später natürlich ausgegeben, für Essen und Trinken. Mittlerweile habe er sich den Betrag von Freunden geborgt und an die Frau zurückbezahlt.

Ihm fehle das Geld nach Querelen und einem Arbeitsgerichtsprozess mit einem früheren Arbeitgeber sowie nach einer Insolvenz hinten und vorne, sagte er. Zusätzlich zum Arbeitslosengeld lebe er derzeit von 150 Euro aus einem Nebenjob. Allerdings hatte der Angeklagte auch mehrere Vorstrafen auf seinem Konto, die stets mit finanziellen Dingen zu tun haben, darunter auch mehrfache Betrügereien.

Dank des Internets sei es möglich gewesen, den Angeklagten relativ schnell ausfindig zu machen, berichtete ein Polizeibeamter der Kulmbacher Inspektion. Die Frau hatte sofort Anzeige erstattet und nach einer staatsanwaltschaftlichen Verfügung hatten die Beamten die Bildaufzeichnungen der Bank überprüft. Nach einer zufälligen Identifizierung über das Internet und einem Abgleich mit dem Pass- und Einwohnermeldeamt stand der Angeklagte als Täter unmissverständlich fest.

Nach einem Hinweis von Richterin Sieglinde Tettmann, dass statt des angeklagten Diebstahls auch eine Unterschlagung in Frage komme, plädierten sowohl Staatsanwalt Roland Köhler als auch Verteidiger Josef Geiger aus Kronach auf die Unterschlagung. Hintergrund ist, dass die Geschädigte ja ganz offensichtlich nicht gewusst habe, dass das Geld doch noch aus dem Automaten gekommen ist. Der Vertreter der Anklage plädierte, wenn auch „mit gewissen Bedenken“ auf sechs Monate auf Bewährung. Der Angeklagte sei schließlich bereits mehrfach wegen verschiedener Vermögensdelikte vorbestraft. Verteidiger Geiger hielt drei Monate für ausreichend, schließlich habe sein Mandant bereits einmal bewiesen, dass er eine Bewährung auch durchhalten kann.

Damit das auch wirklich so ist, setzte Richterin Tettmann zusätzlich zum Urteil von vier Monaten eine Bewährungszeitzeit von vier Jahren fest, in denen sich der Mann nichts mehr zu Schulden kommen lassen darf. Andernfalls muss er auch die vier Monate absitzen. Tettmann stellte dem Angeklagten außerdem einen Bewährungshelfer zur Seite und gab ihm 100 gemeinnützige und unentgeltliche Arbeitsstunden auf.

Der Angeklagte habe eine fremde Sache an sich genommen und für sich verwendet, sagte sie. Trotz finanziell angespannter Lage, Geständnis und Wiedergutmachung sei der Betrag nicht unerheblich gewesen, außerdem müsse sie die fünf Vorstrafen, die alle mit Finanzen zu tun haben berücksichtigen. Der Angeklagte nahm die vier Monate auf Bewährung noch im Gerichtssaal an, das Urteil ist somit rechtskräftig.

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17.12.2015

Gericht sucht ominösen Fahrer aus der Ukraine / Prozess gegen 52-jährigen Ingenieur aus dem Landkreis Bayreuth geplatzt – Gericht will weitere Zeugen laden und Telefonnummern überprüfen

Kulmbach. Die Anklage hatte es in sich: Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahrens ohne Führerschein, Unfallflucht und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr musste sich ein 52-jähriger Ingenieur aus dem nördlichen Bayreuther Landkreis vor dem Amtsgericht in Kulmbach verantworten. Er sei zwar der Halter des Fahrzeugs, ist aber gar nicht gefahren, sagte er vor Gericht. Gefahren sei ein geheimnisvoller Dritter, den er als Fahrer beschäftigt hatte. Dumm nur, dass es von diesem ominösen Dritten nichts gibt, keine Adresse, keine Telefonnummer, nichts. Irgendwo in der Ukraine soll er wohnen, sagte der Angeklagte.

Vorerst kam der Mann mit dieser Version durch. Grund dafür ist, dass Richterin Sieglinde Tettmann weitere Polizeibeamte vorgeladen hat und dem Angeklagten aufgab, die Telefonnummer des Fahrers aus der Ukraine sowie die eines Mittelsmannes zu besorgen. Auch von dem Mittelsmann war dem Angeklagten nämlich nur ein Spitzname bekannt. Weil der Angeklagte und sein Verteidiger nachweislich über Weihnachten im Urlaub sind, musste der Prozess ausgesetzt werden. Ein neuer Termin wird nun von Amts wegen bestimmt.

Was war geschehen: Am Abend des 12. Dezember 2014 parkte der Wagen des Angeklagten am Schießgraben aus und stieß dabei in den vorderen Kotflügel und die Tür eines BMWs, der einer 25-jährigen Kulmbacherin gehörte. Den Schaden bezifferte die Fahrerin später auf rund 1500 Euro. Anstatt anzuhalten, fuhr der Opel mit Bayreuther Kennzeichen weiter und zwar blitzschnell stadtauswärts in Richtung Wolfskehle. Polizeibeamte stellten später zuhause beim Angeklagten eine Blutalkoholkonzentration von über 1,9 Promille sicher. Außerdem stellte sich heraus, dass der Angeklagte schon seit Jahren keinen Führerschein mehr hatte.

Zwei junge Männer aus Kulmbach hatten das Ganze zufällig beobachtet und sofort die Polizei verständigt. Sie hätten sogar noch die Lichthupe betätigt und gewunken, doch der Fahrer des Bayreuther Wagens sei blitzschnell abgedüst. „Das war nicht nur ein Kratzer, das war ein heftiger Anstoß“, sagte der 27-jährige Zeuge. Relativ sicher war sich der junge Mann sicher, dass der Angeklagte am Steuer saß. „Eine Ähnlichkeit ist auf jeden Fall das“, so der Zeuge. Auch auf einer vorgelegten Bildtafel hatten beide Zeuge unabhängig voneinander jeweils zwei Personen benannt, die als Verursacher des Unfalls in Frage kommen könnten. Einer davon war jeweils der Angeklagte.

Der Angeklagte blieb aber trotzdem bei seiner Version, dass der Mann aus Ukraine, der schon öfter Fahrdienste für ihn übernommen hatte und der ihn auch künftig hätte fahren sollen, den Unfall verursacht haben soll. Nur leider habe er keinen Kontakt mehr zu dem Mann, sagte der Angeklagte. Er habe ihm mitgeteilt, dass er diesen Unfall verursacht habe, von da an hörte er nichts mehr von ihm. Richterin Sieglinde Tettmann konnte es sich nicht verkneifen, es „geschickt“ zu nennen, dass der angebliche Fahrer in der Ukraine leben soll. Ein Polizist bestätigte, dass es mit der Ukraine kein Abkommen gebe, nach dem dort Personenfeststellungen möglich sind.

Nur widerwillig stimmte der Angeklagte zu, die Telefonnummern des ukrainischen Fahrers und des Bekannten aus Magdeburg zu besorgen, der ihm den Fahrer vermittelt hatte. Der Bekannte könnte zumindest bestätigen, dass es den Ukrainer gibt. Außerdem sollen weitere Polizeibeamten geladen werden, die mit den Ermittlungen betraut waren. Da der Fortsetzungstermin innerhalb der gesetzlichen drei wöchigen Frist scheiterte, muss nun ein neuer Termin von Amts wegen bestimmt werden.

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15.12.2015

Bedrohung mit Bolzenschussgerät / Körperverletzung und Fahren ohne Führerschein: Handwerker aus dem Landkreis muss 13 Monate ins Gefängnis

Kulmbach. Wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist ein 31-jähriger Mann aus dem Landkreis Kulmbach vor dem Amtsgericht zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann seine frühere Freundin unter anderem mit einem Bolzenschussgerät bedroht und verletzt hatte. Der Angeklagte hatte die Tat bis zuletzt bestritten.

In der Anklage hatte Staatsanwalt Roland Köhler dem Mann vorgeworfen, die gleichaltrige Frau misshandelt und verletzt zu haben. Sogar die Küchenzeile in der gemeinsamen Wohnung sei dabei einmal beschädigt worden. Nur wenige Tage später soll er die Frau so heftig gegen eine Wand gestoßen haben, dass die Frau etliche Verletzungen davon trug. Schwerwiegendster Vorwurf waren Schläge mit einem Bolzenschussgerät. Nicht nur, dass der Mann mit der Waffe fünf bis zehn Mal gegen die Frau geschlagen hatte, danach soll er ihr das Gerät mehrere Minuten lang an den Kopf gehalten und sie mit dem Tod bedroht haben.

Die Frau habe sich selbst mit dem Bolzenschussgerät verletzt, sagte dagegen der Angeklagte. Die drogensüchtige Ex-Freundin habe unter Wahnvorstellungen gelitten und sich damals selbst das Leben nehmen wollen. Die Angriffe seien auch in den anderen Fällen stets von der Frau ausgegangen, er habe sich nur zur Wehr gesetzt.

In ihrer Zeugenaussage hatte die Frau dagegen angegeben, dass sie vom Angeklagten oft geschlagen worden sei, besonders dann, wenn der Mann betrunken war. Die Frau räumte ein, Crystal konsumiert zu haben, auch einen Selbstmordversuch gab sie zu.

Die Sache mit dem Bolzenschussgerät habe aber tatsächlich so stattgefunden. Sie sei danach in panischer Angst um ihr Leben querfeldein zum Haus ihres Vaters gerannt. Mehrere Personen aus ihrem Umfeld hätten die Verletzungen, unter anderem eine Platzwunde unter dem Auge gesehen. So habe sie ihr Bruder auch zu der Anzeige gedrängt. Bei der Aufnahme hatte auch eine Polizistin die heftigen Verletzungen attestiert. Wenn die Frau die Anzeige später wieder zurücknehmen wollte, dann nur aus purer Angst. Der Angeklagte hatte gedroht, die Frau umzubringen, wenn er „in den Knast“ muss.

Staatsanwalt Köhler forderte in seinem Plädoyer eine Gefängnisstrafe von eineinhalb Jahren. Der Angeklagte sei gleich mehrfach gegen die Frau tätlich geworden, er ist mehrfach vorbestraft, darunter auch einschlägig und er hat eine offene Bewährung. Verteidige Johannes Driendl aus Bayreuth machte dagegen geltend, dass sein Mandant ein geordnetes Leben führe, stets einer Arbeit nachgegangen sei. Das Opfer sei damals drogenabhängig und psychisch labil gewesen, damit habe sein Mandant nicht umgehen können. Driendl bezeichnete deshalb eine Freiheitsstrafe von einem Jahr als ausreichend.

Richterin Sieglinde Tettmann urteilte schließlich auf ein Jahr und ein Monat. Das Opfer habe einen überaus glaubwürdigen Eindruck gemacht und sogar den eigenen Drogenkonsum eingeräumt. Aufgrund der schwierigen Beziehung und der Verletzungen im unteren Bereich ging die Richterin „wenn auch mit Bedenken“ sogar von einem minderschweren Fall aus. Wenn der Angeklagte trotzdem ins Gefängnis muss, dann vor allem wegen der insgesamt zehn Vorstrafen. Teilweite hatte er sogar schon Haftstrafen verbüßt.

Außerdem darf der Angeklagte vor dem Ablauf von zwei Jahren keinen neuen Führerschein beantragen. Hintergrund ist, dass er viele Monate lang mit einem Kleinkraftrad innerhalb des Landkreises von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz gefahren war, ohne einen Führerschein zu besitzen. Das Gericht ging dabei von exakt 101 Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis aus. Die Strafe dafür ist in das Urteil bereits einbezogen.

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25.11.2015

Massive und nachhaltige Übergriffe auf eigene Tochter / Junge Mutter wegen Misshandlung Schutzbefohlener und gefährlicher Körperverletzung zu Bewährungsstrafe verurteilt

Kulmbach Sie hat ihre neunjährige Tochter misshandelt, geschlagen und mit einem Gürtel gezüchtigt. Die Verletzungen waren so schwer, dass die 28-jährige Frau einige Tage später von sich aus zu einem Kinderarzt gegangen war. Dort erzählte sie von einem Sturz. Der Mediziner ahnte allerdings schon, was sich wirklich zugetragen hatte. Vor dem Jugendschöffengericht in Kulmbach wurde die Frau jetzt zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Vor Gericht hatte die Frau, die mittlerweile nicht mehr in Kulmbach wohnt, über ihren Verteidiger Andreas Piel ein Geständnis abgelegt. Ohne diese Geständnis, so der vorsitzende Richter Christoph Berner später, wäre es nicht zu einer Bewährungsstrafe gekommen. Seine Mandantin bedaure die Taten, sie hätte sich in einer schwierigen Situation befunden und nicht unter Kontrolle gehabt.

Tatsächlich war die Frau in einem Umfeld aufgewachsen, wo häusliche Gewalt zum Alltag gehörte. Auch ihr Stiefvater wurde bereits wegen Übergriffe auf die Angeklagte verurteilt. Später habe die Frau von Gelegenheitsarbeiten gelebt, war zeitweise obdachlos und bezieht mittlerweile Hartz IV. Die neunjährige Tochter ist das älteste von insgesamt drei Kindern.

Zu den Taten war es vor rund einem Jahr gekommen, als die Angerklagte mehrere Hilfsangebote seitens der Geschwister-Gummi-Stiftung zurückwies und die Tochter immer mehr Schwierigkeiten in der Schule bekam. „Ich wollte keine professionelle Hilfe und mit den Behörden nichts mehr zu tun haben“, sagte die Angeklagte. Sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt und kein Vertrauen mehr gehabt. Die Schläge seien nicht böse gemeint gewesen, meinte die Frau allen Ernstes. „Es ist halt passiert“, so die junge Mutter unter Tränen.

Ein medizinischer Sachverständiger von der Universität Erlangen bestätigte während der Verhandlung, dass die Verletzungen des Kindes nicht von einem Sturz stammen können, sondern lediglich von stumpfer Gewalteinwirkung in Form kräftiger Schläge mit der Faust oder mit der flachen Hand. Auch für den Einsatz eines Gürtels spreche vieles.

Eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten forderte Staatsanwältin Katharina Roggenbrodt. Sie sprach von einem nachhaltigen Übergriff mit erheblichen Verletzungsfolgen. Als Bewährungsauflage befürwortete die Anklagevertreterin unter anderem 180 Stunden unentgeltliche und gemeinnützige Arbeit aus. Letzteres konnte Verteidiger Piel aus Kulmbach erfolgreich verhindern. Seine Mandantin sei gerade dabei, wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen, eine Arbeitsauflage stehe dazu im Widerspruch, meinte der Verteidiger, der eine Bewährungsstrafe von acht Monaten als ausreichend erachtete. Seine Mandantin habe eingesehen, dass das, was sie getan hatte, nicht richtig war.

Das Schöffengericht urteilte schließlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener auf ein Jahr mit Bewährung und stellte der Frau für die kommenden drei Jahre einen Bewährungshelfer zur Seite. Amtsgerichtsdirektor Berner sprach von mehrfachen massiven und nachhaltigen Übergriffen auf die neunjährige Tochter und von einer permanenten Krisen- und Überforderungssituation der Mutter. Das Geständnis sei nicht hoch genug einzuschätzen, schließlich sei damit die Einvernahme des Kindes nicht mehr nötig gewesen. Der Angeklagten hielten die Richter vor allem ihre chronische Überforderungssituation zu Gute.

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17.11.2015

Pumpgun, La-Bomba-Böller und zehneinhalb Kilo Munition / 49-jähriger früherer Beamter kam wegen verbotenen Waffenbesitzes mit Bewährungsstrafe davon

Kulmbach. Ein komplettes Waffenarsenal haben Beamte eines polizeilichen Sondereinsatzkommandos in einem spektakulären Zugriff am 2. März dieses Jahres in der Nähe des ehemaligen Paul-Gerhardt-Kindergartens ausgehoben. In der Wohnung eines 49-jährigen ehemaligen Beamten und jetzigen Frührentners fanden die Ermittler unter anderem mehrere Schusswaffen, darunter eine Pumpgun, eine Vielzahl verbotener La-Bomba-Böller sowie zehneinhalb Kilogramm  Patronenmunition. Jetzt hat sich der Mann vor Gericht verantworten müssen. Wegen des vorsätzlichen Besitzes verbotener Schusswaffen und Munition wurde der stadtbekannte Kulmbacher zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Zusätzlich muss er 150 Stunden unentgeltliche und gemeinnützige Arbeit leisten. Im Raum steht, dass der Mann aufgrund des Urteils auch seine Beamtenpension verliert.

Vor Gericht gab der Mann an, Waffen und Munition einzig und allein zu Dekorationszwecken besessen zu haben. Die Munition habe er beim Sperrmüll in einer „Militaria-Kiste“ entdeckt („ein echter Zufallsfund“), die Waffen habe er für 450 Euro am Flohmarkt in Burgkunstadt erworben. Sein Ziel sei es gewesen, die Waffen zusammen mit einem Hirschgeweih über den Kamin aufzuhängen, als Erinnerung an den Vater oder Großvater, der Jäger gewesen sei.

Letztlich kam der Angeklagte damit aber nicht durch. Das Gericht fand gleich mehrere Widersprüche und Ungereimtheiten. Zum Beispiel soll der Erwerb der Waffen bereits vor dreieinhalb Jahren stattgefunden haben, dreieinhalb Jahre hätte der Mann also Zeit gehabt, sein Dekorationsvorhaben in die Tat umzusetzen. Die Erklärung, warum er dies nicht getan hat, blieb der dem Gericht schuldig, denn zum Zeitpunkt des SEK-Einsatzes lagen die Waffen offen in der Wohnung herum. Außerdem hatte der Angeklagte der Polizei gegenüber geäußert, dass er die Munition aus einem Abbruchhaus habe, also nicht vom Sperrmüll, wie er jetzt behauptete. Ein seltener Zufall ist es schließlich auch, dass sämtliche Munitionsteile genau zu den erworbenen Waffen passten.

„Es war mir nicht bewusst, dass das strafbar ist“, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er sei blauäugig gewesen und habe geglaubt, echte Waffen seien wesentlich teurer. Im Verlauf der Verhandlung wurde allerdings schnell klar, dass der Mann durchaus schon Kontakt mit Waffen hatte. So soll er gerüchteweise in einem früheren Job mit Waffen zu tun gehabt haben. Sicher ist, dass er einen kleinen Waffenschein für Schreckschuss- und Signalwaffen besitzt und dass er mit seinen beiden Söhnen zu einem öffentlichen Schießstand nach Tschechien gefahren ist, angeblich um den Jungs zu demonstrieren, dass Ballerspiele kein Spaß sind.

Der ermittelnde Polizeibeamte sprach von einem Wäschekorb mit über 2000 Schuss Munition, mehr als jeder Sportschütze pro Jahr verballert. Bei ihm habe dem Angeklagten eine Ausrede nach der anderen gebracht, wurde der Polizist deutlich. „Das war alles sehr undurchsichtig und unglaubwürdig.“ Einem Gutachten des Landeskriminalamtes zufolge war die Pumpgun wegen Diebstahls in Tschechien ausgeschrieben, die anderen Schusswaffen waren auf ehemalige Besitzer im Raum Bayreuth und Nürnberg eingetragen. „Aber alles war voll funktionsfähig“, stellte der Polizist klar. Gesichert oder gar verschlossen, wie beispielsweise bei Sportschützen vorgeschrieben, waren die Waffen dagegen nicht.

Das Waffenarsenal des Mannes wurde polizeibekannt, weil einer seiner Söhne Anzeige erstattet hatte. Der Sohn war auch zu der Verhandlung geladen, machte dort aber von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.  Der zweite Sohn dagegen machte gleich zu Beginn seiner Aussage klar, dass er dem Vater helfen möchte, was so natürlich auch wieder nicht Sinn einer Zeugenaussage ist. Allerdings wusste der Schüler kaum etwas, außer, dass er einmal einen Schlüsselanhänger in Patronenform hatte.

Staatsanwalt Peer Ludwig hatte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung gefordert, während Verteidiger Tobias Liebau aus Bayreuth ein Jahr auf Bewährung beantragte. Das Gericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt erkannte dagegen auf Vorsatz und entschied gegen einen minderschweren Fall. Trotzdem blieb das Gericht mit einem Jahr und drei Monaten am unteren Strafrahmen. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, als Verurteilter muss der Angeklagte auch die Kosten des Verfahrens tragen.

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03.11.2015

Gestoßen, getreten und gewürgt / Lebensgefährtin schwer misshandelt: 26jähriger Kulmbacher muss wegen gefährlicher Körperverletzung ins Gefängnis

Kulmbach. Zu eineinhalb Jahren Gefängnis hat das Amtsgericht einen 26-jährigen Mann aus Kulmbach wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Nötigung verurteilt. Der arbeitslose Angeklagte hatte seine Lebensgefährtin an zwei Tagen hintereinander ganz massiv mit Händen und Füßen traktiert, sie gewürgt und krankenhausreif geschlagen.

Motiv war ganz offensichtlich das starke Alkoholproblem der Frau. Der Angeklagte geriet deshalb so in Rage, dass er ihr mehrfach mit der Faust ins Gesicht und in den Magen schlug, sie mit einem oder beiden Händen am Hals sekundenlang würgte, ihren Kopf gegen die Küchentür schleuderte, sie mit Füßen trat, ihr ein Messer an den Hals hielt und ihr mit umbringen drohte. Die junge Frau erlitt teils massive Verletzungen am Körper, an den Armen, am Kopf und im Gesicht. Wegen eines heftigen Fußtritts gegen die Hüfte musste sie sogar stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Vor Gericht nahm die Verhandlung einen zunächst ungewöhnlichen Gang. Der Angeklagte verweigerte jegliche Aussage, das Opfer behauptete gar nicht geschlagen worden zu sein, „höchstens mal geschubst“. Vielmehr sei die 29 Jahre alte Frau durchgedreht, weil sie der Angeklagte vom Trinken abhalten wollte. Da habe sie sich sämtliche Verletzungen selbst zugefügt. Später habe sie ihre Betreuerin von der Familienhilfe unter Druck gesetzt, die Anzeige gegen den Lebensgefährten zu erstatten. „Dann hab ich mir das alles so einfallen lassen“, sagte die Frau.

Bei der Polizei hatte die Frau damals im Mitte April allerdings genau die Angaben gemacht, auf die sich auch die Anklageschrift stützte. Auch beim Jobcenter hatte sie einer Mitarbeiter die Verletzungen gezeigt und ihren Lebensgefährten als Urheber dafür benannt. Die Umkehr brachte dann das medizinische Sachverständigengutachten aus der Feder von Landgerichtsarzt Dr. Klaus-Peter Klante. Der Mediziner hatte die Frau damals am Tag nach den Vorkommnissen untersucht und war dabei zu dem Schluss gekommen, dass zum Beispiel die Verletzungen am Hals typische Würgemale darstellen. Auch all die anderen Verletzungen könne man sich keinesfalls selbst beibringen, sondern seien Folge von erheblicher Gewalteinwirkung. „Das waren eindeutig Schläge mit Fäusten und Fußtritten“, sagte der Sachverständige, den nach 40 Jahren Berufserfahrung keiner so schnell etwas vormachen kann.

Eine längere Unterbrechung des Prozesses sollte schließlich dazu führen, dass die Frau unter Tränen die Übergriffe schilderte und der Angeklagte ein Geständnis ablegte. „Ich will nicht, dass er bestraft wird“, sagte der Frau noch. Kein Wunder, die beiden leben schließlich noch immer zusammen. Sie möchte auf keinen Fall, dass ihr Lebensgefährte „weg kommt“, also ins Gefängnis muss. Schließlich habe er sich auch bei ihr entschuldigt.

Der Angeklagte nannte sein Verhalten eine Kurzschlussreaktion. Er habe sich nicht unter Kontrolle gehabt. Sein Ziel sei es gewesen, dass sie aufhört zu trinken, ansonsten wäre ihr ihre Tochter aus einer früheren Beziehung vom Jugendamt genommen worden. Angeblich hätte die Frau damals täglich mehrere Liter Bier, Schnaps und Wein konsumiert. Seitdem habe es keinen derartigen Vorfall mehr gegeben. „Wir lieben uns abgöttisch“, sagte der Angeklagte.

Ein Blick in das Vorstrafenregister des Mannes offenbarte zahlreiche Verurteilungen zu Geld- und Bewährungsstrafen, darunter auch einschlägige wegen Gewaltdelikten und vor allem auch eine offene Bewährung. Staatsanwalt Bernhard Böxler sprach sich deshalb auch bereits in seinem Plädoyer gegen eine Bewährungsstrafe und forderte ein Jahr und zehn Monate Gefängnis. Allein das Würgen am Hals sei eine abstrakt lebensgefährliche Behandlung, sagte der Staatsanwalt.

Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach sah dagegen die Voraussetzungen für eine Bewährungsstrafe noch einmal gegeben und plädierte auf elf Monaten auf Bewährung. Der Rechtsanwalt sah Tendenzen der Besserung, weil sich sein Mandant den Problemen mittlerweile stelle und beispielsweise an einem Antiaggressionstraining teilnehmen möchte. Außerdem lebten beide noch immer in einer Beziehung und das Opfer habe eindeutig erklärt, dass es keine Bestrafung des Angeklagten möchte.

Das Gericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt sah dagegen keine Anzeichen für eine positive Sozialprognose und entschied auf eineinhalb Jahren ohne Bewährung. Der Angeklagte sei nicht in der Lage, sich kritisch mit seinem Verhalten auseinanderzusetzen und er habe keine wirklichen Perspektiven.

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01.10.2015

Döner oder Drehspieß: Imbissbetreiber verkaufte Produkte unter irreführender Bezeichnung / 36-jähriger Mann zu Geldstrafe verurteilt – Wiederholt Ärger mit der Lebensmittelüberwachung

Kulmbach. Döner ist nicht gleich Drehspieß und Drehspieß ist nicht gleich Döner. Wer das bisher gedacht hatte, der musste sich in einer Verhandlung vor dem Amtsgericht eines Besseren belehren lassen. Angeklagt war ein 36-jähriger Imbissbetreiber. Er hatte immer wieder mit dem Begriff Döner für seine Drehspieße geworben, obwohl das Produkt laut Lebensmittelgesetz eine Hackfleischzubereitung mit Sojaeiweiß, Geschmacksverstärkern und allerhand anderen Zutaten war, die so nicht hineingehörten. Schon Anfang 2014 hatte der Imbissbesitzer deshalb Ärger mit der Lebensmittelüberwachung des Landratsamts. Ein  Verfahren wurde damals gegen eine Geldauflage eingestellt, der Mann gelobte Besserung. Doch eine erneute Kontrolle im Oktober 2014 ergab, dass der Mann immer noch den gleichen Drehspieß unter der Bezeichnung Döner verkauft. Dafür gab es jetzt eine Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro (2100 Euro) wegen des „in den Verkehr Bringens von Lebensmitteln unter irreführender Bezeichnung“, wie es im Strafgesetzbuch umständlich heißt.

Sojamehl, Semmelbrösel, Paniermehl, Trinkwasser, Geschmacksverstärker, das alles war in den Fleischspießen, die der Kulmbacher verkaufte, und zwar unter der Bezeichnung Döner. Laut Lebensmittelrecht ist das unzulässig. „Das Wort Döner darf nicht auftauchen, weil es kein Döner ist“, stellte Richterin Sieglinde Tettmann gleich von Anfang an klar. Richtig wäre „Hackfleisch-Drehspieß“. Mehrfach betonte die Richterin, dass dies nicht zwangsläufig mit dem Geschmack zu tun haben müsse.

Er verstehe jedenfalls nicht, warum er auf der Anklagebank sitze, sagte der Imbissbetreiber. Sein Verteidiger Peter Reinel aus Kulmbach sprach von einem reinen Deklarationsproblem. Das sah der Beamte von der Lebensmittelüberwachung des Landratsamtes ganz anders. Eine schlechte Qualität wurde als etwas Besseres ausgegeben. Während die Hackfleischzubereitung mit Sojaeiweiß und Geschmacksverstärker 3,20 bis 3,60 Euro pro Kilogramm im Einkauf kostet, komme ein „echter“ Döner ohne Soja, Geschmacksverstärker, Paniermehl und Trinkwasser auf rund sieben Euro pro Kilogramm. Im Falle des Kulmbacher Imbiss sei die Abweichung so gravierend gewesen, dass rein rechtlich ein ganz anderes Produkt verkauft wurde. Hintergrund sei beispielsweise, dass ein mit Wasser und Sojaeiweiß gestreckter Döner nicht so schnell am Spieß abtrocknet. Damit ergebe sich für den Imbissbesitzer ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil.

Auch ein eigens angefertigtes Gutachten der Bayerischen Landesanstalt für Lebensmittelsicherheit ergab, dass speziell diese Zusammensetzung unter anderem auch mit Phosphat, Calciumsulfat und Geschmacksverstärkern nicht für die Fleischverarbeitung zugelassen ist.

Es gehe den Beamten doch gar nichts an, was die Einkaufspreise sind, schimpfte der Imbissbesitzer vor Gericht. Seine Familie esse seit 30 Jahren die Produkte und lebe immer noch gesund. „Der Beamte ist nicht mit gutem Willen hierhergekommen, er hat mich und meine Familie beleidigt und unsere Qualität schlecht gemacht“, sagte der Imbissbetreiber. Da brauche man sich nicht wundern, bei solchen Beamten in diesem Land, sagte er noch, ehe Richterin Tettmann dazwischen ging und den Angeklagten ermahnte, dass er jetzt besser vorsichtig sein solle, mit dem was er sagt.

Eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro forderte Staatsanwalt Hendryk List. Der Angeklagte habe trotz eines ersten Verfahrens den Verkauf des Drehspießes als Döner beharrlich fortgesetzt, er habe auch reinem Gewinnstreben rücksichtslos gehandelt und lasse jede Schuldeinsicht vermissen. Verteidiger Reinel sah dagegen keine bewusste Irreführung seines Mandanten, allenfalls einen fahrlässigen Deklarationsverstoß, der als Ordnungswidrigkeit zu bewerten sei. Deshalb plädierte der Rechtsanwalt auf Freispruch.

Richterin Tettmann entschied schließlich auf 70 mal 30 Euro Geldstrafe. Der Angeklagte habe ganz klar das Fleisch vom Drehspieß als Döner bezeichnet, obwohl er das nicht durfte. Das habe der Angeklagte auch ganz genau gewusst, weshalb das Gericht keinen Zweifel am Vorsatz habe. Auch in der Urteilsbegründung sagte Tettmann noch einmal: „Wir gehen davon aus, dass das Produkt deshalb nicht schlecht ist. Es sei halt eben kein Döner.“

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30.09.2015

Spielschulden und ein neues Auto: Angehender Bankkaufmann zweigte fast 40000 Euro vom Konto einer Kundin ab / Vor Gericht kam der junge Mann mit einer Bewährungsstrafe davon

Kulmbach. Clever und raffiniert, aber zugleich auch stümperhaft ist ein 21-jähriger Bankkaufmann aus dem Kulmbacher Landkreis vorgegangen und hat fast 40000 Euro ergaunert. Natürlich ist der Betrug aufgeflogen und als Quittung gab es vor dem Jugendschöffengericht jetzt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, 150 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit und einige weitere Auflagen.

Der junge Mann hatte eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert und stand kurz vor der Abschlussprüfung. Im August des vergangenen Jahres war er in der Kulmbacher Filiale einer Großbank eingesetzt und hatte vom Konto einer hochbetagten Seniorin knapp 40000 Euro abgebucht und an sich selbst ausbezahlt. „Da gehört schon viel dazu, zu glauben, dass das gut geht“, sagte der vorsitzende Richter Christoph Berner. So stümperhaft das Vorgehen auch war, so clever und raffiniert, war es nach Ansicht des Gerichts trotzdem. Der Azubi hatte sich als Opfer bewusst eine über 90 Jahre alte Kontoinhaberin ausgesucht, weil er glaubte, die alte Frau bekomme seine Transaktionen wohl gar nicht mehr richtig mit. Zum anderen suchte er sich dafür gezielt die Morgen- und die Mittagsstunde aus, denn schließlich sollten ja auch die Kollegen und Vorgesetzten nichts merken.

Bleibt die Frage, was ein 21-jähriger mit so viel Geld macht: 15000 Euro seien für einen BMW draufgegangen, 1000 Euro habe er seiner notleidenden Mutter geschenkt, die nicht einmal fragte, woher er das Geld habe, der Rest floss in Klamotten und in die Spielotheken der Region. So war das Geld in nicht einmal einem Jahr praktisch vollständig weg.

Bei dem Prozess vor dem Kulmbacher Amtsgericht ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Alexander Schmidtgall ein, wie es so schön heißt, vollumfängliches Geständnis einräumen. „Die Tätigkeit in der Bank war nicht so mein Ding“, sagte der Angeklagte später und dass er sich nie so richtig mit dem Beruf identifizieren konnte.

Die Tat selbst entschuldigte der junge Mann als Kurzschlusshandlung. Er habe damals eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 800 bis 900 Euro netto erhalten. Dieses Geld habe er vollständig verspielt, im Casino habe er bereits Spielschulden angehäuft, um ein besseres Leben führen zu können, habe er sich zu der Tat entschlossen. Bereits am Folgetag erschien er nicht mehr an seinem Ausbildungsplatz, die Abschlussprüfung einige Tage später legte er aber dennoch ab, und das sogar mit Erfolg. Als wäre das alles nicht schon unglaublich genug, gab er das zuhause im Kleiderschrank gebunkerte Geld auch dann noch mit beiden Händen aus, als bereits gegen ihn ermittelt wurde und er als Beschuldigter bei der Polizei vorgeladen war.

Für die chronische Geldnot des jungen Mannes spricht auch, dass er kurz vor der Tat bei einer Sozialstiftung seines Arbeitgebers einen Antrag auf Beihilfe gestellt hatte. Er befinde sich in einer finanziellen Schieflage, schrieb er darin. Der Dispokredit sei vollständig ausgereizt, fast 2500 Euro aus der Kreditkartenrechnung seien offen, genauso wie die Miete für sein Zimmer.

Der Angeklagte habe bei seiner Tat die beruflichen und strafrechtlichen Konsequenzen völlig ausgeblendet, sagte Stefan Fürst von der Jugendgerichtshilfe des Landkreises Kulmbach. „Den Leuten Verträge aufzuschwatzen“, das liege ihm einfach nicht, so habe es der Angeklagte ihm berichtet. Der Sprecher vom Jugendamt wusste darüber hinaus noch von einem interessanten Detail. So soll der Angeklagte zwischen Dienstschluss und Spielothek tatsächlich erst nach Hause gegangen sein, um sich umzuziehen, damit ihn keiner als Bankangestellter erkennt.

Eine Bewährungsstrafe in Höhe von einem Jahr und zehn Monaten sowie 200 Arbeitsstunden hatte Staatsanwalt Julius Klug beantragt. Er sprach von einem echten Grenzfall, da die Aussetzung der Strafe zur Bewährung bei einem solchen Schaden und einem derart schweren Delikt eine echte Ausnahme sei. Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach plädierte auf eineinhalb Jahren zur Bewährung. Sein Mandant stehe jetzt erst einmal ohnehin vor einem riesigen Scherbenhaufen.

Wegen Computerbetrugs in vier Fällen urteilte das Schöffengericht unter Vorsitz von Christoph Berner schließlich auf ein Jahr und neun Monaten auf Bewährung. Der Angeklagte muss 150 Arbeitsstunden leisten, bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt, darf ohne dessen Zustimmung keine Raten- und Kreditgeschäfte mehr abschließen, und muss mehrere Termine bei der Suchtberatung wahrnehmen. Die 1000 Euro, die er aktuell noch besitzt, muss er außerdem an die Bank überweisen. Eine hochbetagte Kundin für den Plan des Angeklagten auszusuchen sei clever und raffiniert gewesen, sagte der Richter. Darauf zu vertrauen, dass die Sache nicht auffliegen würde, das sei dagegen ganz schön stümperhaft.

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14.09.2015

Existenz vernichtet - 65-jähriger setzte Haus seines ehemaligen Geschäftspartners in Brand / Versuchter Mord: Angeklagter Mann aus Unterfranken soll in die Psychiatrie

Bayreuth/Kulmbach. Für den Angeklagten war es ein nahezu beispielloser Abstieg vom angesehenen Chef einer florierenden Firma mit 65 Mitarbeitern in den besten Zeiten bis hin zum Sozialfall. Für den Zeugen war es das blanke Inferno, um ein Haar wäre sein Haus abgebrannt, er und seine Familie befanden sich in Lebensgefahr. Seit Montag muss sich der Angeklagte, ein 65-jähriger Mann aus Bad Kissingen wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Ihm wird vorgeworfen, am 21. Januar dieses Jahres aus Rache das Einfamilienhaus seines früheren Geschäftspartners in Oberzettlitz bei Kulmbach in Brand gesteckt zu haben, um ihm damit zu bestrafen, weil seine Existenz ruiniert war. Ziel der Staatsanwaltschaft ist die Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen Anstalt.

Konkrete Erinnerungen an die Tat hatte der Angeklagte kaum mehr. Er stritt allerdings auch nichts ab. Sicher ist, dass er sich in einer absoluten Ausnahmesituation befunden hatte. Wie es soweit kommen konnte, das berichtete der Angeklagte zum Prozessauftakt stundenlang vor Gericht. Er brauchte dabei immer wieder mal eine Unterbrechung, so sehr nahmen ihn seine Schilderungen mit.

Der Angeklagte ging dabei zurück bis in das Jahr 1979. Damals begann er als freiberuflicher Ausbeiner tätig zu werden. Als Ausbeiner werden die Arbeitskräfte bezeichnet, die den Knochen aus dem Fleisch von Schlachttieren auslösen. Auftraggeber war ein namhafter Hersteller von Fleisch- und Wurstwaren in Hammelburg. Die Geschäfte liefen über viele Jahre gut, körperlich allerdings auch hart am Limit, Zwölf Stunden Akkordarbeit  am Stück waren keine Seltenheit. Damit es keine Probleme mit Scheinselbständigkeit gibt, gründete er eine GmbH, deren Geschäftsführer die Ehefrau des Angeklagten wurde. 1988/1989 begann das Ehepaar ein Haus zu bauen, angeblich „das schönste Haus von Hammelburg“.

Bis 1998 war das so, dann ging der bisherige Betriebsleiter in Rente und neue Chefs, darunter das Opfer des späteren Brandanschlags, kamen. Das Unternehmen ging weg von der Schinkenproduktion und hin zu Convenience-Produkten und zum Zuliefern für die Systemgastronomie. Auch hier war der Angeklagte mit seiner GmbH noch jahrelang gut im Geschäft, beschäftigte bis zu 65 Zeitarbeitskräfte. Erst 2005/2006 sei die Firma in Schieflage geraten. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt forderte ein Teil der Beschäftigten mehr Geld. Anfänger bekamen das Gleiche wie langjährige Facharbeiter, deshalb habe er eine zweite Lohngruppe einführen wollen. 20 Cent wollte er mehr, pro Arbeitskraft und Stunde, angeblich sei es deshalb zum Zerwürfnis gekommen und der Firma des Angeklagten sei über Nacht nach 30 Jahren Zusammenarbeit völlig überraschend gekündigt worden.

Von da an fasste der Mann nie mehr Fuß. Pläne, einen Gasthof zu übernehmen, scheiterten, die Ehe ging in die Brüche, das Haus musste zu Gunsten einer Mietwohnung verkauft werden und der gesundheitliche Zustand des Angeklagten wurde immer schlechter bis hin zur attestierten Berufsunfähigkeit. Dann begann er auch noch zu trinken. „Ich wusste, es ist aus“, sagte der Angeklagte und berichtete von Suizidgedanken. Sogar eine Pistole hatte er schon angeschafft.

An Heilig Abend 2014 sei ihm dann alles wieder hochgekommen und er tätigte zwei verhängnisvolle Anrufe: einen bei dem früheren Geschäftsführer, dem späteren Opfer des Brandanschlages, einen weiteren Anruf  beim damaligen technischen Direktor. Beiden drohte er unverhohlen an, dass er sie erschießen werde, weil sie seine Existenz ruiniert hätten.

Für noch größeren Wirbel als die Anrufe sorgte einen Tag später, am 1. Weihnachtsfeiertag, das Auftauchen des Angeklagten vor dem Haus des früheren Geschäftsführers in Oberzettlitz. „Ich wollte sehen, wie einer lebt, der noch alles hat“, sagte der Angeklagte gleich zwei Mal. Kurzzeitig wurde er von der Kulmbacher Polizei festgenommen, später nach Bad Kissingen zurückgeschickt, mit der Auflage sich bei der Polizei zu melden.

Dann kam es nur wenige Wochen später, am 21. Januar 2015, zu dem verhängnisvollen Brandanschlag. Der Angeklagte schüttete an der Eingangs- und an der Terrassentür kanisterweise Benzin aus und steckte es in Brand. „Ich wollte ihm einen Denkzettel verpassen“, sagte der Angeklagte über seinen früheren Geschäftsführer. Tatsächlich ging das Feuer schnell auf das Wohngebäude über, konnte aber gerade noch rechtzeitig gelöscht werden. Trotzdem war das Haus wochenlang unbewohnbar. Brandsachverständige schätzten den Schaden auf 60000 bis 70000 Euro. Der Angeklagte war danach ziellos durch die Gegend gefahren und verständigte vom Parkplatz der Bleaml-Alm bei Fichtelberg die Polizei, um sich selbst zu stellen. Seinen Plan, sich selbst zu erschießen, machte er nicht wahr.

Bei ihm zuhause fanden die Ermittler derweil einen Abschiedsbrief. Persönliche Unterlagen hatte er vernichtet, seinen Laptop hatte er in einen Fluss geworfen. Ich wollte, dass nach meinem Tod nichts mehr von mit übrig bleibt, sagte er vor Gericht.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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15.09.2015

Firma, Haus und Frau weg: 65-jähriger Mann wollte sich an ehemaligem Geschäftspartner rächen / Bei seiner Freundin spielte der Angeklagte den Helden – Kripo bezeichnete Situation als „hochgradig gefährlich“

Bayreuth/Kulmbach. Im Prozess um den Brandanschlag auf einen ehemaligen Geschäftspartner in Oberzettlitz ist am zweiten Verhandlungstag  die Beweisaufnahme mit der Einvernahme zahlreicher Zeugen abgeschlossen worden. Dabei wurde bekannt, dass der angeklagte 65-jährige Mann aus Bad Kissingen zur Tatzeit mit 1,4 Promille erheblich alkoholisiert war.

Wie berichtet wird dem Angeklagten vorgeworfen, das Wohnhaus seines ehemaligen Geschäftspartners in den frühen Morgenstunden des 21. Januars dieses Jahres in Brand gesteckt zu haben. Die Anklage lautet auf versuchten Mord in vier Fällen. Neben dem 56-jährigen Geschäftspartner befanden sich zum Zeitpunkt der Tat auch dessen Ehefrau und die beiden Töchter in dem Anwesen. Der Angeklagte hatte Benzin an den beiden Türen des Hauses verschüttet und in Brand gesteckt.

„Die Sache war hochgradig gefährlich“, sagte der Sachbearbeiter der Kriminalpolizei. Die Türen seien an zwei Stellen bereits völlig durchgebrannt, das gesamte Haus sei verrußt gewesen. „Rauch im Schlaf, da hätten ein paar Atemzüge gereicht und die Opfer hätten sich aufgrund sofort eintretender Desorientierung nicht mehr alleine retten können“, sagte der Beamte. Das Haus war mehrere Wochen unbewohnbar, der Schaden wird auf 60000 bis 70000 Euro beziffert.

Als Motiv geht die Staatsanwaltschaft von Rache aus. Der Angeklagte machte den damaligen Geschäftsführer einer Fleischfirma aus Hammelburg dafür verantwortlich, dass er zunächst seine Firma, dann sein Haus und später auch noch seine Frau im Zuge einer Scheidung verloren hatte.

Einer 47-jährigen Servicekraft und ehemaligen Beschäftigten, die der Angeklagte nach der Trennung von seiner Ehefrau getroffen hatte und die ihm eine gute Freundin wurde, hatte er davon praktisch nichts erzählt. „Er wollte immer ein Held sein, er wollte immer stark sein, da hat er nie etwas über seine Probleme gesagt“, meinte die Frau vor Gericht. Umso betroffener sei sie gewesen, als sie von den Geschehnissen erfahren musste. „Ich war sprachlos, ich dachte, ich sei im falschen Film“, sagte die Frau.

Sie hatte ausgerechnet am Tattag eine schwere Operation und der Angeklagte hatte ihr am Abend zuvor noch alles Gute gewünscht. Dann habe sie sich gewundert, dass er nicht wie versprochen zu Besuch kam. Erst später hatte sie von ihrer erwachsenen Tochter die wahren Gründe erfahren. Ob der Angeklagte jemals gewalttätig geworden sei, wollte der vorsitzende Richter Michael Eckstein von der Frau wissen. Die Zeugin wies das weit von sich und sagte stattdessen: „Er war immer ein Gentleman“.

Zum Zeitpunkt der Operation war der Angeklagte bereits hinter Schloss und Riegel, nachdem er sich wenige Stunden nach der Tat selbst gestellt hatte. Am Parkplatz der „Bleaml-Alm“ im Fichtelberger Ortsteil Neubau bat er am 21. Januar früh morgens den Wirt des Lokals, die Polizei zu rufen. „Ich habe zuerst gedacht, das ist ein Langläufer“, sagte der Wirt. Er sei heftig erschrocken und habe sich schützend vor sein Kind gestellt, als der Mann etwas von einer Straftat berichtete. Der Zeuge wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass der Angeklagte gerade erst seine Pistole samt Munition weggeworfen hatte.

Merklich mitgenommen berichtete eine damalige Nachbarin von den Angstschreien und den Hilferufen aus dem Wohnhaus in Zettlitz. Sie sei komplett in Panik geraten, als die Flammen bereits über das Dach schlugen. Trotzdem brauchte es keine Feuerwehr zum Löschen. Der Aussage eines Polizeibeamten zufolge hatte die Besatzung eines Streifenwagens mit einem Dienstfeuerlöscher ganze Arbeit geleistet. Freilich waren binnen weniger Minuten zahlreiche Feuerwehrleute aus den umliegenden Ortschaften vor Ort.

Bereits am ersten Verhandlungstag hatte der Geschäftspartner berichtet, dass er in der Nacht vom Brandgeruch, vom Rauch und auch von den lauten Brandgeräuschen aufgewacht sei. Schemenhaft habe er den Angeklagten weglaufen sehen. Der habe gelacht und laut gerufen „Jetzt, jetzt“. Den Brand beschrieb der Hausbesitzer als „Inferno“. Ausgerechnet hatte er am Tattag auch noch Geburtstag.

Am zweiten Verhandlungstag wiederholte der Angeklagte noch einmal, dass er sich kaum noch an irgendetwas im Zusammenhang mit der Tat erinnern könne. Mein Mandant widerspricht aber auch nicht, sagte sein Verteidiger Johannes Driendl aus Bayreuth. Der Angeklagte hatte bereits knapp vier Wochen vor der Tat telefonisch den früheren Geschäftspartner und einen weiteren führenden Mitarbeiter der damaligen Fleischfirma in Hammelburg mit dem Tod bedroht. Am ersten Weihnachtsfeiertag 2014 war er schon einmal vor dem Haus in Oberzettlitz aufgetaucht und hatte für Angst und Schrecken gesorgt, war aber von der Polizei lediglich ermahnt und nach Hause geschickt worden.

Ziel der Staatsanwaltschaft ist nach den Worten von Oberstaatsanwältin Juliane Krause die geschlossene Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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16.09.2015

Frau weg, Firma weg, Haus weg: da wollte sich der Angeklagte grausam rächen / 65-jähriger Mann aus Bad Kissingen zu über neun Jahren Haft verurteilt – Staatanwaltschaft hatte über zwölf Jahre gefordert

Bayreuth/Kulmbach. Wegen versuchten Mordes in vier Fällen und wegen besonders schwerer Brandstiftung hat die erste große Strafkammer des Bayreuther Landgerichts einen 65-jährigen Mann aus Bad Kissingen zu neun Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Zusätzlich soll der Mann nach gut zweieinhalb Jahren Haft auf unbestimmte Zeit in einer geschlossenen Entziehungsanstalt untergebracht werden.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der angeklagte Metzgermeister und ehemalige Chef eines Fleischzerlegebetriebs das Haus eines früheren Geschäftsführers einer Hammelburger Wurstfabrik am 21. Januar dieses Jahres in Oberzettlitz bei Kulmbach in Brand gesteckt hat. Die vierköpfige Familie konnte sich damals ins Freie retten. Das Feuer wurde schnell gelöscht. Trotzdem war das Anwesen so verrußt, dass es mehrere Wochen unbewohnbar war. Der Schaden wird mit 60000 bis 70000 Euro beziffert. Der Angeklagte hatte den früheren Geschäftspartner aus Oberzettlitz für seinen persönlichen Ruin, den Verlust seiner Firma, seines Hauses und für die Scheidung von seiner Frau verantwortlich gemacht.

Der Angeklagte hatte den früheren Geschäftspartner und einen weiteren leitenden Mitarbeiter der Hammelburger Wurstfabrik bereits an Heilig Abend 2014 telefonisch mit dem Tod bedroht. Einen Tag später war er in Oberzettlitz aufgetaucht, von der Polizei aber nach einiger Zeit des Platzes verwiesen worden. Die Kammer gehe ganz klar davon aus, dass der Angeklagte seinen Geschäftspartner mit dem Brandanschlag vom 21. Januar 2015 töten wollte, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein in der Urteilsbegründung. So habe es der Mann, nachdem er sich bei Fichtelberg gestellt hatte, gegenüber der Polizei auch zugegeben. Während der Verhandlung hatte der Angeklagte Erinnerungslücken geltend gemacht.

Die Richter sahen außerdem das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt, weil der Angeklagte den Brand zu nachtschlafender Zeit gelegt und Benzin als Brandbeschleuniger ausgerechnet an den Türen verteilt hatte. Eckstein sprach von einem äußerst glücklichen Umstand, dass sich alle Hausbewohner retten konnten. Körperliche Verletzungen habe glücklicherweise niemand davongetragen. Seelische Beeinträchtigungen werden bei den Betroffenen unstreitig bleiben.

Weit auseinander waren die Forderungen von Anklage und Verteidigung gegangen. Während Oberstaatsanwältin Juliane Krause 12 Jahre und drei Monate wegen versuchten Mordes in vier Fällen und schwerer Brandstiftung beantragt hatte, plädierte Verteidiger Johannes Driendl aus Bayreuth auf versuchten Totschlag und fordert eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Oberstaatsanwältin Krause hatte zuvor ihre Forderung vor allem damit begründet, dass die Tat genau geplant gewesen sei. Der Angeklagte habe die Arg- und Wehrlosigkeit seiner Opfer ausgenutzt und sei heimtückisch vorgegangen. Damit habe er zwei wesentliche Mordmerkmale erfüllt. Die Anklagevertreterin forderte außerdem, wie später auch entschieden, die unbefristete Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen Entziehungsanstalt. Nebenklagevertreter Philipp Grabensee aus Düsseldorf schloss sich dem Antrag der Verteidigung an. Es sei reines Glück gewesen, dass nicht mehr passiert ist, sagte der Rechtsanwalt. Die Familie seines Mandanten leide noch immer unter einem starken Unsicherheitsgefühl als Folge der Tat.

Verteidiger Johannes Driendl holte in seinem über einstündigem Plädoyer weit aus. Er wiederholte noch einmal, aus welch einfachen Verhältnissen sein Mandant stamme und dass der den Stein seines Lebens von ganz unten nach ganz oben gerollt hatte. Der Verteidiger spielte damit darauf an, dass der Angeklagte als einfacher Ausbeiner begonnen, später eine GmbH gegründet und zuletzt 65 Beschäftigte in Form einer Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft für das Hammelburger Fleischwerk hatte. Wenn es am Ende wieder ganz nach unten gegangen war, dann trage aus Sicht des Mandanten alleine der Geschäftspartner aus Oberzettlitz die Verantwortung dafür. Dieser Mann war damals neu ins Management der Hammelburger Fleischfirma gekommen und hatte die strikte Vorgabe, die Ausgaben nach unten zu fahren. Die Forderung des Angeklagten nach 20 Cent mehr Stundenlohn für einen Teil seiner Beschäftigten passte da nicht ins Konzept und so wurde dem Angeklagten und sein er Firma, die ausnahmslos für den Hammelburger Fleischbetrieb tätig war, gekündigt.

Sein Mandant sei von einem Tag auf den anderem vor dem Nichts gestanden, seine Ehe ging in die Brüche, seine Tochter wandte sich von ihm ab, schwere Krankheiten bis zur Arbeitsunfähigkeit kamen dazu. Weil er keinen Ausweg mehr sah, habe er sich in den Alkohol geflüchtet. Es habe für seinen Mandanten nur mehr zwei Auswege gegeben, sagte der Verteidiger: „Einen Suizid oder eine Verzweiflungstat.“ Genau letzteres sei der Brandanschlag von Oberzettlitz gewesen. Hilfsweise für den Fall, dass die Strafe höher als fünf Jahre ausfällt, hatte der Verteidiger einen Beweisantrag gestellt. Dabei wollte er durch einen weiteren Gutachter feststellen lassen, dass sein Mandant die Tat in einem schuldmindernden bis schuldausschließenden Affekt begangen habe und dass eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung nicht auszuschließen sei. Diesen Antrag lehnte die Kammer ab.

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31.08.2015

Leben des Opfers ruiniert: Handtaschenraub geriet außer Kontrolle / 36-jähriger Mann wegen Raubes und Körperverletzung vor Gericht

Bayreuth. Am Schluss hat sich alles nur noch um die Droge gedreht. Ziellos ist der heute 36-jährige Mann aus Bayreuth durch die Stadt gelaufen, immer in der Hoffnung jemanden zu treffen, der ihm Geld gibt, damit er Heroin oder Crystal kaufen kann. Dabei ging es ihm auch gesundheitlich immer schlechter, so schlecht, dass er sich am 12. März dieses Jahres ganz spontan entschloss, einer Frau die Handtasche zu rauben. Inhalt: 90 Euro. Das reichte gerade mal für eineinhalb Gramm Heroin und damit für den Rest des Tages. Ein ganzes Leben lang muss dagegen die 69-jähige Frau mit den Folgen des Überfalls zurechtkommen. Wahrscheinlich deshalb wies die Frau aus dem Kulmbacher Landkreis auch eine Entschuldigung des Angeklagten im Gerichtssaal zurück. Der drogenabhängige 36-Jährige muss sich seit Montag wegen Raubes und vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten.

Die Frau hatte einen Oberschenkelhalsbruch erlitten. Gleich am Folgetag wurde sie operiert und bekam eine neue Hüfte. Was folgte waren zwei Wochen Klinikaufenthalt und drei Wochen stationäre Reha. Noch immer ist die Frau deshalb in Behandlung, muss Reha-Sport und Krankengymnastik machen. Was noch schlimmer wiegt als die die rein medizinischen Folgen sind die psychischen Auswirkungen der Tat. „Ich wollte es immer verdrängen, aber es kommt immer wieder hoch“, sagte die Frau vor Gericht. In ein Parkhaus kann sie nicht mehr, da ist die innere Blockade stärker. Ganz offen sprach die Frau von einem gravierenden Einschnitt in ihr Leben: „Die ganze Lebensqualität ist für mich dahin.“ Noch deutlicher wurde die Nebenklagevertreterin, Rechtsanwältin Doris Benker-Roth aus Bayreuth, als sie sich an den Angeklagten wandte und sagte: „Sie haben das Leben meiner Mandantin ruiniert, das ist ihnen doch hoffentlich klar.“

Ereignet hatte sich der brutale Handtaschenraub am 12. März, einem ganz normalen Werktag gegen 11.45 Uhr nahe des Parkhauses am SVB-Hallenbad in der Bayreuther Innenstadt. Kurz vor dem Kassenautomat versuchte der Angeklagte vom Fahrrad aus der Frau die Handtasche zu entreißen. Als es nicht gleich klappte, weil die Frau ihre Tasche umklammerte, stieß der Mann die Frau zu Boden und entriss ihr die Tasche in der sich neben dem Geld auch zwei Bankkarten, Führerschein und Fahrzeugpapiere, Ausweise, Schlüssel und ein Smartphone befanden.

Zum Auftakt der auf vier Tage angesetzten Verhandlung legte der Angeklagte ein Geständnis ab. Er sei erst vier Tage zuvor von seinem letzten Wohnort Lübeck nach Bayreuth gekommen, um sich hier der Polizei zu stellen. Wegen eines Einbruchdiebstahls und eines Bewährungswiderrufes einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, sei er ohnehin per Haftbefehl gesucht worden.

Doch statt sich zu stellen, holte er erst einmal seine frühere Freundin aus dem Bezirkskrankenhaus. Dort wollte die Frau eigentlich eine Entgiftung machen. Von ihr bekam er auch knapp 40 Euro, was immerhin für 0,4 Gramm Heroin reichte. Den Stoff kaufte der Angeklagte bei einem Bekannten in einer örtlichen Spielothek und spritzte ihn sich in den Räumen einer Art Pension nahe dem Festspielhaus, in dem auch die Ex-Lebensgefährtin mit ihrem neuen Freund untergekommen war.

Zwei Tage lang ging das so, dass der Angeklagte immer wieder Geld bei Freunden, Bekannten oder auch Tanten zusammenkratzte, um Kleinstmengen Heroin oder Crystal zu kaufen. Als dann auch die letzte Geldquelle versiegt war, habe er das Fahrrad vor der Tür einer Wohngemeinschaft im Stadtteil St. Georgen gestohlen und sei damit Richtung Innenstadt gefahren. Ganz spontan sei es dann zu dem Handtaschenraub gekommen.

Es sei wie ein Geistesblitz gewesen, als er die Tasche sah. Die Frau habe er gar nicht richtig wahrgenommen. Danach sei er kreuz und quer durch die Stadt geflüchtet, habe sich das Geld und das Smart Phone genommen, die Tasche unter einen Balkon gestellt und die Geldbörse in die Mainauen geworfen.

Zurück in der Pension musste der Angeklagte feststellen, dass die Polizei bereits im Hof steht. Zunächst flüchtete der Mann in Richtung Festspielpark. Erst nachts kam er wieder, doch schon am Morgen wurde er von der Kripo unsanft geweckt. Grund dafür, dass die Beamten so schnell auf die Spur des Mannes kamen war eine Handy-Ortung. Der Angeklagte hatte das Smart Phone im Nachtkästchen versteckt, aber nicht abgeschaltet. So war es für die Beamten ein Kinderspiel, das Zimmer des Angeklagten ausfindig zu machen.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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01.09.2015

Handtaschenraub: 36-jähriger Bayreuther muss vier Jahre ins Gefängnis

Bayreuth. Wegen des Handtaschenraubes vom 12. März dieses Jahres muss ein 36-jähriger Bayreuther vier Jahre ins Gefängnis. Statt der angesetzten vier Verhandlungstage waren gerade einmal zwei Tage notwendig, um zu einem Urteil zu kommen. Aufgrund des umfassenden Geständnisses des Angeklagten konnte das Gericht auf einen Großteil der geladenen Zeugen verzichten.

Wie berichtet war das Opfer bei dem Raubüberfall in der Nähe des Parkhauses am SVB-Hallenbad in Bayreuth schwer verletzt worden. Die 69-jährige Frau aus dem Landkreis Kulmbach hatte nicht nur einen Oberschenkelhalsbruch erlitten und musste sofort operiert werden. Sie leidet auch psychisch extrem unter den Folgen des Überfalls am helllichten Tag mitten in Bayreuth.

Zu Lasten des Mannes wertete die Kammer unter anderem die Brutalität des Raubüberfalls als auch seine lange Vorstrafenliste. Der Mann ist schwer drogenabhängig und war damals auf der Suche nach Geld, um sich Rauschgift besorgen zu können. Aufgrund zweier offener Vorstrafen wurde der Angeklagte damals ohnehin per Haftbefehl gesucht. Nun wird der Angeklagte vermutlich zuerst in einer geschlossenen Entziehungsanstalt untergebracht. Bereits bei der letzten Verurteilung vom Mai wurde dies so entschieden. Staatsanwalt Florian Losert hatte zuvor die letztlich auch verhängten vier Jahre gefordert, während Verteidiger Johannes Driendl aus Bayreuth auf dreieinhalb Jahre plädierte.

Wie berichtet hatte sich der brutale Handtaschenraub am 12. März dieses Jahres ereignet. Kurz vor dem Kassenautomat versuchte der Angeklagte vom Fahrrad aus der Frau die Handtasche zu entreißen. Als es nicht gleich klappte, weil die Frau ihre Tasche umklammerte, stieß der Mann die Frau brutal zu Boden und entriss ihr die Tasche in der sich neben dem Geld auch zwei Bankkarten, Führerschein und Fahrzeugpapiere, Ausweise, Schlüssel und ein Smartphone befanden. Smartphone und Geld nahm der Mann an sich, den Rest warf er weg. Bereits am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte ein Geständnis abgelegt.

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30.07.2015

Falscher Professor muss Arbeitsstunden ableisten / Akademischer Titel aus Pristina gilt in Bayern nicht

Neudrossenfeld/Kulmbach. Professor ist nicht gleich Professor. Ein an der Universität Pristina erworbener Professorentitel darf beispielsweise nicht so ohne weiteres in Bayern geführt werden. Das jedenfalls sieht das Bayerische Hochschulgesetz vor. Ein 54-jähriger Mann aus Neudrossenfeld hatte einen solchen Titel aus dem Kosovo. Weil er hierzulande offensiv damit geworben hatte ohne Zusätze wie „Prof. Dr. Uni. Pristina“ oder den Ländercode „BIH“ für Bosnien-Herzegowina zu verwenden, hat ihn die Staatsanwaltschaft per Strafbefehl zu 80 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro (4800 Euro) verdonnert. Dagegen legte der angebliche Sportwissenschaftler Einspruch ein. Mit Erfolg, denn vor dem Kulmbacher Amtsgericht wurde die Sache am Donnerstag eingestellt. Allerdings muss der vermeintliche Professor 100 Stunden gemeinnützige Arbeit als Auflage leisten.

Der 54-Jährige hatte in der Vergangenheit schon mal für Schlagzeilen gesorgt. In Bad Berneck hatte der Mann eine ehemalige Bowling-Bahn ersteigert und wollte dort ein großangelegtes Rehabilitationszentrum eröffnen. Warum nichts daraus wurde, ist nicht bekannt. Zuvor hatte der „Diplom-Sport-Professor“ aus Pristina von Neudrossenfeld aus eine Vermittlungsagentur für Ärzte und Pflegepersonal betrieben. Wiederum davor war er nach eigenen Angaben als Dozent an der Universität Heidelberg tätig.

Was ihm Staatsanwalt Ludwig Peer jetzt zum Vorwurf  machte ist, dass er 2014 seinen Professorentitel bei einer Versteigerung am Gericht in Bayreuth in amtlichen Papieren geführt und dass er den Professorentitel auf seiner (mittlerweile vom Netz genommenen) Internetseite verwendet hatte. Für den Staatsanwalt  war das ganz klar ein Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen.

Niemand habe ihm gesagt, dass Zusätze sein müssen, sagte der Mann vor Gericht. Erst bei der Kripo habe er erfahren, dass dies nicht erlaubt sei. Als er es erfahren habe, seien die Internetseiten sofort geändert worden. Wenn es trotzdem weiterhin falsch auf der Seite stand, dann deshalb, weil die Seite zeitweise gesperrt gewesen sei. Grund: Der Mann hatte die Gebühr für die Seite nicht bezahlt. Davon will der Angeklagte wiederum lange nichts gewusst haben. „Ich selbst sehe nie auf meine Seite, dafür habe ich keine Zeit“, so der 54-jährige, der etwas von 4000 zu betreuenden Studenten sagte und als Beruf „ohne Arbeit“ angab. Wovon er denn lebe, wollte Richterin Sieglinde Tettmann wissen. „Vom Einkommen seiner Freundin“, antwortete der Angeklagte.

Einen Freispruch nannte die Richterin unter den gegebenen Umständen eher unwahrscheinlich. Er fühle sich nicht schuldig, „nicht einmal zu 0,01 Prozent“, hielt der Angeklagte dagegen. Der objektive Tatbestand des Missbrauchs von Titel sei unzweifelhaft erfüllt, so wiederum Amtsrichterin Tettmann. Für sie ging es lediglich um den subjektiven Tatbestand, soll heißen, dass der Angeklagte den Titel nicht wirklich absichtlich, sondern eben fahrlässig geführt haben könnte.

Nach langem hin und her einigten sich Staatsanwalt Peer und Richterin Tettmann darauf, das Verfahren vorläufig einzustellen. Allerdings muss der Angeklagten im Zeitraum von zwei Monaten 100 unentgeltliche und gemeinnützige Arbeitsstunden nach näherer Weisung des Vereins „Die Fähre“ leisten.

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22.06.2015

Mit Bikerboots und Springerstiefel ins Gesicht getreten / Rivalisierende Rockerbanden in Bayreuth vor Gericht: Sechs Mitglieder der "Grave Diggers" wegen versuchten Totschlags angeklagt

Bayreuth/Goldkronach. "Grave Diggers" gegen "Free Easy Riders Gold City": es war der klassische Krieg zwischen zwei rivalisierenden Rockerbanden, der vor knapp fünf Jahren  am ehemaligen Tennisvereinsheim in Goldkronach seinen traurigen Höhepunkt erreichte. Eine Gruppe der "Grave Diggers", die in Bayreuth und Wunsiedel zuhause ist, lockte den Präsidenten des "Free Easy Riders" ins Freie und verpasste ihm eine gehörige Abreibung. Weil der 51-Jährige dabei lebensgefährlich verletzt wurde, müssen sich seit Montag sechs Mitglieder der "Grave Diggers" vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag.

Die sechs Männer im Alter zwischen 26 und 53 Jahren kommen aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau und Thierstein. Einer ist Verwaltungsangestellter, ein anderer Dachdecker, ein Pfleger ist dabei, genauso wie ein Kfz-Mechaniker, ein Lagerverwalter und ein Selbstständiger aus im Bereich Reinigungsdienst. Alles ganz normale Männer mit ganz normalen Berufen, sollte man meinen, hätten sie nicht die Anklage am Hals, die ihnen das schwere Verbrechen des versuchten Totschlags vorwirft.

Oberstaatsanwältin Juliane Krause geht fest davon aus, dass die Männer ihr Opfer um ein Haar totgeprügelt hätten. Von einem Bruch des Halswirbels ist die Rede, von Rippenfrakturen, vielen Prellungen und Wunden. Allein wegen der Wirbelverletzung sollen mehrere schwerere Operationen nötig gewesen sein. Viele Wochen war das Opfer arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Der Grund für den schweren Übergriff liegt mehr oder weniger im Dunkeln. Von einem Abzeichen, einem sogenannten "Patch" mit der Aufschrift "Easy Riders Germany" mit Totenkopfemblem ist die Rede, das Mitglieder der Goldkronacher auf ihren Lederjacken, in der Szene spricht man von "Kutten", hatten. Dieses Abzeichen sollen die Angeklagten ihrem Opfer praktisch als Trophäe abgerissen haben. Aber auch über Gebietsstreitigkeiten wird gemunkelt. Was nun wirklich war, ist bislang noch unklar, denn zum Prozessauftakt entschieden  sich fünf der sechs Angeklagten zu schweigen. Der siebte Angeklagte sagte zwar aus, allerdings nur, dass er gar nicht dabei gewesen sei.

Konkret sollen die Männer laut Anklage den Vereinspräsidenten am 10. September 2010 gegen 22.45 Uhr unter einem Vorwand nach draußen gelockt haben. Dort hätten sie ihn umzingelt und ihm Pfefferspray aus unmittelbarer Nähe ins Gesicht gesprüht. Nachdem das mittlerweile wehrlose Opfer zu Boden gegangen war, traten sie mehrfach mit schweren Bikerboots und Springerstiefel gegen den Oberkörper und den Kopf des Mannes. Doch damit noch nicht genug, als die Männer wieder von ihrem Opfer abließen, soll der 36-jährige angeklagte Bayreuther seinem Opfer noch einen heftigen Faustschlag mitten ins Gesicht verpasst haben. "Wir werden ihm die Lichter schon ausknipsen", sollen die Männer noch lautstark erklärt haben.

Die Besucher im Clubheim waren mittlerweile auf die Schlägerei aufmerksam geworden und hatten die Polizei verständigt. Der Freundin des Opfers, die noch eingreifen wollte, rissen die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft einen Büschel Haare aus und brachen der Frau einen Finger. Als die  Beamten eintrafen, suchten die Angeklagten blitzschnell das Weite und brausten mit ihren schweren Maschinen davon.

Warum die Verhandlung erst jetzt, fast fünf  Jahre nach der Tat, stattfindet, wurde am ersten Verhandlungstag nicht geklärt. Sicher ist, dass es bereits eine Verhandlung gegen einen Teil der Angeklagten vor dem Amtsgericht gab, der Prozess aber wieder ausgesetzt und an das Landgericht verwiesen wurde. Dann fanden neue polizeiliche Ermittlungen statt und so sitzen mittlerweile sechs Männer auf der Anklagebank.

Der 50-jährige Mann aus Röslau, der als einziger zur Aussage bereit war, sagte lediglich, dass er gar nicht dabei gewesen sei. Er sei an dem Tag bei seinen Eltern gewesen. Außerdem habe er sich wegen einer schweren Erkrankung damals gar nicht aktiv am Clubgeschehen beteiligt. Von den "Free Easy Riders Gold City" will der Mann damals gar nichts gewusst habe, das spätere Oper sei ihm gänzlich unbekannt.

Für die Verhandlung wurden insgesamt sechs Verhandlungstage bis zum 21.Juli angesetzt. Erste Zeugen sollen heute (Dienstag) vernommen werden.

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23.06.2015

Halswirbelbruch zu spät erkannt – Opfer landete beinahe im Rollstuhl / "Grave Diggers" gegen "Free Easy Riders": Prozess um brutalen Rockerüberfall mit Aussage des Opfers fortgesetzt

Bayreuth/Goldkronach. Elf Zeugen waren ursprünglich vorgesehen am 2. Verhandlungstag, aber ein einziger bestimmte den Tagesablauf: das Opfer, ein heute 51-jähriger Mann, zuletzt Außendienstmitarbeiter, wohnhaft im Wunsiedel. Der Mann, Präsident der „Free Easy Riders Gold City“, wurde am 10. September 2010 in Goldkronach von Mitgliedern der rivalisierenden „Grave Diggers“ (Totengräber)um ein Haar zu Tode geprügelt. Stundenlang schilderte er vor Gericht das Geschehen und die Folgen in sämtlichen Einzelheiten.

Wie berichtet müssen sich sechs Mitglieder der „Grave Diggers“ im Alter zwischen 26 und 53 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau und Thierstein wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht verantworten. „Die Schmerzen waren unerträglich“, sagte der Mann. Zu allem Überfluss hatten die behandelten Ärzte einen Halswirbelbruch viel zu spät erkannt. Im Klinikum Fichtelgebirge wurde das Opfer sogar wieder nach Hause geschickt. Erst ein Bayreuther Neurochirurg hatte den Halswirbelbruch diagnostiziert und eine sofortige Operation eingeleitet. „Es hing alles am seidenen Faden, ich kann wirklich von Glück sprechen, dass ich nicht im Rollstuhl gelandet bin“, so der Zeuge. Nach der Operation sei er dann zunächst auf Reha gewesen, danach hätten ihn die behandelnden rund ein Jahr lang krankgeschrieben. Richtig Fuß fassen konnte der Mann beruflich seitdem nicht mehr. Er muss unter anderem mit einer Stahlplatte zwischen dem zweiten und dritten Halswirbel leben, seine Frau ist seit dem Überfall psychisch beeinträchtigt.

Schuld sind seinen Worten zufolge die sechs Angeklagten, die er alle im Gerichtssaal identifizierte, zwei sogar mit Namen. Mit einem Vorwand hatten sie ihn am späten Abend des 10. September 2010 aus dem Clubheim in Goldkronach gelockt. So wie man es aus Filmen kennt hätten sie sich in Poser-Stellung mit verschränkten Armen vor ihm aufgebaut. Als er flüchten wollte, habe ihm einer mit dem Fuß zwischen die Beine geschlagen. Dann sollen ihm die Männer entweder CS-Gas oder Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben, ehe sie den wehrlos am Boden liegenden mit Schlägen und Tritten gegen Kopf und Oberkörper fast bis zur Bewusstlosigkeit vermöbelten. Erst als die Ehefrau des Opfers und dessen Söhne ins Freie kamen, um einzuschreiten, ließen die Männer von ihm ab und brausten davon. Im Rettungswagen hatte der 51-Jährige später nicht einmal mehr seinen Namen gewusst.

Mehr und mehr wurde mit der Befragung des Opfers auch klar, dass es tatsächlich um ein Patch, also um einen Aufnäher, auf der Kutte (Lederjacke) der „Free Easy Riders Gold City“ ging. 24 Zentimeter war der Patch groß und zeigte „Uncle Sam als Knochenmann“, wie es der 51-Jährige beschrieb. Schon bei der Gründung der „Free Easy Riders“ habe es deshalb Probleme gegeben. Immer wieder seien er und seine Mitglieder von den „Grave Diggers“ aufgeforderte worden, den Patch abzumachen, immer wieder seien er und seine Mitstreiter bedroht worden. Ernst genommen habe er das alles nie, auch wenn zwischenzeitlich schon mal Aufnäher verbrannt wurden. Was für einen Außenstehenden völlig kindisch erscheint, ist für Insider blutiger Ernst, denn letztlich geht es um Gebietsansprüche, um Einfluss und um Macht. Offensichtlich wollten die „Grave Diggers“ in den Landkreisen Bayreuth und Wunsiedel keinen zweiten Motorradclub dulden.

Am ersten Verhandlungstag hatten die Männer, die alle einen Beruf haben und in Arbeit stehen, keine Angaben zur Sache gemacht. Lediglich, dass er gar nicht dabei gewesen sei, hatte einer verlautbaren lassen. Für die Verhandlung wurden insgesamt sechs Verhandlungstage bis zum 21.Juli angesetzt. Mit der Einvernahme weiterer Zeugen wird der Prozess erst im Juli fortgesetzt.

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14.07.2015

Grave Diggers gegen Free Easy Riders: Gebietsstreitigkeiten, Bikes und Patches/ Motorradclubs streiten um „Uncle Sam als Knochenmann“

Bayreuth. Sie heißen Juster, Cisco oder Doley, tragen Kutten aus schwarzem Leder und schlagen sich um DIN-A-4 große Aufnäher, sogenannte „Patches“: die Motorradclubs der Free Easy Riders aus Goldkronach und der Grave Diggers Bayreuth/Wunsiedel. Am 10. September 2010 war der Streit eskaliert. Vor dem Vereinsheim der Free Easy Riders in Goldkronach wurde deren Präsident herausgelockt, verprügelt und lebensgefährlich verletzt. Schuld daran sollen sechs Mitglieder der Grave Diggers sein. Sie müssen sich wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Bayreuth verantworten.

Am mittlerweile 4. Verhandlungstag hatten ausschließlich Zeugen das Wort. Je nach Zugehörigkeit zu den verschiedenen Lagern wird dabei einmal die Glaubwürdigkeit des Opfer, ein anderes Mal die Glaubwürdigkeit der Angeklagten in Frage gestellt. In der Anklageschrift von Oberstaatsanwältin Juliane Krause ist davon die Rede, dass die sechs Männer im Alter zwischen 26 und 53 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau und Thierstein ihr Opfer um ein Haar totgeprügelt hätten. Von einem Bruch des Halswirbels ist die Rede, von Rippenfrakturen, vielen Prellungen und Wunden. Allein wegen der Wirbelverletzung sollen mehrere schwerere Operationen nötig gewesen sein. Viele Wochen war das Opfer arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Ein Zeuge, ein vom Motorradteam Marktredwitz-Wölsau zu den Grave Diggers gewechselter 50-Jähriger Biker, berichtete beispielsweise, dass er das vermeintliche Opfer nur zwei Tage nach dem angeblichen Vorfall in einem Verbrauchermarkt getroffen habe. Von einer Auseinandersetzung habe er keinerlei Spuren gesehen. Im Gegenteil, der Mann habe mit seiner Frau gescherzt und gelacht. Das Image der Grave Diggers beschrieb der Zeuge als „lupenrein“, wenn etwas anderes in der Zeitung stehe, dann müsse man dies nicht unbedingt glauben.

Das würde gegen die Aussage des Opfers, ein 51-jähriger Außendienstmitarbeiter mit Wohnsitz in Wunsiedel, sprechen. Der Mann hatte nicht nur von Faustschlägen und Tritten gegen Kopf und Körper gesprochen, sondern auch von einem Halswirbelbruch. „Es hing alles am seidenen Faden, ich kann wirklich von Glück sprechen, dass ich nicht im Rollstuhl gelandet bin“, hatte das Opfer berichtet. Richtig Fuß fassen konnte der Mann beruflich seitdem nicht mehr. Er muss unter anderem mit einer Stahlplatte zwischen dem zweiten und dritten Halswirbel leben, seine Frau ist seit dem Überfall psychisch beeinträchtigt.

Auf der anderen Seite berichtete eine 30-Jährige Frau aus Marktschorgast, sie ist die Freundin des Sohnes des Opfers, dass sie schon vier Wochen vor dem Übergriff gewarnt worden sei. Irgendetwas werde passieren, hieß es im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um den Aufnäher. Ernst genommen habe das damals allerdings niemand. Die Frau hatte am Tag nach dem Überfall einige der Grave Diggers eindeutig auf deren Homepage identifiziert. Kurz daraus soll die Seite vom Netz genommen worden sein.

Das 24 Zentimeter große Abzeichen trägt die Aufschrift "Easy Riders Germany" und zeigt „Uncle Sam als Knochenmann“. Dieses Abzeichen sollen die Angeklagten ihrem Opfer praktisch als Trophäe abgerissen haben. Aber auch über Gebietsstreitigkeiten wird gemunkelt. Was nun wirklich war, ist bislang noch unklar, denn bislang haben sich die Angeklagten entscheiden, zu schweigen. Nur einer der Männer sagte aus, aber der will gar nicht dabei gewesen sein.

Grund dafür, dass die Verhandlung knapp fünf Jahre nach der Tat stattfindet ist, dass es bereits eine Verhandlung gegen einen Teil der Angeklagten vor dem Amtsgericht gab. Damals wurde der Prozess aber wieder ausgesetzt und an das Landgericht verwiesen. Dann fanden neue polizeiliche Ermittlungen statt und so sitzen mittlerweile sechs Männer auf der Anklagebank. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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15.07.2015

 „Unfaire Attacke“ oder überproportionaler Belastungseifer / Prozess um rivalisierende Motorradbanden: Stiefsohn des Opfers belastete alle sechs Angeklagten schwer

Bayreuth. Nicht nur schwer belastet, sondern auch im Gerichtssaal eindeutig identifiziert hat der Stiefsohn des Opfer am fünften Verhandlungstag  vor dem Bayreuther Landgericht die sechs angeklagten Mitglieder des Motoradclubs „Grave Diggers“ Bayreuth/Wunsiedel. „Alle waren dabei, alle haben geschlagen und getreten“, sagte der junge Mann. Der Zeuge wusste ganz genau, wer seinem Stiefvater das Bein gestellt, wer ihn einen Kinnhaken gegeben, wer auf ihn eingetreten, wer ihn festgehalten und wer ihn Pfefferspray aus nächster Nähe in die Augen gesprüht hatte. Auf die Frage, ob er die Personen im Gerichtssaal wieder finde, deutete er ohne zu zögern auf die Angeklagten.

Das Problem bei der Sache ist: der Zeuge ist heute  18 Jahre alt, die Tat war am 10. September 2010. Das heißt der Zeuge war damals gerade 13. Noch dazu hatte der junge Mann kurz nach der Tat das Geschehen unter der Überschrift „Die unfaire Attacke“ in einer Art Aufsatz aufgeschrieben, aber lange nicht so detailliert, wie er es jetzt berichtete. Vor allem die Spitznamen, die der Mann heute alle auswendig wusste, fehlten in dem Aufsatz von damals völlig. „Wollen sie uns veralbern?“, sagte einer der Verteidiger. „Ist doch klar, der Zeuge muss für seinen Stiefvater abliefern“, meinte ein anderer. Selbst der vorsitzende Richter der 1. Großen Strafkammer Michael Eckstein sagte, dass er massive Zweifel an der Schilderung des Zeugen habe.

Wie berichtet sollen die sechs Männer im Alter zwischen 26 und 53 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau und Thierstein, alle Mitglieder der Grave Diggers (Totengräber), den Präsidenten der „Free Easy Riders Gold City“, einen 51-jährigen Mann aus Wunsiedel, im Streit um einen Aufnäher, um Gebietsansprüche und vielleicht auch um eine Frau beinahe totgeprügelt haben. Fünf der Männer haben es im bisherigen Prozessverlauf vorgezogen, zu schweigen. Der Sechste gab an, den 10. September 2010 zuhause verbracht zu haben.

Wenn die Verteidiger den jungen Zeugen recht hart angingen, dann vor allem deshalb, um an der Glaubwürdigkeit des Opfer zu rütteln. Während der 51-jährige schwerste und lebensbedrohliche Verletzungen, bis hin zu einem erst lange nach der Tat diagnostizierten und mittlerweile mehrfach operierten Halswirbelbruch geltend machte, wollen Zeugen das Opfer kurz nach der Tat mit bester Laune und ohne jegliche Verletzungsspuren gesehen haben.

Verteidiger Thomas Lößel stellte sogar den Antrag, die Facebook-Seite des Opfers in Augenschein zu nehmen. Dort sind offensichtlich jede Menge zweideutiger Zitate zu lesen, mit denen Stimmung gegen die „Grave Diggers“ gemacht werden soll. Sogar Mohandas Gandhi, der berühmte indische Pazifist, wird mit (völlig aus dem Zusammenhang gerissenen) Zitaten dazu benutzt, den hohen Belastungseiger des Opfers deutlich zu machen, „der weit über das normale Maß hinausgeht“, sagte der Rechtsanwalt. Auch eine Website der „Free Easy Riders Gold City“ gibt es, die diesen „überproportionalen Belastungseifer“ und die damit einhergehende Unglaubwürdigkeit des Opfer deutlich mache. Dort seien schon lange vor dem Prozess entsprechende Zeitungsberichte und sogar ein Foto des Bayreuther Schwurgerichtssaales zu sehen gewesen.

Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.

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21.07.2015

Paukenschlag im Biker-Prozess: Staatsanwaltschaft beantragt Freispruch für „Grave Diggers“ / Überfall glich einem Rollkommando - 51-jähriger Wunsiedler lebensgefährlich verletzt

Bayreuth. Faustdicke Überraschung im Biker-Prozess vor dem Bayreuther Landgericht: Oberstaatsanwältin Juliane Krause hat für alle sechs Angeklagten des Motorradclubs „Grave Diggers“ einen Freispruch gefordert. Ursprünglich waren die Männer im Alter zwischen 26 und 53 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau und Thierstein wegen versuchten Totschlags angeklagt. Opfer ist ein 51-jähriger Wunsiedler, er wurde am Abend des 10. September 2010 derart zusammengeschlagen, dass er heute beinahe ein Krüppel ist. So jedenfalls drückte es sein Nebenklagevertreter, Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth, aus

An der Täterschaft der Angeklagten bestünden Zweifel, deshalb beantrage sie den Freispruch nach dem Grundsatz „In dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“), sagte die Oberstaatsanwältin. Noch in der Anklageschrift war sie davon ausgegangen, dass die Männer ihr Opfer unter einem Vorwand aus dem Goldkronacher Clubheim gelockt, es mit Pfefferspray kampfunfähig gemacht und dann geschlagen und getreten hätten, auch gegen den Kopf. Der Mann hatte unter anderem einen Bruch des Halswirbels, mehrere Rippenfrakturen, viele Prellungen und Wunden erlitten. Allein wegen der Wirbelverletzung sollen mehrere schwerere Operationen nötig gewesen sein.

Sie sei nach wie vor der festen Überzeugung, dass der Angriff von Mitgliedern der „Grave Diggers“ durchgeführt wurde, sagte Krause. Die Oberstaatsanwältin sagte aber auch, dass ein sicherer Nachweis, wer von den Angeklagten genau was getan habe, nicht möglich ist. Ursache dafür ist unter anderem die Tatsache, dass sämtliche Angeklagten von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatten. Ein weiterer Grund dafür sind aber auch die vielen widersprüchlichen Zeugenaussagen. Keiner der Angeklagten sei mit absoluter Sicherheit erkannt worden, und wenn dann habe es wiederum Widersprüche gegeben. So hatte beispielsweise der Sohn des Opfers einen der Angeklagten an seiner Tätowierung im Nacken wiedererkannt. Das Tattoo wurde aber nachweislich erst später gestochen, sogar den Tätowierer hatte das Gericht deshalb ausfindig gemacht.

Nicht nachvollziehbar sei das Motiv des Übergriffs. Angeblich soll es um einen Aufnäher gegangen sein, den das Opfer als Mitglied der „Free Easy Riders Gold City“ nicht hätte tragen dürfen. „Man kann es nicht verstehen, wie können sich erwachsene Männer so benehmen“, sagte die Oberstaatsanwältin. „Mutmaßlich waren die Angeklagten dabei, aber Mutmaßungen reichen vor Gericht eben nicht“, so Krause. Zu den Mutmaßungen gehört es dabei auch, dass es nur vordergründig um den Aufnäher, hintergründig aber um Macht und um eine Frau gegangen sein soll

Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer, der das Opfer als Anwalt der Nebenklage vertrat, war damit nicht einverstanden. Der Überfall habe einem Rollkommando geglichen, sagte er und räumte ein, dass die Identifizierung von Personen und deren Zuordnung zum Tatgeschehen noch so langer Zeit naturgemäß schwierig sei. Für den Anwalt stand allerdings eines fest: „Die Angeklagten waren dabei und haben sich somit schuldig gemacht.“ Deshalb sei auch sehr wohl eine Verurteilung möglich, wenn auch nicht wegen des ursprünglich angeklagten versuchten Totschlags, wohl aber wegen entsprechender Beihilfehandlungen und außerdem wegen vorsätzlichen Landfriedensbruch. „Auch wenn nicht nachzuweisen ist, wer welchen Schlag und wer welchen Tritt ausgeführt hat, so wäre ein Freispruch dennoch völlig falsch“, sagte Schwemmer.

Die Verteidiger bedauerten, dass der 51-jährige Wunsiedler Opfer eines Überfalls wurde, waren sich aber einig, dass ein Tatnachweis gegen ihre Mandanten nicht geführt werden könne und sie deshalb freigesprochen werden müssten. Zuvor war noch bekannt geworden, dass fünf der sechs Angeklagten nicht vorbestraft waren. Lediglich der 39-jährigr Angeklagte aus Kirchlamitz wurde bereits zwei Mal wegen Drogendelikten zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Grund dafür, dass die Verhandlung knapp fünf Jahre nach der Tat stattfindet ist, dass es bereits einen Prozess gegen einen Teil der Angeklagten vor dem Amtsgericht gab. Damals wurde der Prozess aber wieder ausgesetzt und an das Landgericht verwiesen. Dann fanden neue polizeiliche Ermittlungen statt und so wurden die sechs Männer angeklagt. Das Urteil wird die Erste Große Strafkammer des Landgerichts am Freitag verkünden.

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24.07.2015

Bayreuther Landgericht: Biker-Prozess geplatzt / Beweisantrag in letzter Sekunde – Kutte des Opfers soll nach DNA-Spuren untersucht werden

Bayreuth. Völlig überraschend ist am Nachmittag vor dem Landgericht in Bayreuth der Biker-Prozess gegen sechs Mitglieder der „Grave Diggers“ geplatzt. Grund dafür ist ein Antrag der Nebenklage, ein DNA-Gutachten über die zerrissene Lederjacke („Kutte“) des Opfers einzuholen. Finden sich daran Spuren der Angeklagten, dann könnte das unter Umständen der entscheidende Hinweis auf die Täterschaft der sechs Männer sein. Alle sechs hatten während der Verhandlung von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Eigentlich war die Sache völlig klar: sechs lange Tage hatte man verhandelt, am siebten Tag sollte nun das Urteil gesprochen werden. Nicht nur die sechs Verteidiger, auch Oberstaatsanwältin Juliane Krause hatten Freispruch gefordert. Doch kurz nach dem anberaumten Termin machte sich Ratlosigkeit im Gerichtssaal breit. Dann zauberte Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer, der das Opfer vertritt, urplötzlich einen neuen Beweisantrag aus der Tasche.

Schwemmer beantragte die Einholung eines molekulargenetischen Gutachtens, also ein DNA-Gutachten der Jacke, die der 51-jährige Wunsiedler am 10. September 2010 getragen hatte. Besser gesagt, der übrig gebliebenen Fetzen, denn die Jacke hatte bei dem Übergriff erheblich Schaden genommen. Ein DNA-Gutachten werde zweifelsfrei ergeben, dass alle sechs Angeklagten am Tatort waren, begründete Schwemmer seinen Antrag.

Die sechs Verteidiger und noch mehr die sechs Angeklagten, sie sich alle des Freispruchs schon so sicher waren, blieben sichtlich überrascht zurück und gerieten nicht nur wegen der heißten Temperaturen ins Schwitzen. Eilig entgegneten die Verteidiger, warum der Beweisantrag ihrer Meinung nach „ungeeignet und bedeutungslos“ sei, so Rechtsanwalt Marc Brab aus Bamberg. Eine nachträgliche Kontamination könne nicht ausgeschlossen werden, allein das Aufsammeln eines Zigarettenstummels könne genügen, um DNA auf die Kutte zu bringen.

Das Opfer musste noch einmal in den Zeugenstand, um zu bestätigen, dass die Jacke zerrissen wurde und untragbar ist, und um auszuschließen, dass sie nachträglich kontaminiert wurde. Der vorsitzende Richter Michael Eckstein ließ sich daraufhin von der Polizei bestätigen, dass auch nach vielen Jahren DNA-Material ausgewertet werden könne, auch dann, wenn die Aufbewahrung nicht mehr dem polizeilichen Standard entspricht.

Nachdem das Gericht einen Prozess nicht länger als drei Wochen unterbrechen darf, in dieser Zeit aber kein ausführliches Sachverständigengutachten beigebracht werden kann, setzte die Kammer die Verhandlung kurzerhand aus. Zuvor mussten die Angeklagten noch erklären, dass sie mit einer Speichelprobe und deren Auswertung einverstanden sind. Ein neuer Termin soll nun von Amts wegen angeordnet werden. Der Prozess muss dann komplett von neuem aufgerollt werden, was aufgrund des übervollen Terminplans der Kammer in diesem Jahr nicht mehr passieren wird.

Wie berichtet müssen sich die sechs Männer im Alter zwischen 26 und 53 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau und Thierstein nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung, sondern auch wegen versuchten Totschlags vor Gericht verantworten. Urspünglich wurde ihnen vorgeworfen, den 51-jährigen Wunsiedler mit Pfefferspray außer Gefecht gesetzt, ihn geschlagen und getreten zu haben. Auch  gegen den Kopf und auch dann, als der Mann völlig wehrlos am Boden lag. Laut ursprünglicher Anklage erlitt er unter anderem einen Bruch des Halswirbels, mehrere Rippenfrakturen, viele Prellungen und Wunden. Allein wegen der Wirbelverletzung sollen mehrere schwerere Operationen nötig gewesen sein. Das Opfer befindet sich auch fast fünf Jahre nach der Tat noch immer im Krankenstand.

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17.06.2015

Hörnchen-Klau vor Gericht: „Intensivste Form des Diebstahls" / Jugendarrest: Drei Croissants für 2,37 Euro gestohlen und verzehrt

Kulmbach. Weil sie im März dieses Jahres mehrfach hintereinander Croissants  in einem Supermarkt im Einkaufszentrum Fritz entwendet und noch vor der Kasse gegessen hat, muss eine 19 Jahre alte Frau aus Kulmbach eine Woche Jugendarrest absitzen. Die junge Frau hatte tatsächlich geglaubt, dass es nicht strafbar sei, wenn sie das Gebäck sofort an Ort und Stelle verzehrt.

„Ich habe gedacht, Mundraub ist nicht strafbar", sagte die arbeitslose Angeklagte. Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner musste sie allerdings eines Besseren belehren. Der Tatbestand des Mundraubs sei zwar längst vom Gesetzgeber abgeschafft worden, doch darum gehe es hier nicht. Hier gehe es vielmehr um die „intensivste Form des Diebstahls", auch wenn der Gegenwert der drei nachweisbar entwendeten und verzehrten Hörnchen gerade einmal bei 2,37 Euro lag.

Das habe er auch noch nie gehabt, sagte Richter Berner. Auch wenn er die Taten als nicht weltbewegend einstufte, so seien sie dennoch äußerst problematisch, zumal die junge Frau bereits mehrfach wegen Diebstahls vorbestraft und erst wenige Wochen davor ebenfalls wegen Diebstahls verurteilt wurde.

Der Ladendetektiv, der die Angeklagte auf frischer Tat ertappt hatte, berichtet, dass die Frau Teile des Schinken-Käse-Croissants wieder zurück in ein Regal gelegt hatte. Nachdem er sie und ihre Freundin, die angeblich ebenfalls geklaut hatte, ins Büro gebeten, seien der Angeklagten die Vorwürfe völlig egal gewesen. „Sie hat Hausverbot bekommen", sagte der Zeuge, auch wenn die Freundin angeblich einen Tag später mit der Zahlung von fünf Euro den Schaden wieder gut machen wollte.

Schließlich berichtete der Vertreter der Jugendgerichtshilfe auch noch von einer unaufgearbeiteten Suchtproblematik bei der Angeklagten. Zuletzt sei ihr vom Gericht der Besuch bei der Sozialberatung der Caritas aufgegeben worden, dort sei sie aber schon am frühen Morgen in alkoholisiertem Zustand erschienen. Außerdem hatte es die junge Frau fertig gebracht, bei der Friedhofsverwaltung rauszufliegen. Dort hatte sie einige Sozialstunden abgeleistet, das Kehren von Laub sei ihr aber dann irgendwann einfach "zu blöd" gewesen.

Staatsanwältin Dominique Amend hatte ursprünglich auf zwei Wochen Jugendarrest plädiert. Die Angeklagte sei trotzig wie eine 15-Jährige, besitze keinerlei Unrechtsbewusstsein und sei mehrfach einschlägig vorbestraft. Gewisse Reifemängel seien ihr zwar nicht zu widerlegen, so dass eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht zu erfolgen habe, trotzdem sei die Frau erstaunlich schnell wieder rückfällig geworden. Zudem stehe bereits eine weitere Anklage wegen Schwarzfahrens an.

Richter Berner entschied schließlich unter Einbeziehung eines früheren Urteils auf eine Woche Arrest, gab der jungen Frau aber zahlreiche Auflagen mit auf den Weg. So muss sie weitere 80 gemeinnützige und unentgeltliche Arbeitsstunden nach Weisung der Geschwister-Gummi-Stiftung leisten, acht Termine bei der Suchtberatung des Diakonischen Werks absolvieren und zu einem Vermittlungsgespräch zur Agentur für Arbeit.

Für die Angeklagte gehe es weniger um die Croissants, sondern mehr darum, eine Perspektive für ihr künftiges Leben zu finden, so Berner. Bisher verlaufe ihr Leben einigermaßen trostlos, was die Angeklagte sogar selbst zugebe. Eine Aufhellung sei aber nur dann möglich, wenn sie selbst etwas dagegen unternehme. Besonders übel nahm der Richter der Angeklagten, dass sie Teile des Gebäcks wieder in das Regal zurückgelegt hatte. Von einem Diebstahl aus Not könne man damit nicht sprechen, sagte er.

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25.05.2015

Vier Polizisten gegen nackte Frau / Rechtsanwalt bezeichnete Polizeieinsatz als illegal – 34-jährige Kulmbacherin zu sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt

Kulmbach. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hat das Amtsgericht eine 34-jährige Frau aus Kulmbach zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Die Frau hatte sich ganz heftig gegen vier Polizisten zur Wehr gesetzt, die ihre Wohnung stürmten.

Die Beamten, zwei Streifenwagenbesatzungen aus Kulmbach, später noch zwei weitere Beamte aus Stadtsteinach und ein Hundeführer, waren am 2. Dezember des vergangenen Jahres gleich aus zwei Gründen in der Wohnung der Frau in Kulmbach aufgetaucht. Einmal hatte sich ein Nachbar über den Lärm beschwert. Der Mann berichtete unter anderem von Schreien und Schlägen. Zum anderen wurde der Freund der Frau, beide sind mittlerweile verlobt, per Haftbefehl gesucht. Wegen eines Gewaltdelikts sollte der Mann eine fünfmonatige Freiheitsstrafe antreten.

Also rückten zunächst die vier Kulmbacher Polizisten kurz nach ein Uhr nachts in der Wohnung an. Die Angeklagte habe hysterisch und aggressiv gewirkt, berichteten alle vier Beamten einhellig. Es habe lange gedauert, bis sich die Polizisten schließlich gewaltsam Zugang verschaffen konnten. Vom Freund keine Spur, dafür habe das Badefenster sperrangelweit offen gestanden. Ob der Mann tatsächlich geflüchtet ist, konnte nicht nachgewiesen werden. Er wurde erst Wochen später gefasst.

Auch für ein Gewaltdelikt gab es keine Spur. Das konnten die Beamten aber nicht wissen. Also fixierten sie die Frau am Boden. Zuvor hatte sie sich trotz mehrfacher Aufforderung hartnäckig geweigert, etwas anzuziehen. „Wir haben sie mit Samthandschuhen angefasst, damit uns ja nichts untergeschoben werden kann“, berichtete einer der Polizisten. Trotzdem war es der Frau gelungen, einen der Polizisten in die Hand zu beißen.

„Ich fühlte mich in meiner Ehre verletzt“, sagte die Frau vor Gericht. Sie habe so hysterisch reagiert, weil sie bei der Fixierung keine Luft bekommen hat und weil sie komplett nackt war. Die zahlreichen blauen Flecken und Hautrötungen, die ein Arzt später feststellte, führte die Angeklagte ausschließlich auf die Polizeigewalt zurück.

Die Angeklagte habe sich unheimlich stark gewehrt und ihm in den Handrücken gebissen, sagte einer der Polizisten. „So etwas erlebt man nicht alle Tage.“ Er gehe schon davon aus, dass der per Haftbefehl gesuchte Freund der Frau die Wohnung über das offen stehende Badezimmerfenster verlassen hatte. Der Beamte berichtete auch von wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen, teilweise unter der Gürtellinie. „Das ganze Verhalten war nicht normal“, so der Beamte, der Drogenkonsum witterte. Dennoch habe man auf einen Drogentest verzichtet, um die Situation nicht noch mehr eskalieren zu lassen.

„Wir hatten unsere liebe Mühe, die Angeklagte zu bändigen“, so der Kollege des Polizeibeamten. Man habe mit Engelszungen auf die Frau eingeredet, doch nichts hat geholfen. „Es war auch für uns ganz schön peinlich, die Frau niederzuringen, weil sie komplett nackt war“, sagte ein weiterer Beamter. Trotz mehrfacher Aufforderungen habe sie keine Anstalten gemacht, sich etwas anzuziehen.

Pech für die Angeklagte waren zwei offene Bewährungen. Einmal wurde sie vom Amtsgericht Wunsiedel wegen einer Drogengeschichte zu einem Jahr auf Bewährung, und zuletzt im Dezember 2012 vom Amtsgericht Kulmbach wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft plädierte deshalb auf acht Monate ohne Bewährung.

Zur Generalabrechnung mit der Polizei nutzte Verteidiger Werner Brandl aus Kulmbach sein Plädoyer. Das Vorgehen der Beamten sei auf keinen Fall durch die Strafprozessordnung gedeckt, der Haftbefehl sei gar nicht vorgelegt worden, einen Durchsuchungsbefehl habe es gar nicht gegeben, Gefahr sei nicht in Verzug gewesen. „Ich bezweifle, dass hier ein rechtmäßigen Vorgehen der Polizei vorliegt“, sagte der Rechtsanwalt. Verhältnismäßig sei das Vorgehen ohnehin nicht gewesen. Vielmehr seien die Widerstandshandlungen der Frau durchaus gerechtfertigt gewesen. Den Biss in die Hand des Beamten stufte Brandl als Notwehr ein und forderte Freispruch für seine Mandantin.

Amtsrichterin Sieglinde Tettmann urteilte schließlich auf sechs Monate ohne Bewährung. Der Polizeieinsatz sei keinesfalls illegal sondern in vollem Umfang gerechtfertigt gewesen. „Wie lange hätte die Polizei denn noch warten sollen?“, so Tettmann. Sie räumte ein, dass die Situation für die Angeklagte peinlich gewesen sei, aber auch für die Polizisten. Die Angeklagte muss nun damit rechnen, dass auch die sechs Monate aus der Vorstrafe widerrufen werden. Sie muss außerdem die Kosten des Verfahrens tragen.

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22.05.2015

Lebensgefahr: Ärzte holten Tütchen mit Crystal aus dem Magen / Bewährungsstrafe wegen Drogenbesitzes

Kulmbach. Ein Tütchen mit Crystal Speed im Magen, zwei verbotene Waffen und ein ganzes Arsenal mit illegalen Knallkörpern in der Wohnung fanden Ermittler bei einem 25-jährigen Kulmbacher. Wegen Drogenbesitzes, unerlaubten Besitzes verbotener Waffen und dem strafbaren Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen wurde der Arbeiter jetzt zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Daneben muss er als Geldauflage 1000 Euro an den Weißen Ring bezahlen.

Dabei hatte der Mann Riesenglück: Wäre der Druckverschlussbeutel mit dem Crystal im Magen geplatzt, wäre der Angeklagte wahrscheinlich längst tot. Die Gefahr muss er aber selbst noch erkannt haben, denn er begab sich in das Bayreuther Klinikum und bat um eine Untersuchung. Er habe etwas geschluckt und habe Angst, dass etwas passiert, berichtete ein Arzt. Daraufhin wurde eine Magenspiegelung angeordnet und tatsächlich fischten die Mediziner gleich das Tütchen aus dem Bauch.

Offensichtlich gerade noch rechtzeitig, denn der kleine Beutel muss sich wohl schon ein wenig geöffnet haben. Anders sei es nicht zu erklären, dass sich der Zustand des Mannes gleich danach rasant verschlechterte und er auf die Intensivstation verlegt werden musste. Außerdem begann er bereits zu halluzinieren. So telefonierte der Angeklagte mit dem Rasierapparat und sprach mit seinem Spiegelbild.

„Wir konnten den Stoff aus dem Magen nicht recht zuordnen, also habe man die Polizei verständigt, sagte der diensthabende Arzt. „Der Verdacht auf Crystal hat sich schnell erhärtet“, so der Sachbearbeiter bei der Polizei in Bayreuth. Daraufhin ordnete die Staatsanwaltschaft nicht nur die Festnahme des Mannes an, auch eine Wohnungsdurchsuchung wurde veranlasst und dabei fanden die Beamten einen Schlagring, ein Butterflymesser sowie die 37 verbotenen Böller mit Sprengstoff.

Zu Beginn der Verhandlung ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Ralph Pittroff sämtliche Vorwürfe in vollem Umfang einräumen, weitere Angaben machte er allerdings nicht. Lediglich, dass er drogenabhängig gewesen sei, ließ er noch wissen und dass er mittlerweile längst davon losgekommen ist. „Diese Geschichte hier war ihm eine Lehre“, so Verteidiger Pittroff.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung und eine Geldauflage in Höhe von 800 Euro. Verteidiger Pittroff plädierte dagegen auf eine Geldstrafe von 85 Tagessätzen. Zur Höhe des Tagessatzes machte er keine Angaben. Letztlich habe sein Mandant selbst dafür gesorgt, dass die Tat aufgedeckt werde, so der Verteidiger.

Richterin Sieglinde Tettmann urteilte schließlich auf vier Monate mit Bewährung und setzte eine Geldauflage von 1000 Euro fest. Der Angeklagte habe sich selbst gefährdet, sagte sie. Daneben habe er in der Verhandlung Einsicht und Reue erkennen lassen. Auf einen Bewährungshelfer verzichtete die Richterin im Urteil, allerdings muss der Angeklagte die Kosten des Verfahrens tragen.

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05.05.2015

Leben des Säugling stand auf Messers Schneide / Schweres Schütteltrauma: 28-jähriger Exfreund der Mutter freigesprochen - Kritik am Bayreuther Klinikum

Kulmbach. Ein schlimmer Unfall, eine versehentliche Verletzung, ein ärztlicher Kunstfehler oder ein genetisch bedingter Defekt: all das konnten die Richter ausschließen. Einen schlimmen Fall von Kindsmisshandlung dagegen nicht. Doch wer war schuld daran? Trotz einer rund viereinhalbstündigen Verhandlung gab es darauf keine Antwort. Ein ursprünglich angeklagter 28-jähriger Mann aus dem Landkreis Bayreuth wurde nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten" freigesprochen.

Opfer ist ein vier Monate alter Junge, der nach Einschätzung von Fachleuten wahrscheinlich sein Leben lang an den Folgen leiden wird. Das Kind hatte ein schlimmes Schütteltraume erlitten. Staatsanwalt Bernhard Böxler zählte Einblutungen an der Hirnhaut, Hirnfunktionsstörungen, Netzhauteinblutungen und eine halbseitige Lähmung auf.

Schuld daran sollte ursprünglich der 28-Jährige sein. Der Ex-Freund der Kindsmutter war einen Abend lang alleine mit dem Säugling. Er sollte das Kind hochgenommen, heftig geschüttelt und mit dem Kopf gegen etwas gestoßen haben. So jedenfalls stellte es sich Staatsanwaltschaft zunächst vor. Beweise dafür gab es keine, Zeugen auch nicht.

Er habe sich den ganzen Abend lang um das Kind gekümmert, sagte der junge Mann. Er habe immer wieder das Fläschchen gemacht, habe das Kind umgezogen und sich um alles gekümmert. Trotzdem habe der Junge immer wieder geschrien, auch mal ganz heftig, er sei immer wieder aufgewacht, auch dann als die Mutter wieder nach Hause kam. Nachdem es die ganze Nacht  so weiterging und sich das Kind schließlich mehrfach erbrach, habe man das Krankenhaus angerufen.

Nachdem die dort empfohlenen Zäpfchen auch nicht weiterhalfen und ein Ultraschall und eine Blutentnahme zu keinem Ergebnis führte, entschlossen sich Ärzte zu einer Computertomographie in Bayreuth. Das alarmierender Ergebnis: zwei Hirnblutungen, eine ältere und eine frische. Wohl um das Leben des Kindes zu retten, wurde es in Bayreuth in ein künstliches Koma versetzt. Später folgte eine wochenlange Rehabilitation in einer Spezialklinik in Oberbayern. Warum die Freundschaft des Angeklagten mit der Mutter des Kindes später zerbrach, wurde nicht geklärt. Jedenfalls bekam der Mann eine Kontaktsperre.

"Der Junge war wie mein eigenes Kind", sagte der Angeklagte vor Gericht. Er habe die Kindsmutter kennengelernt, als sie schwanger war und man verstehe sich auch heute noch. Das wurde schnell bei der Zeugenbefragung der 23-jährigen Frau aus Kulmbach deutlich. Der Angeklagte sei super mit dem Kind zurechtgekommen, Probleme habe es nie gegeben.

Scharfe Kritik übte die Frau allerdings am Bayreuther Klinikum. Angeblich soll das Kind kurzzeitig aus dem Koma aufgewacht sein, weil ein Schlauch herausgerutscht war. Das könne schon mal passieren, soll eine Schwester gesagt haben. Jedenfalls sollen sich die Ärzte einer Klinik in Regensburg, wo das Kind zwischenzeitlich Behandlung war, entsetzt über die Behandlung gezeigt haben. „In meinen Augen ist da einiges schief gelaufen“, sagte die Mutter.

Gerichtsmediziner Peter Betz, der ein Sachverständigengutachten über den Fall verfasst hatte, ging an dieser Stelle heftig dazwischen. Das Leben des Kindes habe auf Messers Schneide gestanden, da sei es ganz normal, dass man es in ein künstliches Koma versetzt. „Halten sie sich in der Öffentlichkeit mit solchen Äußerungen zurück“, fuhr er die Zeugin an. „Noch dazu, wenn die Presse im Saal sitzt“, so Betz weiter.

Zwei behandelnde Kinderärztinnen aus dem Klinikum sagten aus, was später auch das Gutachten bestätigte. Insgesamt lagen zwei Schütteltraumata, ein älteres und ein neues vor. „Das Schütteln des Säuglings steht zweifelsfrei fest“, hieß es im Gutachten. Allein durch einen Sturz sei die schwere Verletzung nicht zu erklären. Und noch ein Satz fand sich im Gutachten: das Kind werde einen bleibenden Dauerschaden behalten und sich nicht normal entwickeln können.

Sowohl Freispruch, als auch Verteidigung plädierten daraufhin auf Freispruch. Man könne nicht mit Überzeugung sagen, dass der Angeklagte schuld an den Verletzungen sei, sagte Staatsanwalt Böxler. „Jeder, einschließlich dem Schicksal kommt als Täter in Betracht“, so Verteidiger Jens Bernsdorf aus Bayreuth. Was, wie und durch wen passiert ist, sei letztlich völlig offen.

Das sah auch das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt so. „Jemand muss das Kind geschüttelt haben“, sagte die Richterin, und weiter: „Wir sind überzeugt, der Angeklagte, die Kindsmutter oder die Großmutter des Kindes wissen es.“ Das Gericht sei allerdings nicht in der Lage, festzustellen, wer es war. Sämtliche Kosten und Auslagen fallen nun zu Lasten der Staatskasse.

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17.04.2015

Verlobt aber noch verheiratet: Zeugin musste gegen Lebensgefährten aussagen 35-jähriger Mann aus dem Landkreis wegen Körperverletzung zu Geldstrafe verurteilt – 17 Vorstrafen in 20 Jahren

Kulmbach. Mit der Verlobung ist das so eine Sache: eigentlich haben Verlobte vor Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht. Das gilt aber nur, wenn es sich um eine Verlobung im juristischen Sinn handelt. Keine Verlobung im Rechtssinne liegt vor, wenn einer der Partner noch verheiratet ist.

Das wurde einer 35-jährigen Frau aus dem Landkreis jetzt zum Verhängnis. Sie dachte, sie muss nicht gegen ihren Freund aussagen, der sie verprügelt hatte und der wegen Körperverletzung angeklagt war. Erst als Richterin Sieglinde Tettmann mit Beugehaft drohte wurde der Frau der Ernst der Lage bewusst. Mit großem Zögern und schweren Herzens musste sie ihren Freund, mit dem sie sich längst wieder versöhnt hatte, doch belasten und der ebenfalls 35-Jährige wurde daraufhin zu einer Geldstrafe von 1050 Euro (70 Tagessätze zu jeweils 125 Euro) verurteilt.

Damit war er eigentlich noch gut davon gekommen, denn der Mann hatte 17 Eintragungen im Vorstrafenregister, darunter mehrere Verurteilungen wegen Gewaltdelikten und auch wegen Trunkenheitsdelikten. Auch Gefängniserfahrung hatte er schon und davon wird er bald noch mehr sammeln können. Richterin Tettmann eröffnete dem 35-Jährigen, dass seine letzte Bewährungsstrafe wegen mehrerer Trunkenheitsfahrten im Jahr 2012 widerrufen wurde, weil er die dazugehörige Geldauflage nicht bezahlt hatte. Das heißt: ungeachtet der jetzigen Verurteilung muss der Angeklagte schon bald für ein Jahr ins Gefängnis.

Diesmal wurde er verurteilt, weil er seiner Freundin Ende November so heftig mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen hatte, dass die Frau eine blutende Nase erlitt. Er sei mit seinem Kollegen gegen drei Uhr in der Wohnung des Pärchens eingetroffen, nachdem die Frau die Polizei verständigt hatte. Die Frau habe „extrem laut“ geschrien und geweint und sei völlig aufgelöst gewesen, berichtete der Polizist. Eine Zeugenvernehmung sei nicht möglich gewesen, da beide erheblich betrunken waren. Einige Tage später sei die Frau auf der Dienststelle erschienen und habe berichtet, dass sie kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung habe. Doch da war es zu spät, die Ermittlungen von Polizei  Staatsanwaltschaft waren bereits in vollem Gang.

„Ich wollte eigentlich gar nichts dazu sagen“, ließ die Frau nun vor Gericht verlautbaren. „Das geht nicht“, machte ihr Richterin Tettmann unmissverständlich klar, nachdem sie erfahren hatte, dass die Frau noch verheiratet ist. Da dürfe man nämlich gar keine Verlobung eingehen. Im Nachhinein nichts davon wissen z wollen, das gehe ebenfalls nicht, wenn Polizei und Staatsanwaltschaft Kenntnis von einer Straftat erlangen, erläuterte die Richterin der Zeugin ihre Aussagepflicht.

Also rückte die Frau nach und nach mit der Wahrheit heraus.  Man habe sich getrunken, gestritten, herumgeschrien, sich beleidigt und schließlich wieder versöhnt. Wenn da nicht der heftige Schlag ins Gesicht gewesen wäre. Ja, sie habe eine auf die Nase bekommen und eine Woche lang unter den Schmerzen gelitten, räumte die Zeugin schließlich kleinlaut ein.

Für die Staatsanwaltschaft war vor allem die lange Liste an Vorstrafen interessant. 17 Einträge zwischen 1991 und 2012 sind dort zu finden, viele einschlägige und viele in Verbindung mit Alkohol. Nachdem die Frau aber keinerlei Interesse an einer Strafverfolgung hatte und es sich ohnehin um eine Beziehungstat handelte, forderte die Vertreterin der Anklagebehörde die letztlich auch verhängte Geldstrafe in Höhe von 1050 Euro.

Richterin Tettmann erkannte die Beziehungstat als besondere Umstände an, ließ aber auch das Vorstrafenregister nicht außer Acht. Bei einem nicht vorbestraften Angeklagten hätte man über eine Einstellung nachdenken können, sagte Tettmann. So muss der Angeklagte nun auch die Kosten des Verfahrens tragen.

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16.03.2015

Mit Haschisch gegen Multiple Sklerose / Drogenkonsum nachvollziehbar – Angeklagter kam mit Bewährung davon

Kulmbach. Soll der Konsum weicher Drogen freigegeben werden? Darüber diskutieren gegenwärtig Politik und Gesellschaft. Eine Verhandlung vor dem Amtsgericht in Kulmbach zeigte am Montag klar, welche Brisanz in dem Thema steckt. Ein 33-jähriger Mann aus dem Kulmbacher Landkreis, der nachweislich seit 20 Jahren an Multiple Sklerose erkrankt ist, konsumierte jahrelang Haschisch in größeren Mengen, um seine Schmerzen zu lindern. Das Amtsgericht verurteilte ihn wegen unerlaubten Drogenbesitzes zu zwei Jahren auf Bewährung.

Selbst die Vertreterin der Anklagebehörde, Staatsanwältin Katharina Roggenbrodt nannte den Eigenkonsum aufgrund der schweren Erkrankung nachvollziehbar. Auch Landgerichtsarzt Dr. Klaus-Peter Klante bezeichnete es als einleuchtend, dass der Angeklagte eine Erleichterung nach dem Konsum von Haschisch verspürt. Subjektiv sei nach dem Konsum eine Erleichterung klar gegeben, gleichzeitig könne man aber auch eine Suchterkrankung nicht ausschließen. Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach wurde deutlicher: „Ich denke, wenn wir in fünf oder sechs Jahren hier stehen, wird diese Droge nicht mehr unter Strafe stehen.“

Der Angeklagte hatte von einem der führenden Köpfe  des Kulmbacher Haschischrings zwischen 2009 und 2014 insgesamt 7,5 Kilogramm Haschisch zum Grammpreis von sechs bis sieben Euro erworben und alles selbst konsumiert. Anhaltspunkte, dass der Angeklagte auch gedealt hat, lagen keine vor. Auch wenn zu Beginn der Verhandlung noch von niedrigeren Mengen seitens der Verteidigung die Rede war, räumte der 33-jährige die großen Mengen letztlich auch ein.

Er habe damit nicht nur Schmerzen vermindert, sondern auch die absolut heftigen Nebenwirkungen  manch schwerer Arzneimittel bekämpft, sagte er. Bereits als Schüler sei 1995 die Erkrankung mit einem ersten Schub aufgetreten und habe sich mit Gleichgewichtsstörungen und starker Taubheit von Händen, Füßen und Beinen bemerkbar gemacht. Trotzdem machte der Mann seinen Schulabschluss, stand eine Ausbildung durch und ist mit einigen krankheitsbedingten Lücken bis heute berufstätig.

„Man kennt die Ursachen der Multiplen Sklerose nicht, deshalb kann man sie auch nicht bekämpfen“, sagte Landgerichtsarzt Dr. Klante. Man könne auch nicht sagen, welche konkreten Auswirkungen und welche Symptomatik die Krankheit letztlich zeigt. Sicher sei es dagegen, dass die Medikamente ein erhebliches Nebenwirkungspotential haben. Er habe kein Problem, mit der Droge umzugehen, er habe keinerlei Abhängigkeits- oder Entzugserscheinungen, beteuerte der Angeklagte. Genau deshalb sei es auch ein minderschwerer Fall, so Rechtsanwalt Schmidtgall noch lange vor dem Plädoyer.

Das sah später aber auch die Staatsanwältin so, und zwar trotz der hohen Menge und trotz der Tatsache, dass die juristisch festgelegte geringe Menge um ein vielfaches überschritten sei. Von allen anderen wegen Betäubungsmittelstraftaten angeklagten Personen unterscheide sich der Angeklagte dadurch, dass er seit 20 Jahren an Multipler Sklerose leidet. Katharina Roggenbrodt plädierte wegen Drogenbesitzes in 15 Einzelfällen auf die letztlich auch verhängte Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Sein Mandant werde wohl künftig einen anderen Weg finden müssen, um seine Schmerzen in den Griff zu bekommen, so Verteidiger Schmidtgall, der ebenfalls auf zwei Jahre mit Bewährung plädierte.

Die vorsitzende Richterin Nicole Allstadt setzte neben der Bewährungsstrafe eine Geldbuße in Höhe von 2400 Euro zu Gunsten der Organisation Ärzte ohne Grenzen fest und erteilte dem Angeklagten die Weisung, sich künftig illegaler Drogen zu enthalten. Das soll vierteljährlich mit einem Drogenscreening überwacht werden. Es gebe keine andere Möglichkeit, als mit legalen Mitteln die Schmerzen der Erkrankung zu bekämpfen. Für den Angeklagten gilt, was für jeden anderen auf Bewährung Verurteilten auch gilt. Verstößt er gegen die Auflagen oder wird er in den kommenden drei Jahren erneut straffällig droht ein Widerruf der Bewährung und der Angeklagte muss die zwei Jahre hinter Gittern absitzen.

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19.02.2015

Verkehrswidrig und rücksichtslos: Gewagtes Überholmanöver /
61-jähriger Brummifahrer akzeptierte Strafbefehl über 2000 Euro und dreimonatiges Fahrverbot

Kulmbach. Das war knapp: Am 12. September des vergangenen Jahres gegen 9.45 Uhr überholte ein Sattelschlepper auf der Bundesstraße B303 kurz nach Stadtsteinach bei Ziegelhütten in Richtung Untersteinach einen anderen Sattelschlepper. Genau dort, wo der Fahrbahnverlauf recht unübersichtlich und kurvig ist, so heißt es in der Anklage, die einem 61-jährigen Brummifahrer aus Neutraubling bei Regensburg eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung zur Last legte.

Tatsächlich wäre es beinahe zum Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden Pkw gekommen. Das Fahrzeug musste ausweichen und kam im Parkett zu stehen. Pech für den Lkw-Fahrer: es war nicht irgendein Pkw, der da entgegenkam, sondern ein Polizeifahrzeug, besetzt mit zwei Beamten und einer Schülerpraktikantin. Die Beamten fackelten nicht lange, kehrten um und verfolgten den Sattelzug, der Fensterrahmen aus Aluminium geladen hatte. Kurz vor Wirsberg hielten sie den Brummi auf einem Parkplatz parallel zur Fahrbahn an, führten die routinemäßigen Kontrollen durch und baten den Fahrer auf die Dienststelle nach Stadtsteinach. Ergebnis war ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft über 40 Tagessätze zu jeweils 50 Euro (2000 Euro) und ein dreimonatiges Fahrverbot.

Dagegen legte der Mann Einspruch ein, und so fand vor dem Amtsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Nun hatte der angeklagte Brummi-Fahrer Gelegenheit, seine Sicht der Dinge zu schildern und die wichen von der Schilderung der Beamten in vielen Kleinigkeiten ab. So stritt man sich über die genaue Stelle des Überholvorgangs, übers Wetter damals und darüber, ob die Beamten tatsächlich auf dem Bankett zu stehen kamen. „Ich bin mir ganz sicher, dass das Polizeifahrzeug nicht ins Bankett gefahren ist“, sagte der Brummifahrer. „Wir mussten auf das Bankett ausweichen, sonst hätte es einen Frontalzusammenstoß gegeben“, so der Polizist, der auf dem Beifahrersitz saß. „Pass auf“ habe er reflexartig und lautstark seinen Kollegen angeschrien, so erschrocken sei er damals von dem gefährlichen Manöver des Brummi-Lenkers.

Auch an dem Lkw-Fahrer, den er überholte, ließ der Angeklagte kein gutes Haar. „Er ist extrem langsam vor mir rausgezogen, man könnte auch sagen, ich bin behindert worden“, sagte der Brummifahrer. Später habe er die Beamten gefragt, ob sie überhaupt abbremsen mussten, doch eine klare Antwort habe er von den Polizisten nicht erhalten.

Ein wenig klein bei hatte der Angeklagte damals aber anscheinend doch gegeben. Er sei sichtlich erschrocken gewesen und habe spontan gesagt, das sei jetzt ein Riesenfehler gewesen, so einer der Beamten auf die Frage nach der ersten Reaktion des Brummifahrers. Auch vor Gericht gab der Angeklagte zu: „Es war schon knapp, ich würde das nicht mehr machen.“

Nach langem hin und her, nach einer ausführlichen Begutachtung der Beweisfotos und nach Gesprächen hinter verschlossenen Türen zwischen Richterin Sieglinde Tettmann, Staatsanwältin Dominique Amend und Verteidiger Andreas Piel nahm der Angeklagte seinen Einspruch zurück. Das bedeutet im Klartext: es bleibt beim Strafbefehl 2000 Euro.

Doch damit nicht genug. Die Rücknahme des Strafbefehls bedeutet auch, es bleibt beim dreimonatigen Fahrverbot, und zwar ab sofort. Der Angeklagte fiel aus allen Wolken, als er realisierte, dass er nun nicht mehr nach Hause nach Neutraubling fahren darf. Für den Mann brach eine Welt zusammen. Lauthals schimpfte er noch am Handy vor dem Gerichtsgebäude. Wie er letztlich nach Hause kam, ist nicht bekannt.

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04.12.2014

Hofer Entführungsprozess: Geiselnahme statt Bankraub  / Landgericht verhängt hohe Haftstrafen gegen zwei Männer aus Tschechien

Hof. Für Andre Schlatter, Rechtsanwalt und Kommunalpolitiker aus der Schweiz, war es der Alptraum seines Lebens: Petr R. (22) und Tomas K. (24) haben den 51 Jahre alten Mann am 29. März dieses Jahres in einer Tiefgarage im schweizerischen Sankt Gallen überfallen und von seinem Konto fast 2000 Franken abgehoben. Doch damit nicht genug: Die beiden Tschechen nahmen den Schweizer neun Stunden lang als Geisel auf eine Irrfahrt quer durch Baden Württemberg und Bayern mit, setzten ihn schließlich in Kautendorf bei Hof aus und fuhren mit seinem Auto, einem BMW 530d zum Neupreis von fast 100000 Euro, davon. Das Handy des Angeklagten und seine 12000 Euro teure Armbanduhr nahmen sie ebenfalls mit.

Vor dem Landgericht in Hof wurden die beiden Tschechen am Donnerstag wegen erpresserischen Menschenraubes und schwerer räuberischer Erpressung zu Haftstrafen von fünfeinhalb und sechs Jahren verurteilt. Nur der gefestigten Persönlichkeit des Opfers sei es zu verdanken, dass der Mann die Tat relativ gut überstanden hatte und augenscheinlich keine Spätfolgen davon trägt, sagte der vorsitzende Richter Bernhard Heim. Den beiden Angeklagten bescheinigte die Kammer eine hohe kriminelle Energie, ging aber in beiden Fällen von verminderter Schuldfähigkeit aus

Während der drei Tage andauernden Hauptverhandlung hatten die beiden Männer die Tat eingeräumt. Allerdings beschuldigten sie sich gegenseitig, die Idee dazu gehabt zu haben. Die Angeklagten, die sich bei einer Fremdenlegion kennengelernt hatten, waren mit einem Linienbus von Prag aus in die Schweiz gefahren, eigentlich, um eine Bank auszurauben. Vor Ort hatten sich die beiden hochverschuldeten Männer dann aber kurzfristig anders entschieden und waren per Zufall auf den 51-jährigen Anwalt mit der Nobelkarosse gestoßen.

Ein Sachverständiger hatte Petr R. eine verminderte Intelligenz bescheinigt. Der Ältere der beiden soll während der Tat stark betrunken gewesen. Tomas K. hatte sich zwei Tage nach der Tat im sächsischen Pirna der Polizei gestellt. Sein Komplize Petr R. wurde kurz zuvor in Tschechien festgenommen, im BMW seines Opfers. Noch im Gerichtssaal einigten sich Angeklagte und Opfer auf ein Schmerzensgeld von 7500 Euro.

Staatsanwalt  Robert Burger hatte zuvor Haftstrafen von acht beziehungsweise sechseinhalb Jahren gefordert. Der Anklagevertreter sprach von neun Stunden Angst, neun Stunden Ungewissheit und einem zufälligen Opfer, das Todesängste ausgestanden habe. Als treibende Kraft bezeichnete der Staatsanwalt den 24-jährigen Tomas K. Er habe den Pkw geführt und das Kommando übernommen, deshalb auch die deutlich höhere Strafe.

Der Verteidiger von Tomas K. Rechtsanwalt Walter Bagnoli plädierte dagegen genau auf die Hälfte, auf vier Jahre Haft. Beide Angeklagten hätten gleichrangig gehandelt, eine treibende Kraft, wie vom Staatsanwalt in den Raum gestellt, habe es nicht gegeben. Es habe überhaupt keinen Plan und keine Vorstellung von der Tatausführung gegeben, sagte der Verteidiger. Er plädierte außerdem auf einen minderschweren Fall, weil sein Mandant erheblich alkoholisiert gewesen sei, Auto, Handy und Armbanduhr gleich wieder zurückgegeben worden seien und sich sein Mandant selbst gestellt habe.

Viereinhalb Jahre hatte schließlich der Verteidiger von Petr R., Rechtsanwalt Maximilian Siller, beantragt. Sein Mandant habe eine untergeordnete Rolle gespielt, sei nicht vorbestraft und hätte von der Beute auch nichts bekommen sollen. Sein Mandant bedauere sein Handeln zutiefst, habe sich bereits mehrfach schriftlich und auch mündlich beim Opfer entschuldigt und wisse ganz genau, dass er einen riesigen Fehler begangen habe.

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27.11.2014

Obwohl er nur noch Radler trinkt: Radfahrer wegen Trunkenheit verurteilt / 49-jähriger Mann kommt noch einmal mit Geldstrafe davon

Kulmbach. Wer betrunken mit dem Fahrrad fährt kann auch dann mit dem Gesetz in Konflikt kommen, wenn er gar keinen Führerschein besitzt. Eine entsprechend leidvolle Erfahrung musste jetzt ein 49-jähriger Mann aus Thurnau machen. Vor dem Amtsgericht in Kulmbach wurde er wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 2400 Euro (80 Tagessätze zu jeweils 30 Euro) verurteilt.

Einen Führerschein konnte das Gericht dem Angeklagten nicht abnehmen, den hatte er schon vor Jahren freiwillig abgegeben, nachdem er bereits 2011 wegen eines Trunkenheitsdeliktes verurteilt wurde und es danach zu einem weiteren, ähnlichen Vorfall kam. „Jetzt darf aber nichts mehr passieren“, gab Richterin Sieglinde Tettmann dem 49-jährigen mit auf dem Weg und meinte damit, dass bei der nächsten Verurteilung wegen Trunkenheit eine Freiheitsstrafe unumgänglich ist.

Eigentlich wäre die Trunkenheitsfahrt gar nicht aufgefallen, wäre der Angeklagte nicht auf der Gemeindeverbindungsstraße von Lindau nach Schwingen im Ortsbereich von Neudrossenfeld schwer gestürzt. Der Mann sei schon „geschlingert“, als es plötzlich laut krachte, erinnerte sich eine Anwohnerin, die sofort den Ernst der Lage erkannte und einen Rettungswagen verständigte. Eine Woche lang lag der Mann daraufhin im Klinikum, unter anderem wegen einer komplizierten Platzwunde am Kopf und wegen einer Verletzung an der Schulter.

Hauptproblem des Angeklagten war der Alkohol. 1,68 Promille waren es diesmal. Auch wenn er beteuerte, seit geraumer Zeit nur noch Radler zu trinken, so musste der Radfahrer dann doch zugeben, direkt vor der Verhandlung „zum Aufwärmen“ einen Punsch am Kulmbacher Marktplatz konsumiert zu haben. Staatsanwältin Sandra Staade hatte im Gerichtssaal als erste die Fahne gerochen. Bei dem Sturz selbst hatte der Angeklagte „als Wegzehrung“ auch noch einige Flaschen Bier in den Satteltaschen, die bei dem Sturz zu Bruch gegangen waren.

Zu seiner Entschuldigung berichtete der Angeklagte in der Hauptverhandlung von privaten Problemen, Krankheiten, Geldsorgen und, dass er vor dem Vorfall mit Freunden gefeiert hatte. Im Frühjahr, so kündigte er an, werde er eine Entzugstherapie machen, entsprechende Vorgespräche habe er bereits mit der Suchttherapie geführt.

Staatsanwältin Staade forderte in ihrem Plädoyer die letztlich auch verhängte Geldstrafe von 2400 Euro. Der Angeklagte habe zwar den Sachverhalt vollumfänglich eingeräumt, zumindest so weit er sich erinnern konnte, er habe sein Bedauern geäußert und habe sich letztlich selbst am meisten geschadet, doch ist er auch einschlägig vorbestraft. „Der Angeklagte hat offensichtlich ein Alkoholproblem, das er angehen muss“, so die Anklagevertreterin.

Richterin Tettmann schloss sich mit dem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft an, zusätzlich muss der Mann auch die Kosten des Verfahrens tragen. Tettman erinnerte in ihrer Urteilsbegründung vor allem daran, dass jeder Mensch ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille als absolut fahruntüchtig gilt. Das gilt natürlich auch für Radfahrer.

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19.11.2014

Krankenhausreif gebissen / Hundeattacke in Stadtsteinach: Körperverletzung wurde eingestellt, doch Opfer will 10000 Euro Schmerzensgeld

Kulmbach/Stadtsteinach. An den 24. Mai dieses Jahres wird ein 44-jähriger Mann aus Stadtsteinach noch lange denken. Völlig unvermittelt wurde er unweit vom Marktplatz beim Ausführen seines kleinen Chihuahua-Hundes von einem riesigen Mischlingshund angegriffen, zu Boden geworfen und mehrfach gebissen. Drei große Bisswunden im Oberschenkel mussten genäht, mehrere Reißwunden versorgt werden. Kratzer und blaue Flecken erlitt er am ganzen Körper. 13 Tage war der Mann im Kulmbacher Klinikum stationär untergebracht.

Halter des Hundes ist eine 52-jährige Frau, ihre 18 Jahre alte Tochter war am 24. Mai mit dem Hund in Stadtsteinach unterwegs. Beide mussten sich am Mittwoch vor dem Amtsgericht wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten, gegen beide wurde das Verfahren vorläufig eingestellt, einmal gegen eine Geldbuße in Höhe von 2500 Euro, im Falle der Tochter gegen 50 Stunden gemeinnützige Arbeit. Ein zivilrechtliches Verfahren steht noch aus. Ob die Halterin dabei so gut weg kommt ist fraglich, immerhin fordert der Verletzte 10000 Euro Schmerzensgeld.

Pikant ist die Hundeattacke vor allem deshalb, weil der Halterin von der Stadt bereits einige Auflagen in Bezug auf den drei Jahre alten Hund, eine Mischung aus Berner Sennenhund und Kroatischer Hirtenhund, gemacht wurden. Das 32 Kilogramm schwere Tier dürfe nur von Erwachsenen und körperlich geeigneten Menschen an einer eineinhalb Meter langen Leine ausgeführt werden, heißt es in dem Schreiben der Behörde.

Grund dafür ist, dass der Hund schon einmal wegen seines Beißverhaltens auffällig wurde. Trotzdem ging die Tochter am 24. Mai mit dem Tier Gassi und nicht nur das, sie nahm auch den zweiten Hund der Familie mit, ebenfalls ein Mischlingshund, ähnlich groß und vom Gewicht her sogar noch etwas schwerer als der Übeltäter im vorliegenden Fall.

„Der Hund beißt nicht“, sagte die Angeklagte. Weil das aber grundsätzlich jeder Hundebesitzer sagt, hatte die Frau sogar die Einschätzung eines Tiertrainers parat, der dem Sennen- und Hirtenhund angeblich attestierte, keinerlei aggressive Grundhaltung zu besitzen. „Außer er wird geschlagen“, sagte die Frau und warf dem Opfer genau das vor.

Problem dabei war, dass die Frau bei der verhängnisvollen Hundeattacke gar nicht dabei war und ihr auch nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie den Hund ihrer Tochter zum Ausführen gegeben hatte. Offen und ehrlich räumte die Tochter ein, dass sie zu faul gewesen sei, mit den Hunden nacheinander auszugehen und deshalb entgegen aller Abmachungen und Auflagen mit beiden Hunden auf einmal Gassi ging. Ob das Opfer ihren Hund geschlagen hatte, wusste die junge Frau nicht. Trotzdem sagte sie: „Ich könnte mir das schon vorstellen.“

In der Aussage des Mannes war davon natürlich nicht die Rede. Im Gegenteil: der Hund habe ihn schon einmal angefallen, sagte er, wovon Mutter und Tochter allerdings nichts wussten oder wissen wollten. Der Vorfall beschäftige ihn sehr, sagte der Zeuge. Noch heute seien die Verletzungen nicht ausgeheilt, sein rechter Oberschenkel sei taub, ein Zustand, der nach Meinung der Ärzte wohl auch nicht mehr vergehen wird.

Nach Auffassung von Richter Christoph Berner sei trotzdem der strafrechtliche Nachweis einer fahrlässigen Körperverletzung gegen die Halterin schwierig zu führen. „Das Ganze ist sicher suboptimal gelaufen“, sagte er zu der Angeklagten. Schließlich kamen Gericht und Staatsanwaltschaft ungeachtet der noch folgenden Zivilrechtlichen Verhandlung um das Schmerzensgeld überein, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 2500 Euro zu Gunsten des Opfers einzustellen.

Genauso bei der Tochter, die, obwohl selbst schon Mutter, zur Tatzeit Heranwachsende im Sinne des Gesetzes war und die der Jugendgerichtshilfe zufolge aufgrund des familiären Hintergrunds auch nach Jugendstrafrecht eingestuft werden sollte. Hier stehen erzieherische Maßnahmen im Vordergrund und so entschieden Gericht und Staatsanwaltschaft ebenfalls auf eine Einstellung, diesmal gegen 50 Stunden gemeinnützige Arbeit bei der Geschwister-Gummi-Stiftung in Kulmbach. Der betreffende Sennen- und Hirtenhundmix soll noch im laufenden Jahr weggegeben werden, hieß es.

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15.10.2014

Einbrüche aus purer Langeweile und Lethargie / Vier Kulmbacher wegen beispielloser Aufbruchsserie durch Kleingartenanlagen  vor Gericht

Kulmbach. Über 50 Einbrüche, fast 18000 Euro Sachschaden, rund 4000 Euro Entwendungsschaden: es war ein beispielloser Beutezug, den vier junge Männer zwischen 18 und 20 Jahren in mehrere Kleingartenanlagen und Wochenendsiedlungen in Kulmbach unternommen haben. Am Mittwoch mussten sich vier Männer aus Kulmbach und Untersteinach wegen schweren Bandendiebstahls, Sachbeschädigung und mehrerer anderer Straftaten in einer Vielzahl von Fällen vor dem Amtsgericht verantworten. Am Ende standen Jugendstrafen auf Bewährung zwischen einem Jahr und vier Monaten bis hin zu zwei Jahren.

„Eine Serie dieses Ausmaßes ist vor dem Jugendschöffengericht in Kulmbach noch nicht verhandelt worden, sagte Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner, der die Dimension der Straftatenserie als „absolut ungewöhnlich“ bezeichnete. Auch Staatsanwältin Katharina Truckenbrod nannte die Serie „nicht alltäglich“. Wenn das Gericht letztlich aber doch auf die 75 Zeugen, in der Regel alles Geschädigte, verzichten konnte, dann vor allem deshalb, weil alle vier Angeklagten die Straftatenserie ohne Wenn und Aber einräumten und zu ihren Taten standen.

Initiatoren waren ein 20-jähriger arbeits- und berufsloser Mann und ein 18-jähriger Auszubildender, beide aus Kulmbach. Bei einer Vielzahl an Taten dabei waren ein 21-jähriger Auszubildender aus Untersteinach und ein 20-jähriger Arbeitsloser aus Kulmbach. Alle vier hatten im September 2012 den Plan gefasst, in die Häuschen von Kleingartenanlagen und in Wochenendhäuser einzubrechen und nach stehlenswerten Gegenständen zu suchen. Teilweise sollen sie dabei mit brachialer Gewalt vorgegangen sein, heißt es in der Anklage. Anders wäre es auch nicht zu erklären, dass der Sachschaden den Entwendungsschaden fast um das Vierfache übersteigt. Das Diebesgut, meist Dinge von geringem Wert, warfen die Angeklagten nach den Aufbrüchen einfach weg oder teilten es unter sich auf.

Benzinkanister gehörten dazu, Feuerlöscher, Zigaretten, ein Kasten Bier, Dartpfeile, Turnschuhe oder kleine Mengen Bargeld, aber auch schon mal ein MP3-Player, ein Autoradio-CD-Player und einige teure Notstromaggregate. Zu den betroffenen Kleingartenanlagen gehörten mehrfach die Berliner Brücke, die Anlagen Katzbachtal und Zehn Eichen sowie zwei Mal die Wochenendsiedlung Rauher Berg in Leuchau. An den Sicherheitsvorrichtungen scheiterte der Einbruch in ein Geschäft in Weiher, gleichwohl hinterließen die Angeklagten dort einen Sachschaden in Höhe von 500 Euro.

Einen Bruch, der unter allen anderen herausragt, hatte der 20-jährige Kulmbacher alleine begangen. Er war dabei in seinen  ehemaligen Ausbildungsbetrieb, eine Büchsenmacherei in Kulmbach eingestiegen und hatte eine Soft-Air-Waffe, den Nachbau eines Sturmgewehrs, ein Zielfernrohr und ein extrem teures Gewehr im Einzelwert von 14000 Euro gestohlen. Was damit geschehen ist, kam während der Verhandlung nicht zur Sprache. Den Entwendungsschaden bezifferte die Anklage auf insgesamt 18400 Euro, den Sachschaden auf 5000 Euro. Etwa die Hälfte des Diebesgutes konnte zurückgegeben werden, berichtete ein Polizist, der die Einbruchserie in mühevoller Kleinarbeit bearbeitet hatte und im Zeugenstand mit einem Wäschekorb voller Aktenordner erschienen war.

Die Angeklagten selbst konnten sich ihre Taten selbst nicht mehr genau erklären. „Es war alles ganz spontan“, sagte der 20-jährige. Man sei frustriert gewesen und habe nicht über die Folgen nachgedacht, so der 21-Jährige. „Wir hatten nichts zu tun, uns war langweilig“, beklagte der 18-Jährige und der vierte Angeklagte bekannte offen: „Ich habe aus Blödheit mitgemacht.“ Alle vier Angeklagten hatten bereits eine oder mehrere Vorstrafen, vor allem wegen verschiedener Drogengeschichten.

Nur einer der vier Angeklagten war zur Tatzeit Jugendlicher, also unter 18 Jahre alt, die anderen drei waren Heranwachsende im Sinne des Gesetzes, also unter 21 Jahren. Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe sprach sich deshalb in alle Fällen für eine Jugendstrafe aus. Staatsanwältin Roggenbrod forderte für die vier Angeklagten Bewährungsstrafen von je nach Tatbeteiligung zwischen einem Jahr und vier Monaten sowie zwei Jahren, jeweils in Verbindung mit Arbeitsstunden und einer Geldauflage. Die vier Verteidiger plädierten auf Bewährungsstrafen  von zwischen einem Jahr und zwei Monaten und zwei Jahren, sprachen sich aber für deutlich geringere Arbeits- und Geldauflagen aus.

Das Gericht schloss sich der Staatsanwaltschaft an und verurteilte das Quartett schließlich zu Strafen zwischen einem Jahr und vier Monaten bis hin zu zwei Jahren. Ebenfalls nach Tatbeteiligung wurden den Angeklagten zwischen 100 und 200 unentgeltliche Arbeitsstunden auferlegt. In zwei Fällen gab es Geldauflagen von jeweils 700 Euro und der 20-jährige Angeklagte, der im Gegensatz zu den anderen Angeklagten noch immer ein Drogenproblem hat, muss zur Suchtberatung.

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29.09.2014

Mit Metallresten Drogenkonsum finanziert  / Drei mutmaßliche Metalldiebe aus Kulmbach vor Gericht

Bayreuth/Kulmbach. Wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen müssen sich seit Montag drei Männer aus Bayreuth, Kulmbach und Münchberg vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Die drei Angeklagten, 24, 27 und 47 Jahre alt, sollen Ende 2011 und Anfang 2012 bei einem Kulmbacher Firma verschiedene Metallreste beiseite geschafft und an eine Recyclingfirma weiterverkauft haben. Alle drei waren Mitarbeiter des Betriebes.

Metallschrott ist nicht etwa Abfall, sondern ein wertvoller Rohstoff. Fast 25 Euro soll ein Kilogramm Metall bringen. Der Hauptangeklagte, ein 27-jähriger Mann, der damals im Gegensatz zu den anderen beiden Angeklagten schon nicht mehr für den Metallverarbeitungsbetrieb tätig war, soll den 24-jährigen Mitangeklagten angestiftet haben, die Reste regelmäßig während der Nachtschicht einzusammeln, in einem Karton zu verpacken und an einen Zaun des Fabrikgeländes abzustellen.

Dort soll der Hauptangeklagte den zehn Kilogramm schweren Karton dann abgeholt und an einen Recyclinghändler in Kronach verkauft haben. Fast 12000 Euro soll er binnen sechs Monate erlöst haben, mit bis zu 5000 Euro habe er den 24-Jährigen entlohnt. Der dritte Angeklagte war mit in die Sache geraten, weil er das Geschehen beobachtet hatte. Der 24-Jährige hatte ihn daraufhin eingeweiht und am Gewinn mit insgesamt rund 1000 Euro beteiligt, was der Mann vor Gericht heftig bestritt.

Der 27-jährige räumte zum Prozessauftakt alles ein. Sein Motiv war seine Drogenabhängigkeit. Zusätzlich zu seinen 1300 bis 1400 Euro Nettolohn im Monat will er sich so fast ein halbes Jahr lang 800 bis 1000 Euro nebenbei „verdient" haben. "Ich habe täglich Cannabis konsumiert und das ganze Geld dafür gebraucht", sagte er.

Vor Gericht stellte sich am ersten Verhandlungstag auch heraus, dass die Beteiligten zunächst allen Ernstes geglaubt hatten, sie täten der Firma einen Gefallen. Von einem Vorarbeiter wollen sie gehört haben, dass die Firma für den Abtransport des Altmetalls Geld bezahlen müsste. Erst als sich am Richtertisch Fassungslosigkeit breit machte, schoben die Verteidiger nach, dass ihren Mandanten natürlich klar gewesen sei, dass ihr Handeln verboten ist.

Nach ungefähr einem halben Jahr nahm das Ganze ein jähes Ende, weil sich herumgesprochen hatte, dass Privatdetektive im Betrieb sind. Offenbar war damals nicht nur der Metallabfall verschwunden, sondern ganze Aufträge, was freilich nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Außerdem soll dem Recyclingabnehmer die Sache komisch vorgekommen sein, er verlangte, angeblich aus steuerlichen Gründen einen Herkunftsnachweis für den Rohstoff.

Gar nichts mit der Sache zu tun haben will der dritte Angeklagte. Der 47-Jährige, der damals in Kulmbach wohnte und heute in Münchberg zuhause ist, gab an, dass er zwar von den Altmetall-Geschäften erfahren habe, ihm aber von Anfang an die Konsequenzen klar gewesen seien. „Für mich war das Thema schnell erledigt“, sagte er. Warum er vom Hauptangeklagten beschuldigt werde, mitgemacht zu haben, könne er sich nicht erklären.

30.09.2014

Freispruch, Bewährung, Gefängnis: Plädoyers im Fall der mutmaßlichen Metalldiebe / Hauptangeklagter 27-jähriger Kulmbacher soll weitere zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis

Bayreuth/Kulmbach. Im Prozess um die Metalldiebstähle vom Betriebsgelände eines Kulmbacher Unternehmens Ende 2011, Anfang 2012, soll der Hauptangeklagte 27-Jährige zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das hat die Staatsanwaltschaft  am zweiten Verhandlungstag beantragt. Für den mitangeklagten 24-jährigen Kulmbacher forderte Anklagevertreter Florian Losert eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Dem dritten Angeklagten, einen 47-jährigen Mann aus Münchberg konnte nach Ansicht von Staatsanwaltschaft und Verteidigung kein Tatbeitrag nachgewiesen werden, so dass beide Seiten einen Freispruch forderten.

15 Vorstrafen hat der 27-jährige, 15 Mal wurde er bereits verurteilt, darunter mehrere Male wegen Eigentumsdelikten. Zuletzt schickte ihn die erste große Strafkammer des Bayreuther Landgerichts vor ziemlich genau einem Jahr wegen einer umfangreichen Straftatenserie für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Hauptgrund dafür war eine beispiellose Einbruchserie in Sportheime des Kulmbacher Landes, bei denen er und seine damaligen Mittäter Beute in fünfstelliger Höhe machten. Bisher hatte die Justiz für den Angeklagten, der in Fußfesseln vor den Richtern sitzt, einen Entlassungszeitpunkt für Juni 2019 ausgerechnet. Nun wird es wohl noch später werden. Immerhin wurde eine Teilstrafe aus dem Urteil vom Oktober 2013 in die jetzige Forderung einbezogen.

Ursprünglich war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass die drei Angeklagten bei der Kulmbacher Firma, bei der sie auch beschäftigt waren, regelmäßig Metallreste beiseite geschafft und an eine Recyclingfirma in Kronach weiterverkauft haben. Der 27-Jährige, der damals im Gegensatz zu den anderen beiden Angeklagten schon nicht mehr für den Verarbeitungsbetrieb tätig war, soll den 24-jährigen Mitangeklagten angestiftet haben, die Reste regelmäßig während der Nachtschicht einzusammeln, in einem Karton zu verpacken und an einen Zaun des Fabrikgeländes abzustellen. Dort soll der Hauptangeklagte den zehn Kilogramm schweren Karton dann zu mitternächtlicher Stunde abgeholt und weiterverkauft haben. Fast 12000 Euro soll der Hauptangeklagte binnen sechs Monaten erlöst haben, mit bis zu 5000 Euro davon soll der 24-Jährige entlohnt worden sein.

Von wem die Initiative ausgegangen war, das lasse sich nicht mehr klären, sagte der Staatsanwalt. Er plädierte auf zwölffachen gewerbsmäßigen Diebstahl in besonderen schweren Fall. Zu Gute hielt er den beiden Angeklagten ihr Geständnis, zu Lasten beider das planvolle Vorgehen. Die Forderungen fallen deshalb so unterschiedlich aus, weil der Ältere der beiden erst durch die Angaben des Jüngeren dingfest gemacht werden konnte und weil der Jüngere sowohl bei der Tatausführung als auch bei der Entlohnung eine untergeordnete Rolle spielte. Außerdem wurden beim Hauptangeklagten gleich mehrere Vorstrafen in das Urteil einbezogen und eine Gesamtstrafe gebildet.

Schwere Geschützte fuhr der Verteidiger des Hauptangeklagten, Rechtsanwalt Andreas Piel aus Kulmbach gegen die Staatsanwaltschaft auf. Die Anklagevertretung habe das Verfahren nur deshalb so hoch gehängt, weil sie keine Revision gegen das hohe Urteil bei den Sportheimeinbrüchen durchsetzen konnte. Der Verteidiger sah eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten als absolut ausreichend für seinen Mandanten an

Für den jüngeren der beiden Angeklagten plädierte Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth zwar auf schuldig, forderte aber gleichzeitig, von einer Strafe abzusehen. Grund dafür: die Kronzeugenregelung. Nur durch die umfangreichen Angaben seines Mandanten habe der 27-Jährige überhaupt erst angeklagt werden können.  Nachdem der Tatbeitrag seines Mandanten nicht so groß sei, müsse von einer Strafe abgesehen werden.

01.10.2014

Altmetall beim Recyclinghändler versilbert / Metalldiebstähle: Hauptangeklagter Kulmbacher muss zweieinhalb Jahre ins Gefängnis

Bayreuth/Kulmbach. Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in zwölf Fällen hat das Landgericht in Bayreuth am Mittwoch einen 27-jährigen Mann aus Kulmbach zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Weil der Angeklagte gerade eine andere Strafe absitzt und in das aktuelle Urteil eine weitere Vorstrafe einbezogen wurde, kommt der 27-Jährige nicht vor Ende 2019 auf freien Fuß.

Ein mitangeklagter 24-jähriger Mann, ebenfalls aus Kulmbach wurde wegen seiner deutlich niedrigeren Vorstrafen zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Ein dritter Angeklagter wurde freigesprochen. Dem 47-Jährigen aus Münchberg war nichts nachzuweisen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die beide Altmetall in erheblicher Menge und von beträchtlichem Wert vom Gelände einer Kulmbacher Firma entwendet und zu Geld gemacht hatten. Der Hauptangeklagte war im Jahr 2011 für wenige Monate bei dem Metallverarbeitungsbetrieb beschäftigt. Daher habe er auch gewusst, dass bei der Herstellung von Hartmetallstäben Metallreste anfallen.

Ab Ende 2011 war auch der zweite Angeklagte bei dem Unternehmen beschäftigt. Ihn sprach der Hauptangeklagte eines Tages an, ob er sich nicht etwas dazuverdienen möchte. Gesagt, getan:  schnell waren die beiden übereingekommen, dass der Jüngere immer während seiner Nachtschicht Metallschrott beiseiteschafft, gut verpackt und die entsprechende Kiste am Fabrikzaun abstellt.

Von dort holte sie der 27-jährige zu mitternächtlicher Stunde ab und vertickte die Ware in den folgenden Tagen bei einem Recyclinghändler in Kronach. Das Gericht kam während der dreitätigen Verhandlung auf insgesamt zwölf Einzelfälle mit zusammen 45 Kilogramm Metallschrott.

Nicht anfreunden konnten sich die Richter "aus grundsätzlichen Überlegungen" mit der Forderung von Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth, gegen den 24-Jährigen keine Strafe zu verhängen und stattdessen die Kronzeugenregelung geltend zu machen. Erst durch die Angaben des 24-Jährigen waren die Ermittler auf den 27-jährigen Mittäter gekommen. Allerdings beließen es die Richter bei einer Bewährungsstrafe von neun Monaten und blieben damit weit unter der Forderung des Staatsanwaltes von einem Jahr und drei Monaten. "Wir sind überzeugt, dass der Angeklagte künftig ein straffreies Leben führen wird", sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Der Mann muss außerdem eine Geldauflage von 500 Euro an das Diakonische Werk überweisen, er bekommt einen Bewährungshelfer und muss drei Jahre lang jeden Aufenthaltswechsel dem Gericht melden.

Beim 27-Jährigen war der Schuldspruch identisch, allerdings wurde ein früheres Urteil wegen einer Einbruchsserie in Sportheime im Kulmbacher Land  mit einbezogen. Ob der Mann tatsächlich bis zu 12000 Euro für das Altmetall erlöst hatte, konnte nicht mehr geklärt werden. Der 47-jährige Münchberger wurde schließlich freigesprochen. Er wurde zwar von den Mitangeklagten belastet, doch hatte ihn niemand bei den Diebstählen beobachtet.

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09.09.2014

Dubioser Doktortitel – Grauzone im Gesetz / Doktortitel auf Briefpapier: Dozent zu Geldstrafe verurteilt

Bayreuth. Einen Doktortitel kaufen, das geht per Internet in der Ukraine mit Pseudo-Dissertationen und mit Geld-zurück-Garantie. Das Amtsgericht in Bayreuth hat jetzt einen 59-jährigen Dozenten aus Pegnitz verurteilt, weil er seinen ukrainischen Doktortitel nicht als solchen kenntlich gemacht. Im Gegenteil: er hatte aktiv damit geworben, zum Beispiel auf seinen Internetseiten, unverblümt aber auch in seinem Schriftwechsel mit der Staatsanwaltschaft. Der Mann, mehrfach bereits wegen Betrugsdelikten und Missbrauchs von Titeln vorbestraft, wurde zu 1800 Euro (120 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro) verurteilt, deutete aber gleich nach der Urteilsverkündung an, dass er über eine Berufung nachdenkt.

Dr. rer. oec., das ist ein Doktor der Wirtschaftswissenschaften. Erwirbt man einen solchen Titel im Ausland, muss in Deutschland angegeben werden woher der Titel stammt. Kommt der Titel beispielsweise, wie im vorliegenden Fall, von der Kharkow National Universität in der Ukraine muss es korrekt heißen „Dr. rer. oec. (KNU). Der Angeklagte, der ein Bildungsinstitut in Nürnberg und Fürth betreibt und selbst Wirtschaft, Recht und Publizistik unterrichtet, tat dies nicht. Er nannte sich schlicht und einfach „Dr.“ und jeder Bildungsinteressierte ging davon aus, dass der Mann auch in Deutschland promoviert hatte. Keine Rolle spielt es dabei nach Ansicht von Richter Thorsten Meyer, ob wirklich eine Dissertation verfasst, oder ob der Titel tatsächlich nur gekauft wurde.

Der Angeklagte behauptete jedenfalls, hart dafür gearbeitet zu haben. „Ich war sogar einige Male in der Ukraine“, sagte er und gab an, seine Doktorarbeit in englischer Sprache verfasst und übersetzt in ukrainischer Sprache abgegeben zu haben. Die Anklage nannte er deshalb absolut ungerechtfertigt: „Es gibt keinen Anlass für dieses Verfahren, ich bin berechtigt, den Doktortitel zu tragen“, sagte er vor Gericht.

Mit dem langjährigen Bundestagsabgeordneten Ortwin Lowack hatte der Angeklagte einen Verteidiger, der noch immer Verbindungen zur Politik hat und der eigens für das Verfahren vom bayerischen Wissenschaftsministerium eine Stellungnahme einholte. In der hieß es unter anderem, dass das entsprechende Genehmigungsverfahren zum Führen von im Ausland erworbenen Titeln tatsächlich weggefallen ist. Das ist doch eindeutig, sagte der Verteidiger.

Natürlich gehörte für Lowack auch ein Seitenhieb auf Annette Schavan zur Verteidigungsstrategie. Die Ex-Bundesbildungsministerin, heute Botschafterin im Vatikan, hatte ihren Doktortitel noch lange nach der Aberkennung ganz offiziell geführt. Trotzdem sah Lowack auch das bayerische Hochschulgesetz auf der Seite seines Mandanten, auch wenn beim Angeklagten in verschiedenen Beraterbörsen noch immer der Doktortitel ohne Zusatz steht.

Eindeutig war aber auch, dass der Mandant kein unbeschriebenes Blatt ist. Mehrfach war er bereits vorverurteilt, unter anderem deshalb, weil er schon 2005 mit dem Doktortitel einer dubiosen kalifornischen Glaubensvereinigung für sich geworben hatte. 2010 kam er deshalb erneut mit dem Gesetz in Konflikt und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er beim Ankauf eines österreichischen Hotels stets einen Doktortitel in sämtlichen juristischen Belangen geführt hatte. Auch später, als der Mann als Unternehmensberater tätig war, soll er wie selbstverständlich den Doktortitel geführt haben, dieses Verfahren wurde damals eingestellt.

Unzweifelhaft erfüllt sah die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die Anklage. Sie beantragte deshalb einen Bewährungsstrafe von vier Monaten gegen den Angeklagten. Verteidiger Lowack plädierte auf Freispruch. Der Doktortitel könne genehmigungsfrei geführt werden, sagte er und bezog sich dabei auf das bayerische Hochschulgesetz.

„Eben nicht“, begründete Richter Meyer sein Urteil. Der Angeklagte habe den Titel nicht ordnungsgemäß geführt. Der Wert eines ukrainischen Doktortitel sei nicht so hoch, wie der Wert eines deutschen Titels, so der Richter. Genau darauf sei es dem Angeklagten angekommen, um Kunden für sein Bildungsinstitut zu gewinnen. Für potentielle Schüler sei es eben schon von Bedeutung, welche wissenschaftliche Qualifikation bei einem Dozenten vorliegt.

Eine gewisse Einsicht ist wohl auch gegeben, denn mittlerweile tritt der Angeklagte auf seinen eigenen Internetseiten stets mit dem Zusatz „Dr. rer. oec. (KNU)“ auf.

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08.08.2014

Ohne Führerschein: Mit dem Pkw nach Moskau / 29jähriger Mann aus Fürth zu Bewährungsstrafe verurteilt

Kulmbach. Wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis hat das Amtsgericht Kulmbach einen 29jährigen Mann aus Fürth zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Mann hatte allen Ernstes eine, wie er es nannte, „Städtereise“ mit dem Pkw nach Moskau unternommen. Auf dem Heimweg war er auf der A9 nahe Himmelkron geblitzt worden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich dann heraus, dass er schon seit fast zehn Jahren keinen Führerschein mehr hat.

Mit 175 Stundenkilometern wurde er bei erlaubten 120 ertappt, und zwar mit dem Auto des Vaters, der von nichts wusste. Erst als die Geschwindigkeitsübertretung verhandelt wurde, kam heraus, dass der Mann gar keinen Führerschein besitzt. Nach einer Unfallflucht im Jahr 2004 war ihm der Schein abgenommen worden. Seitdem war er mit seinen Anträgen auf einen neuen Schein gescheitert, weil ihn die Führerscheinstelle als aggressiv einstuft. Für den Angeklagten natürlich völliger Blödsinn, doch die Führerscheinstelle meint es ernst.

„Ich habe niemanden geschadet und niemandem gefährdet“, rechtfertigte sich der Angeklagte und glaubte, er kommt damit durch. Dabei hätte es für die Geschwindigkeitsübertretung um 55 Stundenkilometer bereits eine Geldbuße von 268 Euro, ein Monat Fahrverbot und vier Punkte gegeben. Doch das ist jetzt hinfällig, denn die Geschwindigkeitsübertretung ist eine Ordnungswidrigkeit, Fahren ohne Fahrerlaubnis dagegen eine Straftat.

Ein unbeschriebenes Blatt ist der, mittlerweile von Hartz IV lebende Angeklagte ohnehin nicht. Neun Vorstrafen stehen in seinem Register, unter anderem wegen Hehlerei, Diebstahl, Sachbeschädigung. Mehrfach wurde er bereits zu gemeinnützigen Arbeitsstunden, zu Geldstrafen und zuletzt sogar zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt.

Er habe den Führerschein damals auf Anhieb bestanden, nicht so wie manche Idioten erst beim fünften Mal, rühmte sich der Angeklagte und verwies auf Autofahrer, vor allem in Berlin, wo er längere Zeit lebte, die sich benehmen, „wie die Schweine“. Doch das sollte ihm alles nichts nützen.

“Ich erkenne keine Punkte, die für den Angeklagten sprechen, aber viele, die gegen ihn sprechen“, sagte Staatsanwalt Bernhard Böxler. Zum einen fehle jegliches Unrechtsbewusstsein, zum anderen sei er eine extrem weite Strecke gefahren (Fürth – Moskau, das sind hin und zurück rund 4500 Kilometer). Der Staatsanwalt forderte die letztlich auch verhängten vier Monate auf Bewährung.

Daneben darf der Angeklagte nicht vor Ablauf von eineinhalb Jahren einen neuen Führerschein beantragen, muss 100 Stunden gemeinnützige unentgeltliche Arbeit leisten, muss jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht melden und die Kosten des Verfahrens tragen. „Das ist kein Kavaliersdelikt“, sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Immerhin habe der Angeklagte gestanden, wenngleich er auch keinerlei Einsicht zeige.

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23.07.2014

Schwierige Lagen hervorragend gemeistert / Wechsel an der Spitze der JVA: Gebürtiger Stadtsteinacher Matthias Konopka folgt auf Dieter Waas

Bayreuth. Nach 37 Jahren Tätigkeit im Vollzug, davon 30 Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bayreuth und davon wiederum 21 Jahren als deren Leiter ist Dieter Waas in den Ruhestand verabschiedet worden. Waas war gleichzeitig auch Leiter der JVA in Hof. Als Nachfolger führte der bayerische Justizminister Winfried Bausback den gebürtigen Stadtsteinacher Matthias Konopka in sein neues Amt ein. Konopka leitete zuletzt die JVA Straubing.

Der Festakt zur Amtseinführung von Matthias Konopka und zur Verabschiedung von Dieter Waas fand im Markgräflichen Ordensschloss Bayreuth-St. Georgen im dortigen prunkvoller Saal mit wertvollen Stuckarbeiten und einem historischen Deckengemälde statt. Seit 1897 gehört das Schloss zur JVA und seit vielen Jahrzehnten ist es für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.

Minister Bausback sprach von einem der beeindruckendsten Bauwerken der bayerischen Justiz. Trotz des prunkvollen Rahmens stünden im Bereich des Justizvollzugs allerdings eher knappe Mittel, Funktionalität und Kontinuität im Vordergrund. Auch der scheidende Anstaltsleiter Dieter Waas habe stets für Kontinuität gestanden und sei damit für die bayerische Justiz stets ein Vorbild gewesen. Zum Beispiel, wenn es darum ging, dass der Vollzug in die Gesellschaft eingebunden und in der Stadt beheimatet sei.

Dieter Waas hatte seine Karriere 1977 in Kaisheim gestartet. 1984 wurde er nach Bayreuth versetzt. Bereits ein Jahr später wurde er zum Vertreter des damaligen Anstaltsleiters Werner Springer ernannt, ab 1993 leitete er die Justizvollzugsanstalten in Bayreuth und Hof. Minister Bausback erinnerte an turbulente Zeiten mit Flucht, Geiselnahme oder Dachbesteigungen, alles schwierige Lagen, die Dieter Waas hervorragend gemeistert habe. Ein Zeichen habe Dieter Waas außerdem mit den zahlreichen Baumaßnamen gesetzt. Knapp 13 Millionen Euro seien während seiner Amtszeit in Hof, fast 40 Millionen Euro in Bayreuth investiert worden.

Als Nachfolger von Dieter Waas führte Minister Bausback den Leitenden Regierungsdirektor Matthias Konopka in sein Amt ein. Der gebürtige Stadtsteinacher hatte in Hof das Gymnasium besucht und in Bayreuth Rechtswissenschaften studiert. Er war bislang in den Justizvollzugsanstalten Bernau, Regensburg und Straubing tätig, zuletzt seit 2004 als Leiter der JVA Straubing. Nach 28 Jahren im südbayerischen Exil kehre Matthias Konopka nun nach Oberfranken zurück, so der Minister.

Bild: Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (Mitte) hat den bisherigen Leiter des Justizvollzugsanstalten Bayreuth und Hof, Dieter Waas (links), in den Ruhestand verabschiedet und Matthias Konopka las dessen Nachfolger in sein Amt eingeführt.

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27.06.2014

Kleiner Verein, großer Schaden: Modellflugclub um rund 9500 Euro erleichtert / Griff in die Vereinskasse: Bewährungsstrafe gegen ehemaligen Kassier

Kulmbach. Um rund 9500 Euro hat der langjährige Kassier der Stadtsteinacher Modellfluggruppe in den Jahren 2010 bis 2013 das Vereinskonto erleichtert. „Das war doch klar, dass das irgendwann herauskommt“, sagte Amtsrichterin Sieglinde Tettmann am Freitag, als dem 42-Jährigen vor dem Amtsgericht in Kulmbach der Prozess gemacht wurde. Weil der Mann das erste Mal in seinem Leben verurteilt wurde, kam er mit einer Bewährungsstrafe davon. Ein Jahr und acht Monate wegen Untreue in 36 Fällen lautete das Urteil. Zusätzlich muss der Mann 150 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.

Über drei Jahre ging alles gut. In 36 Einzelfällen hatte der Mann Beträge zwischen 50 Euro und 1000 Euro entweder auf sein Privatkonto umgeleitet, das Geld auf das Konto seines Sohnes oder eines Freundes überwiesen. Auch einige Barabhebungen am Geldautomaten wurden festgestellt. Drei Jahre lang hat keiner was gemerkt, auch nicht bei der Revision oder bei der Jahreshauptversammlung. Den Gesamtschaden listete die Staatsanwaltschaft auf exakt 9445 Euro auf.

„Mir ist alles aus den Fugen geraten“, sagte der Anklagte. Haus gebaut, Frau weg, zwei Kinder in Ausbildung: „Ich war mit der ganzen Situation völlig überfordert“, so der Mann weiter. Mit der Bank habe er damals gesprochen, konnte aber keine Einigung erzielen. „Mir ging es nicht darum, mir ein schönes Leben zu machen, ich wollte einfach nur über die Runden kommen“, beteuerte der sichtlich zerknirschte Ex-Kassier, der 30 Jahre lang Mitglied der Modellfluggruppe war, davon viele Jahre lang in der Vorstandschaft des Clubs mit seinen etwa 80 aktiven und passiven Mitliedern.

Niemand hatte ihm das zugetraut, deshalb waren etwaige Kontrollen auch immer äußert leichtfertig erfolgt und deshalb konnte es auch solange gut gehen. Dazu kam, dass sich der Verein  zum damaligen Zeitpunkt neu aufstellte, viele neue Gesichter in die Vorstandschaft aufrückten und selbst der Revisor sich damit zufrieden gab, dass nicht einmal sämtliche Kontoauszüge lückenlos vorlagen. „Der Revisor hat nur mal flüchtig drüber geschaut“, räumte der Angeklagte ein.

Sehr zu seinen Gunsten wertete es das Gericht später, dass der Angeklagte immer auch wieder kleinere Beträge einbezahlt hat, um Schadenswiedergutmachung zu leisten. So ist bis heute bereits über die Hälfte des Schadens zurückbezahlt worden. Ans Licht kam die Tat 2012 im Zuge einer größeren Veranstaltung, als ein Mitglied Einblick in die Kasse des Vereins genommen hatte. Man forschte nach und kam am schnell drauf, dass irgendetwas nicht stimmt. Bislang hatte der Angeklagte in den Jahreshauptversammlungen seine Abhebungen einfach unterschlagen, Bei der Jahresversammlung 2013 war es dann zum Showdown gekommen. „Ich habe mich so geschämt, dass ich nachts nicht mehr schlafen konnte“, zeigte der Angeklagte ernsthaft Reue.

Die Kassenberichte seien schon immer recht mager gewesen, sagte ein Vorstandsmitglied in seiner Zeugenaussage. Der Mann war es auch, der letztlich Anzeige erstattet hatte. Er habe damals als erster gemerkt, dass etwas nicht stimmt und dass der Angeklagte dafür verantwortlich ist. Dem damaligen Revisor wollte der Zeuge keine Vorwürfe machen, der habe ja schließlich nur gefälschte Online-Auszüge zur Verfügung gehabt. Allerdings soll sich der Revisor auch allen Ernstes mit der Aussage zufrieden gegeben haben, dass die Original-Auszüge nicht aus dem Automaten gekommen waren.

Eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer. Der Angeklagte sei absolut  berechnend vorgegangen und habe für den verhältnismäßig kleinen Verein einen relativ hohen Schaden angerichtet. Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach hielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für angemessen. Sein Mandant sei berufstätig und sozial integriert und habe sich damals in einer extremen persönlichen Notsituation befunden. Darüber hinaus habe es ihm der Verein auch sehr leicht gemacht.

Richterin Sieglinde Tettmann urteilt schließlich auf ein Jahr und acht Monaten auf Bewährung. Darüber hinaus muss der Angeklagte 150 Stunden unentgeltliche und gemeinnützige Arbeit leisten, die Kosten des Verfahrens tragen und die Schadenssumme vollständig zurückzahlen. Der Angeklagte sei unverschuldet in eine sehr schwierige finanzielle und persönliche Lage geraten und hatte dabei unglücklicherweise auch noch Zugriff auf die Kasse eines Vereins. Die Richterin hielt dem Angeklagten ganz besonders zu Gute, dass er das Geld zurückbezahlen wollte. Schließlich habe er bereits während der Tat durch seine Rückzahlungen Schadenswiedergutmachung geleistet, zu einem Zeitpunkt also, als es noch keinen einzigen Verdachtsmoment gab.

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20.02.2014

Kinderpornos statt Metallica / Ehemaliger Fußballtrainer aus der Fränkischen Schweiz wegen Kinderpornographie und sexuellen Missbrauchs verurteilt

Bayreuth. Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und wegen des Besitzes und der Weitergabe kinderpornographischer Schriften ist ein 39-jähriger ehemaliger Fußballtrainer und Jugendbetreuer aus der Fränkischen Schweiz zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt worden. Der Mann hatte nicht nur mehrere hundert kinderpornographischer Bilddateien gespeichert, er hatte auch via Internet Kontakt mit Freunden seines Sohnes aufgenommen und sie aufgefordert, ihm Bilder ihrer Geschlechtsteile zu schicken.

Eigentlich waren es viele 1000 schmuddelige Bilder, die meisten davon im vielzitierten Graubereich. Zwei Terrabyte Speicherkapazität hatte die Festplattem die der Mann in seinem Nachtkästchen aufbewahrte. „Waren darauf auch einschlägige Bilder?“, wollte die vorsitzende Richterin Andrea Deyerling wissen. „Massig“, sagte der Kripobeamte, der vor genau einem Jahr die Hausdurchsuchung geleitet hatte.

Es sei auch „absolut nervig“ gewesen, die selbstgebrannten CDs durchzusehen, die der Angeklagte auf dem Speicher aufbewahrte, so der Beamte. Selbst auf seinem I-Phone seien „ohne Ende“ Bilder männliche Kinder und Jugendliche gewesen, manchmal spärlich bekleidet, viele nackt, einige mit Jugendlichen in eindeutigen Posen und manchmal sogar eindeutige sexuelle Handlungen. Von den vielen kinderpornographischen Fotos hatte die Polizei knapp 500 ausgewählt, die eindeutig verboten sind und sie zur Anklage gebracht.

Doch damit nicht genug. Schwerer wog der Vorwurf, der Angeklagte habe sich mit Hilfe einschlägiger Chatforen an zwei jeweils zwölfjährige Freunde seines Stiefsohnes herangemacht und sich aufgefordert, ihm Bilder ihrer Geschlechtsorgane zu schicken. Davon machte er es auch abhängig, ob die Jungs seinen Stiefsohn treffen dürfen oder nicht. In vier Fällen war es sogar zu Übernachtungen im Haus des Angeklagten gekommen. Besonders dreist: Weil ihm einer der Jungs keine Bilder schicken wollte, mailte der Angeklagte dem Zwölfjährigen Bilder vom Geschlechtsteil des Freundes. Offenbar wollte er damit sagen: „Da ist doch gar nichts dabei.“

Im Großen und Ganzen räumte der Angeklagte den Sachverhalt vor Gericht ein. In Einzelheiten schränkte er freilich ein. So will es sich einen James-Bond-Film heruntergeladen haben und praktisch als Bonus sei ein Datenpaket mit entsprechenden Bildern automatisch mitgeschickt worden. Das gleiche sei mit einem Metallica-Album passiert, er habe es sich angeblich von eine russischen Plattform geladen und kinderpornographisches Material sei automatisch dabei gewesen. „Das ist ungefragt übermitteltes Bonusmaterial, das man nicht löschen kann“, so der Angeklagte.

Erst als ihn die Richterin darauf aufmerksam machte, dass ja ein wesentlicher Teil der Bilder auf CDs, externen Festplatten und auf dem Handy gespeichert wurden und eben nicht auf der Festplatte, gab der Angeklagte klein bei und gestand, dass er schon zielgerichtet nach den Schmuddelbildern gesucht habe.

Ähnlich lief seine Verteidigungsstrategie im Hinblick auf die beiden Zwölfjährigen Jungs ab. Man habe sich im Chat über alles Mögliche geschrieben, als ihm einer der Jungs von einer Freundin berichtete, habe der Angeklagte angeblich wissen wollen, ob der Junge überhaut schon so weit sei, nur deshalb habe er ihn aufgefordert, Bilder von seinem Geschlechtsteil zu machen. Erst nach geraumer Zeit wurde ihm der Unsinn seiner Aussage scheinbar bewusst und er räumte merklich blamiert ein: „Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich schäme mich in Grund in Boden.“

Mit dem Urteil lag die Kammer nur geringfügig unter der Forderung von Staatsanwalt Matthias Burkhardt, der auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monate plädiert hatte. Verteidiger Hilmar Lampert aus Bayreuth plädierte auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung.

Neben der Bewährungsstrafe setzte die Richterin unter anderem eine Geldauflage von 1300 zu Gunsten der Opferhilfe Bayern sowie die ärztliche therapeutische Begleitung fest. Der Angeklagte darf sich auf Jahre hinaus außerdem nicht mehr dort engagieren, wo Kinder und Jugendliche beteiligt sind. Bei seinem Fußball verein hatte der Angeklagte bereits kurz  nach der Hausdurchsuchung alle Ämter niedergelegt, die Schlüssel abgegeben und das Kapitel beendet.

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14.01.2014

Drogendeals haben Eigendynamik entwickelt / Kulmbacher Haschischring: 33-jähriger Arbeiter wegen knapp 29 Kilogramm vor Gericht

Bayreuth/Kulmbach. Ein weiteres Mitglied des Kulmbacher Haschischrings muss sich seit Dienstag vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Der 33-jährige Arbeiter aus dem Landkreis Kulmbach ist bereits der sechste Angeklagte in dieser Prozessserie, in der es um riesige Mengen des Rauschgifts geht. Bisher hat das Gericht Gefängnisstrafen zwischen zwei und drei Jahren wegen Drogenhandels und Drogenbesitzes ausgesprochen. Dem Arbeiter, der sich jetzt verantworten muss, wirft die Staatsanwaltschaft den Erwerb von fast 29 Kilogramm und den Weiterverkauf von fast 25 Kilogramm vor. Die Differenz war wohl zum Eigenkonsum bestimmt. Selbst Fachleute in der Region sind derartige Mengen bislang nur aus den Drogenmetropolen bekannt. Pro Konsumeinheit, also pro Joint, werden in der Regel zwischen 0,3 und 0,5 Gramm Haschisch benötigt.

Ganz klar war dem Angeklagten das Ausmaß seiner Taten bislang offensichtlich nicht. Obwohl frisch verheiratet und Vater eines kleinen Kindes wird er um eine Gefängnisstrafe wohl nicht herumkommen. „An einer Strafverbüßung führt kein Weg vorbei, alles andere wäre unrealistisch“, nahm ihm der vorsitzende Richter Michael Eckstein gleich zu Beginn der Verhandlung jede Hoffnung. Ob der Mann, der angibt, selbst süchtig zu sein, eine Drogentherapie machen kann, wird sich bis zur Urteilsverkündung zeigen. Am Nachmittag wurde der Prozess für eine Exploration durch den Landgerichtsarzt kurzfristig unterbrochen.

Konkret soll der Drogenhandel im vorliegenden Fall bereits 2006, beziehungsweise 2007 mit dem Handel begonnen haben. Der Angeklagte habe seine Lieferanten, einen Mann aus Bindlach und ein Brüderpaar aus dem Landkreis Kulmbach, damals in der Diskothek Halifax kennengelernt und bis 2012 in mindestens 21 selbstständigen Fällen zusammen 28,75 Kilogramm Haschisch erworben, so heißt es in der Anklage. Die Staatsanwaltschaft beantragte in der Anklage auch den Verfall von über 172000 Euro. Auf diese Summe hat die Anklagebehörde den Umsatz errechnet, den der Angeklagte mit dem Rauschgift gemacht haben soll.

Er habe bereits als 17-Jähriger begonnen, Haschisch zu rauchen. „In der Clique war das ganz normal“, sagte der Angeklagte. Dadurch sei er in die falschen Kreise geraten und die Drogengeschäfte hätten eine Eigendynamik entwickelt, ohne dass er das Ganze überhaupt noch kontrollieren konnte. Für die Jahre 2008 bis 2012 gab er seinen täglichen Haschischkonsum mit 1,5 bis zwei Gramm an. Erst in der Untersuchungshaft habe er reinen Tisch gemacht. Mittlerweile befinde er sich in therapeutischer Behandlung und strebe eine Landzeittherapie an.

Ein wenig gab der Angeklagte die Schuld aber auch einem der beiden Brüder, die ihn regelmäßig beliefert hatten. 2011 habe er wegen einer ersten Anklage den Drogenhandel bereits komplett eingestellt. „Ich wollte mich gänzlich zurückziehen“, sagte der Angeklagte. Dazu sei es dann aber doch nicht gekommen, weil der bereits verurteilte immer wieder auf ihn eingeredet und ihn schließlich auch überredet habe, weiter zu machen. „Ohne sein Zutun wäre es nicht soweit gekommen“, so der Angeklagte. Er sei leider zu schwach gewesen, um nein zu sagen.

Einen Vorgeschmack darauf, welche Mengen in der Prozessserie noch zur Sprache kommen werden, gab der Hauptdealer in seiner Zeugenaussage. Der 29-jährige ist offensichtlich ebenfalls entschlossen, reinen Tisch zu machen. Vor Gericht gab er an, allein in den Jahren 2006 bis 2009 zusammen bis zu 120 Kilogramm Haschisch umgesetzt zu haben. Ein Teil des Stoffes stammte aus Marokko, ein weiterer Teil von einer riesigen Plantage in Berlin, die erst vor kurzem aufgeflogen war.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

15.01.2014

Kulmbacher Haschischring: Nur die Spitze des Eisbergs / 33-jähriger Arbeiter muss über sechs Jahre ins Gefängnis

Bayreuth/Kulmbach. Das Landgericht in Bayreuth hat am Mittwoch einen 33 Jahre alten Mann aus dem Kulmbacher Landkreis wegen Drogenhandels zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten verurteilt sowie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Der Mann gehörte dem Kulmbacher Haschischring an, einem losen Netzwerk, das über viele Jahre hinweg völlig unbehelligt mit sehr großen Mengen an Haschisch gehandelt hatte. Beim Angeklagten geht das Gericht von rund 20 Kilogramm aus, die der Mann verteilt auf vier Jahre von einem Großdealer aus dem Landkreis Bayreuth erworben und an eine ganze Reihe Abnehmer in und um Kulmbach weiterverkauft hatte. Das Gericht ordnete außerdem den Verfall von 80000 Euro an. Dabei handelt es sich um die Summe, die der Angeklagte mit seinem Haschischhandel mindestens umgesetzt hat.

Derart hohe Verfallsbeträge wie beim Kulmbacher Haschischring habe es in den zurückliegenden zehn Jahren zumindest am Bayreuther Landgericht nicht gegeben, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Gegen drei weitere Fälle, die bereits im Herbst abgeurteilt wurden, waren bereits Verfallsbeträge von rund 62000 Euro, 80000 Euro und 87000 Euro angeordnet worden. Daraus wird ersichtlich, welche Summen auch der hiesigen Region mit dem Drogenhandel umgesetzt werden.

Einen Verzicht auf den Verfall des erzielten Umsatzes, wie ihn Verteidiger Christian Barthelmes aus Bamberg gefordert hatte, hielt Eckstein für nicht angemessen. Das gebiete schon der Gleichbehandlungsgrundsatz. Außerdem soll es sich ja auch herumsprechen, dass Rauschgifthandel höchst gefährlich ist. Soweit kein Vermögen vorhanden ist, müssen sich die Angeklagten nach einer Freilassung tatsächlich bemühen, die jeweiligen Summen an den Staat zu zahlen.

Vom ursprünglichen Vorwurf von 29 Kilogramm Haschisch waren am Ende nur noch knapp 20 Kilogramm übrig geblieben. Grund dafür ist, dass sich das Gericht auf die 15 Fälle konzentrierte, die mit absoluter Sicherheit fest standen. Gleichwohl werde das nur die Spitze des Eisbergs sein, sagte Staatsanwalt Matthias Burkhardt. Doch die verbliebenen Fälle reichten aus, um den Angeklagten zu verurteilen.  

Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer eine noch höhere Strafe von sechs Jahren und acht Monaten gefordert. Der Angeklagte sein kein kleiner Straßenhändler, sondern habe eine hohe Stellung in der Verteilungshierarchie gehabt und sei gewerblich vorgegangen. Außerdem wertete es der Staatsanwalt zu Lasten des Angeklagten, dass er bereits mehrfach einschlägig, also wegen Drogendelikten vorbestraft war, zuletzt hatte er 2011 eine Bewährungsstrafe wegen einer kleineren Menge gekommen. Doch auch das sei für den Angeklagten keine Warnung gewesen. Im Gegenteil, obwohl er selbst damals weniger konsumierte, habe er mehr verkauft, einzig und allein, um Gewinn zu machen.

Zu der deutlich niedrigen Forderung von vier Jahren und vier Monaten kam Verteidiger Barthelmes. Sein Mandant habe alles getan, um zur Tataufklärung beizutragen, habe alle seine Abnehmer preisgegeben und sei selbst seit über 15 Jahren abhängig. Der Angeklagte sei in den Konsum hineingeschlittert, meinte der Verteidiger. Dann habe die Sache eine gewisse Eigendynamik angenommen, aus der sein Mandant einfach nicht mehr aus eigener Kraft herausgekommen sei. Noch einmal machte sich Rechtsanwalt Barthelmes auch dafür stark, dass seinem Mandant keine sogenannte Verfallssumme aufgebrummt werden soll. „Es kann nur abgeschöpft werden, was es auch gibt“, sagte der Rechtsanwalt. Die Rückzahlung einer sechsstelligen Summe wäre eine nicht gerechtfertigte Härte und würde einer Resozialisierung nicht nur widersprechen, sondern sie auch gefährden.

Richter Eckstein stellte in seiner Urteilsbegründung noch einmal heraus, dass der Fall in jeder Hinsicht außergewöhnlich sei, weil die Täter über viele Jahre völlig unbehelligt agieren konnten. Grund dafür ist, dass sämtliche Beteiligte, auch der Angeklagte in Lohn und Brot standen oder selbst als Unternehmer tätig waren. Eckstein: „Für viele der Beteiligten war es ein schnell und ein leicht verdientes Geld.“

Der 33-jährige Arbeiter aus dem Landkreis Kulmbach war bereits der sechste Angeklagte in dieser Prozessserie, in der es um riesige Mengen des Rauschgifts geht. Bisher hatte das Gericht Gefängnisstrafen zwischen zwei und drei Jahren wegen Drogenhandels und Drogenbesitzes ausgesprochen. Mit Spannung wird von Prozessbeobachtern  nun das Verfahren gegen den 29-jährigen Hauptdealer aus dem Landkreis Bayreuth erwartet. Einen Vorgeschmack darauf, um welche Mengen es bei ihm geht, gab es bereits während seiner Zeugenaussage. Der Mann scheint entschlossen, reinen Tisch zu machen. Vor Gericht hatte er bereits angegeben, allein in den Jahren 2006 bis 2009 zusammen bis zu 120 Kilogramm Haschisch umgesetzt zu haben.

12.11.2014

Kulmbacher Haschischring: Teilerfolg in Revision / Verfallsbetrag 80000 Euro auf 10000 Euro reduziert: 33-jähriger Arbeiter muss trotzdem sechs Jahre und zwei Monate ins Gefängnis

Bayreuth / Kulmbach. Die Revision beim Bundesgerichtshof hatte Erfolg, wenn auch nur zu einem kleinen Teil. In der umfangreichen Prozessserie um den „Kulmbacher Haschischring“ hatte das Bayreuther Landgericht Anfang des Jahres einen 34-jährigen Arbeiter aus Stadtsteinach wegen Drogenhandels in zahlreichen Einzelfällen zu sechs Jahren und zwei Monaten Gefängnis sowie zur Unterbringung in einer Entzugsanstalt verurteilt. Das Gericht ordnete damals den Verfall von 80000 Euro an. Nun reduzierte die 2. Strafkammer des Bayreuther Landgerichts diesen Betrag in einer Revisionsverhandlung auf 10000 Euro.

Grund dafür: Wenn der Mann nach Verbüßung zumindest eines Teils seiner Freiheitsstrafe und nach geschätzt zwei Jahren Entzugsklinik wieder auf freiem Fuß kommt, würde er mit 80000 Euro Schulden starten. „Damit wäre dem Angeklagten jede Zukunftsperspektive genommen“, sagte der vorsitzende Richter Werner Kahler. Schließlich sollte bei jeder Strafe auch der Resozialisierungsgedanke eine Rolle spielen. Das Geld entspricht der Summe, die der Angeklagte mit seinem schwunghaften Drogenhandel im Raum Kulmbach erzielt hat. Wirklich vorhanden ist von dem Geld ohnehin nichts mehr. Einen großen Teil davon will der Mann erst gar nicht bekommen haben, mit einem weiteren Teil habe er seine eigene Sucht finanziert und den Rest hat er angeblich „verlebt“. Ursprünglich standen sogar einmal 172000 Euro Umsatz aus Drogengeschäften im Raum.

Der Mann gehörte dem „Kulmbacher Haschischring“ an, einem losen Netzwerk, das über viele Jahre hinweg völlig unbehelligt mit sehr großen Mengen an Haschisch gehandelt hatte. Beim Angeklagten ging das Gericht von rund 20 Kilogramm aus, die der Mann verteilt auf vier Jahre von einem Großdealer aus dem Landkreis Bayreuth erworben und an eine ganze Reihe Abnehmer in und um Kulmbach weiterverkauft hatte.

Die Verfallsbeträge waren schon Anfang des Jahres im Urteilsspruch der ersten großen Strafkammer des Bayreuther Landgerichts ein wichtiges Thema. Derart hohe Verfallsbeträge wie beim „Kulmbacher Haschischring“ habe es in den zurückliegenden zehn Jahren zumindest am Bayreuther Landgericht nicht gegeben, sagte damals der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Gegen drei weitere Fälle, die bereits im Herbst des vergangenen Jahres abgeurteilt wurden, waren bereits Verfallsbeträge von 62000 Euro, 80000 Euro und 87000 Euro angeordnet worden. Daraus werde ersichtlich, welche Summen in der hiesigen Region mit dem Drogenhandel umgesetzt werden.

Verteidiger Christian Barthelmes aus Bamberg hatte schon in seinem damaligen Plädoyer einen Verzicht auf den Verfall des erzielten Umsatzes gefordert. Richter Michael Eckstein hielt damals in erster Instanz noch dagegen, dass es sich ja auch herumsprechen soll, dass Rauschgifthandel höchst gefährlich ist. Die Verurteilten müssten sich eben nach ihrer Freilassung bemühen, die jeweiligen Summen an den Staat zu zahlen. Nun hatte der Verteidiger mit seiner Revision zumindest in diesem Punkt tatsächlich noch einen späten Erfolg erzielt.

Glück hatte der Stadtsteinacher ohnehin, denn vom ursprünglichen Vorwurf von 29 Kilogramm Haschisch waren schon in der ersten Verhandlung nur noch knapp 20 Kilogramm übrig geblieben. Grund dafür ist, dass sich das Gericht damals auf die 15 Fälle konzentrierte, die mit absoluter Sicherheit fest standen. Gleichwohl gingen sämtliche Prozessbeteiligte davon aus, dass es sich lediglich um die Spitze des Eisbergs handelte.

Konkret hatte der Angeklagte 2006/2007 von seinen Lieferanten, einen Mann aus Bindlach und ein Brüderpaar aus dem Landkreis Kulmbach, damals in der Diskothek Halifax kennengelernt und bis 2012 in mindestens 21 selbstständigen Fällen zusammen knapp 29 Kilogramm Haschisch erworben und über 24 Kilogramm davon weiterverkauft.

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16.09.2013

Diebestour durch die Sportheime der Region / Sieben Männer aus dem Raum Kulmbach wegen schweren Bandendiebstahls vor Gericht

Bayreuth/Kulmbach. Rund sechs Wochen lang hat zum Jahresende 2012 eine Diebesbande die Mitglieder verschiedener Sportvereinen im Raum Kulmbach in Atem gehalten. Die Täter gingen immer nach dem gleichen Muster vor: mit brachialer Gewalt verschafften sie sich zu nachtschlafender Zeit Zugang zu den Sportheimen und nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Der Entwendungsschaden war meist höher als der Sachschaden, am Ende kamen die Ermittler auf weit über 25000 Euro. Seit Montag wird den sieben Männern im Alter zwischen 18 und 26 Jahren der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem schweren Bandendiebstahl in einer Vielzahl von Fällen in Tateinheit mit Diebstahl, Sachbeschädigung vor.

Einer hoch verschuldet, die anderen arbeitslos und Weihnachten vor der Tür: „Da haben wir irgendwann einfach mal mit den Sportheimen angefangen“, sagte der 26-Jährige Kulmbacher, der als Kopf der Bande gilt. Der Mann, der bereits wegen einer anderen Sache im Gefängnis sitzt und dem auch während seiner Vernehmung die Fußfesseln nicht abgenommen wurden, soll die anderen um sich geschart, eingeteilt und über das Diebesgut sogar Buch geführt haben. Die Anklageschrift nennt ihn offiziell das Oberhaupt der Gruppe.

Am meisten hatten die Männer, die jeweils in wechselnder Besetzung auftraten, beim Einbruch in das Sportheim des TSV Wirsberg erwischt: Einen Fernsehgerät, einen Computer, 28 Kästen Getränke, einen DVD-Player, einen Sat-Reciver, Tiefkühllebensmittel, ein Drucker-Fax-Kombigerät. Zwei Mal musste man fahren, um das ganze Diebesgut abzutransportieren. Aber auch bei den anderen Aufbrüchen war die die Gruppe nicht gerade zimperlich. Beim Sportheim des 1. FC Kirchleus soll ein Stahltor aufgebrochen worden sein, beim 1. FC Schwarzach wurde eine Tür aus dem Türstock gehebelt, beim TSV Melkendorf sollen sogar Glasbausteine zerschlagen worden sein. Kein Wunder, bei der Festnahme der Männer fanden die Beamte eine komplette Werkzeugausstattung mit ganzen Sätzen verschiedenster Brecheisen, Äxten und andere, Spezialwerkzeug.

In Schwarzach machten die Männer auch eine ganz besondere Beute. Neben dem üblichen Bargeld aus dem Tresor, technischen Dingen wie einem Beamer, Zigaretten oder auch mal Zigarillos und Getränken, entwendeten die Männer die Schwarzach auch sieben Stangen Schinken. Beim FSV Danndorf nahmen die Täter zwei Fußbälle mit und beim TSV Melkendorf die kompletten Tombola-Preise, die eigentlich für die Weihnachtsfeier gedacht waren. In Melkendorf hatten sie auch die komplette kupferne Dachrinne abmontiert und abtransportiert. War nichts Nennenswertes zu holen, ließen die Männer wenigstens Süßigkeiten und Kugelschreiber mitgehen.

Weitere Anklagepunkte werfen den Angeklagten den Diebstahl eines kompletten Zigarettenautomaten im Sportheim des TSC Melkendorf vor. Mit roher Gewalt soll der Automat aus der Verankerung gebrochen, die Zigaretten im Wert von fast 400 Euro entwendet und der Automat anschließend in einem Stauweiher versenkt worden sein. Zwei der Männer müssen sich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten, zwei Angeklagte wegen einer Falschaussage, mit der sie den Kopf der Gruppe schützen wollten.

„Es gab keinen, der sagte, er macht nicht mit“, so der Hauptangeklagte. Man habe sich schon gezielt die Vorweihnachtszeit ausgesucht, weil man glaubte, in diese Zeit sei wegen der anstehenden Weihnachtsfeiern in den Sportheimen meist Bargeld vorhanden. Beim Durchsprechen der einzelnen Anklagepunkte räumten die Männer unisono die Taten ein, lediglich die Beute sei in den meisten Fällen etwas geringer ausgefallen, als in der Anklageschrift vermerkt.

Für die Aktiven in den Vereinen sei das Ganze jedenfalls ein gewaltiger Schock gewesen, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Vor allem für die Vereinsvorstände sei das ganze extrem ärgerlich, denn ihnen hätten die Einbrüche wahnsinnig viel Zeit gekostet. Für die Verhandlung sind insgesamt fünf Tage angesetzt, Fortsetzung ist am kommenden Montag um 8.30 Uhr.

23.09.2013

Hauptangeklagter mit langer Vorstrafenliste / Diebestour durch Sportheime: Nur noch fünf Angeklagten – Fortsetzung erst am 10. Oktober

Bayreuth/Kulmbach. Da waren es nur noch fünf: Von den ursprünglich sieben angeklagten jungen Männern im Alter zwischen 18 und 26 Jahren sind am zweiten Verhandlungstag nur mehr fünf übrig geblieben. Gegen einen 21-jährigen Angeklagten aus Marktschorgast wurde das Verfahren wegen seiner geringen Beteiligung und im Hinblick auf ein Urteil in einer anderen Sache eingestellt.

Das Verfahren gegen einen 22-Jährigen aus Kulmbach mussten die Richter dagegen abtrennen. Der Mann hatte sich kurz vor Beginn des zweiten Verhandlungstages telefonisch krank gemeldet. Nachforschungen ergaben allerdings, dass er sich gar nicht in Kulmbach, sondern in Hildburghausen aufhält. Dort wollte am Vormittag angeblich einen Arzttermin wahrnehmen, schließlich müsste ihm offiziell die Verhandlungsunfähigkeit attestiert werden. Um das Verfahren nicht komplett in Frage zu stellen, trennte die Kammer das Verfahren gegen den Angeklagten kurzerhand ab, gegen ihn muss nun zu gegebener Zeit gesondert verhandelt werden.

Wie berichtet soll sich die Diebesbande Ende 2012 in zahlreichen Einzelfällen jeweils mit brachialer Gewalt Zugang zu den verschiedensten Sportheimen verschafft und dort alles mitgenommen haben, was nicht niet- und nagelfest war. Am Ende kamen die Ermittler auf weit über 25000 Euro Schaden. Zum Diebesgut gehörten unter anderem Fernseher, Computer, Lebensmittel, Getränke, Zigaretten, einige Stangen Schinken, sowie die kompletten Tombola-Preise der anstehenden Weihnachtsfeier.

Die längste Zeit nahm am zweiten Verhandlungstag die Verlesung des Vorstrafenregisters des Hauptangeklagten ein. Der 26-jährige Kulmbacher, der wegen anderer Straftaten bereits in Haft sitzt und während der Verhandlung seine Fußfesseln anbehalten muss, ist bereits 14 Mal vorbestraft, unter anderem mehrfach wegen Diebstahls, wegen schwerer Körperverletzung, wegen Hehlerei aber auch wegen Verstöße gegen das Waffengesetz. Der Mann hatte beispielsweise zusammen mit anderweitig Verfolgten Leergut im großen Stil vom Gelände der Kulmbacher Brauerei gestohlen. Sie transportierten die PET-Flaschen in großen Säcken ab und erzielten so an mindestens acht aufeinanderfolgenden Tagen Einnahmen von jeweils 120 Euro.

In einem anderen Fall tankte er mit einer gestohlenen Tankkarte für rund 100 Euro voll und füllte jede Menge Reservekanister, so dass noch einmal an die 100 Euro Schaden aufliefen. Besonders dreist war der Angeklagte ebenfalls wieder mit anderweitig Verfolgten vorgegangen, als er in den Dieseltank eines abgestellten Traktors ein Loch bohrte und den Diesel in Eimern auffing. Zuletzt hatte er unter anderem eine Bekannte zusammengeschlagen und dabei schwer verletzt.

Erheblich vorbestraft waren auch die übrigen Angeklagten, wie sich bei der Feststellung der persönlichen Verhältnisse herausstellte. Die Verurteilung des 21-Jährigen Mannes aus Marktschorgast fiel dabei besonders auf. Der junge Mann war erst im Mai wegen Diebstahls und Sachbeschädigung in mehreren Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Er hatte innerhalb von nur zwei Tagen Landmaschinen wie Grubber, Pflüge und Kreiseleggen aus verschiedenen Feldscheunen bei Katschenreuth, Fölschnitz und Untersteinach entwendet. Den Gesamtwert der Beute wurde auf 26000 Euro beziffert. Weil er deshalb bereits verurteilt wurde, sich sein Tatbeitrag bei den Sportheimaufbrüchen auf einige wenige Fahrdienste beschränkte und er mittlerweile in einem festen Arbeitsverhältnis steht, stellte das Gericht das Verfahren gegen ihn kurzerhand ein und schickte den jungen Mann nach Hause.

Die Verhandlung wird nun erst am 10. Oktober um 14 Uhr mit den Plädoyers fortgesetzt.

10.10.2013

Diebestour durch Sportheime: Kopf der Bande soll fast acht Jahre ins Gefängnis / Zehn Taten mit jeweils 10000 Euro Sach- und Entwendungsschaden

Bayreuth/Kulmbach. Eine Haftstrafe von sieben Jahren und neun Monaten hat die Staatsanwaltschaft gegen den 26-jährigen Kopf einer Bande beantragt, die zum Jahresende 2012 in zahlreiche Sportheime im Raum Kulmbach eingebrochen war. Gegen die vier Mittäter forderte die Anklagebehörde je nach Tatbeteiligung Strafen von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung bis zu drei Jahren ohne Bewährung wegen schweren Bandendiebstahls  in Tateinheit mit Sachbeschädigung und Diebstahl.

Die Angeklagten waren der Staatsanwaltschaft zufolge in wechselnden Besetzungen in die Sportheime unter anderem von Katschenreuth, Kirchleus, Wirsberg, Peesten, Schwarzach, Danndorf, Melkendorf, Küps und Guttenberg eingebrochen. Als Diebesgut erbeuteten sie beispielsweise Fernsehgeräte, Computer, DVD-Player, Sat-Reciver, ganze Bierkästen, Tiefkühllebensmittel, Zigaretten und viele andere Dinge. Bei den Aufbrüchen war die die Gruppe nicht gerade zimperlich vorgegangen, unter anderem wurden Stahltore aufgebrochen, Türen aus den Türstöcken gehebelt und in einem Fall sogar Glasbausteine zerschlagen. Nicht nachgewiesen werden konnte ein Anklagepunkt, in dem es um den Diebstahl von sieben Rollen Kupfer von einem Firmengelände im Kulmbacher Industriegebiet ging.

Staatsanwalt Matthias Burkhardt sprach von einer beeindruckenden und unerhörten Einbruchsserie. Das ganze Vorgehen sei keineswegs spontan, sondern klar geplant gewesen. Als Ziel der Bande nannte der Staatsanwalt eine dauerhafte Einkommensquelle. Dazu hätten sich die Angeklagten in allen Fällen Sportheime ausgesucht, die „schön weit draußen“ liegen und bei denen sich zu mitternächtlicher Stunde niemand mehr aufhält. Insgesamt sprach Burkhardt von zehn nachgewiesenen Einzelfällen mit jeweils 10000 Euro Sachschaden und weiteren 10000 Euro Entwendungsschaden.

Kopf der Bande ist für den Staatsanwalt der 26-jährige Kulmbacher, der aktuell wegen einer anderen Straftat im Gefängnis sitzt. Der Mann habe bereits 13 Vorstrafe, darunter immer wieder einschlägige, sagte Burkhardt. Daneben habe der Angeklagte die aktuelle Straftatenserie während einer offenen Bewährung begangen. Besonders negativ wertete es der Staatsanwalt, dass der Mann die anderen Angeklagten förmlich mit hineingezogen habe. Die gesamte Straftatenserie war wegen der Fülle verschiedenster Taten und wegen einer gleichzeitigen anderweitigen Verurteilung während der Straftatenserie auf zwei Komplexe aufgeteilt. Für einen forderte der Staatsanwalt unter Einbeziehung noch offener Vorstrafen fünf Jahre, für den anderen zwei Jahre und neun Monate.

Deutlich milder fielen die Plädoyers der Staatanwaltschaft bei den anderen vier Mitangeklagten aus. Lediglich ein ebenfalls 26 Jahre alter Mann aus Burghaig sollte nach Ansicht der Anklagebörde für drei Jahre ins Gefängnis. Bei den anderen drei Angeklagten sah die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen zwischen einem Jahr und vier Monaten und zwei Jahren als ausreichend an, weil sie zum einen zur Tatzeit Heranwachsende waren und sie zum anderen nicht an allen Taten beteiligt waren. Zusätzlich dazu sollten die drei heranwachsenden Angeklagten zwischen 100 und 160 gemeinnützige Arbeitsstunden leisten und einen sogenannten Warnschussarrest zwischen zwei und vier Wochen antreten.

Auf deutlich niedrigere Strafanträge kamen naturgemäß die jeweiligen Verteidiger. Vor allem für den Hauptangeklagten 26-jährigen Kulmbacher beantragte dessen Rechtsanwalt Andreas Piel aus Kulmbach lediglich eine Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten, was in etwa der Hälfte der Forderung des Staatsanwaltes entspricht. Der Verteidiger argumentierte mit einer schweren Kindheit seines Mandant, dessen frühzeitigem und ausführlichem Geständnis sowie dessen persönlichem Wandel hin zum Besseren. Sogar eine Maurerlehre habe sein Mandant mittlerweile ins Auge gefasst.

Auch für den anderen 26-jährigen, den der Staatsanwalt gerne drei Jahre hinter Gitter sehen möchte, plädierte dessen Verteidiger Tobias Herrmann aus Kulmbach mit zwei Jahren auf Bewährung auf eine deutlich niedrigere Strafe. Als Gründe führte der Verteidiger unter anderem an, dass sein Mandant eine positive Sozialprognose habe und die alleinige Sorge für zwei kleine Kinder trage. Für die anderen drei Angeklagten, alle Heranwachsende plädierten Rechtsanwälte Verena Grohs aus Bayreuth, Cornelius Sturm aus Bayreuth und Werner Brandl aus Kulmbach auf Bewährungsstrafen von sechs Monaten und bis zu zwei Jahren mit entsprechenden Arbeitsauflagen.

Das Urteil wird die Erste Große Strafkammer des Bayreuther Landgerichts am Montag um 9.30 verkünden.

14.10.2013

Diebestour durch Sportheime: Haupttäter muss fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis / Bewährungsstrafen für die übrigen Angeklagten

Kulmbach / Bayreuth.  Wegen schweren Bandendiebstahls in einer Vielzahl von Fällen und zahlreicher anderer Straftaten hat das Landgericht in Bayreuth fünf Männer im Alter zwischen 18 und 26 Jahren verurteilt. Sie alle gehörten zu einer Bande, die im vergangenen Winter für eine Einbruchsserie in Sportheime im Raum Kulmbach verantwortlich war. Der Schaden wurde dabei auf mindestens 20000 Euro beziffert.

Die mit fünfeinhalb Jahren höchste Strafe bekam dabei der Kopf der Bande, ein 26-jähriger Kulmbacher, der aktuell bereits wegen einer anderen Straftat im Gefängnis sitzt. Dabei hatte der Mann noch Glück, denn Staatsanwalt Matthias Burkhardt hatte in seinem Plädoyer eine weitaus höhere Strafe beantragt. Die anderen vier Mitangeklagten kamen mit je nach Tatbeteiligung verschiedenen Bewährungsstrafen zwischen einem und zwei Jahren davon. Drei von Ihnen waren zum Tatzeitpunkt Jugendliche, beziehungsweise Heranwachsende im Alter zwischen 18 und 21 Jahren. Sie wurden deshalb nach dem wesentlich milderen Jugendstrafrecht verurteilt.

Der fünfte Angeklagte, ein ebenfalls 26-jähriger Kulmbacher kam mit zwei Jahren auf Bewährung davon. Obwohl die Staatsanwaltschaft gegen ihn drei Jahre ohne Bewährung beantragt hatte, hielt ihm das Gericht zugute, dass er sich als alleinerziehender Vater derzeit um seine beiden kleinen Kinder kümmert. Zusätzlich zu den Bewährungsstrafen müssen die Angeklagten je nach Tatbeteiligung zwischen 100 und 160 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und an verschiedenen sozialen Trainingskursen teilnehmen.

Der vorsitzende Richter der Ersten Großen Strafkammer Michael Eckstein bezeichnete das Tatgeschehen während der Urteilsbegründung als „nicht recht nachvollziehbar“. Wie man glauben könne, ausgerechnet in Sportheimen an hohe Werte zu kommen, sei dem Gericht völlig schleierhaft. Großen Ärger und hohen Aufwand hätten die Angeklagten vor allem den Verantwortlichen, hauptsächlich den Vereinsvorsitzenden, beschert, die sich mit den Folgen der Einbrüche herumplagen mussten.

Wie berichtet waren die Täter immer nach dem gleichen Muster vorgegangen. Mit brachialer Gewalt verschafften sie sich zu nachtschlafender Zeit Zugang zu den Sportheimen und nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Der Sachschaden war dabei meist sogar höher als der Entwendungsschaden. Nicht so im Sportheim des TSV Wirsberg. Hier erwischte die Bande unter anderem einen Fernsehgerät, einen Computer, 28 Kästen Getränke, einen DVD-Player, einen Sat-Reciver, Tiefkühllebensmittel und ein Drucker-Fax-Kombigerät. Zwei Mal musste man fahren, um das ganze Diebesgut abzutransportieren.

Aber auch bei den anderen Aufbrüchen war die die Gruppe nicht gerade zimperlich. Beim Sportheim des 1. FC Kirchleus wurde ein Stahltor aufgebrochen, beim 1. FC Schwarzach eine Tür aus dem Türstock gehebelt, beim TSV Melkendorf sogar Glasbausteine zerschlagen. Eine ganz besondere Beute machten die Männer in Schwarzach. Neben dem üblichen Bargeld aus dem Tresor und jeder Menge technischem Gerät entwendeten die Männer dort auch sieben Stangen Schinken.

Weitere Anklagepunkte warfen dem Hauptangeklagten unter anderem den Diebstahl eines kompletten Zigarettenautomaten in Mainleus vor. Mit roher Gewalt soll der Automat aus der Verankerung gebrochen, Zigaretten im Wert von fast 400 Euro entwendet und der Automat anschließend in einem Stauweiher versenkt worden sein.

Zusätzlichen Ärger könnte nun der mit 18 Jahren Jüngste der Angeklagten bekommen. Nachdem er bereits beim zurückliegenden Verhandlungstag zu spät kam, ließ er kurz vor der geplanten Urteilsverkündung ausrichten, dass er kein Geld für die Busfahrt von Kulmbach nach Bayreuth habe. Auf die Idee, bei einem der anderen Angeklagten um eine Mitfahrgelegenheit zu bitten war er nicht gekommen. Beim Gericht herrschte vor dem Hintergrund einer derartigen Dreistigkeit erst einmal absolute Sprachlosigkeit, ehe man kurzerhand entschied, das Urteil eben in Abwesenheit des Angeklagten zu verkünden.

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17.06.2013

Schlägerin und Satanistin: Mann beschimpft eigene Tochter / 50-Jähriger aus dem Landkreis Kulmbach wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht

Bayreuth. 138 Mal soll sich ein heute 50 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Kulmbach an seiner eigenen Tochter vergangen haben. Seit Montag wird dem Mann vor dem Landgericht in Bayreuth der Prozess gemacht. Zum Auftakt wies der Mann sämtliche Anschuldigungen zurück. „Alles Lüge“, sagte er. Die Vorwürfe seien eine schlimme Unterstellung und gründeten einzig und allein auf Hass gegen seine Person.

Zu den Taten soll es laut Anklage zwischen 1990 und 1998 gekommen sein, immer dann, wenn sich das 1984 geborene Mädchen bei dem getrennt von seiner Ehefrau lebenden Vater aufgehalten habe. Der Angeklagte soll das Kind bereits im Alter von sechs Jahren angefasst und immer wieder sexuelle Manipulationen an dem Mädchen vorgenommen haben. Wegen mehrerer Suizidversuche soll die Tochter längere Zeit in psychiatrischer Behandlung gewesen sein.

Das alles kann gar nicht sein, sagte der Angeklagte. Zwischen 1990 und 1993 habe er gar keinen Kontakt gehabt, danach nur sporadisch. Übernachtet habe die Tochter dabei in der Wohnung nie. Ebenso wenig sei er nie mit ihr alleine gewesen, da jeder der Tage mit Gottesdienstbesuchen, Mittagessen und Ponyreiten ausgefüllt gewesen sei.

1990 allerdings habe die Mutter das damals sechsjährige Mädchen instrumentalisiert. Das Kind hatte damals angegeben, dass es der Vater unsittlich berührt habe. Die Vorwürfe hätten sich jedoch schnell in Luft aufgelöst, selbst eine amtsärztliche Untersuchung habe nichts ergeben. Als Ursache vermutete der Mann, dass er sich damals von der Mutter scheiden ließ und eine andere Frau heiratete.

Die Anzeige wegen des 138-fachen Missbrauchs, die erst 2011 erfolgt war, führte der Mann darauf zurück, dass er genau zu diesem Zeitpunkt die Zahlungen für die Tochter eingestellt hatte. Die längst erwachsene Frau hatte zuletzt mit ihrem Partner und ihrem kleinen Sohn im Haus des Vaters gelebt. Irgendwann soll sich der Angeklagte geweigert haben, weiterhin die Kosten für Strom, Wasser und Heizung zu übernehmen, da soll die Frau ein Komplott gegen den Vater geschmiedet haben.

In seiner Einlassung bemühte sich der Angeklagte, seine Tochter in einem ungünstigen Licht erscheinen zu lassen. Sie sei ein ungewolltes Kind gewesen, habe in frühester Jugend nichts mehr von der Kirche wissen wollen, sei stattdessen als Satanistin aufgetreten und habe sich mit schwarzer Magie beschäftigt. Der Mann bezeichnete seine Tochter als Rechtsradikale und als Schlägerin, die auch schon mal Türken verprügelt habe. Ihren ehemaligen Freund nannte er einen drogenabhängigen Alkoholiker.

Warum die Frau 2009 dennoch wieder bei ihm eingezogen war, kam nicht zur Sprache. Stattdessen berichtete der Mann auf Nachfrage von ausgelassenem Herumtollen und spaßigem Raufen mit der mittlerweile erwachsenen Frau. Er könne nicht ausschließen, dass es dabei auch mal zu Berührungen gekommen sei, wenn dann aber ohne jeglichen sexuellen Hintergrund.

Von seinen drei Ehefrauen will der Mann immer wieder betrogen worden sein, was letztlich auch in jedem der Fälle zur Scheidung geführt habe. Eine große Rolle in seinem Leben spielt der Glaube. Er war 2010 nach mehreren Schicksalsschlägen und einer überstandenen schweren Krankheit zum Judentum übergetreten. „Nur der Glaube hält mich noch am Leben“, sagte er mit Tränen in den Augen und gab an, all seinen Besitz bereits dem israelischen Staat überschrieben zu haben.

Das Landgericht hatte dem 50-jährigen bereits Anfang 2012 den Prozess gemacht. Damals musste das Verfahren nach drei Verhandlungstagen abgebrochen werden, weil der Verteidiger plötzlich schwer erkrankt war. Diesmal ist die Verhandlung werden der zahlreichen Zeugen und zweier Gutachter auf insgesamt fünf Tage angesetzt. Fortsetzung ist heute, Dienstag, um 8.30 Uhr.

18.06.2013

„Habe mich so unendlich geschämt“ / Missbrauchsprozess in Bayreuth: Tochter erhebt schwere Vorwürfe gegen den Vater

Bayreuth. Im Missbrauchsprozess vor dem Landgericht in Bayreuth hat das Opfer die Anklage am gestrigen zweiten Verhandlungstag in vollem Umfang bestätigt. Demnach sei die heute 29 Jahre alte Frau von ihrem sechsten Lebensjahr an über viele Jahre hinweg vom eigenen Vater sexuell missbraucht worden. In ihrer über vier Stunden andauernden Aussage nannte die Mutter zweier Kinder, die ebenfalls im Kulmbacher Landkreis wohnt, teilweise erschreckende Details, die noch weit über das hinausgehen, was die Staatsanwaltschaft dem Mann in der Anklage vorwirft. Der Angeklagte blieb dagegen bei seiner bisherigen Schilderung und wies die Anschuldigungen als Lüge und bösartige Unterstellungen zurück.

Merklich mitgenommen und in Begleitung eines Beistandes der Opferhilfsorganisation Weißer Ring berichtete die Frau von regelmäßigen Übergriffen ihres Vaters zwischen dem sechsten und 14. Lebensjahr. Zu den Vorfällen sei es im Schlafzimmer und im Wohnzimmer des Mannes gekommen, neu war, dass auch sein Auto eine große Rolle spielte. Er sei mit der Tochter dann immer auf irgendeinen Feldweg gefahren und habe sie dort missbraucht. Das Mädchen habe sich jedes Mal entkleiden müssen, in der Folge nahm der 50-Jährige sexuelle Manipulationen an dem Kind vor.

„Ich hab es anfangs über mich ergehen lassen, weil ich dachte, es sei normal“, sagte die Zeugin. Widerstand habe sie als Kind nicht geleistet, weil ihr der Vater eingetrichtert habe, dass man das eben so macht, wenn man sich lieb hat. Auch später habe sie trotz teilweise heftiger Schmerzen „abgehalten“, nichts gesagt und sei seinen Anweisungen gefolgt. „Ich habe immer gehofft, dass es schnell vorbei geht“, sagte die Zeugin und weiter: „Ich wollte, dass es keiner merkt, weil ich mich so unendlich geschämt habe.“

Die Tochter war während dieser Zeit etwa alle zwei bis drei Wochen jeweils sonntags, anfangs auch das ganze Wochenende beim Vater, der während dieser Zeit längst von der Mutter geschieden war. Zu den sexuellen Übergriffen sei es jedes Mal gekommen, sagte die Zeugin. Erst im Alter von 14 Jahren sei ihr die Sache dermaßen über den Kopf gewachsen, dass sie sich fortan weigerte, den Vater zu sehen.

Auffällig war, dass die Zeugin trotz der heftigen Vorwürfe ihrem Vater gegenüber keinen Belastungseifer an den Tag legte. Er habe mit ihr auch viel unternommen, etwa den Nürnberger Zoo besucht, man sei ins Kino gegangen, habe zusammen Kinderfilme auf Video gesehen oder habe Ausflüge gemacht. „Sonst war er schon ein guter Vater, aber der Preis dafür war halt ziemlich hoch“, sagte die Frau wortwörtlich.

Erst Jahre später, als die Frau selbst verheiratet war und ein Kind bekam, sei es wieder zum Kontakt gekommen. Weil sie sich in einer finanziellen Notlage befand, habe sie das Angebot des Vaters angenommen, wieder bei ihm einzuziehen, was nicht lange gut ging. Schon bald sei es wieder mit den Übergriffen losgegangen. „Diesmal habe ich es mir aber nicht mehr gefallen lassen.“ Kurz darauf stand dann der Vorwurf im Raum, dass sich der Angeklagte auch an ihren Sohn, also den Enkel des Angeklagten, heranmachte. Entsprechende Ermittlungen wurden zwar eingestellt, doch war es für die Frau der Auslöser, zur Polizei zu gehen und zum ersten Mal in ihrem Leben umfangreich auszupacken. „Das alles wollte ich meinen Kindern ersparen“, sagte  die Frau.

Seit der Zeit sei sie immer wieder in psychiatrischer Behandlung gewesen, habe mehrere Suizidversuche und eine gescheiterte Beziehung hinter sich. Sie berichtete von Schwierigkeiten im Kontakt zu anderen Menschen, aber auch von Problemen in der Partnerschaft, alles als Folge der väterlichen Übergriffe. Erst in jüngster Zeit habe sie wieder einigermaßen Fuß gefasst und eine Ausbildung durchlaufen. Zum Vater habe sie seit der Anzeige keinen Kontakt mehr. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

19.06.2013

Missbrauchsprozess: Widersprüche und Ungereimtheiten zum dritten Verhandlungstag

Bayreuth. Im Missbrauchsprozess vor dem Landgericht in Bayreuth haben sich am Mittwoch Be- und Entlastungszeugen die Klinke in die Hand gegeben. Während der 50-jährige Angeklagte am ersten Verhandlungstag die Vorwürfe als Lügen zurückgewiesen hatte, belastete ihn das Opfer am zweiten Verhandlungstag schwer. Am jetzigen dritten Verhandlungstag wurden zum einen wieder schwere Vorwürfe gegen den Mann laut, es traten aber auch Zeugen auf, die offen sagten, dass sie von den Vorwürfen gar nichts halten. Wie berichtet soll der Mann zwischen 1990 und 1998 in insgesamt 138 Fällen seine 1984 geborene Tochter missbraucht haben.

Aus einer zweiten Ehe hat der Mann eine weitere Tochter. Die junge Frau ist heute 24 Jahre alt und als Industriekauffrau in Oberbayern tätig. „Bei mir war nichts“, sagte die Frau, die über Jahre hinweg jedes Wochenende sowie die kompletten Schulferien bei ihrem Vater verbracht hatte und damit viel mehr Kontakt als die andere Tochter, ihre Halbschwester und gleichzeitig das vermeintliche Opfer, zu dem Mann hatte. „Papa ist doch ein herzensguter Mensch, ich kann mit das alles nicht vorstellen“, sagte die Zeugin unter Tränen.

Zu ihrer Halbschwester hat die Frau dagegen keinen richtigen Kontakt. Sie habe es mehrfach versucht, aber es sei einfach kein bleibender Kontakt entstanden. Nicht verstehen könne sie es, dass ihre Halbschwester zusammen mit ihren kleinen Kindern wieder beim Vater eingezogen ist, wenn es doch Jahre vorher zu derart schlimmen Vorfällen gekommen sein soll.

Auch eine Bekannte und frühere Nachbarin des Angeklagten nutzte ihre Zeugenaussage, um ihr Unverständnis wegen der Vorwürfe zu äußern. Der Angeklagte habe sich immer absolut korrekt gegenüber Kindern verhalten. „So etwas würde er nie tun“, sagte die Frau mit dem Brustton der Überzeugung. Auch habe sie oft Vater und Tochter zusammen gesehen. Es sei ein absolut offenes und herzliches Verhältnis gewesen. „Wie kann das denn sein, wenn er sie missbraucht haben soll?“, so die Frau.

Einen starken Fürsprecher fand der 2010 zum Judentum konvertierte Angeklagte auch im Hofer Rabbiner David Goldberg. Er sei überzeugt davon, dass die Tochter einzig und allein aus Rache gegenihren Vater handle. Die junge Frau habe die Gutmütigkeit ihres Vaters nur ausgenutzt und ihn ausgelacht, als er zum jüdischen Glauben übergetreten sei. Dabei sei der Angeklagte der hilfsbereiteste Mensch, den man sich überhaupt vorstellen könne.

Dem gegenüber stand vor allem die Aussage einer Freundin des Opfers. Deren Sohn soll der Angeklagte auch angefasst haben. Das Kind hatte sich dem Sohn der Freundin anvertraut. Warum die Sache damals nicht weiter verfolgt wurde, ist bislang nicht zur Sprache gekommen. Sicher ist allerdings, dass die Tochter mit Bekanntwerden der Übergriffe des Angeklagten auf den Enkel reinen Tisch gemacht hatte, zur Polizei ging und jeglichen Kontakt zum Angeklagten abbrach.

Die Freundin des Opfers wusste aber auch noch andere haarsträubende Dinge zu berichten. Ständig habe es sexuelle Anspielungen des Vaters in Bezug auf die Tochter gegeben, auch wenn sie, die Freundin, dabei war.  „Das war irgendwie absolut komisch“, wunderte sich die Frau noch heute. „Auch mich hat er angetatscht“, sagte die Frau. Sie habe sich allerdings schon zu wehren gewusst.

Zu einer Überraschung war es auch bei der Aussage der ersten Ehefrau des Angeklagten und Mutter und Opfers gekommen. Bei ihr ist ein Tagebuch aufgetaucht, in dem die Ex-Ehefrau sämtliche Besuche ihrer Tochter bei deren Vater mit Datum und Uhrzeit notiert hatte. Die Frau war nur kurzzeitig mit dem Angeklagten verheiratet und ist noch heute schlecht auf ihn zu sprechen. Die Tagebuchaufzeichnungen enthielten zwischen 1992 und 1999 exakt 33 Aufenthalte der Tochter beim Vater und damit deutlich weniger als die Tochter aufgeführt hatte. Wie die Staatsanwaltschaft auf 138 Missbrauchsfälle kommt, ist damit kaum mehr nachzuvollziehen. Während die Tochter von regelmäßigen Besuchen berichtet hatte, lassen die Tagebuchnotizen nur auf sporadische Besuche schließen. Einen Irrtum schloss die Zeugin ausdrücklich aus, gleichwohl räumte die Frau auch ein, dass ihre Tochter manchmal einen seltsamen Eindruck auf sie gemacht habe, wenn sie vom Vater wieder zurückkam. Sie sei verschlossen gewesen und habe niemanden an sich herangelassen.

Nicht erschienen waren zum mittlerweile dritten Verhandlungstag die dritte Ehefrau des Angeklagten und der geschiedene Ehemann der Tochter. Gegen beide beantragte die Staatsanwaltschaft ein Ordnungsgeld wegen Fernbleibens trotz Ladung. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

20.06.2013

Im Zweifel für den Angeklagten / Freispruch im Missbrauchsprozess vor dem Bayreuther Landgericht

Bayreuth. Völlig überraschend hat das Landgericht in Bayreuth am Nachmittag einen 50-jährigen Mann aus dem Landkreis Kulmbach vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs freigesprochen. Das Gericht handelte dabei nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ („im Zweifel für den Angeklagten“). Niemand könne verurteilt werden, wenn seine Schuld nicht mit absoluter Sicherheit festgestellt werden kann, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Wie berichtet wurde dem Mann ursprünglich vorgeworfen, zwischen 1990 und 1998 in insgesamt 138 Fällen seine 1984 geborene Tochter missbraucht zu haben.

„Wir können den Angeklagten nichts mit absoluter Sicherheit beweisen“, sagte der vorsitzende Richter. In der Gesamtschau gebe es keinen einzigen Fall, der so feststeht, dass sich darauf eine Verurteilung stützen lässt, so Eckstein. „Wir können keinen Tatnachweis in strafrechtlich relevanter Hinsicht führen.“ Als Ursache dafür nannte der Vorsitzende auch die lange Zeit, die seit den Vorfällen verstrichen sei.

Ein wesentlicher Punkt, auf den sich der Freispruch stützt ist das Gutachten, das eine Nürnberger Psychologin über das vermeintliche Opfer erstellt hatte. Darin war unter anderem die Rede von instabilen und inkonstantem Aussageverhalten, sowie von einer überzogenen Darstellung. Man könne einfach nicht sagen, dass es verlässlich sei, wenn die Zeugin angibt, ab ihrem 6. Lebensjahr und dann immer wieder missbraucht worden zu sein, sagte die Psychologin, die sich seit Jahrzehnten mit dem Aussageverhalten von Opfern in ähnlichen Fällen beschäftigt.

Ein weiterer Punkt, der für den Freispruch letztlich verantwortlich war, ist die tagebuchähnliche Aufzeichnung, die von der Mutter des Mädchens und ersten Ehefrau des Angeklagten vorgelegt wurde. Dem Kalender der Mutter zufolge, sei die Tochter zwar relativ oft bei ihrem Vater gewesen, aber bei weitem nicht regelmäßig und schon gar nicht alle zwei bis drei Wochen. Die tagebuchähnlichen Aufzeichnungen der Mutter enthielten zwischen 1992 und 1999 exakt 33 Aufenthalte der Tochter beim Vater. Von 138 Taten des sexuellen Missbrauchs könne bei 33 Aufenthalten keine Rede sein.

Darüber hinaus fielen einige der aufgezeichneten Daten in den Zeitraum nach dem 14. Geburtstag des Kindes. Selbst wenn man eine Schuld voraussetzen würde, wäre es kein Missbrauch von Kindern mehr, sondern ein Missbrauch von Schutzbefohlenen und der wäre nach geltendem Recht bereits verjährt. Staatsanwalt Matthias Burkhardt hatte deshalb auch keinen Freispruch, sondern eine Einstellung des Verfahrens wegen der Verjährung beantragt. Verteidiger Wolfgang Schwemmer setzte dagegen von Anfang auf den Freispruch, weil eine Schuld seines Mandanten mit rechtsstaatlichen Mitteln nicht festzustellen sei. Es gebe keinen Beweis dafür, dass sein Mandant nicht die Wahrheit sagt, so der Verteidiger, der selbst von einem völlig ungewöhnlichen Fall sprach.

Die Vertreterin der Nebenklage, Rechtsanwältin Kristina von Imhoff aus Coburg, zeigte sich dagegen überzeugt, dass das Opfer, also ihre Mandantin, die Wahrheit gesagt habe, schon allein deshalb, weil sich die junge Frau an so viele Details erinnern könne. Das alles könne man sich nicht ausdenken, so die Anwältin, die einen guten brauch folgend keinen eigenen Antrag stellte.

Zuvor hatte am vierten Verhandlungstag die dritte Ehefrau des Mannes von einem ganz normalen Familienleben berichtet. Die Frau war von 1994 an über sieben Jahre lang mit dem Mann aus dem Kulmbacher Landkreis verheiratet und damit genau in der Zeit, in denen der Großteil der Übergriffe stattgefunden haben soll. „Ich habe in keinster Weise irgendetwas davon mitbekommen“, so die Frau, die heute in Kulmbach lebt.

„Wenn ich etwas mitbekommen hätte, dann wäre er schon sehr viel früher hier gesessen“, sagte die Exfrau und deutete auf die Anklagebank. Als Kind sei sie selbst sexuell bedrängt worden, deshalb wäre sie bei geringsten Hinweisen auch sofort eingeschritten, sagte die Zeugin. Die Tochter sei zwar öfter bei ihnen zuhause gewesen, doch nicht gerade regelmäßig, widersprach die Frau der Aussage des Opfers.

Erste Anzeichen dafür, dass es in dem Prozess zu einer Wende kommen könnte, gab es bereits am dritten Verhandlungstag. Eine weitere Tochter des Mannes und Halbschwester des Opfers hatte dabei klar gestellt: „Bei mir war nichts.“ Die heute 24-Jährige hatte über Jahre hinweg jedes Wochenende sowie die kompletten Schulferien bei ihrem Vater verbracht hatte und damit viel mehr Kontakt zum Vater als das vermeintliche Opfer. Auch eine Bekannte und frühere Nachbarin des Angeklagten hatte angegeben, dass sich der Angeklagte immer absolut korrekt gegenüber Kindern verhalten habe.

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11.02.2013

Versuchter Mord und Betrug im großen Stil: Mutmaßlicher Millionenbetrüger vor Gericht / Geschäftsmann aus Bayreuth soll versucht haben, Polizisten zu überfahren

Bayreuth. Noch ehe der Angeklagte sich überhaupt zu den Vorwürfen äußern konnte, geriet der Prozess ins Stocken. Weil die Ehefrau von einem der beiden Schöffen zu den Opfern eines mutmaßlichen Millionenbetrügern gehören soll, hat die Erste Große Strafkammer des Bayreuther Landgerichts einen groß angelegten Prozess mit zehn geplanten Verhandlungstagen und dutzenden Zeugen vorerst platzen lassen.

Der stadtbekannte, 54-jährige Bayreuther Unternehmer, der unter anderem auch als Pächter der renommierten Gaststätte „Braunbierbierhaus“ in Erscheinung getreten war, und dessen „Femto“-Gruppe immer wieder spektakuläre Schlagzeilen machte, soll sich der Anklage zufolge vor allem mit fingierten Solaranlagen-Geschäften bereichert haben. Und zwar gleich um über 1,2 Millionen Euro. Dabei spiegelte der Angeklagte die Errichtung und den Betrieb großer Photovoltaikanlagen in Oberfranken und in Tschechien vor und verkaufte mit dem Versprechen riesiger Renditen entsprechende Beteiligungen. Tatsächlich besaß er kein einziges Grundstück, auf dem er eine derartige Anlage hätte errichten können. Ein entsprechendes Vorhaben im Landkreis Bayreuth wurde vom Grundstückeigentümer abgelehnt, das den Angeklagten nicht daran hinderte, trotzdem damit zu werben und zehn potentiellen Investoren insgesamt die 1,2 Millionen Euro aus der Tasche zu ziehen.

Daneben muss sich der Mann wegen Scheckbetrugs in drei Fällen mit einem Gesamtschaden von über 60000 Euro, wegen Diamantenhandels mit einem Vermögensschaden von fast 80000 Euro, wegen Rapsölbetrugs mit einem Schaden von fast 65000 Euro, wegen Kreditbetrugs, Urkundenfälschung und anderer Dinge verantworten.

Am schwersten wiegt allerdings der Vorwurf des versuchten Mordes. Nach der Zahlungsunfähigkeit seiner gesamten Firmengruppe, zu der unter anderem eine Gastronomie-, eine Elektro-, eine Vermietungs-, eine Solar- und eine Lebensenergie(?)-GmbH gehörten, machte sich der Mann aus dem Staub und tauchte zunächst unter. Im Sommer des zurückliegenden Jahres wurde er dann in Salzburg von österreichischen Fahndern festgenommen. Aus der Krankenstation einer Salzburger Haftanstalt war ihm danach eine spektakuläre Flucht gelungen.

So kam er am 4. Juni 2012 nach Fürth, wo er von Zivilfahnder erkannt und verfolgt wurde. Mit seinem VW-Golf und zwei Zivilfahrzeugen der Polizei lieferte sich der Angeklagte eine spektakuläre Verfolgungsjagd quer durch die Fürther Innenstadt bis er eines der Zivilfahrzeuge rammte. Zwei Polizisten wurde dabei auf die Fahrbahn geschleudert. Auf sie soll der Angeklagte mit hoher Geschwindigkeit gezielt zugefahren sein. Einer der Männer konnte sich durch einen beherzten Hechtsprung, der andere durch blitzschnelles Wegrollen retten. „Der Angeklagte hat den Tod der beiden Männer billigend in Kauf genommen, um seiner Festnahme und einer hohen Haftstrafe zu entgehen“, so Staatsanwältin Sibylle Zwanzger, die über eine Stunde brauchte um die umfangreiche Anklageschrift mit allen einzelnen Vorwürfen zu verlesen.

Kaum war die Anklage verlesen, war es allerdings auch schon wieder vorbei mit der Verhandlung. Der vorsitzende Richter Michael Eckstein gab bekannt, dass einer der beiden Schöffen mit der Inhaberin eines Hotels in Bayreuth verheiratet sei, die ebenfalls Anzeige gegen den Angeklagten wegen Betrugs erstattet hatte. Der Angeklagte hatte in dem Hotel übernachtet und gespeist, ohne die Rechnungen zu begleichen. Das Verfahren sei im Hinblick auf die millionenschweren Betrugsvorwürfe zwar bereits eingestellt worden und der Schöffe erklärte vor Gericht mit dem Brustton der Überzeugung, dass er sich nicht befangen fühle, doch die beiden Verteidiger des Angeklagten lehnten den Schöffen dennoch wegen Befangenheit ab.

Unter Ausschluss des betreffenden Schöffen fasste die Kammer daraufhin den Beschluss, den Schöffen abzulehnen und die Verhandlung so lange auszusetzen, bis ein neuer Schöffe gefunden ist. Erst dann kann die Verhandlung, wieder mit der stundenlangen Verlesung der Anklage neu begonnen werden. Die Frau des Schöffens habe den Angeklagten wegen Betrugs angezeigt, diese Tat sei auch Gegenstand des Ermittlungsergebnisses und der Mann müsse sich wegen zahlreicher anderer Betrugsvorwürfe verantworten. Dies alles begründe den Vorwurf der Befangenheit, sagte Richter Eckstein. Ursprünglich waren für den Prozess zehn Verhandlungstage bis Mitte April angesetzt.

28.03.2013

Solarflächen existierten nur theoretisch / Kein versuchter Mord aber Betrug in Millionenhöhe - Prozess gegen Hans-Peter C. fortgesetzt

Bayreuth. Mit der Einvernahme weiterer potentieller Opfer ist vor dem Landgericht in Bayreuth der Prozess gegen den mutmaßlichen Millionenbetrüger Hans-Peter. C. fortgesetzt worden. Wie berichtet, soll der stadtbekannte 54-jährige Unternehmer unter anderem mit fingierten Geschäften um Photovoltaikanlagen potentielle Investoren um 1,2 Millionen Euro betrogen haben.

Eines der Opfer ist ein 32-jähriger Mann  aus Pegnitz. Der Betrogene, selbst Vermögensberater von Beruf, hatte für eine geplante Anlage fast 47000 Euro als Anzahlung an die Firmengruppe des Angeklagten überwiesen, sein Geld bis heute aber nicht mehr wieder gesehen. Mit dem Geld wollte der Angeklagte angeblich riesige Solaranlagen auf Gewerbeobjekten am Bindlacher Berg errichten, die große Renditen abwerfen sollen. Tatsächlich war Hans-Peter C. nicht im Besitz auch nur einer einzigen Dachfläche.

 „Für mich klang das alles plausibel“, sagte der Zeuge. Schließlich habe man nicht nur die entsprechenden Bauwerke besichtigt, man sei damals sogar auf die Dächer gestiegen und der Angeklagte habe alles bestens erklärt. Der Steuerfachangestellte und Wirtschaftsberater aus Nürnberg, der den potentiellen Investor mit dem Angeklagten zusammengebracht hatte, räumte ein, dass er für seine Mandanten auf der Suche nach Steuersparmodellen gewesen sei. Der Angeklagte habe auf ihn einen sehr guten Eindruck gemacht, „auch fachlich“, sagte der Mann, der offen zugab, vom Angeklagten für die Vermittlung von zwei Investoren 15000 Euro an Provision bekommen zu haben.

Der Zeuge berichtete auch von einer Informationsveranstaltung, die der Angeklagte im November 2009 in den Räumen einer Genossenschaftsbank in Schrobenhausen veranstaltet hatte. Zehn potentiellen Investoren aus Schweden, stellte Hans-Peter C. damals zwei bis drei Stunden lang das Projekt vor, sogar ein Solarmodul soll er damals dabeigehabt haben. Insgesamt sei es um eine Anlagesumme von zwei Millionen gegangen. Weil die potentiellen Interessenten das Geld für die Anzahlung über die Bank finanzieren wollten, kam das Geschäft aber nicht zustande, denn die Bank hatte vom Angeklagten eine sogenannte Grunddienstbarkeit für den Eintrag ins Grundbuch gefordert, die er freilich nie beibringen konnte. „Theoretisch waren die Dächer zwar da, nicht aber konkret“, so der Zeuge.

Während für Prozessbeobachter bislang alles danach aussieht, als wollte der Angeklagte Geld einsammeln, um sein luxuriöses Leben mit Villa in München-Grünwald zu finanzieren, bleibt der Mann dabei, dass er keine Betrugsabsichten gehabt habe. „Ich hatte nicht die Ansicht, ihm (dem Zeugen) Schaden zuzufügen, ich wollte die Anlage bauen.“

In einem anderen Anklagepunkt wird dem 54-Jährigen, der auch als Betreiber des Braunbierhauses in Bayreuth in Erscheinung getreten war, der Handel von Diamanten mit einem Vermögensschaden von zusammen fast 80000 Euro vorgeworfen. Der Fall eines 36-jährigen Informatikers zeigt, dass der Angeklagte dabei auch vor Kleinanlegern nicht zurückschreckte. Der PC-Spezialist hatte die Mindestsumme von 5000 Euro einbezahlt und sich eine Rendite von zehn Prozent im Monat erhofft. Das wären sage und schreibe 6000 Euro im Jahr gewesen.

„Ich hatte absolutes Vertrauen“, sagte der Mann aus dem Landkreis. Er habe monatlich die Listen der Rohdiamantenmit Reinheitsgraden und weiteren Details gesehen und sich dann jeweils für einen Diamanten entschieden. In einem kleinen Schmuckkästchen soll ihm der Angeklagte sogar die  Diamanten gezeigt haben. Bereits bei einem früheren Verhandlungstag hatte der Angeklagte angegeben, dass es sich dabei um offiziell geächtete Blutdiamanten aus dem Kongo handle, die auf dem Schwarzmarkt erhältlich sind und mit gefälschten Zertifikaten reingewaschen werden sollen.

Daneben muss sich der Mann wegen Scheckbetrugs mit einem Gesamtschaden von über 60000 Euro, wegen Rapsölbetrugs mit einem Schaden von fast 65000 Euro sowie wegen Kreditbetrugs, Urkundenfälschung und anderer Dinge verantworten. Der am schwersten wiegenden Vorwurf des versuchten Mordes dürfe, so deutete es das Gericht bereits an, nicht nachzuweisen sein.

Wie berichtet hatte sich der Angeklagte nach der Zahlungsunfähigkeit seiner gesamten Firmengruppe, zu der unter anderem eine Gastronomie-, eine Elektro-, eine Vermietungs-, eine Solar- und eine Lebensenergie(?)-GmbH gehörten, aus dem Staub gemacht. Erst im Sommer 2012 wurde er dann in Salzburg von österreichischen Fahndern festgenommen. Aus der Krankenstation einer Salzburger Haftanstalt war ihm danach eine spektakuläre Flucht gelungen. So kam er am 4. Juni 2012 nach Fürth, wo er von Zivilfahnder erkannt und verfolgt wurde. Mit seinem VW-Golf und zwei Zivilfahrzeugen der Polizei lieferte sich der Angeklagte eine spektakuläre Verfolgungsjagd quer durch die Fürther Innenstadt bis er eines der Zivilfahrzeuge rammte. Zwei Polizisten wurde dabei auf die Fahrbahn geschleudert. Auf sie soll der Angeklagte mit hoher Geschwindigkeit gezielt zugefahren sein. Einer der Männer konnte sich durch einen beherzten Hechtsprung, der andere durch blitzschnelles Wegrollen retten.

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01.06.2013

Kein Mord, aber Millionenbetrug: 54-jähriger Mann aus Bayreuth zu sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt – Hans-Peter C. galt lange als angesehener Geschäftsmann

Bayreuth. Wegen vielfachen Betruges muss der Bayreuther Geschäftsmann Hans-Peter C. für sechs Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Dieses Urteil hat die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Bayreuth jetzt nach 13 Verhandlungstages gefällt. Der 54-Jährige habe im Wesentlichen Investoren mit erfundenen Solar-Projekten geprellt und dabei einen Schaden in Millionenhöhe verursacht, heißt es im Urteilsspruch, den der vorsitzende Richter Michael Eckstein am Freitagnachmittag verkündete. Darüber hinaus verurteilte das Landgericht den Mann wegen Körperverletzung, weil bei einer spektakulären Verfolgungsjagd vor seiner Verhaftung Polizeibeamte verletzt worden waren. Ursprünglich stand dafür noch ein Mordvorwurf in der Anklage.

Der Angeklagte hatte am zwölften Verhandlungstag ein Geständnis über den Photovoltaikbetrug abgelegt, nachdem  seine Anwälte mit den Richtern zuvor ein Strafmaß von sechseinhalb bis siebeneinhalb Jahren ausgehandelt hatten. Ziel eines solchen, erstmals seit 2009 gesetzlich geregelten Deals soll es vor allem sein, Verfahren zu verkürzen und den Aufwand in vertretbaren Grenzen zu halten. Der Prozess hatte bereits im Februar begonnen und war noch bis in den August hinein terminiert worden.

Der stadtbekannte Unternehmer, der unter anderem auch als Pächter der renommierten Gaststätte „Braunbierhaus“ in Erscheinung getreten war, und dessen „Femto“-Gruppe immer wieder spektakuläre Schlagzeilen machte, hatte sich vor allem mit fingierten Solaranlagen-Geschäften bereichert. Dabei spiegelte der Mann die Errichtung und den Betrieb großer Photovoltaikanlagen in Oberfranken und in Tschechien vor und verkaufte mit dem Versprechen riesiger Renditen entsprechende Beteiligungen.

Tatsächlich besaß er kein einziges Grundstück, auf dem er eine derartige Anlage hätte errichten können. Ein entsprechendes Vorhaben im Landkreis Bayreuth wurde vom Grundstückeigentümer abgelehnt, das den Angeklagten nicht daran hinderte, trotzdem damit zu werben und zehn potentiellen Investoren insgesamt 1,2 Millionen Euro aus der Tasche zu ziehen. Nach der Zahlungsunfähigkeit seiner gesamten Firmengruppe, zu der unter anderem eine Gastronomie-, eine Elektro-, eine Vermietungs-, eine Solar- und eine Lebensenergie-GmbH gehörten, machte sich der Mann aus dem Staub und tauchte zunächst unter. Im Sommer des zurückliegenden Jahres wurde er dann in Salzburg von österreichischen Fahndern festgenommen. Aus der Krankenstation einer Salzburger Haftanstalt war ihm danach eine spektakuläre Flucht gelungen.

So kam er am 4. Juni 2012 nach Fürth, wo er von Zivilfahnder erkannt und verfolgt wurde. Mit seinem VW-Golf und zwei Zivilfahrzeugen der Polizei lieferte sich der Angeklagte eine wilde Verfolgungsjagd quer durch die Fürther Innenstadt bis er eines der Zivilfahrzeuge rammte. Drei Polizisten wurde dabei auf die Fahrbahn geschleudert. Auf sie war Hans-Peter C. mit hoher Geschwindigkeit gezielt zugefahren. Einer der Männer konnte sich durch einen beherzten Hechtsprung, die anderen durch blitzschnelles Wegrollen retten. Verletzt wurden alle drei Beamten.

Eine Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren hatte zuvor Staatsanwältin Sibylle Zwanziger gefordert. Auch sie hatte den Vorwurf des versuchten Mordes nicht aufrechterhalten und auf Körperverletzung plädiert.

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05.03.2013

Schulbusfahrer soll Schülerin zum Sex gezwungen haben / 41-jähriger Kulmbacher wegen mehrfachen Missbrauchs eines Mädchens vor Gericht

Kulmbach/Bayreuth. Der Vorwurf wiegt schwer: ein 41-jähriger Busfahrer aus Kulmbach soll im Sommer 2011 mehrfach ein damals 13 jähriges Mädchen sexuell missbraucht haben. Selbst bei einem Geständnis sei da eine Bewährungsstrafe nicht mehr drin, machte der vorsitzende Richter der Jugendkammer Alois Meixner dem Angeklagten am Dienstag zum Prozessauftakt vor dem Landgericht in Bayreuth unmissverständlich klar. Von einem Geständnis war der Angeklagte allerdings weit entfernt. „An der Anklage ist überhaupt nichts dran“, beteuerte der Busfahrer zum Auftakt der Verhandlung. Ganz im Gegensatz zu der Schülerin. In einer mehrstündigen Vernehmung schilderte das Mädchen am Nachmittag detailliert die Vorfälle, die der heute 15-Jährigen sichtlich unangenehm waren.

Die Staatsanwaltschaft geht in der Anklageschrift davon aus, dass Sex mit der 13-Jährigen von Anfang an das Ziel des Mannes gewesen sei. Insgesamt vier Mal soll es zwischen September und Dezember 2011 dazu gekommen sein. Als Tatort listet die Anklage jedes Mal den Schulbus auf, den der Angeklagte nur mit dem späteren Opfer besetzt unter anderem in ein Waldstück bei Höferänger und auf den Parkplatz am Schwedensteg gelenkt haben soll. Sogar ein Kondom soll der Mann anfangs benutzt haben, später nicht mehr. Auf die erkennbare Gegenwehr des Mädchens sei er nicht eingegangen. Wie es dazu kommen konnte, dass das Mädchen immer wieder in den Bus des Mannes gestiegen war, ist bislang noch unklar. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann das Mädchen jedes Mal überreden konnte. Laut Anklage war die Sache aufgeflogen, als sich das Mädchen, gerade 14 geworden, Ende 2011 aus Sorge vor einer Schwangerschaft einer Ärztin anvertraute.

„Was ist dran an dieser Anklage“, wollte der vorsitzende Richter wissen. „Überhaupt nichts“, war die Antwort des Angeklagten. Das Mädchen habe ihn schon länger verfolgt, weil es in ihn verliebt gewesen sei. Die 13-Jährige habe genau gewusst, welche Linie er fahre, und so habe sie ihn regelrecht verfolgt. Er habe sich nichts dabei gedacht, so der verheiratete Mann. Er sei einfach zu gutmütig gewesen, denn eigentlich habe er nur gewollt, dass ihn die 13-Jährige in Ruhe lässt. Aber die habe ihn regelrecht verfolgt.

Richter Meixner räumte ein, dass aus den Akten durchaus eine gewisse Schwärmerei der 13-Jährigen für den Angeklagten ersichtlich sei. Das Gericht hielt es allerdings für „völlig unwahrscheinlich“, dass sich ein 13-jähriges Mädchen eine solch perfide Geschichte ausdenke. Einem Gutachten zufolge seien die detaillierten Aussagen des Mädchens sogar „hochgradig stimmig“. Dafür sprächen unter anderem auch Chats mit Freundinnen. „Es sieht so aus, als ob etwas dran wäre“, so der Richter. Auch nach einer längeren Unterbrechung ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Franz Stübinger erklären, dass sein Mandant bei seiner bisherigen Darstellung bleibt.

In einer mehrere Stunden andauernden Vernehmung schilderte das Mädchen am Nachmittag detailliert die Vorgänge und bestätigte dabei die Anklage in sämtlichen Details. Mehrfach brachte die Schülerin dabei zum Ausdruck, wie unangenehm ihr das Ganze sei, wie peinlich und, dass sie sich so sehr schäme. Sie räumte auf ausdrückliche Nachfrage der Richter auch ein, dass sie anfangs für den Busfahrer geschwärmt und ihn als coolen Typen gesehen habe. Doch als er immer aufdringlicher geworden sei, habe sie nicht mehr gewusst, wie sie damit umgehen soll. Freundinnen, denen sich die Schülerin anvertraut hatte, warnten sie vor dem Umgang mit dem wesentlich älteren Mann, der mit ihr sogar per Facebook kommunizierte.

Allerdings kam die ganze Geschichte erst raus, als das Mädchen wegen starker Bauchschmerzen und aus Angst vor einer Schwangerschaft zu einer Frauenärztin ging. Der Medizinerin gegenüber berichtete die damals 13-Jährige vom mehrfachen Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten, daraufhin wandte sich die Ärztin an die Mutter des Mädchens. „Ich wollte das eigentlich nicht, ich wollte auch keine Anzeige“, sagte die Schülerin.

Die Verhandlung wird am Mittwoch mit der Einvernahme weiterer Zeugen fortgesetzt. Das Gericht hat für Montag, 18. März, bereits einen weiteren Verhandlungstag anberaumt.

06.03.2013

Tatort Schulbus / Missbrauchsprozess: Fahrtenschreiber ausgewertet

Kulmbach/Bayreuth. Im Prozess um den 41-jährigen ehemaligen Schulbusfahrer aus Kulmbach, der eine 13-jährige Schülerin zum Sex genötigt haben soll, hat der Angeklagte auch am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht in Bayreuth seine Unschuld beteuert. „Ich weiß, dass ich nichts gemacht habe“, sagte der Mann.

Die bisherige Beweisaufnahme sieht für den Angeklagten allerdings alles andere als gut aus. „Sie glauben doch nicht, dass sie hier mit einem Freispruch rausgehen“, sagte Staatsanwalt Michael Hofmann am Mittwoch. Zuvor hatte eine Frauenärztin, bei der das Mädchen war, von einem Abstrich berichtet, der noch immer aufbewahrt wird. Mit einiger Wahrscheinlichkeit könnte die DNA des Täters noch nachgewiesen werden, so die Medizinerin.

Die Gynäkologin bezeichnete die damalige Situation als sehr ungewöhnlich. Die völlig verstörte Schülerin sei damals gekommen und habe um die „Pille danach“ gebeten, weil sie Angst vor einer Schwangerschaft hatte. Erst auf intensives Nachfragen durch die Ärztin sei die Sache ans Licht gekommen. Die damals 13-jährige habe den Angeklagten sogar noch schützen wollen und habe sich Sorgen um ihn gemacht. Trotzdem informierte die Ärztin am Tag darauf die Mutter des Mädchens und auch das Jugendamt.

Wenig Aufschluss über das Geschehen brachte die Einvernahme eines Kfz-Sachverständigen, der die Busse, die Akten des Busunternehmens und die Fahrtenschreiber untersucht und auf mögliche Ungereimtheiten überprüft hatte. Aus den neuen digitalen Aufzeichnungsgeräten gehe zwar hervor, wann das Fahrzeug bewegt wurde, wann es stand und wie viele Kilometer zurückgelegt wurden. Für die kleinen 9-Sitzer, mit denen der Schulbusverkehr durchgeführt wird, seien solche Geräte aber gar nicht vorgeschrieben.

Für das eigentliche Tatgeschehen waren die Feststellungen des Sachverständigen wenig aussagekräftig, weil es bei den gefahrenen Kilometern nur geringfügige Differenzen zwischen den Feststellungen des Sachverständigen und den Aufzeichnungen gab. Bei einem Vorfall soll der Mann laut Anklage den Bus mit dem Opfer auf den Parkplatz am Schwedensteg gelenkt haben, um sich dort an dem Kind zu vergehen. Da der Parkplatz direkt an der Tour liegt, wäre dies ein Umweg von 200 Metern, der sich im Nachhinein aber nicht mehr nachweisen lässt.

Wie berichtet geht die Anklage davon aus, dass der 41-Jährige zwischen September und Dezember 2011 insgesamt vier Mal Sex mit dem Mädchen hatte. Als Tatort listet die Anklage jedes Mal den Schulbus auf, den der Angeklagte nur mit dem späteren Opfer besetzt unter anderem in ein Waldstück bei Höferänger und auf den Parkplatz am Schwedensteg gelenkt haben soll. Bislang hatte der Mann behauptet, dass an den Vorwürfen überhaupt nichts dran sei, stattdessen soll ihn die 13-Jährige damals regelrecht verfolgt haben.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

18.03.2013

Schulbusfahrer: Kein Sex mit Schülerin / Neue Beweisanträge in letzter Sekunde - Gericht holt Zeugen aus Mazedonien

Bayreuth. Im Prozess um den Kulmbacher Schulbusfahrer, der eine Schülerin zum Sex gezwungen haben soll, ist es am dritten Verhandlungstag zu einer faustdicken Überraschung gekommen. Obwohl sämtliche Prozessbeobachter vom Abschluss der Beweisaufnahme ausgegangen waren, stellte Verteidiger Franz Stübinger aus Kulmbach völlig überraschend mehrere Beweisanträge. Dem Weitestgehenden gaben die Richter bereits statt, demnach wird nach Ostern ein Zeuge eigens aus Mazedonien eingeflogen, der den Angeklagten 41-Jährigen Busfahrer zumindest in einem Anklagepunkt komplett entlasten soll.

Wie mehrfach berichtet soll der Mann zwischen September und Dezember 2011 ein damals 13 jähriges Mädchen sexuell missbraucht haben. Als Tatort listet die Anklage jedes Mal den Schulbus auf, den der Angeklagte nur mit dem späteren Opfer besetzt unter anderem in ein Waldstück bei Höferänger und auf den Parkplatz am Schwedensteg gelenkt haben soll. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann das Mädchen jedes Mal überreden konnte. Aufgeflogen war die Sache, als sich das Mädchen, gerade 14 geworden, Ende 2011 aus Sorge vor einer Schwangerschaft einer Ärztin anvertraute.

Die jetzt vorgelegten Beweisanträge haben alle ein Ziel: die Unschuld des Busfahrers dem Gericht klar zu machen. So soll der Zeuge aus Mazedonien, ein entfernter Verwandter des Angeklagten, an einem der angeblichen Tattage im Bus mitgefahren sein, und zwar genau zur Tatzeit. „Es kann also gar keinen Übergriff gegeben haben“, so der Verteidiger. Um zu überprüfen, was Sache ist, soll der Mann nun nach Ostern vor Gericht aussagen. Ebenso ein Schüler aus der Nähe von Kulmbach. Er soll an einem der anderen angeblichen Tattage zur Tatzeit im Bus mitgefahren und nicht etwa vorher ausgestiegen sein, wie es das vermeintliche Opfer in seiner Aussage behauptet hat.

In den weiteren Beweisanträgen will die Verteidigung bestimmte Fahrzeiten festgestellt wissen,  eine weitere Freundin zur vermeintlichen Schwärmerei des Opfers für den Angeklagten vernehmen und einen Abstrich der Frauenärztin auf DNA-Spuren untersuchen lassen. Letzteres sei allerdings praktisch aussichtslos, da Spermienspuren nur in Ausnahmefällen länger als 48 Stunden nachweisbar sind, so das Rechtsmedizinische Institut der Universität Erlangen in einer ersten Stellungnahme.

An den bisherigen zwei Verhandlungstagen hatte der Schulbusfahrer jede Schuld weit von sich gewiesen. „An der Anklage ist überhaupt nichts dran“, beteuerte der 41-Jährige immer wieder. Das Mädchen habe ihn schon länger verfolgt, weil es in ihn verliebt gewesen sei. Die 13-Jährige habe genau gewusst, welche Linie er fahre, und so habe sie ihn regelrecht verfolgt. Er habe sich nichts dabei gedacht, so der verheiratete Mann. Er sei einfach zu gutmütig gewesen, denn eigentlich habe er nur gewollt, dass ihn die 13-Jährige in Ruhe lässt.

Während Staatsanwalt Michael Hofmann einen Teil der Beweisanträge als bereits erledigt ansah, sprach Nebenklagevertreterin Kristina von Imhoff von Prozessverschleppung und lehnte es ab, eigens einen Zeugen aus Mazedonien einzufliegen.

Das Mädchen hatte bereits am ersten Verhandlungstag detailliert die Übergriffe des Busfahrers bestätigt Sie räumte damals auch auf ausdrückliche Nachfrage der Richter ein, dass sie anfangs für den Busfahrer geschwärmt und ihn als coolen Typen gesehen habe. Doch als er immer aufdringlicher geworden sei, habe sie nicht mehr gewusst, wie sie damit umgehen soll.

Die Verhandlung wird am Mittwoch, 3. April, um 16 Uhr fortgesetzt.

03.04.2013

Sex im Schulbus: 41-Jähriger Kulmbacher muss vier Jahre ins Gefängnis Tränen, lautstarke Unmutsäußerungen und zwei Festnahmen im Gerichtssaal

Bayreuth. Wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen hat das Landgericht in Bayreuth am späten Mittwochabend einen 41-jährigen Busfahrer aus Kulmbach zu vier Jahren Haft verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass sich der Mann zwischen September und November 2011 insgesamt vier Mal an einem damals 13-jährigen Mädchen vergangen hatte. Tatorte waren jeweils die Schulbusse die der Angeklagte in Waldstücke oder auf Parkplätze, unter anderem am Schwedensteg, gesteuert hatte. Der 41-jährige beteuerte bis zum Ende des Verfahrens seine Unschuld.

Das Verfahren zog sich hin, ehe die beiden Berufsrichter Alois Meixner und Jochen Götz sowie zwei Schöffen am vierten Verhandlungstag gegen 20 Uhr zur Urteilsverkündung den Sitzungssaal betraten. Vier Stunden lang wurden zuvor noch einmal Zeugen und auch der Angeklagte ausführlich vernommen. Zu einem Paukenschlag kam es dabei bereits nach der Vernehmung eines 21-jährigen Mazedoniers, dem Sohn eines Cousins vom Vater des Angeklagten.

Der Mann wurde auf Antrag des Angeklagten eigens aus seiner Heimat nach Deutschland gebracht, denn er sollte den Angeklagten zumindest für einen der Tattage komplett entlasten. Das tat er auch, doch ließ Staatsanwalt Michael Hofmann den Zeugen am Ende der Vernehmung wegen des Verdachtes der Falschaussage festnehmen. Für den Staatsanwalt war klar, der Angeklagte und sein entfernter Verwandter hatten die Aussage abgesprochen. Also wurde der Mann in Handschellen abgeführt, über seinen weiteren Verbleib war nichts in Erfahrung zu bringen.

Zu Tränen und lautstarken Unmutsäußerungen seitens der Familie des Angeklagten kam es dann nach der Verkündung des Urteils, zumal der Vorsitzende Richter Alois Meixner einen sofortigen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr erließ. Gleich zwei Streifenbesatzungen sorgten am Haupteingang des Justizgebäudes für Aufsehen, ehe sie den Angeklagten in die Justizvollzugsanstalt Bayreuth - St. Georgen verbrachten.

Wäre es nach dem Staatsanwalt gegangen, dann wäre der Angeklagte gar zu fünf Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Dem schloss sich auch die Nebenklagevertreterin, Rechtsanwältin Krisztina von Imhoff aus Coburg als Vertreterin des Opfers an. „Ein 14-jähriges Mädchen denkt sich so etwas nicht aus“, waren sich die beiden einig. Der Angeklagte sei überführt, die zweifellos vorhandenen Schwärmereien des Mädchens für den Busfahrer seien kein Entschuldigungsgrund.

Schwere Geschütze fuhr dagegen Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach auf. Es gebe keinen einzigen objektiven Beweis für sexuelle Handlungen seitens seines Mandanten an dem Mädchen, sagte der Rechtsanwalt und forderte Freispruch. Stübinger legte eine ganze Liste von Ungereimtheiten vor, die seinen Mandanten entlasten sollten. Laut einer Streckenanalyse seien zeitlich gar keine Pausen möglich gewesen, um die vorgeworfenen Taten zu begehen. Es habe keinerlei Kommunikation per Handy, Mail oder Facebook zwischen dem Angeklagten und dem Mädchen stattgefunden, bis auf eine Facebook-Anfrage seitens der damals 13-Jährigen, die sein Mandant aber abgelehnt habe.

Schwere Kritik übte der Verteidiger an Staatsanwalt Hofmann wegen der Festnahme des Zeugen. Alle Aussagen des Mannes seien schlüssig und belegbar, sagte der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft habe allerdings schon beim zurückliegenden Verhandlungstag mit der Festnahme des Zeugen gedroht und noch ehe der Mann in den Sitzungssaal gerufen wurde, hätten die Kripo-Beamten bereits auf dem Gang gesessen. „Es ist fraglich, ob das ein faires Verfahren ist“, so Stübinger wörtlich.

In der Urteilsbegründung stellte Richter Meixner fest, dass der Angeklagte die Schwärmereien des Mädchens ausgenutzt habe, um sich ihr in sexueller Absicht zu nähern. Das Urteil stütze sich im Wesentlichen auf die „außerordentlich glaubwürdige Aussage“ des Mädchens, denn, so musste selbst der Richter einräumen: „Harte Sachbeweise, die das ganze belegen, gibt es nicht.“ Dafür gebe es allerdings auch keinerlei Anhaltspunkte, dass das Mädchen gelogen habe. Im Gegenteil: Das Opfer habe lange keine Anzeige erstatten wollen und sich sogar heftig dagegen gewehrt. Erst als es gemerkt habe, dass der Angeklagte alles von sich weist und bestreitet, habe das Mädchen dann doch ausgepackt.

„Wir haben keine Zweifel, dass die Taten so passiert sind, wie vom Opfer geschildert“, sagte der Vorsitzende. Zu detailliert seien die Aussagen gewesen, zu sehr geprägt von eigenem Erleben, von der Schilderung der Schmerzen und der Gefühle. Schließlich überraschte der Richter noch mit dem Satz: „Wir gehen schon davon aus, dass der Geschlechtsverkehr im Wesentlichen einvernehmlich war.“ Doch das sei eben bei einem unter 14 Jahre alten Kind auch nicht die Voraussetzung zur Erfüllung des Tatbestandes. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass ein 13-jähriges Mädchen nicht im Stande ist, über seine eigene Sexualität zu entscheiden. Am Rande seines Plädoyers hatte bereits der Staatsanwalt anklingen lassen, dass es wohl weitere gleichgelagerte Taten nach dem 14. Geburtstag des Mädchens gegeben habe, die alle im Vorfeld der Verhandlung eingestellt wurden.

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17.12.2012

Folterszenen in Hollfelder Wohnung / Angeklagter kämpft vor Berufungskammer um Bewährungsstrafe  

Hollfeld/Bayreuth. Diese Abreibung hatte es in sich: Erst streckten die beiden Männer aus Hollfeld ihr Opfer mit Faustschlägen nieder, dann malträtierten sie den Mann mit Fußtritten, schließlich folterten sie ihn in seiner eigenen Wohnung unter anderem mit einem glühenden Messer, mit Zigaretten und anderen Gegenständen. Über drei Stunden soll das Geschehen im August 2011 gedauert haben, ehe die beiden von ihrem Opfer abließen und der Rettungswagen verständigt wurde. Wegen gefährlicher Körperverletzung wurden die beiden je nach Tatbeteiligung bereits im Juli zu einem Jahr vier Monate und zu einem Jahr neun Monate Haft ohne Bewährung verurteilt.

Während einer von beiden, ein 34-Jähriger aus der Nähe von Hollfeld, das Urteil akzeptierte und demnächst in die JVA einrücken muss, legte der andere Berufung gegen das Urteil ein. Sein Ziel: eine Bewährungsstrafe. Doch am Ende des zweiten Verhandlungstages konnte ihn der vorsitzende Richter der Berufungskammer Werner Kahler wenig Hoffnung auf eine Bewährungsstrafe machen. Bis sich die Kammer zu einem endgültigen Urteil entschließt, wollen die Richter aber noch das Opfer hören, denn einige Ungereimtheiten sind während der bisherigen Verhandlung aufgetaucht.

So hatte das Opfer beispielsweise keine Anzeige erstattet. Die Anzeige erfolgte lediglich durch die Rettungssanitäter. Dabei soll das Opfer sogar noch versucht haben, die Anzeige wieder zurückzunehmen, doch das Räderwerk der Justiz war zu diesem Zeitpunkt bereits in Schwung gekommen. Hintergrund könnte vielleicht sein, dass das Opfer in Drogengeschäfte verwickelt war. So soll der Mann als Dealer mit ausgezeichneten Kontakten in die Bayreuther Drogenszene fungiert haben. Das war auch der eigentliche Grund für die Abreibung, denn der Angeklagte hatte dem späteren Opfer 300 Euro gegeben, um Drogen zu beschaffen. Doch der Mann sah weder Drogen noch sein Geld wieder.

Außerdem soll das spätere Opfer auch als eine Art Querulant bekannt gewesen sein. Von den Zeugen, die am zweiten Prozesstag geladen waren, wusste jeder in dieser Hinsicht etwas zu berichten. Der bereits verurteilte 34-Jährige gab an, sich nur deshalb an der Schlägerei beteiligt zu haben, weil das spätere Opfer seine Ehefrau zur Prostitution aufgefordert haben soll. „Deswegen habe ich ihn zur Rede gestellt“, so der Zeuge.

Ein Nachspiel könnte der zweite Verhandlungstag für einen dritten Beteiligten haben. Der 25-Jährige war praktisch den gesamten Abend in der Ein-Zimmer-Wohnung des Opfers anwesend, will aber weder von den Schlägen, noch von den Tritten und schon gar nicht von den anderen Misshandlungen etwas mitbekommen haben. Er gab an, den ganzen Abend Musik aus dem Internet heruntergeladen und gemixt zu haben. Nicht nur der Richter, auch der Staatsanwalt stufte diese Aussage als völlig lebensfremd ein. Der Staatsanwalt ließ sich die Aussage deshalb auch wörtlich protokollieren, was in der Regel darauf hinausläuft, dass gegen den Mann ein Verfahren wegen Falschaussage eingeleitet wird. Ein Verfahren gegen den 25-Jährigen wegen seiner Tatbeteiligung wurde bereits gegen die Zahlung von 1000 Euro an den Verein Horizonte und weiteren 1000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer  eingestellt.

Ein Nachbar hatte das Opfer mitten in der Nacht gefunden. Der Mann sei betrunken am Boden gelegen, habe Verbrennungen am Bauchnabel, rote Flecken am Oberarm , Striemen und Rötungen am Hals sowie Schrammen an den Augen gehabt, sagte der Nachbar. Erst später habe er erfahren, dass der Mann misshandelt wurde. Die Polizei hatte ihn damals versehentlich mit auf die Wache genommen und zehn Stunden lang in Gewahrsam behalten, bis sich herausstellte, dass der Nachbar nichts mit der Tat zu tun hat.

07.02.2013

Folterszenen in Hollfeld: Vorfall stellte Zäsur für das Opfer dar / Vorbestrafter Angeklagter kämpft vor Berufungskammer weiter um Bewährungsstrafe

Hollfeld/Bayreuth. Noch immer gibt es kein Urteil in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht, in der sich ein 31-jähriger Mann aus Hollfeld wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Wie berichtet soll der Angeklagte Ende August 2011 das Opfer in dessen Wohnung zusammen mit einem anderen Mann mit Faustschlägen niedergestreckt, mit Fußtritten malträtiert und stundenlang mit einem glühenden Messer, mit Zigaretten und anderen Gegenständen gefoltert haben.

Wegen gefährlicher Körperverletzung wurden beide Männer je nach Tatbeteiligung bereits im Juli des vergangenen Jahres zu einem Jahr vier Monate und zu einem Jahr neun Monate Haft jeweils ohne Bewährung verurteilt. Während der 34 Jahre alte Mittäter das Urteil akzeptiert hatte, war der Angeklagte in Berufung gegangen. Er hatte zwar den Schuldspruch angenommen, nicht aber die Strafhöhe und so kämpft der Mann seit mittlerweile vier Verhandlungstagen um eine Bewährungsstrafe. Diese ist für den Angeklagten unter anderem deshalb so wichtig, weil er aus einer Vorstrafe noch fünf Monate „offen“ hat, die er im Falle einer Verurteilung ebenfalls absitzen müsste.

Die Verhandlung zieht sich für ein Berufungsverfahren vor allem deshalb relativ lange hin, weil während der bisherigen Verhandlung einige Ungereimtheiten aufgetaucht sind. So hatte das Opfer beispielsweise keine Anzeige erstattet. Die Anzeige erfolgte lediglich durch die Rettungssanitäter. Das Opfer soll sogar noch versucht haben, die Anzeige wieder zurückzunehmen. Außerdem gilt der Mann als psychisch angeschlagen, seine Vernehmung musste am dritten Verhandlungstag abgebrochen werden. Ob das Opfer jemals wieder vor Gericht vernommen werden kann, ist fraglich. „Wir müssen damit rechnen, dass der Mann wegen seiner Traumatisierung nicht verhandlungsfähig ist“, sagte der vorsitzende Richter Werner Kahler.

Deutlicher wurde am vierten Verhandlungstag der Vater des Opfers. Der Vorfall habe für seinen Sohn auf jeden Fall eine Zäsur dargestellt. Sein Sohn leide seit den Übergriffen verstärkt unter Angstgefühlen und sei seit mittlerweile sieben Monaten arbeitsunfähig. Entschieden widersprach der Mann Gerüchten, dass sein Sohn etwas mit Drogen zu tun habe. „Auch wenn er damit immer wieder in Verbindung gebracht wird, das stimmt nicht“, stellte er in seiner Zeugenaussage unmissverständlich fest.

Erstmals während der Verhandlung kam auch ein ominöser Einbruch ins Spiel, der sich Monate nach der Tat, aber nur wenige Wochen vor der ersten Verhandlung zugetragen hatte. Während einer Abwesenheit des späteren Opfers, hatte jemand die Tür zur Wohnung des Mannes in einem Hollfelder Mehrfamilienhaus aufgebrochen. Die Polizei stellte das Verfahren später ein, weil weder ein Täter zu ermitteln war, noch etwas fehlte. Lediglich 100 Euro Sachschaden an der Wohnungstür wurden festgestellt. Die Angstzustände des Opfers hatten daraufhin freilich noch einmal gewaltig zugenommen.

Die Verhandlung wird am 27. Februar um 9 Uhr vor dem Landgericht in Bayreuth fortgesetzt.

27.02.2013

Folterszenen in Hollfeld: Martyrium dauerte drei Stunden / Keine Bewährung trotz Berufung - 31-jähriger Angeklagter muss ins Gefängnis

Hollfeld/Bayreuth. Nach der für eine Berufung ungewöhnlich langen Dauer von sechs Verhandlungstagen binnen drei Monaten hat die 2. Kleine Strafkammer des Landgerichts am Mittwoch das Ersturteil gegen einen 31-jährigen Mann im Wesentlichen bestätigt. Der Angeklagte muss wegen gefährlicher Körperverletzung ins Gefängnis, wenn auch „nur“ für ein Jahr und drei Monate und nicht wie im Ersturteil vorgesehen für ein Jahr und neun Monate.

„Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagte der vorsitzende Richter der Berufungskammer Werner Kahler während der Urteilsbegründung am Nachmittag. Bei bestimmten Fällen sei die Grenze überschritten, so der Richter. Der Angeklagte sei bereits als Bewährungsversager in Erscheinung getreten und habe seine bisherigen Chancen nicht genutzt.

Die Tat selbst stand rechtskräftig fest, lediglich über das Strafmaß wurde noch einmal neu verhandelt. Zusammen mit einem 34-Jährigen aus der Nähe von Hollfeld hatte der Angeklagte das Opfer in dessen eigener Wohnung zunächst niedergeschlagen, dann drei Stunden lang mit Faustschlägen und Fußtritten malträtiert  und es dabei auch mit einem glühenden Messer, mit Zigaretten und anderen Gegenständen gefoltert. Auch von Bespritzen mit Feuerzeugbenzin und von Einwickeln in Frischhaltefolie war die Rede.

Bereits in erster Instanz wurde der 34-Jährige Mittäter ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr vier Monaten ohne Bewährung verurteilt. Der Mann hatte damals das Urteil im Gegensatz zum Angeklagten sofort akzeptiert. Richter Kahler sprach bei der Urteilsbegründung von einer ganz bösartigen Geschichte. „Wer einen Menschen so traktiert, der hat ein ganz besonderes Maß an krimineller Energie entwickelt“, sagte Kahler. Darüber hinaus habe die Kammer während der gesamten Berufungsverhandlung echtes Bedauern und Mitgefühl für das Opfer vermisst.

Der Angeklagte hatte bereits zwei Vorstrafen, einmal wegen Nötigung in zwei Fällen und wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, zum anderen wegen einer falschen uneidlichen Aussage. Während der Angeklagte im ersten Fall noch mit einer Geldstrafe und einer Führerscheinsperre davon gekommen war, urteilte das Amtsgericht in Bamberg zuletzt auf eine Bewährungsstrafe von fünf Monaten. Da das Gericht damals eine dreijährige Bewährungszeit festgelegt hatte, fiel die jetzige Tat in eine offene Bewährung. Aller Voraussicht nach dürfte dies bedeuten, dass der Angeklagte nun auch die fünf Monate absitzen muss.

Am letzten Verhandlungstag hatte das Opfer noch einmal bestätigt, von beiden Männern misshandelt worden zu sein, nicht nur von einem. Wenn er das in der polizeilichen Vernehmung so nicht gesagt habe, dann deshalb, weil er damals unter einem Schädeltrauma, einer Gehirnerschütterung und einem Schock litt. „Ich glaube, ich war damals gar nicht vernehmungsfähig, so das Opfer.

In ihren Plädoyers hatten sich wie zu erwarten, der Vertreter der Staatsanwaltschaft gegen und Verteidiger Andreas Angerer für eine Bewährung ausgesprochen. Während die Staatsanwaltschaft von einer negativen Sozialprognose ausging, sprach der Rechtsanwalt von einer positiven Sozialprognose. Mit der Tat sei eine Grenze überschritten worden, die keine Bewährung mehr zulasse, do der Staatsanwalt. Sein Mandant habe nur mitgemacht, er müsse deshalb nicht gleich eingesperrt werden, so die Verteidigung.

Die Verhandlung hatte sich vor allem deshalb so lange hingezogen, weil einige Ungereimtheiten aufgetaucht waren. So hatte das Opfer beispielsweise keine Anzeige erstattet. Die Anzeige erfolgte lediglich durch die Rettungssanitäter. Zu den weiteren Ungereimtheiten gehört ein dritter, ursprünglich als Mittäter eingestufter, Mann. Der 25-Jährige war praktisch den gesamten Abend in der Ein-Zimmer-Wohnung des Opfers anwesend, will aber weder von den Schlägen, noch von den Tritten und schon gar nicht von den anderen Misshandlungen etwas mitbekommen haben. Obwohl das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde, steht gegen den 25-Jährigen nun noch ein neues Verfahren wegen Falschaussage im Raum.

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08.10.2012

Sex, Drogen und Pornofilme / 60-jähriger Mann wegen schwerer gemeinschaftlicher Vergewaltigung vor Gericht

Bayreuth. Sex gegen Drogen, einvernehmlicher Geschlechtsverkehr oder brutale Vergewaltigung: Die Aussagen könnten unterschiedlicher kaum sein. Während der angeklagte 60-jährige Mann aus dem westlichen Bayreuther Landkreis von einvernehmlichem Sex mit der heute 20-jährigen Freundin seines Bekannten spricht, berichtet die Frau von massiven sexuellen Übergriffen. Seit Montag muss sich der 60jährige wegen schwerer gemeinschaftlicher Vergewaltigung und wegen mehrerer Drogendelikte vor Gericht verantworten.

Konkret wirft die Staatsanwaltschaft dem früheren Bäcker und zuletzt von Hartz IV lebenden Mann vor, die Frau zwei Mal vergewaltigt und zu massiven sexuellen Handlungen gezwungen zu haben. Der Freund der jungen Frau soll dabei gewesen sein und mitgemacht haben. Zu den Taten war es in der Wohnung des Angeklagten im westlichen Landkreis gekommen. Der Angeklagte soll dabei alles andere als zimperlich vorgegangen sein. Er habe der Frau die Kleider vom Leib gerissen, habe ihr die Luft abgedrückt, bis sie fast ohnmächtig geworden sei, und soll sie sogar gefesselt haben. „Stimmt alles nicht“, sagte der Angeklagte und berichtete stattdessen vom mehrfachen einvernehmlichen Sex, gerne auch zu Dritt.

Hintergrund der Bekanntschaft zwischen dem Angeklagten und dem Pärchen sollen Drogengeschäfte gewesen sein. Da ging es um größere Mengen Crystal Speed, die der Angeklagte zusammen mit einer anderen Frau von einem Dealer im tschechischen Asch nach Deutschland geschmuggelt und zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgehalten haben soll. „Auch das stimmt alles nicht“, sagte der Angeklagte. Wenn, dann höchstens in Kleinstmengen und ausschließlich zum Eigenverbrauch. Von einem Kilogramm Crystal, das die Belastungszeugin im ehemaligen Lieferwagen des Mannes gesehen haben will, wusste der Angeklagte nichts. Die Menge würde rund 10000 Konsumeinheiten entsprechen.

Offensichtlich war die enge Freundschaft zwischen dem Angeklagten und dem türkischen Freund des Opfers komplett auf Drogengeschichten aufgebaut. „Die sind nur zum Konsumieren gekommen“, sagte der Angeklagte. Zuvor soll der Mann gerne auch mal einen Pornofilm in den DVD-Player gelegt haben. Unter dem Einfluss von Drogen will sich der Angeklagte dann überreden haben lassen, bei den Sexspielen mitzumachen. Im zweiten angeklagten Fall war es in der Wohnung der jungen Frau in der Hammerstatt zum „Dreier“ gekommen. „Danach hat sie mir sogar eine SMS geschickt, dass es ihr gefallen hat“, behauptete der Mann. Warum ihn die Frau jetzt dermaßen in die Pfanne haut, wollten die Richter wissen, der Angeklagte konnte nur mit den Schultern zucken.

Ganz anders die junge Frau, die sich wegen einer anderen Sache derzeit in Haft befindet und aus dem gefängnis vorgeführt werden musste. Die Sexspielchen seien nie einvernehmlich gewesen, der Angeklagte habe es aber mehrfach darauf angelegt, er habe sie schon öfter „blöd angefasst“ und „großkotzig“ herumgetan. Kein gutes Haar ließ die Frau auch an ihrem Freund: Er soll öfter versucht haben, sie zu überreden, wegen Drogen mit einem Mann zu schlafen. Und genau dieser Vorwurf schwingt unterschwellig gegen den Angeklagten mit, denn das Gericht hatte einige Namen von jungen Frauen aus der Szene, die mit dem Angeklagten ein enges Verhältnis hatten. Wie eng, das wird die Kammer noch klären müssen.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

09.10.2012

Vergewaltigungsprozess: Widersprüchliche Angaben und widerlegte Zeugenaussagen / 60-Jähriger vom Vorwurf der schweren gemeinschaftlichen Vergewaltigung freigesprochen – Haftstrafe wegen Drogendelikten

Bayreuth. Mit einer handfesten Überraschung ist nach zwei Verhandlungstagen der Prozess um eine angebliche schwere gemeinschaftliche Vergewaltigung vor dem Landgericht zu Ende gegangen. Die Richter verurteilten den 60 Jahre alten Angeklagten wegen verschiedener Drogendelikte zu einem Jahr und vier Monaten Haft. Vom Vorwurf der Vergewaltigung wurde der frühere Bäcker aus dem westlichen Landkreis dagegen freigesprochen. Grund dafür waren widersprüchliche Aussagen des Opfers.

Der Prozess brachte pikante Details aus dem Intimleben der Beteiligten ans Tageslicht. Normalerweise seien beim Tatvorwurf der Vergewaltigung immer zwei Personen anwesend, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Im vorliegenden Fall seien aber Sexspiele zu Dritt angeklagt gewesen, was die Wahrheitsfindung letztlich aber auch nicht einfacher machte. Dreh- und Angelpunkt des Prozesses war nämlich der langjährige Crystal-Speed-Konsum aller Beteiligten, der es ihnen schwer machte, sich an das Geschehen zu erinnern.

Freiwillig oder nicht, das war eine der wesentlichen Fragen, die das Gericht zu klären hatte, denn der Angeklagte räumte offenherzig ein, bei verschiedenen Sexspielchen mitgemacht zu haben, auf ausdrücklichen Wunsch seines Bekannten und dessen 20-jähriger Freundin. Doch schon bei der Frage des angeblichen Tatorts kamen Täter und Opfer zu völlig unterschiedlichen Angaben. Während die 20-jährige behauptete, zwei Mal in der Wohnung des Angeklagten im Bayreuther Landkreis vergewaltigt worden zu sein, sprach der Angeklagten von zwei Fällen des einvernehmlichen Sex mit der jungen Frau, einmal bei sich, einmal bei ihr zu Hause in der Hammerstatt. Und genau das konnte eine Bekannte der Frau, die zufällig in der Wohnung anwesend war und das Geschehen unfreiwillig mitbekommen hatte auch so bestätigen.

„Wenn die einzige Hauptbelastungszeugin in einem derart wesentlichen Punkt als widerlegt anzusehen ist, dann bricht das gesamte Gebäude in sich zusammen“, sagte Richter Eckstein während der Urteilsbegründung. Das Gericht entsprach damit voll und ganz der Forderung der Staatsanwaltschaft, die in Sachen Vergewaltigung ebenfalls auf Freispruch plädierte. Allerdings aus Mangel an Beweisen, so Staatsanwalt Michael Hofmann. Irgendetwas sei schon passiert, aber allein diese Erkenntnis reiche für die Verurteilung des Angeklagten nicht aus, zumal wegen  widersprüchlicher Zeugenaussagen nichts Genaueres herauszufinden gewesen sei.

Dem widersprach wiederum Verteidiger Volker Beermann aus Bayreuth, der auf ein Jahr und zwei Monaten wegen der Drogendelikte plädiert hatte. Die Zeugin habe ganz bewusst gelogen, sagte er. Als Gründe nannte der Rechtsanwalt, dass sich die derzeit in Haft befindliche junge Frau in ein besseres Licht rücken und als Opfer darstellen wollte. Außerdem habe ihr ein Sachverständiger eine Persönlichkeitsstörung attestiert, was wiederum Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der Frau habe.

Verurteilt wurde der 60-Jährige Angeklagte, weil er einer 26-jährigen Frau aus Bayreuth vier Konsumeinheiten Crystal Speed überließ, der Frau drei Mal jeweils ein Gramm Crystal Speed für zusammen 300 Euro verkaufte und mit ihr nach Tschechien gefahren war und von dort aus fünf Gramm Crystal nach Deutschland eingeschmuggelt hatte. Einbezogen wurde in das Urteil eine frühere Strafe ebenfalls wegen Drogendelikten. Keinerlei Hinweise gab es für einen weiteren Anklagevorwurf, dem zufolge der Angeklagte im Besitz von einem Kilogramm Crystal Speed gewesen sein soll.

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27.04.2012

Drogendealer sollen mehrere Jahre ins Gefängnis / 34 Gramm Crystal Speed an verdeckten Ermittler verkauft - Verteidigung zweifelt Geständnis an und fordert deutlich niedrigere Strafen

Bayreuth. Haftstrafen von vier und fünf Jahren hat die Staatsanwaltschaft in Bayreuth am Freitag gegen zwei 47 und 54 Jahre alte mutmaßliche Drogendealer beantragt. Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz sah es als erwiesen an, dass die beiden Männer nach zwei Probeverkäufen mit drei und fünf Gramm ein groß angelegtes Geschäft  mit fast 34 Gramm der hochgefährlichen Droge Crystal Speed zum Preis von 2500 Euro durchgeführt hatten. Sie gerieten dabei allerdings an einen verdeckten Ermittler der Polizei und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Eine mitangeklagte 38-jährige Tschechin, die als Drogenkurier fungiert habe, soll nach Auffassung des Anklagevertreters für drei Jahre hinter Gitter.

Ziel sei es für alle drei Angeklagten gewesen, sich eine Einnahmequelle durch den Verkauf der Drogen zu verschaffen, sagte der Oberstaatsanwalt. Dem 54-jährige, der die Funktion des Großhändlers eingenommen habe, kreidete es Schmalz besonders negativ an, dass er während des gesamten Prozesses die Namen seiner Lieferanten nicht genannt habe. Auch die Tatsache, dass alle drei Angeklagten erst während der Verhandlung ein Geständnis abgelegt hatten und nicht schon während er Ermittlungen, wertete der Anklagevertreter als negativ. Schmalz sprach deshalb auch von einem „Geständnis 3. Klasse“, weil alle drei auch ohne Geständnis leicht zu überführen gewesen wären. Die Strafanträge fielen unter anderem auch deshalb relativ hoch aus, weil mit 34 Gramm die gesetzliche definierte „geringe Menge“ um ein Vielfaches überschritten sei.

Deutlich niedrigere Strafen forderten naturgemäß die Verteidiger der drei Angeklagten. Rechtsanwalt Karsten Schieseck aus Bayreuth beantragte für seinen Mandanten, den 47-jährigen Angeklagten eine Freiheitsstrafe von „unter drei Jahren“. Das gesamte Drogengeschäft sei komplett von der Polizei überwacht gewesen, es habe zu keinem Zeitpunkt die Gefahr bestanden, dass das Rauschgift in den Umlauf gelangt, so Schieseck. Seinen Mandanten bezeichnete es bestenfalls als typischen Konsumenten und Kleinhändler, nicht aber als den großen Dealer.

Eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren für den 54-jährigen beantrage dessen Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach. Es sei keinesfalls bewiesen, dass die Drogen tatsächlich aus Tschechien kommen, ein entsprechendes Geständnis der mitangeklagten 38-Jährigen nannte Schmidtgall falsch. Sein Mandant sei deshalb auch nicht wegen der Einfuhr zu verurteilen, sondern lediglich wegen Handeltreibens. Außerdem beantragte der Verteidiger für seinen Mandanten eine Langzeittherapie. Bisherige Therapien seien stets zu kurz gewesen, erst mit einer eineinhalb- bis zweijährigen Therapie habe der 54-Jährige die Chance, wirklich clean zu bleiben.

Einen Freispruch für die 38-Jährige Angeklagte beantragte schließlich deren Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth, da die Indizien für den Beweis ihrer Mittäterschaft nicht ausreichten. Sollte das Gericht zu einem anderen Schluss kommen, beantragte der Verteidiger eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Auch Schwemmer äußerte Zweifel am Geständnis seiner Mandantin. Vielleicht sei sie auch nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen. Für den Fall, dass das Gericht von der Täterschaft der Frau überzeugt sei, bleibe immer noch die Menge des angeblich importierten Rauschgifts offen. Bei einem Wirkstoffgehalt von gut 50 Prozent spreche sehr viel dafür, dass der Stoff entsprechend gestreckt worden sei. Dies wiederum könnte ein deutliches Zeichen dafür sein, dass die Frau nicht, wie angeklagte, knapp 35 Gramm Crystal Speed, sondern erheblich weniger nach Deutschland eingeführt habe.

Das Urteil wird die Erste Große Strafkammer des Bayreuther Landgerichts unter dem Vorsitz von Michael Eckstein am Montag um 11 Uhr verkünden.

30.04.2012

Drogendealer müssen ins Gefängnis / Angeklagte waren an einen verdeckten Ermittler geraten

Bayreuth. Zwei Drogendealer hat das Landgericht am Montag zu Haftstrafen verurteilt. Die beiden 47 und 54 Jahre alten türkischstämmigen Männer müssen für zwei Jahre elf Monate beziehungsweise für vier Jahre ins Gefängnis. Eine mitangeklagte 38-jährige Tschechin wurde für ihre Tatbeteiligung als Drogenkurier mit zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis bestraft. Der Urteilsspruch lautete auf unerlaubtes Handeltreiben, beziehungsweise auf unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge. Allein fünf Gramm der hochgefährlichen Droge Crystal Speed reichen nach den Worten des vorsitzenden Richters Michael Eckstein für rund 240 Konsumeinheiten aus.

Die beiden Männer hatten nach Ansicht des Gerichts einmal knapp drei, dann knapp fünf und schließlich fast 34 Gramm Crystal Speed zum Preis von zusammen rund 3200 Euro verkauft. Sie ahnten dabei nicht, dass längst ein verdeckter Ermittler der Polizei auf sie angesetzt war. Nach dem Verkauf der 34 Gramm am 21. September 2011 im Bayreuther Stadtteil St. Georgen erfolgte der Zugriff, seitdem sitzen alle drei Angeklagten in Haft.

Neben den vier Jahren Gefängnis wurde der Hauptangeklagte außerdem zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt. Obwohl bereits zwei Drogentherapien gescheitert waren, sah das Gericht noch eine Chance, dass der Angeklagte von seiner eigenen Drogensucht  durch eine Langzeittherapie wegkommt. „Das wird nicht einfach, eine solche Therapie ist ein hartes Brot, auch wenn dies in der Öffentlichkeit nicht immer so wahrgenommen wird“, sagte Richter Eckstein. Die Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten gegen den 47-Jährigen begründete das Gericht unter anderem mit den neun Vorstrafen des Mannes, darunter auch einige einschlägige.

Strittig war bis zuletzt die Tatbeteiligung der 38-jährigen Frau, der Lebensgefährtin des 54jährigen Türken. Die Tschechin war den Worten des vorsitzenden Richters am Tag vor der Übergabe von Cheb nach Bayreuth mit dem Zug gereist und hatte die Drogen vaginal eingeschmuggelt. Dies sei auch der Grund dafür gewesen, dass der Stoff bei einer Kontrolle in Marktredwitz nicht entdeckt wurde, so Eckstein.

Die Verteidigung hatte im Fall der 38-Jährigen auf Freispruch plädiert, da die Indizien für den Beweis ihrer Mittäterschaft nicht ausreichten, wie Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer meinte. Die Kammer hatte dagegen keinen Zweifel am Tatbeitrag. Nicht nur der Zeitpunkt sei stimmig, auch die Angaben einer Belastungszeugin seien absolut glaubhaft. Die 38-jährige Angeklagte habe dagegen vor Gericht gelogen und eine Zeugin zu Unrecht belastet. Hätte die Frau von Anfang an die Wahrheit gesagt, wäre das Urteil wohl anders ausgefallen, sagte der Richter.

Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz hatte bereits am vorletzten Verhandlungstag Haftstrafen von vier und fünf Jahren gegen die beiden Männer beantragt. Ihre Verteidiger Karsten Schieseck und Alexander Schmidtgall sprachen sich dagegen für Freiheitsstrafen von „unter drei Jahren“, beziehungsweise von dreieinhalb Jahren aus. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung erklärten sowohl alle drei Angeklagten, als auch die Staatsanwaltschaft den Verzicht auf Rechtsmittel. Damit sich die Urteile rechtskräftig.

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12.03.2012

Internetbekanntschaft Messer in Hals gerammt / 28-jähriger Mann aus Creußen soll versucht haben, seine Lebensgefährtin zu töten

Bayreuth. Wegen versuchten Mordes muss sich seit Montag ein 28-jähriger Mann aus Creußen vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem arbeitslosen Altenpfleger vor, seine gleichaltrige Lebensgefährtin zunächst bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und dann mit einem Messer auf sie eingestochen zu haben. Wie durch ein Wunder überlebte die Frau. Eines ihrer beiden Kinder, ein sechsjähriger Junge, war zum Zeitpunkt der Tat in der gemeinsamen Wohnung in Creußen anwesend, hatte das Geschehen zumindest teilweise mitbekommen und wurde durch einen Kratzer mit dem Tatmesser selbst leicht verletzt.

Zum Auftakt der Hauptverhandlung stritt der Angeklagte die Tat nicht ab, bekannte sich aber auch nicht eindeutig dazu und machte stattdessen Erinnerungslücken geltend. Allerdings komme auch kein Dritter als Täter in Betracht, so der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Ursache für die Auseinandersetzung waren finanzielle Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und seiner Lebensgefährtin. Beide hatten erst zwei Wochen zuvor die gemeinsame Wohnung bezogen.

Angeblich hätte der Angeklagte noch 340 Euro von seinem Vater bekommen sollen. Wenn er das Geld nicht sofort einfordere, werde sie ihn aus der Wohnung werfen, soll die Frau gesagte haben. Da dies nicht zum ersten Mal der Fall war, brannten beim Angeklagten offensichtlich alle Sicherungen durch. „Es war einfach die Wut aus dem Bauch raus“, sagte er, der sonst angeblich jedem Streit aus dem Weg geht und stets versucht habe, es allen Recht zu machen. „Egal was war, ich war immer schuld“, beklagte sich der Mann. Des lieben Friedens willen habe er den ganzen Ärger in sich „hineingefressen“.

Von der Tat selbst wusste der Mann nur noch einige Details. Er habe das Elektrokabel vom Dachboden geholt, aber eigentlich um etwas zu reparieren. Auch konnte er sich daran erinnern, dass er die Frau ins Badezimmer gezogen hatte und dass aus ihrem Hals das Blut „wie aus einem Springbrunnen“ herausspritzte. Nach der Tat hatte der gelernte Altenpflegehelfer sie sogar fachmännisch versorgt, die Wunde mit Desinfektionsspray gesäubert und einen Wundverband angelegt. Zufällig kamen in diesem Moment seine Stiefmutter und seine Tante vorbei. Die beiden Frauen verständigten sofort den Rettungsdienst. Als die Sanitäter eintrafen, war auch die Polizei gleich mit dabei und nahm den Angeklagten fest. Das Tatmesser hatte er zu dieser Zeit bereits in den Hausmüll geworfen. Zuvor soll er noch mit dem völlig verstörten sechsjährigen Jungen zusammengestoßen sein, den er versehentlich mit dem Messer einen Kratzer am Rücken zufügt.

Angeklagter und Opfer hatten sich erst ein halbes Jahr zuvor über das Internet kennengelernt. Mit der gemeinsamen Wohnung sei er schon etwas „überrollt“ worden, sagte der 28-Jährige. Das Zusammenleben mit einer Frau mit zwei kleinen Kindern hatte er sich einfacher vorgestellt. Dennoch sei es in erster Linie er gewesen, der mit den Kindern etwas unternommen hatte. Die Lebensgefährtin sei dagegen ständig vor dem Computer gesessen und habe sich mit ihrem Facebook-Account beschäftigt. Ihre frühere Wohnung in Nürnberg soll angeblich komplett zugemüllt gewesen sein. Zu Mittag habe es meist Fertiggerichte gegeben, während er in der Regel für das Säubern der Wohnung oder für das Abspülen des Geschirrs zuständig gewesen sei.

Das Opfer hatte für den Angeklagten überwiegend positive Worte übrig, wollte vor Gericht aber ihre derzeitige Wohnadresse nicht nennen. „Wir sind super klar gekommen“, sagte die Frau. Sie habe zum ersten Mal das Gefühl gehabt, dass sie jemand versteht. Die Verhandlung wird fortgesetzt, insgesamt hat das Landgericht sechs Verhandlungstage bis Anfang April anberaumt.

19.03.2012

„Das Blut spritzte wie bei einer Fontäne - Streit um 340 Euro eskalierte Versuchter Mord oder Denkzettel: 28-Jähriger hatte seine Tat bei der Polizei eingeräumt

Bayreuth. Vor dem Landgericht in Bayreuth ist am Montag der Prozess gegen einen 28-jährigen Mann aus Creußen wegen versuchten Mordes fortgesetzt worden. Der Mann soll im September des vergangenen Jahres seine gleichaltrigen Lebensgefährtin zunächst gedrosselt und ihr anschließend ein Messer in den Hals gerammt haben. Wie durch ein Wunder hatte die Frau damals überlebt, sie war sogar kurz nach der Tat wieder ansprechbar und wollte zunächst nicht einmal die Hilfe eines Arztes in Anspruch nehmen.

Am mittlerweile dritten Verhandlungstag stellte sich heraus, dass der Angeklagte im Gegensatz zur Hauptverhandlung während seiner polizeilichen Vernehmung detaillierte Angaben zur Tat gemacht hatte. Während der 28-Jährige vor Gericht Erinnerungslücken geltend macht, schilderte ein Kripobeamter anhand des Vernehmungsprotokolls sämtliche Einzelheiten, die ihm der Angeklagte unmittelbar nach der Tat berichtet hatte.

Demnach sei es wegen finanzieller Angelegenheiten zum Streit gekommen, der 28-Jährige hatte seiner Freundin daraufhin von hinten ein Lautsprecherkabel um den Hals geschlungen und so fest zugezogen, bis das Kabel riss. Daraufhin schleifte er die Frau, die inzwischen bewusstlos war und vom Stuhl fiel in das Badezimmer und stieß ihr ein Messer in den Kehlkopf. Das Blut habe gespritzt wie eine Fontäne, soll er wortwörtlich in der Vernehmung gesagt haben. Danach sei er mit dem Messer in der Hand durch die Wohnung gelaufen und habe damit noch dem sechsjährigen Sohn des Opfers versehentlich einen Kratzer verpasst.

Als die Frau völlig überraschend trotz des enormen Blutverlustes wieder zu sich gekommen war, sei man übereingekommen, keinen Notarzt oder Rettungswagen zu rufen. Hintergrund war, dass die Frau befürchtete, das Sorgerecht für ihre beiden Kinder zu verlieren. Stattdessen versorgte der frühere Altenpflegehelfer seine Freundin mit Wunddesinfektion und Verbänden und begann die Wohnung zu säubern. Erst seine zufällig vorbeikommende Stiefmutter und seine Tante riefen im Anschluss die Rettung.

Der Polizei gegenüber hatte der Angeklagte zwar geäußert, dass er der Täter war, aber auch, dass er seine Freundin nicht habe töten wollen. Es sei vielmehr darum gegangen, ihr wegen ihrer ständigen Vorwürfe einen Denkzettel zu verpassen. Sie habe ihn genervt und er habe eine mächtige Wut im Bauch gehabt, sagte der 28-Jährige. Die Tat selbst beschrieb er als „Aussetzer“, den er sich selbst nicht erklären könne. Der Kripobeamte sprach in diesem Zusammenhang vom seltenen Fall, dass ein Beschuldigter während seiner gesamten Vernehmung bemüht gewesen sei, die Wahrheit zu sagen. „Das kommt selten genug vor“, so der Zeuge.

Die beiden Harzt-IV-Empfänger hatten sich über das Internet kennen gelernt und erst knapp sechs Wochen zuvor die gemeinsame Wohnung bezogen. Eine Nachbarin beschrieb ihn als ruhigen Mieter, der nett zuvorkommend und immer hilfsbereit gewesen sei. Ähnliches berichtete eine Bekannte: „Ich kann nur Gutes über ihn sagen, nichts Negatives“, so die Frau, die am Tattag allerdings auch Diskussionen um die ausstehenden 340 Euro mitbekommen hatte, die der Angeklagte endlich von seinem Vater einfordern hätte sollen.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

04.04.2012

Gewürgt und gestochen: Urteil um eskalierten Beziehungsstreit / 28jähriger Mann zu vier Jahren Gefängnis verurteilt

Bayreuth/Creußen. Wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hat das Landgericht in Bayreuth einen arbeitslosen 28-jährigen Krankenpflegehelfer zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann am 15. September des vergangenen Jahres seine gleichaltrige Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung in Creußen mit einem Lautsprecherkabel stranguliert und der bewusstlosen Frau anschließend mit einem Messer in den Hals gestochen hatte. Wie durch ein Wunder überlebte die Frau den Angriff, sie erlitt nicht einmal lebensgefährliche Verletzungen.

„Das Opfer hatte mindestens einen ganz, ganz großen Schutzengel“, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein während der Urteilsbegründung. Der Richter sprach von einer äußerst massiven Vorgehensweise. Wäre das Kabel während des Strangulierens nicht gerissen, hätte es zum Tod der jungen Frau geführt.

Hintergrund für die Tat war die angespannte finanzielle Situation des jungen Paares. Die Frau machte dem Angeklagten Vorhaltungen wegen angeblicher finanzieller Forderungen gegenüber dessen Vater und drohte ihn aus der gemeinsamen Wohnung zu werfen. Dieser Konfliktlage sei der stets auf Harmonie bedachte Angeklagte nicht gewachsen gewesen, sagte der Richter. Der Mann habe sich in die Ecke gedrängt gefühlt und den spontanen Entschluss gefasst, seine Lebensgefährtin zu töten.

Nach Auffassung des Gerichts war die Tat teilweise im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit, teilweise im Zustand der Schuldunfähigkeit geschehen. Allein die Drohung, aus der gemeinsamen Wohnung geworfen zu werden, habe beim Angeklagten einen „wahnsinnigen Affektstau“ bewirkt, so der Richter. Dem Angeklagten wurde außerdem positiv angerechnet, dass er während der fünf Tage andauernden Verhandlung ein Geständnis abgelegt hatte, nicht vorbestraft war und er den Tatentschluss spontan gefasst hatte.

Negativ wertete das Gericht, dass die beiden kleinen Kinder der Frau das komplette Geschehen mitbekommen hatten. Das Geschrei in der Wohnung sei so groß gewesen, dass ein Schreibwarenhändler gegenüber der Wohnung auf den Vorfall aufmerksam wurde und die Stiefmutter des Mannes verständigte. Die Stiefmutter hatte unmittelbar danach zusammen mit der Tante die Wohnung betreten und einen Notarzt verständigt. Die inzwischen wieder zu Bewusstsein gekommene 28-Jährige habe dies gar nicht gewollt, da sie offenbar befürchtete, ihr würden die Kinder weggenommen und ihr Lebensgefährt müsse ins Gefängnis.

Die Verletzungen seien glücklicherweise nicht lebensgefährlich gewesen, sagte der vorsitzende Richter. Die junge Frau habe die Pegnitzer Sana-Klinik bereits am kommenden Tag wieder verlassen können. Seelische Narben seien allerdings geblieben, wie sich während der Verhandlung herausstellte. Nicht nur die Frau leide seitdem unter Angstzuständen, auch die beiden Kinder.

Zuvor hatte Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz wegen versuchten Mordes eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren gefordert. Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth beantragte eineinhalb Jahre auf Bewährung wegen einer gefährlichen Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft sah genauso wie später das Gericht das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt, weil sich der Angeklagte seiner Lebensgefährtin von hinten genähert hatte. Rechtsanwalt Schwemmer hatte dagegen erhebliche Zweifel am Tötungsvorsatz. Rechtlich bewertete er vor allem die umfangreichen Erste-Hilfe-Maßnahmen des Angeklagten nach der Tat als Rücktritt von der versuchten Tötung. Schwemmer hielt seinem Mandanten außerdem zu Gute, dass er nicht vorbestraft ist, sozial eingeordnet lebt und ein halbes Jahr Untersuchungshaft über sich ergehen lassen musste. Während dieser Zeit sei er von Mitgefangenen beinahe in die eine Selbsttötung getrieben worden. Sowohl Staatsanwaltschaft als Verteidigung gingen dabei vom emotionalen Ausnahmezustand des Angeklagten aus und hatten auf verminderte Schuldfähigkeit plädiert.

In der Urteilsbegründung entgegnete Richter Eckstein dem Plädoyer des Verteidigers unter anderem, dass der Angeklagte keine massiven Maßnahmen zur Rettung der Frau ergriffen habe. Er habe lediglich die Wunden der Frau desinfiziert und verbunden.

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17.02.2012

Notarzteinsatz zum Prozessauftakt / 77-jähriger Rentner aus Bayreuth soll Enkelinnen in über 340 Fällen missbraucht haben

Bayreuth. Wegen 343 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern muss sich seit Freitag ein 77-jähriger Rentner aus Bayreuth vor dem Landgericht verantworten. Der Prozessauftakt gestaltete sich schwierig: zunächst konnte der Mann dem Gericht offensichtlich nicht recht folgen, dann wies er vehement jede Schuld von sich, schließlich echauffierte er sich dermaßen, dass zunächst der Landgerichtsarzt, später ein Rettungswagen herbeigerufen werden musste. Wegen Herzrasens transportierten die Rettungssanitäter den Mann zur weiteren Abklärung ins Klinikum. Das Gericht vertagte den Prozess daraufhin auf Dienstag, 28. Februar um 13 Uhr.

Der Gesundheitszustand des Mannes hatte wohl schon im Vorfeld der Verhandlung eine Rolle gespielt. Ein eigens angefertigtes Gutachten bescheinigte dem Angeklagten die Verhandlungsfähigkeit, wenn auch nur einschränkt. So darf die Kammer täglich nur drei Stunden verhandeln. Nach Einschätzung von Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth leidet sein Mandant allerdings unter Einschränkungen seines Kurzzeitgedächtnisses. Die Verteidigung gehe deshalb davon aus, dass der Angeklagte nicht in der Lage ist, sich zu verteidigen, ließ Schwemmer zu Protokoll geben.

Der Angeklagte soll seine beiden, heute 23 und 24 Jahre alten Enkelinnen zwischen 1993 und 1999 immer wieder unsittlich berührt und sexuelle Handlungen an ihnen vorgenommen haben. Die Taten geschahen der Anklage zufolge in den Wohn- und Geschäftsräumen des ehemaligen Gastronomen in der Bayreuther Innenstadt. Bereits im Alter von sechs Jahren soll es zu einem ersten massiven Übergriff gekommen sein. Immer wieder habe der Mann die Mädchen mit Drohungen eingeschüchtert. Erst 1999 als die damals Zwölfjährige erstmals energisch zurückwies, habe er von seinem Treiben Abstand genommen. Warum die Taten erst jetzt zur Anzeige gebracht wurden, ist bislang nicht bekannt geworden.

„Alles Lüge“ schimpfte der Mann zum Prozessauftakt immer wieder lautstark. Er lebe seit 47 Jahren in Deutschland und habe sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Er habe nichts gemacht, das sei alles nicht wahr, rief er aus, und weiter: „Sie tun mir Unrecht.“ Gleichzeitig ließ er aber auch durchblicken, dass die Mädchen in der genannten Zeit für zwei Wochen bei ihm untergebracht waren und er sie dabei wohl mehrfach berührt haben könnte. „Ich habe sie nur berührt, weiter nichts“, sagte er um im nächsten Satz bereits wieder seine Unschuld zu beteuern.

Der vorsitzende Richter Michael Eckstein erinnerte den Mann daran, dass sich seine komplette Familie zwischenzeitlich von ihm abgewandt habe. Der Vorsitzende ließ auch anklingen, dass es noch andere Fälle gebe, die nicht Gegenstand der Anklage sind, weil sie schon zu weit zurück liegen. In der Anklage war außerdem die Rede davon, dass sich beide Mädchen heute in psychologischer Behandlung befinden.

28.02.2012

Prozess geplatzt: 77-Jähriger ist derzeit nicht verhandlungsfähig

Bayreuth. Der Prozess gegen den 77-jährigen Rentner aus Bayreuth, der sich wegen sexuellen Missbrauchs seiner Enkelinnen vor dem Landgericht verantworten sollte, ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden. Der Mann sei aus gesundheitlichen Gründen vorerst nicht verhandlungsfähig, erklärte der vorsitzende Richter Michael Eckstein auf Nachfrage.

Die Entwicklung kam nicht überraschend, sondern hatte sich bereits zum Prozessauftakt am Freitag vor einer Woche abgezeichnet. Der Mann hatte sich dermaßen aufgeregt, dass zunächst der Landgerichtsarzt, später ein Notarztwagen herbeigerufen werden musste. Die Rettungssanitäter nahmen den Mann damals zur weiteren Beobachtung mit ins Klinikum, die Verhandlung musste bereits nach kurzer Zeit wieder abgebrochen werden. Der Gesundheitszustand des Mannes hatte schon im Vorfeld der Verhandlung eine Rolle gespielt. Ein eigens angefertigtes Gutachten bescheinigte dem Angeklagten jedoch Verhandlungsfähigkeit, wenn auch nur einschränkt und jeweils drei Stunden pro Tag.

Dem früheren Gastwirt werden insgesamt 343 Fälle des sexuellen Missbrauchs an zwei seiner Enkelinnen vorgeworfen. Der Angeklagte soll die heute  23 und 24 Jahre alten Frauen zwischen 1993 und 1999 immer wieder unsittlich berührt und sexuelle Handlungen an ihnen vorgenommen haben. Bereits im Alter von sechs Jahren soll es zu einem ersten massiven Übergriff gekommen sein. Warum die Taten erst jetzt zur Anzeige gebracht wurden, ist bislang nicht bekannt geworden.

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23.01.2012 (1. Verhandlungstag)

Nazi und Satanistin: Angeklagter erhob schwere Vorwürfe gegen eigene Tochter / Mann aus dem Kulmbacher Landkreis wegen 148-fachen sexuellen Missbrauchs vor Gericht

Bayreuth. Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in mindestens 138 Fällen muss sich seit Montag ein 48-jähriger Mann aus dem Landkreis Kulmbach vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Der Arbeiter soll sich zwischen 1990 und 1998 immer wieder an seiner 1984 geborenen Tochter vergangen haben.

Zu den Übergriffen ist es laut Anklage in der Wohnung des Mannes immer dann gekommen, wenn er das Kind aus seiner geschiedenen ersten Ehe bei sich hatte. Erst mit 14 soll sich das Mädchen seiner Mutter offenbart haben. Die Frau habe sich danach in psychiatrische Behandlung begeben müssen. Warum der Fall erst jetzt verhandelt wird, war am ersten Prozesstag nicht zu erfahren.

Zum Verhandlungssauftakt bestritt der Angeklagte die Vorwürfe und sprach von einem Komplott. „Was mir hier unterstellt wird, ist absolut brutal und die größte Demütigung und Beleidigung, die es überhaupt gibt“, sagte er.  Hintergrund soll sein, dass die Tochter zusammen mit ihrem jetzigen Lebenspartner ihn aus seinem Haus verjagen möchte. „Die haben einen Plan geschmiedet, um mich zu vertreiben“, so der Mann. Der Angeklagte fuhr dabei schwere Geschütze gegen die heute 27-jährige Frau auf. Sie sei eine Satanistin und habe eine nationalsozialistische Gesinnung, sagte der vor zwei Jahren zum Judentum konvertierte Angeklagte. Auf der Mobilbox ihres jetzigen Mannes werde der Anrufer sogar mit nationalsozialistischen Parolen begrüßt.

Die Tochter sei ein ungewolltes Kind gewesen und nach der Scheidung von der Mutter immer wieder misshandelt und in einen dunklen Keller gesperrt worden. Weiter berichtete er von angeblichen Suizidversuchen der Tochter und mehreren Aufenthalten in Nervenkliniken. Später sei sie von ihrem ersten Mann geschlagen worden. Ihn habe sie mit Hilfe schwarzer Magie später verflucht, glaubte der Angeklagte allen Ernstes. Darüber hinaus nannte er die eigene Tochter eine Lügnerin und eine „Schauspielerin hoch drei“, die perfekt darin sei, andere Menschen schlecht zu machen. Ihren jetzigen Ehemann bezeichnete er als „asozial“.

Der 48-jährige ist bereits zum dritten Mal geschieden, hatte als Kind einen schweren Unfall mit einem Zug überlebt und war in den 90er Jahren in einen Verkehrsunfall auf der Autobahn A70 verwickelt, bei dem es zwei Todesopfer zu beklagen gab. Zuletzt war er selbst schwer erkrankt. Vor Gericht legte er größten Wert auf seinen Glauben als orthodoxer Jude. So verkündete er zunächst, für den Richter gebetet zu haben, dann erklärte er mehrfach feierlich, dass sein gesamter Besitz dem Staate Israel gehöre. Er lebe mit Gott und werde keinen Schritt ohne seinen Gott tun. Ungeachtet seiner schweren Verletzungen will er sogar schon Kampferfahrung für Israel gesammelt haben.

Von seinen drei Ehefrauen will der Mann immer wieder betrogen worden sein, was letztlich auch in jedem der Fälle zur Scheidung geführt habe. Schon früher einmal soll er als Sexualverbrecher beschimpft worden sein, die anschließenden Untersuchungen hätten allerdings nichts ergeben. Zum Tatzeitraum 1990 bis 1998 erklärte der Angeklagte, dass die Tochter höchstens alle vier bis sechs Wochen bei ihm jeweils für einen Tag zu Besuch war. Übernachtet habe sie dabei in der Wohnung nie. Ebenso wenig sei er nie mit der Tochter alleine gewesen, da zum einen stets seine damalige Ehefrau dabei war und der Tag von Gottesdiensten, Mittagessen und Ponyreiten ausgefüllt gewesen sei.

24.01.2012 (2. Verhandlungstag)

Missbrauchsprozess: Religion als Verteidigungsstrategie / Schwere Vorwürfe gegen 48-Jährigen Angeklagten – Sogar Stoiber gratulierte dem Angeklagten für sein Friedensengagement

Bayreuth. Nach der Aussage der Belastungszeugin im Missbrauchsprozess vor dem Bayreuther Landgericht steht mittlerweile Aussage gegen Aussage. Während die heute 27-jährige Frau ihrem Vater regelmäßige schlimme sexuelle Übergriffe zwischen den Jahren 1990 und 1998 vorwirft, streitet der Mann aus dem Landkreis Kulmbach alles ab und spricht von einem Komplott (wir berichteten). Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten sexuellen Missbrauch in mindestens 138 Fällen vor. Zu den ersten Übergriffen soll es bereits gekommen sein, als die Tochter sechs Jahre alt war.

Um Licht ins Dunkel zu bringen hatte das Gericht am zweiten Verhandlungstag eine ganze Reihe von Zeugen aus dem Umfeld von Vater und Tochter geladen. Dabei kamen teilweise erschreckende Details ans Licht. Mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern war die Tochter 2009 trotz der angeblichen Vorfälle und offensichtlich aus finanzieller Not heraus wieder in das Haus des Vaters eingezogen. Dort eskalierte die Situation, so dass die Frau erst jetzt die Kraft fand, die Übergriffe des Vaters während ihrer Kindheit und Jugend zur Anzeige zu bringen. Ihr hätte doch ohnehin keiner geglaubt, begründete die Frau die lange Zeit zwischen den Taten und der Anzeige.

Ihr mittlerweile geschiedener Mann und damit Ex-Schwiegersohn des Angeklagten sagte aus, dass der Vater der Tochter immer wieder den Po getätschelt habe, versuchte, ihr an die Brust zu fassen, und mehrfach geäußert habe, dass er ihr an die Wäsche gehen möchte. Er selbst habe das anfangs als harmlos empfunden und für einen Witz gehalten. Erst mit der Zeit habe er von den sexuellen Belästigungen des Schwiegervaters zum Nachteil der Tochter während ihrer Kindheit erfahren. Als dann auch noch ein Begrapschen des gemeinsamen Kindes, des Enkels des Angeklagten, im Raum stand, sei er ausgerastet.

Noch dramatischer war die Aussage einer 37-jährigen Freundin des Opfers. Sie habe nicht nur einmal die anzüglichen Bemerkungen des Vaters in Bezug auf seine Tochter miterlebt. Zunächst sei sie deshalb erst einmal geschockt gewesen. Als der Angeklagte dann auch ihr entsprechende Avancen machte und ihr gegenüber seine sexuellen Wünsche in aller Ausführlichkeit darlegte, habe sie sich zunächst fern gehalten, dann habe sie ihrer Freundin nahegelegt, sofort das Haus zu verlassen. Zur Sprache kam dabei beispielsweise auch, dass die Tochter nicht mehr alleine duschen oder ein Bad nehmen konnte, ohne dass der Vater sich gleichzeitig im Badezimmer breit machte. Zuletzt habe entweder sie oder der Ehemann vor der Badezimmertüre Wache geschoben, um den Vater fernzuhalten. Noch im Gerichtssaal bestritt der Angeklagte mit aller Vehemenz die Vorwürfe und empörte sich über die Aussagen.

In dem für ihn zuständigen Rabbiner fand der vor zwei Jahren zum Judentum konvertierte Angeklagte allerdings einen starken Fürsprecher. Er sei mit dem Angeklagten seit zehn Jahren eng befreundet, sagte der Rabbi und nahm ihn vor sämtlichen Vorwürfen in Schutz. Stattdessen beschrieb er ihn als den hilfsbereitesten Menschen aller Zeiten, der immer da sei, wenn man ihn brauche und der sich für die jüdische Gemeinde in Hof außerordentlich engagiere. Der Rabbiner legte Zeitungsanzeigen aus israelischen Tageszeitungen vor, in denen der Angeklagte sein Bekenntnis zum Volk Israels ausführlich dargelegt hatte. „Mein Herz ist mit dem Land Israel“, hieß es da, und weiter, dass er „bis zum letzten Tropfen Blut“ für Israel und seinen Ex-Premierminister Ariel Sharon kämpfen werde. Nicht nur das Büro des Ex-Premiers habe sich beim Angeklagten dafür mit einem persönlichen Schreiben bedankt, auch ein Schreiben aus der Münchner CSU-Zentrale liegt dem Gericht vor, indem der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber dem Angeklagten zu seinem außerordentlichen Friedensengagement gratuliert.

Bereits am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte seine Tochter aufgrund der Vorwürfe gegen ihn als Nazi und Satanistin bezeichnet und die junge Frau in ein schlechtes Licht gerückt. Sie sei eine Lügnerin, Schauspielerin und zudem asozial. Am zweiten Verhandlungstag kam nun heraus, dass die junge Frau bereits vor zehn Jahren einen längeren Aufenthalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie wegen vorausgehender Suizidversuche hatte. Einen naheliegenden Zusammenhang zu den Taten des Angeklagten werden die Richter in den kommenden Verhandlungstagen nun aufklären müssen.

30.01.2012 (3. Verhandlungstag)

Verteidiger schwer erkrankt: Missbrauchsprozess vor dem Landgericht wird entweder ausgesetzt oder vertagt

Bayreuth. Wie es im Missbrauchsprozess vor dem Bayreuther Landgericht weitergeht, ist derzeit völlig offen. Zu Beginn des 3. Verhandlungstages gegen einen 48-jährigen Mann aus dem Landkreis Kulmbach erklärte der Vorsitzende Richter Michael Eckstein, dass der Verteidiger des Angeklagten am Wochenende plötzlich schwer erkrankte und in eine Klinik eingeliefert werden musste. Da über den Gesundheitszustand des Mannes bislang nichts weiter bekannt ist, will das Gericht erst später eine Entscheidung treffen, ob der Prozess vertagt wird oder eventuell ausgesetzt werden muss. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, seine heute 27 Jahre alte Tochter als Kind in mindestens 138 Fällen sexuell missbraucht zu haben.

Er sei erst am späten Sonntagnachmittag durch einen Anwaltskollegen verständigt worden, erklärte Eckstein. Darauf habe er sämtliche für heute geladenen Zeugen informiert, dass sie erst einmal nicht vor Gericht erscheinen müssten. Zum aktuellen Gesundheitszustand des Verteidigers liege dem Gericht allerdings trotz mehrerer Kontaktversuche mit der Kanzlei keine Nachricht vor. Zum derzeitigen Zeitpunkt könne man deshalb noch nicht sagen, wie und vor allem wann der Prozess fortgesetzt wird, oder ob er zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal ganz von vorne aufgerollt werden muss. Eckstein wies aber auch darauf hin, dass die Kammer bereits bis Anfang April feste Termine hat, den Prozess bis dahin einzuschieben, sei praktisch nicht möglich.

Wie berichtet hatte der Angeklagte in den zurückliegenden beiden Verhandlungstagen alle Vorwürfe von sich gewiesen und von einem Komplott gesprochen. Das Opfer dagegen bestätigte die Vorwürfe, so wie sie die Staatsanwaltschaft in der Anklage aufgelistet hatte. Damit steht bislang Aussage gegen Aussage.

Der Prozess wurde inzwischen auf unbestimmte Zeit vertagt.

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16.12.2011

Haschischplantage im Hobbyraum / 34-jähriger Mann aus Goldkronach zu vier Jahren Haft verurteilt

Bayreuth/Goldkronach. Da staunte selbst die Polizei: „In der Größenordnung hatte ich so etwas noch nie gesehen“, sagte eine Kriminalbeamtin aus Hof. Die Frau war dabei, als Ende Januar das Anwesen des 34-jährigen Mannes in Goldkronach durchsucht wurde. Im Keller fanden die Beamten eine „Indoor-Plantage“ für Cannabis-Pflanzen, aus dessen getrockneten Blütenständen und Blättern Marihuana gewonnen wird. Verteilt auf mehreren Räumen, absolut professionell ausgestattet mit allerhand Beleuchtungs- und Belüftungsanlagen, von kleinen Setzlingen bis zu mannshohen Großpflanzen war alles dabei. Weil der Goldkronacher damit bis zu seiner Entdeckung weit über 10000 Euro verdient hatte, wurde er am Freitag vom Landgericht in Bayreuth zu insgesamt vier Jahren Haft verurteilt.

Miteinbezogen wurde dabei eine Verurteilung des Bayreuther Amtsgerichts zu zehn Monaten auf Bewährung ebenfalls wegen Drogen, die kurioserweise auf den Tag genau ein Jahr zurücklag. Dennoch machte der Mann damals weiter und widmete sich seinen Cannabispflanzen, bis ihn die Polizei eher durch Zufall und ein anderes Verfahren im mittelfränkischen Schwabach auffliegen ließ. Ein Zeuge, der mit dem mittlerweile ebenfalls in Haft befindlichen Abnehmer des Goldkronachers zu tun hatte, erinnerte sich an die Plantage und packte bei der Polizei aus. Die Ehefrau und die Eltern des Angeklagten, die ebenfalls in dem Goldkronacher Anwesen wohnen, staunten am 25. Januar 2011 nicht schlecht, als die Polizei mit Großaufgebot anrückte. Angeblich seien sie ziemlich schockiert gewesen, obwohl die Hofer Kriminalbeamtin angab, dass man den eigenartigen Geruch der Pflanzen im gesamten Haus wahrnehmen konnte.

Er habe mit dem gewinnbringenden Verkauf der Ernte den Unterhalt für die gesamte Familie sichern wollen, sagte der Mann, der damals arbeitslos war und dessen Familie von Hartz IV lebte. Auch die Marihuana-Anlage selbst habe dabei angeblich hohe Stromkosten von monatlich rund 450 Euro verursacht. „Das konnte ich nicht so einfach abstellen“, entschuldigte sich der Angeklagte vor Gericht.

Zu Gute sollte ihm kommen, dass er von Anfang an reinen Tisch gemacht hatte und die Karten auf den Tisch legte. „Er war sehr kooperativ, hat uns alles gezeigt und erklärt“, erinnerte sich die Kripo-Beamtin. Weniger kooperativ war der Abnehmer des Mannes, den er in einer Spielothek kennen gelernt hatte und der ihm versprach, seine gesamte Ernte abzunehmen. Vor Gericht verweigerte der in Hand- und Fußfesseln vorgeführte 29-jährige Bayreuther seine Aussage. Er hat derzeit auch ganz andere Probleme, sitzt er doch eine siebenjährige Strafhaft ab, zu der ihn das Nürnberger Landgericht ebenfalls wegen Drogengeschichten verurteilt hatte.

Schlechte Karten hatte der Angeklagte vor allem wegen seiner vielen Vorstrafen. Acht Mal wurde er in den zurückliegenden zwölf Jahren verurteilt, davon drei Mal zu Gefängnisstrafen ohne Bewährung, zuletzt zwei Mal wegen Drogengeschichten. „Ziel des Angeklagten war es, sich durch den Marihuana-Anbau ein ständiges Einkommen zu verschaffen“, sagte Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz in seinem Plädoyer. Er forderte eine Strafe von insgesamt fünf Jahren und acht Monaten und nahm dem Angeklagten nicht ab, dass er tatsächlich irgendwann mit seinem illegalen Treiben aufhören wollte. Schmalz teilte auch nicht die landläufige Ansicht, dass Marihuana zu den weichen Drogen gehört. Auch Marihuana sei dazu geeignet, abhängig zu werden, schwerste psychische Schäden hervorzurufen und den Körper vollends zu zerstören.

Verteidiger Volker Beermann aus Bayreuth stellte dann auch keinen eigenen Antrag zur Strafhöhe, sondern bat das Gericht um eine „angemessene milde Strafe“. Sein Mandant gehe mittlerweile wieder einer ordentlichen Beschäftigung als Installateur nach und versorge seine Familie.

Das Gericht entschied schließlich auf eine Haftstrafe von vier Jahren. Der vorsitzende Richter Michael Eckstein hielt dem Angeklagten dabei seine schwierige persönliche Lage, sein rückhaltloses Geständnis und seine finanzielle Situation zu Gute. Vier Jahre seien aber auch schon die unterste Grenze, sagte Eckstein. Hätte der Angeklagte bereits vor einem Jahr reinen Tisch gemacht, wäre er jetzt deutlich besser davon gekommen. Sowohl der Angeklagte, als auch die Staatsanwaltschaft kündigten noch im Gerichtssaal den Verzicht auf Rechtsmittel an. Das bedeutet, das Urteil ist rechtskräftig. Nach den Weihnachtsfeiertagen muss der Angeklagte in die Justizvollzugsanstalt einrücken

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15.12.2011

Wenn der Schlagzeuger aus dem Takt gerät / Gebrochener Finger, Kerwa mit Folgen: Verfahren wegen Körperverletzung gegen Geldauflage eingestellt

Waischenfeld / Bayreuth. Nicht nur die Bar war voll bei der Suttenkirchweih heuer in Waischenfeld, auch die Gäste waren es. Kein Wunder, dass zahlreiche Besucher am 1. Oktober im Getümmel hin und her gestoßen wurden und auch der eine oder andere Tropfen Hochprozentiges nicht unbedingt dort landete, wo er eigentlich hin sollte.

Ein 22-Jähriger aus dem Ahorntal wollte sich das nicht gefallen lassen und stellte einen 21-Jährigen aus Ebermannstadt zur Rede. Der packte ihn daraufhin so fest, dass am Ende der Finger des Ahorntalers gebrochen war. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung musste sich der Arbeiter aus Ebermannstadt nun vor dem Amtsgericht in Bayreuth verantworten. Richter Thorsten Mayer konnte allerdings keinen Vorsatz erkennen und stellte die Verhandlung wegen geringer Schuld ein. Der 21-Jährige aus Ebermannstadt kam mit einer Geldauflage in Höhe von 400 Euro davon.

Damit dürfte die Angelegenheit für den Angeklagten allerdings noch lange nicht ausgestanden sein. Bereits im Zeugenstand kündigte der Ahorntaler an, im Wege eines Zivilverfahrens auf Schmerzensgeld und Verdienstausfall zu bestehen. Er sei als Schlagzeuger sehr gefragt, habe nicht nur eine feste Band, sondern werde auch für bundesweite Tourneen angefragt und erteile Musikunterricht im Auftrag des Nordbayerischen Musikbundes. Da dürfen die Finger nicht beschädigt sein. Noch immer spüre er trotz erfolgter Ergotherapie die Nachwirkungen seiner Operation.  An ein Schlagzeugspiel wie früher sei noch nicht zu denken. „Das Ganze hat mich schon sehr zurückgeworfen“, sagte der Zeuge vor Gericht.

Der Angeklagte beteuerte indes immer wieder, dass er nicht mit Absicht gehandelt habe. Er will den 22-Jährigen lediglich an den Händen gepackt und auf die Seite geschoben haben. Erst eine halbe bis drei viertel Stunde später sei jemand gekommen und habe ihm vorgeworfen, den Finger des Zeugen gebrochen zu haben. „Möglich ist das schon, aber wenn, dann auf keinen Fall absichtlich“, beteuerte der Angeklagte. Amtsrichter Meyer hielt es an dieser Stelle für erwähnenswert, dass der Angeklagte zur Tatzeit rund zwei Promille Alkohol im Blut hatte, das Opfer rund 1,6 Promille.

Nach dem Vorfall wurde der Zeuge zunächst im Sanitätszelt des Malteser Hilfsdienstes unter anderem mit Kühlbeuteln ärztlich versorgt, noch in der Nacht wurde er in die Sana-Klinik nach Pegnitz gebracht. Die Ärzte stellten die Fraktur des Fingers fest und operierten den Mann entsprechend.

„Das scheint wohl alles ein bisschen unglücklich gelaufen zu sein“, sagte der Richter. Einen Vorsatz könne er jedoch schon aufgrund des betrunkenen Zustandes aller Beteiligten nicht unbedingt erkennen. Im Einverständnis mit der Staatsanwaltschaft, im Hinblick auf die angekündigten Schmerzensgeldforderungen und trotz einiger Vorstrafen des Angeklagten stellte Meyer das Verfahren dann auch ein. Die 400 Euro Geldauflage muss der Angeklagte an das SOS-Kinderdorf in Immenreuth überweisen.

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06.09.2011

Stoßstangen und Scheinwerfer für 20000 Euro abmontiert / Volvo-Bande: Handlanger kam mit Bewährungsstrafe davon

Bayreuth – Von 2007 bis 2008 hat eine polnische Einbrecherbande viele Volvo-Händler in Deutschland in Atem gehalten. Die Bande war auf den Diebstahl von Fahrzeugteilen des schwedischen Herstellers spezialisiert und ging dabei äußerst professionell vor: geeignete Objekte wurden über das Internet auskundschaftet, sämtliche Beleuchtungseinrichtungen in der Nähe des jeweiligen Autohauses außer Betrieb gesetzt und alle nur denkbaren Teile von Neufahrzeugen fachmännisch abgebaut. Danach verpackten die Bandenmitglieder die Teile sorgsam in luftgepolsterter Transportfolie um sie in Polen auf Autobörsen oder über das Internet gewinnbringend als Neuware zu veräußern.

Nachdem die Justiz in Bayreuth schon mehrfach mit verschiedenen Bandenmitgliedern beschäftigt war, hatte die Erste Große Strafkammer am Dienstag noch über einen Nachzügler zu urteilen. Weil der Mann aber nur in einem nachweisbaren Fall  beim Einbruch in ein Bayreuther Autohaus beteiligt war, dabei nur Handlangerdienste geleistet und seitdem den Ausstieg aus der Bande aus eigenen Kräften geschafft hatte, wollten ihm weder Gericht noch Staatsanwaltschaft seine Zukunft verbauen. Der 32-Jährige kam mit einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung wegen schweren Bandendiebstahls davon.

Bis die Justiz des Mannes habhaft wurde, dauerte es allerdings fast dreieinhalb Jahre. Erst im Mai 2011 wurde der 32-jährige geschnappt, als er von seiner Heimat in Polen mit dem Fernbus über Frankreich zu seiner Wohn- und Arbeitsstätte nach England reiste. Der Mann musste zunächst einige Wochen Auslieferungshaft in Frankreich über sich ergehen lassen, ehe er in Begleitung von Kripo-Beamten nach Deutschland geflogen wurde und ein Ermittlungsrichter auf dem Münchner Flughafen einen Haftbefehl erließ. Seitdem saß der Angeklagte in der Justizvollzugsanstalt Hof ein.

Sein Mandant räume die Tat in vollem Umfang ein, erklärte Verteidiger Walter Bagnoli in der Hauptverhandlung kurz und knapp. Demnach war der 32-Jährige in der Nacht von 9. auf 10. Dezember 2007 beim Einstieg in das Firmengelände eines Bayreuther Autohändlers beteiligt und hatte mitgeholfen, von vier hochwertigen Neufahrzeugen Stoßstangen und Scheinwerfer fachgerecht abzubauen. Der Schaden wurde insgesamt auf rund 20000 Euro geschätzt. Wie viel er davon als Lohn für seine Hilfe erhalten hatte, wusste der Angeklagte nicht mehr.

Er konnte allerdings für alle Beteiligten plausibel erklären, wie er in die Sache hineingeraten war. Nach der Geburt seines Sohnes hatte sich die Mutter des Kindes von ihm getrennt, war ins Ausland gezogen und verweigerte ihm jeden Kontakt zu dem Kind. Daraufhin sei er in eine tiefe Depression verfallen und habe Drogen genommen. Dann sei er auf die schiefe Bahn geraten und habe sich von der Bande anheuern lassen, bis er schließlich psychiatrisch behandelt werden musste. Aus eigenen Kräften schaffte er allerdings danach auch wieder den Ausstieg, ließ sich in England nieder und arbeitete bei verschiedenen Unternehmen in der Fabrikation.

Deshalb bescheinigte ihm die Vertreterin der Staatsanwaltschaft Dr. Patricia Finkenberger auch eine positive Sozialprognose und beantragte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Verteidiger Bagnoli plädierte auf ein Jahr und vier Monate. Das Gericht unter Vorsitz von Michael Eckstein entschied schließlich auf ein Jahr und sechs Monate. Da der Angeklagte finanziell derzeit bei Null steht, sahen die Richter von einer Geldauflage ab und verboten dem Mann auch nicht, wie in derartigen Fällen durchaus üblich, für eine bestimmte Zeit die Einreise nach Deutschland, da er sonst nur schwer von seiner polnischen Heimat per Fernbus zu seinem Wohnsitz nach England gelangen könnte. Noch im Gericht wurde der Haftbefehl aufgehoben, so dass der Angeklagte von Polizeibeamten lediglich noch in die JVA Hof gebracht wurde, um dort seine persönlichen Sachen abzuholen.

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05.09.2011

Alkoholfestspiele in der Nobelherberge / 33-Jähriger Mann aus Pegnitz muss wegen Einbruchs in das leerstehende Pflaums Posthotel ins Gefängnis

Bayreuth – In ein seit Jahren leerstehendes Hotel einzubrechen, ergibt normalerweise keinen Sinn. Anders im Fall des einst weltberühmten Pflaums Posthotel in Pegnitz. Zwei Männer im Alter von 23 und 33 Jahren aus Pegnitz sind dort am späten Abend des Ostersamstags 2011 eingestiegen und fanden eine noch komplett bestückte Bar vor. Zusammen mit einigem Nippes, wie einer Pinguinfigur aus Porzellan und einer Miniaturgeige samt Koffer, ließen sie zahlreiche Flaschen Wein, Sekt und Champagner mitgehen. Doch die Diebe hatten Pech: Just als sie das leere Hotelgebäude wieder verlassen wollten, liefen sie einer Polizeistreife praktisch in die Hände.

Vor dem Amtsgericht in Bayreuth bekamen die beiden jetzt die Quittung für die Tat: Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls und Sachbeschädigung wurde der 33-Jährige zu eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Sein Komplize kam mit einer Bewährungsstrafe in Höhe von zehn Monaten davon. Hauptgrund für die unterschiedliche Strafzumessung ist, dass der ältere Angeklagte bereits an die zehn Vorstrafen in seinem Register hat, die meisten davon einschlägig. Außerdem hatte der gelernte Lagerlogistiker weder Wohnsitz noch Arbeit, so dass Richter Torsten Meyer keine positive Sozialprognose stellen konnte.

Beide Angeklagte sprachen während der Verhandlung von einer spontanen Idee. Allerdings wollte dem niemand so recht Glauben schenken, schließlich hatte der Jüngere jede Menge Aufbruchswerkzeug und sogar eine Taschenlampe bei sich. Der Ältere erklärte, dass er zuvor zur Schnapsflasche gegriffen hatte, weil ihm seine Freundin den Laufpass gab. Er habe einen emotionalen Tiefpunkt gehabt, sei enttäuscht und verletzt gewesen, deshalb sei es zu der „hirnrissigen Idee“ gekommen. Die Polizei ermittelte bei ihm später eine Blutalkoholkonzentration von rund 1,5 Promille für die Tatzeit.

Besonders schwer sollte sich für die Polizei später die Feststellung der Schadenshöhe gestalten. Die Eigentumsverhältnisse des Posthotels seien sehr ungewöhnlich, sagte einer der ermittelnden Polizeibeamten aus. Die Rede war von einem Besitzer in der Ukraine, der durch mehrere Gesellschaften unter anderem mit Sitz auf den Seychellen vertreten wird. Bis heute habe er keine Nachricht, wie hoch der Schaden wirklich sei. Also setzte sich der Beamte hin und rechnete den Schaden selbst aus. Er kam dabei auf knapp 1000 Euro Entwendungsschaden, wobei gerade Wein und Champagner sehr schwer zu bewerten gewesen seien. In einigen Fällen fehlten die Etiketten, in anderen Fällen war der Inhalt schon so alt, dass er nicht mehr zu genießen sei, wohl aber einen hohen Sammlerwert habe. Das jedenfalls habe ihm auch der frühere Hotelbesitzer so bestätigt.

Einst sei es ein berühmtes Hotel für die Richard-Wagner-Festspiele gewesen, heute fänden darin Alkoholfestspiele statt, sagte Verteidiger Dr. Dr. Johannes Driendl. Der Anwalt beantragte für den Älteren der beiden Angeklagten eine Bewährungsstrafe von acht Monaten. Er gab dabei vor allem zu bedenken, dass sein Mandant bereits seit April in Untersuchungshaft sitze, dass sämtliche Flaschen unversehrt wieder zurückgegeben wurden und dass sein Mandant einem Gutachten zufolge an einer Borderline-Störung leidet. Der zweite Angeklagte war ohne Verteidiger vor Gericht erschienen. Auf genau die Strafhöhe, die später auch das Gericht verhängte, plädierte Staatsanwältin Melanie Philipp. Der Jüngere der beiden Angeklagten muss außerdem eine Geldauflage in Höhe von 1600 Euro an das SOS-Kinderdorf in Immenreuth überweisen.

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29.08.2011

Eindringlinge forderten Kohle und Stoff / 40-jähriger Bayreuther und seine 30 Jahre alte Bekannte müssen sich wegen brutalen Raubüberfalls vor Gericht verantworten

Bayreuth – Wegen eines brutalen Raubüberfalls auf einen 34 Jahre alten Mann in dessen eigener Wohnung in Bayreuth müssen sich seit Montag ein 40-jähriger Bayreuther und seine um zehn Jahre jüngere Bekannte verantworten. Die beiden waren am 18. Mai dieses Jahres mit brachialer Gewalt in die Wohnung ihres Opfers in der Bayreuther Hölderlinanlage eingedrungen, schlugen auf den Mann ein und forderten Geld und Drogen. Eine Nachbarin, die durch den Lärm auf den Vorfall aufmerksam geworden war, hatte sofort die Polizei verständigt und konnte somit Schlimmeres verhindern.

Während die beiden Angeklagten zum Auftakt der Hauptverhandlung die Tat einräumten, blieb das Motiv mehr oder weniger im Dunkeln. „Wenn ich nicht so viel gesoffen hätte, wäre das nicht passiert“, sagte der Mann und seine Bekannte räumte ein: „Ohne Alkohol wäre es nie so weit gekommen.“ Der 40-Jährige hatte sein Opfer vor der Tat praktisch nicht gekannt, lediglich die Frau kannte den 34-Jährigen flüchtig und will gehört haben, dass er hinter ihrem Rücken Gerüchte über sie verbreite, die nicht zutreffen. Beide, die Angeklagte und das Opfer kannten sich wohl aus ihrer gemeinsamen Drogenvergangenheit.

Es könne schon sein, dass er etwas Negatives über die Frau erzählt habe und sie deshalb sauer auf ihn gewesen sei, gab das Opfer unumwunden zu. Allerdings habe er sie vor dem Überfall bestimmt ein Jahr lang nicht gesehen, außerdem habe sie ihm während des gesamten Vorfalls kaum Vorhaltungen gemacht, sondern gleich „Kohle und Stoff“ verlangt und ihn sofort mit ihren Fäusten traktiert.

Auffällig ist die brachiale Vorgehensweise, mit denen die beiden Angeklagten in die Wohnung des Mannes eingedrungen waren. Nachdem der Mann auf die Türklingel nicht reagiert hatte, habe es einen „Riesenschlag“ getan, ehe beide im wahrsten Sinne des Wortes mit der Tür ins Haus fielen. Die Terrassentür sei sogar abgesperrt gewesen, dennoch sei es beiden gelungen, die Metallverriegelungen herauszubrechen und damit einen Schaden von fast 1300 Euro anzurichten.

Danach habe die Frau völlig unvermittelt auf den 34-Jährigen eingeschlagen, mehrfach ins Gesicht. Das Opfer trug zahlreiche Kratzer, Schürfwunden am Hals und eine blutige Nase davon. Doch damit nicht genug: Ihr 40-jähriger Begleiter ging dem völlig perplexen Wohnungsinhaber offensichtlich aus reiner Solidarität gegenüber seiner Bekannten an die Gurgel und bedrohte ihm mit einer zufällig herumliegenden Schere. Trotzdem war es den beiden Eindringlingen nicht gelungen an Geld oder Rauschgift zu kommen, weil der Mann weder das eine, noch das andere im Haus hatte. Stattdessen erfolgte kurz darauf die Festnahme an Ort und Stelle durch die Polizei.

Gegen den Mann wurde sofort Haftbefehl erlassen, weil er der Polizei nicht unbekannt war und in den zurückliegenden Jahren schon mehrere Haftstrafen verbüßen musste. Später bei seinem Lebenslauf brachte er es auf 28 Vorstrafen mit zusammen 14 Jahren Haft. Bei der Frau wurde der Haftbefehl dagegen wieder außer Vollzug gesetzt. Sie könne sich ihren „Ausraster“ selbst nicht erklären, sagte sie vor Gericht. Die Sache sei völlig aus dem Ruder gelaufen und so nicht geplant gewesen, ergänzte der Angeklagte.

Ob der Alkohol wirklich ursächlich war, wird ein Gutachter klären müssen. Das Opfer hatte während des Überfalls jedenfalls keinen Alkohol gerochen und auch sonst nichts festgestellt, was auf einen möglicherweise vorhergehenden Konsum von Bier, Wein und Schnaps, wie von den beiden Angeklagten angegeben, hindeuten könnte.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.

30.08.2011

„Kohle und Stoff“: Drei Jahre Knast aus falsch verstandener Solidarität
 40-jähriger Bayreuther muss ins Gefängnis, seine Bekannte kommt mit Bewährung davon

Bayreuth – Wegen des brutalen Raubüberfalls auf einen 34-Jährigen muss ein 40 Jahre alter Mann aus Bayreuth für drei Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht verurteilte ihn am Dienstag wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu der Haftstrafe und ordnete außerdem die Unterbringung wegen seines Alkoholproblems im Bezirkskrankenhaus an.

Seine mitangeklagte 30-jährige Bekannte kam dagegen mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren wegen versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung davon. Die Frau galt zwar als treibende Kraft des Überfalls, war aber nicht einschlägig vorbestraft und hatte das Opfer während der Tat auch nicht mit einer zur Waffe umfunktionierten Schere bedroht. Allerdings gaben die Richter der Frau ebenfalls wegen ihrer Suchtproblematik die Suche nach einem geeigneten Therapieplatz auf und setzten außerdem 200 Stunden gemeinnützige Arbeit als Auflage fest.

Es wäre nicht das erste Mal, dass aus einem Missverständnis eine Tragödie entstanden ist, sagte der Vorsitzende Richter Michael Eckstein bei der Urteilsbegründung. Ob der Tat wirklich ein Missverständnis zu Grunde lag, konnte während der zwei Tage andauernden Verhandlung nicht endgültig geklärt werden. Fest steht nach Auffassung des Gerichts allerdings, dass die beiden Angeklagten am Abend des 18. Mai dieses Jahres mit brachialer Gewalt in die Wohnung ihres 34-jährigen Opfers in der Bayreuther Hölderlinanlage eingedrungen waren und ihm eine Abreibung verpassten, angeblich, weil der Mann über die Angeklagte Lügen verbreitet und sie in der Öffentlichkeit schlecht gemacht hatte.

Tatsächlich forderte die Frau aber Geld und Drogen und schlug mit Fäusten auf den völlig ahnungslosen Mann ein. Der Mitangeklagte stellte sich offensichtlich aus falsch verstandener Solidarität schützend  hinter die Frau, bedrohte das Opfer mit einer zufällig herumliegenden Haushaltsschere und langte ebenfalls kräftig zu. Durch den Lärm aufmerksam geworden, alarmierte eine Nachbarin die Polizei, die dem Spuk schnell ein Ende setzte. Der Mann wurde noch vor Ort festgenommen, die Frau flüchtete durch die Tiefgarage, stellte sich aber am nächsten Tag aufgrund des Fahndungsdrucks der Polizei.

In ihrem Urteil hielten es die Richter dem Angeklagten unter anderem zu Gute, dass er förmlich in die Sache mit hineingezogen worden sei und bereits bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte. Schwer wiegen sollten allerdings seine rekordverdächtigen 28 Vorstrafen mit zusammen rund 14 Jahren Haft, zu denen er es seit seinem 14. Lebensjahr gebracht hatte. Der Frau glaubte das Gericht im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft, dass sie das Unrecht der Tat eingesehen habe und alles unternehmen werde, um ihre Suchtproblematik in den Griff zu bekommen.

Zuvor hatte Staatsanwalt Michael Hofmann eine Freiheitsstrafe von vier Jahren gegen den Angeklagten und von zwei Jahren ohne Bewährung gegen die Frau gefordert. Es sei eher der beherzten Nachbarin und dem schnellen Eintreffen der Polizei als den beiden Angeklagten zu verdanken, dass die Tat im Versuchsstadium stecken geblieben war.

Verteidiger Dr. Dr. Johannes Driendl aus Bayreuth nannte seinen Mandanten einen „Kumpel zum Pferdestehlen“. Genau das sei ihm bei der vorliegenden Tat zum Verhängnis geworden, denn ohne genau zu wissen, um was es geht, habe er seiner Bekannten beistehen wollen. Driendl blieb mit seiner Forderung von einer dreijährigen Haftstrafe um ein Jahr unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren gegen seine Mandantin forderte Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth. Er sah von vornherein eine günstige Sozialprognose, die es rechtfertige, die Strafe noch einmal auf Bewährung auszusetzen.

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26.01.2011

Haus, Auto und Boot statt traumhafter Renditen / Bayreuther Ehepaar brachte Mistelgauer Ehepaar mit falschen Versprechungen um gesamtes Hab und Gut

Bayreuth – Mit dubiosen Versprechungen über traumhafte Renditen hat ein Bayreuther Ehepaar zwei Eheleute aus Mistelgau um ihr gesamten Vermögen gebracht. Der 60-jährige Kaufmann und seine Frau, eine gelernte Krankenschwester, überredeten die Opfer dazu, rund 350000 Euro in die Errichtung eines angeblichen Solarparks sowie in Investitionen in Windparks und Energieanlagen in den USA zu investieren.

Die Opfer kündigten dazu nicht nur alle ihre Sparanlagen sondern nahmen auch eine Grundschuld auf ihr Anwesen auf. Statt der hohen Renditen kam für die beiden allerdings ein böses Erwachen: sie sollten ihr Geld nie mehr sehen, denn das Bayreuther Ehepaar brachte das Geld über ein komplexes Firmengeflecht binnen kürzester Zeit in Florida durch. Unter anderem kauften sie dort ein Haus, einen Pkw und ein Boot. Dem Mistelgauer Paar steht dagegen die Zwangsversteigerung mittlerweile kurz bevor. Jetzt mussten sich der gelernte Kaufmann und die Krankenschwester in Bayreuth vor Gericht verantworten.

Wenn das Urteil mit zwei Jahren auf Bewährung für den Angeklagten und einem Jahr auf Bewährung für die Angeklagte wegen Untreue in einem besonders schweren Fall, beziehungsweise Beihilfe dazu, relativ milde ausfiel, so liegt das unter anderem daran, dass sich das Ehepaar im Rahmen eine so genannten Adhäsionsverfahren verpflichtet hatte, den Schaden wieder gut zu machen.

Konkret müssen die Eheleute den Geschädigten vierteljährlich 30 Prozent ihrer aus der jetzigen Berufstätigkeit erwirtschafteten Einnahmen vor Steuern überweisen. Den Opfern ist damit ein langwieriger Zivilprozess erspart und sie verfügen über einen vollstreckbaren Titel. Nachdem die Eheleute rund 55000 Euro bereits zurückbezahlt hatten, bezog sich das Urteil im Adhäsionsverfahren auf die übrigen 300000 Euro zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz.

Die Angeklagten hatten ihre Scheinfirmen unter anderem in Bayreuth sowie in Oregon/USA betrieben. Dabei ging es vor allem um die Planung von Photovoltaik- und anderen Energieanlagen. Eine Geschäftstätigkeit hatten sie laut Anklage allerdings niemals ausgeführt. Dafür überzogen sie das Ehepaar aus Mistelgau mit einer Reihe von dubiosen Verträgen, bis die beiden schließlich alle ihre Vermögenswerte den Angeklagten überließen. Mit dem Geld in der Tasche setzte sich das Bayreuther Ehepaar allerdings schnell nach Florida ab und pflegte dort seinen aufwändigen Lebensstil. Während des rund einjährigen Amerika-Aufenthaltes habe man im Land der unbegrenzten Möglichkeiten erfolgreiche Geschäfte betrieben, versicherte die Frau. Allerdings sei es wegen der Visa-Problematik und nicht vorhandener sozialer Kontakte doch dazugekommen, dass sie die Staaten wieder in Richtung Oberfranken verließen. Hier sind beide nun wieder in den Bereichen Umwelttechnik, Innovatives Bauen und Finanzierungen tätig, arbeiten nach Aussage des Mannes allerdings nur noch auf Provision, so dass eine Wiederholung des Geschehens ausgeschlossen sei.

Vor Gericht waren beide bemüht, ihr bedauern über die Tat zu äußern. „Ich werde nicht rasten und ruhen, bis der Schaden beglichen ist“, sagte der Angeklagte etwas pathetisch. Er werde alles daran setzen, seine Schuld auf Heller und Pfennig abzutragen.

Nachdem der Ausgang des Verfahrens zwischen allen Beteiligten so abgesprochen war und auch das Opferehepaar dem Adhäsionsverfahren zustimmte, plädierten sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung auf die letztlich verhängte Strafe. Richter Köhler sprach von einem in jeder Hinsicht nicht alltäglichen Verfahren, das der Gesetzgeber allerdings ausdrücklich so zulasse. Köhler stellte dabei noch einmal klar, dass es sich nicht nur um ein Versprechen auf Schadenswiedergutmachung handle, sondern um einen rechtlich verwertbaren Titel.

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18.01.2011

Sicherungsverwahrung: Innerhalb von nicht einmal sechs Jahren zwei Ex-Partnerinnen umgebracht – 55-jähriger Mann soll dauerhaft hinter Gitter

Bayreuth – Wenige Tage nach dem spektakulären Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Sicherungsverwahrung in Deutschland muss sich seit Dienstag das Bayreuther Landgericht mit der Thematik befassen. Wegen der Gefahr weiterer gravierender Straftaten soll ein 55-jähriger Mann dauerhaft in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen werden. Der Angeklagte hatte innerhalb von nicht einmal sechs Jahren zwei Mal seine Ex-Partnerin brutal umgebracht, weil er offensichtlich nicht in der Lage war, die Trennung zu akzeptieren. Die Zeit drängt, denn schon im Frühjahr steht eigentlich die Freilassung des Mannes an, der seine Strafen dann vollständig abgebüßt haben wird. Die Staatsanwaltschaft will den Mann aber weiter in einer geschlossenen Anstalt sehen, weil er während der Haft trotz verschiedener Angebote nichts gegen seine problematische Persönlichkeit unternommen habe.

Der Europäische Gerichtshof hatte erst in der vergangenen Woche in vier Fällen die Sicherungsverwahrung in Deutschland gerügt. Diese Maßnahme sei ein Verstoß gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Menschenrechtskonvention, hieß es in den Urteilen. Die Straßburger Richter gaben vier Straftätern Recht, die trotz Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen in Sicherungsverwahrung blieben und nicht auf freien Fuß gesetzt wurden, weil sie als gefährlich gelten. Hauptgrund bei einem der vier Fälle war es, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht bereits im Urteil, sondern erst am Ende der Haftzeit angeordnet worden war.

Der jetzt in Bayreuth angeklagte Mann verbüßt derzeit eine 13-jährige Haftstrafe wegen Totschlags. Bereits 1991 wurde der Betroffene vom Landgericht in Coburg ebenfalls wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt. Damals hatte er seine schwangere Frau, die sich von ihm scheiden lassen wollte, mit zehn Messerstichen brutal umgebracht. Kaum auf freiem Fuß tötete er seine 15 Jahre jüngere Freundin und wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt. Die 26-Jährige hatte sich ebenfalls von dem Angeklagten trennen wollen. Weil ein letzter Versöhnungsversuch im Januar 1996 gescheitert war, schlug er ihr einen schweren Marmoraschenbecher auf den Kopf und erwürgte sein bereits bewusstloses Opfer.

Als Gründe dafür, dass der Mann nun dauerhaft weggesperrt werden soll, führte der vorsitzende Richter Michael Eckstein unter anderem an, dass er entsprechende Therapieangebote wegen seiner Persönlichkeitsproblematik und wegen seines Alkoholkonsums bereits mehrfach eigenmächtig abgebrochen hatte. In der Haft habe der Mann auch geäußert, dass er sich an die erste Tat nicht erinnern könne und die zweite nicht begangen habe. Schließlich habe er während seiner Inhaftierung alle familiären und sozialen Kontakte aufgegeben und sei mehrfach disziplinarisch in Erscheinung getreten.

Der Betroffene sei ausschließlich wegen Straftaten verurteilt, bei denen er seine Opfer vorsätzlich getötet hat. „Schwerere Straftaten gibt es nicht“, verlas Eckstein den Antrag der Staatsanwaltschaft. Aufgrund der Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten in der Haftzeit geht die Antragsschrift davon aus, dass man der vom Verurteilten ausgehenden Gefahr nicht anders als durch die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung begegnen könne. Anders könne man es nicht verhindern, dass der Mann wieder eine Frau kennen lernt und es während der Beziehung wieder zu Problemen kommt, mit denen er nicht angemessen umgehen könne.

Die Verhandlung hat unter großem Medieninteresse begonnen. Um sich vor den neugierigen Blicken von Kameras und Fotografen zu schützen, zog der Verurteilte die Kapuze seines olivgrünen Anstaltsparkas tief über sein Gesicht. Zunächst verlasen die Richter stundenlang sämtliche bisherigen Urteile, Entscheidungen und Begutachtungen. Dann sollen mehrere Zeugen aussagen, die mit dem Mann während seiner Haftzeit Kontakt zu ihm hatten. Entscheidend werden die beiden Gutachten sein.

19.01.2011

Schwerstmöglichen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit / Zwei Partnerinnen umgebracht: Trotzdem keine nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen 55-Jährigen aus Bayreuth

Bayreuth – Für viele Prozessbeteiligte überraschend hat das Landgericht in Bayreuth keine nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen einen 55-jährigen Mann aus Bayreuth angeordnet. Der gelernte Maler und Lackierer hatte 1990 in Coburg seine Ehefrau aus Eifersucht erstochen und nach Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe 1996 seine Lebensgefährtin in Bayreuth erwürgt. In wenigen Wochen endet seine 13-jährige Haftstrafe und der 55-Jährige kann die Justizvollzugsanstalt als freier Mann verlassen.

Die Kammer unter Vorsitz von Michael Eckstein hatte sich die Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht. Zwei komplette Tage lang wurde verhandelt, zwei psychiatrische Sachverständige wurden angehört, etliche Zeugen vernommen. Zuletzt lud das Gericht sogar noch den heute 23-jährigen Sohn der zweiten getöteten Frau, doch auch er, zur Tatzeit gerade acht Jahre alt, konnte nichts Entscheidendes zur Persönlichkeit des Verurteilten beitragen.

In der Urteilsbegründung der Kammer zitierte Eckstein eine Reihe von Entscheidungen, unter anderem des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg und des Bundesgerichtsgerichtshofs, die alle eine nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen den 55-Jährigen nach Auffassung der Kammer unmöglich machen. Wichtigster Grund dafür, dass die Richter den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Verhängung der Sicherungsverwahrung zurückwiesen, war der, dass der BGH stets ausgeführt habe: „Die nachträgliche Sicherungsverwahrung soll nur in seltenen Einzelfällen gelten.“ Für eine geringe Anzahl hochgefährlich verurteilter Straftäter, für Extremfälle mit höchsten Gefährdungspotential für die Bevölkerung, also Psychopathen, gefährliche Sextäter oder Pädophile. Nach den Ausführungen der beiden Sachverständigen treffe dies alles auf den Angeklagten nicht zu.

Den Ausführungen der Mediziner zufolge sei der Angeklagte nicht in der Lage, Konflikte im engsten Beziehungskreis zu lösen. Nicht mehr und nicht weniger. Geht er keine enge partnerschaftliche Beziehung mehr ein, gehe auch nicht die Gefahr einer Straftat von ihm aus, so die einvernehmliche Meinung von Sachverständigen und Gericht. Der Umstand, dass der Mann möglicherweise wieder eine partnerschaftliche Beziehung eingeht, reiche nach aktueller Gesetzeslage aber nicht aus, um ihn auf nicht absehbare Zeit einzusperren.

Der vorsitzende Richter kündigte allerdings eine engmaschige Führungsaufsicht gegen den Mann an, die allerdings noch genau festgelegt werden muss. Dazu gehört unter anderem die Weisung, mit einer Therapie sein Persönlichkeitsdefizit aufzuarbeiten. Außerdem soll ihm für den Zeitraum von fünf Jahren, unter Umständen auch länger, ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden, dem der Verurteilte auch anzeigen muss, wenn er eine neue partnerschaftliche Beziehung eingeht. Schon allein die Unterlassung dieser Information, wäre eine eigene Straftat, für die der 55-Jährige dann erneut verurteilt werden könnte.

Zuvor hatte sich Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz in einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Sicherungsverwahrung gegen den Antragsgegner, so die offizielle Sprachregelung, ausgesprochen. Selbsteinsicht sei bei dem Mann nicht eingekehrt, eine Beschäftigung mit der Tat nicht erfolgt, so der Vertreter der Antragsschrift. Die Gesellschaft habe den Anspruch darauf, vor Personen geschützt zu werden, von denen man weiß, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder Straftaten begehen werden. Schmalz plädierte dafür, den Blick auf die Opfer zu richten. „Auch die beiden getöteten Frauen hatten ein Recht auf Leben“, sagte er und nannte es merkwürdig, dass der 55-Jährige als Familienstand „verwitwet“ angegeben hatte.

Nicht weniger leidenschaftlich war das Plädoyer des Verteidigers Karsten Schieseck aus Bayreuth. Er gab zu bedenken, dass die Sicherungsverwahrung den schwerstmöglichen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit für einen Menschen darstellt. Allerdings sei sein Mandant für seine Taten bestraft worden und habe diese Strafe auch abgesessen. Von Therapieverweigerung während der Haft könne keine Rede sein, denn sein Mandant habe die Therapie nur deshalb abbrechen müssen, weil sie vom Konzept her nicht für ihn gepasst habe. Dabei übte Schieseck auch heftige Kritik an den politischen Rahmenbedingungen für den Strafvollzug in Bayern. In der JVA Bayreuth gebe es gerade einmal zwei Anstaltspsychologen für rund 1000 Gefangene, in der Sozialtherapie in Erlangen stünden gerade einmal 35 Plätze zur Verfügung, die für ganz Bayern reichen sollen. Schieseck: „Das alles sind Versäumnisse des Staates.“

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10.01.2011

„Zu faul zum arbeiten“: Einbrecherquartett wegen groß angelegten Bandendiebstahls vor Gericht / Vier Einbrüche pro Nacht keine Seltenheit – Rund 50000 Euro Schaden

Bayreuth – Wegen einer groß angelegten Einbruchsserie muss sich seit Montag eine vierköpfige Bande vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Die Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren aus Bayreuth, Mistelbach und Waischenfeld sollen im Februar und März des vergangenen Jahres mit brachialer Gewalt in zahlreiche Büros, Schulen, Einkaufsmärkte und Privathäuser eingestiegen sein und dabei vor allem Bargeld, aber auch Mobiltelefone, Digitalkameras und andere Dinge entwendet haben. Die Tatorte lagen in der Stadt und im Landkreis Bayreuth sowie im Landkreis Forchheim. Zusammengerechnet belaufen sich Sach- und Entwendungsschaden laut Anklage auf rund 50000 Euro.

Der Älteste der Angeklagten räumte zum Prozessauftakt die Taten im Großen und Ganzen ein und machte seine Spielsucht dafür verantwortlich. Er sei „zu faul zum arbeiten“ gewesen und habe die gesamte Beute in den Automaten verschiedener Spielotheken „versenkt“. Ähnlich hätten es auch die vier anderen Angeklagten, darunter der jüngere Bruder des Mannes und zwei Bekannte, gemacht.

Der Bruder kündigte allerdings bereits zum Auftakt der Verhandlung an, keine Angaben zum Geschehen zu machen. Alle Taten seien aus einem gemeinsamen Entschluss heraus gefasst und nicht lange geplant, sondern eher spontan ausgeführt worden. Bis zu vier Einbrüche pro Nacht waren dabei keine Seltenheit. Die Beute habe man „fair“ geteilt, wobei der mit 18 Jahren jüngste Angeklagte meist nur Fahrdienste geleistet habe und Schmiere gestanden sei.

Besonders dreist, war es, dass die vier Männer teilweise über Bekannte geeignete Objekte ausgekundschaftet hatten, ehe sie eingestiegen waren. So sei der 20-jährige Angeklagte mit der Tochter der Inhaberin eines Bayreuther Friseursalons liiert gewesen, der in der Nacht zum 18. März 2010 Ziel der Bande wurde. In einem anderen Fall kannte der 19-jährige Angeklagte den Sohn einer im Bayreuther Stadtteil Kreuz lebenden Familie und wusste, dass diese Familie zur Tatzeit im Urlaub ist. In einem weiteren Anklagepunkt hatte der 19-jährige seine Nachbarn ausgekundschaftet und so die beste Zeit für einen Einbruch herausgefunden. All das sollte dem Quartett allerdings nichts nutzen, es wurde am 29. März 2010 im Stadtgebiet von Bayreuth auf frischer Tat ertappt.

Zu den besonders auffälligen Einbrüchen gehört eine Metzgerei in Hummeltal in Landkreis Bayreuth. Dort entwendeten die Männer nicht nur das Wechselgeld aus der Registrierkasse in Höhe von 150 Euro, sie richteten auch einen gewaltigen Sachschaden an, weil sie bis zu 150 rohe Eier aus der Kühltheke nahmen und gegen eine Wand warfen. Ebenfalls Sachschaden in Höhe von 4000 Euro war beim Einbruch in eine Gaststätte in Waischenfeld entstanden, obwohl die Beute lediglich bei gut 1000 Euro lag. Zu den weiteren Objekten gehören die Alexander-von-Humboldt-Realschule in Bayreuth, die Hauptschule von Gößweinstein im Landkreis Forchheim und ein Norma-Markt im Stadtgebiet von Bayreuth.

Die angeklagten Brüder müssen sich außerdem vor Gericht verantworten, weil sie in einer Bayreuther Gaststätte zwei andere Männer brutal niedergeschlagen haben sollen. Beide befinden sich bereits wegen anderer Straftaten im Gefängnis. Vor allem wegen der genauen Schadenshöhe müssen die Richter in den kommenden Tagen zahlreiche Zeugen vernehmen. Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt.

12.01.2011

Polizeihunde stellten Einbrecherquartett auf frischer Tat / Prozess gegen vier junge Männer wegen Bandendiebstahls fortgesetzt

Bayreuth – Mit einer ganzen Reihe von Zeugenbefragungen hat das Landgericht in Bayreuth am Mittwoch den Prozess gegen eine vierköpfige Einbrecherbande fortgesetzt. Wie berichtet müssen sich die Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren aus Bayreuth und Waischenfeld vor Gericht verantworten, weil sie in zahlreiche Büros, Schulen, Einkaufsmärkte und Privathäuser in der Stadt und im Landkreis Bayreuth sowie in Gößweinstein im Landkreis Forchheim eingestiegen sein sollen und dabei einen Sach- und Entwendungsschaden in Höhe von rund 50000 Euro angerichtet haben.

Im Mittelpunkt des zweiten Verhandlungstages stand vor allem der Einbruch in ein Büro im Bayreuther Stadtteil Kreuz am 29. März des vergangenen Jahres. Dabei wurde das Quartett von einem aufmerksamen Nachbarn beobachtet. Der Mann verständigte umgehend die Polizei, die alle vier Angeklagten auf frischer Tat ertappte und festnehmen konnte. Dies war allerdings gar nicht so einfach, wie die Streifenbeamten, die als erste am Tatort waren vor Gericht berichteten. Man sei mit gezogenen Schusswaffen und Diensthunden in das Gebäude eingedrungen, so ein Beamter der Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt. Die mit Sturmhauben vermummten Männer hätten sich allerdings nicht sofort gestellt, sondern versucht, zu flüchten. Einem der vier gelang es sogar, aus einem Fenster zu springen und davon zu rennen. Es sollte ihm allerdings nichts nützen, noch in der Nacht wurden die Polizisten auch seiner habhaft. Bereits vorher stellte einer der Diensthunde den ältesten der vier Angeklagten. Das polizeiliche Unterstützungskommando konnte dann die beiden anderen festnehmen. Eigenartig mutete es den Polizisten an, dass bereits am Tag zuvor ein Einbruchsversuch am gleichen Objekt registriert wurde.

Eine Woche zuvor waren die Männer bereits in ein Bistro in Waischenfeld eingestiegen. Dabei seien rund 1200 Euro Bargeld entwendet worden, den Sachschaden bezifferte der 44-jährige Gastwirt auf rund 800 Euro. Bis heute seien die verschiedenen Automaten wie Billard, Dart und Kicker nur notdürftig repariert, sagte der Mann. Allerdings habe er von dem ebenfalls aus Waischenfeld stammenden 20-jährigen Angeklagten einen Geldbetrag von immerhin 666 Euro zur Wiedergutmachung erhalten.

Groß war die Enttäuschung auch bei den Beschäftigten eines Friseursalons in Hummeltal, wo die Bande nicht nur das Wechselgeld in Höhe von 200 Euro an sich nahm, sondern auch die Trinkgelddosen, in denen sich zusammen immerhin 100 Euro angesammelt hatten. Ausgerechnet die Auszubildende sei morgens als erste am Laden gewesen und habe den Einbruch festgestellt, sagte die 54-jährige Pächterin. Das Mädchen habe beim Anblick der aufgebrochenen Ladentür einen Schock erlitten. Auch den anderen Beschäftigten habe der Einbruch mächtig zugesetzt.

Wie berichtet hatte der Älteste der Angeklagten zum Prozessauftakt die Taten im Großen und Ganzen eingeräumt und seine Spielsucht dafür verantwortlich gemacht. Auch die anderen drei, darunter der jüngere Bruder des Mannes und zwei Bekannte, legten mittlerweile im Wesentlichen ein Geständnis ab. Alle Taten seien aus einem gemeinsamen Entschluss heraus gefasst und nicht lange geplant, sondern eher spontan ausgeführt worden. Bis zu vier Einbrüche pro Nacht waren dabei keine Seltenheit. Die Beute habe man „fair“ geteilt, wobei der mit 18 Jahren jüngste Angeklagte meist nur Fahrdienste geleistet habe und Schmiere gestanden sei. Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt.

14.01.2011

Haftstrafen für Einbrecher / Haupttäter wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt – Mittäter kamen mit Weisungen und Auflagen davon

Bayreuth – Wegen einer groß angelegten Einbruchsserie hat das Landgericht am Freitag zwei Brüder im Alter von 20 und 22 Jahren zu fünf Jahren, beziehungsweise zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Zwei weitere Mitangeklagte junge Männer im Alter von 18 und 19 Jahren kamen wegen ihrer geringen Tatbeteiligung mit Erziehungsmaßregeln nach dem Jugendstrafrecht davon. Das Quartett war im März des vergangenen Jahres in jeweils wechselnder Besetzung mit brachialer Gewalt in zahlreiche Büros, Schulen und Privathäuser eingestiegen und hatte dabei vor allem Bargeld entwendet. Die Tatorte lagen in der Stadt und im Landkreis Bayreuth sowie im Landkreis Forchheim. Laut Anklage beliefen sich die Sach- und Entwendungsschäden auf rund 50000 Euro. Wie sich während der drei Tage andauernden Verhandlung herausstellte, waren die tatsächlichen Schäden aber meist wesentlich niedriger.

Die Strafe gegen die beiden Brüder wegen Bandendiebstahls fiel vor allem deshalb so hoch aus, weil in beiden Fällen vorherige Verurteilungen miteinbezogen wurden. Der 22-Jährige wurde am Vormittag des 29. März 2010 vom Amtsgericht zu vier Monaten verurteilt, am gleichen Abend erfolgte der Einbruch in ein Bürogebäude im Bayreuther Stadtteil Kreuz. Dabei wurden die vier Angeklagten beobachtet und von der Polizei noch vor Ort festgenommen. Außerdem hatten die Brüder ebenfalls im März 2010 eine Schlägerei in der von-Römer-Straße in Bayreuth angezettelt, bei der ein Besucher einer Gaststätte zu schaden kam. Durch einen Faustschlag des 20-jährigen hätte der junge Mann um ein Haar sein Augenlicht verloren.

Allen vier Männern hielt der vorsitzende Richter Michael Eckstein in seiner Urteilsbegründung zu Gute, dass sie geständig und schon während der Ermittlungen kooperativ waren. Außerdem wurden vereinzelte Zahlungen an Geschädigte als Zeichen des guten Willens geleistet. Eine mögliche Alkoholabhängigkeit sowie die Spielsucht des 22-Jährigen spielte im Urteil keine Rolle mehr. Der Angeklagte hatte zum Prozessauftakt seine angebliche Spielsucht für die Taten verantwortlich gemacht und angegeben, die gesamte Beute in den Automaten verschiedener Bayreuther Spielhallen versenkt zu haben.

Von den beiden jüngeren Angeklagten muss der 19-Jährige einen vierwöchigen Dauerarrest absitzen, 150 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten und einen sozialen Trainingskurs absolvieren. Die Tatbeteiligung des 18-jährigen, die im Wesentlichen aus Fahrdiensten bestand, ahndete die Kammer mit einer Woche Dauerarrest und 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Zuvor hatte Staatsanwalt Thomas Goger Haftstrafen von fünf, beziehungsweise von sechs Jahren für die beiden Haupttäter gefordert, die beiden Verteidiger Walter Bagnoli und Hilmar Lampert beantragten dagegen Strafen von „nicht mehr als drei Jahren“ sowie von drei Jahren und zehn Monaten. Weitgehend einig waren sich der Staatsanwaltschaft sowie die beiden anderen Verteidiger Andreas Angerer und Ortwin Lowack bei den Auflagen und Weisungen für die beiden jüngeren Angeklagten.

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08.12.2010

Der grausame Tod der kleinen Amelie /
22-jährige Frau aus Pegnitz wegen Kindstötung und Misshandlung angeklagt

Bayreuth/Pegnitz – Eine eigenartige Stimmung herrscht im Schwurgerichtssaal des Bayreuther Landgerichts. Der grausame Tod der kleinen Amelie aus Pegnitz (Landkreis Bayreuth) geht Prozessbeteiligten wie Zuhörern gleichsam nah. Selbst der vorsitzende Richter Michael Eckstein spricht von einem ganz besonderen Prozess, selten habe er eine derart gedrückte Stimmung erlebt.

Angeklagt ist Melanie F., 22 Jahre jung, ledig und von Beruf Textilreinigerin. Zum Auftakt des Prozesses gibt sie zu, die kleine Amelie sieben Tage nach der Geburt so kräftig geschlagen zu haben, dass der Säugling noch am gleichen Tag in der Erlanger Universitätsklinik verstarb. Doch damit nicht genug: die junge Frau räumt auch ein, ein knappes Jahr zuvor ihren Sohn Raphael zwei Tage nach der Geburt noch in den Räumen der Pegnitzer Sana-Klinik an den Armen gepackt und derart heftig geschüttelt zu haben, so dass aus dem gesunden Säugling wohl auf Lebenszeit ein Schwerstpflegefall wurde. Grund dafür ist laut Anklage eine Hirnblutung, die zu einer massiven Hirnschädigung geführt hatte. Drei Schwestern kümmern sich seitdem rund um die Uhr um den Jungen, der weder sprechen, noch essen, noch laufen, noch selbstständig atmen kann und der voraussichtlich keine Chance mehr auf Gesundung hat.

Die Suche nach den Motiven für die Tat ist mühsam. „Ich wollte doch nur, dass Amelie aufhört zu weinen“, sagt die wegen Totschlags, schwerer Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen angeklagte Melanie F. Als sie den Gerichtssaal betritt schützt sie sich mit einem aufgeklappten Aktendeckel vor neugierigen Blicken. Von Überforderung ist die Rede, von Hilflosigkeit und Verzweiflung. Gleichsam, und das kann bislang niemand einordnen, wird die Angeklagte von Zeugen als liebevoll und sehr bemüht beschrieben. „Es gab zumindest bis zum Vorfall nie Auffälligkeiten“, sagt eine der Schwestern. „Sie war immer sehr bedächtig, ich kann nichts Nachteiliges sagen“, so äußert sich eine Kinderärztin des Bayreuther Klinikums. Sieben Monate musste der kleine Raphael dort verbringen und die Angeklagte hatte ihren Sohn täglich aufgesucht und stundenlang gestreichelt und gekuschelt.

Ob das eigentliche Motiv für die Tat im privaten Umfeld der Frau zu suchen ist, müssen die Richter in den kommenden Tagen klären. Eine wichtige Rolle wird dabei auch der Vater der beiden Kinder, ein wesentlich älterer, aus Pakistan stammender Mann spielen. Man habe sich in der Disko kennen gelernt, sie habe ihn regelmäßig besucht und auch bei ihm übernachtet. Als die erste Schwangerschaft bekannt wurde, kam es wohl zu Schwierigkeiten. „Je näher die Entbindung rückte, desto weniger wurden die Treffen“, sagt die Angeklagte, die weder wusste, wie alt der Kindsvater genau ist, wann er Geburtstag hat, auch nicht, dass er schon einmal verheiratet war. Das habe sie erst später über die Stadt Pegnitz erfahren. Auch bei der Entbindung war der Mann nicht dabei.

Völlig überraschend kam es aber dennoch zu der zweiten Schwangerschaft. Man habe sich nur noch ein einziges Mal getroffen, beteuert die Angeklagte. Dabei muss es wohl passiert sein, denn fast genau neun Monate später kam Amelie zur Welt. Erst nach der Geburt soll der Vater überhaupt davon erfahren haben. Von Abtreibung sei nie die Rede gewesen: „Ich habe mich doch so auf das Kind gefreut“, beteuerte Melanie F. Während ihrer Aussage zeigt die junge Frau zu keinem Zeitpunkt  eine Gefühlsregung, weder zittert ihre Stimme, noch hat sie Tränen in den Augen. Allerdings räumt sie ein, ein schlechtes Gewissen zu haben. „Irgendwie wirkte sie immer recht traurig“, sagt eine der Betreuungsschwestern.

Der Prozess ist auf insgesamt sechs Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil soll noch vor Weihnachten verkündet werden. Geladen sind an die 20 Zeugen, zwei medizinische Sachverständige und ein Mitarbeiter des Bayreuther Jugendamtes.

09.12.2010

Gestörte Persönlichkeitsentwicklung und geistig weit zurück
Wegen Kindstötung angeklagte Melanie F. litt offensichtlich unter der dominanten Mutter

Bayreuth/Pegnitz – Die wegen Kindstötung angeklagte 22-jährige Melanie F. aus Pegnitz leidet an einer gestörten Persönlichkeitsentwicklung und ist geistig offensichtlich weit zurück. Am zweiten Verhandlungstag vor dem Bayreuther Landgericht berichtete ein Vertreter des Kreisjugendamtes, dass die Frau als lernbehindert eingestuft, von früheren Lehrern als lethargisch bezeichnet und von potenziellen Arbeitgebern, bei denen sie ein Praktikum ableistete, als „unbrauchbar“ eingestuft wurde.

Wie berichtet muss sich Melanie F. wegen des Todes ihrer erst sieben Tage alten Tochter Amelie und wegen der schweren Misshandlung ihres Sohnes Raphael verantworten. Die kleine Amelie soll von ihr am 10. Oktober 2009 so heftig geschlagen worden sein, dass das Kind noch am gleichen Tag in der Erlanger Universitätsklinik verstarb. Der ein knappes Jahr zuvor geborene Sohn Raphael soll nur zwei Tage nach der Geburt noch in den Räumen der Pegnitzer Sana-Klinik von der Angeklagten gepackt und so kräftig geschüttelt worden sein, dass der Junge eine massive Hirnschädigung erlitt und wohl auf Lebenszeit ein Schwerstpflegefall bleiben wird. Nach den Vorfällen wurde der Frau das Sorgerecht für das Kind entzogen und das Jugendamt als Vormund eingesetzt. Raphael ist mittlerweile bei einem Pflegedienst untergebracht.

Zentraler Punkt der zweiten Verhandlungstages war die Dominanz der Mutter, unter der Melanie F. offensichtlich zeitlebens gelitten hatte. Eine Pegnitzer Frauenärztin berichtete beispielsweise, dass die Angeklagte nie ohne ihre Mutter erschienen sei. Melanie F. habe nie etwas gesagt, gesprochen habe ausschließlich die Mutter, so die Medizinerin. Die Mutter sei schon sehr dominant gewesen, sagte eine Kinderkrankenschwester vom Bayreuther Klinikum. Dort war der kleine Raphael nach der Misshandlung sieben Monate lang stationär untergebracht. Immer wenn ihre Mutter dabei war, sei die Angeklagte äußerst schweigsam gewesen. „Und wenn wir Melanie direkt gefragt haben, hat ihre Mutter geantwortet“, so die Krankenschwester.

Eine ähnliche Erfahrung musste der Vertreter des Bayreuther Kreisjugendamtes machen. Das eigentlich mit Melanie F. vorgesehene Gespräch habe nicht stattgefunden, sagte er. Die Angeklagte sei mit der Mutter erschienen, habe sehr einsilbig geantwortet und vor jeder Frage den Blickkontakt zu ihrer Mutter gesucht. Mit Kopfschütteln wurde von Prozessbeobachtern schließlich quittiert, dass Melanie F. nicht einmal alleine in die Disko durfte. Selbst im Tanzcenter Trockau, wo die Angeklagte den Vater von Raphael und Amelie kennen lernte, sei die Mutter stets an ihrer Seite gewesen.

Die Vernehmung der Mutter war am zweiten Verhandlungstag allerdings schnell beendet. Nachdem sich die Frau bereits bei der ersten Frage der Richter, wann sie von den Misshandlungen ihrer Tochter an dem kleinen Raphael erfahren habe, derart in Widersprüche verstrickte, machte sie plötzlich von ihrem Aussageverweigerungsrecht gebrauch.

Im krassen Gegensatz zu den Tatvorwürfen standen auch am zweiten Verhandlungstag zahlreiche Aussagen von Krankenschwestern und einer Hebamme, die Melanie F. als liebevolle und fürsorgliche Mutter, die sich beispielhaft um ihre Kinder gekümmert habe, beschrieben. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

13.12.2010

Säuglinge waren nicht zu beruhigen: Amelie musste sterben, Raphael wurde zum Schwerstpflegefall / 22-jährige Frau aus Pegnitz wegen Kindstötung und Misshandlung zu sechs Jahren Haft verurteilt

Bayreuth/Pegnitz – Wegen Kindstötung hat das Landgericht in Bayreuth die 22-jährige Melanie F. aus Pegnitz (Landkreis Bayreuth) zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die Frau hatte ihre kleine Tochter Amelie zehn Tage nach der Geburt im Oktober 2009 mindestens vier Mal mit dem Kopf gegen eine harte Unterlage gestoßen, so dass der Säugling noch am gleichen Tag in Folge mehrerer Schädelfrakturen verstarb. Nur ein knappes Jahr zuvor hatte die Auszubildende ihren drei Tage alten Sohn Raphael so heftig geschüttelt, dass das Kind ebenfalls schwere Kopfverletzungen erlitt und auf Lebenszeit ein Schwerstpflegefall bleiben wird. Ursache für beide Taten war, dass Melanie F. ihre schreienden Kinder ruhig stellen wollte. Für den Prozess waren überraschend nur vier der ursprünglich angesetzten sechs Verhandlungstage notwendig.

„Amelie hatte null Überlebenschance“, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein während der Urteilsbegründung. „Wenn jemand ein Kind mehrfach mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand schlägt, nimmt er den Tod billigend in Kauf“, so Eckstein weiter. Zum Zustand des kleinen Raphael, der mittlerweile bei Pflegeschwestern untergebracht ist, sagte der Richter: „Ein schlimmerer Pflegefall ist nicht denkbar.“ Das Kind müsse 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche betreut werden, es könne weder laufen, noch sprechen, noch essen, ja nicht einmal selbstständig atmen.

Zu Gute hielt das Gericht bei der Strafzumessung der jungen Frau, dass sie während der Taten in ihrer Steuerungsfähigkeit massiv eingeschränkt war. Hinzu kommt, dass Melanie F. einem Gutachter zufolge erhebliche Defizite in ihrer Persönlichkeit aufweist und geistig weit zurück liegt. Auch sei die junge Frau nie irgendwie aufgefallen, sie habe überangepasst und „auffällig unauffällig“ gelebt. Einziger negativer Punkt waren ihre schlechten Leistungen in der Schule. So musste Melanie F. die erste Klasse wiederholen, schaffte aber später keinen Hauptschulabschluss. Ihre Lehrstelle bei einer Textilreinigung erhielt sie über eine Trainingsmaßnahme der Arbeitsagentur, allerdings wurde auch diese Lehre nach der Geburt des kleinen Raphael abgebrochen.

Die junge Frau sei als Einzelkind überbehütet aufgewachsen, sämtliche Entscheidungen habe man ihr abgenommen, was dazu führte, dass Melanie F. auch nie ein Erfolgserlebnis besonderer Art erlebt hatte. Das Erlebnis der Geburt ihrer beiden Kinder sei sofort wieder zunichte gemacht worden, weil sie es nicht schaffte die weinenden Säuglinge zu beruhigen, erläuterte Richter Eckstein das Urteil.

Eine juristische Besonderheit ist es, dass Melanie F. nach dem wesentlich milderen Jugendstraftrecht verurteilt wurde, obwohl sie beim Tatkomplex in Zusammenhang mit dem Tod ihrer Tochter Amelie bereits 21 Jahre alt war. Eckstein begründete dies damit, dass die Angeklagte bei der Misshandlung von Raphael noch unter 21 war und beide Taten auf die gleiche Situation zurückzuführen sind.

In den Plädoyers hatten zuvor sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung von einer Tragödie gesprochen. Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz beantragte eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren und nannte die Taten grauenhaft. Verteidiger Stephan Schultheiß forderte eine Strafe von vier Jahren und plädierte nicht auf Totschlag, sondern auf Körperverletzung mit Todesfolge. Die Angeklagte habe aufgrund ihrer intellektuellen Defizite die Konsequenzen ihres Handelns nicht abschätzen können, sagte der Rechtsanwalt. Schultheiß sprach auch die gesellschaftliche Ächtung der Frau in einer Kleinstadt wie Pegnitz an. Viele Einwohner wüssten von den Vorfällen, es sei illusorisch, dass seine Mandantin jemals wieder in ihrer Heimatstadt Fuß fassen könne. Der zweite Verteidiger Hans Walter Hofmann sprach sich entschieden gegen eine immer wieder ins Spiel gebrachte Sterilisation der Frau aus. „So was hatten wir schon mal“, sagte Hofmann. Es müsse auch andere Möglichkeiten geben. Außerdem sei seine Mandantin aufgrund ihrer Einsichts- und Urteilsfähigkeit nicht in der Lage, die Konsequenzen einer Sterilisation abzusehen.

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09.11.2010

Vermeintlicher Nebenbuhler erstochen / Angeklagter 28-jähriger schweigt zum Prozessauftakt

Bayreuth – Wegen Mordes muss sich ein 28-jähriger Russlanddeutscher seit Dienstag vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Der seit 1994 in Deutschland lebende Mann soll am 28. März des vergangenen Jahres einem anderen Russlanddeutschen ein Messer in den Oberkörper gerammt haben. Dadurch erlitt das Opfer so schwere Verletzungen, dass es wenige Tage später verstarb. Motiv für die Tat ist aller Wahrscheinlichkeit nach Eifersucht. Obwohl der Lebensgefährte der 25-jährigen Freundin des Angeklagten im Gefängnis saß, war die Frau ein Verhältnis mit dem Mann eingegangen. Das spätere Opfer wollte ihn deshalb zur Rede stellen, hatte offensichtlich aber auch selbst Interesse an der jungen Frau. Zum Prozessauftakt machte der Angeklagte keine Angaben zur Tat, sondern lediglich zu seinen persönlichen Verhältnissen.

Demnach sei er trotz bestandenem Hauptschulabschluss relativ schnell auf die schiefe Bahn geraten, habe bereits im Alter von 13 Jahren Drogen konsumiert und mit 16 eine erste Jugendstrafe von 14 Monaten absitzen müssen. Die 25-Jährige, ebenfalls russischer Abstammung, habe er bei einer Drogentherapie im Bezirkskrankenhaus Bayreuth kennen gelernt. Nach der Therapie sei er bei der Frau eingezogen, was im Bekanntenkreis der 25-Jährigen für Unmut gesorgt habe. Trotz mehrerer Entgiftungen und weiterer Haftstrafen wegen Drogendelikten bezifferte der Angeklagte seinen Drogenkonsum zuletzt auf rund ein bis zwei Gramm Heroin pro Tag. Auch am Tattag habe er konsumiert und dazu Bier, Wein und vor allem Wodka getrunken.

Die junge Frau, die ebenfalls bereits mehrere erfolglose Therapien hinter sich hatte, machte in ihrer Zeugenaussage Gedächtnislücken geltend. Sie sei seit dem Vorfall psychisch total von der Rolle und könne sich kaum mehr an Einzelheiten zum Tattag erinnern. Sie wusste lediglich noch, dass sich das spätere Opfer wegen der Beziehung zum Angeklagten mächtig aufgeregt habe. Es habe ihm überhaupt nicht gepasst, dass sie mit dem Angeklagten zusammen war. Hintergrund dafür dürfte allerdings weniger die Sorge um ihr Wohlergehen gewesen sein, als vielmehr die Tatsache, dass sich auch der angebliche Beschützer ein Verhältnis mit der Frau ausgerechnet habe. „Das wollte ich aber nicht, ich habe ihn immer abblitzen lassen“, sagte die Zeugin.

Der Anklage zufolge soll die junge Frau zusammen mit dem 28-Jährigen und zwei weiteren Kumpels den Tattag über gezecht haben, bis das spätere Opfer dazwischen kam und eine Aussprache verlangte. Beide trafen sich dann vor dem Wohnhaus der Frau in der Bayreuther Innenstadt, zu dem der Angeklagte ein spitzes Küchenmesser mit einer acht Zentimeter langen Klinge eingesteckt hatte. Einer verbalen Auseinandersetzung folgte eine tätliche Auseinandersetzung, bis der Angeklagte in einer dunklen Hofeinfahrt völlig unvermittelt zugestochen haben soll.

Der Stich durchdrang Herzbeutel, Herzkammer und Herzkammerwand, was zum sofortigen Zusammenbruch des Mannes führte. Fünf Tage später verstarb er im Bayreuther Klinikum. Der Prozess ist insgesamt auf fünf Verhandlungstage angesetzt.

10.11.2010

Launig, aggressiv und unberechenbar: Zeugen lassen kein gutes Haar am späteren Opfer /  Kritik an Aussageverhalten von Russlanddeutschen

Bayreuth – Im Mordprozess vor dem Bayreuther Landgericht haben sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung am Freitag neue Beweisanträge gestellt. Demnach sollen weitere Zeugen gehört werden, durch deren Aussage die Tat möglicherweise in ein neues Licht gerückt werden könnte.

So soll der getötete 33-Jährige launig, aggressiv und unberechenbar gewesen sein. Zum Beweis dafür will der Verteidiger des angeklagten 28-Jährigen einen Mann vorladen lassen, den das spätere Opfer noch am Nachmittag vor seinem Tod blutig geschlagen haben soll. Zwei weitere Zeugen hatten zuvor von diesem Streit in ihren Aussagen berichtet. Grund für die Auseinandersetzung am Nachmittag des 28. März 2009 soll gewesen sein, dass der Angegriffene lediglich den Namen der Frau genannt habe, die damals mit dem Angeklagten zusammen war. Das Opfer hatte offensichtlich ebenfalls auf die Frau ein Auge geworfen. Im Raum steht außerdem die Frage, ob der Getötete am Tattag mit einem Messer bewaffnet war. Würden sich die Fakten so bestätigen, wäre zumindest der kaltblütige Mord seitens des 28-Jährigen in Frage gestellt.

Bislang geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Angeklagte dem 33jährigen in einem dunklen Hinterhof in der Bayreuther Innenstadt das Küchenmesser in den Oberkörper gerammt habe. Dadurch erlitt das Opfer so schwere Verletzungen, dass es wenige Tage später verstarb. Als Motiv für die Tat gehen alle Beteiligten bislang von Eifersucht aus. Obwohl der Lebensgefährte der 25-jährigen Freundin des Angeklagten im Gefängnis saß, war die Frau ein Verhältnis mit dem Mann eingegangen. Das spätere Opfer wollte ihn deshalb zur Rede stellen, hatte offensichtlich aber auch selbst Interesse an der jungen Frau. Sämtliche Beteiligten stammen aus Staaten der früheren Sowjetunion, leben aber bereits seit geraumer Zeit in Bayreuth.

Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz konterte am zweiten Verhandlungstag ebenfalls mit einem Beweisantrag, der darauf abzielt, den Arzt vorzuladen, der die Notoperation durchgeführt hatte, sowie den Mediziner, der die Obduktion an der Leiche vornahm. Die beiden Zeugen  könnten bestätigen, dass der Angeklagte den tödlichen Stich gezielt und mit großer Wucht auf das Herz seines Opfers geführt haben muss. Der Stich hatte damals Herzbeutel, Herzkammer und Herzkammerwand durchdrungen, was zur sofortigen Bewusstlosigkeit des Mannes führte. Fünf Tage später verstarb das Opfer im Bayreuther Klinikum.

Am zweiten Verhandlungstag kritisierten die Richter auch das Verhalten einiger Zeugen, die sowohl während der polizeilichen Ermittlungen, noch vor Gericht gar nichts, und wenn, dann nur das Nötigste aussagten. „Es wird gemauert, was das Zeug hält“, sagte einer der Richter. Der Vorsitzende Michael Eckstein nannte die Beziehung zwischen den Russlanddeutschen und der Polizei problembehaftet und vermutete die Ursache darin, dass Russlanddeutsche weder zu Polizei und Justiz, noch zu anderen staatlichen Behörden Vertrauen haben. Konkret wollten zwei Zeugen nichts über das Opfer wissen, obwohl sie den ganzen Nachmittag mit dem Mann zusammen waren. Erst durch langwieriges Nachfragen konnten die Richter den Zeugen einige Details zum Ablauf des Trinkgelages entlocken.

19.11.2010

Mordprozess: Angeklagter räumt Messerstich ein / Übermäßiger Alkoholgenuss als Grund für die Auseinandersetzung - Opfer war ebenfalls bewaffnet

Bayreuth – Im Mordprozess vor dem Bayreuther Landgericht hat der angeklagte 28-jährige Russlanddeutsche  am 4. Verhandlungstag erstmals Stellung zur Tat genommen. Er räumte dabei über seinen Verteidiger Norman Jakob ein, seinen 33-jährigen Widersacher, ebenfalls ein Russlanddeutscher, am 28. März des vergangenen Jahres mit einem Messer niedergestochen zu haben. Als Motiv nannte der Mann vorhergehende heftige Provokationen und Beleidigungen seitens des Opfers.

Er habe keinesfalls gezielt zugestochen, ließ der Angeklagte verlautbaren. Der Stich sei zudem erst dann erfolgt, als er in der Hand des Mannes ebenfalls ein Messer erblickte. Für den Zeitraum vor der Tat berichtete der Angeklagte von einem lustigen Nachmittag mit reichlich Alkoholgenuss im Kreis von anderen Russlanddeutschen. Die Stimmung sei erst gekippt, als ihn das spätere Opfer anrief und mit üblen Schimpfwörtern beleidigte. Daraufhin habe man sich vor dem Mietshaus in der Bayreuther Innenstadt getroffen, sei aber zunächst vom Hausmeister vertrieben worden. In einer Seitenstraße habe sich daraufhin eine Rangelei mit Schlägen und Tritten entwickelt, in deren Folge es zu dem verhängnisvollen Stich gekommen war.

Weitgehend im Dunkeln blieben dagegen noch immer die Gründe für die Feindschaft zwischen den beiden Männern. Bislang waren die Beteiligten von Eifersucht ausgegangen, denn obwohl der Lebensgefährte der 25-jährigen Freundin des Angeklagten im Gefängnis saß, war die Frau ein Verhältnis mit dem Angeklagten eingegangen. Das spätere Opfer habe ihm deshalb zur Rede stellen wollen, allerdings nicht ganz uneigennützig, denn der Mann hatte offensichtlich auch selbst Interesse an der jungen Frau. Dem widersprach der Angeklagte jetzt in seiner Einlassung. Von der Frau sei während der Auseinandersetzung keine Rede gewesen, mit ihr habe das alles nichts zu tun. Der Angeklagte nannte stattdessen den übermäßigen Alkoholgenuss als einzigen Grund für die Auseinandersetzung.

Interessante Details von den Ereignissen nach der Tat berichtete am 4. Verhandlungstag ein Beamter der Bayreuther Kriminalpolizei, die sofort nach der Tat eine nach dem Tatort benannte „Soko Humboldt“ gegründet hatte. So habe sich der Angeklagte bei seiner Festnahme in einem Schrank versteckt. Allerdings sei es damals noch nicht um Mord, sondern um ein Körperverletzungsdelikt gegangen, denn das Opfer war erst einige Tage nach dem Stich an den Folgen verstorben. Überführt werden konnte der Angeklagte in erster Linie durch Blutanhaftungen des Opfers an seinen Turnschuhen und seiner Jacke.

Der Polizist berichtete auch davon, dass in der Justizvollzugsanstalt die Gespräche zwischen dem Angeklagten und seinen Besuchern abgehört wurden. In einem Gespräch mit seiner Mutter hatte ihr der 28-jährige dabei gesagt: „Wenn ich ihm nicht zuvor gekommen wäre, dann hätte er mich erledigt.“ Er habe sich nur verteidigt. Zwar habe ihn sein Widersacher kein einziges Mal erwischt, „aber wenn er es getan hätte, dann wäre ich dran gewesen“.

26.11.2010

Konfrontation aus Machogehabe gesucht / 28-jähriger Russlanddeutscher muss zwölf Jahre ins Gefängnis – Staatsanwaltschaft hatte lebenslang gefordert

Bayreuth – Das Bayreuther Landgericht hat am Freitag einen 28-jährigen Russlanddeutschen wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Mann soll wegen seiner Alkohol- und Drogensucht außerdem auf unbefristete Zeit in einer geschlossenen Entziehungsanstalt untergebracht werden. Die Richter der ersten großen Strafkammer sahen es als erwiesen an, dass der 28-jährige im März des vergangenen Jahres in der Bayreuther Innenstadt im Streit einen 33-jährigen Nebenbuhler mit einem Messer erstochen hatte.

Eine Verurteilung wegen Mordes, wie sie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte, kam für das Gericht allerdings nicht in Frage. Zur Begründung sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein, dass dem Angeklagten kein direkter Tötungsvorsatz nachgewiesen werden könne. Der 28-Jährige habe nicht aus Eifersucht, sondern vielmehr aus Machogehabe die Konfrontation mit seinem späteren Opfer gesucht. Zum Tathergang erläuterte der Vorsitzende, dass der Russlanddeutsche sein späteres Opfer am späten Abend des 28. März 2009 in einer dunklen Hofeinfahrt in der Bayreuther Innenstadt mit einem wuchtig ausgeführten Messerstich ins Herz getötet habe. Passanten hatten den schwer verletzten Mann im März 2009 halb auf der Straße liegend gefunden und den Notarzt verständigt. Der Mann wurde sofort bewusstlos, wenige Tage später verstarb er im Bayreuther Klinikum.

Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz hatte zuvor eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes beantragt. Der Anklagevertreter sah die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe erfüllt. Heimtücke deshalb, weil er das arg- und wehrlose Opfer in einem dunklen Hinterhof gelockt und dort zu gestochen hatte. Als niedrige Beweggründe wertete es der Oberstaatsanwalt, dass der Mann mit dem Stich einen lästigen Nebenbuhler dauerhaft ausschalten wollte. Der Angeklagte habe befürchtet, dass es dem Opfer gelingen würde, ihm seine 35-jährige Freundin abspenstig zu machen, wenn er selbst in eine Therapie kommt oder wegen eines ausstehenden Haftbefehls ins Gefängnis muss. Da habe es für ihn nur einen einzigen Weg gegeben, nämlich seinen Konkurrenten dauerhaft auszuschalten, sagte Schmalz. Obwohl der Angeklagte unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen gestanden hatte, habe er „völlig kalt, klar denkend und zielgerichtet“ agiert.

Verteidiger Norman F. Jacob aus Würzburg plädierte dagegen auf Körperverletzung mit Todesfolge und beantragte eine Gefängnisstrafe von fünfeinhalb Jahren. Hilfsweise forderte der Rechtsanwalt das Gericht auch auf, zu prüfen, ob gegebenenfalls eine Notwehr vorliege. Es sei nicht auszuschließen dass sich sein Mandant bedroht gefühlt und entsprechend reagiert haben könnte. Dabei ging der Verteidiger auch davon aus, dass das spätere Opfer zu der Auseinandersetzung ein Messer mit sich führte und damit seinen Mandanten bedroht hatte. Außerdem sei das Opfer am Nachmittag vor der Tat durch aggressives Verhalten aufgefallen.

Der Angeklagte selbst hatte während des Prozesses angegeben, dass er keinesfalls gezielt zugestochen habe. Der Stich sei erst dann erfolgt, als er in der Hand des Mannes das Messer erblickte. Nun muss er nach dem Willen der Kammer zunächst zehn Jahre hinter Gitter, ehe er in der geschlossenen Anstalt untergebracht werden soll. Eine solche Maßnahme dauert in der Regel drei Jahre. Die Reststrafe könnte er unter Umständen dann erlassen bekommen.

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25.10.2010

Drogenkuriere haben sich aufgedrängt / Zwei Männer aus Bayreuth müssen sich wegen Handels mit Crystal Speed vor Gericht verantworten

Bayreuth – Einen schwungvollen Handel mit Crystal Speed sollen zwei Männer aus Bayreuth betrieben haben. Einem der beiden, 61 Jahre alt, lange als Gastwirt tätig und mittlerweile von Hartz IV lebend, wirft die Staatsanwaltschaft den gewerbsmäßigen Handel in acht Fällen mit insgesamt fast 900 Gramm vor. Der andere, 51 Jahre alt, gelernter Monteur und ebenfalls von Hartz IV lebend, soll als Drogenkurier fungierte und dafür jeweils zehn Prozent der aus Tschechien eingeschmuggelten Menge erhalten haben.

Obwohl der 51-Jährige in seinen polizeilichen Vernehmungen alles zugegeben hatte, zog er zu Beginn der Hauptverhandlung seine Aussagen völlig überraschend wieder zurück. Er sei damals verwirrt gewesen und habe sich zu Unrecht belastet, sagte der Mann und machte keine weiteren Angaben zu den Taten. Allerdings ließ der vorsitzende Richter Michael Eckstein bereits anklingen, dass das Mobiltelefon des Mannes überwacht und sein Handy geortet wurde. Nicht zuletzt war der 51-jährige wegen seines Geständnisses bei der Polizei auch nicht in Untersuchungshaft gekommen.

Ganz im Gegensatz zum mitangeklagten 61-Jährigen: er bezeichnete die Anklage als „teilweise frei erfunden, teilweise zutreffend“. Er sei mit dem anderen Mann mehrere Male in Tschechien gewesen, will dort aber lediglich Zigaretten, Schuhe und eine Jacke gekauft haben, weil es so kalt gewesen sei. Auch räumte der Angeklagte ein, dass man zusammen Drogen konsumiert habe.

Andere Punkte der umfangreichen Anklage gab der 61-jährige dagegen zu: Einer Bekannten habe er 4000 Euro gegeben und dafür 100 Gramm Crystal erhalten. Bei einer weiteren Bekannten waren es 2500 Euro für 50 Gramm. Bei beiden Frauen klappte die Einfuhr lediglich ein einziges Mal, beim zweiten Versuch wurden die Frauen jeweils festgenommen. Eine weitere Frau, die sich ihm aufgedrängt haben soll, Crystal Speed aus Tschechien zu besorgen, habe er 1800 Euro gegeben, seitdem habe er die Frau nie wieder gesehen.

In der Anklage ist unter anderem davon die Rede, dass der 61-Jährige im Tatzeitraum Sommer 2008 bis Frühjahr 2009 seinen Lebensunterhalt und insbesondere die Kosten für seinen Sportwagen aus den Einnahmen seiner illegalen Rauschgeschäfte bestritten habe. Allein aus den von ihm bezogenen Hartz-IV-Leistungen wäre ihm dies niemals möglich gewesen, so der Staatsanwalt.

Die Ehefrau des 51-jährigen mutmaßlichen Drogenkuriers sagte in ihrer Zeugenaussage, dass ihr Mann niemals Drogengeschäfte getätigt habe. Ihr Mann habe nicht einmal konsumiert. Weil die Frau das Gericht lautstark provozierte und nicht zuletzt ein dickes Strafgesetzbuch vor sich aufbaute, drohte ihr Richter Eckstein die Verhängung einer Ordnungshaft an. Hintergrund ist, dass eine Falschaussage im Raum stand. Die Frau hatte nämlich vor geraumer Zeit ihren Mann selbst wegen Drogengeschichten angezeigt, was sie jetzt bestritt, obwohl alles schriftlich vorlag. Sie habe damals nicht gewusst, was sie da unterschreibe, sagte sie, ehe sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gebrauch machte.

Einer Freundin soll sie sogar berichtet haben, dass sich ihr Mann wegen des Drogenkonsums gewaltig verändert hatte. Eine weitere Zeugin gab an, dass sie zusammen mit einer Bekannten Crystal Speed aus Tschechien eingeführt habe. Ihre Bekannte soll das Rauschgift später an den Angeklagten übergeben haben. Die Frau wurde wegen des Schmuggels mittlerweile rechtskräftig verurteilt.

Auf ein ziemlich professionelles Handeln deutete die Aussage eines Zollfahnders hin. So sei bei den Abhörmaßnahmen ziemlich konspirativ gesprochen worden. „Von Gift oder Giftgeschäften war nie offen die Rede“, so der Beamte.

Mit der Anhörung weiterer Zeugen wird die Verhandlung fortgesetzt.

26.10.2010

„Alter Kriminaladel“ soll erneut hinter Gitter / Staatsanwalt forderte sechs Jahre und neun Monate wegen Handels mit Drogen – Verteidigung plädierte auf vier Jahre

Bayreuth – Wegen des schwunghaften Handels mit Crystal Speed hat Staatsanwalt Michael Hofmann eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten gegen einen 61 Jahre alten Gastwirt aus Bayreuth gefordert. Der Anklagevertreter sah es als erwiesen an, dass der Mann in insgesamt 13 Fällen jeweils Mengen zwischen 20 und 115 Gramm mit Hilfe anderer Personen aus Tschechien einschmuggeln ließ, um sie in Bayreuth gewinnbringend zu verkaufen. Das Verfahren gegen einen ursprünglich mitangeklagten 51-jährigen Monteur aus Bayreuth, der in einigen Fällen als Drogenkurier mitgewirkt haben soll, wurde abgetrennt. Der Mann soll auf Antrag seines Verteidigers zunächst auf seine Schuldfähigkeit untersucht werden.

Staatsanwalt Hofmann sprach mit Blick auf den 61-Jährigen von „altem Kriminaladel“. Hintergrund sind insgesamt 17 Vorstrafen, die den Gastwirt seit 1973 insgesamt über 17 Jahre hinter Gitter gebracht hatten. Sein Vorstrafenregister reichte von der einfachen Trunkenheitsfahrt über Betrug und Körperverletzungen bis hin zum schweren Raub. Erst in den zurückliegenden Jahren waren auch zwei Drogendelikte dazugekommen, die wohl in seiner eigenen Sucht begründet sind. „Ich habe gedacht, ich hab´s im Griff, aber es wurde immer schlimmer“, kam der Angeklagte während der Verhandlung zur späten Einsicht.

Staatsanwalt Hofmann hielt die deutliche Strafe für absolut erforderlich und sagte: „Der Angeklagte ist nicht der nette Großvater, als der er sich hier gibt, sondern derjenige, der dafür gesorgt hat, dass die gefährliche Droge in Bayreuth unter die Leute kommt.“ Tatsächlich hatte er immer wieder junge Leute gefunden, die aufgrund ihrer eigenen Abhängigkeit bereit waren, die Kurierfahrten nach Tschechien zu unternehmen. Der Angeklagte habe es dabei relativ leicht gehabt, die jungen Leute von sich abhängig zu machen, so der Staatsanwalt. Insgesamt ging der Anklagevertreter von rund 640 Gramm Crystal Speed aus, die geringe Menge geht laut Gesetz bis zu fünf Gramm, ein Gramm hat einen Handelswert je nach Qualität von ungefähr 50 Euro.

Eine deutlich niedrigere Haftstrafe in Höhe von vier Jahren beantragte dagegen der Verteidiger des Gastwirts, Rechtsanwalt Hilmar Lampert aus Bayreuth. Als Grund dafür nannte er unter anderem das umfangreiche Geständnis seines Mandanten, ohne das nicht alle Taten so einfach nachzuweisen gewesen wären. Der Angeklagte hatte sogar einen Fall zugegeben, der so gar nicht in der Anklage stand. Rechtsanwalt Lampert regte auch an, in einigen Einzelfällen zu prüfen ob es sich um minderschwere Fälle handelt. Schließlich seien einige der Kuriere aus eigenem Antrieb gefahren und hätten bereits eigene Lieferanten in Tschechien gehabt. „Sie hatten das Know-how parat, um an derartige Mengen Crystal zu kommen“, sagte der Verteidiger und stufte den Tatbeitrag seines Mandanten in diesen Punkten als relativ gering ein.

Das Urteil wird die erste große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Michael Eckstein am Freitag um 12 Uhr verkünden. Der Prozess gegen den ursprünglich mitangeklagten 51-jährigen Monteur wird erst Mitte November nach Vorliegen eines fachärztlichen Gutachtens über dessen Schuldfähigkeit fortgesetzt.

29.10.2010

„Letztlich war es ein Nullsummenspiel“ / 61-Jähriger muss wegen Drogenhandels fünf Jahre ins Gefängnis

Bayreuth – Wegen des größtenteils gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Crystal Speed in nicht geringer Menge und in einer Vielzahl von Fällen hat das Landgericht am Freitag einen 61-jährigen Gastwirt aus Bayreuth zu fünf Jahren Haft verurteilt. Zusätzlich muss der Angeklagte noch eine einjährige Freiheitsstrafe aus einer früheren einschlägigen Straftat absitzen. Das Gericht ordnete gegen den Mann wegen dessen eigenen Hangs zu Drogen außerdem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. „Mit einer Entlassung vor Frühjahr 2016 sei nicht zu rechnen“, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein während der Urteilsbegründung.

Die Richter der Ersten Großen Strafkammer sahen es als erwiesen an, dass der 61-Jährige den schwungvollen Drogenhandel deshalb betrieb, um mit den Erlösen seine eigenen Konsum zu decken. „Letztlich war es ein Nullsummespiel“, so Richter Eckstein. Insgesamt listet die Anklage zwischen Dezember 2008 und April 2010 eine Vielzahl von Fällen auf, in denen der Mann meist Bekannte dazu brachte, den Stoff in Tschechien zu besorgen und nach Bayreuth zu transportieren. Die Übergabe fand in der Regel in einem Parkhaus an der Rosestraße statt.

Neben dem ursprünglich mitangeklagten 51-jährigen Bayreuther, dessen Verfahren wegen der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgetrennt und auf Mitte November vertagt wurde, waren dies in der Hauptsache junge Leute. Sie verfügten zwar über entsprechende Bezugsquellen im Raum Eger und über das entsprechende Know-how zum Drogenschmuggel, nicht aber über die finanziellen Mittel. Immerhin wird ein Gramm Crystal je nach Qualität in der Regel mit 50 Euro gehandelt. Das Geld stammte vom Angeklagten, als Lohn für die Fahrten und den Drogenschmuggel durften sich die inzwischen anderweitig verurteilten Kuriere stets einige Gramm behalten.

Nicht immer klappte der Schmuggel. Eine junge Frau wurde noch an der Grenze festgenommen, bei einer anderen hatte sich der mutmaßliche Dealer mit dem Geld auf und davon gemacht, ohne die versprochene Lieferung zu tätigen. Die Gründe für die Mitwirkung der Drogenkuriere waren dabei vielfältig. Der Freund einer der Frauen hatte Schulden beim Angeklagten, die sich die junge Frau mit dem Drogenschmuggel „abarbeiten“ wollte, in einem anderen Fall fühlte sich eine Frau dem Angeklagten verpflichtet, weil er sie mit einer Geldzahlung aus dem Gefängnis ausgelöst hatte.

Zu Lasten legte das Gericht dem 61-Jährigen die relativ hohen Mengen an Crystal Speed, insgesamt geht es um mehrere hundert Gramm, aber auch die zahlreichen Vorstrafen, die der Gastwirt bereits angesammelt hatte, über 17 Jahre seines Lebens musste er bereits hinter Gittern verbringen. Zu Gute hielten die Richter dem Angeklagten sein umfangreiches Geständnis.

Einmal mehr versäumte es Richter Eckstein nicht, eindringlich vor dem Konsum von Crystal Speed zu warnen. „Es sei unbegreiflich, dass dieser Stoff gerade in unserer Gegend eine solche Verbreitung findet“, sagte er. Die Folgen seien verheerend, sie reichten vom frühen Altern bis zur langfristigen Demenz.

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27.09.2010

Showdown unter der Hochbrücke: Kopf in Asphalt geprügelt / Sieben junge Männer sollen einen Widersacher niedergeschlagen und ihn schwerste Verletzungen zugefügt haben

Bayreuth – Wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch und einer ganzen Reihe anderer Straftaten müssen sich seit Montag sieben Männer im Alter zwischen 19 und 21 Jahren vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Die Angeklagten, darunter zwei gebürtige Pegnitzer, sollen am 9. August des vergangenen Jahres am ehemaligen Dehner-Parkplatz im Bayreuther Industriegebiet einen jungen Mann niedergeschlagen und ihm dabei schwerste Verletzungen zugefügt haben.

Die Situation glich einem Showdown: Etwa 30 Personen fanden sich an jenem Abend zwischen McDonalds und Hochbrücke ein, um eine eigentlich völlig nebensächliche Streitigkeit zwischen dem späteren Opfer und dem Hauptangeklagten, einem 19-jährigen Auszubildenden aus Bayreuth, zu schlichten. Doch anstatt einer Schlichtung lief die Situation vollkommen aus dem Ruder. Der 19-Jährige räumte zum Prozessauftakt ein, seinen Kontrahenten zu Boden geschlagen zu haben, dann sollen die anderen auf den Mann eingetreten und ihn dabei schwer verletzt haben. Unter anderem erlitt das Opfer eine Gehirnerschütterung zweiten Grades, eine Nasenbeinfraktur, zahlreiche Prellungen sowie Hautabschürfungen. Der junge Mann musste zur sofortigen intensiv-medizinischen Versorgung per Rettungswagen ins Klinikum gebracht werden.

Vorausgegangen war dem Hauptangeklagten zufolge eine völlig nichtige Streiterei vier Tage zuvor in einer Himmelkroner Diskothek. Es habe Eifersüchteleien um seine Ex-Freundin gegeben, berichtete der 19-Jährige, als plötzlich und unvermittelt das spätere Opfer dazwischen ging und ihm eine Ohrfeige verpasste. Eigentlich sei die Sache für ihn erledigt gewesen, als sich das Opfer am Tattag per SMS meldete, ihm drohte, provozierte und das Treffen im Industriegebiet vorschlug.

Zunächst fanden sich alle Beteiligten der Gruppe um den Hauptangeklagten auf dem nahe gelegenen Real-Parkplatz ein, um die Lage sondieren. Dann fuhren sie mit insgesamt acht Pkw in Richtung Dehner-Parkplatz, wo die „Opfergruppe“ bereits wartete. Zwei der Angeklagten sollen sogar mit Fahrrädern gekommen sein.

Die gewalttätige Auseinandersetzung hatte sich allerdings schnell aufgelöst, da irgendjemand die Polizei verständigte. Erst während der blitzschnellen Flucht wollen die Angeklagten bemerkt haben, dass sich ihr Opfer nicht mehr bewegt und aus dem Gesicht blutet. Der 19-jährige Hauptangeklagte stellte sich noch in der gleichen Nacht bei der Polizei, allerdings ließ er zuvor noch einen Baseballschläger, der sich im Kofferraum seines Wagens befand verschwinden. In einer SMS an seine Freundin hatte er dabei noch geprahlt, dass er es seinem Kontrahenten gezeigt und ihm „seinen Kopf in den Asphalt geprügelt“ habe. Drei der übrigen Angeklagten räumten zum Auftakt der Hauptverhandlung ein, jeweils einmal auf das Opfer eingetreten zu haben.

Ob bei dem Zusammentreffen auch eine Waffe im Spiel war, konnte bislang nicht geklärt werden. Die Angeklagten sagten unisono aus, dass sie keine so genannte PTB-Pistole gesehen hätten. Laut Staatsanwaltschaft soll der 21-jährige Angeklagte die Waffe gezogen und der gegnerischen Gruppe gedroht haben: „Jetzt schieß ich euch alle ab.“ Allerdings fanden die Ermittler in der Wohnung des 20-jährigen Mitangeklagten in Heinersreuth zwei verbotene Schlagringe und mehrere, ebenfalls nicht zugelassene pyrotechnische Gegenstände, die Fachleuten zufolge die Sprengkraft einer Handgranate gehabt hätten.

Für die Verhandlung sind zahlreiche Zeugen geladen, der Prozess ist auf insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt.

28.09.2010

Tätergruppe soll per Internet zu Vergeltung aufgerufen haben / Prozess um Showdown unter der Hochbrücke fortgesetzt

Bayreuth – Mit der Vernehmung zahlreicher Zeugen ist am Dienstag vor dem Landgericht die Verhandlung gegen sieben Männer im Alter zwischen 19 und 21 Jahren fortgesetzt worden. Wie berichtet sollen die Angeklagten einen 23-Jährigen Mann am 9. August des vergangenen Jahres am Dehner-Parkplatz nahe der Hochbrücke im Bayreuther Industriegebiet bewusstlos geschlagen, getreten und ihm dabei schwere Verletzungen zugefügt haben. Während der Auslöser für die Auseinandersetzung nach den Worten des vorsitzenden Richters Michael Eckstein immer mysteriöser wird, bestätigten am zweiten Verhandlungstag mehrere Zeugen, dass der angeklagte 21-jährige eine Schusswaffe mit sich führte und damit die Gruppe der Widersacher bedroht haben soll.

Offen ist bislang auch, warum so viele Personen, die Rede ist von mindestens 30 Leuten, am 9. August 2009 gegen 22 Uhr zur Hochbrücke kamen, um der Auseinandersetzung beizuwohnen. Einzelne Zeugen wollen aus einem Chatroom davon erfahren haben. Während sich eine 19-jährige Auszubildende aus Bayreuth sicher war, dass der 21-jährige Angeklagte im Internet dazu aufgerufen hatte, bestritt der Mann an jedem Sonntag überhaupt online gewesen zu sein. In dem Chatroom war von einer „Vergeltungsaktion“ die Rede, die durch ein gewaltverherrlichendes Musikvideo des Skandalrappers Sido offensichtlich noch untermauert werden sollte.

Während ein Teil der Anwesenden, zu denen das spätere Opfer gehörte, sich wohl immer dort traf, um gegenseitig die getunten Fahrzeuge zu bestaunen, fuhr der andere Teil mit den Angeklagten in insgesamt acht Fahrzeugen geschlossen auf, um das spätere Opfer zur Rede zu stellen, was schließlich völlig aus dem Ruder lief und in einer Gewaltorgie endete. Laut ärztlichem Attest erlitt das spätere Opfer nicht nur eine Gehirnerschütterung zweiten Grades, eine Nasenbeinfraktur, einen Rippenbruch, zahlreiche Prellungen sowie Hautabschürfungen, sondern verlor als Folge der Schläge und Tritte gegen den Kopf auch dauerhaft sein Riech- und Geschmacksvermögen.

Je nach Zugehörigkeit zur Täter, beziehungsweise Opfergruppe unterschieden sich am zweiten Verhandlungstag auch die Zeugenaussagen in Sachen Waffe. Plötzlich habe der 21-jährige die Waffe gezogen und gedroht, alle abzuknallen, sagte eine 22-jährige Bürokauffrau aus Bayreuth. Die Verlobte des Mannes räumte zwar ein, dass ihr Freund damals eine solche Waffe besessen habe, bezeichnete es allerdings als „völligen Schwachsinn“, dass er damit die Beteiligten bedroht haben soll.

Auslöser für die gewalttätige Auseinandersetzung waren nach derzeitigem Stand Eifersüchteleien um die Ex-Freundin des 19-jährigen Hauptangeklagten , die vier Tage vor der Tat in der Diskothek Halifax in Himmelkron dazu führten, dass das spätere Opfer dem Mann eine Ohrfeige verpasst haben soll. „Er sei mit der Trennung von seiner Freundin einfach nicht klar gekommen, so eine 20-jährige Freundin. Der 23-jährige bestritt die Ohrfeige bereits am ersten Verhandlungstag. Mehrere Zeugen bestätigten nun die Version des Opfers. Die beiden hätten sich zwar „angestresst“, sagte eine 19-jährige Auszubildende, von einer Ohrfeige hatte sie jedoch nichts gesehen.

29.09.2010

Vergeltungsaktion lief aus dem Ruder /  „Showdown unter der Hochbrücke“: Großfahndung der Polizei führte damals zur schnellen Aufklärung

Bayreuth – Von den sieben jungen Männern, die sich seit Montag vor dem Landgericht wegen gefährlicher Körperverletzung und zahlreicher anderer Straftaten vor dem Landgericht verantworten müssen, sollen offenbar nur fünf verurteilt werden. Gericht und Staatsanwaltschaft haben am mittlerweile dritten Verhandlungstag erkennen lassen, dass gegen die übrigen beiden, die zwei 19- und 20-jährigen gebürtiger Pegnitzer, keine Verurteilung erfolgen soll. Grund dafür ist, dass keiner der bislang vernommenen fast 25 Zeugen die beiden Männer der Schlägergruppe zuordnete. Nur einige wenige Zeugen wollen die beiden am 9. August des vergangenen Jahres überhaupt am Tatort Dehner-Parkplatz im Bayreuther Industriegebiet erkannt haben, so dass Staatsanwalt Thomas Goger sogar darauf verzichtete, die persönlichen Verhältnisse der beiden Männer zu erfragen.

Gleich zu Beginn des dritten Verhandlungstages entschuldigten sich vier der Angeklagten erstmals bei ihrem Opfer, einem 23-jährigen Mann, der in dem Prozess als Nebenkläger auftritt. Er habe nicht gewollt, dass es so ausartet, sagte der Hauptangeklagte, ein 19-jähriger Auszubildender aus Bayreuth. Sein mitangeklagter Bruder räumte in einer Erklärung ein, mehrfach gegen das am Boden liegende Opfer getreten zu haben und der angeklagte 21-jährige Bayreuther stellte gegenüber seiner ersten Einlassung klar, dass er an jenem Abend sehr wohl eine Pistole gezogen, damit aber niemanden bedroht hatte.

Wie berichtet sollen die Männer in einer Art Vergeltungsaktion wegen eines harmlosen Streits um eine junge Frau wenige Tage zuvor in der Diskothek Halifax, den 23-jährigen zu Boden geschlagen und ihn getreten haben, bis der Mann bewusstlos wurde. Er erlitt schwerste Verletzung, musste drei Wochen lang stationär behandelt werden und hat erhebliche Folgeschäden davon getragen.

Erstmals berichteten auch mehrere Polizisten von ihrem Einsatz auf dem Dehner-Parkplatz, wo sich damals regelmäßig die Tuning-Freunde mit ihren Fahrzeugen trafen, zu deren Gruppe das Opfer gehörte. Von chaotischen Zuständen sprach ein Beamter der Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt. Nahezu alle verfügbaren Polizisten der Stadt seien an jenem Abend im Einsatz gewesen, bestätigte ein weiterer Beamter. Der Aufwand hatte sich gelohnt, denn im Zuge einer sofort eingeleiteten Großfahndung konnte eine Streifenbesatzung kurz nach der Tat den Angeklagten der die Waffe mit sich führte im Stadtteil Hammerstatt stellen.

Am Rande des dritten Verhandlungstages wurde auch bekannt, dass gegen einen der Männer weitere Strafverfahren anhängig sind, unter anderem wegen Drogendelikten und wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz. Erst Anfang des Monats wurde der 21-jährige zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Die Verhandlung wird am Montag, 11. Oktober fortgesetzt. An diesem Tag soll auch das Urteil verkündet werden.

11.10.2010

Showdown unter der Hochbrücke: Opfer hatte Schutzengel / Fünf der ursprünglich sieben Angeklagten zu Jugendstrafen auf Bewährung verurteilt

Bayreuth – Wegen gefährlicher Körperverletzung hat das Landgericht am Montag zwei 19- und 20-jährige Männer aus Bayreuth jeweils zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Die beiden Männer hatten am 9. August des vergangenen Jahres zusammen mit drei weiteren Angeklagten einen 23-jährigen Mann aus Bayreuth brutal niedergeschlagen und dabei schwer verletzt. Das Opfer wird an den Folgen der Tat offenbar ein Leben lang zu tragen haben.

Ein weiterer Mitangeklagter aus Heinersreuth wurde deshalb ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und drei Monate und ein 20-jähriger serbischer Staatsangehöriger zu acht Monaten, jeweils auf Bewährung, verurteilt. Weil er an der Schlägerei zwar nicht beteiligt war, aber zeitgleich die Umstehenden mit einer Pistole bedroht hatte, wurde der fünfte Angeklagte zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Die übrigen beiden Angeklagten, einen 19-jährigen und einen 20-jährigen gebürtigen Pegnitzer sprach das Gericht frei, weil ihnen keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte. Ihre Unschuld sei erwiesen, bei ihnen handelte es sich offenbar um eine Verwechslung, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein.

Zu der Schlägerei am ehemaligen Dehner-Parkplatz nahe der Hochbrücke im Bayreuther Industriegebiet war es gekommen, weil einer der beiden Hauptangeklagten wenige Tage zuvor in der Himmelkroner Diskothek Halifax auf seine Exfreundin in Begleitung des späteren Opfers getroffen war. Dort war es auch zu einer Rangelei gekommen, die der 19-jährige Angeklagte nicht auf sich sitzen lassen wollte. Per SMS und in einem Chatroom verabredete sich die Gruppe deshalb für den Abend des 9. August, wobei die Angeklagten aufgerüstet mit Schlagringen, Nietenhandschuhen, einem Baseballschläger und einer Schusswaffe auftauchten. Nachdem das spätere Opfer der Aufforderung durch den 19-jährigen Angeklagten, sich zu entschuldigen, nicht nachgekommen war, knallte er dem 23-Jährigen seine Faust ins Gesicht, warf er den Mann  zu Boden und nahm ihn in den „Schwitzkasten“. Spontan traten die übrigen Angeklagten daraufhin auf ihr Opfer ein, währen der 19-Jährige seine Pistole in die Luft richtete und drohte, alle „abzuknallen“.

Man könne von Glück reden, dass der Mann überlebt hat, sagte Eckstein. Offensichtlich habe der Mann einen Schutzengel gehabt. Das Opfer erlitt unter anderem eine schwere Gehirnerschütterung, einen Nasenbeinbruch, eine gebrochene Rippe und büßte seinen Geruchs- als auch seinen Geschmackssinn ein. Der Mann musste fast ein viertel Jahr stationär und ambulant behandelt werden, verlor in der Folge seinen Arbeitsplatz und muss mit weiteren Operationen rechnen. Wegen des Verlusts von Geruchs- und Geschmackssinn sei die Lebensqualität des früheren Hobbykochs so stark eingeschränkt, dass er seit der Tat bereits zehn Kilo abgenommen habe, erklärte sein Anwalt Martin Strecker aus Bayreuth. Auch ein gewisser Grad der Behinderung sei dem Mann bereits zuerkannt worden.

Viel schlimmer als die ausgesprochenen Bewährungsstrafen, die alle nach Jugendstrafrecht erfolgten, dürften für die Verurteilten wegen der schweren Verletzungen mit Spätfolgen die finanziellen Auswirkungen wiegen. Einem so genannten „Adhäsionsantrag“ seitens des Opfervertreters, der einem Schmerzensgeld von nicht unter 20000 Euro sowie die Übernahme aller noch entstehenden Kosten im Zusammenhang mit der Tat vorsah, wollten die Verfahrensbeteiligten zwar nicht zustimmen. Im Hinblick auf ein folgendes zivilrechtliches Verfahren legte das Gericht des Streitwert allerdings vorsorglich auf genau die 20000 Euro fest. Damit stehe definitiv fest, dass das Opfer ein Schmerzensgeld bekommt, lediglich die Höhe müsse im späteren zivilrechtlichen Verfahren noch geklärt werden, so Richter Eckstein.

Im Hinblick auf das noch zu bestimmende Schmerzensgeld legte das Gericht allerdings schon mal Geldbeträge zwischen 1000 und 1800 Euro als Auflagen fest, die von vier der Angeklagten an das Opfer in Raten zu überweisen sind und die einem späteren Schmerzensgeld angerechnet werden sollen. Kommen sie dieser Forderung nicht pünktlich nach, müssen sie die ausgesprochenen Haftstrafen absitzen.

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17.08.2010

Schläge am Nachmittag – Freundin lag abends leblos im Bett / 48-jähriger Mann aus Bayreuth wegen Totschlags vor Gericht

Bayreuth – Weil er seine Freundin erschlagen haben soll muss sich ein 48-jähriger Mann aus Bayreuth seit Dienstag vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten. Während die Staatsanwaltschaft von Totschlag ausgeht, kann sich der Angeklagte das Geschehen nicht erklären. Er räumte zwar ein, die 44-Jährige mehrfach mit der flachen Hand in das Gesicht geschlagen zu haben, einen Zusammenhang zu ihrem Tod am gleichen Abend wollte er im Gegensatz zur Anklage jedoch nicht herstellen.

Der Hartz-IV-Empfänger, der zuletzt auch als Ein-Euro-Jobber bei einem Sozialdienst tätig war, hatte am Nachmittag des 7. November zusammen mit der Freundin und seiner geschiedenen Ehefrau in der Wohnung des späteren Opfers gezecht. Dabei sei es immer wieder zu Streitigkeiten gekommen, bis der Angeklagte vor den Augen seiner Ex-Frau auf die Freundin einschlug. Sie habe daraufhin starkes Nasenbluten bekommen und sei im Laufe des Nachmittags mehrfach gestürzt. Erst am späten Abend hatte sie sich zu Bett gelegt und war eingeschlafen. Die Ex-Frau fuhr derweil mit dem Taxi nach Hause. Als der Angeklagte ebenfalls zu Bett gehen wollte, habe er die Freundin noch einmal gekitzelt. Weil es keine Reaktion gab und der Körper der Frau kalt war, hatte er in Panik die Ex-Frau angerufen. „Ich wusste, da passt was nicht“, sagte der Angeklagte zum Auftakt der Verhandlung. Tatsächlich konnte ein herbeigerufener Notarzt nur noch den Tod der 44-Jährigen feststellen.

Im Mittelpunkt des ersten von drei angesetzten Verhandlungstagen stand unter anderem der starke Alkoholgenuss aller Beteiligten. Während der Angeklagte als notorischer Säufer bekannt war und bereits mehrere Entzugsmaßnahmen hinter sich hatte, soll auch die Freundin kräftig dem Alkohol zugesprochen haben. Stürze und Orientierungslosigkeit seien bei der Frau nichts Besonderes gewesen, sie soll deshalb auch zahlreiche Narben gehabt haben. Auch von einem Rettungseinsatz war die Rede, bei dem der Frau weit über vier Promille Alkohol im Blut nachgewiesen wurden. Probleme mit dem Alkohol scheint schließlich auch die 61-jährige Ex-Frau des Angeklagten gehabt zu haben. Sie brachte es an jenem 7. November während der insgesamt fast zehn Stunden, die sie sich in der Wohnung des späteren Opfers aufhielt, auf satte drei Promille.

Dennoch belastete sie den Angeklagten in ihrer Zeugenvernehmung schwer. Er soll seinem späteren Opfer an jenem Nachmittag sogar angedroht haben, dass er sie erschlägt, wenn sie weiterhin seinen Auszug aus der Wohnung fordere. Dennoch habe die Freundin immer wieder kundgetan, dass sie den Angeklagten nicht mehr ertrage und mit dem Rauswurf gedroht. „Ich dachte mir noch, die spielt mit ihrem Leben“, will sich die Ex-Frau genau erinnern. Sie selbst war zwischen 1986 und 2000 mit dem Angeklagten verheiratet, aus der Ehe war ein Sohn hervorgegangen. Die Scheidung sei in erster Linie wegen der ständigen Gewalttätigkeiten erfolgt. Der Angeklagte sei völlig unberechenbar gewesen, deshalb sei sie auch insgesamt vier Mal ins Frauenhaus geflüchtet, allerdings hatte sie entsprechende Anzeigen aus Rücksicht auf das Kind immer wieder zurückgezogen. Nüchtern sei der heute 48-Jährige in den 14 Jahren Ehe nicht ein einziges Mal gewesen. Wegen der ständigen Schläge habe sie angeblich schon mit ihrem eigenen Leben abgeschlossen gehabt. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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18.08.2010

„Konsequenz seines bisherigen Lebens“ / 48-jähriger Bayreuther muss wegen Körperverletzung mit Todesfolge sechseinhalb Jahre ins Gefängnis

Bayreuth – Wegen Körperverletzung mit Todesfolge muss ein 48-jähriger Mann aus Bayreuth sechseinhalb Jahre ins Gefängnis. Die Erste Große Strafkammer des Bayreuther Landgerichts sah es als erwiesen an, dass der Hartz-IV-Empfänger während eines ausgiebigen Zechgelages dermaßen massiv auf eine Freundin eingeschlagen hatte, dass die Frau wenige Stunden später verstorben war.

Der Mann hatte am Nachmittag des 7. November 2009 zusammen mit der Freundin und seiner geschiedenen Ehefrau ausgiebig Schnaps, Bier und Wein konsumiert. Dabei war es immer wieder zu Streitigkeiten gekommen, unter anderem deshalb, weil die Frau den Mann aus ihrer Wohnung werfen wollte. Schließlich schlug der Angeklagte vor den Augen seiner Ex-Frau auf die 44-Jährige mehrfach ein. Sie hatte daraufhin starkes Nasenbluten bekommen und war mehrfach gestürzt. Erst am späten Abend hatte sie sich zu Bett gelegt und war eingeschlafen. Wenig später merkte der Angeklagte, dass die Frau nicht mehr reagiert und ihr Körper immer kälter wird. Ein herbeigerufener Notarzt konnte daraufhin nur noch den Tod der Frau feststellen.

Das Urteil sei Konsequenz des bisherigen Lebens des Angeklagten, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Über Jahrzehnte hinweg habe er vor allem seine Partnerinnen massiv geschlagen. Der Richter verwies auf einen rechtsmedizinischen Gutachter, der die Gewalteinwendung gegen den Kopf der Frau als Ursache für deren Tod bezeichnete. Besonders schwer wog für das Gericht die massive Vorgehensweise gegen das ohnehin von Krankheit gezeichnete 44-Jährige Opfer.

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Haftstrafe von zehn Jahren wegen vollendeten Totschlags beantragt. Der Angeklagte habe mit dem Tod der Frau rechnen müssen, sagte Staatsanwältin Patricia Finkenberger. Er habe damit ihren Tod billigend in Kauf genommen. Verteidiger Herbert Gabler aus Pegnitz plädierte dagegen auf Körperverletzung mit Todesfolge in einem minderschweren Fall und forderte eine Haftstrafe von drei Jahren. Gabler sprach von einer tragischen Situation und von einem bedauernswerten Übergriff, der sich aber letztlich nicht mehr exakt darstellen lasse. Unbestritten sei, dass sein Mandant zugeschlagen habe, jedoch habe der Angeklagte nicht im Entferntesten daran gedacht, dass die Frau in der Folge davon sterben könne.

Zuvor hatte ein Sachverständiger vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Erlangen zentrales Organversagen infolge schwerer Einblutungen als Todesursache der 44-jährigen Frau ausgemacht. Der Rechtsmediziner war zu dem Schluss gekommen, dass das Verletzungsbild der Frau nicht mit Ohrfeigen zusammenpasst, die der Angeklagte eingeräumt hatte. Ursache der frischen Verletzungen müssen vielmehr mehrere massive Faustschläge gewesen sein, so der Sachverständige. Er schloss auch aus, dass die zahlreichen Einblutungen am Kopf von einem oder mehreren Stürzen herrührten. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Die Alkoholkonzentration des Opfers zum Todeszeitpunkt gab der Mediziner mit 3,7 Promille an. Der Angeklagte hatte bei seiner Festnahme 2,3 Promille, was für eine verminderte aber nicht für eine aufgehobene Schuldfähigkeit spreche. Außerdem wies das Bundeszentralregister bereits 16 Vorstrafen auf dem Konto des Angeklagten auf, davon die meisten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheitsfahrten, vorsätzlichem Vollrausch und Unfallflucht.

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19.07.2010

Rechtsanwalt wegen Parteiverrats vor Gericht / Kein strafbares Verhalten auch in zweiter Instanz

Bayreuth – Parteiverrat ist der schlimmste Vorwurf, der einem Rechtsanwalt gemacht werden kann, denn er kratzt an den Grundfesten von Berufsethos und Standesehre. Ein Rechtsanwalt aus Pegnitz musste sich bereits in zweiter Instanz vor dem Landgericht in Bayreuth wegen Parteiverrats verantworten. Nachdem er bereits in erster Instanz freigesprochen wurde, zog die Staatsanwaltschaft auch diesmal den Kürzeren und nahm die Berufung nach rund vierstündiger Verhandlung wieder zurück.

Vorhergegangen war ein eindringlicher Appell des vorsitzenden Richters Werner Kahler. Eine Berührung zweier Mandantenverhältnisse liege im vorliegenden Fall auf der Hand, deshalb habe die Sache schon „a weng a Gschmäckla“. Ein Verhalten von strafrechtlicher Bedeutung sei jedoch nicht zu erkennen, dafür reiche die Beweislage nicht aus. Im Zweifelsfall könne man allenfalls einen unvermeidbaren Verbotsirrtum nicht ausschließen.

Der Pegnitzer Anwalt hatte vor Jahren zwei Mandanten vertreten, die miteinander in einen Rechtsstreit verwickelt waren. Einmal einen früheren Bankkaufmann aus Selb wegen eines groß angelegten Anlagebetrugs, zum anderen eine Frau aus Eckersdorf, die Ansprüche aus angeblichen Vermittlungstätigkeiten gegen den Mann aus Selb geltend machte. Der Pegnitzer Anwalt hatte die Frau in erster Linie zur Konsolidierung ihrer finanziellen Verhältnisse betreut, später aber auch die strafrechtliche Vertretung des Bankkaufmanns, der vom Landgericht Hof zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, übernommen. Beide Tätigkeiten führten unvermeidlich zu einer Interessenskollision und seien nicht miteinander vereinbar, meinte die Staatsanwaltschaft.

Nachdem sich der Anwalt einem Strafbefehl in Höhe von 12000 Euro widersetzt hatte, war es vor rund einem Jahr zu einer Verhandlung vor dem Amtsgericht in Pegnitz gekommen, die mit einem klaren Freispruch für den Rechtsanwalt endete. Damit hatte sich die Staatsanwaltschaft nicht zufrieden gegeben und Berufung eingelegt. Noch einmal mussten die beiden Mandanten vor Gericht aussagen, noch einmal musste der Rechtsanwalt ausführlich Stellung nehmen.

Er habe sehr genau geprüft, ob die Verteidigung des Mannes und gleichzeitig die zivilrechtliche Vertretung der Frau möglich seien, sagte der Anwalt. Wenn er zu einem positiven Ergebnis gekommen sei, dann deshalb, weil bei der Verteidigung der Fall der Frau ausdrücklich ausgeklammert wurde. Dennoch hatte die Frau ihren Anwalt den Laufpass gegeben und Beschwerde bei der Anwaltkammer in Bamberg eingelegt, als sie bei einem Besuch in der Pegnitzer Kanzlei einen Stoß Akten mit dem Namen des Bankkaufmanns entdeckte.

Nachdem sich die Frau, ähnlich wie bereits in erster Instanz, kaum mehr an den Fall erinnern konnte oder mochte, äußerte Richter Kahler unverblümt den Verdacht, dass auch bei der Zeugin eine „Verstrickung in irgendwelche krumme Geschichten“ nicht auszuschließen sei. Allein für die Vermittlung von potenziellen Anlegern soll die Frau Forderungen gegenüber dem Mann in Höhe von über 70000 Euro geltend gemacht und teilweise sogar erhalten haben. Der Bankkaufmann hatte die Anleger hintergangen, indem er mit den eingegangenen Geldern nach klassischer Art und Weise Löcher aus früheren Verlusten gestopft hatte und die Anleger mit gefälschten Kontoauszügen ruhig stellte. Somit musste sich die Kammer auf die Aussage des heute 60jährigen Bankkaufmannes verlassen. Der bestätigte, dass ihm der Anwalt von Anfang an klar gemacht habe, nicht in Angelegenheiten der Frau für ihn tätig zu werden. „Der Fall war in der ganzen Geschichte außen vor“, sagte der Mann. Nicht zuletzt aus diesem Grund habe er sich auch in jedem Einzelfall ein separates Mandat übertragen lassen.

Damit war der Fall für das Gericht und später auch für die Staatsanwaltschaft als Beschwerdeführer klar. Ein wenig komisch mute das ganze schon an, schließlich waren die handelnden Personen ja identisch, sagte Richter Kahler. Für eine Verurteilung wegen Parteiverrats reichten die Beweise aber in keinem Fall aus. Nachdem bereits die erste Instanz dem Rechtsanwalt kein strafbares Verhalten nachweisen konnte, machte der Vorsitzende klar, dass auch die Kammer wohl zu keinem anderen Ergebnis komme. Staatsanwältin Gabriele Grätsch zog die Berufung daraufhin zurück.

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09.11.2009

Eine Million Euro mit falsch quittierten Rezepten ergaunert / Ehepaar aus Landkreis Kulmbach und Bayreuther Apothekerin wegen Betrugs in großem Stil vor Gericht

Vor dem Landgericht in Bayreuth hat am Montag ein Prozess gegen einen 41-jährigen Versicherungskaufmann aus Marktschorgast (Landkreis Kulmbach) wegen Betrugs in Millionenhöhe begonnen. Angeklagt sind auch die 40-jährige Ex-Frau des Beschuldigten und eine ebenfalls 40 Jahre alte Bayreuther Apothekerin. Der Anklage zufolge sollen sie mit falsch quittierten Rezepten jahrelang gemeinsam eine private Krankenkasse betrogen haben.

Das Marktschorgaster Ehepaar hat nach den Worten der Staatsanwältin von Juni 2004 bis August 2008 Rezepte für teure Medikamente zur Substitution des fehlenden Blutgerinnungsfaktors ihrer beiden Kinder eingereicht. Eine einzige Ampulle, beziehungsweise Spritze kostet dabei um die 1500 Euro, so dass monatlich pro Kind ein Betrag von cirka 23000 Euro anfiel. Mit Hilfe der Apothekerin sollen die Angeklagten die ordnungsgemäß verschriebenen Injektionen zu einem wesentlich niedrigen Preis bezogen und den Differenzbetrag einbehalten haben. Dadurch seien im Lauf der Jahre über 1,1 Millionen Euro zusammen gekommen. Aufgeflogen war das Trio offenbar durch eine Selbstanzeige der Ehefrau im Sommer des zurückliegenden Jahres.

Zum Auftakt der Hauptverhandlung räumte der Mann das Geschehen ein, bezifferte den Schaden jedoch geringfügig niedriger auf „nur“ 800000 Euro. „Die Sache ist aus dem Ruder gelaufen“, sagte der Versicherungskaufmann und berichtete von anfänglichen Bonuszahlungen in Höhe von bis zu steuerfreien 700 Euro monatlich, die ihm seitens einer Internetapotheke angeblich sogar mit Wissen und Zustimmung der Krankenversicherung gewährt worden seien.

Nachdem die Lieferungen über die Internetapotheke allerdings immer unzuverlässiger wurden habe er sich nach einer Apotheke vor Ort umgesehen. Dort habe er dann ohne Wissen der Versicherung über Bonuszahlungen beziehungsweise Skontoregelungen verhandelt. „Ich habe mir wenig Gedanken darüber gemacht“, räumte er ein.

Vom fehlenden Unrechtsbewusstsein zeugt in diesem Zusammenhang auch ein Brief an die Sparkasse, den der Angeklagte im Zusammenhang mit seiner Hausfinanzierung verfasst hatte. Darin war offen von Überschüssen aus Rückerstattungen seitens der Krankenversicherung die Rede.

Schließlich sei die Sache soweit ausgeufert, dass er von der Apotheke quittierte Rezepte bei der Versicherung einreichte, ohne jemals die entsprechenden Medikamente bezogen zu haben. Allein mit dieser Masche sind nach den Worten des vorsitzenden Richters Michael Eckstein rund 330000 Euro ergaunert worden.

Den Verbleib des Geldes erklärte der Angeklagte in erster Linie mit einem teueren Hausbau in Marktschorgast. Den Rest des Geldes will die Familie mit teueren Urlauben in Florida und auf den Bahamas, mit Skiurlauben in Vorarlberg und der Anschaffung eines teueren Wagens durchgebracht haben. Offensichtlich mit Blick auf seine geschiedene Ehefrau berichtete er auch von Bargeldabhebungen in Höhe von zusammen gut 200000 Euro. Auf Nachfrage des Gerichts beteuerte der Mann, nichts von dem Geld in Steueroasen gebunkert zu haben.

Die Verhandlung wird am Mittwoch mit weiteren Einvernahmen fortgesetzt. Richter Eckstein deutete bereits an, dass Bewährungsstrafen sowohl für den Angeklagten als auch für seine Exfrau wohl kaum mehr zu erreichen sein werden. Insgesamt sind für den Prozess fünf Verhandlungstage bis Ende November angesetzt.

11.11.2009

Keine Bonuszahlungen für teure Spritzen / Prozess um Millionenbetrug mit Medikamenten vor dem Landgericht in Bayreuth fortgesetzt

Vor dem Landgericht in Bayreuth ist am Mittwoch mit ersten Zeugenaussagen der Prozess um den Millionenbetrug mit Medikamenten fortgesetzt worden. Dabei sagte ein Mitarbeiter der privaten Krankenversicherung, die laut Anklage um 1,1 Millionen Euro geprellt worden war, aus, dass Bonuszahlen und Treuerabatte bei weitem nicht üblich seien. „Es ist das erste Mal, dass ich in meinem Berufsleben so etwas gesehen habe“, sagte der Mann, der eigens für seine Aussage aus Köln nach Bayreuth angereist war.

Wie berichtet hatte der angeklagte 41-jährige Versicherungskaufmann aus Marktschorgast angegeben, dass er anfangs mit Wissen und Zustimmung der Versicherung bis zu 750 Euro monatlich steuerfrei als Bonus von einer Internetapotheke dafür erhalten hatte, dass er die teueren Medikamente regelmäßig von dieser Apotheke bezog. Bei diesen Medikamenten handelt es sich um Spritzen zur Substitution des fehlenden Blutgerinnungsfaktors der beiden Kinder des angeklagten Ex-Ehepaars. Eine einzige Ampulle kostet dabei um die 1500 Euro, so dass monatlich pro Kind ein Betrag von cirka 23000 Euro anfiel.

Nachdem die Lieferung über die Internatapotheke angeblich nicht mehr geklappt hatte, suchte sich der Mann eine niedergelassene Apotheke in Bayreuth, deren Inhaberin sich nun ebenfalls wegen Betrugs vor Gericht verantworten muss. Anfangs habe die Versicherung dagegen protestiert, weil die Spritzen teuerer waren, doch nachdem der Angeklagte den Vorstandsvorsitzenden der Versicherung persönlich eingeschaltet und mit einer Veröffentlichung im Nachrichtenmagazin „Focus“ gedroht hatte, sei der teurere Preis doch erstattet worden, so der Mitarbeiter der Versicherung. Die Versicherung wusste zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, dass die Apothekerin die Injektionen zu einem wesentlich niedrigeren Preis herausgab, als sie quittierte und dass der Differenzbetrag von dem angeklagten Ehepaar einbehalten wurde. Bereits am ersten Verhandlungstag wurde bekannt, dass die Geschichte zuletzt so weit ausuferte, dass der Angeklagte von der Apotheke quittierte Rezepte bei der Versicherung einreichte, ohne jemals die entsprechenden Medikamente bezogen zu haben. So ist es auch zu erklären, dass im Zeitraum 2004 bis 2008 ein Schaden entstanden ist, den die Staatsanwaltschaft auf 1,1 Millionen Euro, der Angeklagte selbst auf rund 800000 Euro beziffert.

Für Überraschung sorgte die Aussage des Zeugen, dass sowohl die Apotheke als auch der Versicherte bereits Anfang 2007 aufgefordert wurde, die entsprechenden Lieferscheine vorzulegen. Beide Seiten hätten dies allerdings verweigert. Warum die Versicherung trotzdem weiter bezahlte, blieb in der Verhandlung offen. Auch über die Schadenswiedergutmachung will sich der Angeklagte bereits Gedanken gemacht haben. So soll der Erlös aus dem Hausverkauf dafür hergenommen werden. Darüber hinaus bot der Angeklagte der Versicherung einen Betrag von monatlich 500 Euro an.

Einen klaren Regelverstoß gegen die Apothekenbetriebsverordnung nannte am zweiten Verhandlungstag der Justitiar der Bayerischen Apothekerkammer das Vorquittieren von Rezepten, wie es die mitangeklagte Bayreuther Apothekerin praktiziert hatte. Neben einer Strafe steht deshalb auch die Zulassung der Frau auf dem Spiel. Wie bekannt wurde, hat die Frau ihre Apotheke nach dem Vorfall verkauft, sie ist aber weiterhin als Apothekerin beschäftigt. Die Verhandlung wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

17.11.2009

Millionenbetrug mit Medikamenten: Zwischen dem angeklagten Ehepaar tobt ein heftiger Rosenkrieg

Im Prozess um den Millionenbetrug mit Medikamenten hat am 3. Verhandlungstag am Dienstag vor dem Landgericht in Bayreuth erstmals die mitangeklagte Ehefrau des 41-jährigen Versicherungskaufmanns ausführlich ausgesagt. Wie berichtet soll das Ehepaar jahrelang mit falsch abgerechneten Rezepten für teuere Arzneimittel eine private Krankenkasse um einen Betrag von rund einer Million Euro betrogen haben.

Den Worten der 40 Jahre alten Arzthelferin zufolge habe ihr Ehemann stets das Sagen gehabt, Einblicke in die Konten und finanziellen Angelegenheiten habe ihr der Mann nicht gewährt. Die Frau berichtete von einem jahrelangen Martyrium mit Schlägen, Gewalttaten, außerehelichen Beziehungen des Mannes und immer wieder von finanziellen Problemen. Deshalb sei sie auch davon ausgegangen, dass die Bonuszahlungen für die teueren Spritzen ihre Richtigkeit haben. Ihr Mann habe stets beschwichtigt, dass alles in Ordnung sei.

Erst spät sei ihr klar geworden, dass sie der Versicherung Bericht erstatten müsste. Aus Angst vor ihrem Mann habe sie dies lange nicht getan, schließlich habe er sie bereits mehrfach geschlagen und auch schon die Treppe hinuntergestürzt, so dass sie erhebliche Verletzungen davon trug.

Warum dennoch gleichzeitig ein luxuriöses Haus mit Schwimmbad und allem drum und dran in Marktschorgast gebaut wurde, erklärte die Frau nicht. Angeblich habe sie sich nicht darum gekümmert, weil sie mit den Kindern beschäftigt war. „Ich habe mir nur um die Kinder Sorgen gemacht“, sagte die Angeklagte unter Tränen. Tatsächlich gab es bei einem der vier Kinder einen Verdacht auf einen bösartigen Tumor.

Deshalb musste sie die Zeit auch wochenlang in einer Leipziger Kinderklinik verbringen und habe sich um nichts weiter kümmern können. Die Ehe lief angeblich nur noch nebenher, die Geschichte mit den Rezepten habe sie einfach ausgeblendet. Während sie am Krankenbett des Kindes gewacht habe, sei ihr Mann mit dem Eishockeyclub nach Schweden verreist. Als sie einen anderen Mann kennen lernte, habe er einen Privatdetektiv auf diesen Mann angesetzt. Auch von einem Bahamas-Urlaub des Mannes zusammen mit den Kindern für insgesamt 30000 Euro ist die Rede.

Ob sämtliche Vorwürfe tatsächlich zutreffen, ließ das Gericht offen. Der Mann stellte allerdings klar, dass er seine Frau nur ein einziges Mal geschlagen hatte und das nur, weil sie mit einem Messer auf ihn losgegangen sein soll. Zur Selbstanzeige hatte die Frau das ganze deshalb im Sommer 2008 gebracht, weil am Ende bereits das Jugendamt eingeschaltet war und die Versorgung der Kinder mit den lebensnotwenigen Spritzen offenbar nicht mehr sichergestellt werden konnte.

„Das alles ist kein Rosenkrieg mehr, das ist eine Superrosenschlacht“, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Er ließ anklingen, dass die Frau aufgrund des aufwändigen Lebensstils mit Haus, Autos und Reisen auch ohne Einsicht in die Konten gemerkt haben müsste, dass dies alles nicht mehr mit einem normalen Verdienst hätte beglichen werden können. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

18.11.2009

Millionenbetrug mit Medikamenten: Ehepaar muss ins Gefängnis / Private Krankenversicherung um 1,1 Millionen Euro geprellt

Wegen Betrugs in einer Vielzahl von Fällen bei der Abrechnung teurer Medikamente mit einer privaten Krankenversicherung hat das Bayreuther Landgericht ein Ex-Ehepaar aus Marktschorgast im Landkreis Kulmbach zu Gefängnisstrafen verurteilt. Der angeklagte 41-jährige Versicherungskaufmann muss vier Jahre und drei Monate, seine frühere Ehefrau, eine 40-jährige Arzthelferin zwei Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Eine ebenfalls mitangeklagte Apothekerin kam mit einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren davon.

Die Eheleute waren auf teuere Spritzen für ihre an Hämophilie leidenden Kinder angewiesen. Dabei gaben sie Bonuszahlungen nicht an die Krankenversicherung weiter oder rechneten mehr Spritzen ab, als sie tatsächlich bezogen. Im Laufe von etwa vier Jahren war dabei ein Schaden in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro entstanden. Die Angelegenheit war erst durch eine Selbstanzeige aufgeflogen, die die Frau nach der Trennung von ihrem Mann erstattet hatte. Mit der Selbstanzeige begründete der vorsitzende Richter Michael Eckstein auch die unterschiedliche Strafzumessung bei dem Ehepaar.

Zu Lasten der Eheleute wertete das Gericht vor allem die Tatsache, dass beide sich mit dem Geld ein luxuriöses Leben finanziert hatten. So war in dem Prozess unter anderem ein Hausbau mit Schwimmbad für 500000 bis 700000 Euro zur Sprache gekommen, ebenso wie Luxusurlaube, etwa auf die Bahamas für 38000 Euro. Neben dem hohen Schaden wertete das Gericht zu Lasten der Angeklagten auch den langen Tatzeitraum und das gewerbsmäßige Handeln, das zu lukrativen Zusatzverdiensten von bis zu 60000 Euro pro Monat geführt hatte.

Dem von den Verteidigern vorgetragenen Argument, dass es die private Krankenversicherung den Eheleuten relativ leicht gemacht habe, trat der vorsitzende Richter entschieden entgegen. Betrug lebe stets von Leichtfertigkeit, Raffsucht und Dummheit. Gerade das könne man aber auf keinen Fall der Krankenversicherung vorwerfen, die mehrere Anläufe zur Kontrolle unternommen hatte, aber stets an dem Zusammenwirken aller Beteiligten gescheitert war. Den Angeklagten hatten diese Versuche der Versicherung, Licht ins Dunkel zu bringen, nicht als Warnschuss gedient. Als absolute Unverfrorenheit wertete es Eckstein, dass der Angeklagte im Zusammenhang mit dem Hausbau die monatlichen Zahlungen der Krankenversicherung gegenüber der Sparkasse auch noch als Zusatzeinnahme angegeben hatte.

Völlig unverständlich war für das Gericht auch, die Vorgehensweise der Apothekerin, die offensichtlich kein Buch über die Zahl der abgeholten Spritzen geführt hatte. Weil die Frau erst recht spät dahinter kam und außer einer Aufbesserung ihres Umsatzes keinen weiteren persönlichen Vorteil davon hatte, entscheiden die Richter auf die Aussetzung ihrer Strafe zur Bewährung.

Im Hinblick auf eine mögliche Berufung oder Revision stellte Richter Eckstein klar, dass alle drei Angeklagten noch gut davongekommen waren. In den zurückliegenden Monaten habe die gleiche Kammer einen früheren Kreisbrandmeister wegen Betrugs mit 300000 Euro Schaden und eine Frau, die den Fichtelgebirgsverein um 170000 Euro betrogen hatte zu jeweils zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Für Normalbürger, die sich nicht mit juristischen Fragestellungen befassen, seien derartige Unterschiede in der Strafzumessung oft nur schwer nachvollziehbar, räumte Eckstein ein. Keinesfalls aber sollten die Angeklagten glauben, dass sie es mit besonders harten Richtern zu tun gehabt hätten. Wenn die beiden Hauptangeklagten allerdings glaubten, sie würden mit Bewährungsstrafen davon kommen, so hätten sie eine völlige Fehlvorstellung von unserem Rechtssystem.

Offen lässt das Urteil, was nun mit den insgesamt vier Kindern des Paares werden soll. Ebenso unwahrscheinlich erscheint es, dass der Angeklagte nach Verbüßung seiner Haftstrafe jemals wieder in seinem Beruf als Versicherungskaufmann arbeiten kann. Die Apothekerin muss unter Umständen auch mit einem Entzug ihrer Zulassung rechnen.

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26.01.2009

Großbrand von Hainbronn: Keine Aussagen zur Sache / Staatsanwaltschaft will mutmaßlichen Brandstifter in die Psychiatrie einweisen

Bayreuth/Pegnitz. Zum Prozessauftakt um den Großbrand von Hainbronn hat der Angeklagte weder Angaben zu seiner Person, noch zu Sache gemacht. Ihr Mandant berufe sich auf sein Aussageverweigerungsrecht erklärten die beiden Verteidiger Johannes Driendl und Wolfgang Schwemmer zu Beginn der Verhandlung. Wie berichtet wird dem Mann vorgeworfen, in der Nacht vom 5 auf den 6. Juni des vergangenen Jahres das landwirtschaftliche Anwesen seines Bruders in Brand gesteckt und rund 700000 Euro Sachschaden verursacht zu haben. Der Mann soll an einer schweren Psychose leiden und deshalb schuldunfähig sein. Aus diesem Grund hat das Gericht darüber zu entscheiden, ob der Angeklagte auf Dauer in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden soll.

Sicher ist bislang nur, dass der Brand ein riesiges Ausmaß angenommen und die Feuerwehrleute viele Stunden lang in Atem gehalten hatte. „Es war schon von weitem zu sehen, was uns erwartet“, berichtete der Einsatzleiter der Feuerwehr. Mehrere Wehren, teilweise sogar aus der benachbarten Oberpfalz seien mit insgesamt rund 200 Kräften vor Ort gewesen, sagte der Mann. Aufgrund der engen Bebauung habe anfangs sogar die Gefahr bestanden, dass drei Wohnhäuser ein Raub der Flammen werden. Durch das Erschließen mehrerer separater Wasserquellen und das sofortige Kühlen der Wohnhäuser konnte die schlimmste Katastrophe aber gerade noch verhindert werden. Insgesamt seien drei Feuerwehrleute verletzt werden.

Ob der Angeklagte allerdings wirklich der Brandstifter war, dafür gibt es bislang noch keinen Beweis. Fest steht, dass der Mann nachts gegen 3 Uhr vor Ort war und als erster geschrieen habe: „Der Stodl brennt“. Auch die gellenden Schreie seiner Mutter hatten einige Anwohner gehört, da sie davon aus dem Schlaf gerissen wurden. Die psychische Erkrankung des 39 jährigen gelernten Industriekaufmanns war im Ort kein Geheimnis. Schon zwei Mal soll er sich in psychiatrischer Behandlung befunden haben, in Willenreuth soll er einige Zeit zuvor einmal mehrere Gullydeckel aus der Verankerung gerissen haben und aufgrund von Auffälligkeiten im Straßenverkehr wollte ihm das Landratsamt wohl zu einer Überprüfung seiner Fahrtüchtigkeit zwingen.

Kaum eine Rolle dürfte der damals stattfindende Milchstreik gespielt haben, obwohl sich der Angeklagte, der im Gegensatz zu seinem Bruder keine Landwirtschaft betreibt, unwahrscheinlich stark dabei engagiert hatte. So soll er eineinhalb Paletten Milch in Supermärkten aufgekauft haben, um das Angebot knapp zu halten. Auch habe er sich dagegen ausgesprochen, Milch wegzuschütten, was sein am Milchstreik beteiligter Bruder allerdings auch nicht getan hatte. „Wir haben gebuttert“, sagte der Bruder, der allerdings einräumte, dass dieses Thema den Angeklagten sehr aufgewühlt habe. Auch andere Motive schloss der 44-jährige Bruder aus. „Bei uns gibt es keine Wut und keinen Neid.“ Direkt gefragt, ob er der Brandstifter gewesen sei, habe ihm der Bruder bislang angeblich nicht.

Seit dem Brand scheint im Dorf allerdings Unfrieden zu herrschen. Das Verhältnis zu Nachbarschaft sei extrem schwierig, sagte der Bruder. Für einen Neubauplan habe er von den Nachbarn keinerlei Unterstützung erfahren. Einer der Nachbarn habe sogar den Antrag gestellt, dass an der Stelle des abgebrannten Stalles kein neuer entstehen dürfe.

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27.01.2009

Plädoyers im Hainbronner Brandstifterprozess: Staatsanwaltschaft forderte Einweisung des Angeklagten in die Psychiatrie

Bayreuth/Pegnitz - Im Prozess um den Großbrand von Hainbronn haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung am zweiten Verhandlungstag ihre Plädoyers gehalten. Anklagevertreter Thomas Goger hielt es für erwiesen, dass der 39-jährige Angeklagte am 6. Juni des vergangenen Jahres das landwirtschaftliche Anwesen seines Bruders in Brand gesteckt und dabei einen Sachschaden von rund 700000 Euro verursacht hatte. Weil der Mann unter einer paranoiden Psychose leidet, forderte der Staatsanwalt die dauerhafte Unterbringung des 39-jährigen Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die beiden Verteidiger Johannes Driendl und Wolfgang Schwemmer sahen dagegen die Schuld des Angeklagten nicht als erwiesen und forderten, den Antrag der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Der Angeklagte selbst hatte bislang jede Aussage verweigert.

Für Staatsanwalt Goger stand fest, dass der 39-Jährige den Tatbestand der schweren Brandstiftung begangen hat. Der Anklagevertreter räumte ein, dass die Beweislage schwierig sei, da weder ein Geständnis vorliegt, noch ein Zeuge den Mann bei der Brandstiftung gesehen hatte. Allerdings gebe es eine ganze Reihe von Mosaiksteinchen, die in der Gesamtschau keinen anderen Schluss zuließen, als den, dass der Angeklagte den Brand gelegt hat.

So hielt Goger unter anderem die Anwesenheit des Mannes zur Tatzeit am Brandort für erklärungsbedürftig, ebenso das Feuerzeug, das der Angeklagte in der Hosentasche hatte und seine Selbstbezichtigung nach der Tat. Auch der Staatsanwalt ging von einem akuten Krankheitsschub aus, die den Mann zu der Brandstiftung bewegt habe. Wegen einer paranoiden schizophrenen Psychose sei sowohl die Steuerungs- als auch die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten beeinträchtigt, wenn nicht aufgehoben gewesen, so dass der Mann für seine Tat nicht bestraft werden könne. Weil aber weitere rechtwidrige Taten in großem Ausmaß zu erwarten seien und der Angeklagte eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, beantragte Staatsanwalt Goger dessen Einweisung in die Psychiatrie.

Allein die Tatsachen, dass der Angeklagte damals ein Feuerzeug einstecken hatte und dass er sich nach der Tat während eines Krankheitsschubs einmal selbst bezichtigte reichten nicht aus, um den Mann zeitlebens in die Psychiatrie zu schicken, sagte Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth. Kein Indiz sei es, dass sein Mandant zur Tatzeit am Brandort gewesen sei, denn er sei praktisch immer dort gewesen. Der zweite Verteidiger Johannes Driendl nannte seinen Mandanten zwar krank und behandlungsbedürftig, für eine Brandstiftung sah allerdings auch er keinerlei Beweise. Wenn sich der 39-Jährige nach der Tat selbst bezichtigt hatte, so sei diese Aussage nicht verwertbar, einmal habe er damals unter einem akuten Krankheitsschub gelitten, zum anderen habe er sich mehrfach selbst widersprochen und mindestens genauso oft gesagt, dass er es nicht gewesen sei. Beide Verteidiger forderten deshalb in ihren Plädoyers, den Antrag auf Unterbringung zurückzuweisen. „Einige Puzzleteile reichen für die scharfe Waffe des Paragrafen 63 nicht aus“, sagte Schwemmer. Der Paragraf regelt die Unterbringung eines Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus.

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28.01.2009

Großbrand von Hainbronn:  Gericht hält Brandstiftung für erwiesen und schickt 39-Jährigen in die Psychiatrie

Bayreuth/Pegnitz – Wegen des Großbrandes von Hainbronn hat das Landgericht in Bayreuth einen 39-jährigen Industriekaufmann  zur Unterbringung auf unbestimmte Zeit in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann am 6. Juni des vergangenen Jahres das landwirtschaftliche Anwesen seines Bruders in Brand gesetzt hatte und damit einen Sachschaden in hohem sechsstelligem Bereich angerichtet hatte. Da der 39-Jährige unter einer schweren Psychose leidet und die Tat in einem akuten Krankheitsschub begangen hatte, kann er dem Gesetz zufolge nicht wegen Brandstiftung verurteilt werden. Er wird stattdessen in der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses in Bayreuth untergebracht und behandelt. Ob und wann der Angeklagte wieder auf freiem Fuß kommt, ist derzeit nicht absehbar.

Obwohl der 39-Jährige während der dreitägigen Verhandlung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte, sah das Gericht zahlreiche Mosaiksteine, die eindeutig für seine Täterschaft sprechen. Ausdrücklich nicht dazu gehört nach den Worten des vorsitzenden Richters Michael Eckstein die umstrittene Selbstbezichtigung des Mannes unmittelbar nach der Tat. Diese Aussage habe das Gericht nicht verwertet, stellte der Vorsitzende klar. Eindeutig gegen den Angeklagten spreche allerdings die Tatsache, dass er genau zum Zeitpunkt des Brandausbruchs nachts um drei Uhr vor Ort war und anschließend auch ein Feuerzeug in der Hosentasche des Nichtrauchers gefunden wurde. Für die Täterschaft des Mannes spreche auch sein extrem schlechter Gesundheitszustand zur Tatzeit. Vermutlich aus Ärger über ein vom Landratsamt zuvor gefordertes Fahrtauglichkeitsgutachten habe der 39-Jährige Tage vor dem Brand eigenmächtig seine Medikamente abgesetzt, was einen akuten psychotischen Schub zur Folge hatte. Schließlich gibt es nach den Worten des Richters weder Anhaltspunkte für einen technischen Defekt als Brandursache, noch für andere Personen, die zur Brandzeit am Tatort gewesen sein könnten.

Wie berichtet hatte der Brand im Kern des Pegnitzer Ortsteils Hainbronn einen verheerenden Schaden angerichtet. In der Antragsschrift wurde der Schaden auf rund 700000 Euro beziffert. 20 Rinder und Schweine waren in den Flammen verendet, mehrere benachbarte Gebäude waren stark in Mitleidenschaft gezogen worden, vier Personen, darunter zwei Feuerwehrleute, erlitten Rauchvergiftungen und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Nur mehrerer glücklicher Umstände sei es zu verdanken gewesen, dass die Schadensbilanz nicht noch größer ausgefallen war, sagte der Richter und verwies auf die günstige Witterung und die Tatsache, dass die Feuerwehr ausgezeichnet reagierte und sofort externe Wasserquellen zum Löschen erschließen konnte.

Mehrfach war in dem Prozess den Angeklagten betreffend von einer menschlichen Tragödie die Rede. Obwohl der Angeklagte nie mit Rauschgift zu tun hatte, weder Alkohol trank (sein Spitzname war „Limo“) und nicht einmal Zigaretten rauchte, sei bereits als Schüler ein erster Krankheitsausbruch festgestellt worden. Dennoch hatte der Mann sein Abitur mit ausgezeichneter Durchschnittsnote abgelegt und anschließend erfolgreiche eine Lehre zum Industriekaufmann durchlaufen. Erst vor wenigen Jahren war er auffällig geworden, als er im Pegnitzer Ortsteil Willenreuth sämtliche Gullydeckel aus der Verankerung riss und sich anschließend eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei lieferte. Diese Tat hatte einen ersten längeren stationären Aufenthalt in der Psychiatrie zur Folge.

Offensichtlich in keinem Zusammenhang steht die Tat mit dem damaligen Milchstreik, in dem sich der Angeklagte, obwohl er nicht landwirtschaftlich tätig war, ungewöhnlich stark engagiert hatte. So soll er sich darüber aufgeregt haben, dass Milch einfach weggekippt wird. Als eine Art Gegenstrategie hatte er palettenweise Milch von Discountern aufgekauft und in seiner Garage gebunkert.

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23.10.2008

Bomben statt Blumen: „Wollte mal kräftig auf den Tisch hauen“ / 64-jähriger Rentner wegen Anschlags auf eigene Ehefrau vor Gericht

Wegen eines Bombenanschlages auf seine Ehefrau muss sich seit Montag ein 64-jähriger Mann aus Kulmbach vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Zum Auftakt der Hauptverhandlung räumte der frühere Elektrotechniker und jetzige Rentner die Tat ein, bestritt aber den von der Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Mordversuch. Er habe lediglich „mal kräftig auf den Tisch hauen“ wollen, sagte der Angeklagte. Als Motiv für die Tat bezeichnete er die beabsichtigte Scheidung seitens der Frau.

Das Paar kannte sich bereits seit den 60er Jahren, heiratete 1975, aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, die mittlerweile erwachsen sind und ihr eigens Leben führen. „Wir waren eigentlich eine zufriedene Familie“, sagte der Angeklagte, der zuletzt beim Staatlichen Bauamt in Bayreuth beschäftigt war. Die Diskrepanzen begannen seiner Schilderung zufolge mit dem Bau eines stattlichen Hauses in Kulmbach, was auch der Grund für einige Entbehrungen gewesen sei.

Als der Mann im September 2006 in den Vorruhestand trat, kam es zur Eskalation. „Wir hatten uns auseinander gelebt“, sagte der Angeklagte, der seiner 55-jährigen Frau eine lockere Haushaltsführung und unnötige finanzielle Ausgaben vorwarf. Daraufhin hatte er das Haushaltsgeld zunächst gekürzt, später ganz gestrichen, so dass die Arzthelferin mit ihrem eigenen Einkommen für die Familie aufkommen musste.

In der Folge leitete die Frau bereits im Herbst 2006 das Trennungsjahr ein und bemühte sich um eine eigene Wohnung. Dennoch habe man gemeinsame Unternehmungen getätigt, behauptete der Angeklagte, was die Frau später in ihrer Aussage allerdings vehement bestritt. Als die 55-jährige im Februar 2007 endgültig begann, ihre Sachen zu packen, setzte er sie kurzerhand vor die Tür. Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich ein gemeinsamer Termin vor dem Familiengericht wenige Tage vor der Tat, in dem es um die künftigen Unterhaltszahlungen gehen sollte. „Dieser Termin war das Schlimmste, was ich mir bis dahin vorstellen konnte“, sagte der Mann. Ausgerechnet mit dem Menschen, mit dem er 30 Jahre lang alles geteilt habe vor dem Richter zu sitzen, habe er als schlimme Demütigung empfunden. „Für mich ist eine Welt zusammengebrochen“, so der Angeklagte, der offen zugab: „Ich habe das alles nicht verkraftet.“

Weil die Verhandlung mit einem Vergleichsangebot von monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 500 Euro endete und der Mann daraufhin offensichtlich weniger Geld zur Verfügung gehabt hätte als seine Frau, habe er „in irgendeiner Weise mal kräftig auf den Tisch hauen“ wollen. Er habe deshalb nächtelang ein übrig gebliebenes Silvesterfeuerwerk zerlegt, das Pulver in Röhren gefüllt und die Röhren mit Gießharz verschlossen. Dann sei er auf die Idee gekommen, die selbst gebastelte Bombe in den Rückensitz des Fahrzeugs seiner Frau einzubauen und über ein Handy ferngesteuert zur Explosion zu bringen. „Mir ist absolut unverständlich, wie ich dazu fähig war“, sagte der Mann, er habe sich in seiner Verzweiflung durch irgendetwas dazu gedrängt gefühlt.

Als die Frau am Abend des 17. März nach der Arbeit zu ihrem Auto ging, habe er die Fernzündung ausgelöst, doch es sei zunächst gar nichts passiert. Erst als er bereits auf dem Heimweg war, habe es einen riesigen Schlag getan, unmittelbar danach habe er schon das Martinshorn des Notarztes gehört. Er habe daraufhin beschlossen, sich das Leben zu nehmen. Doch dazu kam es nicht mehr, denn nur kurz nach der Tat war es bereits zum polizeilichen Zugriff gekommen.

Unter Tränen sagte die Ehefrau aus, dass ihr Mann stets bestimmend gewesen sei und sie am Ende immer mehr eingeengt und belästigt habe. Als es dann ums Geld gegangen sei, habe ihr Mann ein ziemlich aggressives Auftreten an den Tag gelegt. Für die Tat selbst fand die 55-jährige noch immer kaum Worte. Es habe einen riesigen Knall gegeben, alles habe gebrannt, sie habe keine Luft mehr bekommen und eine Passantin habe ihr den brennenden Mantel vom Leib gerissen. Noch heute leide sie erheblich unter den Folgen der Tat. Die Frau erlitt dabei Verbrennungen ersten Grades im Gesicht und an den Händen und befinde sich noch immer in therapeutischer Behandlung.

Nicht mit der Schilderung des Mannes übereinstimmen allerdings einige Details, die Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz und Nebenklagevertreter Alfons Eck aus Kulmbach zur Sprache brachten. So habe der Mann wenige Wochen vor der Tat seiner Frau zum Valentinstag einen Blumenstrauß mit einem Brief zukommen lassen, in dem unter anderem stand: „Unser Ende ist nicht weit!“ Keine Erklärung gibt es auch dafür, dass der Angeklagte die SIM-Karte des Handys nach der Tat weggeworfen hatte. Es liegt auf der Hand, dass er dies getan hatte, um Spuren zu verwischen. Unklar ist bislang auch die Herkunft der Feuerwerkskörper. So befinden sich in einem Kracher nur rund zehn Gramm Schwarzpulver, es wäre also eine riesige Menge notwenig, um zu den benutzten 800 Gramm zu gelangen. Doch sowohl die Frau als auch der Sohn sagten aus, dass an Silvester nie groß gefeuert worden sei.

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28.10.2008

Sprengstoffanschlag auf Ehefrau: Angeklagter wollte Ehefrau „mit technischer Lösung“ beseitigen - Kulmbacher Bombenleger soll elf Jahre hinter Gitter


Wegen des Bombenanschlags auf seine Ehefrau soll ein 64-jähriger Kulmbacher elf Jahre ins Gefängnis. Das hat Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz am 2. Verhandlungstag vor dem Landgericht in Bayreuth gefordert. Der Anklagevertreter sah es als erwiesen an, dass der Mann seine Ehefrau beseitigen wollte, weil ihr Verhalten alles das gefährdete, was er in jahrelanger Kleinarbeit erreicht hatte. Verteidiger Frank Stübinger sah dagegen einen Tötungsvorsatz als nicht gegeben an und plädierte lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung und dem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion auf eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Der Oberstaatsanwalt sprach von  einem erheblichen kriminellen Vorgehen und fand harte Worte für den 64-Jährigen. Der Mann habe nach einer „technischen Lösung“ gesucht, um seine Frau zu beseitigen. Als Grund dafür machte der Anklagevertreter die Tatsache aus, dass „das kleine Reich des Angeklagten“ mit immerhin vier Immobilien durch die Unterhaltsforderungen der Frau ins Wanken gekommen sei. Damit sei auch das Mordmerkmal der Habgier erfüllt.

Als zweites Mordmerkmal nannte Schmalz die Heimtücke. Der Angeklagte habe sämtliches Schwarzpulver, das verfügbar war, akribisch verarbeitet, um den Bombensatz herzustellen. Daneben habe er die Sprengsätze so geschickt in das Fahrzeug der Frau eingebaut, dass niemand etwas davon bemerkte. Wenn der Angeklagte, so wie er es behauptete, wirklich nur ein Zeichen habe setzen wollen, dann hätte es tausende andere Möglichkeiten gegeben. Erwiesen sah die Staatsanwaltschaft den versuchten Mord letztlich auch dadurch, dass der Angeklagte nach dem Auslösen der verhängnisvollen Explosion die SIM-Karte des Handys achtlos wegwarf, um Spuren zu verwischen.

Der Rechtsanwalt der Ehefrau, Nebenklagevertreter Alfons Eck aus Kulmbach schloss sich in seinem Plädoyer der Forderung des Staatsanwaltes nach einer Haftstrafe von elf Jahren an. Seine Mandantin habe den ständigen Druck ihres Mannes nicht mehr standgehalten und wollte aus der Ehe ausbrechen. Der Angeklagte habe dagegen Herr der Situation bleiben wollen und deshalb seinen Tatentschluss „konsequent und mit aller Entschlossenheit umgesetzt“. Eck: „Er wollte seine Frau bestrafen und zwar mit der härtesten Strafe, die er sich vorstellen konnte.“

Als nicht erwiesen stufte Verteidiger Frank Stübinger den Tötungsvorsatz ein. Der Angeklagte habe seine Frau nicht umbringen wollen, vielmehr sollten die Sprengsätze „wie eine Verpuffung aufgehen, bevor die Frau in das Auto einsteigt“. Als Beweis dafür führte der Verteidiger Passagen aus einem Gutachten des Landeskriminalamtes an, in denen es heißt, dass lebensgefährliche Verletzungen nicht zwingend Folge des Sprengsatzes sein mussten. Stübinger führte auch an, dass sein Mandant bislang ein straffreies Leben geführt und einer Schmerzensgeldzahlungen in Höhe von fast 11000 Euro zugestimmt hatte. Als so genanntes letztes Wort sagte der Angeklagte, dass er seine Tat von ganzem Herzen bereue.

Zuvor hatte ein psychiatrischer Gutachter dem 64-Jährigen volle Schuldfähigkeit attestiert. Es lägen keine Anhaltspunkte für irgendeine Beeinträchtigung vor, so der Gutachter. So sei weder das Bewusstsein, noch das Gedächtnis des Mannes auch nur ansatzweise gestört. Anhaltspunkte für eine psychiatrische Diagnose habe er nicht finden können. Im Gegenteil: Der Mediziner bescheinigte dem Angeklagten sogar eine überdurchschnittliche Intelligenz.

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28.10.2008

Revanche für erlittene Demütigung / Bombenanschlag auf Ehefrau: Rentner muss neun Jahre ins Gefängnis

Wegen versuchten Mordes hat das Landgericht in Bayreuth am Mittwoch einen 64-jährigen Rentner aus Kulmbach zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt. Die Richter der Ersten Großen Strafkammer sahen es als erwiesen an, dass der gelernte Elektrotechniker am 17. März dieses Jahres einen Bombenanschlag auf seine Ehefrau ausgeführt hatte.

Die 55-jährige Arzthelferin überlebte damals nur durch mehrere glückliche Zufälle. Zum einen besaß der VW Golf ein Schiebedach, das nach der Explosion sofort davon geschleudert wurde. Dadurch konnte die Druckwelle in dem Pkw rasch entweichen. Zum anderen ging aus nicht bekannten Gründen nur einer der beiden, in die Rückenlehne des Fahrersitzes eingearbeiteten Sprengsätze hoch. Außerdem kamen der Frau sofort Passanten zu Hilfe, die ihr die brennende Daunenjacke vom Leib rissen. Die 55-jährige wurde dennoch erheblich verletzt, erlitt zahlreiche Verbrennungen ersten Grades im Gesicht und an den Händen und leidet psychisch trotz mehrerer Therapien noch heute schwer unter den Folgen der Tat.

Der vorsitzende Richter Michael Eckstein wertete die Tat in seiner Urteilsbegründung als Revanche für die erfahrenen Demütigungen, die der Angeklagte wenige Tage zuvor bei einem Termin vor dem Familiengericht erfahren musste. Bei diesem Termin wurde der Unterhalt festgelegt, den er künftig an seine getrennt lebende Frau hätte zahlen müssen. Schon kurz nach dem Termin habe der Mann nach Ansicht des Gerichts den Entschluss gefasst, die Ehefrau mit Hilfe „einer technischen Lösung“ umzubringen. Den Tötungsvorsatz hielt das Gericht für erwiesen, weil der Angeklagte gleich zwei Zylinder mit Schwarzpulver befüllt hatte und den Sprengsatz in der Rückenlehne und damit nahe an allen lebenswichtigen Organen platziert hatte. Hätte er wirklich nur „auf den Tisch hauen“ wollen, hätte er die Bombe auch woanders platzieren können, so der Richter. Damit sei nicht nur der direkte Tötungsvorsatz erwiesen, auch das Mordmerkmal der Heimtücke sei damit erfüllt.

Besonders zu Lasten des Mannes werteten die Richter das äußerst massive Vorgehen des Angeklagten. Außerdem habe er nicht kalkulierbare Risiken für völlig unbeteiligte Passanten in Kauf genommen. Hätte die Frau beispielsweise nach der Detonation die Beherrschung über den Pkw verloren, dann hätten auch fremde Personen erheblichen Schaden nehmen können. Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz hatte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe in Höhe von elf Jahren wegen versuchten Mordes gefordert. Verteidiger Franz Stübinger sah den Todesvorsatz nicht als bewiesen an und plädierte wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion auf dreieinhalb Jahre Haft.

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02.07.2007

Geständnis: „Es ging alles so unheimlich leicht“ / Jochen S. wegen des Mordes an der Krankenschwester Monika F. vor Gericht

Wegen der Vergewaltigung und des Mordes an der Krankenschwester Monika F. aus Lanzendorf muss sich seit gestern der 36-jährige Schreiner Jochen S. vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Zum Prozessauftakt legte der einschlägig vorbestrafte Angeklagte, der erst wenige Wochen vor der Tat vorzeitig aus der Haft entlassen worden war, ein umfassendes Geständnis ab.

Der grausame Mord an der 39-jährigen Krankenschwester hatte die Öffentlichkeit monatelang bewegt und bundesweit heftige Diskussionen über die vorzeitige Entlassung von Sexualstraftätern und deren grundsätzliche Therapierbarkeit ausgelöst. Kein Wunder also, wenn auch jetzt die Öffentlichkeit großen Anteil an der Verhandlung nimmt. Bereits eine dreiviertel Stunde vor Verhandlungsbeginn waren sämtliche 60 Zuhörerplätze besetzt, wer jetzt erst kam, denn mussten die Justizbeamten wieder nach Hause schicken. Ebenso groß ist das Interesse der Medien. 40 Voranmeldungen von Journalisten, Fotografen und Kamerateams waren in der Pressestelle eingegangen, so viele wie nie zuvor im Bayreuther Justizpalast. Streng sind die Sicherheitsvorkehrungen, offensichtlich aus Angst vor Rachegelüsten. Wie auf einem Flughafen müssen alle Besucher des Gerichts an diesem Tag durch eine Sicherheitsschleuse, Taschen werden penibel durchsucht, Regenschirme müssen draußen bleiben.

Als der Angeklagte vorgeführt wird, steht er unter Polizeischutz. Die Atmosphäre im Gerichtssaal ist angeheizt, ein Zuhörer ruft dem Angeklagten ein unflätiges Wort zu. Umso mehr ist der vorsitzende Richter Michael Eckstein um Sachlichkeit bemüht. Er warnt die Zuhörer vor Zwischenrufen und nimmt die ständige Unruhe im Sitzungssaal gelassen hin. Nach der Feststellung der Personalien und der Verlesung der Anklage durch Staatsanwalt Werner Kahler ergreift als erster Verteidiger Herbert Gabler das Wort und trägt im Auftrag des Angeklagten eine fünfseitige Erklärung vor, die mit dem Geständnis beginnt: „Ich bekenne mich schuldig in allen Punkten der Anklage.“

Er habe bei seinem damaligen Arbeitgeber 1850 Euro unterschlagen und das Geld verspielt, heißt es in der Erklärung. Deshalb habe er bereits zwei Tage vor der Tat eine Frau in deren Auto überfallen, doch das Geld hatte nicht gereicht. „Es ging alles so unheimlich leicht und momentan folgenlos, dass ich mich selbst wunderte“, wird der Angeklagte zitiert. Deshalb habe er sich weiteres Geld durch einen neuen Überfall beschaffen wollen. Ziellos sei er dann am Morgen des 5. Oktobers durch die Stadt geirrt, bis er an den Autobahnkreisel im Industriegebiet Bayreuth-Nord kam und dort die Chance auf Verwirklichung seines Planes gesehen habe. „Ich kannte weder Auto, noch Insasse“, heißt es. Er habe die Autotür aufgerissen, sein Messer gezückt und Geld gefordert.

Daraufhin will der Angeklagte Monika S. zunächst zu einer Bankfiliale im Stadtteil St. Georgen, dann in St. Johannis gelotst haben. Beim ersten Mal habe Monika S. 300 Euro, beim zweiten Mal 1200 Euro abgehoben. „Damit war ich aus der finanziellen Klemme und fühlte mich irgendwie frei“, steht in der Erklärung. Erst daraufhin habe er Monika S. als Frau realisiert und ihr gesagt, dass er mit ihr schlafen möchte. Sie habe sich nicht gewehrt und so sei es auf dem Parkplatz der Eremitage zum Geschlechtsverkehr gekommen. Danach habe er Monika S. aufgefordert, sich in den Kofferraum zu legen, als plötzlich alles außer Kontrolle geraten sei. Grund dafür waren die panischen Schreie von Monika S. Er habe völlig durchgedreht, vier Mal zugestochen und sein Opfer mit dem Warndreieck schließlich erschlagen.

Nach der Verlesung dieser Erklärung beginnt die persönliche Befragung des Angeklagten durch den vorsitzenden Richter, die schließlich den gesamten Nachmittag dauern soll. Zuerst leise und kaum vernehmbar, aber mit der Zeit immer ruhiger und sachlicher spricht der Angeklagte. Mit der Zeit scheint er Zuhörer und Medien zu vergessen. Zwei Stunden dauert es, bis die wichtigsten und erschütterndsten Sätze fallen: „Sie fing plötzlich an zu schreien, ich wusste nicht, was ich tun soll, da habe ich zugestochen, vier Mal hintereinander, bis der Griff des Messer abgebrochen war.“ Emotionslos sagt Jochen S. diese Sätze, gerade so, als würde er über einen Ladendiebstahl plaudern. Er erzählt auch von seiner heute siebenjährigen Tochter, die knapp drei Wochen vor der Tat eingeschult wurde. Die Ehe mit der Mutter, ebenfalls eine Krankenschwester, war in die Brüche gegangen, als Jochen S. Ende 2000 16000 Mark von seinem damaligen Arbeitgeber veruntreute, das Geld verspielte und schließlich in Bamberg eine andere Krankenschwester überfiel, sie ausraubte und ebenfalls vergewaltigte. Die Zuhörer im Saal staunen über die auffälligen Parallelen zum Raub an Monika F. Acht Jahre und drei Monate bekommt er per Gerichtsurteil des Landgerichtes Bamberg dafür. Das letzte Drittel dieser Strafe bekommt er mit einer positiven Prognose auf Bewährung erlassen. Ein fataler Fehler, wie sie später herausstellen sollte.

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03.07.2007

Mordprozess gegen Jochen S.: Monika F. war ein Zufallsopfer / Alles deutet auf lebenslange Freiheitsstrafe hin

Auffällig unauffällig: mit diesen Worten hat Professor Norbert Nedopil, Professor für forensische Psychiatrie und bundesweit anerkannter Fachmann auf diesem Gebiet den Angeklagten Jochen S. charakterisiert. Am zweiten Verhandlungstag um den spektakulären Mord an der Krankenschwester Monika F. erstattete der Sachverständige zwei Stunden lang sein Gutachten und kam dabei zu dem Ergebnis, dass der 36-jährige Angeklagte für seine Taten voll verantwortlich und deshalb auch voll schuldfähig ist.

Persönlichkeitsstörungen im psychiatrischen Sinne schloss Nedopil genauso aus wie Psychosen, Abhängigkeitserkrankungen, seelische oder sexuelle Störungen. Den Worten des Gutachters zufolge sei auch das Risiko eines Rückfalls nicht zu unterschätzen. Der vorsitzende Richter Michael Eckstein zog daraus den Schluss, dass bei dem Angeklagten von einem Hang zu erheblichen Straftaten ausgegangen werden müsse. Eckstein gab deshalb auch gleich den so genannten rechtlichen Hinweis, dass bei Jochen S. eine besondere Schwere der Schuld in Betracht komme. Im Klartext deutet dies bereits auf das Urteil lebenslang mit anschließender Sicherungsverwahrung hin. Bereits am heutigen Mittwoch stehen ab 8.30 Uhr die Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklagevertretern und Verteidigung auf dem Programm. Eventuell kann bereits am späten Nachmittag mit einem Urteil gerechnet werden.

Zuvor hatten am zweiten Verhandlungstag vor dem Bayreuther Landgericht insgesamt acht Zeugen, darunter vier Polizeibeamte das Wort. Eine der zweifellos wichtigsten Aussagen lautete dabei: Monika. F. war ein Zufallsopfer. Trotz brodelnder Gerüchteküche war sich der polizeiliche Hauptsachbearbeiter in seiner Zeugenaussage ganz sicher. Der Kommissar beschrieb die genaue zeitliche Abfolge der Festnahme von Jochen S., die auf den Hinweis des Ehemanns der Getöteten erfolgt war. Der Ehemann ist in der sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt in Bayreuth tätig und hatte den Angeklagten zuvor dort fünf Jahre lang  betreut. Nachdem der Angeklagte nach seiner Festnahme die Tat zunächst geleugnet hatte, waren die Beamten in dessen Wohnung auf blutdurchtränkte Handschuhe, blutbesudelte Turnschuhe und ein blutbeflecktes Sweat-Shirt gestoßen. Vielleicht könne man Monika F. noch helfen sei der einzige Gedanke der Polizisten in diesem Moment gewesen, als der Angeklagte auf der Polizeiwache murmelte: „Der kann niemand mehr helfen.“ Damit hatte Jochen S. noch am Abend des Tattages indirekt gestanden. Der Zeuge beschrieb den Angeklagten zu diesem Zeitpunkt als teilnahmslos, in sich gekehrt und niedergeschlagen. Erst als die Beamten ihren letzten Trumpf ausspielten und die Identität des Opfers Preis gaben, sei Jochen S. sichtlich zusammengefahren.

Für die Beamten stand damit fest, dass Monika S. ein Zufallsopfer war, genauso wie die 47-jährige Rechtsanwältin aus Weiden, die der Angeklagte zwei Tage vor dem Mord an Monika F. in Bayreuth überfallen und ausgeraubt hatte. Die Frau war auf dem Weg zu einer ambulanten Operation ins Bayreuther Klinikum, als Jochen S. plötzlich völlig unvermittelt in den Wagen stieg und die Frau mit vorgehaltenem Messer zur Herausgabe von Bargeld und EC-Karten zwang. Obwohl er dabei nur 60 Euro und zwei Geldkarten samt PIN-Nummer erbeutete verließ der Angeklagte das Auto an der nächsten Ampel wieder. Eine sofort eingeleitete Großfahndung erbrachte kein Ergebnis.

Eine weitere Frau, ebenfalls zufällig Krankenschwester, war am Morgen des Tattages vielleicht nur knapp dem Tod entronnen, denn auch diese Frau aus Münchberg hatte an der Ampel halten müssen, an der Jochen S. sein späteres Opfer nur wenige Minuten darauf überwältigte. Sie habe erst im Rückspiegel, dann im Seitenspiegel ihres Wagens eine dunkle Gestalt gesehen, es mit der Angst zu tun bekommen und sei dann sofort losgefahren, berichtete die 29-Jährige, die auf einer anderen Station tätig war als Monika F. Der Angeklagte hatte diesen Vorfall bislang bestritten.

Fest steht nun auch, wie Monika F. zu Tode gekommen war. Laut Todesbescheinigung verstarb sie an einem offenen Schädel-Hirn-Trauma aufgrund stumpfkantiger Gewalteinwirkung. Im Klartext bedeutet dies, dass die Krankenschwester mit dem Warndreieck ihres eigenen Fahrzeugs erschlagen wurde. Die drei bis vier Messerstiche, die schwere Herz- und Leberverletzungen auslösten, hatten dem Sektionsprotokoll den Tod der Frau beschleunigt. Nachdem der vorsitzende Richter Michael Eckstein das Protokoll in sämtlichen Einzelheiten verlesen hatte, verlies die als Nebenklägerin anwesende Mutter gestützt auf eine Mitarbeiterin des Weißen Rings den Gerichtssaal.

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04.07.2007

„Bestialisch, grausam und kaltblütig“ / Lebenslang, besondere Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung: Jochen S. muss für den Rest seines Lebens hinter Gitter

Wegen der Vergewaltigung und des Mordes an der Krankenschwester Monika Fischer hat das Bayreuther Landgericht am Mittwochnachmittag den angeklagten Schreiner Jochen S. (36) zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zusätzlich dazu stellten die Richter die besondere Schwere der Schuld fest und ordneten die Unterbringung des Mannes in der Sicherungsverwahrung an. Damit dürfte Jochen S. nie mehr in Freiheit gelangen. Zuvor hatten sich Staatsanwalt, die Rechtsanwälte der Hinterbliebenen und auch der Verteidiger übereinstimmend für die letztlich auch verhängte Strafe ausgesprochen.

Um exakt 15.10 Uhr verkündete der vorsitzende Richter Michael Eckstein vor den Prozessbeteiligten, gut 60 Zuhörern und über 30 Journalisten das Urteil. Mucksmäuschenstill ist es zu diesem Zeitpunkt im Saal, obwohl das Urteil aufgrund der vorangegangenen Plädoyers ja praktisch feststeht. Zum ersten Mal während der dreitägigen Verhandlung hat auch der Witwer Andreas Fischer neben seinem Anwalt Platz genommen. Monika Fischer hinterlasse einen Mann und zwei unmündige Kinder im Alter von sechs und elf Jahren, so der Richter, der die tragischen Ereignisse noch einmal Revue passieren ließ. Jochen S. nahm das Urteil regungslos auf.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Jochen S. knapp vier Wochen nach seiner Haftentlassung aus dem LKW seines Chefs eine Geldtasche mit 1850 Euro entnahm und das Geld anstatt es zurückzugeben in Bad Steben verspielte. Als der Arbeitgeber das Geld zurückforderte habe sich der Angeklagte zu einem Überfall auf eine Autofahrerin entschlossen. In den frühen Morgenstunden des 5. Oktober 2006 stieg er daraufhin in den Wagen einer Weidener Rechtsanwältin, die gerade auf dem Weg zu einer Operation ins Klinikum war und am Hohenzollernring an einer roten Ampel halten musste. Mit vorgehaltenem Messer erbeutete Jochen S. 60 Euro und zwei EC-Karten und verließ den Wagen an der nächsten Ampel wieder. Nachdem sich seine finanzielle Situation trotz des Überfalls nicht entscheidend verbessert hatte, kam es nun zu dem verhängnisvollen Entschluss den Überfall auf eine Autofahrerin noch einmal zu wiederholen. Zufälliges Opfer wurde am Samstag, 7. Oktober 2006 die Krankenschwester Monika Fischer (39).

Der Angeklagte stieg diesmal an einer roten Ampel im Industriegebiet Bayreuth-Nord in ihren Ford Focus mit Kulmbacher Nummer, bedrohte sie mit einem 20 Zentimeter langen Messer und forderte sie auf, zunächst zu einer Bankfiliale im Stadtteil St. Georgen, danach in eine weitere Filiale in Aichig zu fahren. Obwohl seine Geldsorgen nun mit einer Beute von zusammen 1500 Euro erledigt waren, lotste er die Mutter zweier Kinder zum Parkplatz der Eremitage, um sie dort zu vergewaltigen. Als der Angeklagte Monika F. nach dem erzwungenen Geschlechtsverkehr in den Kofferraum ihres eigenen Wagens sperren wollte, geriet sie in Panik und schrie sie laut auf, was Jochen S. dazu bewog, ihr vier schwerwiegende Messerstiche in den Oberkörper zu versetzen. Unmittelbar danach schlug er Monika Fischer mit dem Warndreieck den Schädel ein. Der Angeklagte habe getötet, um die vorangegangenen Straftaten zu verdecken, sagte der Richter. Damit habe Jochen S. ein Mordmerkmal erfüllt.

Die Leiche der Frau versteckte der Angeklagte in einem schwer zugänglichen Waldstück nahe der Lohengrin-Therme, ihren Wagen stellte er im Stadtteil Neue Heimat ab. Noch am gleichen wurde Jochen S. festgenommen, der entscheidende Hinweis war von Ehemann Andreas Fischer gekommen, der als Justizvollzugsbeamter in der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Bayreuth fünf Jahre lang für den Angeklagten zuständig war. Dort hatte der Angeklagte eine Freiheitsstrafe wegen eines Überfalls auf eine Bamberger Krankenschwester im Jahr 2000 abgesessen. Der Angeklagte war damals ebenfalls zu der Frau ins Auto gestiegen, hatte sie beraubt und vergewaltigt. Obwohl das Urteil des Landgerichts Bamberg auf acht Jahre und drei Monate lautete, wurde er nach zwei Dritteln der Strafe auf Bewährung entlassen.

Genau diese vorzeitige Haftentlassung hatte vor dem Urteilsspruch Staatsanwalt Werner Kahler verteidigt und zugleich leise Medienschelte betrieben. Die damals festgestellte günstige Prognose habe sich als unzutreffend erwiesen. Dies müsse in höchstem Maße bedauert werden. Gleichwohl sei dies aber kein Fehler der Justiz gewesen, wie es später in den Medien angeprangert worden war, so Kahler. Vielmehr sei die gutachterliche Einschätzung aus damaliger Sicht zutreffend gewesen.

Der Vertreter des Witwers Andreas Fischer, Rechtsanwalt Volker Beermann aus Bayreuth, sprach von einem kaltblütigen und grausamen Mord. Der Angeklagte habe weder Reue noch Mitgefühl für die Hinterbliebenen gezeigt und sein Geständnis tat Beermann als einzige Farce ab. Auch der Anwalt der Eltern von Monika Fischer, Ralph Pittroff auf Kulmbach, konnte weder Reue noch Schuldeinsicht erkennen und gab zu bedenken, dass der Angeklagte durch seine Tat die komplette Familie von Monika Fischer für ihr ganzes Leben schwer belastet hat.

Klartext sprach überraschend auch Verteidiger Herbert Gabler aus Pegnitz. Die Taten reichen aus, um seinen Mandanten lebenslang „zu verräumen“, anders könne man es nicht ausdrücken. Die Tat sei verwerflich und nicht zu entschuldigen, „wer so eine bestialische Tat begeht, muss vor sich und alle anderen müssen vor ihm geschützt werden.“ Seinem Mandanten habe er als Verteidiger von Anfang an klar gemacht, dass er niemals mehr freikommen wird und er habe dies akzeptiert. In seinen letzten Worten entschuldigte sich Jochen S. „Mir tut es leid, was ich gemacht habe, ich komme selbst nicht damit klar“, sagte er. Ihm sei bewusst, dass er ein Menschenleben zerstört, eine Familie zerstört und Kindern die Mutter genommen habe.

Am Ende erklärt Verteidiger Gabler, dass sein Mandant das Urteil annimmt. „Ich akzeptiere das Urteil voll umfänglich“, sind die letzten Worte des Jochen S. im Gerichtssaal, bevor er abgeführt wird. Nachdem Staatsanwalt Werner Kahler ebenfalls Rechtsmittelverzicht erklärt, ist das Urteil somit rechtskräftig, eine Revision ist nicht mehr möglich.

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30.09.2008

Scharfe Kritik an Agentur für Arbeit: „Sicherungssysteme wie Maulwurfshügel“
 Staatsanwaltschaft: Sachbearbeiter soll vier Jahre und drei Monate hinter Gitter – Verteidigung forderte Bewährungsstrafe

Bayreuth – Wegen 52-facher Untreue im besonders schweren Fall hat die Staatsanwaltschaft im Prozess gegen einen 46-jährigen Sachbearbeiter der Agentur für Arbeit in Bayreuth eine Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten beantragt. Wie berichtet soll der Mann zwischen 2003 und 2005 Fördergelder in Höhe von über 300000 Euro teilweise an sich, teilweise an Verwandte, Nachbarn und Bekannte umgeleitet haben. Verteidiger Stephan Schultheiss sprach sich dagegen für eine Bewährungsstrafe in Höhe von zwei Jahren aus.

Der Staat lebe vom Vertrauen in seine Amtsträger, sagte Staatsanwältin Patricia Finkenberger. Dieses Vertrauen habe der Angeklagte in seiner Stellung als Mandatsträger sehr grob missbraucht. Besonders zu Lasten des Mannes wertete die Anklagevertreterin, dass sich der 46-Jährige ihrer Meinung nach auch während des Prozesses nicht in die Karten habe blicken lassen und das Motiv weiterhin im Dunkeln bleibe. Daneben habe der Mann in der Verhandlung nur eingeräumt, was ihm ohnehin nachzuweisen war.

Verteidiger Stephan Schultheiß sprach sich dagegen für eine Bewährungsstrafe in Höhe von zwei Jahren aus. Als erhebliche Milderungsgründe führte der Rechtsanwalt, dass sein Mandant im Zuge seiner Taten nicht nur seinen Arbeitsplatz verloren hatte, sondern auch seine gesellschaftliche Stellung sowie seine Freunde und Bekannten. Positiv führte der Verteidiger ins Feld, dass der Angeklagte mehr als zwei Drittel des Schadens bereits zurückbezahlt habe und ihm die restlichen Forderungen aller Wahrscheinlichkeit nach wohl wirtschaftliche ruinieren werden.

Hart ins Gericht ging die Verteidigung mit der Agentur für Arbeit. Die habe es seinem Mandanten sehr leicht gemacht- „Sämtliche Sicherungssysteme glichen eher Maulwurfshügeln“, sagte Schultheiss, der auch von schweren Versäumnissen seitens der Agentur sprach. Bei einer ordentlichen Sicherung hätte es niemals so weit kommen können. Daneben sei es in der Agentur auch gerne gesehen worden, wenn die zuständigen Sachbearbeiter ihr Budget voll ausschöpfen, da nur dann das Budget in gleicher Höhe auch wieder für das Folgejahr garantiert sei. „Die Agentur hat es schon gern gesehen, wenn das Geld zum Jahresende verschwindet“, sagte der Verteidiger. Die materiellen Voraussetzungen für einige der Zuschüsse, die der Angeklagte ausbezahlt hatte, seien deshalb sogar erfüllt gewesen, die formellen freilich nicht.

Wenn er für seinen Mandanten eine Bewährungsstrafe fordere, dann auch deshalb, weil der 46-Jährige bislang gezeigt habe, dass er sich nicht hängen lässt und mittlerweile sogar wieder einer Arbeit als Lagerist nachgeht. Darüber hinaus sei der Angeklagte Ersttäter und habe eine günstige Sozialprognose, weil er in seine Familie eingebettet lebe.

Zuvor hatte ein Bereichsleiter der Agentur für Arbeit in Bayreuth offen zugegeben, dass die Umleitung der Fördergelder unter Umständen über Jahre hinweg nicht aufgefallen wäre, wenn nicht eine Bayreuther Bank den Zahlungseingängen auf das Konto der Feuerwehr nachgegangen wäre. Sämtliche Beträge seien absolut realistisch zwischen 1500 und 3500 Euro angesetzt, die Begründungen dafür seien auf den ersten Blick logisch und für jede Überweisung sei eine zweite Bedienerkennung vorhanden gewesen.

Der Angeklagte wusste diese Bedienerkennung, ein Kennwort und eine PIN-Nummer, weil er als einer von fünf Fachbetreuern der Arbeitsagentur für das Finanzanwendungssystem FINAS zuständig war. Der Kollege habe damit eine absolute Vertrauensstellung gehabt, sagte der Bereichsleiter. Er sei deshalb auch aus allen Wolken gefallen, als plötzlich Staatsanwaltschaft und Polizei in der Agentur für Arbeit in Bayreuth auftauchten. Er habe nicht im Entferntesten daran gedacht, dass sich der Angeklagte jemals irgendetwas zu Schulden kommen lassen würde.

Unstimmigkeiten entbrannten vor Gericht zwischen dem Bereichsleiter und dem Angeklagten über die Kompetenzverteilung. Während der Angeklagte behauptete, dass er sehr wohl Einzelentscheidungen über die Bewilligung von beruflichen Bildungs- und Fördermaßnahmen treffen durfte, schloss dies sein Vorgesetzter strikt aus. Der Angeklagte habe keinen Ermessensspielraum gehabt und sollte die Gelder nach Anweisung der Berufsberater lediglich frei geben.

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01.10.2008

300000 Euro veruntreut: Sachbearbeiter der Arbeitsagentur muss ins Gefängnis
Gelder buchungstechnisch geschickt auf eigene Konten umgeleitet

Bayreuth - Wegen Untreue in 52 Fällen hat das Landgericht in Bayreuth am Mittwoch einen 46-jährigen Mann aus dem Raum Hollfeld zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der ehemalige Sachbearbeiter der Agentur für Arbeit in Bayreuth zwischen 2001 und 2005 rund 300000 Euro an öffentlichen Geldern veruntreut hatte. Der überwiegende Teil davon floss in seine eigene Tasche, ein weiterer Teil landete auf Konten seiner beiden Neffen und der Firma seines Schwagers. Knapp 3000 Euro hatte der Angeklagte einer Arbeitskollegin auf deren Bitten hin zugeschanzt. Die mittlerweile kurz vor der Insolvenz stehende 52-Jährige wurde deshalb wegen Anstiftung zur Untreue zur einer Geldstrafe in Höhe von 630 Euro verurteilt.

Der Angeklagte habe das in ihn gesetzte Vertrauen als Amtsträger missbraucht, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Der 46-jährige war in einer Schlüsselposition im gehobenen Dienst für das agentureigene Finanzanwendungssystem FINAS tätig und dafür zuständig, die Kosten von Ausbildungsmaßnahmen oder Lehrgängen technisch anzuweisen. Dies habe er auch getan, allerdings mehr und mehr auf Konten, zu denen er Zugriff hatte, etwa das Konto der Freiwilligen Feuerwehr, für das der Angeklagte als Kreisbrandmeister zuständig war. Ein weiterer, nicht unerheblicher Teil der Gelder floss auf Konten seiner beiden Neffen und der Firma seines Schwagers. Mit kleineren Beträgen unterstützte er eigenmächtig die Firmen von Nachbarn und Freunden, seine Stieftochter und sogar das Pfarramt in Hollfeld wurde mit einem Geldbetrag bedacht.

Da der Mann sämtliche Überweisungen buchungstechnisch geschickt verschleiert hatte, hätten interne Maßnahmen der Agentur für Arbeit wohl noch lange nicht gegriffen, so dass die Sache niemals aufgeflogen wäre. Lediglich der Aufmerksamkeit von Mitarbeitern der VR-Bank in Bayreuth war es zu verdanken, dass die Veruntreuung der Gelder aufgeflogen war. Die regelmäßig hohen Zahlungen auf ein Feuerwehrkonto hatten die Bankangestellten stutzig gemacht, nach ausführlicher Prüfung veranlasste das Kreditinstitut deshalb eine Anzeige wegen Geldwäsche.

Im Dunkeln blieb während der drei Tage andauernden Verhandlung das Motiv des Angeklagten. Als Angestellter im gehobenen Dienst hätte sein Einkommen für eine problemlose Lebensführung ausgereicht, sagte Richter Eckstein. Nicht in Frage komme die von Verteidiger Stephan Schultheiss geforderte Bewährungsstrafe. Dafür seien die Beträge einfach zu hoch. Auch die bisher geleistete Wiedergutmachung durch die Auflösung sämtlicher Versicherungen, Sparverträge und durch den Verkauf von Grundstücken rechtfertige keine Bewährung. Allerdings blieb das Gericht auch weit unter dem Antrag von Staatsanwältin Patricia Finkenberger, die vier Jahre und neun Monate Haft gefordert hatte.

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07.07.2008

Gekidnappt, gedemütigt und gefesselt / Sechs Jahre nach der Tat: Kommissar Zufall brachte Ermittler auf die Spur des Angeklagten

Bayreuth - Wegen Geiselnahme, sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung muss sich seit Montag ein 35-jähriger Mann aus Bayreuth vor dem Landgericht verantworten. Der Student, der sich zuletzt mit Gelegenheitsarbeiten durchschlug, soll bereits im Juli 2002 eine heute 41jährige Frau gekidnappt, sie unsittlich angefasst, brutal behandelt und später an einen Baum gefesselt haben.

Sechs Jahre lang hatte die Polizei gegen unbekannt ermittelt, bis schließlich Kommissar Zufall zur Hilfe kam. DNA-Spuren vom Tatort und ein Fingerabdruck im Polizeicomputer brachte die Beamten auf die Spur des Mannes, der sich offensichtlich längst sicher geglaubt hatte. Zum Auftakt machte der Student zunächst Erinnerungslücken und seinen Drogenkonsum geltend, gestand aber dann die Tat doch exakt so, wie sie Staatsanwalt Werner Kahler zuvor in seiner Anklage verlesen hatte.

Demzufolge hatte der Täter sein Opfer rein zufällig auf dem Parkplatz eines Verbrauchermarktes in Eckersdorf bei Bayreuth ausgesucht. Er habe sich „einer Frau bemächtigen“ wollen, es habe „eine gewisse sexuelle Intention“ dahinter gesteckt, erklärte der 35-jährige umständlich den Richtern. Gutgläubig nahm die Frau den Angeklagten, der ursprünglich zum Bahnhof, dann zur nächsten Bushaltestelle wollte, mit. Doch während der Fahrt zückte der Mann plötzlich seinen Schreckschussrevolver, drückte ihn der Frau in die Rippen und zwang sie so zur Weiterfahrt von Eckersdorf aus in Richtung Hollfeld.

Bei einem ersten Halt riss er ihr das T-Shirt auf und fasste ihr an die Brust. Ihre Gegenwehr erstickte er dadurch, dass er sie an Händen und Füßen, mit einem Paketklebeband fesselte. Dabei löste sich ein Schuss, der aber ins Leere ging. Später verklebte er ihr mit dem Band auch noch den Mund und die Augen und zwang sie in den Kofferraum ihres eigenen Opel Corsas. In einem entlegenen Waldstück musste die heute 41-jährige dann aussteigen, der Angeklagte fesselte sie mit dem Paketklebeband an einen Baum und flüchtete zunächst zu Fuß, dann mit einem Taxi.

Ihr sei klar gewesen, diesen Tag werde sie nicht mehr überleben, sagte die Frau vor Gericht unter Tränen und sichtlich mitgenommen. Nachdem sie in den Kofferraum gesperrt worden sei, habe sie geglaubt, der Angeklagte zünde das Fahrzeug nun an und sie habe keine Chance mehr. Viele Nebensächlichkeiten, die sie sich auf der Fahrt gemerkt hatte, wie etwa ein Brückengeländer oder eine Landmaschine, sehe sie noch heute ständig. Sie sei sich damals sicher gewesen, das alles zum letzten Mal zu sehen, deshalb habe sie derartige Details offensichtlich viel intensiver wahrgenommen. Nachdem sie und ihr Mann das neu gebaute Haus in Eckersdorf und den Oper Corsa verkauft hatten, habe sie das Geschehen ad acta gelegt. Als die Polizei dann im März vor ihrer Tür stand und von der Festnahme berichtete, sei sie zwar erleichtert gewesen, doch nun sei auch alles wieder hoch gekommen.

Einen gehörigen Schrecken bekam damals auch die 62-jährige Bewohnerin des Einödhofes, zu dem sich das Opfer nach dem Martyrium flüchten konnte. Als sie am Abend die Tür öffnete, sei die Frau mit zerrissenem T-Shirt, völlig zerzaust und zerkratzt, mit Paketklebeband in den Haaren und sichtlich durcheinander da gestanden. Sie habe zuerst an einen Unfall gedacht und dann sofort Polizei und Rettung verständigt.

Einer der Ermittler von der Kripo in Bayreuth berichtete von mehreren Fingerabdrücken im Wagen, die eindeutlich dem Angeklagten zuzuordnen waren. Auch eine Cola-Dose mit der DNA des Angeklagten hätten die Beamten am Tatort gesichert. Letztlich entscheidend seien dann aber verbesserte Auswertemöglichkeiten dieser Spuren gewesen. Die Fingerabdrücke des Mannes habe man schließlich in einer Datenbank entdeckt. Sie waren in ganz anderem Zusammenhang gespeichert worden.

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08.07.2008

Gekidnappt, gedemütigt und gefesselt: Täter „klebte“ sein Opfer an einen Baumstamm / 35-jähriger Mann aus Bayreuth zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt

Bayreuth - Wegen Geiselnahme, sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung hat das Landgericht in Bayreuth am Dienstag einen 35-jährigen Mann zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der ehemalige Student und Gelegenheitsarbeiter aus Bayreuth am 31. Juli 2002 eine 41-jährige Frau gekidnappt, zwei Stunden lang gedemütigt und anschließend an einen Baum gefesselt zurückgelassen hatte.

Der 35-jährige habe über eine weibliche Person Macht ausüben wollen und sich dabei sein Opfer rein zufällig ausgesucht, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein in der Urteilsbegründung. Er nannte das Vorgehen des Angeklagten besonders perfide, weil er die Hilfsbereitschaft der Frau ausgenutzt hatte, indem er sich als ortsunkundig ausgab und die Frau buchstäblich reingelegt hatte um sich so Zugang zu ihrem Fahrzeug zu verschaffen. Eine solche Geiselnahme auf offener Straße und am helllichten Tag beeinträchtige das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung enorm, so Eckstein.

Wie berichtet hatte der Mann sein Opfer unter Vorhalt eines Schreckschussrevolvers gezwungen, Richtung Hollfeld zu fahren. Vier Mal wurde dabei ein Zwischenstopp eingelegt. Beim ersten Halt an einem Feldweg wechselte der Angeklagte ans Steuer, beim zweiten, fesselte er die Frau an Händen und Fußgelenken mit einem Paketklebeband und griff ihr unter das T-Shirt. Als die Frau daraufhin zu schreien begann, verklebte er ihr auch noch die Augen und den Mund. Gleichzeitig war ein heftiges Gerangel in dem Wagen entstanden, in dessen Folge sich ein Schuss löste, der glücklicherweise aber ins Leere ging.

Beim dritten Stopp zwang er die Frau in den Kofferraum des Opels, ehe er sie ein Stück weiter an einer entlegenen Stelle zum Aussteigen zwang, durch das dichte Unterholz schleifte und sie schließlich an einen Baumstamm fesselte, beziehungsweise mit dem Paketband an den Baum klebte. Daraufhin ergriff er die Flucht, während es der Frau in der Folge gelang, sich zu befreien und in einem nahen Einödhof Hilfe zu holen.

Die Tat war erst fünfeinhalb Jahre nach ihrer Begehung aufgeflogen, weil die Beamten die Fingerabdrücke des Mannes in einer neu angelegten Datenbank gefunden hatten. Warum die Spuren dort gespeichert waren, wurde während der zweitägigen Hauptverhandlung nicht bekannt. Wenn das Urteil mit vier Jahren und neun Monaten dennoch relativ milde erscheinen mag, so liegt das daran, dass die Richter auf einen minderschweren Fall der Geiselnahme und des sexuellen Missbrauchs entscheiden. Sie hielten ihm unter anderem zu Gute, dass er keine scharfe Waffe mit sich führte, sondern nur einen Gasrevolver, dass er nach seiner Festnahme sofort ein Geständnis ablegte und dass er nicht vorbestraft war.

Darüber hinaus hatte er sich im Vorfeld des Prozesses verpflichtet, der Frau 15000 Euro im Zuge eines so genannten Täter-Opfer-Ausgleichs zur Abgeltung aller Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zu überweisen. Anders als in vielen gleich gelagerten Fällen stehe diese Entscheidung nicht nur auf dem Papier, denn der Mann besitzt eine Eigentumswohnung, die bei Nichtzahlung herangezogen werden kann.

Zuvor hatte Staatsanwalt Werner Kahler eine fünfeinhalbjährige Haftstrafe gefordert.

Der Angeklagte habe schwere Schuld auf sich geladen, das Opfer leide noch heute immens unter den Folgen der Tat, so Kahler. Nebenklagevertreter Dirk Stephan nannte die Tat kaltschnäuzig, brutal und menschenverachtend, stellte aber keinen eigenen Strafantrag. Verteidiger Volker Beermann plädierte dagegen auf eine Bewährungsstrafe. Sein Mandant bedauere die Tat und habe sich bereits im Vorfeld zu dem Täter-Opfer-Ausgleich verpflichtet.

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08.01.2007

Fichtelgebirgsverein um 170000 Euro gebracht / Anklage gegen 50-jährige Steuerfachkraft aus dem Landkreis Kulmbach wegen Betrugs in über 100 Fällen

Bayreuth - Wegen gewerbsmäßigen Betrugs, Urkundenfälschung und Untreue in einer Vielzahl von Einzelfällen muss sich seit Montag eine 50-jährige Steuerfachkraft aus dem Landkreis Kulmbach vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Die Frau soll als Beschäftigte einer Bayreuther Steuerkanzlei die Ortsgruppe Speichersdorf des Fichtelgebirgsvereins um über 170000 Euro betrogen haben.

Zum Prozessauftakt räumte die Angeklagte die Taten ein. Sie habe aufgrund hoher Schulden unter finanziellem Druck so gehandelt und sei nach und nach in einen regelrechten Kaufrausch hineingeraten. Nach einem Suizidversuch befinde sie sich mittlerweile seit einem Jahr in therapeutischer Behandlung. „Mir ist bewusst, was ich getan habe und dass ich dem Verein furchtbaren Schaden zugefügt habe“, sagte die Frau unter Tränen. Die mit über 1000 Mitgliedern größte Ortsgruppe des Fichtelgebirgsvereins stand wegen der Unregelmäßigkeiten bereits kurz vor der Auflösung, konnte aber durch verschiedene Darlehen unter anderem von Seiten der Bank der Angeklagten, der Steuerkanzlei und von einzelnen Mitgliedern soweit wieder gerettet werden.

Möglich seien die Unregelmäßigkeiten gewesen, weil die 50-Jährige beruflich für die Steuerabrechnungen und den Abschluss des Vereins tätig war, so die Anklage. Die Frau habe vom Kassier des Vereins alle erforderlichen Belege und Unterlagen erhalten. Dazu gehörten auch Blankoschecks mit Stempel und Unterschrift eines für den Verein handelnden Mitglieds um fällige Lohn-, Umsatz- und Körperschaftssteuerforderungen zu begleichen. Ab Anfang 2001 soll die Angeklagte aber nicht mehr die Forderungen sondern ihre finanziellen Schwierigkeiten mit den Blankoschecks getilgt haben. Gegenüber dem Kassier des Vereins seien die Scheckabbuchungen als Zahlungen auf Verbindlichkeiten des Vereins dargestellt worden. Fast drei Jahre lang habe es die Angeklagte auf diese Art und Weise geschafft, in 105 Einzelfällen einen Gesamtbetrag in Höhe von fast 171000 Euro auf ihr Privatkonto umzuleiten und das Geld für sich zu verbrauchen. Mittlerweile summieren sich die Verbindlichkeiten mit Zinsen auf über 180000 Euro.

Nach dem bekannt werden all dieser Manipulationen und nach ihrer fristlosen Entlassung bei der Steuerkanzlei im Februar 2004 musste die Frau ein notarielles Schuldanerkenntnis über den Gesamtschaden unterzeichnen. Dies habe sie mit Datum vom 5. März 2004 auf den Namen einer angeblich vermögenden Tante ohne deren Kenntnis getan, um eine bestehende Rückzahlungsfähigkeit vorzutäuschen. Vier Tage später soll die 40-Jährige mit einem noch in ihrem Besitz befindlichen Blankoscheck des Fichtelgebirgsvereins über 6000 Euro auf ihr Konto umzuleiten, was allerdings durch eine Schecksperre der betroffenen Bank verhindert wurde.

Nach einer Alkoholkrankheit und einem Entzug im Nervenkrankenhaus war die Frau ab 1992 für die renommierte Steuerkanzlei tätig. Schon damals sei die Angeklagte hoch verschuldet gewesen. Nachdem die Sache aufgeflogen war, hätten die Verantwortlichen des Fichtelgebirgsvereins eine unglaubliche Drohkulisse gegen sie aufgebaut, wegen der sie sich schließlich auch das Leben nehmen wollte. So habe die Vereinsführung Erkundigungen über sie beim Kulmbacher Landrat und bei Bürgermeistern eingeholt, ihre Familie, auch ihre beiden Kinder, angegangen und mit einer Großdemonstration vor ihrem Haus gedroht.

Warum der Verein nicht früher auf die Unregelmäßigkeiten aufmerksam wurde, konnte der zweite Vorsitzende in seiner Zeugenaussage nicht klären. Drei Kassenprüfer hätten jährlich vor der Mitgliederversammlung die Revision durchgeführt, doch habe denen offensichtlich nicht die gesamte Buchhaltung vorgelegen. Der Prokurist der Steuerkanzlei berichtete von einer Lohnsteuerprüfung seitens des Finanzamtes, in deren Folge die Unregelmäßigkeiten aufgeflogen waren. Der Prokurist, selbst Mitglied des Fichtelgebirgsvereins hatte der Ortsgruppe aus seinem Privatvermögen selbst 10000 Euro als Darlehen bereitgestellt, um den Verein zu retten, wie er sagte.

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09.01.2007

Drei Jahre lang hatte keiner etwas bemerkt: Fichtelgebirgsverein um 170000 Euro erleichtert / Steuerfachangestellte zu Gefängnisstrafe verurteilt

Bayreuth - Zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis hat das Bayreuther Landgericht wegen gewerbsmäßiger Untreue, Betrugs und Urkundenfälschung am Dienstag eine 50-jährige Frau aus dem Landkreis Kulmbach verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Angeklagte in ihrer Eigenschaft als Angestellte einer Bayreuther Steuerkanzlei insgesamt 170000 Euro vom Vermögen der Ortsgruppe Speichersdorf des Fichtelgebirgsverein auf ihr Privatkonto umgeleitet hatte.

Die Frau hatte unter anderem die steuerlichen Angelegenheiten der mit 1000 Mitglieder stärksten Ortsgruppe des Fichtelgebirgsvereins betreut. Um Vorauszahlungen für das Finanzamt immer termingerecht tätigen zu können, hatte sie auch Blankoschecks in ihrem Besitz, auf denen der Kassier des Vereins bereits unterschrieben hatte. Ab 2001 hatte die Angeklagte allerdings immer öfter sich als Begünstigte eingetragen und so bis Anfang 2004 in insgesamt 105 Einzelbuchungen über 170000 Euro auf ihr Privatkonto umgeleitet. Das Geld verbrauchte die Frau restlos für teuere Kleidung und andere Dinge. Gegenüber dem Verein stellte sie die Abbuchungen als Verbindlichkeiten dar.

Warum vom Fichtelgebirgsverein trotz jährlicher Revisionen keiner etwas davon gemerkt hatte, konnte der Prozess nicht klären. Der Kassier selbst war zum Prozess erkrankt und für das Gericht nicht greifbar. Die Revisoren, angeblich alles hochrangige Bankbeschäftigte, segneten die Buchführung offensichtlich regelmäßig ab, obwohl ihnen längst nicht alles vorlag und die Mitglieder stimmten der Entlastung zu. Erst durch eine zufällige Lohnsteuerprüfung war man in der Steuerkanzlei darauf gekommen, dass einige Buchungen nicht stimmen können. Von Seiten der Steuerkanzlei und des Vereins sei man zunächst auf Schadensbegrenzung aus gewesen und schaltete lange weder Polizei noch Justiz ein. Erst als klar wurde, dass das Geld tatsächlich verbraucht ist, erstattete ein Vereinsmitglied Anzeige gegen die 50-Jährige aus dem Landkreis Kulmbach.

Der Angeklagten sei die Tat nicht gerade schwer gemacht worden, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein während der Urteilsbegründung. Dies wirke sich zwar strafmildernd aus, doch sei es keine wirkliche Entschuldigung, denn der Straftatbestand des Betruges lebe nun einmal davon, dass das Vertrauen anderer ausgenützt werde. Daneben nahm das Gericht auch die ehrenamtlich Tätigen des Fichtelgebirgsvereins in Schutz. „Jedes Vereinsleben lebt vom Vertrauen auf andere, wenn man alles total überprüfen wollte, gebe es kein Vereinsleben mehr“, sagte Eckstein, der auch zu bedenken gab, dass viele Ehrenamtliche große Zeit in den Verein investierten.

Straferschwerend wertete es das Gericht, dass die Frau „richtig zugelangt“ habe. „Wer verdient schon 170000 Euro netto in drei Jahren“, so der Vorsitzende. Er nannte es geradezu unfassbar, dass die Angeklagte selbst nach dem Auffliegen der Taten immer noch versucht hatte, einen Blankoscheck einzureichen und ein Schuldanerkenntnis auf den Namen einer angeblich vermögenden Großtante unterschrieb. Wie berichtet konnte der Verein nur durch Darlehen der Bank, des Steuerbüros und einzelner Mitglieder gerettet werden.

Das Gericht sah von einem sofortigen Haftbefehl ab. Somit muss die Frau erst nach Rechtskraft des Urteils in eine Justizvollzuganstalt. Allerdings gab das Gericht einer möglichen Berufung schon im Vorfeld keine Chance. Er könne sich nicht vorstellen, dass irgendein bundesdeutsches Gericht in dieser Sache eine Bewährungsstrafe verhängt. Eckstein: „Dafür ist zu viel vorgefallen, außerdem gibt es keinen vergleichbaren Fall.“

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